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Überlegungen zu Adalbert Stifters Witiko als politischem Roman

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Sohn Wladislaw für den rechtmäßigen Nachfolger hält. Sein Rück<strong>zu</strong>g ist <strong>als</strong>o ein Kompromiss,<br />

um die momentane politische Situation in Böhmen mit seinen Ansichten verbinden <strong>zu</strong><br />

können.<br />

In der Abgeschiedenheit des Waldes kümmert sich <strong>Witiko</strong> um seine Besitztümer in Oberplan<br />

und dem Wangetschlag, ordnet seine Dinge und besorgt die Pflege seines Haushalts. Dabei<br />

hat er viel Kontakt mit den einfachen Leuten der Gegend und nimmt wie selbstverständlich an<br />

deren abendlichen Veranstaltungen teil, die oft auch in seinem Haus stattfinden. 112 In der Folgezeit<br />

besucht er die umliegenden Grundbesitzer und Herren, um sich mit ihnen vertraut <strong>zu</strong><br />

machen. Alle Nachbarn bringen ihm Respekt entgegen, den er ehrerbietig erwidert und so<br />

tauscht er sich mit ihnen über die alltäglichen Schwierigkeiten und Probleme aus, aber auch<br />

politische Ansichten werden diskutiert. 113 Dabei ist auffällig, dass <strong>Witiko</strong> bei jedem Besuch<br />

auf einen Turm oder eine sonstige Anhöhe steigt und von dieser erhöhten Position die Besitztümer<br />

seines Gastgebers überblickt. Er bewundert die jeweilige Ordnung, mit der Haushalt,<br />

Felder und Siedlungen geregelt sind 114 , und scheint dadurch gleichsam den Charakter dieser<br />

Menschen, die sich allesamt <strong>als</strong> ehrbar und sittlich ausweisen, <strong>zu</strong> ‚verstehen’.<br />

<strong>Witiko</strong>s geselliges und unprätentiöses Verhalten während seiner Zeit im böhmischen Wald<br />

legt damit den Grundstein für seinen späteren Aufstieg im Herzogtum. Wie Stifter in Der<br />

Staat beschrieben hat, zeichnet einen guten väterlichen Herrscher seine enge und besorgte<br />

Beziehung <strong>zu</strong> den Untertanen aus, er muss die Menschen und ihre Bedürfnisse kennen, damit<br />

er sie im besten Sinne führen kann und sie ihm auch vertrauen. 115<br />

Die sich bald darauf <strong>zu</strong>sammenbrauende Verschwörung gegen den neu gewählten Herzog<br />

Wladislaw lehnt <strong>Witiko</strong> ab. Er ist zwar <strong>zu</strong>m ersten Treffen der Lechen geladen, den folgenden<br />

bleibt er aber fern und sendet lediglich Boten aus, um sich über die Lage im Land <strong>zu</strong> informieren.<br />

116 Im darauffolgenden Frühjahr sammelt er schließlich die Männer des Waldes um<br />

sich und zieht los, „um <strong>zu</strong> sehen, was es ist, und daß ich dort helfe, wo ich es für recht erkenne.“<br />

117 Es ist typisch für <strong>Witiko</strong>, dass er die Dinge selbst sehen will, um sich eine Meinung <strong>zu</strong><br />

bilden. <strong>Witiko</strong>s Parteinahme für die Seite des gewählten Herzogs Wladislaw findet schließlich<br />

in einer Unterredung mit Wladislaw, dem Sohn des verstorbenen Herzogs Sobeslaw statt, der<br />

sich den Verrätern angeschlossen hat. Damit hat er in <strong>Witiko</strong>s Augen seinen Anspruch auf<br />

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112 Vgl. HKG 5,1, S, 170–183.<br />

113 Vgl. HKG 5,1, S. 187–221.<br />

114 Vgl. HKG 5,1, S. 196, 214 und 220.<br />

115 Vgl. HKG 8,2, S. 32f. und in diesem Zusammenhang auch Potthast, S. 221f.<br />

116 Vgl. HKG 5,1, S. 245.<br />

117 Ebd.

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