QM VQKP\ V]Z QV 1PZMV - Das WIR-Magazin im Gerauer Land
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Portrait (4)<br />
Populär über die<br />
Parteigrenzen hinweg<br />
Von Walter Keber, wkeber@t-online.de<br />
Anlässlich des 175jährigen Kreisjubiläums<br />
veröffentlichte der Rüsselshe<strong>im</strong>er Journalist<br />
Walter Keber, der von 1970 bis 2006 als<br />
Redakteur und Korrespondent für die<br />
„Frankfurter Rundschau“ in Wort und Bild<br />
über den Kreis Groß-Gerau berichtet hat,<br />
eine Sammlung von 123 Porträts. <strong>Das</strong> Buch<br />
ist – mit Unterstützung der Kreissparkasse<br />
Groß-Gerau, unter dem Titel „Gesichter &<br />
Geschichten aus dem Kreis Groß-Gerau“ <strong>im</strong><br />
Welzenbach Verlag, Groß-Gerau, erschienen<br />
(263 Seiten, 19,80 Euro) und <strong>im</strong> Buchhandel<br />
sowie den Sparkassen-Geschäftsstellen<br />
erhältlich. Mit freundlicher Genehmigung<br />
des Autors druckt „<strong>WIR</strong>. <strong>Das</strong> <strong>Magazin</strong>“ daraus<br />
einen Beitrag über den <strong>im</strong> Jahr 2000<br />
verstorbenen, ehemaligen Kreisstadt-Bürgermeister<br />
Karl Martin (Foto).<br />
Mit Leib und Seele war Karl Martin<br />
Bürgermeister der Kreisstadt Groß-<br />
Gerau – und das keineswegs nur,<br />
wenn er die Amtskette trug. Denn der Sozialdemokrat<br />
Martin war nahezu <strong>im</strong>mer für<br />
seine Stadt und ihre Menschen <strong>im</strong> Einsatz,<br />
war für sie persönlicher Ansprechpartner<br />
und Interessenvertreter auch nach außen.<br />
In seine Amtszeit von 1962 bis 1976 fielen<br />
wichtige Stationen der Entwicklung des<br />
Gemeinwesens. All dies machte ihn über<br />
Parteigrenzen hinweg populär. Er war ein<br />
Mann des Ausgleichs, von großer menschlicher<br />
Wärme und Bereitschaft, offen und<br />
ohne Scheuklappen auf Menschen zuzugehen.<br />
Über sich selbst und seinen Amtsstil<br />
sagte er einmal: Er wolle bei aller Nüchternheit<br />
„Opt<strong>im</strong>ist“ bleiben. Und gerade<br />
davon strahlte er auch <strong>im</strong>mer viel aus.<br />
Vor diesem Hintergrund ist auch Folgendes<br />
verständlich: Seine erste Amtsperiode<br />
hatte Karl Martin am 13. Januar 1962<br />
begonnen – nur mit den St<strong>im</strong>men der die<br />
absolute Mehrheit <strong>im</strong> Stadtparlament stellenden<br />
Sozialdemokraten gewählt. 1968<br />
erfolgte seine Wiederwahl durch die Stadtverordnetenversammlung<br />
einst<strong>im</strong>mig –<br />
ohne Enthaltungen. <strong>Das</strong>s dies <strong>im</strong> politisch<br />
eher unruhigen Jahr 1968 fraktionsübergreifend<br />
so über die Bühne ging, das galt<br />
vielen als Anerkennung der Leistungen<br />
sowie der menschlichen Art Karl Martins.<br />
Und so war es auch nach seinem Ausscheiden,<br />
als ihm der Titel eines Ehrenbürgermeisters<br />
zuerkannt wurde. Dabei war der<br />
am 16. Februar 1914 in Worms Geborene<br />
erst 1938 nach Groß-Gerau gekommen, um<br />
als gelernter Schlosser näher an seinem Arbeitsplatz<br />
bei Opel in Rüsselshe<strong>im</strong> zu sein<br />
und allzu lange Anfahrtswege zu sparen.<br />
Doch Zeit seines Lebens galt er später als<br />
der Vertreter Groß-Geraus, beispielsweise<br />
<strong>im</strong> Kreisausschuss, dem er ehrenamtlich<br />
angehörte.<br />
Schon früh hatte sich Karl Martin <strong>im</strong><br />
politisch linken Spektrum engagiert, war<br />
1931 zur Naturfreundejugend und ein<br />
Jahr später zur Sozialistischen Arbeiterjugend<br />
gestoßen. 1943 trat er als Soldat be<strong>im</strong><br />
Afrika-Korps an, geriet in Nordafrika in<br />
französische Gefangenschaft, die er in Tunesien<br />
ableistete. All dies formte ihn dahingehend,<br />
dass er nach dem Krieg einer der<br />
maßgeblichen Vertreter der Aussöhnung<br />
zwischen den Völkern durch Städtepartnerschaften<br />
wurde, wozu Groß-Gerau mit<br />
drei ausländischen Schwesterkommunen<br />
Pionierdienste <strong>im</strong> Kreisgebiet leistete.<br />
Weil Karl Martin die französische<br />
Sprache gut beherrschte, fiel ihm auch die<br />
sprachliche Verständigung leicht. Frankreich<br />
war zudem <strong>im</strong>mer so etwas wie seine<br />
stille Liebe. Als es vorübergehend einmal<br />
Probleme bei der Verschwisterung mit<br />
der französischen Stadt Brignoles gab, da<br />
nahm Karl Martin 1966 kurzerhand seinen<br />
Jahresurlaub und reiste hin, um erfolgreich<br />
das Eis zu brechen. Auch hier kam ihm wieder<br />
zustatten, dass er die <strong>Land</strong>essprache<br />
beherrschte. Ein bewegender Augenblick<br />
war 1969 für Bürgermeister Martin, als er<br />
für seine Stadt die europäische Ehrenfah-