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Linksliberale Enterhaken - PRuF

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Aufsätze Christoph Busch – Die Stigmatisierung rechtsextremistischer Parteien [...] MIP 2013 19. Jhrg.<br />

Lasten der rechtsextremistischen Parteien. Z.B.<br />

werden Besetzungsverfahren für Ausschüsse so<br />

geändert, dass die rechtsextremistische Partei<br />

nach der neuen Regelung keinen Platz mehr erhält.<br />

3. Es wird die inhaltliche Auseinandersetzung<br />

mit den rechtsextremistischen Parteien gesucht.<br />

4. Bei der Auseinandersetzung versuchen<br />

die demokratischen Akteure, die eigentlichen<br />

ideologischen und strategischen Anliegen der<br />

rechtsextremistischen Akteure aufzudecken. Insgesamt<br />

wird in der Studie deutlich, dass es den<br />

demokratischen Parteien darum geht, eine maximale<br />

Distanz zu den rechtsextremistischen Parteivertretern<br />

und eine moralische Verurteilung<br />

von deren Politik zu verdeutlichen. Deswegen<br />

gibt es in der Regel auch eine Kooperation aller<br />

demokratischen Fraktionen hinsichtlich des Verhaltens<br />

gegenüber den rechtsextremistischen Parteivertretern.<br />

Beispielhaft ist das Zitat der Fraktionsvorsitzenden<br />

von Bündnis 90/Die Grünen im<br />

Kölner Stadtrat, Barbara Moritz, mit Bezug auf<br />

die Fraktion von Pro Köln:<br />

„Erstens. Wir werden heute und in Zukunft alle Anträge<br />

von PK [Pro Köln; Anm. CB] ablehnen. Auch wenn nur<br />

festgestellt wird, dass es heute nicht regnet […] werden<br />

wir den entsprechenden Antrag ablehnen, solange er von<br />

PK gestellt wird. […] Zweitens. Wenn Anträge gestellt<br />

werden, die aus der Mottenkiste stammen, mit denen sich<br />

der Rat bereits mehrmals beschäftigt hat, werden wir<br />

auch inhaltlich dazu nichts sagen; denn das lohnt sich<br />

nicht. […] Wir brauchen uns hier nicht vorführen lassen.<br />

Drittens. Sollte PK irgendwann einmal ein Thema entdecken,<br />

mit dem zu beschäftigen sich lohnt und das dieser<br />

Rat noch nicht behandelt hat, dann wird dieser Rat in der<br />

Lage sein, entsprechende Anträge zu stellen. Dann werden<br />

wir diese Themen selber aufgreifen.“ (Rat der Stadt<br />

Köln 2005: 32)<br />

Rechtsextremistische Parteien engagieren sich<br />

aber auch außerhalb des Wahlkampfes und der<br />

Parlamente. Die NPD vertritt in ihrer sogenannten<br />

4-Säulen-Strategie explizit den „Kampf um<br />

die Straße“ als Betätigungsfeld (Schulze 2009:<br />

95ff.). Dies schlägt sich in einer aktiven „Demonstrationspolitik“<br />

(Virchow 2006: 68ff.) nieder.<br />

Deren Demonstrationen stoßen vielerorts auf<br />

Widerstand, indem zivilgesellschaftliche Akteure<br />

Gegendemonstrationen oder -veranstaltungen<br />

organisieren. Ein wichtiges Mittel ist dabei die<br />

Blockade des rechtsextremistischen Demonstrationszuges<br />

mit der Begründung, dass man Nazis<br />

den öffentlichen Raum nicht überlassen dürfe.<br />

Für dieses Mittel der Stigmatisierung trat sogar<br />

der frühere Bundestagspräsident Wolfgang Thierse<br />

ein (Spiegel Online 2010). Neben Demonstrationen<br />

nutzt die NPD auch Infostände, um sich im<br />

öffentlichen Raum zu präsentieren. Das „Dürener<br />

Bündnis gegen Rechtsextremismus, Rassismus<br />

und Gewalt“ begleitete Infostände der NPD in der<br />

Fußgängerzone, indem es sich mit eigenen Infoständen<br />

in Sichtweite der NPD positionierte. Dort<br />

stellte das Bündnis Mülltonnen mit dem Schriftzug<br />

„Entsorgungsstation für rechtsextremes Gedankengut“<br />

auf (Busch 2008: 58). Diese kreative<br />

Aktion setzt damit das NPD-Material symbolisch<br />

mit Abfall gleich und unterstreicht, dass die Bürger<br />

zu der rechtsextremistischen Partei eine maximale<br />

Distanz einnehmen sollten.<br />

Pro NRW und Pro Köln bemühen sich mit mediengerechten<br />

Protestinszenierungen, Öffentlichkeit<br />

zu generieren. Dies gelang ihnen vor allem<br />

mit ihrem „Anti-Islam-Kongress“ im Jahr 2008.<br />

Während die Pro-Bewegung bis dahin fast nur in<br />

Köln bekannt war, steigerte sie mit dieser Veranstaltung<br />

ihren Bekanntheitsgrad enorm. Dies hatte<br />

allerdings den Preis, dass sie seitdem in der Öffentlichkeit<br />

stärker als vorher als rechtsextremistische<br />

Partei stigmatisiert ist. Wesentlich dazu<br />

trug ein breites Bündnis von politischen Akteuren<br />

bei, welches die islamfeindliche Veranstaltung<br />

als eklatante Verletzung der politisch-kulturellen<br />

Norm im von ihnen postulierten weltoffenen<br />

Köln darstellte und den rechtsextremistischen<br />

Hintergrund der Pro-Gruppierungen betonte.<br />

Dies gelang dem Bündnis unter anderem<br />

durch zahlreiche Informationsveranstaltungen<br />

vor dem Kongress sowie Protestveranstaltungen<br />

während des Kongresses, über die die Massenmedien<br />

intensiv berichteten (Busch 2013b).<br />

Es lässt sich bislang zusammenfassen, dass die<br />

Stigmatisierung rechtsextremistischer Parteien<br />

durch staatliche aber mehr noch durch zivilgesellschaftliche<br />

Akteure im Sinne einer wehrhaften<br />

Demokratie erfolgt. Erklärte Gegner der freiheitlichen<br />

Demokratie aus dem politischen Diskurs<br />

auszugrenzen und negativ darzustellen,<br />

lässt sich vor diesem Hintergrund als demokratiepolitisches<br />

Engagement verstehen.<br />

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