Linksliberale Enterhaken - PRuF
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MIP 2013 19. Jhrg. Nicole Berbuir – Das politische Selbstverständnis von Mitgliedern rechtspopulistischer Parteien [...] Aufsätze<br />
Das politische Selbstverständnis von<br />
Mitgliedern rechtspopulistischer<br />
Parteien als Indikator für eine<br />
Verortung im politischen Spektrum<br />
– eine qualitative Analyse<br />
Nicole Berbuir 1<br />
Die Vertreter der deutschen rechtspopulistischen<br />
Parteien fallen bisher besonders durch fehlende<br />
Wahlerfolge auf. Eine kurze Erfolgswelle der<br />
Partei Rechtsstaatlicher Offensive in Hamburg<br />
bestätigt als Ausnahme die Regel. Parteien wie<br />
die einzelnen Gruppierungen Pro Bewegung, Die<br />
Freiheit oder auch die Bürger in Wut verfügen,<br />
wenn überhaupt, über ein regional stark begrenztes<br />
Mitspracherecht und auch hier werden nur<br />
niedrige einstellige Werte bei Wahlen erzielt. 2<br />
Durch ihre starke lokale Ausrichtung und die fehlende<br />
übergeordnete Organisation weisen rechtspopulistische<br />
Parteien in Deutschland ein hohes<br />
Maß an Zersplitterung auf. So fällt es besonders<br />
schwer, die hiesigen Vertreter einer gemeinsamen<br />
Parteienfamilie zuzuordnen. 3 Fraglich ist an dieser<br />
Stelle, was die Kennzeichen sind, die eine so stark<br />
divergierende Gruppe verbinden?<br />
Trotz der Fragmentierung und der geringen elektoralen<br />
Erfolge lohnt es sich, die deutschen<br />
rechtspopulistischen Parteien näher zu betrachten.<br />
Denn, wie im späteren Verlauf noch aufgegriffen<br />
wird, die Einstellungsmuster, die in anderen<br />
Ländern ähnlichen Parteien zu Siegen ver-<br />
1<br />
Die Verfasserin ist studentische Hilfskraft der Forschungsinitiative<br />
NRW in Europa (FINE), Lehrstuhl<br />
für Politikwissenschaft III der Heinrich-Heine-Universität<br />
Düsseldorf.<br />
2<br />
Decker, Frank (2012): Warum der parteiförmige Rechtspopulismus<br />
in Deutschland so erfolglos ist, in: Vorgänge<br />
51 (2012) H.1, S. 21-28.<br />
3<br />
Zu der rechtspopulistischen Parteienfamilie vgl. Decker,<br />
Frank/Lewandowsky, Marcel (2012): Die rechtspopulistische<br />
Parteienfamilie, in: Jun, Uwe/Höhne, Benjamin<br />
(Hrsg.): Parteienfamilien. Identitätsbestimmend oder<br />
nur noch Etikett?, Parteien in Theorie und Empirie,<br />
Band 2, Opladen.<br />
holfen haben, sind auch in der deutschen Bevölkerung<br />
vorhanden. Zum anderen wirft die Betrachtung<br />
ein Licht auf die Versäumnisse der<br />
größeren Parteien. Diese zeigen sich, wenn Mitglieder<br />
austreten und sich den lokalen Bewegungen<br />
anschließen, die durch Provokation, einfache<br />
Lösungen und direkte Beteiligungsmöglichkeiten<br />
zunehmend attraktiver werden. Während sich die<br />
Parteimitgliederforschung im Bereich der größeren<br />
Parteien überwiegend auf der quantitativen<br />
Ebene bewegt und sich hier auf verlässliche Daten<br />
durch Mitgliederverzeichnisse und eine hohe<br />
Kooperationsbereitschaft verlassen kann, so erscheint<br />
dieses methodische Vorgehen im rechtspopulistischen<br />
Umfeld weder möglich noch zielführend.<br />
4 Zum einen handelt es sich um Bewegungen,<br />
Vereine oder Parteien, die schlecht organisiert<br />
sind und damit keine verlässlichen Daten<br />
liefern. Zum anderen verfehlt die quantitative<br />
Analyse das Ziel, durch Erforschung der individuellen<br />
Einstellungsmuster der Mitglieder mehr<br />
über die Gruppierung zu erfahren. Um dies zu<br />
erreichen, wurden teilstandardisierte Leitfaden-<br />
Interviews mit vier Mitgliedern von Pro NRW,<br />
Pro Köln und den Bürgern in Wut geführt. 5 Dabei<br />
wurden die drei Blöcke politischer Werdegang,<br />
inhaltliche Schwerpunkte der Partei und<br />
die Beziehung zu der Kategorie des Rechtspopulismus<br />
thematisiert. Neben den standardisierten<br />
Fragen zu diesen Bereichen lag es bei den Gesprächspartnern,<br />
besondere Akzente zu setzen;<br />
die Fragen bildeten dabei nur Impulse. Dass es<br />
sich insgesamt um eine geringe Fallzahl handelt,<br />
resultiert aus dem Umstand, dass die Durchführung<br />
der Gespräche im Rahmen einer Abschlussarbeit<br />
erfolgte und organisatorisch und zeitlich<br />
keinen größeren Rahmen zuließ. Die Auswahl<br />
der Parteien hängt stark mit der Kooperationsbereitschaft<br />
dieser zusammen, da die Kontaktaufnahme<br />
mit anderen Parteien derselben Richtung<br />
keine Zusammenarbeit hervorgebracht hat oder<br />
4<br />
Vgl. Biehl, Heiko (2005): Parteimitglieder im Wandel.<br />
Partizipation und Repräsentation, Wiesbaden; Spier,<br />
Tim (2011): Parteimitglieder in Deutschland, Wiesbaden.<br />
5<br />
Die Anonymisierung der Interviewpartner umfasst im<br />
Folgenden nicht nur die Namen, sondern darüber hinaus<br />
auch die Parteizugehörigkeit und örtliche Angaben.<br />
Alle Stellen, die diesbezügliche Informationen enthielten,<br />
sind deshalb durch ((…)) ersetzt worden.<br />
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