Linksliberale Enterhaken - PRuF

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03.11.2013 Aufrufe

Rezensionen MIP 2013 19. Jhrg. welche den Leser letztlich doch im Unklaren darüber lassen, wer unter welchen Voraussetzungen welche Zuwendungen gesondert ausweisen muss) und auch gefährliche (etwa die Ausführungen zur Barspendenannahmegrenze des § 25 Abs. 1 S. 2 PartG auf den Seiten 62 bis 66, wo Mühlbauer dem Leser eine gegen die Bundestagsverwaltungspraxis verstoßende Auslegung der Norm empfiehlt, da bisher keine Judikate in diesem Bereich existierten) Hinweise an die Hand gibt, ist schon negativ zu bemerken. Sucht der Leser aber die Querverweise innerhalb des Buches (so etwa der Verweis in Fußnote 113 auf die Seite 74; oder in Fußnote 121 auf die Seite 70), so wird er feststellen, dass kein einziger Querverweis im Werk stimmt, er also ohnehin nicht um eine eigenständige Suche der gemeinten Passage herumkommt. Vom Autor hätte wenigstens erwartet werden können, sich nach Abschluss seiner Arbeit noch einmal über die Richtigkeit der Querverweise zu vergewissern. Der Ansatz, ein allgemeinverständliches Praxishandbuch der Parteienrechnungslegung zu erstellen, erscheint durchaus sinnvoll. Dem wird das vorliegende Buch jedoch in keiner Weise gerecht. Personen, welche an der Materie interessiert oder die mit ihr befasst sind, können mit der Fibel kaum eine Hilfestellung für ihre Arbeit erwarten. Das Buch wird – gemessen an der Bedeutung der Materie, welche in diametralem Widerspruch zu der Qualität des Werkes steht – hoffentlich nicht allzu vielen Schatzmeistern bei ihrer täglichen Arbeit als Anleitung dienen. Sören Lehman Bettina Munimus: Alternde Volksparteien – Neue Macht der Älteren in der CDU und SPD?, Transcript Verlag, Bielefeld 2012, 378 S., ISBN 978-3-8376-2211-9, 35,80 €. Der demographische Wandel und seine Implikationen für Staat und Gesellschaft stehen seit Jahrzehnten im Fokus der öffentlichen Diskussion und sind Forschungsgegenstand für eine Vielzahl wissenschaftlicher Disziplinen. Die Politikwissenschaft hat diesen fundamentalen gesellschaftlichen Veränderungsprozess hingegen lange Zeit stiefmütterlich behandelt und erst spät für sich entdeckt. Entsprechend groß sind die Wissens- und Forschungslücken. Der Bedarf an fundierter Forschung auf diesem Gebiet ist umso drängender, da existierende populärwissenschaftliche und journalistische Veröffentlichungen häufig das Schreckensszenario einer vergreisenden Bundesrepublik an die Wand malen, in der Fortschrittsdenken, Innovations- und Reformfähigkeit durch ein starres Festhalten am Status- Quo verdrängt würden. Die Dissertation von Bettina Munimus nimmt den Umgang der beiden großen Volksparteien SPD und CDU mit diesem Thema in den Blick und schließt Teile dieser Forschungslücken. Im Rahmen der Arbeit werden drei Forschungsperspektiven eingenommen: Es wird erstens die personelle Repräsentation älterer Menschen in den Parteieliten und in den Parlamenten betrachtet. Zweitens beschäftigt sich die Autorin mit den parteiinternen Seniorenorganisationen von CDU (Senioren-Union) und SPD (Arbeitsgemeinschaft 60Plus) und der Frage, inwiefern diese die kollektiven Interessen von Senioren in der jeweiligen Partei vertreten. Drittens untersucht Munimus anhand von vier ausgewählten Ortsvereinen beider Volksparteien die Integration älterer Menschen in das Parteileben auf lokaler Ebene. Im Anschluss an die Einleitung findet sich das konzeptionelle Kapitel der Arbeit. In dessen Rahmen wird die zugrundeliegende Definition von „Alter“ verdeutlicht, werden die politischen Generationen in Deutschland zeitlich voneinander abgrenzt und wird ansonsten der Forschungsstand hinsichtlich des zivilgesellschaftlichen und parteipolitischen Engagements älterer Menschen, ihres Wahlverhaltens und des allgemeinen Schrumpfens und Alterns der Volksparteien aufgezeigt. Im Unterkapitel zur Organisationsfähigkeit von Interessen der Älteren wird auf theoretische Ansätze zurückgegriffen (S. 70 ff.). So wird die Organisationsfähigkeit mit Hilfe der „Konflikttheorie“ von Claus Offe, der „Logik des kollektiven Handelns“ nach Mancur Olson und dem Konzept der „kritischen Masse“ diskutiert. Leider gerät dieser Abschnitt viel zu knapp, so dass eine wirkliche Auseinandersetzung mit den theoretischen Konzepten, eine Anwendung auf den 178

MIP 2013 19. Jhrg. Rezensionen Gegenstandsbereich der Arbeit und der Aufbau einer klaren Argumentationslinie unterbleibt. Insgesamt bleibt die Arbeit damit in theoretischer Hinsicht ausbaufähig. Zur empirischen Auseinandersetzung mit der aufgeworfenen Thematik bedient sich Bettina Munimus eines interessanten Methodenmixes. So stützt sie Ihre Erkenntnisse auf Dokumentenanalysen, qualitative Experteninterviews, teilnehmende Beobachtungen und eine schriftliche Befragung von Parteimitgliedern, die älter als 60 Jahre und weiterhin aktiv in der Partei sind. Munimus versteht es, diese sehr verschiedenen Datenquellen gekonnt miteinander zu verknüpfen und in gewinnbringender Weise zu einem komplexen, aber dennoch einleuchtenden und stringenten Panorama alternder Volksparteien zu verdichten. Gleichsam als Einstieg in die empirischen Auseinandersetzung beschäftigt sich die Autorin mit der personellen Repräsentation älterer Menschen (bei ihr definiert als Personen, die älter als 60 Jahre sind). Es wird deutlich, dass diese sowohl in den Parlamenten des Bundes und der Länder als auch im Establishment der Bundesparteien (Vorstand, Präsidium) unterrepräsentiert sind. Dieses mehr oder weniger überraschende Ergebnis erklärt Munimus sowohl mit der nachlassenden Motivation der Älteren zur Übernahme derartiger Mandate und Ämter als auch mit einer an Jugendlichkeit orientierten Medien-Gesellschaft in der ältere Spitzenpolitiker als nicht hilfreich erachtet werden (S. 133). Hinter der letztgenannten Ursache steht die Feststellung einer negativen Konnotation des „Alters“ in der heutigen Gesellschaft. Diese taucht im Verlauf der Arbeit in unterschiedlichen Facetten wiederholt auf und wirkt gleichsam als roter Faden der Argumentation. So wird von Bettina Munimus darauf verwiesen, dass ältere Parteimitglieder sich nicht in den parteiinternen Seniorenorganisationen engagieren möchten, da sie zwar über 60 Jahre alt sind, sich aber noch lange nicht alt fühlen oder dass Spitzenpolitiker auf Distanz zu diesen Organisationen gehen, um nicht als alt zu gelten. Es wird gleichsam eine „Alters-Phobie“ konstatiert, welche die Interessenvertretung und das aktive Engagement von älteren Parteimitgliedern in eben dieser Eigenschaft behindert. Mit der zweiten Forschungsperspektive nimmt die Autorin die Seniorenorganisationen der Volksparteien gezielt in den Blick, indem sie sowohl für die Senioren-Union als auch für die Arbeitsgemeinschaft 60plus der SPD auf die jeweilige Gründungsgeschichte, den organisatorischen Aufbau, das Führungspersonal und das programmatische Profil eingeht. Die Abschnitte über die Gründungsgeschichte und den organisatorischen Aufbau der Seniorenorganisationen sind sehr deskriptiv gehalten, so dass sie eine gute und kompakte Informationsgrundlage für die Leser bieten. Ein Highlight der Dissertation ist die äußerst prägnant ausgearbeitete Diskussion des programmatischen Profils beider parteiinternen Organisationen, die vor dem Hintergrund des sozio-demographischen Profils ihrer Mitglieder erfolgt. Beide Vereinigungen haben den Anspruch, die Interessen von Rentnern zu vertreten, den sie in unterschiedlichem Umfang auch verwirklichen. Darüber hinaus ist besonders interessant, dass die Seniorenvereinigungen soziologisch und programmatisch ein Kondensat der ehemaligen Kernklientel von CDU bzw. SPD darstellen: In ihnen leben die Überzeugungen und Auffassungen der Stammwählerschaft beider Parteien aus den 50er und 60er Jahren weiter (S. 226). Während die Senioren-Union in einem strikt konservativ-christlichen Weltbild verhaftet ist, wird die Arbeitsgemeinschaft 60plus von der Autorin links der SPD eingeordnet. Beide Vereinigungen eint, dass sie den Sozialstaat alter bundesrepublikanischer Prägung unverändert erhalten möchten und die Anerkennung der Lebensleistung ihrer Generation fordern. Den innerparteilichen Einfluss beider Seniorenvereinigungen auf die Programmatik der jeweiligen Volkspartei schätzt Munimus jedoch als gering ein. Die Ursache hierfür sieht sie in dem noch immer funktionierenden Generationenvertrag und den generationenübergreifenden Volksparteien, die auch von den älteren Mitgliedern als Garanten ihrer Interessenvertretung angesehen werden. Eine machtpolitische Stärkung spezieller Seniorenorganisationen scheint ihnen daher, laut Munimus, nicht geboten (S. 227). Die Empirie zur dritten Forschungsperspektive befasst sich mit der Integration älterer Mitglieder 179

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Vom Autor hätte wenigstens erwartet<br />

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noch einmal über die Richtigkeit der Querverweise<br />

zu vergewissern.<br />

Der Ansatz, ein allgemeinverständliches Praxishandbuch<br />

der Parteienrechnungslegung zu erstellen,<br />

erscheint durchaus sinnvoll. Dem wird das<br />

vorliegende Buch jedoch in keiner Weise gerecht.<br />

Personen, welche an der Materie interessiert<br />

oder die mit ihr befasst sind, können mit der<br />

Fibel kaum eine Hilfestellung für ihre Arbeit erwarten.<br />

Das Buch wird – gemessen an der Bedeutung<br />

der Materie, welche in diametralem Widerspruch<br />

zu der Qualität des Werkes steht –<br />

hoffentlich nicht allzu vielen Schatzmeistern bei<br />

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Sören Lehman<br />

Bettina Munimus: Alternde Volksparteien –<br />

Neue Macht der Älteren in der CDU und SPD?,<br />

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978-3-8376-2211-9, 35,80 €.<br />

Der demographische Wandel und seine Implikationen<br />

für Staat und Gesellschaft stehen seit<br />

Jahrzehnten im Fokus der öffentlichen Diskussion<br />

und sind Forschungsgegenstand für eine Vielzahl<br />

wissenschaftlicher Disziplinen. Die Politikwissenschaft<br />

hat diesen fundamentalen gesellschaftlichen<br />

Veränderungsprozess hingegen lange<br />

Zeit stiefmütterlich behandelt und erst spät<br />

für sich entdeckt. Entsprechend groß sind die<br />

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fundierter Forschung auf diesem Gebiet ist umso<br />

drängender, da existierende populärwissenschaftliche<br />

und journalistische Veröffentlichungen<br />

häufig das Schreckensszenario einer vergreisenden<br />

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Fortschrittsdenken, Innovations- und Reformfähigkeit<br />

durch ein starres Festhalten am Status-<br />

Quo verdrängt würden.<br />

Die Dissertation von Bettina Munimus nimmt den<br />

Umgang der beiden großen Volksparteien SPD<br />

und CDU mit diesem Thema in den Blick und<br />

schließt Teile dieser Forschungslücken. Im Rahmen<br />

der Arbeit werden drei Forschungsperspektiven<br />

eingenommen: Es wird erstens die personelle<br />

Repräsentation älterer Menschen in den<br />

Parteieliten und in den Parlamenten betrachtet.<br />

Zweitens beschäftigt sich die Autorin mit den<br />

parteiinternen Seniorenorganisationen von CDU<br />

(Senioren-Union) und SPD (Arbeitsgemeinschaft<br />

60Plus) und der Frage, inwiefern diese die kollektiven<br />

Interessen von Senioren in der jeweiligen<br />

Partei vertreten. Drittens untersucht Munimus<br />

anhand von vier ausgewählten Ortsvereinen beider<br />

Volksparteien die Integration älterer Menschen<br />

in das Parteileben auf lokaler Ebene.<br />

Im Anschluss an die Einleitung findet sich das<br />

konzeptionelle Kapitel der Arbeit. In dessen<br />

Rahmen wird die zugrundeliegende Definition<br />

von „Alter“ verdeutlicht, werden die politischen<br />

Generationen in Deutschland zeitlich voneinander<br />

abgrenzt und wird ansonsten der Forschungsstand<br />

hinsichtlich des zivilgesellschaftlichen und<br />

parteipolitischen Engagements älterer Menschen,<br />

ihres Wahlverhaltens und des allgemeinen<br />

Schrumpfens und Alterns der Volksparteien aufgezeigt.<br />

Im Unterkapitel zur Organisationsfähigkeit<br />

von Interessen der Älteren wird auf theoretische<br />

Ansätze zurückgegriffen (S. 70 ff.). So wird<br />

die Organisationsfähigkeit mit Hilfe der „Konflikttheorie“<br />

von Claus Offe, der „Logik des kollektiven<br />

Handelns“ nach Mancur Olson und dem<br />

Konzept der „kritischen Masse“ diskutiert. Leider<br />

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