Linksliberale Enterhaken - PRuF
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Aufsätze Nicole Berbuir – Das politische Selbstverständnis von Mitgliedern rechtspopulistischer Parteien [...] MIP 2013 19. Jhrg.<br />
schaftlichen Verwendung und Bestimmung und<br />
dem Verständnis, welches bei der zitierten Partei<br />
als Maßstab angesetzt wird. So spielt zum einen<br />
die fehlende Trennung innerhalb des rechten<br />
Spektrums eine Rolle und zum anderen eine inhaltliche<br />
Beliebigkeit, die auf die Begriffsverwendung<br />
in den Medien als politischer Kampfbegriff<br />
zurückgeführt werden kann. 14<br />
Zusammenfassend lässt sich sowohl aus den Interviews<br />
als auch aus der schriftlichen Positionierung<br />
festhalten, dass der Begriff rechtspopulistisch<br />
in Deutschland als Selbstbeschreibung<br />
bei den Mitgliedern keine Verwendung findet.<br />
Lediglich um sich von noch unliebsameren Formen<br />
entweder aus dem extremen Spektrum oder<br />
den etablierten Parteien abzugrenzen, stößt die<br />
Kategorie auf ein gewisses Maß an Akzeptanz.<br />
Der Wechsel<br />
Herr A begründet seine Entscheidung durch inhaltliche<br />
Aspekte, die für ihn in seiner vorherigen<br />
Partei nicht aufgegriffen oder in eine falsche<br />
Richtung gelenkt wurden. Im Anfangsstadium<br />
seiner Entscheidungsfindung stand lediglich fest,<br />
dass er die Partei wechseln wollte, allerdings<br />
noch nicht in welche Richtung dieser Wechsel<br />
ihn führen würde: „Es gab eine längere Zeit. Es<br />
waren mehrere Dinge. Erstens habe ich mich<br />
über viele Machenschaften aufgeregt. Der erste<br />
Gedanke war eigentlich eher der Linkspartei<br />
ähnlich gehend, dass ich mich über diesen, wie<br />
soll ich sagen, schon negativ laufenden Kapitalismus<br />
störe. Ich bin weiß Gott kein Antikapitalist<br />
oder jemand der findet, dass Leistung nicht<br />
mit Geld belohnt werden soll, aber die Preistreiberei<br />
und der Euro, das sind alles Dinge die<br />
mich haben kritisch werden lassen. So zwei Jahre<br />
bevor ich zu ((...)) kam wurde ich immer kritischer<br />
und habe immer mehr hinterfragt. Ist das<br />
denn so gut mit dem Euro?“ In dieser Phase<br />
schien Herr A noch allen Alternativen offen gegenüber<br />
zu stehen. Erst nachdem eine weitere<br />
Komponente diese Unzufriedenheit ergänzte,<br />
entschied sich Herr A für den Wechsel zu einer<br />
14<br />
Rensmann, Lars (2006): Populismus und Ideologie, in:<br />
Decker, Frank (Hrsg.): Populismus. Gefahr für die Demokratie<br />
oder nützliches Korrektiv?, Wiesbaden, S. 59.<br />
rechtspopulistischen Partei vor Ort. „Und dann<br />
natürlich, ganz klar, gewisse Dinge habe ich gar<br />
nicht gewusst, nicht gekannt. Zum Beispiel die<br />
Islamisierung, die Moscheen, dass es das gibt<br />
schon, aber wie viel habe ich nur durch ((...)) erfahren.<br />
Das war für mich auch ein Grund. Ich<br />
habe ja gesehen, an der Bevölkerung, dass immer<br />
mehr Ausländer in Deutschland leben. Aber das<br />
nimmt man erst mal als interessant, spannend<br />
wahr.“ Die Partei zu der Herr A gewechselt ist,<br />
konnte ihn durch das Thema der „Islamisierung“<br />
überzeugen. Hier verbindet der Befragte die vermeintlich<br />
objektiven Informationen durch die Partei<br />
mit seiner Alltagswahrnehmung und seinen<br />
Unmut darüber, „dass immer mehr Ausländer in<br />
Deutschland leben.“ Entscheidend war somit, dass<br />
diese Partei genau das aufgegriffen hat, was Herr<br />
A in seinem Alltag als störend aufgefallen ist und<br />
dass es sich hierbei um ein Thema handelte, was<br />
er bei anderen Parteien vermisste.<br />
Bei Herrn C spielt das Motiv des sich zur Wehr<br />
setzen eine große Rolle bei der Entscheidung in<br />
eine rechtspopulistische Partei zu wechseln. Bei<br />
ihm ist ein ähnliches Motiv wie bereits bei Herrn<br />
A zu erkennen, indem die neue Partei Themen<br />
aufgreift, die von anderen gemieden werden:<br />
„Auf der einen Seite, dass generell nicht davor<br />
gescheut wird, in die Öffentlichkeit zu gehen<br />
und da Problematiken anzusprechen. Das war<br />
damals bei ((...)) anders, da hat man es eher ein<br />
bisschen gescheut, in die Öffentlichkeit zu gehen.<br />
Wir hatten jetzt in ((...)) eine Kundgebung,<br />
das war in ((...)) seit ((...)) die nächste, also da<br />
gab es vier Jahre praktisch gar keine Kundgebung<br />
oder öffentliche Aktion und das hat mich<br />
eigentlich angesprochen. Dass man davor nicht<br />
scheut, auch vor den Gegenreaktionen (...). Und<br />
jetzt durch die Salafisten lässt man sich ja auch<br />
nicht einschüchtern und das hat eigentlich gezeigt,<br />
dass ich hier schon richtig bin.“ Es ist<br />
nicht nur die Thematisierung von sonst gemiedenen<br />
Aspekten, sondern der öffentliche Protest.<br />
Darüber hinaus ist Herr C sichtlich von der Haltung<br />
gegenüber politisch anders Positionierten<br />
begeistert. Für ihn war der ausschlaggebende<br />
Grund die Mischung aus öffentlichem Protest<br />
und der Beständigkeit gegenüber Kritik von politischen<br />
Gegnern.<br />
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