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Linksliberale Enterhaken - PRuF

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Aufsätze Nicole Berbuir – Das politische Selbstverständnis von Mitgliedern rechtspopulistischer Parteien [...] MIP 2013 19. Jhrg.<br />

diese während der Erhebungsphase abgebrochen<br />

wurde. Bei den Interviewten handelt es sich<br />

durchgehend um die Träger mehrerer Ämter.<br />

Dies geht auf die Entscheidungen der Parteien<br />

zurück und beruht nicht auf einer Auswahl der<br />

Autorin. Im vorliegenden Fall ist die einseitige<br />

Selektion aber nicht störend für die Analyse, da<br />

es mit besonderer Betonung um biografische Beweggründe<br />

und eine subjektive Einschätzung der<br />

Situation geht, die zusammengefasst zu einer zusätzlichen<br />

Erläuterung der Parteienfamilie führen<br />

sollen.<br />

Durch Darstellung der Wechselgründe und die<br />

Konfrontation mit der zugeschriebenen Kategorie<br />

des Rechtspopulismus soll nachgezeichnet<br />

werden, wie die Mitglieder sich und ihre Parteizugehörigkeit<br />

erleben. 6 Es wurde keine Vorgabe<br />

an die Parteien gegeben, was die Auswahl der<br />

Gesprächspartner betrifft. Die Tatsache, dass alle<br />

Interviewten bereits einer anderen Partei zugehörig<br />

waren, hängt mit dem Protestcharakter vieler<br />

rechtspopulistischer Parteien zusammen, der besonders<br />

enttäuschte und unzufriedene Parteimitglieder<br />

anzieht. Erst bei der Auswertung der Gespräche<br />

zeigte sich, wie zentral der Vorgang dieses<br />

Parteiwechsels und die diesem vorgelagerten<br />

Gründe für die gesamte Analyse sind. Durch die<br />

offene Form der Interviewführung und eine gegenstandsorientierte<br />

Auswertung entstand die<br />

Fokussierung auf den Parteiwechsel. In diesem<br />

Sinn soll die vorliegende Auswertung der Interviews<br />

aufzeigen, warum sich Parteimitglieder<br />

entschließen, ihre politische Heimat zu verlassen,<br />

um einer rechtspopulistischen Partei beizutreten<br />

und wo sie sich nach diesem Wechsel im<br />

politischen Spektrum ansiedeln. Darüber hinaus<br />

stellen die Gesprächspartner dar, was es für sie<br />

heißt, in der politischen und gesellschaftlichen<br />

Mitte zu stehen. Mit den Auszügen aus den Gesprächen<br />

soll nicht die theoriegeleitete Debatte<br />

über den Rechtspopulismus weitergeführt werden.<br />

Es geht vielmehr darum, diejenigen in den<br />

Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen, die sich<br />

Bewegungen fernab ihrer routinierten politischen<br />

Wege angeschlossen haben. Ziel ist es nicht, eine<br />

Deckungsgleichheit zwischen Theorie und Selbst-<br />

6<br />

Vgl. Siri, Jasmin (2012): Parteien: Zur Soziologie einer<br />

politischen Form, Wiesbaden, S. 98.<br />

wahrnehmung zu untersuchen, sondern, gerade<br />

ohne einen festen theoretischen Rahmen, frei<br />

vom dem Selbstverständnis zu berichten. Der<br />

Prozess des Erkenntnisgewinns folgt deshalb den<br />

Grundannahmen der Grounded Theory 7 nach Anselm<br />

Strauss und damit der Methode des ständigen<br />

kontrastierenden Vergleichs, bei dem die Interviews<br />

im Dialog mit Materialien der Parteien<br />

interpretiert wurden. Weiter wird auch das Verständnis<br />

geteilt, dass die entstandenen Ansätze,<br />

wie bei jedem Forschungsprozess, eine subjektive<br />

Komponente beinhalten; zum einen durch die<br />

Auswahl der als relevant erachteten Interviewstellen,<br />

aber zum anderen auch durch die Gesprächssituation,<br />

in der der Forscher „immer<br />

auch Subjekt des Forschungsprozesses“ 8 ist.<br />

Rechtspopulismus als Selbstbeschreibung<br />

Bereits den Politikwissenschaftlern fällt es<br />

schwer, sich auf die Konturen des Rechtspopulismus<br />

zu einigen. Auch bei der Benennung des<br />

Phänomens besticht die Forschung durch ausgesprochene<br />

Uneinigkeit. 9 Da ist es nur wenig verwunderlich,<br />

dass diejenigen, die eigentlich mit<br />

der Kategorie bezeichnet werden, sich selbst<br />

nicht als einheitliche Gruppe mit dem Titel<br />

Rechtspopulisten sehen. Die Bürger in Wut bringen<br />

diesen Gedanken außerordentlich deutlich in<br />

ihrem Profil zum Ausdruck und sehen sich als<br />

„Partei eines neuen Typus, die jenseits des klassischen<br />

Recht-Links-Schemas [sic!] agiert und<br />

nicht in die klassischen politikwissenschaftlichen<br />

Kategorien einzuordnen ist“. 10 Eine solche<br />

7<br />

Strauss, Anselm L./ Corbin, Juliet M. (1996): Grounded<br />

Theory: Grundlagen qualitativer Sozialforschung,<br />

Weinheim.<br />

8<br />

Strübinger, Jörg (2004): Grounded Theory. Zur sozialtheoretischen<br />

und epistemologischen Fundierung des<br />

Verfahrens der empirisch begründeten Theoriebildung,<br />

Wiesbaden, S. 16.<br />

9<br />

Sehr ausführlich und zusammenfassend zur Pluralität<br />

in der Forschung vgl. Mudde, Cas (2007): Populist Radical<br />

Right Parties in Europe. Cambridge, 2007.<br />

10<br />

Das Profil der BIW umfasst eine ausführliche Stellungnahme<br />

der Partei zu ihrer Selbstverortung und wird<br />

deshalb als zusätzliche Quelle in der Analyse verwendet.<br />

Das Dokument wurde der Autorin von der Partei<br />

zugesendet. Dieses Vorgehen wurde gegenüber längeren<br />

Interviews von Seiten der Partei bevorzugt.<br />

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