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Überlegungen zu Adalbert Stifters Witiko als politischem Roman

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Mit diesem Erfolg <strong>Witiko</strong>s endet <strong>zu</strong>gleich der erste Band des <strong>Roman</strong>s, ein erster Höhepunkt<br />

ist erreicht, aus dem namenlosen Reiter ist ein sowohl bei den einfachen Leuten <strong>als</strong> auch dem<br />

Herzog hochgeschätzter Mann geworden. 122 Das Muster wiederholt sich in den folgenden<br />

zwei Bänden in ähnlicher Weise: in verschiedenen kritischen Situationen beweist <strong>Witiko</strong> dem<br />

Herzog seine Talente und seine Verlässlichkeit, wobei er stets auf die besondere Treue der<br />

ihm Untergebenen bauen kann, und steigt dabei in der Hierarchie der Mächtigen in Böhmen<br />

immer weiter auf. Sogar <strong>Witiko</strong>s einziges objektives Fehlverhalten – er lässt während der<br />

Belagerung Prags eine kleine gegnerische Truppe entkommen anstatt die Feinde gefangen <strong>zu</strong><br />

nehmen 123 – ist letztendlich ein „Dienst der Treue“ 124 , da die Entkommenen die Belagerer<br />

Prags vor Ankunft des kaiserlichen Heeres warnen und diese fliehen, bevor es eintrifft. Ein<br />

Kampf mit großem Blutvergießen wird so vermieden. Obwohl sein Plan aufgeht, begibt <strong>Witiko</strong><br />

sich widerstandslos in Gefangenschaft und erklärt sein Handeln vor einem Gericht, das<br />

dann auch nur ein mildes Urteil verhängt. 125<br />

Den formalen Mittelpunkt des <strong>Roman</strong>s stellt <strong>Witiko</strong>s Zusammentreffen mit seiner Mutter in<br />

Wien dar, in dem Potthast den Übergang von der Jugend in das Erwachsenenalter <strong>Witiko</strong>s<br />

sieht. 126 Im Gespräch reflektiert er das bisher Geschehene und berichtet von seinen Plänen,<br />

um Berthas Hand anhalten und eine Burg bauen <strong>zu</strong> wollen, die dann in den noch folgenden<br />

Teilen des <strong>Roman</strong>s umgesetzt und beschrieben werden und die „Entscheidung seiner Schicksale“<br />

127 markieren. Die abschließende Teilnahme <strong>Witiko</strong>s am zweiten Italien<strong>zu</strong>g Barbarossas<br />

1158–1162 sowie am Mainzer Reichstag an Pfingsten 1184 sind dramaturgisch nicht mehr<br />

unbedingt notwendig und bestätigen laut Geppert nur, wie genau Stifter <strong>Witiko</strong>s Aufstieg mit<br />

dem Böhmens verflochten hat. 128<br />

Die Erfahrungen, die <strong>Witiko</strong> im Lauf der Erzählung macht – man erinnere sich, er besieht<br />

jeden Sachverhalt immer mit eigenen Augen, um sich ein Urteil darüber <strong>zu</strong> bilden und keine<br />

voreiligen Schlüsse <strong>zu</strong> ziehen – lehren ihn, „wie Staats- beziehungsweise Rechts- und Gewissensfragen,<br />

wie Irdisches und Himmlisches ineinander greifen“ 129 . Da er auf diesem Weg die<br />

der Welt innewohnende Ordnung erkennt, kann er danach handeln und weil seine Taten so<br />

stets richtig sind, gewinnt er eine natürliche Autorität, die seinen Aufstieg befördert. Bezieht<br />

!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!<br />

122 Nach der Schlacht am Wysoka, <strong>als</strong>o kurz vor Ende des letzten Bandes, verspricht Wladislaw <strong>Witiko</strong>: „<strong>Witiko</strong>,<br />

wir rechnen noch einmal eigens für den heutigen Tag ab.“ und bringt damit <strong>zu</strong>m Ausdruck, dass er um dessen<br />

Verdienste in der Schlacht weiß und sie auch anerkennt (HKG 5,1, S. 309).<br />

123 Vgl. HKG 5,2, S. 90.<br />

124 Potthast, S. 229f.<br />

125 Vgl. HKG 5,2, S. 120.<br />

126 Es findet im zweiten Buch des zweiten Bandes statt, diese Stelle entspricht durch den symmetrischen Aufbau<br />

der drei Bände der Mitte des <strong>Roman</strong>s. Vgl. HKG 5,2, S. 225–233 und Potthast, S. 236.<br />

127 Geppert, S. 128.<br />

128 Vgl. ebd.<br />

129 Vgl. Czernin, S. 62.

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