Linksliberale Enterhaken - PRuF
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MIP 2013 19. Jhrg. Nicole Berbuir – Das politische Selbstverständnis von Mitgliedern rechtspopulistischer Parteien [...] Aufsätze<br />
Sichtweise spiegelt sich auch in den Interviews<br />
in der heterogenen Begriffsverwendung wider,<br />
mit denen die Befragten ihre politische Position<br />
benennen. Dabei reicht das Spektrum der Antworten<br />
bei Herrn A von „rechtsdemokratisch“<br />
und „modern konservativ“ bis zu „national-liberal“<br />
und „freiheitlich“ bei Herrn C. Ebenso vertreten<br />
wird die Ansicht, dass man sich ganz<br />
schlicht „in der politischen Mitte“ sieht. In diesen<br />
sehr unterschiedlichen Antworten von Parteimitgliedern,<br />
die der Theorie nach einer Familie<br />
angehören, ist die Zersplitterung der Gruppe enthalten,<br />
aber auch die Schwierigkeit, Grenzen<br />
und Formen des Rechtspopulismus genau zu definieren.<br />
Die Interviewpartner präferieren Bezeichnungen,<br />
die noch nicht von bereits bestehenden<br />
größeren Parteien besetzt sind und unterstreichen<br />
damit die ablehnende Haltung gegenüber<br />
dem bestehenden politischen Establishment.<br />
11<br />
Trotz der ablehnenden Haltung gegenüber der<br />
Bezeichnung, sehen alle Interviewpartner einen<br />
klaren Vorteil in der Kategorie, wenn sie abgrenzend<br />
zur rechtsextremen Szene fungiert. So versteht<br />
Herr A die Bezeichnung „(e)her positiv,<br />
weil man uns ja doch mehr als eine rechtsextreme<br />
Splitterpartei bezeichnet. Und da ist man ja<br />
froh wenn man hört, rechtspopulistische Bürgerbewegung.“<br />
Herr A sieht diesen Vorteil im direkten<br />
Vergleich und kann sich dadurch situativ mit<br />
der Einordnung als Mitglied einer rechtspopulistischen<br />
Bürgerbewegung zufriedenstellen. Herr<br />
C erkennt zwar ebenfalls den Vorteil der Abgrenzung<br />
gegenüber anderen Randgruppen, korrigiert<br />
den Begriff rechtspopulistisch aber dennoch:<br />
„Rechtspopulistisch klingt positiver als andere<br />
Begriffe, die es früher gab, wie rechtsextrem<br />
oder rechtsextremistisch. Deswegen haben wir<br />
nichts gegen die Bezeichnung. (...) Bezeichnen<br />
uns selbst aber bei ((...)) als freiheitlich.“<br />
Die Beschreibung wird nicht nur wegen des abgrenzenden<br />
Effekts, sondern auch dann als positiv<br />
wahrgenommen, wenn damit eine außerordentliche<br />
Volksnähe zum Ausdruck gebracht<br />
werden soll. Für Herrn A ist diese Bedeutung,<br />
die das Wort eigentlich mit sich bringt, eine<br />
11<br />
Pfahl-Traughber, Armin (1994): Volkes Stimme?<br />
Rechtspopulisten in Europa, Bonn, S. 22f.<br />
selbstverständliche Einordnung für einen Demokraten<br />
12 : „Wenn sie das Wort Populismus googeln,<br />
dann ist das nichts anderes als auf die Masse<br />
ausgerichtet etwas zu vertreten. Und im Sinne<br />
der Demokratie richte ich mich als Demokrat danach,<br />
was die Masse mag und dann nehme ich das<br />
auch auf.“ Einen weiteren positiven Effekt des<br />
Begriffs stellt Herr B heraus. Er verwendet die<br />
Beschreibung rechtspopulistisch besonders dann,<br />
wenn er die eigene Partei in einen europäischen,<br />
durch Erfolg ausgezeichneten Kontext stellt:<br />
„Dass man das als Bewegung nennt und dass man<br />
sagt, das ist ein großer Erfolg für die rechtspopulistische<br />
Bewegung, und kann dann dort den<br />
Flaams Belang, die FPÖ mit rein beziehen, durchaus,<br />
wenn etwas ein Erfolg war, kann man es so<br />
benennen.“ Als Selbstbeschreibung kommt die<br />
Bezeichnung bei den Befragten kaum in Frage,<br />
allerdings gibt es durchaus Situationen, in denen<br />
sie nicht als durchweg negativ angesehen wird. 13<br />
Insgesamt negativer fällt die Haltung gegenüber<br />
der Einordnung in den schriftlichen Stellungnahmen<br />
der Parteien aus: „Die Bezeichnung 'rechtspopulistisch'<br />
für BIW lehnen wir ab. Dieser Begriff<br />
ist in der öffentlichen Wahrnehmung eindeutig<br />
negativ konnotiert und wird vorzugsweise<br />
von Vertretern des linken Spektrums im politischen<br />
Meinungskampf verwendet, um Andersdenkende<br />
zu diskreditieren bzw. in die Nähe des<br />
Rechtsextremismus zu rücken. Diese Strategie<br />
wird durch den Umstand begünstigt, dass der<br />
Terminus in der Politikwissenschaft nicht einheitlich<br />
definiert ist und deshalb eine relativ<br />
große Interpretationsoffenheit aufweist. Einige<br />
Autoren rechnen rechtspopulistische Parteien der<br />
rechtsextremen Szene zu. (…) Im Gegensatz zu<br />
populistischen Bewegungen richtet sich die Politik<br />
von BÜRGER IN WUT nicht gegen die Institutionen<br />
des demokratischen Rechtsstaates, sondern<br />
gegen die dominierende Rolle der Parteien<br />
in Staat und Gesellschaft.“ Hier zeigt sich die<br />
große Diskrepanz zwischen der politikwissen-<br />
12<br />
Zu der möglichen Ambiguität des Begriffs siehe: Robert,<br />
Anne-Cécile (2005): Das Verhältnis zwischen den<br />
etablierten politischen Parteien und den populistischen<br />
Bewegungen, S. 59.<br />
13<br />
Zur Selbstrechtfertigung durch die Verwendung des<br />
Begriffs Rechtspopulismus vgl.: Decker, Frank (2004):<br />
Der neue Rechtspopulismus, Opladen, S. 21.<br />
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