Geschichte des GIBZ.pdf - Knowledge Factory

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Universität Zürich Stefan Rickli KM3b: Qualitative Forschungsmethoden - Historische und textanalytische Verfahren HS 2009 / FS 2010 1991, S.351). Der Erziehungsrat verabschiedete sich am 30. August 1814 mit einem Kreisschreiben, in dem er seiner Hoffnung Ausdruck verlieh, „dass die künftige Landesobrigkeit die Wichtigkeit der Bildung und Erziehung der Jugend für Stadt und Kirche zu Herzen fasse und dass ihre Bemühungen mit den erfreulichsten Folgen gesegnet werden“ (vgl. Bossard 1984, S.221). Mit der Abschaffung des Erziehungsrates setzte eine Phase des Stillstandes im Bildungswesen ein. Erst mit der Regeneration unter dem liberalen Landammen Georg Joseph Sidler kam es, vor allem in der Stadt Zug, zu einem neuerlichen Schulinteresse und Reformen im Bildungswesen (vgl. Bossard 1984, S.221). 5 3. Reformwillen im Bildungswesen der Stadt Zug nach 1814 3.1 Der Kantonsrat und seine Befugnisse Mit dem Ende der Mediationszeit und der damit einhergehenden Auflösung des Erziehungsrates wurde das Schulwesen Sache des Kantonsrates. Die Verfassung des Kantons Zug vom 05. September 1814 bestimmte in Paragraph 25: „Der Cantonsrath [...] wacht über das Erziehungswesen und die öffentlichen Lehranstalten“ (Verfassung des Kantons Zug 1814). Wesentlichen Anteil an der neuen Zuger Verfassung von 1814 hatte der Zuger Landammen Georg Joseph Sidler. Er war von den Ideen der Aufklärungszeit überzeugt und propagierte die Freiheit, Brüderlichkeit und Gleichberechtigung der Volksgenossen (vgl. Welti 1940, S.275). Er war beeinflusst von Rousseaus Gleichheitslehre und der Überzeugung, dass „die wahre Demokratie [...] nur das Ergebnis einer längern politischen Entwicklung und der Schulung und Erziehung des Volkes sein kann“ (Welti 1940, S.275). Sidler strebte hohe Ziele an. Ihn bewegten aufklärerische Träume von steter Erziehung und Veredelung des Menschengeschlechtes (vgl. Morosoli 1991, S.201). Das Denken von Georg Joseph Sidler berührte jedoch die traditionelle Mentalität wenig. Es fand keinen grossen Zugang zur Mehrheit der Gesellschaft. Hauptgrund dafür war die Tatsache, dass das Schulsystem als wichtiges Medium der Aufklärung noch gering entwickelt war und von der Kirche dominiert wurde. Dies schlug sich auch in den Bildungsinhalten nieder. Der staatliche Einfluss auf die Schule und die damit einhergehende Reform der Lehrpläne auf vermehrten weltlichen Nutzen, setzte erst viel später ein (vgl. Morosoli 1991, S.198). 3.2 Revisionsabsichten im stadtzugerischen Schulwesen und die Erweiterung der Schulkommission Erst im Jahre 1830 vollzog sich im stadtzugerischen Schulwesen ein Wandel, welcher zur Gründung der ersten Zeichnungsschule im Kanton Zug führte. Wie schon bei der Erarbeitung der Kantonsverfassung von 1814 war Georg Joseph Sidler treibende Kraft hinter dieser Entwicklung. Er war einer der tätigsten Mitglieder der Schulkommission (vgl. Mühle 1831, S.39). Am 23. September 1829 wurde an der Sitzung der Bürgergemeinde, der sogenannten grossen Kommission, über die Notwendigkeit der Umgestaltung der Schule diskutiert. Im Protokoll heisst es: „Das Präsidium eröffnet die Sitzung mit der Anzeige, es sei diese Sitzung in Folge erhaltenen Auftrages der am 30. August versammelten Gemeinde wesentlich dahinlautend, es sei dem Rat [Stadtrat; S.R.] und grossen Kommission in Auftrag erteilt, ihre besondere Aufmerksamkeit dem Schulfache [...] 2 und zu prüfen, ob demselben nicht eine für unsere Wohlfahrt bessere Umgestaltung gegeben werden könnte. Und setzt in Umfrage was man nun glaube in dieser wichtigen Angelegenheit vorzunehmen“ (PdSZ 23. September 1829, fol Rekto). Die Umfrage zeigte, dass die Versammlung fast ausschliesslich der Meinung war, dass die Schulanstalt vorzügliche Arbeit leiste, jedoch für die bürgerlichen Berufe nicht das Gewünschte anbiete. In der Folge wurde vereinbart, dass der bestehende Schulplan einer sorgfältigen Revision unterzogen werden solle, „in der Absicht dass die bürgerliche Erziehung hauptsächlich berücksichtigt werde und zwar mehr als es bis dahin ge- 2 Diese Textstelle konnte von mir aufgrund der schlechten Lesbarkeit nicht identifiziert werden. Aus dem Kontext lässt sich vermuten, dass „zu widmen“ oder ein ähnlicher Wortlaut niedergeschrieben steht.

Universität Zürich Stefan Rickli KM3b: Qualitative Forschungsmethoden - Historische und textanalytische Verfahren HS 2009 / FS 2010 schah. Ohne jedoch die Vorbildung für diejenigen welche sich einem gelehrten Berufe widmen wollen unmöglich zu machen“ (PdSZ 23. September 1829, fol Rekto). Die Wichtigkeit der Aufgabe scheint sich dadurch zu zeigen, dass die Schulkommission erweitert wurde. Zur engeren Schulkommission gehörten: Dekan Stadtpfarrer Bossard, Altlandammen Sidler, Polizeidirektor Bucher, Ratsherr Dr. med. Bossard, Dr. med. Heinrich Weiss, Quartierhauptmann Sutter. Diese wurde durch folgende Mitglieder erweitert: Vizestatthalter S.H. Keiser, Ratsherr, Major S.H. Müller, Landrat Josef Waller zum Sternen, Landrat J.A. Stadlin zum Adler, Landrat Josef Sutter zum Hirschen, Hauptmann Jost Utinger zum Schwerdt, Leutnant S. Bossard in der Oswaldsgasse und Advokat Konrad Weber (vgl. Mühle 1931, S.40 f.). Die Bürgergemeinde verlangte von der erweiterten Schulkommission in kürzester Zeit erste Resultate und Vorschläge zur Revision der öffentlichen Knabenlehranstalt der Stadtgemeinde Zug. „Man erwartet von ihr eine Beschleunigung die der Dringlichkeit und Wichtigkeit des Gegenstandes angemessen ist. Und auf jeden Fall den disfälligen Bericht und Vorschlag vor Ablauf gegenwärtiger Ferienzeit“ (PdSZ 23. September 1829, fol Rekto). Die erweiterte Schulkommission war sich der schwierigen Aufgabe, alle Anliegen in den neuen Schulplan einbinden zu wollen, bewusst. So heisst es im Bericht zum Plan der öffentliche Knabenlehranstalt, dass die Mitglieder die Wichtigkeit des Auftrages erkannten. „Sie fühlten aber auch zugleich nicht minder lebhaft die Schwierigkeit der Aufgabe, und die Unmöglichkeit der Entwerfung eines Planes, welcher der Forderung aller entspräche; auch trat dazu noch vielseitig das Bewusststein ungenügender pädagogischer Kenntnisse [...]“ (BPöK 1840, S.7). 3 6 4. Plan der öffentlichen Knabenlehranstalt Zug 4.1 Der politische Prozess bis zum vorliegen des neuen Schulplanes Die erweiterte Schulkommission arbeitete offenbar mit viel Eifer, denn bereits am 18. Oktober 1829 lagen zwei neu Schulpläne in den Gründzügen vor. Es war nun Aufgabe der grossen Kommission, bestehend aus den Herren des Stadtrates, den Herren Landräten und den Mitgliedern der erweiterten Schulkommission, eine Entscheidung zu treffen, auf welcher Grundlage aufgebaut werden solle. Dabei war der hauptsächliche Streitpunkt, ob der künftige Schulpan auf dem Fächer- oder Klassensystem aufgebaut wird (vgl. Mühle 1931, S.41). In der Zuger Zeitung vom 14. Mai 1830 findet sich eine Abhandlung über die wesentlichen Unterschiede des Klassensystems zum Fächerunterricht. „Die Hauptgegenstände bildeten zu Klassen verbunden einen Hauptstamm der das Ganze bis in seine lezten und höchsten Verzweigungen zusammenhielt, Gegenstände, welche zu besondern Berufeszweken hinführen, löseten sich allmählig als besondere Fächer von dem Ganzen ab, und wurden besondern Lehrern mit besonderer Liebe für das Fach anvertraut, einige Verschiedenheit von Ansichten und Meinungen sollte den heranwachsenden Jüngling zu eignem Denken auffordern, und ihn auch in dieser Beziehung zum Eintritt in das Meinungengewirre der Welt oder [...] Hochschule vorbereiten“ (Zuger Zeitung 14. Mai 1830). 4 Es ging also im Wesentlichen darum, ob weiterhin nur im Klassensystem unterrichtet würde oder ob mit Einführung des Fächerunterrichtes die Möglichkeit für den Zeichenunterricht geschaffen wurde. Georg Joseph Sidler vertrat mit seiner ihm bekannten Beredsamkeit das Fächersystem. „Das Präsidium des löblichen Stadtrates eröffnet die Sitzung [...] und fordert sodann Herrn Landamman Sidler zur Relation [Berichterstattung; S.R.] auf. Herr Landamman Sidler gibt dann umständlichen [ausführlich und eingehend; S.R.] Bericht über den Erfolg der Versammlungen der erweiterten Schul- 3 Mir lag nur die zweite Auflage des Planes der öffentlichen Knabenlehranstalt der Stadtgemeinde Zug samt beleuchtenden Berichte vor. Dieser datiert aus dem Jahre 1840. Inhaltlich wurden gegenüber dem Original von 1830 keine Veränderungen vorgenommen. 4 Eine genauere Definition des Klassenunterrichtes und des Fächerunterrichtes liess sich in meinen Quellen nicht finden. Laut Dr. Christian Raschle, Historiker im Kanton Zug, wurden im Klassenunterricht die „geistigen Lerninhalte“ vermittelt, wohingegen der Fächerunterricht auf die Vermittlung von „handwerklichen Fähigkeiten“ zielte.

Universität Zürich<br />

Stefan Rickli<br />

KM3b: Qualitative Forschungsmethoden - Historische und textanalytische Verfahren HS 2009 / FS 2010<br />

schah. Ohne jedoch die Vorbildung für diejenigen welche sich einem gelehrten Berufe widmen<br />

wollen unmöglich zu machen“ (PdSZ 23. September 1829, fol Rekto).<br />

Die Wichtigkeit der Aufgabe scheint sich dadurch zu zeigen, dass die Schulkommission erweitert<br />

wurde. Zur engeren Schulkommission gehörten: Dekan Stadtpfarrer Bossard, Altlandammen Sidler,<br />

Polizeidirektor Bucher, Ratsherr Dr. med. Bossard, Dr. med. Heinrich Weiss, Quartierhauptmann<br />

Sutter. Diese wurde durch folgende Mitglieder erweitert: Vizestatthalter S.H. Keiser, Ratsherr,<br />

Major S.H. Müller, Landrat Josef Waller zum Sternen, Landrat J.A. Stadlin zum Adler,<br />

Landrat Josef Sutter zum Hirschen, Hauptmann Jost Utinger zum Schwerdt, Leutnant S. Bossard<br />

in der Oswaldsgasse und Advokat Konrad Weber (vgl. Mühle 1931, S.40 f.). Die Bürgergemeinde<br />

verlangte von der erweiterten Schulkommission in kürzester Zeit erste Resultate und Vorschläge<br />

zur Revision der öffentlichen Knabenlehranstalt der Stadtgemeinde Zug. „Man erwartet von ihr<br />

eine Beschleunigung die der Dringlichkeit und Wichtigkeit <strong>des</strong> Gegenstan<strong>des</strong> angemessen ist.<br />

Und auf jeden Fall den disfälligen Bericht und Vorschlag vor Ablauf gegenwärtiger Ferienzeit“<br />

(PdSZ 23. September 1829, fol Rekto). Die erweiterte Schulkommission war sich der schwierigen<br />

Aufgabe, alle Anliegen in den neuen Schulplan einbinden zu wollen, bewusst. So heisst es im<br />

Bericht zum Plan der öffentliche Knabenlehranstalt, dass die Mitglieder die Wichtigkeit <strong>des</strong> Auftrages<br />

erkannten. „Sie fühlten aber auch zugleich nicht minder lebhaft die Schwierigkeit der Aufgabe,<br />

und die Unmöglichkeit der Entwerfung eines Planes, welcher der Forderung aller entspräche;<br />

auch trat dazu noch vielseitig das Bewusststein ungenügender pädagogischer Kenntnisse<br />

[...]“ (BPöK 1840, S.7). 3<br />

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4. Plan der öffentlichen Knabenlehranstalt Zug<br />

4.1 Der politische Prozess bis zum vorliegen <strong>des</strong> neuen Schulplanes<br />

Die erweiterte Schulkommission arbeitete offenbar mit viel Eifer, denn bereits am 18. Oktober<br />

1829 lagen zwei neu Schulpläne in den Gründzügen vor. Es war nun Aufgabe der grossen Kommission,<br />

bestehend aus den Herren <strong>des</strong> Stadtrates, den Herren Landräten und den Mitgliedern der<br />

erweiterten Schulkommission, eine Entscheidung zu treffen, auf welcher Grundlage aufgebaut<br />

werden solle. Dabei war der hauptsächliche Streitpunkt, ob der künftige Schulpan auf dem Fächer-<br />

oder Klassensystem aufgebaut wird (vgl. Mühle 1931, S.41). In der Zuger Zeitung vom 14.<br />

Mai 1830 findet sich eine Abhandlung über die wesentlichen Unterschiede <strong>des</strong> Klassensystems<br />

zum Fächerunterricht. „Die Hauptgegenstände bildeten zu Klassen verbunden einen Hauptstamm<br />

der das Ganze bis in seine lezten und höchsten Verzweigungen zusammenhielt, Gegenstände,<br />

welche zu besondern Berufeszweken hinführen, löseten sich allmählig als besondere Fächer von<br />

dem Ganzen ab, und wurden besondern Lehrern mit besonderer Liebe für das Fach anvertraut,<br />

einige Verschiedenheit von Ansichten und Meinungen sollte den heranwachsenden Jüngling zu<br />

eignem Denken auffordern, und ihn auch in dieser Beziehung zum Eintritt in das Meinungengewirre<br />

der Welt oder [...] Hochschule vorbereiten“ (Zuger Zeitung 14. Mai 1830). 4 Es ging also im<br />

Wesentlichen darum, ob weiterhin nur im Klassensystem unterrichtet würde oder ob mit Einführung<br />

<strong>des</strong> Fächerunterrichtes die Möglichkeit für den Zeichenunterricht geschaffen wurde. Georg<br />

Joseph Sidler vertrat mit seiner ihm bekannten Beredsamkeit das Fächersystem. „Das Präsidium<br />

<strong>des</strong> löblichen Stadtrates eröffnet die Sitzung [...] und fordert sodann Herrn Landamman Sidler zur<br />

Relation [Berichterstattung; S.R.] auf. Herr Landamman Sidler gibt dann umständlichen [ausführlich<br />

und eingehend; S.R.] Bericht über den Erfolg der Versammlungen der erweiterten Schul-<br />

3 Mir lag nur die zweite Auflage <strong>des</strong> Planes der öffentlichen Knabenlehranstalt der Stadtgemeinde Zug samt<br />

beleuchtenden Berichte vor. Dieser datiert aus dem Jahre 1840. Inhaltlich wurden gegenüber dem Original von<br />

1830 keine Veränderungen vorgenommen.<br />

4 Eine genauere Definition <strong>des</strong> Klassenunterrichtes und <strong>des</strong> Fächerunterrichtes liess sich in meinen Quellen nicht<br />

finden. Laut Dr. Christian Raschle, Historiker im Kanton Zug, wurden im Klassenunterricht die „geistigen Lerninhalte“<br />

vermittelt, wohingegen der Fächerunterricht auf die Vermittlung von „handwerklichen Fähigkeiten“<br />

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