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Unabhängige Verfahrensvertretung des Kindes – unverzichtbarer ...

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kindzentriert ablaufen, betreffen eine ganz bestimmte Gruppe von Kindern: Am meisten<br />

Aufmerksamkeit erhält vereinfacht gesagt, wer weiblich, schweizerischer Herkunft und zwischen<br />

16 und 18 Jahre alt ist 6 . Dem Kin<strong>des</strong>schutzrecht liegt das Bild <strong>des</strong> (von den Eltern oder vom Staat)<br />

abhängigen und gefährdeten sowie zur Wahrnehmung von Selbstverantwortung (weitestgehend)<br />

unfähigen Kin<strong>des</strong> zugrunde. Dieses Bild, welches der heute dominierenden Auffassung der<br />

kontinuierlichen, dynamischen und sehr individuellen kindlichen Entwicklung zum<br />

selbstverantwortlich handelnden Menschen klarerweise nicht mehr entspricht, steht den<br />

(Verfahrens-) Partizipationsrechten von Kindern im Wege, weshalb diesen Rechten und ihrer<br />

Realisierung besonderes Augenmerk geschenkt werden muss.<br />

c) Weiter ist festzustellen, dass alle an einem Kin<strong>des</strong>schutzverfahren beteiligten Personen, seien es<br />

Behördenmitglieder, Vertreterinnen der Jugend- und Familienhilfe oder Sorge-/Obhutsberechtigte<br />

und deren Vertreter entweder verschiedene Interessen gleichzeitig vertreten oder sogar von<br />

Gesetzes wegen allparteilich zu sein haben. Die in der UN-KRK verbriefte Maxime, dass das<br />

Kin<strong>des</strong>wohl in solchen Verfahren vorrangig zu berücksichtigen ist, verlangt nun aber zwingend,<br />

dass die Bedürfnisse und das Interesse <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong>, wenn nicht von diesem selbst, dann doch<br />

min<strong>des</strong>tens von einer professionellen Vertretung eingebracht werden (können), die einzig die Sicht<br />

<strong>des</strong> Kin<strong>des</strong> einbringt, ohne dass <strong>des</strong>sen Verfahrensposition durch die gleichzeitige Wahrnehmung<br />

von Drittinteressen entwertet wird. Es versteht sich von selbst, dass solche Kindervertretungen auch<br />

die entsprechenden persönlichen Fähigkeiten und Fachkompetenzen aufweisen müssen. Der Aufbau<br />

der entsprechenden Ausbildungsgänge und Berufsbilder hat in der Schweiz zwar begonnen, steht<br />

aber erst ganz am Anfang 7 .<br />

d) Besondere Bedeutung haben diese Überlegungen zu den Interessenkonflikten für das<br />

Rechtsmittelverfahren: In Kin<strong>des</strong>schutzverfahren kommt es einerseits aufgrund der Komplexität der<br />

sich stellenden Probleme und/oder der mangelnden Professionalität und Überforderung von<br />

Behörden überdurchschnittlich häufig zu erstinstanzlichen Fehlbeurteilungen. Die schweizerische<br />

Rechtsordnung sieht grundsätzlich vor, dass solche behördlichen Entscheidungen angefochten und<br />

auf ihre Übereinstimmung mit dem Kin<strong>des</strong>wohl überprüft werden können. Aus Sicht der<br />

betroffenen Kinder ist diese wichtige rechtsstaatliche Garantie aber allzu oft reine Makulatur. Ein<br />

Beispiel: Die Wegnahme von Kindern aus der Obhut und gegen den Willen der Eltern oder<br />

Pflegeeltern ist vielfach ein heikler, uneindeutiger Entscheid. Ob er angefochten wird oder nicht, ist<br />

jedoch - nicht nur wegen der viel zu kurzen 10-tägigen Anfechtungsfristen - oft vom reinen Zufall<br />

abhängig. Manche Eltern sind aus verschiedenen Gründen nicht dazu in der Lage, Pflegeeltern<br />

setzen sich aus naheliegenden Gründen praktisch nie gegen Behördenentscheide zur Wehr, die sie<br />

als falsch empfinden. Wenn sie es trotzdem und unter Hinweis auf die Verletzung <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong>wohls<br />

tun, wird ihnen von den Aufsichtsbehörden regelmässig entgegenhalten, sie seien als (Pflege)-<br />

Eltern nicht befugt bzw. nicht in der Lage, das Kin<strong>des</strong>wohl bzw. -interesse zu vertreten. Die Folge:<br />

Rechtsmittel von Eltern und Pflegeeltern werden von vorneherein nicht ernst genommen und häufig<br />

mit „Nichteintretensentscheiden“ erledigt. Sachentscheide werden formaljuristisch und floskelhaft<br />

gefällt. Entsprechend selten kommt es zu Korrekturen von falschen Behördenentscheiden. Es wäre<br />

aber nichts anderes als eine minimale Qualitätssicherung, wenn für schwerwiegende und<br />

folgenreiche Entscheide 8 immer eine unabhängige Kinderverfahrensvertretung eingesetzt werden<br />

müsste, die die Kinderinteressen von Anfang an glaubwürdig und professionell wahrnehmen und<br />

gegebenenfalls die Überprüfung der Einhaltung <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong>wohls durch die Aufsichtsbehörde<br />

auslösen kann 9 . Dies gilt gleichermassen für die Fälle von Rechtsmittelverfahren, die von Eltern<br />

oder Pflegeeltern im eigenen oder im Kin<strong>des</strong>interesse initiiert werden.<br />

e) Ein weiterer Grund für die besonderen Schwierigkeiten der Behörden bei der Realisierung von<br />

Kin<strong>des</strong>wohl liegt schlicht darin begründet, dass Vormundschaftsbehörden und die<br />

Familienhilfeorgane von den betroffenen Menschen regelmässig nicht (nur) als helfend und<br />

unterstützend, sondern als unwillkommene, misstrauische und machtorientierte Eindringlinge<br />

wahrgenommen werden, denen sie ohnehin hilflos ausgeliefert sind. Nicht von ungefähr werden<br />

Kin<strong>des</strong>schutzverfahren von Beteiligten überdurchschnittlich oft als kafkaesk und bar jeder Vernunft<br />

und Menschlichkeit beschrieben. Solche (stets subjektiven) Befindlichkeiten sind kein guter<br />

Nährboden für die Realisierung von Kin<strong>des</strong>wohl. Die Einsetzung einer unabhängigen

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