Linksliberale Enterhaken - PRuF
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MIP 2013 19. Jhrg.<br />
Rezensionen<br />
schritt. Von den Rechten des Einzelnen wendet<br />
Schaub daraufhin den Blick auf die politischen<br />
Vereinigungen, denen der Anspruch auf Chancengleichheit<br />
ebenfalls zusteht (S. 255 f.).<br />
Im sechsten Kapitel (S. 274-334) weist Schaub<br />
insbesondere auf die Parallelen zwischen den<br />
Verfahrensgarantien und der Garantie der politischen<br />
Rechte hin (S. 277 f.). Indem er Art. 34<br />
BV als Minimalgarantie qualifiziert (S. 280),<br />
weist er selber darauf hin, dass es zur Ausgestaltung<br />
der Partizipation weiterer Konkretisierungen<br />
bedarf. Aus Art. 51 Abs. 1 BV betreffend<br />
Gewährleistung der Kantonsverfassungen durch<br />
den Bund lässt sich jedoch nichts ableiten. Dasselbe<br />
gilt für die Garantie der Transparenz der<br />
politischen Einflussnahme (S. 286 f.), die in der<br />
Lehre immer wieder erwähnt wird, bis jetzt aber<br />
keinen Niederschlag im Gesetz gefunden hat.<br />
Für Leserinnen und Leser, die nicht mit der bundesgerichtlichen<br />
Rechtsprechung vertraut sind,<br />
könnte es missverständlich sein, wenn Schaub<br />
ausführt, dass Art. 34 Abs. 1 BV Bund, Kantone<br />
und Gemeinden verpflichtet, bei der Ausgestaltung<br />
der politischen Rechte einer chancengleichen<br />
Ausgestaltung zu genügen und dafür zu<br />
sorgen, dass die Wahl- und Abstimmungsresultate<br />
den Willen der Stimmenden unverfälscht<br />
und zuverlässig wiedergeben (S. 293). Die zurückhaltenden<br />
Urteile werden erst später dargestellt.<br />
Um den Boden zu bereiten für die kommunikative<br />
Chancengleichheit, erläutert Schaub<br />
die dezisionale Chancengleichheit (also die<br />
Grundsätze des allgemeinen und gleichen Stimmund<br />
Wahlrechts). Sie bildet seiner Meinung nach<br />
ein starkes Argument für die kommunikative<br />
Chancengleichheit (S. 295). Wie Schaub im<br />
Weiteren darstellt, schützt die bundesgerichtliche<br />
Rechtsprechung die politischen Akteure umfassend<br />
vor staatlichen Eingriffen (z.B. mit Vorgaben<br />
an die Ausgestaltung der behördlichen Kommunikation<br />
vor Abstimmungen und einem Interventionsverbot<br />
vor Wahlen). Unbestritten ist<br />
auch, dass der Staat wettbewerbsneutral handeln<br />
muss, soweit er Privaten Möglichkeiten zur Verfügung<br />
stellt oder Regelungen für die Wahl- und<br />
Abstimmungswerbung erlässt (z.B. betreffend<br />
Plakatierung oder Werbung am Radio). Schaub<br />
konstatiert deshalb einen relativ umfassenden<br />
Schutz des Einzelnen in seiner kommunikativen<br />
Chancengleichheit vor staatlicher und staatlich<br />
vermittelter privater politischer Kommunikation.<br />
Dem steht ein äusserst schwacher, auf spezielle<br />
Konstellationen beschränkter Schutz vor privaten<br />
Interventionen gegenüber (S. 328-333).<br />
Nachdem Schaub in den Kapiteln 7 und 8 festgehalten<br />
hat, dass der Gesetzgeber keine Abhilfe<br />
gegen diese Diskrepanz schaffen will und die<br />
herkömmliche Lehre Transparenzvorschriften<br />
als Beeinträchtigung der Meinungsäußerungsfreiheit<br />
qualifiziert, legt er in Kapitel 9 (S. 344-<br />
356) sein Verständnis von der Funktion der<br />
Kommunikationsgrundrechte und der Wahl- und<br />
Abstimmungsfreiheit dar. Den Grundrechten<br />
freier Kommunikation weist Schaub eine doppelte<br />
Funktion zu, nämlich eine individuelle und<br />
eine demokratische (S. 345). Er kommt zum<br />
Schluss, dass das instrumentelle Verständnis der<br />
Grundrechte freier Kommunikation zuweilen<br />
Maßnahmen fordert, die mit dem individuellen<br />
Schutzrecht in Konflikt geraten können (S. 351).<br />
Gemäß Schaub ist die Garantie der politischen<br />
Rechte durch Art. 34 BV eher als Verfahrensgrundrecht<br />
und als spezielles Grundrecht freier<br />
Kommunikation zu sehen denn als klassisches<br />
Freiheitsrecht (S. 357).<br />
In Kapitel 11 (S. 357-372) führt Schaub die demokratische<br />
Funktion der Wahl- und Abstimmungsfreiheit<br />
weiter aus, nämlich dass sie den<br />
demokratischen Diskurs garantiert und damit ein<br />
genügendes öffentliches Interesse für die Regulierung<br />
der Finanzflüsse in Wahl- und Abstimmungskämpfen<br />
vorliegt (S. 361). Schaub legt<br />
dar, warum Meinungsäußerungen, welche die<br />
Chancengleichheit gefährden, gar nicht in den<br />
Schutzbereich des Grundrechts fallen (S. 363).<br />
Anders als gemäß herkömmlicher Lehre muss<br />
damit keine Güterabwägung vorgenommen werden<br />
(S. 368).<br />
In Kapitel 13 (S. 381-414) nennt Schaub folgende<br />
Regulierungsansätze zur Wahrung des Diskurses<br />
und der individuellen politischen Chancengleichheit:<br />
Offenlegungsvorschriften, Ausgabenbeschränkungen<br />
und staatliche Leistungen an private Akteure.<br />
Allerdings beschränkt sich Schaub auf die<br />
Abklärung der verfassungsrechtlichen Zulässigkeit.<br />
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