Linksliberale Enterhaken - PRuF
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Rezensionen<br />
MIP 2013 19. Jhrg.<br />
Geissler formuliert aus den gewonnenen Erkenntnissen<br />
Reformüberlegungen für Österreich<br />
und wagt einen konkreten Formulierungsvorschlag<br />
für § 4 PartG (S. 177 ff.). Dieser orientiert<br />
sich stark an den Regelungen des deutschen Parteiengesetzes.<br />
Die Untersuchung von Geissler gibt einen tieferen<br />
Einblick in die Parteispendensystematik und<br />
damit auch in die Regelungssystematik des Parteienrechts<br />
in Österreich. Die vorgelegten konkreten<br />
Lösungsansätze verdienen Beachtung und<br />
haben die aktuelle Diskussion um Parteispenden<br />
qualitativ sicherlich angereichert. Dies zeigt die<br />
im Sommer 2012 durchgeführte umfassende Reformierung<br />
des Parteienrechts in Österreich. Hier<br />
spiegeln sich einige von Geissler herausgearbeitete<br />
Lösungsansätze wider. Für den Leser wäre<br />
es allerdings hilfreich gewesen, offensiver auf<br />
die Reformdiskussion in Österreich einzugehen<br />
und den Stand der Bearbeitung und die verwendeten<br />
Gesetzesfassungen deutlich herauszustellen.<br />
Die Lektüre des Buches erhellt die Hintergründe<br />
der Reformen in Sachen Parteispenden,<br />
zwingt den Leser allerdings zunächst einmal<br />
dazu, sich den derzeitigen Stand der Gesetzeslage<br />
zu erschließen.<br />
Dr. Heike Merten<br />
Julia Gerlach: Die Vereinsverbotspraxis der<br />
streitbaren Demokratie, Nomos, Baden-Baden<br />
2012, 570 S., ISBN 978-3-8329-7456-5, 89 €.<br />
Bei dem stattlichen Werk, das hier besprochen<br />
wird, handelt es sich um die ergänzte Fassung einer<br />
Dissertation aus dem Jahr 2011, die 2012 in<br />
der Reihe „Extremismus und Demokratie“ erschienen<br />
ist. Dass der Doktorvater Eckehard Jesse<br />
es sich nicht nehmen ließ, gemeinsam mit dem<br />
Mitherausgeber Uwe Backes die Arbeit im Vorwort<br />
eingehend und in sehr anerkennender Weise<br />
vorzustellen, darf als Ausdruck einer besonderen<br />
Wertschätzung des Werkes gedeutet werden.<br />
Die Autorin wendet sich mit den Vereinsverboten<br />
einem Thema zu, das ins Zentrum einer Diskussion<br />
über die „streitbare Demokratie“ gehört, welches<br />
aber häufig von dem spektakuläreren, jedoch<br />
praktisch weit weniger bedeutsamen Schwesterthema<br />
des Parteiverbots aus dem Rampenlicht gedrängt<br />
wird. Zudem legt die Autorin als Politikwissenschaftlerin<br />
ihr Augenmerk auf die politisch-sozialen<br />
Ursachen von Verboten und – das<br />
sei besonders hervorgehoben – auch von Nicht-<br />
Verboten. Dieser aufschlussreiche Blick auf die<br />
Triebkräfte hinter die juristische Mechanik der<br />
Vereinsverbote fehlte bisher und er ist umso erhellender,<br />
als er juristisch informiert erfolgt.<br />
Zentrale Frage der Studie ist es, welche Faktoren<br />
die deutsche Vereinsverbotspraxis bestimmen,<br />
und zwar nach dem Jahr 1990. Das Programm<br />
der Autorin zur Beantwortung dieser Frage ist<br />
umfangreich und anspruchsvoll: Nach einer Einleitung,<br />
die umfangreich in Literaturstand und<br />
Gang der Untersuchung einführt, folgen zwei<br />
Kapitel, die den Begriff der „Streitbaren Demokratie“<br />
sowie die rechtlichen Instrumente zu seiner<br />
Ausfüllung vorstellen. Damit ist der Bezugsrahmen<br />
des zentralen Problems theoretisch und<br />
in Teilen auch praktisch abgesteckt: Es geht um<br />
Freiheit und Sicherheit und um die Möglichkeiten,<br />
beide Werte zum Ausgleich zu bringen.<br />
Die anschließenden sechs Kapitel widmen sich<br />
der deutschen Verbotspraxis, und zwar zunächst<br />
zeitlich gestaffelt von 1949 bis 2010. In diesem<br />
Teil ihrer Arbeit entwickelt die Autorin eine eigene<br />
und durchdachte Typologie verschiedener<br />
Phasen der Verbotspraxis. Dann folgen fünf Kapitel,<br />
welche die Verbotspraxis seit der deutschen<br />
Wiedervereinigung behandeln. Hier wählt<br />
die Verfasserin eine praktische Gliederung: Sie<br />
teilt zunächst die Verbotsfälle ein in Verbote<br />
rechtsextremer, linksextremer kurdischer, linksextremer<br />
türkischer und schließlich islamistischer<br />
Organisationen. Dies ist von den Fallzahlen<br />
und den vermuteten Motivationen für die erfolgten<br />
Verbote her sinnvoll. Es schließt sich ein<br />
Kapitel an, das sich den nicht erfolgten Verboten<br />
widmet. Dieser Schritt ist zugleich äußerst sinnvoll<br />
wie auch in Bezug auf die Fallauswahl nicht<br />
ganz ohne Probleme. Zudem ist es von der Quellenlage<br />
her meist schwieriger, zu den Gründen<br />
eines Nicht-Verbotes eine Aussage zu treffen,<br />
als zu denen eines erfolgten Verbotes. Im Kontrast<br />
lassen Nicht-Verbote jedoch die Spezifika<br />
der erfolgten Verbote deutlicher hervortreten.<br />
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