Linksliberale Enterhaken - PRuF
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MIP 2013 19. Jhrg. Rolf Winkelmann/Holger Onken/Jana Rogge – Talkshows und Parteien [...] Aufsätze<br />
Unsere Hypothese, dass die Partei Die Linke wegen<br />
der ihr gegenwärtig abgesprochenen Regierungsfähigkeit<br />
auf Bundesebene unterproportional<br />
eingeladen wird, konnte im Gegensatz zu<br />
den anderen Hypothesen nicht bestätigt werden.<br />
Im Gegenteil. Die Linke ist überproportional<br />
vertreten. Diese Repräsentanz zeigt sich auch in<br />
einzelnen Politikfeldern wie ‚Finanzen‘. Neben<br />
einer anderen Wahrnehmung durch die einladenden<br />
Redaktionen können auch die rhetorischen<br />
Fähigkeiten der bekannten Vertreter Oskar Lafontaine,<br />
Sarah Wagenknecht und Gregor Gysi<br />
als Begründung herangezogen werden, um die<br />
relativ häufige Teilnahme der Partei zu erklären.<br />
Den Dreien gelingt es, innerhalb der Sendungen<br />
mit zugespitzten Bemerkungen, aber diametral<br />
zum parteipolitischen Mainstream entgegenstehende<br />
Alternativen zu polarisieren und zu unterhalten.<br />
Es sei dahingestellt, ob der Unterhaltungswert<br />
von Lafontaine, Wagenknecht und<br />
Gysi ausschlaggebend ist, oder der Wunsch der<br />
Redaktionen ein ausgewogeneres Meinungsbild<br />
zu präsentieren. Ganz von der Hand zu weisen<br />
ist der Unterhaltungsansatz aber nicht. Was sich<br />
in der Vertretung der Linken widerspiegelt, ist<br />
die Konkurrenz im Bereich Arbeit bzw. Soziales<br />
zur SPD. Durch die teilweise paritätische Anwesenheit<br />
in den Sendungen wird diese Einschätzung<br />
gestützt.<br />
Auch die Hypothese, dass die Parteien entsprechend<br />
der ihnen zugesprochenen Label teilnehmen,<br />
die Redaktionen also den kognitiven Heuristiken<br />
folgen, kann überwiegend bestätigt werden.<br />
Besonders deutlich wird dies, wenn man die<br />
Ergebnisse bei den Grünen beachtet. Bei der<br />
SPD ist das Label zwar noch deutlich zu erkennen,<br />
doch muss hier beachtet werden, dass die<br />
SPD eine Kanzlerpartei im Wartestand ist und<br />
deshalb auch die anderen Bereiche mit abdeckt.<br />
Insgesamt kann von einer relativ ausgewogenen<br />
Repräsentation der Parteien in den Talkshows<br />
von ARD und ZDF, die der Rangfolge der Stärkeverhältnisse<br />
im Bundestag entspricht, gesprochen<br />
werden. Festzuhalten ist aber, dass die einzelnen<br />
Talkshows diese Repräsentation nicht widerspiegeln.<br />
Bei ‚Hart aber Fair‘ zeigt sich die<br />
größte Abweichung, weil die Partei Die Linke<br />
kaum berücksichtigt wird. Andersherum findet<br />
sich die Partei bei Anne Will und Günther Jauch<br />
wiederum sehr häufig. Diese Differenzen wären<br />
nur durch Analysen des Verhaltens der Redaktionen<br />
zu erklären. Eine strukturelle Bevorzugung<br />
oder Benachteiligung einzelner Bundestagsparteien<br />
kann bezogen auf die Gesamtheit<br />
der Talkshows kaum, aber mit Blick auf die einzelnen<br />
Sendungen festgestellt werden. Weiterer<br />
Forschungsbedarf besteht vor allem hinsichtlich<br />
der Redaktionen, die für diesen Aufsatz eine<br />
nicht berücksichtigte Black Box darstellen.<br />
Verwendete Literatur<br />
Butzlaff, Felix & Micus, Matthias (2011): Mao<br />
in Berlin? Die SPD auf der Suche nach einem<br />
neuen Projekt. In: Butzlaff, Felix; Micus, Matthias;<br />
Walter, Franz: Genossen in der Krise? Europas<br />
Sozialdemokratie auf dem Prüfstand. S. 11-30.<br />
Cox, Gary W. (1998): Making votes count. Strategic<br />
coordination in the world’s electoral systems.<br />
Cambridge University Press.<br />
Hague, Rod & Harrop, Martin (2007): Comparative<br />
government and politics. An introduction.<br />
Houndmills.<br />
http://www.forschungsgruppe.de/Umfragen/<br />
Politbarometer/Langzeitentwicklung_-_Themen<br />
_im_Ueberblick/Wirtschaft/#WirtschKomp<br />
http://www.infratest-dimap.de/umfragenanalysen/bundesweit/ard-deutschlandtrend/<br />
2009/dezember/<br />
http://www.infratest-dimap.de/umfragenanalysen/bundesweit/ard-deutschlandtrend/<br />
2005/august-iii/<br />
Jun, Uwe (2004): Der Wandel der Parteien in<br />
der Mediendemokratie. SPD und Labour Party<br />
im Vergleich. Wiesbaden.<br />
Korte, Karl-Rudolf & Fröhlich, Manuel (2006):<br />
Politik und regieren in Deutschland. 2. überarbeitete<br />
Auflage. Paderborn.<br />
Lau, Richard R. & Redlawsk, David P. (2006):<br />
How voters decide. Information processing during<br />
election campaigns. Cambridge University Press.<br />
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