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Linksliberale Enterhaken - PRuF

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MIP 2013 19. Jhrg. Nicole Berbuir – Das politische Selbstverständnis von Mitgliedern rechtspopulistischer Parteien [...] Aufsätze<br />

Herr D, der vorher bereits einer rechtspopulistischen<br />

Partei angehörte, entschied sich nach einem<br />

politischen Schwenk in dieser Partei, dass<br />

seine Einstellung dort nicht mehr repräsentiert<br />

werden konnte: „die ((...)) hat einen Rechtsschwenk<br />

vollzogen, nach dem Abwählen von<br />

((...)) als Vorsitzender. Und diesen Rechtsschwenk<br />

habe ich dann nicht mehr mitgemacht.“<br />

Weniger eindeutig schildert Herr B die Entscheidungsphase.<br />

Zusammenfassend kann diese bei<br />

ihm als eine Mischung aus der Unzufriedenheit<br />

mit dem politischen Kurs, mit den innerparteilichen<br />

Strukturen und letztlich mit der Verweigerung<br />

der Zusammenarbeit von parteilicher Seite<br />

dargestellt werden. Besonders belastend war für<br />

den erfolgreichen Kommunalpolitiker die Bereitschaft<br />

seiner Parteikollegen, „den Bürger“ zu belasten:<br />

„Das war natürlich ein Teil an Unzufriedenheit,<br />

(…) wir können so weitermachen, aber<br />

wir müssen natürlich den Bürger dann weiter so<br />

belasten.“ Während aus der Sicht von Herrn B<br />

diese Bereitschaft ungebremst war, wurde die<br />

Bereicherung der eigenen Reihen auf „unanständige“<br />

Weise vorangetrieben. So erinnert er sich<br />

an diese politische Praxis, „weil man dadurch<br />

natürlich auch Chancen hatte, sehr viele Leute in<br />

Ämter zu bringen, die nicht überflüssig, aber unanständig<br />

sind. Wir haben bei uns in ((...)) bestimmt<br />

dreißig Personen, die zum Einflussbereich<br />

der Stadt gehören, die mehr verdienen als<br />

der Bundeskanzler. Das ist kein Sozialneid, den<br />

ich jetzt hier bringe, es soll jeder sein Geld verdienen,<br />

aber das ist unanständig. Das hätte ich<br />

vorher auch alles mit Beamten machen können.<br />

Die hätten dann schon Spitzengehälter bekommen,<br />

das ist ja auch in Ordnung, sollen sie nur<br />

machen. Dann hat man das auch noch ausgeweitet,<br />

da hat man gesagt, aha, das ist Neid, wenn<br />

man wirklich sagte, wo geht das noch hin.“ Diese,<br />

für Herrn B unhaltbaren, Zustände haben ihn<br />

zu einem Umdenken bewegt. Ohne dass er es anfänglich<br />

als Wechselentscheidung wahrgenommen<br />

hat, schaute er sich nach politischen Alternativen<br />

um. Gefunden hat er diese in Form einer<br />

kommunalen rechtspopulistischen Bewegung,<br />

die seinen Bedürfnissen weit mehr entsprach, als<br />

dies bei der Partei der Fall war, in der er lange<br />

Jahre politisch sehr aktiv war: „(D)a kam ich<br />

dann mit solchen Sachen in Berührung, ich<br />

merkte das gar nicht, diese Gedanken infiltrierten<br />

mich natürlich und ich war natürlich automatisch<br />

der Störenfried.“ Zu diesen Gedanken gehörten<br />

in seinem Fall das Aufbegehren gegen<br />

eine geplante Moschee sowie eine Politik, die<br />

sich, aus Sicht des Herrn B, nicht von der Bevölkerung<br />

entfernt hat: „Dann merkt man wie weit<br />

die Politik weg ist mit dem was man Bürger<br />

nennt. Der an sich was erwirtschaftet in seinem<br />

Metallbetrieb, mit seinen 20 Mitarbeitern, der<br />

Einzelhändler vor Ort. Da gibt es gar keine<br />

Kommunikation mehr.“ Herr B beschreibt eine<br />

Entfremdung, die sowohl auf der Seite seiner alten<br />

Partei als auch bei sich persönlich festzustellen<br />

war. Zum einen fällt er als „Störenfried“ auf,<br />

zum anderen wächst seine eigene Unzufriedenheit<br />

über korruptes Verhalten und fehlende politische<br />

Integrität. Seine Unzufriedenheit steigt<br />

stetig, bis zu dem Entschluss zu einem Parteiaustritt.<br />

Für ihn hat der Wechsel in eine rechtspopulistische<br />

kleine Partei sofort eine positive<br />

Wirkung: „Ich war immer der Meinung, du bist<br />

in einer Partei, das ist deine Überzeugung und<br />

überall sagte man mir richtig so. Und dann gab<br />

es halt hier ((...)), dann habe ich das gemacht<br />

und hatte hier direkt einen guten Einstand. Und<br />

habe hier gemerkt, dass man das sehr schätzt das<br />

Engagement. (…) Hier ist man auch sehr vernünftig.<br />

Man versteht etwas von Organisation.<br />

Das heißt auch ein selbst sich zurück fahren.“<br />

Vernünftige Entscheidungen und die Wertschätzung<br />

für seinen Einsatz sind die Faktoren, die<br />

Herrn B sofort haben wissen lassen, dass er die<br />

richtige Entscheidung getroffen hat. Was in seiner<br />

alten Partei durch Bürokratie und, aus seiner<br />

Sicht, falsche politische Einstellungen verhindert<br />

wurde, wird jetzt honoriert. In seiner neuen politischen<br />

Heimat hat man für ihn nicht den Bezug<br />

zur Realität verloren.<br />

Warum die Mitte?<br />

In Abhängigkeit davon, welcher Studie man<br />

folgt, ließe sich selbst bei sehr streng angelegten<br />

Kriterien der Schluss ziehen, dass rechtspopulistische<br />

Einstellungen bei einem Zehntel der deut-<br />

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