Linksliberale Enterhaken - PRuF
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Aufsätze Rolf Winkelmann/Holger Onken/Jana Rogge – Talkshows und Parteien [...] MIP 2013 19. Jhrg.<br />
um einzelne Sachfragen zwischen Parteivertretern<br />
an die Stelle tief greifender weltanschaulicher<br />
Konflikte zwischen den Parteien getreten<br />
sind. Zudem würde sich der Schwerpunkt innerhalb<br />
der medialen politischen Auseinandersetzung<br />
zunehmend von den Inhalten weg, hin zu<br />
Elementen der Unterhaltung und der Personalisierung,<br />
verschieben (Schulz & Zeh 2006). Ein<br />
wesentlicher Aspekt des Wandels der Rolle der<br />
Medien in den letzten Jahrzehnten kann anhand<br />
des Verhaltens der medialen Akteure aufgezeigt<br />
werden: In der „Mediokratie“ beobachten weniger<br />
die Journalisten die Politiker distanziert und<br />
kritisch, es ist zunehmend umgekehrt, die Politiker<br />
beobachten die Medien, um diese als Mittel<br />
der Selbstdarstellung und zur Vermittlung des<br />
politischen Angebots der eigenen Partei zu nutzen.<br />
Durch die daraus folgende Anpassung der<br />
Politik an die medialen Normen und damit an<br />
die Erwartungen von Redakteuren und Journalisten,<br />
hat sich eine symbiotische Beziehung zwischen<br />
Politik und Medien entwickelt (Wiedemann<br />
2004: 335). Die Parteien sind entsprechend darauf<br />
angewiesen, dass die Medien ihnen die Möglichkeit<br />
bieten, ihr Personal und ihre Programmatik<br />
zu präsentieren. Das gilt natürlich auch für<br />
die Einladungsmuster der Redaktionen politischer<br />
Talkshows.<br />
Die politischen Talkshow-Formate sind ein Mittel<br />
für die Öffentlich Rechtlichen Rundfunkanstalten,<br />
ihren Funktionen der Politik- und Informationsvermittlung<br />
und der Herstellung von Öffentlichkeit<br />
nachzukommen (Rhomberg 2009).<br />
Als ein Element der Mediendemokratie (Korte &<br />
Fröhlich 2006) bieten Talkshows den Parteien<br />
die Möglichkeit, mangelnde programmatische<br />
Differenzen allein durch Zuspitzungen und Inszenierungen<br />
ihrer Vertreter als wichtige Kommunikationsprinzipien<br />
Bürgern außerhalb der<br />
Mitgliedschaft zu kommunizieren (Korte &<br />
Fröhlich 2006). Ihre Bedeutung für den politischen<br />
Wettbewerb ist jedoch schwer einzuschätzen.<br />
Qualitative Analysen der Argumentationsweise<br />
von Politikern in politischen Talkshows<br />
zeigen jedoch, dass die negative Darstellung des<br />
politischen Gegners gegenüber einer positiven<br />
Darlegung der eigenen Kompetenzen im Vordergrund<br />
steht (Maurer 2009: 168f.). Dies spricht<br />
dafür, dass solche Talkshows im Hinblick auf<br />
Wahlen eher die Funktion haben, die eigene Anhängerschaft<br />
zu mobilisieren als unentschlossene<br />
Wähler zu überzeugen.<br />
Die angeführten Zusammenhänge legen nahe,<br />
dass Politiker im medialen Prozess einerseits als<br />
Unternehmer in eigener Sache agieren und andererseits<br />
als Agenten ihrer Partei. Noch wichtiger<br />
für unsere Untersuchung ist jedoch, dass die Medienmacher<br />
selbst ein Stück weit zum politischen<br />
Akteur werden. Aus der Machtposition der<br />
Talkshowredaktion bei der Themensetzung und<br />
der „Einladungspolitik“ ergibt sich für die Parteienforschung<br />
und die politische Kommunikationsforschung<br />
die Fragestellung, nach welchen<br />
Kriterien die Medien ihre Gesprächspartner auswählen.<br />
Die Möglichkeit der Redaktionen, die<br />
Themen ihrer Sendungen festzulegen und die<br />
parteipolitische Zusammensetzung der Talkrunden<br />
zu bestimmen, unterstreicht die Macht, die<br />
einigen Medienvertretern zukommt. Aus der<br />
Machtposition der Talkshowredaktionen ergeben<br />
sich für uns zwei Fragen: Erstens, werden die<br />
Parteivertreter entsprechend ihrer Repräsentation<br />
im Bundestag eingeladen? Und zweitens, erfolgen<br />
die Einladungen der parteipolitischen Vertreter<br />
nach der Themensetzung, indem die Parteien<br />
entsprechend ihrer Kernkompetenzen eingeladen<br />
werden? Um die zweite Frage zu analysieren,<br />
ist eine entsprechende Zuordnung dieser<br />
Kompetenzen notwendig.<br />
3. Heuristiken und Kernkompetenzen von Parteien<br />
Betrachtet man politische Talkshows als ein Element,<br />
das über die politische Willensbildung der<br />
Bürger den politischen Wettbewerb beeinflusst,<br />
stellt sich die Frage, wie die Bürger die von den<br />
Parteien vertretenen Positionen wahrnehmen und<br />
bewerten. Ein wichtiger Ansatz hierfür ist der<br />
aus der Psychologie übernommene Ansatz der<br />
kognitiven Heuristik (Lau & Redlawsk 2009).<br />
Die programmatischen Kernkompetenzen der<br />
Parteien sind eng mit deren Genese verbunden.<br />
Entlang der in der gesellschaftlichen Tiefenstruktur<br />
verankerten Konflikte (Cleavages), haben<br />
sich langfristige Koalitionen zwischen sozia-<br />
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