Seniorenreport als PDF-Datei öffnen - Landesseniorenvertretung ...
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4<br />
2012<br />
17. Jahrgang<br />
Januar 2013<br />
SENIOREN<br />
REPORT<br />
<strong>Landesseniorenvertretung</strong> Thüringen e. V.<br />
Alter ist Kompetenz<br />
Politik<br />
Die Auswirkungen des<br />
demografischen Wandels<br />
(S. 2)<br />
Die Zukunft der Dörfer in<br />
Thüringen (S. 4)<br />
Politische Vision zur Sicherung<br />
der Lebensqualität<br />
(S. 7)<br />
Gesundheit und Pflege<br />
(S. 10)<br />
Wohnen (S. 11)<br />
Mobilität (S. 15)<br />
Sicherung der<br />
Lebensqualität<br />
im ländlichen Raum<br />
Bildung und Kultur (S. 17)<br />
Organisationen<br />
Landessenioren (S. 19)<br />
Landfrauenverband (S. 21)<br />
Akademie Ländlicher<br />
Raum (S. 22)<br />
Erfahrungen<br />
Aus den Seniorenbeiräten<br />
(S. 23)<br />
Tipps<br />
Neujahrsgruß und<br />
Impressum (S. 28)<br />
Wie steht es um das Leben und die Zukunft<br />
der Dörfer in Thüringen?<br />
Politik<br />
-1-
Politik<br />
Auswirkungen des demografischen<br />
Wandels<br />
Die Auswirkungen des<br />
demografischen Wandels<br />
auf den ländlichen Raum<br />
Den demografischen Wandel kann<br />
man mit der Beschreibung von drei<br />
Phänomenen zusammenfassen: erstens<br />
die Geburtenraten sinken, zweitens<br />
die Lebenserwartung steigt und<br />
drittens es gibt seit zwei Jahrzehnten<br />
in Thüringen eine signifikante Wanderungsbewegung,<br />
die dazu führt,<br />
dass strukturstarke Regionen vom<br />
demografischen Wandel profitieren,<br />
andere verlieren. Der demografische<br />
Wandel ist hingegen komplexer<br />
und sehr phänomenreich. Es handelt<br />
sich um einen komplizierten und<br />
z. T. widersprüchlichen Prozess, der<br />
regional sehr unterschiedlich verläuft.<br />
Seine direkten und indirekten<br />
Auswirkungen sind gravierend.<br />
Dieser Zusammenhang kann an<br />
verschiedenen demografischen Phänomenen<br />
erläutert werden. Es ist<br />
bekannt, dass seit den 70er Jahren<br />
die Geburtenraten in Deutschland<br />
sinken, was mittel- und längerfristig<br />
Auswirkungen auf die Einwohnerzahlen<br />
hat. Die Bevölkerungsentwicklung<br />
stellt sich in Thüringen von<br />
1990-2010 wie folgt dar:<br />
- es gab einen Bevölkerungsrückgang<br />
um 365.000 Einwohner,<br />
- der Altersdurchschnitt stieg von<br />
37,9 Jahren auf 46,0 Jahre,<br />
- die durchschnittliche Lebenserwartung<br />
ist pro Jahr um fast 4 Monate<br />
gestiegen.<br />
Geburtenentwicklung mit demografischem<br />
Echo<br />
Quelle: TLS (2011)<br />
Bevölkerungsentwicklung in Thüringen<br />
1990-2010<br />
Durchschittsalter Thüringer Gemeinden<br />
2009<br />
-2-<br />
Nicht nur die Alterung der Gesellschaft,<br />
sondern der Rückgang der<br />
Bevölkerung, der regional sehr unterschiedlich<br />
verläuft und der in der<br />
Mehrzahl der ostdeutschen Kommunen<br />
durch die anhaltende Abwanderungsbewegung<br />
verstärkt wird, ist<br />
eine zentrale demografische Herausforderung.<br />
Dieser Rückgang wird<br />
derzeitig dadurch verschleiert, dass<br />
durch die höhere Lebenserwartung<br />
die Sterblichkeit zurückgeht. Dramatisch<br />
ist hingegen, dass vor dem Hintergrund<br />
der niedrigen Geburtenraten,<br />
der höheren Lebenserwartung<br />
sowie der Abwanderung von insbesondere<br />
jungen und hochqualifizierten<br />
Menschen aus ostdeutschen<br />
Kommunen die Anzahl der Erwerbstätigen<br />
im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung<br />
sinkt.<br />
Wie sich dieser Rückgang in den<br />
jeweiligen Regionen auswirkt, wird<br />
kontrovers diskutiert, wobei es offen-
Politik<br />
Auswirkungen des demografischen<br />
Wandels<br />
Räumliche Bevölkerungsentwicklung 1998-2011<br />
Bevölkerungsentwicklung in Thür. 2010-2030<br />
bar auch positive Effekte geben kann<br />
und es nicht um Verfallsdiagnosen<br />
geht, sondern um politische Konzepte,<br />
die aufzeigen, wie Schrumpfungsprozesse<br />
bewältigt werden können.<br />
Dennoch kann man davon ausgehen,<br />
dass ein signifikanter Rückgang<br />
der Bevölkerung insbesondere den<br />
ländlichen Raum betrifft. Prognosen<br />
gehen davon aus, dass die Auswirkungen<br />
komplex sind und das Ehrenamtskultur,<br />
die Verwaltungsstrukturen,<br />
Verkehrsmobilität, die Versorgungsund<br />
technischen Infrastrukturen, die<br />
Wirtschaft und Kommunalwirtschaft,<br />
die Bereiche Gesundheit, Soziales,<br />
Bildung und Kinderbetreuung betroffen<br />
sein werden. Konkret bedeutet<br />
der demografische Wandel für die<br />
ländlichen Regionen, dass<br />
- die Kaufkraft einer Region sinkt,<br />
- die Investitionsneigungen und das<br />
Wachstum generell gedämpft werden,<br />
- die Bildungswanderung verstärkt<br />
und<br />
- längerfristig ein Fachkräftemangel<br />
begünstigt wird mit der Folge, dass<br />
die Innovationsfähigkeit von Unternehmen<br />
eher begrenzt <strong>als</strong> gefördert<br />
wird,<br />
Altersstruktur in Thüringen 2010 und 2030<br />
- sich die Sogwirkung von wirtschaftlich<br />
starken Regionen verstärkt,<br />
- es einen wirtschaftlichen und sozialen<br />
Bedeutungsverlust von strukturschwachen<br />
Regionen gibt,<br />
- die Ausdünnung in der Besiedelung<br />
von ländlichen Gegenden<br />
beschleunigt wird und sich die Effizienz<br />
von Ver- und Entsorgungsinfrastrukturen<br />
verschlechtert, so<br />
dass sich die pro Kopf-Abgaben<br />
tendenziell erhöhen sowie<br />
- die Haushaltslagen der Kommunen<br />
aus verschiedenen Gründen verschärft<br />
werden, u. a. deshalb, weil<br />
die einwohnerabhängigen staatlichen<br />
Transferleistungen und Gewerbesteuereinnahmen<br />
tendenziell<br />
sinken, die pro Kopf Verschuldung<br />
gleichzeitig steigt und die Auslastungseffizienz<br />
von öffentlichen und<br />
Infrastruktureinrichtungen sich immer<br />
ungünstiger entwickelt und<br />
demnach eine Anpassung der Infrastrukturen<br />
erfolgen muss.<br />
Die Thüringer Landesregierung will<br />
den demografischen Wandel gestalten<br />
und positiv begleiten. Sie<br />
sieht in ihm auch Chancen. Sie will<br />
verhindern, dass es ein flächendeckendes<br />
Dörfersterben gibt. Sie geht<br />
-3-<br />
davon aus, dass es auch in Zukunft<br />
ein ausgebautes Straßennetz, Strom<br />
und medizinische Notfallversorgung<br />
geben wird, wobei die Gestaltungsmöglichkeiten<br />
der Bewohner an<br />
Bedeutung gewinnen werden. Die<br />
Landesregierung sieht Handlungsoptionen<br />
für den ländlichen Raum<br />
- in multifunktionalen und dienstleistungsorientierten<br />
Konzepten,<br />
die aus der Bevölkerung heraus<br />
entwickelt werden,<br />
- in genossenschaftlichen Modellen,<br />
die die Direktvermarktung und die<br />
regionale Wirtschaftskraft befördern,<br />
- in der Optimierung der Erreichbarkeit<br />
durch eine mobile Versorgung.<br />
Die Thüringer Demografiepolitik<br />
geht von folgenden Prämissen aus:<br />
1. Die Gestaltung des demografischen<br />
Wandels ist eine ressortübergreifende<br />
Aufgabe mit Prozesscharakter.<br />
2. Es gibt keine Patentrezepte.<br />
3. Die Zukunft verstärkt den Wettbewerb<br />
der Regionen.<br />
4. Das Zentrale-Orte-System wird<br />
<strong>als</strong> Konzept zur Daseinsvorsorge
Politik<br />
Zukunft der Dörfer in Thüringen<br />
im ländlichen Raum an Bedeutung<br />
gewinnen.<br />
5. Es wird eine Neuorganisation der<br />
Versorgung mit Infrastruktureinrichtungen<br />
geben.<br />
6. Flexible Modelle gewinnen in allen<br />
Versorgungsbereichen an Bedeutung.<br />
Konkrete Maßnahmen der Landesregierung<br />
sind:<br />
- die Gründung der Serviceagentur<br />
Demorgrafischer Wandel,<br />
- eine regelmäßige Berichterstattung<br />
über die demografische Entwicklung,<br />
- ein Landesentwicklungsprogramm<br />
2025,<br />
- die Städtebauförderung und eine<br />
integrierte ländliche Entwicklung,<br />
- die Initiative zu einer Thüringer<br />
Nachhaltigkeitsstrategie,<br />
- die Auslobung des Thüringer Zukunftspreises,<br />
- das Aktionsprogramm: Fachkräftesicherung<br />
und Qualifizierung.<br />
Dr. Jan Steinhaußen<br />
Der Beitrag beruht in Teilen auf einem Vortrag,<br />
den Ministerialdirigent Andreas Minschke<br />
(Foto unten) auf einer Fachtagung<br />
der <strong>Landesseniorenvertretung</strong> im November<br />
2012 in Bad Blankeburg hielt. Die Grafiken<br />
wurden diesem Vortrag entnommen.<br />
Die Zukunft der Dörfer in<br />
Thüringen<br />
Rund 95 % des Freistaats Thüringen<br />
sind ländlich geprägt und fast<br />
1,8 Mio. Menschen haben in den<br />
Dörfern und Städten auf dem Lande<br />
ihr zu Hause. So wundert es nicht,<br />
dass angesichts teils erschreckender<br />
demografischer Prognosen die künftige<br />
Entwicklung der Dörfer zunehmend<br />
in den Fokus gerät. Schlagzeilen<br />
zur schlechten Erreichbarkeit<br />
mit öffentlichen Verkehrsmitteln, zur<br />
wegbrechenden Nahversorgung,<br />
zum Ärztemangel auf dem Lande finden<br />
sich fast täglich in den Medien.<br />
Aber wie sieht die Situation wirklich<br />
aus und was unternimmt die Thüringer<br />
Landentwicklung, um die negativen<br />
Entwicklungen zu mildern bzw.<br />
diesen entgegenzusteuern?<br />
-4-<br />
„Wir werden weniger, älter und<br />
bunter“<br />
Diese Aussage des renommierten<br />
Zukunftsforschers Matthias Horx trifft<br />
auch auf den ländlichen Raum in<br />
Thüringen zu. Von 1990 bis 2010<br />
hat Thüringen über 14 Prozent seiner<br />
Einwohner verloren. Sinnbildlich ist<br />
somit jedes Jahr eine Kleinstadt wie<br />
Bad Salzungen oder Pößneck aus<br />
Thüringen verschwunden. Neben<br />
dem Schrumpfen der Bevölkerungszahl<br />
ist der demografische Wandel<br />
durch eine Verschiebung des Altersdurchschnitts<br />
gekennzeichnet.<br />
Auf Fragen der künftigen Daseinsvorsorge,<br />
der weiteren Entwicklung der<br />
Dorfkerne oder auch der Stellung<br />
des immer bedeutender werdenden<br />
Ehrenamts gilt es möglichst zeitnah<br />
Antworten zu finden. Dafür ist es allerdings<br />
zunächst zwingend erforderlich,<br />
dass sich bei allen Betroffenen<br />
ein Umdenkprozess vollzieht. Diesem<br />
Prozess unterliegt auch die ländliche<br />
Entwicklung. Elemente eines integrierten<br />
Ansatzes wie regionale Entwicklungsstrategien,<br />
der bottom-up-<br />
Ansatz (engl. von unten nach oben),<br />
d. h. eine breite Akteursbeteiligung<br />
vor Ort, und die Netzwerkbildung in<br />
der Region gewinnen zunehmend an<br />
Bedeutung. Die praktische Umsetzung<br />
einer zielführenden und nachhaltigen<br />
Regionalentwicklung gestaltet<br />
sich jedoch nicht einfach: Die<br />
treibenden Kräfte in einer Region,<br />
ob Bürgermeister, LEADER-Manager<br />
oder Behörden – alle brauchen einen<br />
langen Atem. Zum täglichen<br />
Brot der Akteure gehören nicht nur<br />
die unterschiedlichen Instrumente<br />
der Landentwicklung, ressortgebundene<br />
Förderprogramme und Verwaltungsvorschriften.<br />
Auch unterschiedliche<br />
Interessenlagen und die immer<br />
wieder auftauchende Herausforderung,<br />
engagierte Menschen für diesen<br />
Prozess zu gewinnen, machen<br />
Regionalentwicklung zu einer vielschichtigen<br />
Aufgabe.<br />
Hinzu kommt, dass die regionale<br />
Entwicklung hinsichtlich der Bereiche<br />
Wirtschaft und Soziales in Thüringen<br />
nicht gleichmäßig verläuft. Aufgrund<br />
der unterschiedlichen Ausgangslagen<br />
und Entwicklungsmöglichkeiten<br />
haben sich von der Impulsregion bis<br />
hin zur strukturschwachen Gegend<br />
verschiedene Räume herausgebildet.<br />
Unter Beachtung des allgemeinen<br />
Grundsatzes nach gleichwertigen<br />
Lebensverhältnissen stellt sich daher<br />
die Frage, wie Regionalentwicklung<br />
gerade in strukturschwachen Räumen<br />
aussehen kann.<br />
Starke Dörfer mit engagierten,<br />
selbstbewussten Bürgerinnen und<br />
Bürgern sind eine wesentliche Voraussetzung<br />
für die Entwicklung eines<br />
attraktiven ländlichen Raums. Nur<br />
starke Dörfer finden den Mut, sich<br />
mit anderen Gemeinden zu vernetzen<br />
und gemeinsam neue wirtschaftliche<br />
Perspektiven und Identitäten zu<br />
entwickeln.<br />
Um die Wohn-, Arbeits-, Sozial- und<br />
Umweltverhältnisse in den Dörfern
Politik<br />
LEADER<br />
nachhaltig zu verbessern, müssen<br />
strukturell wirksame Lösungsansätze<br />
entwickelt und gefördert werden.<br />
Dazu zählen:<br />
- die soziale und bauliche Vitalisierung<br />
und Innenentwicklung der<br />
Dörfer,<br />
- das Aufhalten des Verlustes sozialer<br />
und kultureller Einrichtungen,<br />
- die Begleitung der Schrumpfungsprozesse,<br />
- die Aufrechterhaltung der Daseinsvorsorge,<br />
- die Verstärkung von Stadt-Landund<br />
interkommunalen Kooperationen<br />
und<br />
- der Aufbau nachhaltiger Wirtschaftsstrukturen.<br />
Das Thüringer Ministerium für Landwirtschaft,<br />
Forsten, Umwelt und Naturschutz<br />
(TMLFUN) verfügt über ein<br />
breites Spektrum an Instrumenten<br />
und Methoden zur Landentwicklung.<br />
Neben den klassischen Instrumenten<br />
wie Dorferneuerung/Dorfentwicklung,<br />
Flurbereinigung und ländlicher<br />
Tourismus ist insbesondere die LEA-<br />
DER-Methode geeignet, um den aktuellen<br />
Herausforderungen der Regionalentwicklung<br />
gerecht zu werden.<br />
zur gezielten Untersetzung der Strategie<br />
entschieden. Thüringen hat mit<br />
diesem landesweiten Ansatz einen<br />
eigenen und bundesweit beachteten<br />
Weg beschritten.<br />
Was kann LEADER?<br />
Im Rahmen des Fördergegenstandes<br />
„Innovative Vorhaben“ entstehen besonders<br />
kreative und zukunftsgerichtete<br />
Projektideen in und für die Regionen.<br />
Folgende Beispiele können<br />
das belegen:<br />
- „Einen alten Baum verpflanzt man<br />
nicht“, sagt eine alte Lebensweisheit.<br />
Deshalb machten sich fünf<br />
Gemeinden im Unstrut-Hainich-<br />
Kreis Gedanken, wie sie Senioren,<br />
die nicht mehr allein in ihrer<br />
Immobilie leben wollen oder können,<br />
einen angenehmen Lebensabend<br />
in gewohnter Umgebung<br />
ermöglichen können. Die Lösung<br />
bietet das Projekt „Altersgerechtes<br />
Wohnen und Wiederbelebung<br />
Ländlicher Bausubstanz“ (Träger:<br />
Stiftung Landleben, RAG Unstrut-<br />
Hainich). Auf sonst unattraktiven<br />
Brachflächen im Ortskern der Gemeinden<br />
entstehen altersgerechte<br />
Bungalows (s. Foto S. 5 unten und<br />
S. 6 oben). Diese werden einheimischen<br />
Senioren zur Verfügung<br />
gestellt, die im Gegenzug ihre zu<br />
groß gewordene und nicht barrierefreie<br />
Immobilie in das Vermögen<br />
der Stiftung einbringen. Diese<br />
sonst leer stehenden Immobilien<br />
werden jungen Familien je nach<br />
Bedarf saniert bzw. unsaniert <strong>als</strong><br />
Wohnraum zum Kauf oder zur<br />
Miete angeboten. Dieses Konzept<br />
trifft auch außerhalb Thüringens<br />
auf große Nachfrage.<br />
- Mit Vorhaben wie „Schulessen - Regional,<br />
Gesund und Gut - Unsere<br />
Region auf den Tellern der Schulküchen“<br />
(Träger: RAG Saale-Orla<br />
gemeinsam mit dem Landkreis)<br />
könnten Masseninfektionen durch<br />
Erdbeeren aus China (wie Ende<br />
des Jahres 2012) vermieden werden.<br />
Für die potenziell 6000 Mittagessen<br />
pro Tag sollen an den 38<br />
staatlichen Schulen im Saale-Orla-Kreis<br />
in Zukunft ausschließlich<br />
regionale Qualitätsprodukte verwendet<br />
werden. So werden Stoffund<br />
Wertschöpfungskreisläufe geschaffen<br />
und die Lebensqualität,<br />
Was ist LEADER?<br />
Die LEADER-Methode ist aufgrund<br />
ihrer strategischen Ausrichtung das<br />
zentrale Instrument der Regionalförderung<br />
zur Stärkung des Subsidiaritätsprinzips<br />
und zur Einbindung der<br />
örtlichen Bevölkerung in den Prozess<br />
der ländlichen Entwicklung. In der aktuellen<br />
Förderperiode (2007-2013)<br />
haben sich landesweit und flächendeckend<br />
15 Regionale Aktionsgruppen<br />
(RAG) in Thüringen etabliert, die<br />
über ein jährliches Gesamtbudget<br />
von rund 7,5 Millionen Euro entscheiden.<br />
In den Gruppen sind hunderte<br />
Menschen ehrenamtlich tätig.<br />
Auf der Basis von bottom-up-Prozessen<br />
wird von den örtlichen Akteuren<br />
eine regionale Entwicklungsstrategie<br />
erstellt und über geeignete Projekte<br />
Gerade fertig gewordenen altersgerechten Bungalows auf einer ehemaligen Brachfläche im<br />
Ortskern von Kirchheilingen<br />
-5-
Politik<br />
LEADER<br />
Feierliche Einweihung der altersgerechten Bungalows am 18. Dezember 2012 (u.a. mit dem<br />
Landrat des Unstrut-Hainich-Kreises, Harald Zanker; Leiter des ALF (Amt für Landentwicklung<br />
und Flurneuordnung) Gotha, Mathias Geßner; Referatsleiter Dorferneuerung im Thüringer<br />
Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz, Dr. Karl-Martin Prell; Vorstand<br />
der Stiftung Landleben, Frank Baumgarten)<br />
Skulptur von Florian Lindtner, entstanden im Rahmen der Kulturtage an der T<strong>als</strong>perre Leibis/<br />
Lichte (Quelle: LEADER-Management Saalfeld-Rudolstadt)<br />
Gesundheit und Identifikation mit<br />
der Region steigt. Die Qualität der<br />
Schulessensversorgung wird spürbar<br />
verbessert, durch ein Qualitätsmanagementsystem<br />
gesichert<br />
und auf eine dauerhaft gesicherte<br />
wirtschaftliche Basis gestellt. Das<br />
Thema „Gesunde Ernährung und<br />
regionale Produkte“ soll an den<br />
Schulen Bildungsziel werden.<br />
- Als abgelegen wohnende, ältere<br />
oder gehbehinderte Menschen<br />
immer häufiger einer Zahnarztpraxis<br />
in Templin fernblieben, forschte<br />
eine ortsansässige Zahnärztin<br />
nach und musste feststellen, dass<br />
viele Patienten den zum Teil langen<br />
Weg zu ihrer Praxis einfach nicht<br />
mehr bewältigen konnten. Dank<br />
dem Projekt „Mobile Zahnarztpraxis“<br />
(Spezialfahrzeug inklusive aller<br />
Instrumente an Bord, gefördert von<br />
der LAG Uckermark/Brandenburg)<br />
kommt die Zahnärztin für Patienten<br />
rings um Templin direkt ins<br />
Wohnzimmer. Das Modellprojekt<br />
zur mobilen zahnärztlichen Versorgung<br />
im ländlichen Raum der<br />
Uckermark ist ein voller Erfolg.<br />
- Eine Initialzündung für die interkommunale<br />
Zusammenarbeit im<br />
Schwarzatal bildeten die „Kulturtage<br />
an der T<strong>als</strong>perre“ im Jahr<br />
2010 (Träger: RAG Saalfeld-<br />
Rudolstadt). Ziel war vor allem<br />
die T<strong>als</strong>perre Leibis/Lichte, die in<br />
Deutschland zuletzt gebaute und<br />
zweithöchste ihrer Art, <strong>als</strong> neue<br />
touristische Attraktion bekannt zu<br />
machen und die Zusammenarbeit<br />
der Schwarzatal-Gemeinden zu<br />
stärken. Den Kern der Kulturtage<br />
bildete ein Holzbildhauersymposium.<br />
Die entstandenen Skulpturen<br />
dienen heute <strong>als</strong> Sitzgelegenheit<br />
am T<strong>als</strong>perren-Rundweg (s. Foto).<br />
Zum Begleitprogramm gehörten<br />
ein Künstlermarkt, eine Livemusikveranstaltung<br />
an der Staumauer,<br />
ein Kinderaktionstag und eine öffentliche<br />
Filmvorführung. Die Kulturtage<br />
bildeten zugleich den Auftakt<br />
für die 1. Bundesstutenschau<br />
für Edelbluthaflinger im Gestüt<br />
Meura.<br />
- Das Projekt „Dörfer in Aktion -<br />
40 x 3000“, (Träger: RAG Wartburgregion,<br />
RAG Henneberger<br />
Land, RAG Hildburghausen-Sonneberg)<br />
führte durch die Vergabe<br />
von 40 Kleinstzuschüssen bis maximal<br />
3000 Euro zu mehr „Leben“<br />
in den Südthüringer Dörfern. Gefördert<br />
wurden unter anderem der<br />
Aufbau eines generationsübergreifenden<br />
Percussion-Ensembles, die<br />
Renovierung des Dorfbackofens,<br />
die Aktion „900 Paten für 900-jährige<br />
Klosterbasilika“ oder verschiedene<br />
Aktionen rund um das<br />
Thema „Streuobstwiesen“. Voraus-<br />
-6-
Politik<br />
Politische Vision zur Entwicklung im<br />
ländlichen Raum<br />
Aktion zu Streuobstwiesen im Rahmen von<br />
„Dörfer in Aktion“ (Quelle: IPU Erfurt)<br />
setzung für die Wettbewerbsbeteiligung<br />
war u. a. die Teilnahme von<br />
mindestens 12 Personen an der<br />
Aktion, die mindestens 120 Stunden<br />
ehrenamtliche Eigenleistung<br />
im Rahmen der Aktion erbringen<br />
mussten.<br />
Die genannten Beispiele zeigen, dass<br />
trotz demografischen Wandels viele<br />
gute Ansätze für zukunftsweisende<br />
Entwicklungen im ländlichen Raum<br />
existieren. Die Akteursbeteiligung<br />
im Rahmen der LEADER-Methode<br />
gestaltet den Abstimmungsprozess<br />
sicher nicht immer einfach, trägt<br />
aber zu einer einzigartigen Motivation<br />
der Akteure, einer verstärkten<br />
Bindung an die eigene Region und<br />
einer gesteigerten Nachhaltigkeit<br />
der Projekte bei.<br />
Es ist angedacht und teilweise auch<br />
bereits abgestimmt, die LEADER-<br />
Methode auf weitere Förderbereiche<br />
auszudehnen. In der neuen EU-Förderperiode<br />
ab 2014 soll das LEA-<br />
DER-Konzept unter anderem auch<br />
auf Natur- und Landschaftsschutzprogramme<br />
sowie auf Umweltbildungsmaßnahmen<br />
übertragen<br />
werden. Zur weiteren Nutzung von<br />
Synergieeffekten wird eine stärkere<br />
Vernetzung mit dem Europäischen<br />
Fonds für Regionalentwicklung und<br />
dem Europäischen Sozialfonds notwendig<br />
sein. Vor diesem Hintergrund<br />
sollten für die ab 2014 beginnende<br />
neue EU-Förderperiode die Schwerpunkte<br />
der Förderinstrumente für die<br />
Menschen des ländlichen Raums in<br />
Thüringen gebündelt und fortentwickelt<br />
werden.<br />
Doreen Handke (Foto unten)<br />
Thüringer Vernetzungsstelle LEADER<br />
Türinger Ministerium für Landwirtschaft,<br />
Forsten, Umwelt und Naturschutz<br />
Politische Vision zur<br />
Sicherung der Lebensqualität<br />
der Menschen<br />
im ländlichen Raum und<br />
praktische Probleme<br />
Meine Damen und Herren, herzlich<br />
willkommen in Bad Blankenburg im<br />
schönsten Landkreis Thüringens.<br />
Ich wurde für die heutige Landesseniorenkonferenz<br />
gebeten, einen<br />
Vortrag über meine politische Vision<br />
der Lebensqualität der Menschen im<br />
ländlichen Raum zu halten.<br />
Jetzt haben Sie schon eineinhalb<br />
Tage mit sehr inhaltsreichen Vorträgen<br />
hinter sich, das Mittagessen<br />
liegt Ihnen vielleicht auch schwer im<br />
Magen und nun soll ich <strong>als</strong> Neuling<br />
und Laie in der Seniorenarbeit Ihnen<br />
noch etwas möglichst Kluges und<br />
Sinnvolles mit auf den Weg geben?<br />
-7-<br />
Und das eine halbe Stunde lang.<br />
Da wird nicht nur Ihnen, sondern<br />
auch mir angst und bange.<br />
Deshalb möchte ich Sie auf eine kleine<br />
Gedankenreise einladen. Schließen<br />
Sie ruhig die Augen.<br />
Stellen wir uns vor, wir alle wären auf<br />
der Landesseniorenkonferenz 2030.<br />
Sollten jetzt einige von Ihnen denken,<br />
da gibt es mich doch schon lange<br />
nicht mehr, kann ich Sie beruhigen.<br />
Die Medizin hat zwischen 2012 und<br />
2022 solche enormen Fortschritte<br />
gemacht, dass niemand mehr an<br />
Krankheiten sterben muss.<br />
Ich werde meinen Platz dann allerdings<br />
bei Ihnen im Publikum haben.<br />
Es begrüßt Sie in der Landessportschule<br />
in der Kreisstadt Remschütz<br />
(vorm<strong>als</strong> die Städte Saalfeld-Rudolstadt-Bad<br />
Blankenburg) die Landrätin<br />
des Großkreises Saale-Orla-<br />
Schwarza.<br />
Der neue Landkreis wurde 2018 aus<br />
dem ehemaligen Kreis Sonneberg,<br />
dem Saale-Orla-Kreis und Saalfeld-<br />
Rudolstadt gebildet.<br />
Entgegen allen Prognosen ist die Bevölkerung<br />
im Großkreis stabil geblieben.<br />
Das ehemalige Städtedreieck<br />
– die Kreisstadt Remschütz – ist auf<br />
mehr <strong>als</strong> 80 000 Einwohner gewachsen.<br />
Remschütz ist nicht nur Standort<br />
für innovative Unternehmen, sondern<br />
auch kulturelles Zentrum für die drei<br />
ehemaligen Landkreise.<br />
Weil das Rudolstädter Theater dem<br />
großen Publikumsandrang nicht<br />
mehr standhalten konnte, wurde der<br />
Kulturpalast in Unterwellenborn <strong>als</strong><br />
Veranstaltungszentrum entwickelt<br />
und komplett modernisiert. Unter<br />
dem Namen Thüringer Landestheater<br />
und Symphoniker Remschütz hat<br />
sich das Ensemble ein treues und<br />
großes Publikum erarbeitet.<br />
Der Landkreis verzeichnet bereits<br />
seit 2015 deutliche Aufwärtstendenzen.<br />
Vor allem der Tourismus wurde<br />
durch zwei nachhaltige Investitionen<br />
entscheidend gestärkt.
Politik<br />
Politische Vision zur Entwicklung im<br />
ländlichen Raum<br />
Die politische Vision des Landrates führte zu lebhaften Diskussionen...<br />
-8-<br />
Am 1. Januar 2015 wurde die Brücke<br />
Linkenmühle am Hohenwartestausee<br />
wiedereröffnet. Durch den<br />
zunehmenden Besucherverkehr war<br />
das Land gezwungen, die Infrastruktur<br />
an der Saalekaskade deutlich zu<br />
verbessern. Mithilfe des Konjunkturpakets<br />
4, das nach dem Austritt<br />
Griechenlands aus dem Euro beschlossen<br />
wurde, konnten die Stauseegemeinden<br />
wichtige Infrastrukturprojekte<br />
umsetzen.<br />
Mehrere Abenteuerspielplätze, ein<br />
Wasserski-Lift, drei Tauchzentren<br />
und eine belebte Seeschifffahrt ziehen<br />
jährlich tausende Besucher aus<br />
Erfurt, Leipzig und Nürnberg in die<br />
Region. Eine besondere Attraktion<br />
sind die im Raum Probstzella wieder<br />
wild lebenden Wolfsrudel.<br />
Zum Erfolg des Tourismus trägt die<br />
sechste Ölkrise bei, die Flugreisen<br />
für Normalverdiener unbezahlbar<br />
macht. Die Deutschen machen seit<br />
Jahren fast ausschließlich in Deutschland<br />
Urlaub.<br />
Die zweite erfolgreiche Investition in<br />
den Tourismus war die Eröffnung des<br />
Zeughausmuseums 2015. Vor allem<br />
seit dem Bau der Staumauer am<br />
ehemaligen Schweizerhaus.<br />
Die Schwarzat<strong>als</strong>perre wurde eigentlich<br />
zur umweltfreundlichen Energiegewinnung<br />
für das ehemalige Städtedreieck<br />
entworfen. Gleichzeitig<br />
wurde dadurch das Schloss Schwarzburg<br />
zu einem Wasserschloss. In dem<br />
sanierten Gebäude ist ein 5-Sterne-<br />
Hotel untergebracht.<br />
Durch den gleichzeitig entstandenen<br />
Ökotourismus sind in den Folgenjahren<br />
tausende von Jobs entstanden.<br />
Viele junge Einheimische haben<br />
den Sprung in die Selbständigkeit<br />
gewagt. Besonders hilfreich war der<br />
vorhandene Grundbesitz.<br />
Die in früheren Prognosen <strong>als</strong> wertlos<br />
bezeichneten Immobilien in den<br />
höheren Lagen des Schwarzat<strong>als</strong><br />
und rund um die Stauseen, erwiesen<br />
sich <strong>als</strong> Goldgruben. Um den Touristenandrang<br />
bewältigen zu können,<br />
werden viele der kleineren Betriebe<br />
<strong>als</strong> Familienunternehmen geführt.<br />
Meist sind es drei Generationen in<br />
einem Haus, die sich um das Wohl<br />
der Gäste kümmern.<br />
Aus den alten Bundesländern werden<br />
vor allem ungeschulte Kräfte für<br />
Hilfsarbeiten angeworben.<br />
Das Studentenwohnheim am ehemaligen<br />
Saalfelder ICE Bahnhof<br />
platzt aus allen Nähten und muss erweitert<br />
werden. Ein 2013 errichteter<br />
Einkaufskomplex wird dafür abgerissen.<br />
Remschütz wurde bereits 2020 für<br />
seine innovative Unternehmensförderung<br />
mit einem Bundespreis für<br />
Demografie ausgezeichnet. Im Modellprojekt<br />
„Alte Stärken – Junge<br />
stärken“ haben Stadt und Landkreis<br />
sich verpflichtet, für Fachkräfte ab<br />
60 den Transport zum Arbeitsplatz<br />
und die Krankenversicherungskosten<br />
zu übernehmen. Die Unternehmen<br />
zahlen im Gegenzug die Kinderbetreuungskosten<br />
für junge Mitarbeiter.<br />
Die Mischung im Personalbestand<br />
zwischen innovativen jungen und erfahrenen<br />
alten Mitarbeitern, hat die<br />
Wettbewerbsfähigkeit der Remschützer<br />
Unternehmen deutlich verbessert.<br />
Der Landkreis liegt im Thüringer<br />
Vergleich weit vor Erfurt und Jena.<br />
Vorgeschlagen hatte das Projekt der<br />
Seniorenbeirat des Landkreises.<br />
Die Steuereinnahmen in den Städten<br />
und Gemeinden im Landkreis<br />
sind durch den florierenden Tourismus,<br />
aber auch die Industrie und<br />
die Landwirtschaft stark gestiegen.<br />
Letztere profitiert von der anhaltenden<br />
Nachfrage nach Ökoprodukten<br />
in den Großstädten. Darüber hinaus<br />
hat sich die Pflege der Kulturlandschaft<br />
<strong>als</strong> unverzichtbar erwiesen.<br />
Der flächendeckende Ausbau von<br />
Breitbandnetzen hat neue Beschäftigungsformen<br />
eröffnet. Der Arbeitsplatz<br />
zu Hause ist für viele Menschen<br />
– insbesondere außerhalb von Remschütz<br />
– selbstverständlich geworden.<br />
Einkäufe werden fast ausschließlich<br />
über das Internet erledigt<br />
und per Lieferservice an die Haustür<br />
gebracht.<br />
Davon profitieren vor allem ältere<br />
Menschen mit eingeschränkter Mobilität.<br />
Apple hat vor Jahren bereits<br />
ein seniorengerechtes I-Pad auf den<br />
Markt gebracht, das keine Com-
Politik<br />
Politische Vision zur Entwicklung im<br />
ländlichen Raum<br />
puterkenntnisse voraussetzt. Es liest<br />
den Fingerabdruck des Benutzers<br />
und erlaubt so auch den bargeldlosen<br />
Zahlungsverkehr. Alle großen<br />
Supermärkte haben ein eigenes App<br />
für ihre Produkte entwickelt.<br />
Der Landkreis stellt allen Leistungsempfängern<br />
ein Gerät kostenlos zur<br />
Verfügung. Mit der Landratsamts-<br />
App können sämtliche Behördendienstleistungen<br />
von Zuhause aus<br />
erledigt werden. Die Mitstreiter des<br />
Seniorenprojekts „Herbstzeitlose“<br />
betreuen ehrenamtlich die EDV-<br />
Technik.<br />
Darüber hinaus steuert ein Behördenmobil<br />
einmal monatlich sämtliche<br />
Gemeinden im Landkreis an.<br />
Finanziert wird das Angebot durch<br />
den Abbau von Personal in der Kernverwaltung.<br />
Der Landkreis investiert seit Jahren<br />
erheblich in den Ausbau der Bildungsinfrastruktur.<br />
Die Berufsschulausbildung<br />
für den gesamten Tourismusbereich<br />
für ganz Thüringen ist<br />
im Landkreis angesiedelt. Ein weiterer<br />
Anbau an die ehemalige Berufsschule<br />
in Schwarza ist geplant.<br />
Der Remschützer Ortsteil Unterwellenborn<br />
hat ein eigenes Gymnasium<br />
bekommen. In Altenbeuthen<br />
und Bucha wurden nach massivem<br />
Druck von Eltern neue Grundschulen<br />
gebaut.<br />
Kurze Pause…<br />
Meine Damen und Herren, ich könnte<br />
jetzt noch weitermachen, aber ich<br />
will Ihre Geduld und Ihre Phantasie<br />
nicht über Gebühr strapazieren.<br />
Ich hoffe, Sie haben meine Kernbotschaften<br />
dieser Gedankenreise<br />
erfasst.<br />
Ich möchte sie an dieser Stelle noch<br />
einmal zusammenfassen:<br />
1. Nicht den Kopf in den Sand<br />
stecken und von den düsteren<br />
Prognosen anstecken lassen. Es<br />
gibt immer wieder Ereignisse,<br />
die nicht geplant sind und die<br />
alle Prognosen über den Haufen<br />
werfen. Denken Sie nur an Paris<br />
1900 oder die Wende 1989!<br />
2. Tourismus ist eine Ressource, die<br />
wir noch längst nicht genügend<br />
nutzen.<br />
3. Gebietsreformen sind notwendig<br />
und überfällig. Das gilt für Gemeindestrukturen<br />
ebenso wie für<br />
Landkreise.<br />
4. Wir müssen bei allem Sparzwang<br />
in die Zukunft investieren. Wenn<br />
wir nichts mehr in unsere Region<br />
investieren, werden wir junge<br />
Menschen nicht hier halten<br />
können! Die Brücke Linkenmühle<br />
und das Zeughausmuseum sind<br />
nur zwei Beispiele. Das gilt aber<br />
vor allem für Investitionen in Bildung.<br />
5. Der technische Fortschritt wird<br />
gerade für ältere Menschen viele<br />
Erleichterungen bringen. Stichwort<br />
I-Pad.<br />
6. Die Wirtschaft ist das Rückgrat<br />
der Region. Ohne Wirtschaft hat<br />
die Region keine Zukunft.<br />
Schließen möchte ich mit einer Einladung<br />
an Sie alle: Beteiligen Sie sich<br />
an diesen Prozessen, bringen Sie sich<br />
ein mit Ihrer Stimme und Ihrer Erfahrung.<br />
Denn nur wir alle gemeinsam<br />
haben die Kraft, die Zukunft unserer<br />
Region zu bestimmen.<br />
Dazu müssen wir alle unsere Verantwortung<br />
annehmen. Oder um es mit<br />
unserem Bundespräsidenten Joachim<br />
Gauck zu sagen:<br />
Wir leben nicht in Vollkommenheit,<br />
aber wir überwinden die Unvollkommenheit<br />
mit dem starken Impuls: Ich<br />
bin auf dem richtigen Weg, denn ich<br />
sage Ja zu meiner Verantwortung.<br />
Vielen Dank!<br />
Hartmut Holzhey (s. Foto unten)<br />
Landrat des Landkreises Saalfeld-<br />
Rudolstadt<br />
Landratsamt Saalfeld-Rudolstadt<br />
Schwarzburger Chaussee 12<br />
07407 Rudolstadt<br />
Tel.: 03671/82 30<br />
poststelle@kreis-slf.de<br />
www.sa-ru.de<br />
... und nachdenklichen Minen.<br />
-9-
Politik<br />
Gesundheit und Pflege<br />
Sicherung der Lebensqualität<br />
der Menschen<br />
im ländlichen Raum<br />
Gesundheit und Pflege<br />
Im Allgemeinen herrscht die Auffassung<br />
vor, dass es im Bereich<br />
des Gesundheitssystems ein Versorgungs-<br />
und Verteilungsproblem gibt<br />
und dass die demografische Entwicklung,<br />
insbesondere die Alterung<br />
der Gesellschaft, die Probleme im<br />
Gesundheitssystem verschärft. Vor<br />
allem im ländlichen Raum soll die<br />
medizinische Versorgung und Pflege<br />
gefährdet und in Zukunft nicht<br />
sichergestellt sein.<br />
Die Frage, die sich vor dem Hintergrund<br />
der demografischen Entwicklung<br />
stellt, lautet: Wie können die<br />
gesetzliche Krankenversicherung und<br />
insbesondere die Ersatzkassen die<br />
medizinische Versorgung sicherstellen?<br />
Die Akteure im Gesundheitssystem<br />
sind insbesondere die Krankenhäuser,<br />
die Vertragsärzte, verschiedene<br />
Gesundheitspartner und Pflegeeinrichtungen.<br />
Ungeachtet der guten<br />
Voraussetzungen des Versorgungssystems<br />
kann man Probleme identifizieren.<br />
Die Situation zwischen diesen<br />
Akteuren ist dadurch geprägt,<br />
dass es eine Konkurrenz zwischen<br />
Vertragsärzten und Krankenhäusern<br />
gibt, dass sich die Konkurrenz um die<br />
beschränkten Ressourcen verschärft,<br />
dass die Nutzung von innovativen<br />
Versorgungsmodellen beschränkt ist<br />
und dass die Vernetzung zwischen<br />
diesen Akteuren im Interesse der Patienten<br />
gering ist. Der Lösungsansatz<br />
wäre die Verzahnung dieser Akteure.<br />
Verzahnung meint: Integrierte<br />
Versorgung, die engere Einbindung<br />
der Krankenhäuser in die Bedarfsplanung<br />
sowie die Delegation von<br />
ärztlichen Leistungen an alternative<br />
Akteure im Gesundheitssystem.<br />
Auch in der Telemedizin wird eine<br />
zunehmende Ressource gesehen.<br />
Sie versteht sich <strong>als</strong> ein Teilbereich<br />
der Telematik im Gesundheitswesen<br />
und bezeichnet Diagnostik und<br />
Therapie unter Überbrückung einer<br />
räumlichen oder auch zeitlichen Distanz<br />
zwischen Arzt, Apotheker und<br />
Patienten oder zwischen zwei sich<br />
konsultierenden Ärzten mittels Telekommunikation.<br />
Dabei ist die Versorgungssicherstellung<br />
durchaus kein quantitatives<br />
Problem, denn die Anzahl der Ärzte<br />
im ambulanten Bereich ist seit<br />
20 Jahren relativ stabil geblieben<br />
und hat sich bei sinkenden Einwohnerzahlen<br />
im stationären Bereich<br />
deutlich erhöht, wobei die Alterung<br />
der Gesellschaft zu deutlich mehr altersassoziierten<br />
Krankheiten führt.<br />
Die Sicherstellung der ärztlichen<br />
Versorgung scheint in erster Linie ein<br />
Verteilungsproblem zu sein, denn es<br />
ist bundesweit absehbar, dass in vermeintlich<br />
„unattraktiven“ Regionen<br />
Sicherstellungsprobleme auftreten<br />
können.<br />
Dem Problem der langfristigen Sicherstellung<br />
haben sich die Krankenkassen<br />
und die Kassenärztliche Vereinigung<br />
Thüringen seit langem angenommen.<br />
Bereits 2004 wurden erstm<strong>als</strong> in Thüringen<br />
konkrete Maßnahmen beraten,<br />
um eine drohende Unterversorgung<br />
zu lokalisieren. Das 2004 beschriebene<br />
Szenario mit einen auf unter 75<br />
Prozent sinkenden Versorgungsgrad<br />
bei den Hausärzten war jedoch im<br />
Jahr 2008 nicht eingetreten.<br />
-10-<br />
Wie kann die Sicherstellung der<br />
ärztlichen Versorgung in Thüringen<br />
aussehen?<br />
Thüringen förderte Praxisneugründungen<br />
oder -übernahmen mit<br />
60.000 Euro (ohne Rückzahlungsverpflichtung,<br />
von 2008 bis 2009<br />
in Höhe von 30.000 Euro). Es findet<br />
darüber hinaus eine Förderung<br />
von Zweigpraxen mit max. 15.000<br />
Euro statt. Außerdem werden Ärzte,<br />
die über das 65. Lebensjahr hinaus<br />
praktizieren, mit 1.500 Euro pro<br />
Quartal gefördert. Bei Neugründungen<br />
werden zinslose Darlehen verliehen.<br />
Außerdem werden fallzahlabhängige<br />
Zuschläge gewährt.<br />
Wie kann man den aktuellen Sachstand<br />
beschreiben?<br />
Aufgrund der alternden Thüringer<br />
Bevölkerung ist im ambulanten<br />
und stationären Bereich eine<br />
bedarfsorientierte ärztliche Versorgung<br />
erforderlich. Noch nie war<br />
Thüringen mit so vielen Ärzten<br />
versorgt wie heute. Einzelne Lücken<br />
können dennoch nicht ausge schlossen<br />
werden. Die deutlich attraktivere<br />
Vergütung der letzten Jahre im ambulanten<br />
Bereich bietet ein erhebliches<br />
Potential für niederlassungswillige<br />
Ärzte.<br />
In naher Zukunft werden in Thüringen<br />
viele Ärzte altersbedingt ihre<br />
Tätigkeit aufgeben. Von dieser Entwicklung<br />
sind aber nicht nur Ärzte<br />
betroffen!<br />
Aus den Erfahrungen der letzten<br />
Jahre konnte man erkennen, dass<br />
Sicherstellung kein vorrangig finanzielles<br />
Problem ist, sondern vielmehr<br />
auch von anderen Faktoren beeinflusst<br />
wird.<br />
Daher dürfen nicht nur innovative<br />
Schritte angekündigt, sondern müssen<br />
auch gegangen werden. Hierbei<br />
sind alle Beteiligten, auch die Politik<br />
gefordert.
Politik<br />
Wohnen<br />
Das Fazit kann folgendermaßen gezogen<br />
werden:<br />
Eine Landflucht ist durchaus nachweisbar.<br />
Vermeintlich unattraktive<br />
Regionen werden gemieden. Es gibt<br />
bei vielen Ärzten ein neues qualitätsorientiertes<br />
Lebensgefühl und ein<br />
verändertes Berufsbild Arzt. Frauen<br />
streben vermehrt in den Arztberuf.<br />
Allerdings werden flexiblere Berufsund<br />
Arbeitsbedingungen gesucht.<br />
Vor allem im Krankenhausbereich<br />
gibt es den Trend zu einem höheren<br />
Anteil ausländischer Ärzte.<br />
Wie kann eine zukünftige Gestaltung<br />
der Versorgung aussehen?<br />
Aufgrund der voraussichtlich abnehmenden<br />
Arztzahlen ist eine<br />
Konzentration der ärztlichen Versorgung<br />
erforderlich, die Delegation<br />
von ärztlichen Leistungen<br />
notwendig sowie der Ausbau von<br />
Zweigpraxen unentbehrlich. Wegen<br />
der sich ändernden Anforderungen<br />
an den Arztberuf sind Anstellungsmöglichkeiten<br />
auszubauen<br />
(z. B. Betrieb von Eigeneinrichtungen)<br />
und Teilzeitmodelle umzusetzen.<br />
Die Erfahrungen der letzten Jahre<br />
haben gezeigt, dass sich selbst mit<br />
zusätzlichem Geld kaum ein Arzt in<br />
unattraktive Regionen locken lässt.<br />
Daher sind die Kommunen und<br />
Landkreise zukünftig gefordert, die<br />
angehenden Ärzte aus der jeweiligen<br />
Region zu binden. Hier haben<br />
sich bereits verschiedene ehrenamtliche<br />
Modellprojekte im Bundesgebiet<br />
etabliert.<br />
Mit Bezug auf die Pflege: Es geht um<br />
die Versorgung von Pflegebedürftigen<br />
durch ausreichend qualifizierte<br />
Pflegefachkräfte (und auch um die<br />
Finanzierbarkeit) mit dem Blick auf<br />
demografische Entwicklung. Es geht<br />
um eine höhere Akzeptanz der Pflege<br />
<strong>als</strong> gesamtgesellschaftliche Aufgabe.<br />
Es geht um bessere Rahmen<br />
und Beschäftigungsbedingungen<br />
in der Altenpflege. Darüber hinaus<br />
muss der Personal- und Nachwuchsgewinnung<br />
sowie der Qualifizierung<br />
größere Aufmerksamkeit geschenkt<br />
werden. Wurden 2001 in Thüringen<br />
noch 28.000 Pflegebedürftige<br />
von ambulanten oder stationären<br />
Pflegediensten versorgt, werden es<br />
2015 bereits 45.000 und 2020 gar<br />
50.000 Personen sein. Insofern sind<br />
die Trends eindeutig.<br />
Dr. Jan Steinhaußen<br />
Der Beitrag beruht auf einer Zusammenfassung<br />
und Ergänzung des Vortrags von<br />
Kerstin Keding-Bärschneider, den sie auf der<br />
Fachtagung der <strong>Landesseniorenvertretung</strong><br />
im November 2012 gehalten hat.<br />
Kerstin Keding-Bärschneider<br />
Pressesprecherin, Referatsleiterin<br />
Grundsatzfragen, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit<br />
Verband der Ersatzkassen e. V.<br />
(vdek)<br />
Landesvertretung Thüringen<br />
Lucas-Cranach-Platz 2<br />
99099 Erfurt<br />
Tel.: 0361/4425227<br />
Fax: 0361/4425228<br />
kerstin.keding@vdek.com<br />
www.vdek.com<br />
-11-<br />
Wohnen im ländlichen Raum<br />
Traue keiner Statistik, die du nicht<br />
selbst gefälscht hast. Dieses oft mit<br />
Winston Churchill in Zusammenhang<br />
gebrachte Zitat soll heute nicht<br />
Gegenstand meines Vortrages sein.<br />
Zum Ende meiner Ausführungen<br />
möchte ich Ihnen aber ein Zitat näherbringen,<br />
dass ihm sicher zugeschrieben<br />
wird und dass – hoffentlich<br />
– heute nicht zutrifft.<br />
I. Schwerpunkt Wohnen im ländlichen<br />
Raum<br />
Das von Ihnen gewählte Thema „Sicherung<br />
der Lebensqualität im ländlichen<br />
Raum“ ist schon aufgrund seiner<br />
Komplexität abend- oder besser<br />
gesagt nachmittagsfüllend.<br />
Aus diesem Grunde bin ich Ihnen<br />
dankbar, dass Sie „meine“ Thematik<br />
auf das Thema „Wohnen im ländlichen<br />
Raum“ begrenzt haben.<br />
Auf diese Weise habe ich die Möglichkeit,<br />
Ihnen zumindest einige wesentliche<br />
Gedanken vorzutragen,<br />
über die Sie sicher auch schon außerhalb<br />
der heutigen Veranstaltung<br />
nachgedacht haben.<br />
Auch die Landesregierung hat gerade<br />
dem Gedanken der Demografie<br />
besonderes Augenmerk gewidmet.<br />
Dies schlägt sich etwa in dem jüngst<br />
veröffentlichten Demografiebericht<br />
nieder, zu dem Ihnen Herr Minschke<br />
heute morgen sicher eingehend<br />
berichtet hat.<br />
Aber auch der kürzlich veröffentlichte<br />
Thüringer Wohnungsmarktbericht<br />
übermittelt interessante Aspekte,<br />
auch zu den aus der Demografie zu<br />
ziehenden möglichen Konsequenzen.<br />
Dazu später mehr.<br />
II. Was haben wir uns unter ländlichem<br />
Raum vorzustellen?<br />
Um das Thema auch geografisch<br />
besser fassen zu können gestatten<br />
Sie mir zunächst, den Begriff des<br />
ländlichen Raums zu präzisieren.
Politik<br />
Wohnen<br />
Denn diese beiden Begriffe bilden<br />
ein Begriffspaar.<br />
Thüringen ist zu etwa 90 % geprägt<br />
von ländlichen Strukturen mit etwa<br />
2700 Dörfern und Ortsteilen, in denen<br />
z. T. weniger <strong>als</strong> 100 Menschen<br />
leben.<br />
Dort wohnen etwa 1,7 Mio. Bürgerinnen<br />
und Bürger, <strong>als</strong>o etwa<br />
75 % der Gesamtbevölkerung Thüringens.<br />
Dem stehen <strong>als</strong> die genannten Verdichtungsräume<br />
im Wesentlichen nur<br />
Erfurt, Jena und Gera gegenüber.<br />
Dies vorausgeschickt könnte mein<br />
Vortrag auch etwa unter der Überschrift<br />
stehen „Sicherung der Lebensqualität<br />
der überwiegenden Bevölkerung<br />
Thüringens“.<br />
Damit wird deutlich, dass das von<br />
Ihnen gewählte Thema weit mehr<br />
Thüringerinnen und Thüringer betrifft<br />
<strong>als</strong> vielleicht angenommen.<br />
III. Bevölkerungsentwicklung und<br />
Wohnen<br />
Wie ich immer wieder hören kann,<br />
leben viele Bürgerinnen und Bürger<br />
gerne auf dem Land. 60–70 %<br />
von ihnen wohnen dort in Ein- oder<br />
Zweifamilienhäusern.<br />
Die Wohnungen sind oftm<strong>als</strong> größer<br />
und preiswerter <strong>als</strong> in den größeren<br />
Städten.<br />
Gerade die Nähe zur Natur und<br />
eine gute Nachbarschaft sind für<br />
viele wichtige Gründe, nicht in der<br />
größeren Stadt zu leben.<br />
Dabei sind in der Vergangenheit gerade<br />
jüngere Familien, die sich ihren<br />
Traum vom eigenen Häuschen erfüllen<br />
wollten, vielfach aus Kostengründen<br />
in Neubaugebiete eher ländlich<br />
geprägter Regionen gezogen.<br />
Die Rechnung war dabei relativ einfach:<br />
Auch wenn Geschäfte, Post<br />
usw. einige Kilometer entfernt liegen<br />
und der Nahverkehr nur selten fährt,<br />
haben die Familien doch ein Auto.<br />
Die im Vergleich zur Stadt relativ<br />
niedrigen Grundstückspreise und<br />
das diesen Familien meistens zur<br />
Verfügung stehende Auto machen<br />
diesen Nachteil wett.<br />
Meistens ging diese Rechnung auch<br />
auf, auch wenn – wie ich selbst<br />
weiß – die Kinder aufgrund ihres<br />
Drangs nach Discobesuchen u. ä.<br />
und der oft schwierigen ÖPNV-Anbindung<br />
einen Wochenendfahrshuttle<br />
der Eltern organisieren mussten.<br />
Zwischenzeitlich haben diese Kinder<br />
ihre Schul- oder Berufsausbildung<br />
abgeschlossen und suchen sich in<br />
der Nähe ihrer Arbeitsplätze eine<br />
neue Wohnung.<br />
Nur die Eltern wohnen dann in den<br />
nun z. T. überdimensionierten, oftm<strong>als</strong><br />
noch nicht abschließend finanzierten<br />
Häusern.<br />
Der für solche Immobilien gerade<br />
nach der Wendezeit anzutreffende<br />
hohe Preis für neu erstellte Häuser<br />
ist heute auf dem Markt kaum mehr<br />
zu erreichen.<br />
Vielmehr beträgt der jetzt zu erzielende<br />
Marktpreis oft nur etwa die Hälfte des<br />
seinerzeitigen Kaufpreises. Zugleich<br />
steigen die Energiepreise deutlich.<br />
Wie gesagt: Die skizzierte Rechnung<br />
ging bisher auf.<br />
-12-<br />
Aber die Entwicklung der Energiepreise<br />
– in den Städten und im ländlichen<br />
Bereich gleichermaßen – führt<br />
zwischenzeitlich schon zu anderen<br />
Kalkulationen.<br />
Während etwa der Benzin- oder<br />
Gaspreis oft noch erträglich war<br />
und die Energiekosten etwa ein Drittel<br />
der Miete darstellten wird heute<br />
oftm<strong>als</strong> von den Energiekosten <strong>als</strong><br />
„2. Miete“ gesprochen – mit steigender<br />
Tendenz.<br />
Gleichzeitig droht schon jetzt die sogenannte<br />
2. Leerstandswelle.<br />
Daneben ist die Bevölkerungsentwicklung<br />
zu berücksichtigen.<br />
Wie Sie wissen, ist Deutschland das<br />
Land mit der weltweit niedrigsten Geburtenrate:<br />
Im Jahr 2032 wird die<br />
Zahl der 50-Jährigen und Älteren<br />
die Mehrheit der Bevölkerung bilden<br />
(Quelle heute-journal 10.10.2012).<br />
Diese bundesweite Entwicklung macht<br />
vor den Toren unseres Landes nicht<br />
halt.<br />
Die Bevölkerungszahl wird in Thüringen<br />
nach der 12. Koordinierten<br />
Bevölkerungsvorausberechnung zwischen<br />
2011 und 2030 um ca. 18 %<br />
sinken.<br />
Das bedeutet, die Bevölkerung Thüringens<br />
wird sich im Jahr 2030 von<br />
derzeit rund 2,2 Mio. Einwohner auf<br />
ca. 1,8 Mio. reduzieren.<br />
Gleichzeitig werden wir immer älter.<br />
So ergibt sich im Jahr 2030 für<br />
Männer eine durchschnittliche Lebenserwartung<br />
von 80,8 Jahren und<br />
für Frauen von 85,5 Jahren.<br />
Das entspricht einem Zuwachs von<br />
4,9 bzw. 3,6 Jahren im Vergleich zur<br />
Basislebenserwartung.<br />
Gerade für die Männer ist dabei erfreulich:<br />
Die Differenz der Lebenserwartung<br />
von Frauen und Männern<br />
verringert sich bis zum Jahr 2030<br />
von 6,0 auf 4,7 Jahre.<br />
Ursache dafür ist ein hoher Sterbeüberschuss<br />
im Verhältnis zu einer<br />
niedrigen Geburtenrate.<br />
Das Durchschnittsalter ist von 37,9<br />
Jahren im Jahr 1990 auf heute 46<br />
Jahre gestiegen.<br />
Welche Entwicklung konkret für Ihre<br />
Gemeinde prognostiziert wird, können<br />
Sie beispielsweise unter<br />
http://www.wegweiser-kommune.<br />
de daten prognosen/prognose/Prognose.action<br />
erfahren.<br />
Dort ist die Bevölkerungsentwicklung,<br />
u. a. nach Geschlechtern getrennt,<br />
aufgelistet.<br />
Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist<br />
die Frage der Bevölkerungswanderungen.<br />
Während die Wanderungen aus<br />
Thüringen gerade in die benachbar-
Politik<br />
Wohnen<br />
ten Bundesländer bzw. Länder in den<br />
Städten rücklaufig ist, hält der Trend<br />
in den ländlichen Regionen an.<br />
Dieses gerade bei den Erwerbstätigen<br />
zu beobachtende Phänomen<br />
findet sich bei den älteren Bürgern<br />
und Bürgerinnen Thüringens auf andere<br />
Weise wieder.<br />
Das Bauministerium hat – auch zu<br />
der Frage der Entwicklung von Bevölkerungswanderungen<br />
innerhalb<br />
Thüringens – den bereits zitierten<br />
Thüringer Wohnungsmarktbericht<br />
durch ein renommiertes Institut erstellen<br />
lassen.<br />
Es ist im Internet abrufbar unter<br />
http://www.thueringen.de/th9/tmblv/<br />
presse/pm/62931.<br />
Dort kommen die Wissenschaftler<br />
u. a. zu dem Ergebnis, dass ein<br />
verstärkter Zuzug vom ländlichen<br />
Raum in die Städte zu erwarten ist.<br />
Woraus leiten die Wissenschaftler<br />
diese Überlegung ab? Dies hängt<br />
maßgeblich damit zusammen, dass<br />
gerade unter infrastrukturpolitischen<br />
Überlegungen die Möglichkeiten in<br />
der Stadt in der Regel besser sind,<br />
auch wenn dem etwa höhere Mietkosten<br />
entgegenstehen.<br />
Gleichzeitig wird derzeit überlegt,<br />
den Länderfinanzausgleich neu zu<br />
regeln.<br />
Zudem werden die lange Zeit <strong>als</strong> sog.<br />
Zielgebiet I behandelten neuen Länder<br />
künftig aufgrund der EU-Erweiterung<br />
diesen Status verlieren, so dass<br />
EU-Fördermittel für Thüringen geringer<br />
<strong>als</strong> bisher ausfallen dürften.<br />
Schließlich werden ab 2019 die<br />
durch den Bund gewährten Mittel<br />
aus dem Solidarpakt beendet.<br />
All dies bedeutet: Die neuen Länder<br />
werden künftig – deutlich stärker <strong>als</strong><br />
bisher – auf sich gestellt sein.<br />
Die Diskussionen, für welche Zwecke<br />
die dann geringeren Mittel verwendet<br />
werden, dürften intensiver<br />
werden.<br />
Dies dürfte auch die Frage betreffen,<br />
wie viel Geld kann für welche<br />
Bereiche in den urbanen Bereichen<br />
investiert werden.<br />
IV. Fazit und Ausblick<br />
Es bleibt <strong>als</strong>o die Frage, wie wird<br />
künftig das Wohnen im ländlichen<br />
Raum aussehen?<br />
Es sollte dabei bleiben, dass jeder –<br />
soweit möglich – bestimmen kann,<br />
wo er wohnt.<br />
Dies entspricht dem auf der Internetseite<br />
Ihrer <strong>Landesseniorenvertretung</strong><br />
Thüringen formulierten Anliegen<br />
und Zielen, wenn Sie dort ausführen,<br />
die Mitglieder sollen selbstbestimmt<br />
über ihr Leben entscheiden.<br />
Aufgrund der beschriebenen Bevölkerungswanderungen<br />
und der demografischen<br />
Entwicklung wird die<br />
Bevölkerung aber gerade im ländlichen<br />
Raum abnehmen.<br />
Dazu kommt, dass wir in Thüringen,<br />
insgesamt gesehen, keine Wohnungsknappheit<br />
haben.<br />
Allerdings besteht ein sog. Missmatch,<br />
d. h. viele der Wohnungen<br />
stehen zur f<strong>als</strong>chen Zeit am f<strong>als</strong>chen<br />
Platz. Danach sind zwar genügend<br />
Wohnungen vorhanden, diese stehen<br />
aber in den f<strong>als</strong>chen Orten.<br />
Nicht unberücksichtigt bleiben darf<br />
auch der Umstand, dass eine zunehmende<br />
Tendenz zu anderen<br />
Wohnungszuschnitten erkennbar ist.<br />
Denn viele Wohnungen gerade im<br />
ländlichen Bereich sind für die dort<br />
lebenden Mieter nicht nur zu groß.<br />
Gerade für Ältere sind die Wohnungen<br />
auch nicht altersgerecht ausgestattet.<br />
Dies beginnt bei zu schmalen<br />
Türzargen und endet etwa bei Treppen<br />
oder zu hoch angesetzten Küchenoberschränken.<br />
Wo man sich in jüngeren Jahren noch<br />
ohne Probleme in solchen Wohnungen<br />
wohlgefühlt hat, erweisen sich<br />
diese Barrieren jetzt zunehmend <strong>als</strong><br />
Einschränkung der Lebensqualität.<br />
Betrachtet man dann noch die soeben<br />
dargestellte Perspektive der<br />
finanziellen Ressourcen, so wird<br />
-13-<br />
deutlich, dass auch im Wohnungsbereich<br />
Diskrepanzen bestehen, deren<br />
Lösung schon einer Quadratur<br />
des Kreises nahekommt.<br />
Die Landesregierung wird in diesem<br />
Kontext alles daran setzen, die beschriebene<br />
Situation im Rahmen der<br />
zur Verfügung stehenden Möglichkeiten<br />
zu meistern.<br />
Der kürzlich hierzu eingerichtete<br />
Fonds für den sozialen Wohnungsbau<br />
bildet dazu die finanzielle<br />
Grundlage.<br />
Mit dem neuen Thüringer Wohnraumfördergesetz<br />
wird es künftig<br />
möglich sein, auch in diesem Bereich<br />
Förderungen durchzuführen.<br />
Wie allerdings eingangs schon angedeutet,<br />
kann diese Aufgabe nur<br />
gemeinsam gelöst werden.<br />
Die notwendige Verzahnung muss<br />
zwischen der Politik einerseits und<br />
Ihnen, Bürgerinnen und Bürgern,<br />
andererseits stattfinden.<br />
Wenn nur einer der beiden mittut,<br />
genügt das nicht!<br />
Das bedeutet aber auf der politischen<br />
Seite auch ein Miteinander<br />
der vor Ort Verantwortlichen. Gestatten<br />
Sie mir dazu, die Staatssekretärin<br />
im Thüringer Bauministerium,<br />
Frau Klaan, zu zitieren. Sie hatte am<br />
23. Oktober 2012 Folgendes ausgeführt:<br />
„Thüringens kleinteilige und<br />
polyzentrische Struktur ist die beste<br />
Voraussetzung für die Sicherung<br />
gleichwertiger Lebensbedingungen<br />
in allen Landesteilen.<br />
Um diese Trumpfkarte künftig noch<br />
besser einsetzen zu können, müssen<br />
alle Synergieeffekte, die durch die<br />
Konzentration und Bündelung von<br />
Leistungen entstehen, stärker genutzt<br />
werden. Dazu gehört vor allem<br />
die gemeindeübergreifende Zusammenarbeit,<br />
die nicht am Kirchturmdenken<br />
scheitern darf.“<br />
Ich denke, das trifft es genau.
Politik<br />
Wohnen<br />
V. Hinweise<br />
Nach der Studie „Wohnen im Alter“<br />
wird es im Jahr 2025 einen Bedarf<br />
an altengerechten Wohnungen von<br />
2,5 Mio. geben.<br />
Die Kosten für den Umbau in eine<br />
altersgerechte Wohnung sind aufgrund<br />
der Unterschiedlichkeiten der<br />
Wohnungen naturgemäß nur schwer<br />
bestimmen.<br />
Es wird aber davon ausgegangen,<br />
dass für die Beseitigung von Barrieren<br />
mit ca. 13.000 Euro/Wohnung<br />
zu rechnen ist, wovon etwa 9.300<br />
Euro für Anpassungsmaßnahmen im<br />
Sanitärbereich (u. a. Einbau einer<br />
bodengleichen Dusche) zu veranschlagen<br />
sind.<br />
Auf Initiative des Thüringer Bauministeriums<br />
wurde im letzten Jahr ein<br />
Förderfondsgesetz aufgelegt. Das<br />
auf dieser Finanzierung fußende,<br />
derzeit im parlamentarischen Verfahren<br />
befindliche Wohnraumfördergesetz<br />
soll nach unserer Planung<br />
zum 1. Januar 2013 in Kraft treten.<br />
Es regelt die Grundsätze der Förderung<br />
und ist Grundlage für die dazu<br />
zu erlassenden Förderrichtlinien.<br />
Sollten Sie sich insoweit mit dem Gedanken<br />
tragen, Modernisierungen<br />
an Ihrer Wohnung vorzunehmen,<br />
kann ich Sie nur ermuntern, die Förderprogramme<br />
des Landes und des<br />
Bundes in Anspruch zu nehmen.<br />
Dies gilt maßgeblich für das Innenstadtstabilisierungsprogramm<br />
des<br />
Thüringer Bauministeriums.<br />
Dieses Programm ist bereits seit dem<br />
Jahr 2008 darauf ausgerichtet, barrierefreie<br />
und behindertengerechte<br />
Modernisierungen nach der einschlägigen<br />
DIN zu fördern.<br />
Aber auch das KfW-Programm<br />
„Altengerecht Umbauen“ des Bundes<br />
ist hier zu nennen. Es wurde<br />
durch den Bund soeben mit 20 Mio.<br />
für das Jahr 2013 ausgestattet und<br />
verbilligt die Kreditkosten, indem es<br />
praktisch einen Bonus gewährt:<br />
- Zinssatz ab 1,00 % effektiv pro Jahr<br />
- bis zu 30 Jahren Kreditlaufzeit<br />
- 5 oder 10 Jahre Zinsbindung<br />
Näheres können Sie unter<br />
http://www.kfw.de/kfw/de/Inlandsfoerderung/Programmuebersicht/Altersgerecht_Umbauen_-_Kredit/Index.jsp<br />
erfahren.<br />
Zudem existieren beispielsweise ein<br />
- „Landesprogramm Zuwendungen<br />
an Gemeinden zur Anpassung an<br />
die besonderen schwierigen Prozesse<br />
des demografischen Wandels<br />
im ländlichen Raum“<br />
und ein<br />
- „Bund-Länder-Programm Kleinere<br />
Städte und Gemeinden – überörtliche<br />
Zusammenarbeit und<br />
Netzwerke. Die Förderung kommt<br />
sowohl Eigentümern eigener Wohnungen<br />
<strong>als</strong> auch Vermietern zugute.<br />
Aber auch <strong>als</strong> Mieter können<br />
Sie mit Zustimmung Ihres Vermieters<br />
umbauen und die Fördermittel<br />
nutzen.<br />
Bevor ich es abschließend vergesse:<br />
Am Anfang meines Vortrages hatte<br />
ich Ihnen noch ein Zitat von Winston<br />
Churchill versprochen. Im Nachgang<br />
zu meinen Ausführungen finde ich es<br />
ganz passend. Es lautet: „Ein Experte<br />
ist ein Mann, der hinterher genau<br />
sagen kann, warum seine Prognose<br />
nicht gestimmt hat.“<br />
Ich hoffe nicht, dass ich bei allen<br />
mitgeteilten Prognosen ein solcher<br />
Experte sein muss.<br />
Jochen Schwarz<br />
Referatsleiter für Wohnungsbau und<br />
Wohnungsbauförderung<br />
Thüringer Ministerium für Bau, Landesentwicklung<br />
und Verkehr<br />
Podiumsdiskussion zur Entwicklung im ländlichen Raum mit verschiedenen Fachvertretern<br />
-14-
Politik<br />
Mobilität<br />
Mobilität im ländlichen Raum<br />
Das Mobilitätsverhalten der Menschen<br />
hat sich im Verlaufe der letzten<br />
Jahrzehnte gravierend verändert.<br />
Überwogen in vergangenen Jahrzehnten<br />
öffentliche Verkehrsmittel,<br />
nutzen gegenwärtig nur noch 22 %<br />
der Menschen die Bahn, den Bus<br />
oder das Rad zur Arbeit, während<br />
78 % der Menschen das eigene<br />
Auto bevorzugen. Ca. 90 % der<br />
18 bis 64-Jährigen besitzen heute<br />
eine Fahrerlaubnis und bei über<br />
50 % aller Wege nutzen Menschen<br />
das Auto, wobei der Anteil der Senioren<br />
am Autoverkehr wächst und<br />
der Anteil der Haushalte ohne Auto<br />
seit Jahren sinkt.<br />
Diese Mobilitätstendenzen finden<br />
ihre Entsprechung im Wachsen der<br />
Verkehrsinfrastruktur für Autos. Allein<br />
in Thüringen gibt es derzeitig<br />
498 Autobahnkilometer, ca. 1.611<br />
Bundesstraßenkilometer und 4.562<br />
Landesstraßenkilometer. Der Unterhalt<br />
dieses Straßennetzes kostet<br />
den Freistaat Thüringen jährlich ca.<br />
70 Mio. Euro. Diese Trends werden<br />
sich fortsetzen. Es ist erklärtes<br />
Ziel, dass mittlere Zentren bis hin<br />
zu Ortsteilen auf kurzen Wegen an<br />
das Fernstraßennetz angebunden<br />
werden sollen. Vor allem im ländlichen<br />
Raum tragen dabei Straßen die<br />
Hauptlast des Verkehrs.<br />
Ungeachtet dieser Priorisierung<br />
des Autoverkehrs soll insbesondere<br />
in die Eisenbahninfrastruktur in<br />
Thüringen weiter investiert werden.<br />
Alle Ober- und Mittelzentren sollen<br />
in Thüringen direkt erreichbar sein.<br />
Die Netzlänge beträgt in Thüringen<br />
gegenwärtig 1508 km, davon sind<br />
435 km mehrgleisig und 412 km<br />
elektrifiziert. Die Netzlänge im Fernverkehr<br />
beträgt 233 km und im<br />
Straßenpersonennahverkehr (StPNV)<br />
1.410 km. Vor allem in den Ausbau<br />
der Mitte-Deutschland-Verbindung<br />
Mobilitätsverhalten – Hauptverkehrsmittel<br />
Straßenzustand der Landesstraßen<br />
Infrastrukturangebot Straße – heute<br />
-15-
Politik<br />
Mobilität<br />
soll weiter investiert werden. Die Fertigstellung<br />
ist bis Ende 2015 geplant.<br />
Anliegen ist es, Kapazitätsengpässe<br />
zu beseitigen und eine bedarfsgerechte<br />
Infrastruktur zu schaffen sowie<br />
die Betriebsqualität zu verbessern.<br />
Wichtige Ziele sollen in den nächsten<br />
Jahren sein, das Thüringer<br />
Schienennetz mit dem Verkehrsknotenpunkt<br />
Erfurt in das deutsche<br />
Hochgeschwindigkeitsnetz zu integrieren<br />
und die über 21 Millionen<br />
vertakteter Fahrplankilometer/Jahr<br />
im Schienenpersonennahverkehr<br />
dauerhaft bereitzustellen. Außerdem<br />
sollen zusätzliche Direktverbindungen<br />
und fernverkehrsähnliche Reisemöglichkeiten<br />
für die Mittelzentren<br />
geschaffen werden.<br />
Was den Straßenpersonennahverkehr<br />
betrifft, trägt der Regionalbus<br />
die Hauptlast der Erschließung und<br />
Verteilung.<br />
Dabei sind die Leistungsangebote<br />
des Straßenpersonennahverkehrs<br />
umfassend: 2012 wurden insgesamt<br />
78,4 Mio. Fahrplankilometer<br />
gefahren, wobei der StPNV<br />
2012 einen Zuschussbedarf von<br />
insgesamt 150 Mio. Euro hatte.<br />
Dabei werden sich die Angebote<br />
aufgrund der demografischen Situation<br />
eher rückläufig entwickeln.<br />
Mobilitätsverhalten – Verkehrsmittelwahl nach Alter<br />
Infrastrukturangebot Schiene – heute<br />
____ VDE realisiert<br />
- - - - VDE in Bau<br />
____ Lückenschluss realisiert<br />
____ Streckenausbau realisiert<br />
- - - - Streckenausbau im Bau<br />
Mobilitätsangebote des Straßenpersonennahverkehrs – heute<br />
Auswirkungen der Demografie im öffentlichen Personennahverkehr<br />
-16-
Politik<br />
Bildung und Kultur<br />
Ungeachtet dieser Entwicklungstendenzen<br />
geht es in Zukunft insbesondere<br />
darum, dass die Grundangebote<br />
auch dort erhalten bleiben,<br />
wo sich die Auslastungseffizienz<br />
aufgrund der sinkenden Bevölkerungszahlen<br />
verschlechtert, dass<br />
der Schülerverkehr mit dem Linienverkehr<br />
verzahnt wird, dass flexible<br />
Angebote in verkehrsschwachen Zeiten<br />
geschaffen werden und durch attraktive<br />
Verbundtarife das Fahrgastpotential<br />
erhöht wird. Dabei sieht<br />
die Landesregierung in den Senioren<br />
die Neukundengruppe mit dem<br />
größten Wachstumspotential. Die<br />
Preis- und Tariflohnsteigerungen, die<br />
in den vergangenen Jahren zu Leistungskürzungen<br />
geführt hatten, sollen<br />
nur bedingt umgelegt werden,<br />
um die Attraktivität der öffentlichen<br />
Verkehrsangebote zu erhalten. Allerdings<br />
gibt es Mobilität mit dem<br />
StPNV nicht zum Nulltarif.<br />
Als vorteilhaft für den öffentlichen<br />
Personennahverkehr könnte sich erweisen,<br />
dass die Fahrzeiten mit dem<br />
Zug oder dem Bus <strong>als</strong> entspannend<br />
empfunden werden, dass die Kosten<br />
für den Unterhalt und die Betreibung<br />
des Privatfahrzeugs schneller steigen<br />
und dass umweltbewusstes Handeln<br />
an Bedeutung gewinnt. Die Verantwortungsträger<br />
des öffentlichen<br />
Personennahverkehrs können ihrerseits<br />
diesen Trend verstärken, indem<br />
sie ihre Preise stabil halten, adäquat<br />
informieren, die Service- und<br />
Dienstleistungen verbessern und die<br />
Wünsche von Fahrgästen berücksichtigen.<br />
Diese Wünsche beziehen<br />
sich u. a. darauf, dass es Park- und<br />
Abstellmöglichkeiten für das eigene<br />
KFZ gibt, dass die Unterstell- und<br />
Wartemöglichkeiten sich verbessern<br />
und barrierefreies Umsteigen möglich<br />
ist.<br />
Dr. Jan Steinhaußen<br />
Der Beitrag basiert auf einer Zusammenfassung<br />
des Vortrags von Lutz Irmer (Bild nebenstehend)<br />
Abteilungsleiter Verkehr, Thüringer Ministerium<br />
für Bau, Landesentwicklung und Verkehr,<br />
den dieser auf der Fachtagung der <strong>Landesseniorenvertretung</strong><br />
im November 2012 in<br />
Bad Blankenburg hielt.<br />
-17-<br />
Bildung und Kultur<br />
Die Mehrheit der Menschen in Thüringen<br />
lebt im ländlichen Raum. Der<br />
ländliche Raum ist sehr vielfältig: Er<br />
umfasst Regionen im Umfeld städtischer<br />
Zentren, periphere Regionen<br />
sowie strukturschwache und strukturstarke<br />
Regionen. Die Entwicklung<br />
im ländlichen Raum ist daher differenziert.<br />
Besonders in peripheren Regionen<br />
und in Regionen, die von Ballungsgebieten<br />
entfernt sind, ist ein Rückgang<br />
der Bevölkerung zu verzeichnen. Einerseits<br />
ist dies wirtschaftlich bedingt;<br />
andererseits auf die demografische<br />
Schrumpfung zurückzuführen.<br />
Bildung wird – sowohl in der Stadt<br />
<strong>als</strong> auch auf dem Land – gewährleistet<br />
durch Kita, Schule, Ausbildung<br />
und Erwachsenenbildung.<br />
In den neuen Bundesländern existiert<br />
eine reich verzweigte kulturelle Infrastruktur<br />
in Stadt und Land. Die Kulturausgaben<br />
sind hoch, der Erhalt<br />
ist politisch gewollt: „In der Kultur<br />
darf nicht gekürzt werden.“ In den<br />
alten Bundersländern ist die Größe<br />
der Kommunen bedeutsam für<br />
kommunale Kulturausgaben. Kultur<br />
ist hier städtisch. Mittel für kulturelle<br />
Bildung werden vor allem im ländlichen<br />
Raum rückläufig sein.<br />
Kultur im ländlichen Raum ist häufig<br />
mehr geprägt von Selbstorganisation<br />
und ehrenamtlichem Engagement,<br />
mehr von aktiver Gestaltung, <strong>als</strong> reiner<br />
Rezeption kultureller Angebote.
Politik<br />
Bildung und Kultur<br />
Bildung und Kultur gehören zur Daseinsvorsorge<br />
im ländlichen Raum.<br />
Herausforderungen:<br />
1. Rückgang der Bevölkerung bedingt<br />
Anpassungsbedarf der Infrastruktur<br />
(kleineres Publikum,<br />
veränderte Zusammensetzung),<br />
2. Anpassung über strukturelle Änderungen<br />
(Einsparungen, Kooperationen,<br />
Schließung von Einrichtungen,<br />
Privatinitiativen,…),<br />
3. Kulturelle Einrichtungen außerhalb<br />
von Städten und Verdichtungsgebieten<br />
– dünn besiedelte<br />
Flächen: keine Grundversorgung<br />
sicherstellen, bürgerschaftliches<br />
Engagement, Gebiete ohne kulturelle<br />
Infrastruktur zulassen.<br />
Die Volkshochschulen in Thüringen<br />
– ein flächendeckender Anbieter<br />
von Bildung<br />
Kulturelle Bildung – Angebote der<br />
VHS in Thüringen:<br />
- Malen, Zeichnen<br />
- Plastisches Gestalten<br />
- alte Handwerkstechniken wie<br />
Schnitzen, Filzen, Papierschöpfen<br />
- Falttechniken, Weben<br />
- Musik, Tanz, Theaterspiel<br />
- Singen, Chor<br />
- Schreiben, Lesungen<br />
- textiles Gestalten<br />
Kulturelle Bildung ist ein Programmbereich<br />
der Volkshochschulen und<br />
gleichzeitig eine Querschnittsaufgabe,<br />
da die Volkshochschule selbst<br />
ein kultureller Ort ist.<br />
Beispiele kultureller Bildung an<br />
VHS:<br />
VHS Arnstadt-Ilmenau<br />
Internationales Kunstsymposium<br />
Kleinbreitenbach und Kunstwanderweg<br />
www.kunstwanderweg-kleinbreitenbach.de<br />
VHS Suhl<br />
Studium Generale – Das Sonnensystem<br />
VHS Wartburgkreis<br />
Planetarium - Sternendinner<br />
Weitere Beispiele kultureller Bildung:<br />
- Buchdorf Mühlbeck-Friedersdorf<br />
(Sachsen-Anhalt): 13 Antiquariate;<br />
am Anfang Idee und leerer Schulraum<br />
- Kunstbauerkino (Sachsen): Programmkino,<br />
alte Bäckerei, Kulturcafe,<br />
Umweltbibliothek Großhennersdorf<br />
- Auerworld-Palast & Festival<br />
(Thüringen): Weidenpalast,<br />
jährl. Musikfestival<br />
- Klosterfest Thalbürgel (Thüringen):<br />
Konzertsommer<br />
Die Lage für die Erwachsenenbildung<br />
auf dem Land aus der Sicht<br />
einer Volkshochschule:<br />
- VHS ist eine feste Größe des sozialen<br />
Gefüges, wird aber von den<br />
Kommunen in dieser Wichtigkeit<br />
nicht ausreichend wahrgenommen<br />
- VHS steht für den realen sozialen<br />
Zusammenhalt, nach dem die Bürger<br />
streben<br />
- VHS kostet die Kommunen nicht<br />
sehr viel (im Vergleich zu den technischen<br />
Infrastrukturen)<br />
Was könnten Schwerpunkte für<br />
das effiziente Handeln der VHS<br />
sein:<br />
- Personalentwicklung: Entscheidend<br />
für die ländliche VHS ist das<br />
Engagement der Ansprechperson<br />
(des Außenstellenleiters)<br />
- Veränderung von Förderkriterien:<br />
das Bilden von Kleingruppen ist für<br />
den Erhalt der VHS auf dem Lande<br />
entscheidend und sorgt für die<br />
Präsenz der VHS im gesellschaftlichen<br />
Bewusstsein der Gemeinden<br />
-18-<br />
VHS-Angebote:<br />
Entwicklung eines Dozentenpools im<br />
ländlichen Bereich<br />
Einstellen der VHS-Angebote nicht<br />
ausschließlich auf Ältere, sondern<br />
auf heterogene Gruppen<br />
Erfassen der gelungenen Konzeptionen<br />
und deren Umsetzungen thüringenweit<br />
Bedingungen für Gründung von<br />
Kulturprojekten im ländlichen<br />
Raum:<br />
- symbolträchtige Orte wie Kirche,<br />
Burg, Schloss,…<br />
- Nutzung lokaler Bedürfnisse: Jugendkultur,<br />
Begegnungsräume,<br />
sinnstiftende Betätigung vor Ort<br />
- niedrigpreisige Räume, Strukturförderfonds<br />
(LEADER), niedrigere<br />
Lebenshaltungskosten<br />
- Interesse der Menschen an ländlichen<br />
Lebensweisen<br />
Das Engagement der Bürger und<br />
vielfältige Kooperationen tragen<br />
entscheidend dazu bei, ob die Ortsentwicklung<br />
stabil bleibt.<br />
Mandy Mühle<br />
basierend auf einem Vortrag von Angelika<br />
Mede (Foto unten), VHS-Verband Thüringen,<br />
gehalten auf der Fachtagung der LSV im November<br />
2012 in Bad Blankenburg
Organisationen<br />
Landessenioren<br />
Die Landsenioren in Thüringen<br />
Die Landseniorenbewegung geht auf<br />
die Initiative des bereits verstorbenen<br />
Dr. Kurt Noell, ehemaliger Bezirksdirektor<br />
der Landwirtschaftlichen Sozialversicherung<br />
in Kassel, zurück.<br />
Die ersten Landseniorenvereinigungen<br />
– vorwiegend der Struktur politischer<br />
Landkreise folgend – entstanden in<br />
Hessen. Nach der Wiedervereinigung<br />
erweiterte Dr. Noell seine Gründungsaktivitäten<br />
auch auf die neuen Bundesländer,<br />
zuerst auf Thüringen. Es<br />
entstanden in der Struktur der Kreise<br />
vor der Gebietsreform 1994 nahezu<br />
flächendeckend Landseniorenvereinigungen.<br />
Einige schlossen sich nach<br />
der Kreisreform zusammen, so dass<br />
heute in Thüringen 24 Landseniorenvereinigungen<br />
bestehen.<br />
Die Gründungsmitglieder der Landseniorenvereinigungen<br />
waren fast ausnahmslos<br />
ehem<strong>als</strong> in der Landwirtschaft<br />
Beschäftigte, die durch den<br />
Strukturwandel <strong>als</strong> ältere LPG-Mitglieder<br />
ihren Arbeitsplatz verloren und oftm<strong>als</strong><br />
auch vorzeitig in den Ruhestand<br />
gehen mussten. Sehr schnell nach der<br />
Gründung kamen viele solcher nun<br />
wider Willen aus dem Arbeitsleben<br />
gedrängten Menschen zu den Landseniorenvereinigungen,<br />
wo sie die Fortsetzung<br />
ihrer bisherigen beruflichen<br />
Beziehungen in gemeinsamer Gestaltung<br />
der nun verfügbaren Zeit zueinander<br />
suchten. So wuchsen die Vereinigungen<br />
rasch auf mehrere hundert,<br />
im Kreis Mühlhausen auf mehr <strong>als</strong><br />
eintausend Mitglieder an.<br />
Die Mitgliedschaft in den Landseniorenvereinigungen<br />
ist nicht an eine<br />
vorangegangene landwirtschaftliche<br />
Berufsbiografie gebunden. Vielmehr<br />
sind alle Seniorinnen und Senioren<br />
im ländlichen Raum willkommen,<br />
die ein offenes Verhältnis zur Landwirtschaft,<br />
zum Dorf, zum ländlichen<br />
Raum haben. So beteiligen<br />
sich auch viele Stadtbewohner mit<br />
Begeisterung am Vereinsleben der<br />
Landseniorenvereinigungen.<br />
Die Landseniorenvereinigungen organisieren<br />
ihre Arbeit <strong>als</strong> eingetragene<br />
Vereine. Die Mitglieder wählen<br />
im dreijährigen Turnus einen Vorstand.<br />
Es gibt eine Revisionskommission,<br />
die über die Einhaltung der<br />
Vereinssatzung und die ordnungsgemäße<br />
Geschäftsführung wacht. Alle<br />
Landseniorenvereinigungen sind Mitglieder<br />
des Landseniorenverbandes<br />
Thüringen e. V. und dieser wiederum<br />
Mitglied des Deutschen Landseniorenverbandes<br />
e. V. Der Landseniorenverband<br />
Thüringen e. V. ist ein<br />
Verein der Kreisvereinigungen, deren<br />
Mitgliedschaft beitragspflichtig ist.<br />
Der Landseniorenverband Thüringen<br />
e. V. wird von einem Präsidium geführt,<br />
das die Vertreterversammlung<br />
der Landseniorenvereinigungen wählt.<br />
Präsident ist seit November 2012 Dr.<br />
Gerhard Bachmann aus W<strong>als</strong>chleben<br />
bei Erfurt. Dem Landseniorenverband<br />
obliegt in erster Linie die Vertretung<br />
der Interessen der über 5000 in den<br />
Kreisvereinigungen zusammengeschlossenen<br />
Seniorinnen und Senioren<br />
gegenüber der Landespolitik, anderen<br />
gesellschaftlichen Gruppen und Kräften.<br />
Diesem Ziel dient auch die große<br />
Jahresveranstaltung in Pfiffelbach im<br />
Weimarer Land, auf der hunderte Seniorinnen<br />
und Senioren ihre Interessen<br />
unmittelbar den teilnehmenden Politikern<br />
vermitteln können. Der Landseniorenverband<br />
pflegt die Kontakte und<br />
den Erfahrungsaustausch zwischen<br />
den Kreisvereinigungen und fördert<br />
auf diese Weise eine erfolgreiche Arbeit<br />
in den Kreisvereinigungen. Der<br />
Landesverband nimmt aktiv teil an der<br />
Tätigkeit der <strong>Landesseniorenvertretung</strong><br />
Thüringen und ist im Kuratorium<br />
der Thüringer Ehrenamtsstiftung vertreten.<br />
Die Tätigkeit der Landseniorenbewegung<br />
steht in Thüringen wie in allen<br />
anderen Organisationseinheiten des<br />
Deutschen Landseniorenverbandes<br />
unter dem Motto: Einander helfen<br />
– Freude erleben. Damit ist sie eine<br />
gemeinnützige und zutiefst soziale<br />
Bewegung. Die Landseniorenvereinigungen<br />
organisieren ihre Tätigkeit<br />
völlig selbständig ohne irgendwelche<br />
Vorgaben der übergeordneten Vereinsebene.<br />
Sie richtet sich einzig nach<br />
den Wünschen und Bedürfnissen ih-<br />
Header: Jahrestagung des Landseniorenverbandes<br />
Thüringen 2012 in Pfiffelbach<br />
Dr. Gerhard Bachmann bei seiner Wahl zum<br />
Präsidenten am 22.11.12<br />
-19-<br />
Norbert Pößel, langjähriger Präsident des<br />
Landseniorenverbandes Thüringen
Organisationen<br />
Landessenioren<br />
rer Mitglieder. Erfahrungsgemäß sind<br />
diese von Kreisvereinigung zu Kreisvereinigung<br />
recht unterschiedlich und<br />
damit gestaltet sich das Vereinsleben<br />
auch entsprechend vielgestaltig.<br />
Grundsätzlich wird planmäßig gearbeitet.<br />
Ein vom Vorstand nach den<br />
Vorschlägen von Mitgliedern aufgestellter<br />
Jahresplan enthält alle Veranstaltungen<br />
und Aktivitäten, an denen<br />
nicht nur die Mitglieder, sondern auch<br />
andere interessierte Seniorinnen und<br />
Senioren teilnehmen können.<br />
Die Veranstaltungen haben bildenden<br />
und/oder unterhaltenden Charakter.<br />
Die Inhalte bildender Veranstaltungen<br />
betreffen z. B. Rechtsfragen verschiedenster<br />
Art, Verbraucherinteressen,<br />
Gesundheitsfragen, Verhalten<br />
im öffentlichen Verkehr, Ernährung,<br />
Natur und Umwelt, politische Bildung<br />
und viele andere. Zur Bildung<br />
müssen auch viele Tagesfahrten<br />
und Ausflüge gezählt werden, die in<br />
landwirtschaftliche und industrielle<br />
Betriebsstätten führen. Hier geht es<br />
um das Kennenlernen und das Verständnis<br />
für neue Verfahren in der<br />
Produktion unserer Lebensmittel,<br />
von Maschinen, Ausrüstungen und<br />
Verbrauchsgütern, der Erzeugung<br />
von Energie und viele andere Fragen<br />
Senioren bei der jährlichen Waldwanderung der Landseniorenvereinigung Mühlhausen e. V.<br />
Sommerfest der Landseniorenvereinigung Mühlhausen e. V.<br />
Header: Dr. Bernd Unger bei der Jahrestagung der <strong>Landesseniorenvertretung</strong><br />
der modernen Entwicklung und ihrer<br />
Beziehungen zu Natur und Umwelt<br />
und den Wirkungen auf das Leben<br />
in der Gesellschaft und letztlich der<br />
Seniorinnen und Senioren.<br />
Es werden natürlich auch viele Tages-<br />
und Mehrtagesfahrten in regionale<br />
und deutsche Orte sowie<br />
in Nachbarstaaten unternommen.<br />
Diese dienen neben dem Kennenlernen<br />
von Land und Leuten besonders<br />
der Pflege der Beziehungen der Mitglieder<br />
untereinander und festigen<br />
so das Gefühl von Gemeinsamkeit<br />
und das gegenseitige Verständnis.<br />
Auf diese Weise und mit vielen anderen<br />
Begegnungen wird das Motto<br />
„Freude erleben“ verwirklicht. Dabei<br />
kommt das Thema Kultur nicht<br />
zu kurz. Kulturelle Inhalte muss man<br />
sicherlich solchen Veranstaltungen<br />
wie Seniorentanz, Bastel- und Handarbeitstreffen<br />
und ähnlichen zumessen.<br />
Daneben stehen auch gemeinsame<br />
Besuche kultureller Angebote<br />
auf den Programmen der Landseniorenvereinigungen.<br />
Die Finanzierung all dieser Tätigkeiten<br />
erfolgt nicht über Beiträge. Die<br />
teilnehmenden Mitglieder an Veranstaltungen<br />
leisten dafür einen kostendeckenden<br />
Betrag, mit welchem<br />
die entstehenden Aufwendungen<br />
gemeinsam bestritten werden. Alle<br />
organisatorischen Leistungen erfolgen<br />
wie die sonstige Vereinsarbeit<br />
ehrenamtlich nach dem Grundsatz:<br />
„Gutes tun, tut gut“.<br />
Landseniorinnen und Landsenioren<br />
helfen einander. Es ist alter Brauch<br />
in den Dörfern, dass sich Menschen<br />
einander helfen, weil man oft aufeinander<br />
angewiesen ist. Senioren<br />
unterscheiden sich in Gesundheit<br />
und Leistungsfähigkeit. Wer Hilfe<br />
braucht, kann diese erwarten. Besonders<br />
wichtig ist die Unterstützung<br />
bei der Mobilität, wenn der öffentliche<br />
Personennahverkehr nicht mehr<br />
die Bedürfnisse von Dorfbewohnern<br />
erfüllen kann. In jedem Ort gibt es<br />
-20-
Organisationen<br />
Landfrauen<br />
leistungsfähige Seniorinnen und Senioren,<br />
die anderen wenn nötig zur<br />
Hand gehen können. Und das erfolgt<br />
auch. Im Sinne von Solidarität<br />
und Nächstenliebe wird geholfen wo<br />
es notwendig ist. Dies wird immer<br />
wichtiger, weil häufiger Generationen<br />
nicht mehr im gleichen Gebäude,<br />
dem gleichen Ort leben. In Zeiten<br />
des demografischen Wandels,<br />
der Abwanderung junger Menschen,<br />
wenn Generationen durch die Zwänge<br />
der Arbeitswelt auseinander gerissen<br />
werden, erhält die gegenseitige<br />
Hilfe und Unterstützung einen wachsenden<br />
Stellenwert. Darin sehen die<br />
Landseniorinnen und Landsenioren<br />
für ihre Vereinstätigkeit eine wichtige<br />
Aufgabe, um jedem Mitglied lange<br />
ein selbstbestimmtes Leben in vertrauter<br />
Umgebung zu ermöglichen.<br />
Dr. Bernd Unger (Foto unten)<br />
Kontakt:<br />
Landseniorenverband Thüringen e. V.<br />
TBV Landesgeschäftsstelle<br />
Alfred-Hess-Straße 8<br />
99094 Erfurt<br />
Tel. 0361 65 47 70<br />
Header: 20-jähriges Jubiläum der Landseniorenvereinigung<br />
Gotha<br />
Thüringer Landfrauenverband<br />
e. V.<br />
Geschichte des Landfrauenverbandes<br />
Der Ursprung der Landfrauenbewegung<br />
reicht zurück bis zum Ende des<br />
19. Jahrhunderts. Am 2. Februar<br />
1898 gründete die Gutsbesitzerfrau<br />
Elisabeth Boehm in der ostpreußischen<br />
Kreisstadt Rastenburg den ersten<br />
landwirtschaftlichen Hausfrauenverein.<br />
Dieses Datum gilt <strong>als</strong> der<br />
Ursprung der Landfrauenbewegung.<br />
Die Landfrauenbewegung entstand<br />
aus der Notwendigkeit heraus, die<br />
hauswirtschaftliche Arbeit auf dem<br />
Land <strong>als</strong> Berufsarbeit anzuerkennen<br />
und die jungen Frauen mit einer<br />
guten Ausbildung auf ihre späteren<br />
Aufgaben im landwirtschaftlichen<br />
Betrieb vorzubereiten.<br />
Auf Initiative der Gräfin Leutrum<br />
erfolgte 1946 ein Neubeginn der<br />
Landfrauenarbeit, und im Oktober<br />
1948 wurde der Deutsche Land-<br />
Frauenverband für alle Frauen im<br />
ländlichen Raum gegründet.<br />
In ihrer langen Geschichte haben<br />
die Landfrauen immer wieder entscheidende<br />
Ideen geliefert und sie<br />
zielstrebig verfolgt, um die Arbeit der<br />
Frauen zu erleichtern, um ihnen eine<br />
bessere wirtschaftliche Grundlage<br />
zu ermöglichen. Oft haben andere,<br />
z. B. die Landwirtschaftskammern,<br />
der Staat oder die Industrie, diese<br />
Ideen aufgegriffen, und ihre Verwirklichung<br />
erscheint heute oft <strong>als</strong><br />
Selbstverständlichkeit.<br />
Die Anfänge des Thüringer Landfrauenverbandes<br />
begannen 1990<br />
mit der am 23. Juni 1990 gründeten<br />
Landfrauengruppe im Thüringer<br />
Bauernverband e. V. in Friemar. Beherzte<br />
Frauen aus Ettenhausen/Suhl<br />
schlossen sich am 22. Januar 1991<br />
zum 1. Landfrauenortsverein in Thüringen<br />
zusammen. Am 19.10.1991<br />
gründeten 33 Frauen in Ohrdruf den<br />
-21-<br />
Thüringer Landfrauenverband e. V.<br />
Der Thüringer Landfrauenverband<br />
ist mit seinen ca. 3200 Mitgliedern,<br />
der stärkste Landfrauenverband in<br />
den neuen Bundesländern.<br />
Auf Bundesebene gliedert sich der<br />
Deutsche LandFrauenverband heute<br />
in 22 Landesverbände mit mehr<br />
<strong>als</strong> 430 Kreis- und Bezirksvereinen<br />
und über 12.000 Ortsvereinen. Der<br />
Deutsche LandFrauenverband e. V.<br />
(dlv) vertritt die Interessen aller Frauen<br />
im ländlichen Raum. Mit rund<br />
500.000 Einzelmitgliedern ist der<br />
Deutsche LandFrauenverband e. V.<br />
der größte Frauenverband im ländlichen<br />
Raum.<br />
Aufgaben des Verbandes<br />
- Mitverantwortung für den ländlichen<br />
Raum übernehmen, die Landfrauen<br />
sind offen für alle Frauen im<br />
ländlichen Raum<br />
- die Interessen der Landfrauen auf<br />
allen Ebenen des gesellschaftlichen<br />
Lebens wahrnehmen<br />
- die Stellung und soziale Sicherung<br />
der Frauen und Familien im ländlichen<br />
Raum verbessern<br />
- Vereinbarkeit von Familie und Beruf<br />
unterstützen<br />
- mitgliedstärkster Frauenverband in<br />
Thüringen bleiben<br />
Inhalte der Arbeit<br />
- Beratung und Information auf verschiedensten<br />
Gebieten<br />
- Initiierung und Unterstützung von<br />
Projekten<br />
- Hilfe zur Selbsthilfe für Frauen<br />
- Urlaub auf dem Lande<br />
- Dorferneuerung- und gestaltung<br />
- vielfältige Bildungsangebote<br />
- Brauchtums- und Traditionspflege<br />
- Kulturveranstaltungen<br />
Zu den Projekten des Thüringer<br />
Landfrauenverbandes gehören z. B.<br />
der aid-Ernährungsführerschein an<br />
Grundschulen, die Gründung einer
Organisationen Organisationen<br />
Akademie Landfrauen ländlicher Raum<br />
Bibliothek, Stricken für Frühchen,<br />
Kreativer Landurlaub in Thüringen<br />
sowie Dörfer in Aktion. Die 5 eingereichten<br />
Anträge von Frauenortsvereinen<br />
wurden alle prämiert:<br />
- Das „Bauernhofdiplom“ aus dem<br />
Landfrauenortsverein Förtha belegte<br />
den 3. Platz. Begründet wurde<br />
die Platzierung damit, dass es<br />
zum Verständnis des bäuerlichen<br />
und ländlichen Lebens und seines<br />
Brauchtums insbesondere bei Kindern<br />
und Jugendlichen sowie der<br />
städtisch geprägten Bevölkerung<br />
beiträgt. Es wird in den nächsten<br />
Jahren durch die verschiedenen<br />
Ortsvereinigungen zur Bereicherung<br />
von Dorffesten und ländlichen<br />
Veranstaltungen nachhaltig<br />
genutzt.<br />
- Durch den „Web- und Spinnlehrgang“<br />
des Landfrauenortsvereins<br />
Kieselbach wird das Wissen über<br />
altes Handwerk erhalten und im<br />
späteren Einsatz am rekonstruierten<br />
Webstuhl im Regionalmuseum<br />
aktiv angewandt. In Zusammenarbeit<br />
mit dem Heimatverein wird die<br />
mögliche Wertschöpfung im Regionalmuseum<br />
durch Aktivangebote<br />
Weben und Spinnen erhöht.<br />
- Der „Überlieferung/Vermittlung<br />
alter Backtraditionen“ hat sich der<br />
Landfrauenortsverein Stedtlingen<br />
angenommen. Damit soll eine<br />
Aufwertung des Backhauses durch<br />
Anschaffung entsprechender Technik,<br />
Durchführung von gemeinsamen<br />
Veranstaltungen im Ort, auf<br />
deren Grundlage Traditionen des<br />
Backhandwerks von der älteren an<br />
die jüngeren Generationen weitergegeben<br />
werden, erzielt werden.<br />
- Mit dem „Aktivmuseum“ der Trachtengruppe<br />
Stepfershausen soll ein<br />
zentraler Punkt in einem alten Bauernhaus<br />
hergerichtet werden. Hier<br />
sollen für die Trachtengruppe Requisiten<br />
eingelagert, ein Aktivmuseum<br />
(alte Handwerkstraditionen)<br />
eingerichtet und ein Gemeinschaftsraum<br />
für die Allgemeinheit<br />
eingerichtet werden.<br />
- Im Landfrauenortsverein Erbenhausen<br />
soll der „Dorfbackofen“<br />
renoviert und wieder in Funktion<br />
gebracht werden, um in Zukunft<br />
regelmäßig verschiedene Feste<br />
durchführen und alte Backtraditionen<br />
der jüngeren Generation vermitteln<br />
zu können.<br />
Zusammengetragen und bearbeitet<br />
von Mandy Mühle<br />
Thüringer Landfrauenverband e. V.<br />
Alfred-Hess-Str. 8, 99094 Erfurt<br />
Telefon: 0361/602 79 01 oder<br />
644 73 95<br />
Telefax: 0361/657 82 96<br />
thueringer-landfrauenverband@<br />
freenet.de<br />
www.thueringer-landfrauenverband.de<br />
Header: Geschäftsführerin des Thür. Landfrauenverbandes<br />
Christine Schwarzbach.<br />
Akademie Ländlicher<br />
Raum<br />
Über uns<br />
Die Akademie Ländlicher Raum Thüringen<br />
(ALR) wurde im Jahr 2010 <strong>als</strong><br />
Einrichtung des Thüringer Ministeriums<br />
für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt<br />
und Naturschutz gegründet. Sie<br />
ist die Anlaufstelle für alle Bürgerinnen<br />
und Bürger, die sich im und für<br />
den ländlichen Raum stark machen.<br />
Ziele<br />
1. „Lobbyarbeit“<br />
… für den ländlichen Raum. Die<br />
Akademie versteht sich <strong>als</strong> „Vermarkterin“<br />
und Interessenvertreterin des<br />
-22-<br />
ländlichen Raumes in Thüringen. Sie<br />
wirbt für die Besonderheiten und den<br />
unverzichtbaren Wert dieser Regionen<br />
auch über Thüringens Grenzen<br />
hinweg.<br />
2. Vernetzung<br />
… der Akteure im ländlichen Raum.<br />
Die Akademie will die zahlreichen<br />
Akteure aus dem ländlichen Raum<br />
„an einen Tisch bringen“. Alle, die<br />
sich im Bereich der Landentwicklung<br />
beruflich oder privat engagieren, finden<br />
in der Akademie einen Ort des<br />
Kennenlernens und der Zusammenarbeit.<br />
Denn die Zukunft des ländlichen<br />
Raumes in Thüringen lässt sich<br />
nur gemeinsam gestalten.<br />
3. Kommunikation<br />
…und Diskussion zur weiteren Entwicklung<br />
der ländlichen Räume. Die<br />
Akademie versteht sich <strong>als</strong> Plattform<br />
zum Austausch von Ideen und Erfahrungen.<br />
Sie soll, nach dem Motto:<br />
„voneinander und miteinander lernen“,<br />
die Kompetenzen der Akteure<br />
vor Ort stärken. Dabei wird auch<br />
ganz bewusst über den „Thüringer<br />
Tellerrand“ hinausgeschaut.<br />
Die ALR Thüringen widmet sich in<br />
diesem Jahr den Themen Dorfleben/<br />
Dorfumbau und Regionale Wertschöpfung.<br />
Dazu werden jeweils<br />
eine landesweite Tagung und regionale<br />
Veranstaltungen durchgeführt.<br />
Ansprechpartner<br />
Akademie Ländlicher Raum Thüringen<br />
Geschäftsstelle beim Thüringer Ministerium<br />
für Landwirtschaft, Forsten,<br />
Umwelt und Naturschutz<br />
Beate Kunnen (Geschäftsführerin)<br />
Hallesche Straße 16 <br />
99085 Erfurt<br />
Tel. 0361/3799-743 <br />
Fax 0361/3799-555 <br />
post@alr-thueringen.de
Erfahrungsaustausch<br />
Aus den kommunalen Seniorenvertretungen<br />
und -beiräten<br />
Sicherung der Lebensqualität<br />
der Menschen<br />
im ländlichen Raum<br />
„Was ist Lebensqualität, kann<br />
man sie wirklich sichern?“<br />
Natürlich tragen äußere Umstände<br />
sehr zu einem guten Leben bei, aber<br />
die innere Einstellung zu einem gelingenden<br />
Leben können Sie nicht ersetzen.<br />
Aufgewachsen im Kieg in einem ostthüringer<br />
„Tälerdorf“ ohne Verbindung<br />
Verbindung an das öffentliche<br />
Verkehrsnetz haben meine Schwester<br />
und ich schon <strong>als</strong> kleine Mädchen 9-<br />
13 km bis zur nächsten Bahnstation<br />
laufen müssen. Zum nächsten Fleischer<br />
waren es 5 km. Die Kinder aus<br />
den Nachbardörfern liefen selbstverständlich<br />
3-5 km in die Schule. Wir<br />
kannten es nicht anders, doch wir hatten<br />
alle ein geborgenes Zuhause, und<br />
das ist in meinen Augen die höchste<br />
Lebensqualität. Dennoch möchte niemand<br />
diese oft beschwerliche Zeit<br />
zurückhaben. Wir sind froh über Busverbindungen.<br />
Doch ob es für Kinder<br />
gesünder ist, morgens eine halbe<br />
Stunde durch die frische Luft zu laufen<br />
oder im großen, lauten Haufen im Bus<br />
bis zu einer Stunde durch die Gegend<br />
gefahren zu werden, ist eine andere<br />
Frage. Ich freue mich über jede Dorfschule,<br />
die erhalten werden kann.<br />
Doch wie steht es um das Wohlbefinden<br />
der alten Menschen? In meiner<br />
Kindheit waren die alten Menschen,<br />
zumindest auf den Dörfern, in die<br />
Lebensgemeinschaft einer Großfamilie<br />
eingebettet. Es gab Familien, in<br />
denen es gut ging, es gab aber auch<br />
erbarmungswürdige Zustände, doch<br />
die alten Menschen konnten in ihrer<br />
gewohnten Umgebung sterben. Heute<br />
gibt es auch im ländlichen Raum<br />
kaum noch funktionierende Großfamilien.<br />
Die Kinder und Enkel müssen<br />
der Arbeit nachreisen, zurück bleiben<br />
die alten Eltern. Viele verlassen ihre<br />
-23-<br />
Dörfer und ziehen in eine altersgerechte<br />
Wohnung in der Stadt, wo der<br />
Besuch bei den Ärzten, der Gang zu<br />
den Ämtern und die Einkaufsmöglichkeiten<br />
nicht so beschwerlich sind.<br />
Und wie sieht es mit kulturellen Veranstaltungen<br />
aus? Es gibt Dörfer, in<br />
denen ein blühendes Vereinsleben<br />
gewachsen ist mit Chören, Blaskapellen,<br />
Theaterspiel und vielerlei Sport für<br />
Jung und Alt. Es hängt viel von einzelnen<br />
Personen ab, die solche Veranstaltungen<br />
ins Leben rufen und mit<br />
viel Mühe und Engagement auch erhalten.<br />
Diese ganze Arbeit wird ja ehrenamtlich<br />
geleistet. Auch die Kirche<br />
und die Volkssolidarität veranstalten<br />
Nachmittage für ältere Menschen, in<br />
denen manche Probleme besprochen<br />
werden und der Zusammenhalt einer<br />
Dorfgemeinschaft gefördert wird. Es<br />
liegt an jedem Einzelnen, ob er mit<br />
seiner Gegenwart und seinen Ideen<br />
diese Veranstaltung wahrnimmt und<br />
bereichert. Die Vereine leiden oft sehr<br />
unter dem Weggang der jungen Leute,<br />
und die jungen Leute bleiben auch<br />
lieber in ihrer Heimat, wenn sie dort<br />
Arbeit hätten. Durch die Abnahme der<br />
Bevölkerung auf den Dörfern rentiert<br />
sich oft der regelmäßige Busverkehr<br />
nicht mehr. Es gibt zwar zunehmend<br />
die Einrichtung eines Rufbusses, doch<br />
der Bedarf muss 2 Tage im Voraus angemeldet<br />
werden.<br />
Zurück zu der Frage „was ist Lebensqualität?“<br />
Im Vaterunser heißt es in<br />
der 4. Bitte: „Unser täglich Brot gib<br />
uns heute.“ Es ist für uns Menschen<br />
in unserem Land so selbstverständlich<br />
geworden, jeden Tag satt zu werden,<br />
dass kaum noch jemand auf die Idee<br />
kommt, darum bitten zu müssen. Doch<br />
Martin Luther vermerkt in seiner Erklärung<br />
zu dieser Bitte noch viel mehr,<br />
was zu unserem Wohl beiträgt: „Alles,<br />
was Not tut für Leib und Leben, wie<br />
Essen, Trinken, Kleider, Schuh, … gute<br />
Regierung, gut Wetter, Friede, Gesundheit,<br />
Zucht, Ehre, gute Freunde,<br />
getreue Nachbarn.“ Für mich gehören<br />
zur Lebensqualität ganz bestimmt<br />
gute Freunde und getreue Nachbarn.<br />
Es werden von einer Gesellschaft nie<br />
alle Bedürfnisse des Lebens abgedeckt<br />
werden können. Wir sind auf eine gute<br />
Lebensgemeinschaft angewiesen und<br />
auf verantwortungsbewusste, vorausschauende<br />
Politiker.<br />
Renate Stegmann<br />
Seniorenbeirat Eisenberg<br />
Bad Langensalza<br />
Mehr Verständnis erwartet<br />
Die Wohn- und Lebensbedingungen<br />
für die Bürger im hohen Lebensalter<br />
haben sich vor allem in den zurückliegenden<br />
Jahren sichtbar verändert.<br />
Neue Einrichtungen wurden eröffnet<br />
und leisten in unterschiedlicher Trägerschaft<br />
Vorbildliches. Erst jüngst<br />
wurde in Bad Tennstedt das frühere<br />
Amtsgericht von einem Investor aus<br />
Hessen übernommen und beispielhaft<br />
restauriert. Als Altenresidenz erwartet<br />
es nun seine neuen Bewohner.<br />
Nicht Schritt gehalten haben die<br />
Leistungen der Deutschen Bahn. Vor<br />
wenigen Jahren wurde unser Bahnhof<br />
saniert. Der Bahnhof ist jetzt nur<br />
noch ein Haltepunkt für die Züge. Die<br />
Reisenden kaufen ihre Fahrkarten sicherheitshalber<br />
im Reisebüro oder im<br />
Zug, wenn sie nur eine kurze Strecke<br />
bewältigen wollen. Allzu oft versagte<br />
der Automat seine Dienste. Es gibt<br />
keine Aufsicht oder Auskunft, ganz zu<br />
schweigen von der Gepäckannahme;<br />
Selbstverständlichkeiten, für die der<br />
Reisende auch mit seinem Fahrpreis<br />
bezahlt.<br />
Der Seniorenbeirat nahm sich der<br />
Beschwerden der Bürger an und bat<br />
die Staatssekretärin Inge Klaan zum<br />
Gespräch. Sie folgte geduldig den<br />
Eingaben, die an diesem Nachmittag
Erfahrungsaustausch<br />
Aus den kommunalen Seniorenvertretungen<br />
und -beiräten<br />
Bedeutung des städtischen Umfeldes<br />
Nicht nur für eine Großstadt ist das<br />
nähere Umland wichtig. Doch haben<br />
die Senioren in den Dörfern Probleme,<br />
angefangen bei der Versorgung<br />
mit den Dingen des täglichen Bedarfs,<br />
der Verkehrsanbindung bis hin zur<br />
ärztlichen Versorgung. Die Stadt Jena<br />
erweiterte das Linienbusnetz über die<br />
ländlichen Ortsteile. Hinzu kommt das<br />
Busnetz im Landkreis, wobei es Zweifel<br />
gibt, wie man den Fahrplan für die<br />
weinigen Fahrgäste mit den großen<br />
Bussen aufrecht erhalten kann. Die wevorgetragen<br />
wurden, verzichtete allerdings<br />
auf jede Notiz. Allein diese Tatsache<br />
ließ darauf schließen, dass ihr<br />
die Bürgeranliegen nicht fremd sind.<br />
Diese zu klären, sei Sache der Bahn,<br />
war Antwort auf die zahlreichen Fragen.<br />
Ein fataler, enttäuschender Nachmittag<br />
für den Seniorenbeirat. Auch im<br />
ländlichen Raum – selbst wenn es nur<br />
den Bahnhof Bad Langensalza beträfe<br />
– erwarten die Bürger mehr Verständnis<br />
für ihre Probleme.<br />
Waltraud Laeschke<br />
Gera<br />
Erste Auswirkungen des Seniorenmitwirkungsgesetzes<br />
Mit der Änderung seiner Geschäftsordnung<br />
hat der Stadtrat am<br />
11.10.2012 beschlossen, dem Seniorenbeirat<br />
im Stadtrat und seinen<br />
Ausschüssen Rederecht zu gewähren.<br />
Wir sehen darin eine Aufwertung<br />
unseres Status und eine weitere<br />
Anerkennung unserer Arbeit. Es gab<br />
aber auch bisher keine Probleme, in<br />
den Ausschüssen zu Wort zu kommen,<br />
wenn es um seniorenrelevante<br />
Themen ging. Die Oberbürgermeisterin<br />
unterstützt unsere Bemühungen,<br />
Gera zur barrierefreien und familienfreundlichen<br />
Stadt zu entwickeln. Als<br />
Vertreter für mehr <strong>als</strong> ein Viertel unserer<br />
Bevölkerung suchen wir dazu<br />
kontinuierlich die Zusammenarbeit<br />
mit den Fraktionen des Stadtrats und<br />
den Vertretern der Verwaltung und<br />
anderen Institutionen. Erfolgreich<br />
hat sich die enge Zusammenarbeit<br />
mit der Ehrenamtszentrale, der Behindertenbeauftragten<br />
und dem Behindertenstammtisch<br />
gestaltet. Wir<br />
werden alle Möglichkeiten, die uns<br />
das Mitwirkungsgesetz liefert, ausschöpfen<br />
und um Verbesserungen<br />
ringen.<br />
Hannelore Hauschild<br />
Hermsdorf<br />
Der Entwicklung gegensteuern<br />
Ich wohne in einer Kleinstadt, da sind<br />
die Voraussetzungen für eine gute Lebensqualität<br />
im Alter noch günstiger,<br />
<strong>als</strong> in den Dörfern, aber auch hier wäre<br />
besonders in der Frage der Ärzteversorgung<br />
einiges zu verbessern. Unser<br />
Landkreis, der Saale-Holzland-Kreis<br />
ist ländlich geprägt, d. h. man ist auf<br />
eine gute Busanbindung angewiesen.<br />
Auf Grund der steigenden Fahrtkosten<br />
wird der ÖPNV weniger genutzt, dieses<br />
zieht wiederum eine Reduzierung<br />
der Buslinien nach sich und somit eine<br />
Verschlechterung der Lebensqualität in<br />
den Dörfern. Eine Anbindung an den<br />
ÖPNV in unmittelbarer Nähe zum<br />
Wohnstandort erweitert den Aktionsradius<br />
älterer Menschen erheblich. Unsere<br />
Dörfer sollen sich nicht zu reinen<br />
Schlaforten entwickeln. Gaststätten<br />
und Verkaufseinrichtungen schließen<br />
– so kann eine soziale Infrastruktur<br />
nicht aussehen. Hier muss gegengesteuert<br />
werden; zurzeit geschieht das<br />
noch mit einer regen Vereinstätigkeit.<br />
Die zu erwartende Altersstruktur wird<br />
auch diese Vereinstätigkeit in Zukunft<br />
schwächen. Insbesondere sind die<br />
Verantwortlichen von Kreis und Land<br />
aufgefordert zu handeln.<br />
Karin Präßler<br />
Ilmenau<br />
Arbeitsplätze und gleicher Lohn<br />
Eigentlich begann alles schon Ende<br />
der 1950er Jahre. In Ilmenau wurde<br />
das Industriegelände am Stadtrand<br />
gebaut. Dort entstanden u. a. Glas-,<br />
Glasmaschinen- und Porzellanfabriken.<br />
In der gleichen Zeit entstanden<br />
drei große Neubaugebiete, Arbeitskräfte<br />
wurden angeworben, die Bereitstellung<br />
einer modernen Wohnung<br />
war ein Anreiz. In den umliegenden<br />
Dörfern verschwanden Mittel- und<br />
-24-<br />
Kleinbetriebe sowie kleine Läden, die<br />
ersten Kaufhallen entstanden. Bereits<br />
dam<strong>als</strong> gab es Wegzug vom Land in<br />
die Städte mit der Industrie.<br />
Die Nachwendezeit mit ihrer Wanderungsbewegung,<br />
die Schließung von<br />
Betrieben, die Arbeitslosigkeit hat diesen<br />
Trend verstärkt. Die Dörfer, die keine<br />
Betriebe und keine Möglichkeit für<br />
Tourismus oder Landwirtschaft haben,<br />
verlieren immer mehr Einwohner und<br />
vergreisen, es fehlt der Nachwuchs.<br />
In den letzten Jahren war ich in einigen<br />
Seminaren zu diesem Thema. Viele<br />
gute Gedanken und Vorschläge gab<br />
es. Für mich sind die Ansiedlung von<br />
Betrieben und damit das Entstehen<br />
von Arbeitsplätzen das A und O. Aber<br />
auch gleicher Lohn in Ost und West.<br />
Für mich ist das Problem „Lebensqualität<br />
im ländlichen Raum“ ein politisches<br />
und soziales Problem. Wir Senioren<br />
können ehrenamtlich vieles unterstützen.<br />
Es gibt Initiativen, die die Lebensqualität<br />
in den ländlichen Regionen<br />
verbessern. Diese müssen aber dauerhaft<br />
finanziell gefördert werden. Das<br />
beste Beispiel sind für mich die Seniorenbüros,<br />
die sehr gute Arbeit leisten.<br />
Die Landesregierung Thüringens strich<br />
kommentarlos die Fördermittel.<br />
Christel Wilinski<br />
Jena
Erfahrungsaustausch<br />
Aus den kommunalen Seniorenvertretungen<br />
und -beiräten<br />
nigen populär-kulturellen Höhepunkte<br />
in den Dörfern, zu denen es alljährlich<br />
viele Städter zieht, sind überschaubar<br />
und machen sich gegenseitig zunehmend<br />
Konkurrenz, was zu Lasten der<br />
Besucherzahlen geht.<br />
Immerhin geschieht dies alles noch<br />
sozusagen in „Rufweite“ unserer<br />
Großstadt. Im Hinblick auf die weitere<br />
demografische Entwicklung in der<br />
Fläche muss man sich allerdings Sorgen<br />
machen, wie sich das Leben der<br />
Älteren gestalten wird. Das einstige<br />
Zauberwort Familie zieht nicht mehr,<br />
übrigens zunehmend auch bei den Senioren<br />
in der Stadt, wo es Kinder und<br />
Enkel, den beruflichen Möglichkeiten<br />
geschuldet, in die Ferne zog.<br />
Die jüngsten Erfahrungen unseres Seniorenbeirats<br />
besagen, dass die Kontakte<br />
zu den Ortsteilräten immer mehr<br />
an Bedeutung gewinnen.<br />
Hans Lehmann<br />
Mühlhausen<br />
Engagement ist wichtig<br />
Ländliche Regionen sind vom demographischen<br />
Wandel in besonderer<br />
Weise betroffen. Während dort die<br />
Bevölkerungsdichte abnimmt, haben<br />
Städte und Ballungsräume einen Zuwachs<br />
zu verzeichnen. Für die ländlichen<br />
Räume bedeutet dies, neue<br />
Konzepte zu erproben, sei es im Verkehrsbereich<br />
mit alternativen Mobilitätskonzepten<br />
oder bei der Frage von<br />
Barrierefreiheit.<br />
Einkauf, Arztbesuch oder Schulweg<br />
sind abhängig von einem guten öffentlichen<br />
Nahverkehr. Aber auch dieser<br />
ist vielerorts nicht mehr ausgelastet<br />
und rentabel. Postfiliale, Arzt, Bäcker<br />
oder einen kleinen Supermarkt gibt<br />
es in vielen Ortschaften schon lange<br />
nicht mehr, da auch die Kundschaft<br />
fehlt. Dies alles hat erhebliche Auswirkungen<br />
auf die Grundversorgung und<br />
damit auf das Leben der Menschen.<br />
Eine der wichtigsten Aufgaben ist es,<br />
die öffentliche und private Grundversorgung<br />
in ländlichen, vor allem in<br />
schrumpfenden Regionen neu aufzustellen.<br />
Aber nicht nur die Versorgung<br />
mit Lebensmitteln, ein Arzt in der Nähe<br />
und ein funktionierender Busverkehr<br />
sind wichtig, sondern auch kulturelle<br />
Angebote machen die Lebensqualität<br />
im ländlichen Raum aus. Kulturprojekte<br />
können den Zusammenhalt der<br />
Menschen vor Ort unterstützen. Bei<br />
der Verbesserung der Lebensqualität<br />
im ländlichen Raum haben Studien<br />
und Erfahrungen belegt, dass das bürgerliche<br />
Engagement eine wesentliche<br />
Rolle spielt.<br />
Renate Luhn<br />
Neuhaus<br />
Sicherung von Lebensqualität<br />
Unser Städtchen ist keineswegs ein<br />
typisches Dorf, das durch Landwirtschaft<br />
geprägt ist. Dennoch sind die<br />
Lebensverhältnisse stärker mit denen<br />
im ländlichen Raum vergleichbar <strong>als</strong><br />
mit den Bedingungen in den Städten.<br />
So ist auch bei uns die Einwohnerzahl<br />
in den letzten Jahrzehnten spürbar<br />
geschrumpft. Unsere Gesellschaft verlangt<br />
die Lösung der Probleme in den<br />
Bereichen Gesundheit, Wohnen und<br />
soziale Infrastruktur. Bundesweit wurde<br />
dafür eine Reihe guter Ideen für altersgerechtes<br />
Wohnen entwickelt.<br />
So haben wir z. B. durch Veränderung<br />
der Routenführung und die Einrichtung<br />
neuer Haltestellen für unsere<br />
Stadtbuslinie im Bereich Schmalenbuche<br />
günstigere Einkaufsbedingungen<br />
für die älteren Bürger durchgesetzt<br />
und die ehem<strong>als</strong> schwierigen und z. T.<br />
gefährlichen Bedingungen beim Einund<br />
Aussteigen beseitigt. Auch unsere<br />
Anstrengungen, ältere Bürger für den<br />
Besuch des Mehrgenerationenhauses<br />
oder in den Begegnungsstätten<br />
der Volkssolidarität zu gewinnen, wo<br />
es Gemeinschaft, Beratung und Unterstützung<br />
gibt, zeigten Erfolge. In<br />
-25-<br />
einigen Stadtgebieten haben sich mit<br />
unserer Hilfe Fahrgemeinschaften entwickelt.<br />
Wertschätzung findet auch der<br />
wöchentliche Besuch eines Mitglieds<br />
unseres Beirates bei den Senioren, die<br />
im Krankenhaus behandelt werden<br />
müssen. Die gute medizinische Betreuung<br />
ist ein wichtiges Kriterium unserer<br />
insgesamt guten Lebensqualität.<br />
Sie zu erhalten und möglichst weiter<br />
auszubauen ist das Ziel des weiteren<br />
Wirkens der gesellschaftlichen Kräfte<br />
unserer Stadt.<br />
Dagobert Hentschel<br />
Nordhausen<br />
Dörfliches Gemeinschaftsleben<br />
Nordhausen hat in der Vergangenheit<br />
12 umliegende Gemeinden <strong>als</strong> Ortsteile<br />
integriert.<br />
Ihre Größe ist unterschiedlich. Bis auf<br />
zwei, die von Industrie- und Gewerbestandorten<br />
geprägt sind, haben<br />
sich die anderen <strong>als</strong> Wohnstandorte<br />
profiliert. Eine Infrastruktur wie Kindergarten,<br />
Schule und Versorgungseinrichtungen<br />
sind nicht mehr überall<br />
vorhanden. In allen Ortsteilen ist aber<br />
ein dörfliches Gemeinschaftsleben erhalten<br />
geblieben und wird mit viel ehrenamtlichem<br />
Engagement gepflegt.<br />
Nachbarschaftshilfe ist besonders bei<br />
älteren Menschen sehr ausgeprägt.<br />
Die Palette der jährlichen Veranstaltungen<br />
ist sehr breit. Die Senioren der<br />
Ortsteile treffen sich zu Weihnachtsfeiern,<br />
Frühjahrs- und Sommerfesten,<br />
zu Busfahrten sowie zu Wanderungen<br />
und zum Seniorensport. In unserem<br />
jährlichen Seniorenkalender werden<br />
die Veranstaltungspläne der Ortsteile<br />
extra ausgewiesen.<br />
Entsprechend der Festlegungen in der<br />
integrierten Stadtentwicklungskonzeption<br />
wird das Lebensumfeld in den<br />
Ortsteilen ständig verbessert. Dazu<br />
gehört neben einem gut funktionierenden<br />
ÖPNV die schrittweise Beseitigung<br />
von Barrieren im öffentlichen Raum.
Erfahrungsaustausch<br />
Aus den kommunalen Seniorenvertretungen<br />
und -beiräten<br />
Der ständige Stadtratsausschuss für<br />
die Ortsteile führt seine Beratungen<br />
jeweils in einem Ortsteil durch und<br />
informiert sich über die dortige Situation.<br />
An diesen Beratungen nimmt der<br />
jeweilige Ortschaftsrat teil.<br />
Volkmar Pischel<br />
Ruhla<br />
Alternativen suchen<br />
Die Strukturen in Städten aber auch in<br />
ländlichen Regionen haben sich verändert.<br />
Zum einen sind aus Arbeitsplatzgründen<br />
junge Leute abgewandert, in<br />
die alten Bundesländer oder ins Ausland.<br />
Somit verbleiben nur noch die<br />
Menschen, die schon Senioren sind<br />
oder bald ins Rentenalter kommen.<br />
Das wirkt sich in vielerlei Hinsicht<br />
aus, Schulen werden geschlossen<br />
bzw. zusammengelegt, Läden können<br />
sich nicht mehr halten, selbst Wohnviertel<br />
werden aus Kostengründen<br />
zurückgebaut. Das trifft natürlich die<br />
verbleibenden Dorfbewohner zuerst,<br />
mitunter haben solche, die keine<br />
Fahrgelegenheit in der Familie haben,<br />
Verpflegungsprobleme. Teilweise sind<br />
mobile Verkaufsfahrzeuge dann die<br />
letzte Alternative. Auch Fußpflege und<br />
Physiotherapie bedienen inzwischen<br />
ihre Kunden und Patienten zu Hause.<br />
Hausarztversorgung wird immer<br />
schwieriger, von fachärztlicher Versorgung<br />
ganz zu schweigen. Es gibt auch<br />
gute Alternativen, z. B.: eine Kaufhalle<br />
in Ruhla betreibt seit einiger Zeit einen<br />
„Home-Service“, bringt <strong>als</strong>o Ware in<br />
die Wohnung; davon wird reger Gebrauch<br />
gemacht. In der Seniorenwoche<br />
im Wartburgkreis stand die Aktion<br />
„Dorfläden“ zur Diskussion. Man will<br />
damit die Erhaltung und den Ausbau<br />
der infrastrukturellen und sozialen<br />
Bedingungen im ländlichen Raum fördern.<br />
Das Ganze wird getragen von<br />
der Regionalen Aktionsgruppe LEA-<br />
DER Wartburgregion und man hofft<br />
auf die Unterstützung der betreffenden<br />
Kommunen und regionalen Vermarkter.<br />
Ein solcher Musterladen wurde<br />
bereits in Krauthausen, einem Stadtteil<br />
von Eisenach, eröffnet. Weitere sollen<br />
folgen. So muss nach neuen Lösungswegen<br />
gesucht werden, um die Lebensqualität<br />
im ländlichen Raum nicht<br />
weiter absinken zu lassen.<br />
Hannelore Schröder<br />
Schleiz<br />
Kommunikation bestimmt Lebensqualität<br />
Die Lebensqualität wird wesentlich<br />
durch das subjektive Empfinden mit<br />
bestimmt. Die Senioren unserer Dörfer<br />
waren von jeher bescheiden und<br />
passten sich den jeweiligen Verhältnissen<br />
an. Sie sind durchweg mit ihrem<br />
Dasein zufrieden, wenngleich es<br />
auch bei ihnen offene Wünsche gibt.<br />
Das Fehlen von Läden bemängeln<br />
sie weniger wegen des Fehlens eines<br />
Warenangebots, <strong>als</strong> vielmehr wegen<br />
des Mangels an Kommunikationsmöglichkeit.<br />
Waren besorgen ihnen<br />
ihre Nachkommen oder die Sozialverbände.<br />
Wenn sie mit in die entfernten<br />
Kaufhallen fahren, so sieht man sie oft<br />
nur stehen, um mit anderen Senioren<br />
zu erzählen, während die Kinder oder<br />
Enkel bereits zum Aufbruch mahnen.<br />
Die dörflichen Kommunikationsmöglichkeiten<br />
sind leider ungenügend,<br />
trotz großen Engagements der Sozialverbände<br />
und Kirchen. In Hochstimmung<br />
sind unsere vorwiegend<br />
weiblichen Senioren zur Kirmes und<br />
anderen Dorffesten. Es ist erfreulich zu<br />
sehen, wie sie aufleben, wie sie völlig<br />
in die Gemeinschaft integriert werden<br />
und sich dort entfalten können.<br />
Paradoxerweise empfinden selbst die<br />
in Autobahnnähe oder an Verkehrswegen<br />
Wohnenden den dort entstehenden<br />
Lärm nicht <strong>als</strong> so störend wie<br />
ein Städter, weil sie etwas sehen und<br />
zu erleben hoffen. Es ist hier bei uns<br />
im Wesentlichen die Kommunikation,<br />
-26-<br />
die die Lebensqualität der Senioren in<br />
unserer ländlichen Region bestimmt.<br />
Dr. Manfred Eckstein<br />
Sömmerda<br />
Auch Ruhe, Natur und weniger<br />
Einsamkeit<br />
Ich erinnere mich an die Worte unseres<br />
Altbundeskanzlers Helmut Kohl in<br />
der Wendezeit „Niemandem wird es<br />
schlechter gehen“. Wenn ich heute<br />
daran denke, frage ich mich, ob Herr<br />
Kohl jem<strong>als</strong> die Entwicklung auf dem<br />
Land für ältere Mitbürger beobachtet<br />
hat. Sicherlich sind aus vielen Häuschen<br />
kleine Schmuckstücke geworden<br />
und es sind gerade im ländlichen<br />
Raum unzählige Wohngebiete entstanden.<br />
Viele ältere Menschen haben das<br />
Glück, in so genannten Mehrgenerationenfamilien<br />
zu leben und liebevoll<br />
umsorgt zu werden. Aber ältere Menschen<br />
haben auch noch Bedürfnisse,<br />
z. B. die Erhaltung ihrer Unabhängigkeit<br />
und Selbständigkeit. Doch hier<br />
beginnen die Probleme. In vielen Dörfern<br />
fehlen Einkaufsmöglichkeiten und<br />
wenn noch ein kleiner Laden existiert<br />
sind die Preise sehr hoch. Schnell mal<br />
zum Friseur, zum Bäcker oder in die<br />
Apotheke – das ist eigentlich unmöglich.<br />
Ein besonders großes Manko im<br />
ländlichen Raum sind fehlende Arztpraxen,<br />
seien es Hausärzte oder auch<br />
Zahnärzte. Von Spezialärzten können<br />
wir auf den Dörfern nur träumen.<br />
Wenn man heute zur Generation<br />
65 + gehört, kann man nur hoffen,<br />
fit zu bleiben, um seinen Alltag selbst<br />
zu bewältigen oder über eine große<br />
Familien- und Freundesschar zu verfügen,<br />
wobei immer jemand bereit steht,<br />
um zu helfen.<br />
Leben auf dem Land heißt aber nicht<br />
nur Probleme, Leben auf dem Land<br />
heißt auch viel Natur, Ruhe und frische<br />
Luft. Leben auf dem Land heißt auch<br />
viel intensivere menschliche Kontakte<br />
und weniger Vereinsamung im Alter.<br />
Barbara Franz
Erfahrungsaustausch<br />
Aus den kommunalen Seniorenvertretungen<br />
und -beiräten<br />
Sonneberg<br />
Neue Konzepte für den ländlichen<br />
Raum<br />
Das Leben im ländlichen Raum hat sich<br />
sehr verändert. Es gab eine Zeit, da bestand<br />
der Trend, aufs Land zu ziehen. Dieser<br />
ist jetzt rückläufig. Fährt man durch die<br />
Dörfer sieht man kaum Menschen, keine<br />
Kinder die in Gärten toben, es ist alles so<br />
still.<br />
Die sozialen Bedürfnisse, wie das nach<br />
Sicherheit und Schutz sowie nach Nähe<br />
und Kontakt, haben sich nicht geändert,<br />
aber diese zu befriedigen wird immer<br />
schwieriger. Die Familien werden kleiner,<br />
die alten Menschen bleiben zurück, da die<br />
jungen Familien wegen der Arbeit in die<br />
Städte ziehen. Das Leben im ländlichen<br />
Raum ist unterschiedlich, aber viele sind<br />
einsam geworden und haben Angst vor<br />
der Zukunft. Es fehlen Einkaufsmöglichkeiten,<br />
Begegnungsstätten werden immer<br />
weniger, Arztpraxen sind geschlossen und<br />
Apotheken weit entfernt. Die Busverbindungen<br />
sind oft dürftig, die finanzielle Unterstützung<br />
durch die Kommunen ist auch<br />
nicht zufriedenstellend.<br />
Das alles ist bekannt und wir sollten überlegen,<br />
wie es weitergehen soll. Der ländliche<br />
Raum ist ein unverzichtbarer Teil der<br />
Identität unserer Städte, mit unersetzlichen<br />
Funktionen <strong>als</strong> Lebens-, Arbeits- und Erholungsraum.<br />
Erschließen von Wanderwegen,<br />
Erweiterung der Radwege, Entwicklung<br />
von Konzepten für neue Wohnformen<br />
im ländlichen Raum, um der steigenden<br />
Vereinsamung entgegenzuwirken wären<br />
Alernativen. Dazu gehören auch haushaltnahe<br />
Dienstleistungen, um Wohnqualität<br />
und Altersversorgung im nahen<br />
Raum zu schaffen.<br />
Rosemarie Weigel<br />
Suhl<br />
Seniorenbeirat kümmert sich um<br />
die Ortsteile<br />
Fehlende Einkaufsmöglichkeiten und<br />
Dienstleistungseinrichtungen bewegen<br />
auch die älteren Bürger in den Ortsteilen<br />
von Suhl. In einer durch die Ortsbürgermeisterin<br />
und den Seniorenbei-<br />
rat durchgeführten Versammlung mit<br />
den älteren Bürgern der eingemeindeten<br />
Gemeinde Albrechts, standen die<br />
genannten Themen zur Diskussion.<br />
Durch den Wegfall der Verkaufsstelle,<br />
der Post und der Außenstelle der Sparkasse<br />
wird es für ältere Bürger immer<br />
schwieriger, das tägliche Leben ohne<br />
zusätzliche Hilfe aus dem Familienkreis<br />
zu bewältigen, zumal oft keine<br />
Familienangehörigen im Ort wohnen.<br />
Die älteren Bürger appellierten an die<br />
Vertreter der Kommunalpolitik, ihren<br />
Einfluss geltend zu machen und die<br />
Möglichkeiten der Versorgung zu sichern.<br />
In der Diskussion wurde auch<br />
die Bedeutung eines gut funktionierenden<br />
öffentlichen Nahverkehrs betont,<br />
der bezüglich der Suhler Ortsteile<br />
positiv gesehen wird und beibehalten<br />
werden sollte. Auch ihre Sorge über<br />
den wachsenden Leerstand von Gebäuden<br />
brachten die Bürger zum Ausdruck.<br />
Die Probleme in den Ortsteilen<br />
sind die gleichen, die auch für die<br />
ländlichen Gemeinden zutreffen.<br />
Die älteren Bürger werteten die Veranstaltung<br />
positiv und es wurde festgelegt,<br />
dass künftig durch den Seniorenbeirat<br />
in jedem Quartal eine Veranstaltung<br />
durchgeführt wird, in der ältere Bürger<br />
sich mit kompetenten Partnern aus der<br />
Verwaltung oder aus Wohlfahrtsverbänden<br />
beraten können.<br />
Rüdiger Müller<br />
Weimar-Land<br />
Nachbarschaftliche Selbsthilfe<br />
Die Lebensqualität ist in den Gemeinden<br />
sehr unterschiedlich. Große Sorgen<br />
bereiten besonders der öffentliche<br />
Nahverkehr sowie die ärztliche Versorgung.<br />
Probleme gibt es auch zum Teil in der<br />
Absicherung des Bedarfs für das tägliche<br />
Leben. In manchen Gemeinden<br />
gibt es nicht einmal einen Anlaufpunkt,<br />
wie. z. B. Begegnungsstätten, so dass<br />
die Senioren auf sich gestellt sind und<br />
immer mehr vereinsamen.<br />
-27-<br />
Eine kleine Verbesserung versprechen<br />
wir uns von ehrenamtlicher Nachbarschaftshilfe<br />
sowie von mehr Solidarität<br />
zwischen den Generationen.<br />
Sollte es zu einer Gebietsreform kommen,<br />
ist unsere Befürchtung, dass sich<br />
dann die Lebensqualität der älteren<br />
Bürger im ländlichen Raum noch weiter<br />
verschlechtert.<br />
Monika Mittermeier<br />
Weimar<br />
Rentensystem endlich vereinheitlichen<br />
In die Rentendiskussion um die Angleichung<br />
der Ostrenten an das Niveau<br />
der Westrenten kommt Bewegung –<br />
wieder einmal besinnt man sich kurz<br />
vor einer Bundestagswahl auf die<br />
älteren Bürger. Es sorgen sich viele<br />
Menschen um eine Rente, die ihnen<br />
ein menschenwürdiges Leben im Alter<br />
ermöglicht. Zu begrüßen sind die<br />
Initiativen des Bundesministeriums für<br />
Arbeit und Soziales zur Minderung der<br />
zunehmenden Altersarmut. Auf dem 5.<br />
Thüringer Sozialgipfel wurde erneut der<br />
Standpunkt vertreten, dass es höchste<br />
Zeit ist, die verschiedenen Formen der<br />
Altersversorgung und die Unterschiede<br />
im Rentenrecht zu überwinden, die Angleichung<br />
der Rentenwerte Ost an die<br />
Rentenwerte West zu vollziehen und ein<br />
einheitliches bundesdeutsches Rentensystem<br />
zu schaffen.<br />
In der letzten Zeit haben sich mehrere<br />
Ministerpräsidenten der neuen<br />
Bundesländer für eine sofortige Rentenangleichung<br />
ausgesprochen. Zu<br />
begrüßen ist die Initiative der Thüringer<br />
Ministerpräsidentin Christine<br />
Lieberknecht, die in ihrer Funktion<br />
<strong>als</strong> Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz<br />
die Themen Altersarmut<br />
und Angleichung der Renten auf die<br />
Tagesordnung des Treffens der Ministerpräsidenten<br />
im Oktober 2012 in<br />
Weimar setzte. Ein einheitliches bundesdeutsches<br />
Rentenrecht wäre ein
„Nichts geschieht in der Stadt, alles geschieht auf dem Land.<br />
Die Stadt erzählt nur, was auf dem Land geschehen ist, es ist<br />
bereits auf dem Land geschehen.“<br />
Gertrude Stein (1874 - 1946),<br />
US-amerikan. Schriftstellerin und Verlegerin<br />
„Das Dorf ist eine kleine Welt, in der die große ihre Probe hält.“<br />
Friedrich Hebbel (1813 - 1863), dt. Dramatiker und Lyriker<br />
SENIORENREPORT,<br />
17. Jahrg. 4/2012<br />
<strong>Landesseniorenvertretung</strong> Thüringen e. V.<br />
Alter ist Kompetenz<br />
Simples Neujahrslied<br />
Vorüber ist das alte Jahr,<br />
Ich wünsche Glück zum neun!<br />
Was euch das alte noch nicht war,<br />
Soll euch das neue sein.<br />
Ich greife zu dem vollen Glas,<br />
Und trink es aus und sag,<br />
Ich wünsche Jedem Alles was<br />
Er selbst sich wünschen mag.<br />
Ich wünsch euch Alles, was auch euch<br />
Befriediget und reizt,<br />
Und dass mit euern Wünschen sich<br />
Der meinen keiner kreuzt!<br />
So treten wir ins neue Jahr<br />
Getrosten Mutes ein -<br />
Und was im alten noch nicht war,<br />
Erfülle sich im neun!<br />
Ludwig Eichrodt (1827-1892)<br />
würdiger Beitrag zur Vollendung der<br />
deutschen Einheit auf altenpolitischem<br />
Gebiet. Der Thüringer Ministerpräsidentin<br />
wäre diesbezüglich ein Erfolg<br />
zu wünschen.<br />
Dr. Hans-Jürgen Paul<br />
Die <strong>Landesseniorenvertretung</strong> Thüringen wünscht allen Mitgliedern,<br />
Kooperationspartnern, Unterstützern und Förderern<br />
ein gutes, glückliches und gesundes neues Jahr!<br />
Impressum<br />
Erscheinungsweise viermal jährlich;<br />
Auflage 1500<br />
Nächste Ausgabe erscheint im<br />
März 2013<br />
Redaktionsschluss: 28.2.2013<br />
Herausgeber:<br />
<strong>Landesseniorenvertretung</strong> Thüringen e. V.<br />
Prager Straße 5/11, 99091 Erfurt<br />
Telefon: 0361/562 16 49<br />
Fax: 0361/601 37 46<br />
info@landesseniorenvertretungthueringen.de<br />
www.landesseniorenvertretung<br />
-thueringen.de<br />
Vorsitzende: Irene Ellenberger<br />
Zeitschriftenbeirat:<br />
Dr. Jan Steinhaußen , N. N.<br />
Redaktion: Mandy Mühle (Ge schäfts -<br />
führerin), Dr. Jan Steinhaußen (stellv.<br />
Vorsitzender)<br />
Redaktion Praxisberichte: Reinhild<br />
Rubin (Seniorenbüro)„55plus“/DRK<br />
Dammstraße 32, 07749 Jena,<br />
Tel.: 03641/40 01 84,<br />
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Layout und Satz: Dr. Kerstin Ramm, Grafik und<br />
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Lisa Gutsche, Günther Koniarcyk<br />
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6 oben, 7 oben und Mitte, 8-18, 21 unten,<br />
22: Mandy Mühle; S. 4 oben, 19-21 oben:<br />
Landsenioren; S. 5 unten u. 6 Mitte: Stiftung<br />
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