Linksliberale Enterhaken - PRuF
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Aufsätze Nicole Berbuir – Das politische Selbstverständnis von Mitgliedern rechtspopulistischer Parteien [...] MIP 2013 19. Jhrg.<br />
schen Bevölkerung vorhanden sind. 15 Verschärft<br />
wird diese Zustimmung, wie an den zahlreichen<br />
Neugründungen von Bürgerinitiativen ersichtlich<br />
wird, wenn es um islamfeindliche Einstellungen<br />
geht. Mit diesem Wissen lassen sich auch die<br />
Antworten der hier Befragten leicht in Zusammenhang<br />
mit dem Verständnis als Retterpartei<br />
für die bürgerliche Mitte einordnen. Herr A dazu:<br />
„Die Frage ist einfach, wann kann ((...)) es<br />
schaffen, dass die Menschen die Hemmungen<br />
verlieren ihre wirkliche Meinung zu sagen.“ Es<br />
stellt für ihn, wie auch für die anderen Gesprächspartner<br />
eine Selbstverständlichkeit dar,<br />
dass die von ihnen vertretenen Ansichten denen<br />
eines Großteils der Bevölkerung entsprechen.<br />
Die Ansicht, das Sprachrohr der Bevölkerung zu<br />
sein, aber Wahlergebnisse im niedrigen einstelligen<br />
Bereich zu erreichen, sind von außen betrachtet<br />
zwei weit voneinander entfernte Standpunkte.<br />
Herr B erklärt sich diesen Umstand<br />
durch verschiedene Faktoren, nicht aber über die<br />
fehlende Akzeptanz in der Bevölkerung. Diese<br />
„ist riesengroß. Sonst würde ich es nicht machen.<br />
Ich bin so ein Mensch, ich brauche viel<br />
Anerkennung. Die ist enorm da. Ich wundere<br />
mich immer bei den Wahlergebnissen, das waren<br />
5,4%, das ist ja eine Menge, wenn sie im Prinzip<br />
von den Medien komplett geblockt werden. Beziehungsweise<br />
da richtige Kampagnen ertragen<br />
müssen. Bis hin, heute behaupte ich, ich schließe<br />
Wahlfälschung da nicht aus. Sage aber auch ganz<br />
ehrlich, schauen sie sich mal an die Wahlbeteiligung.<br />
Uns stimmen da viele zu, aber die sind so<br />
enttäuscht, die gehen gar nicht mehr zur Wahl.<br />
Das ist auch mit ein Fehler von uns, wir müssten<br />
mehr denn die Zustimmung ist sehr sehr groß.“<br />
Diese Art der Zustimmung leiten die Befragten<br />
aus ihrer alltäglichen Parteiarbeit vor Ort ab.<br />
Herr A erläutert anhand eines Beispiels einen<br />
weiteren Grund für die Diskrepanz zwischen<br />
Wahlergebnissen und wahrgenommener Akzeptanz.<br />
„Ich bin auch ein Mensch, der sehr die,<br />
also in der Partei gibt es sehr viele, die die Familie,<br />
die klassische Familie eben mehr schätzen.<br />
15<br />
Vgl. Klein Anna/ Heitmeyer, Wilhelm (2012): Demokratie<br />
auf dem rechten Weg? Entwicklungen rechtspopulistischer<br />
Orientierungen und politischen Verhaltens in den<br />
letzten zehn Jahren, in: Heitmeyer, Wilhelm (Hrsg.)<br />
(2012): Deutsche Zustände Folge 10, Berlin, S. 87-104.<br />
Und es gibt viele in der Gesellschaft, die das<br />
glaube ich auch noch wollen. Aber man wird ja<br />
so übergangen mit der modernen Welt und dann<br />
doch keine Familie, wie auch immer, dass viele<br />
sich da zurückhalten, und das einfach tolerieren<br />
und in Wirklichkeit schon also, um die Frage zu<br />
beantworten: in der Gesellschaft, wie soll ich das<br />
sagen, ich denke über 50% der Gesellschaft neigt<br />
schon dazu [die Partei und ihre Standpunkte zu<br />
akzeptieren, NB]. Die schweigende Mehrheit,<br />
denke ich, ist schon hinter uns.“ Es ist nach diesem<br />
Verständnis ein Problem eines allgemeinen<br />
gesellschaftlichen Drucks, der das Ergebnis zu<br />
Ungunsten der eigenen Partei verzerrt. Deshalb<br />
Herr A weiter: „Das Problem ist nur, dass man<br />
das stark weiter der Bevölkerung vorleben muss,<br />
dass man das wirklich so meint und nicht anders<br />
und nicht so wie man das uns unterstellt. Und<br />
das ist der schwierige Grat. Da muss man die<br />
Bevölkerung erreichen. Dann kann man auch<br />
mal, ich sag mal, wir sind eine Partei, wir könnten<br />
schon eine Volkspartei werden, mit 50%,<br />
mehr vielleicht nicht, aber ein bisschen schon.“<br />
Es sind demnach nicht zu extreme Positionen,<br />
die seine Partei von Wahlerfolgen abhalten, sondern<br />
der Druck in Form von Idealen, die sich in<br />
der Gesellschaft durch Modernisierungszwänge<br />
ergeben. Der Interviewte schätzt nicht nur die<br />
Akzeptanz gegenüber seiner Partei extrem hoch<br />
ein, er vermutet, dass es sich um eine potentielle<br />
Volkspartei handelt, wenn die Wähler ohne die<br />
eben erwähnten Zwänge entscheiden würden. 16<br />
National statt Multikulti<br />
Eine Trennlinie zwischen Rechtspopulisten und<br />
Rechtsextremen zu ziehen scheint vor allem dann<br />
schwierig, wenn es um Fragen der nationalen<br />
Identität, Einwanderung und den Islam geht. 17 Es<br />
soll deshalb die Argumentation der Befragten<br />
nachvollzogen werden, um diese, im politischen<br />
16<br />
Canovan, Margaret (1999): Trust the People! Populism<br />
and the Two Faces of Democracy, in: Political Studies,<br />
Vol. 47 H.1, S. 2-16.<br />
17<br />
Mudde, Cas (2007): Populist Radical Right Parties in<br />
Europe, S. 31; Klein, Anna/ Heitmeyer, Wilhelm<br />
(2012): Demokratie auf dem rechten Weg? Entwicklungen<br />
rechtspopulistischer Orientierungen und politischen<br />
Verhaltens in den letzten zehn Jahren, S. 88f.<br />
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