Linksliberale Enterhaken - PRuF
Linksliberale Enterhaken - PRuF
Linksliberale Enterhaken - PRuF
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
MIP 2013 19. Jhrg.<br />
Rezensionen<br />
Gegenstandsbereich der Arbeit und der Aufbau<br />
einer klaren Argumentationslinie unterbleibt.<br />
Insgesamt bleibt die Arbeit damit in theoretischer<br />
Hinsicht ausbaufähig.<br />
Zur empirischen Auseinandersetzung mit der aufgeworfenen<br />
Thematik bedient sich Bettina Munimus<br />
eines interessanten Methodenmixes. So stützt<br />
sie Ihre Erkenntnisse auf Dokumentenanalysen,<br />
qualitative Experteninterviews, teilnehmende Beobachtungen<br />
und eine schriftliche Befragung<br />
von Parteimitgliedern, die älter als 60 Jahre und<br />
weiterhin aktiv in der Partei sind. Munimus versteht<br />
es, diese sehr verschiedenen Datenquellen<br />
gekonnt miteinander zu verknüpfen und in gewinnbringender<br />
Weise zu einem komplexen,<br />
aber dennoch einleuchtenden und stringenten<br />
Panorama alternder Volksparteien zu verdichten.<br />
Gleichsam als Einstieg in die empirischen Auseinandersetzung<br />
beschäftigt sich die Autorin mit<br />
der personellen Repräsentation älterer Menschen<br />
(bei ihr definiert als Personen, die älter als 60<br />
Jahre sind). Es wird deutlich, dass diese sowohl<br />
in den Parlamenten des Bundes und der Länder<br />
als auch im Establishment der Bundesparteien<br />
(Vorstand, Präsidium) unterrepräsentiert sind.<br />
Dieses mehr oder weniger überraschende Ergebnis<br />
erklärt Munimus sowohl mit der nachlassenden<br />
Motivation der Älteren zur Übernahme derartiger<br />
Mandate und Ämter als auch mit einer an<br />
Jugendlichkeit orientierten Medien-Gesellschaft<br />
in der ältere Spitzenpolitiker als nicht hilfreich<br />
erachtet werden (S. 133). Hinter der letztgenannten<br />
Ursache steht die Feststellung einer negativen<br />
Konnotation des „Alters“ in der heutigen<br />
Gesellschaft. Diese taucht im Verlauf der Arbeit<br />
in unterschiedlichen Facetten wiederholt auf und<br />
wirkt gleichsam als roter Faden der Argumentation.<br />
So wird von Bettina Munimus darauf verwiesen,<br />
dass ältere Parteimitglieder sich nicht in<br />
den parteiinternen Seniorenorganisationen engagieren<br />
möchten, da sie zwar über 60 Jahre alt<br />
sind, sich aber noch lange nicht alt fühlen oder<br />
dass Spitzenpolitiker auf Distanz zu diesen Organisationen<br />
gehen, um nicht als alt zu gelten.<br />
Es wird gleichsam eine „Alters-Phobie“ konstatiert,<br />
welche die Interessenvertretung und das aktive<br />
Engagement von älteren Parteimitgliedern in<br />
eben dieser Eigenschaft behindert.<br />
Mit der zweiten Forschungsperspektive nimmt<br />
die Autorin die Seniorenorganisationen der<br />
Volksparteien gezielt in den Blick, indem sie sowohl<br />
für die Senioren-Union als auch für die Arbeitsgemeinschaft<br />
60plus der SPD auf die jeweilige<br />
Gründungsgeschichte, den organisatorischen<br />
Aufbau, das Führungspersonal und das programmatische<br />
Profil eingeht. Die Abschnitte über die<br />
Gründungsgeschichte und den organisatorischen<br />
Aufbau der Seniorenorganisationen sind sehr deskriptiv<br />
gehalten, so dass sie eine gute und kompakte<br />
Informationsgrundlage für die Leser bieten.<br />
Ein Highlight der Dissertation ist die äußerst<br />
prägnant ausgearbeitete Diskussion des programmatischen<br />
Profils beider parteiinternen Organisationen,<br />
die vor dem Hintergrund des sozio-demographischen<br />
Profils ihrer Mitglieder erfolgt.<br />
Beide Vereinigungen haben den Anspruch, die<br />
Interessen von Rentnern zu vertreten, den sie in<br />
unterschiedlichem Umfang auch verwirklichen.<br />
Darüber hinaus ist besonders interessant, dass<br />
die Seniorenvereinigungen soziologisch und programmatisch<br />
ein Kondensat der ehemaligen<br />
Kernklientel von CDU bzw. SPD darstellen: In<br />
ihnen leben die Überzeugungen und Auffassungen<br />
der Stammwählerschaft beider Parteien aus<br />
den 50er und 60er Jahren weiter (S. 226). Während<br />
die Senioren-Union in einem strikt konservativ-christlichen<br />
Weltbild verhaftet ist, wird die<br />
Arbeitsgemeinschaft 60plus von der Autorin<br />
links der SPD eingeordnet. Beide Vereinigungen<br />
eint, dass sie den Sozialstaat alter bundesrepublikanischer<br />
Prägung unverändert erhalten möchten<br />
und die Anerkennung der Lebensleistung ihrer<br />
Generation fordern. Den innerparteilichen Einfluss<br />
beider Seniorenvereinigungen auf die Programmatik<br />
der jeweiligen Volkspartei schätzt<br />
Munimus jedoch als gering ein. Die Ursache<br />
hierfür sieht sie in dem noch immer funktionierenden<br />
Generationenvertrag und den generationenübergreifenden<br />
Volksparteien, die auch von<br />
den älteren Mitgliedern als Garanten ihrer Interessenvertretung<br />
angesehen werden. Eine machtpolitische<br />
Stärkung spezieller Seniorenorganisationen<br />
scheint ihnen daher, laut Munimus, nicht<br />
geboten (S. 227).<br />
Die Empirie zur dritten Forschungsperspektive<br />
befasst sich mit der Integration älterer Mitglieder<br />
179