Linksliberale Enterhaken - PRuF
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MIP 2013 19. Jhrg.<br />
Rezensionen<br />
Prüfverfahren beider Länder sich einen Erkenntnisgewinn<br />
verspricht. Geissler beginnt seine Untersuchung<br />
mit einer allgemeinen Einführung in<br />
die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Parteienfinanzierung<br />
in Österreich und in Deutschland.<br />
Für Österreich erläutert er dabei zunächst einmal<br />
den Parteibegriff (S. 33 ff.). In rechtlicher Hinsicht<br />
ist hier zu beachten, dass es mehrere Arten<br />
von „Parteien“ gibt, die jeweils eine eigene<br />
Rechtsstellung haben, aber funktionell aufeinander<br />
bezogen sind. Zum ersten sind dies die politischen<br />
Parteien, deren Rechtsgrundlage das Parteiengesetz<br />
darstellt. Zum zweiten ist dies die sog.<br />
wahlwerbende Partei (Wahlpartei), unter der eine<br />
Wählergruppe zu verstehen ist, die sich unter Führung<br />
einer unterschiedlichen Parteibezeichnung<br />
mit Wahlvorschlägen an einer Wahl beteiligt. Ihre<br />
Rechtsgrundlage ist die jeweilige Wahlordnung.<br />
Die wahlwerbende Partei ist von der politischen<br />
Partei grundsätzlich zu unterscheiden und hat eine<br />
zeitlich und sachlich beschränkte Rechtsfähigkeit.<br />
Die dritte Form ist die sog. Parlamentspartei oder<br />
auch parlamentarischer Klub. Dabei handelt es<br />
sich um Vereinigungen der Abgeordneten einer<br />
oder mehrerer wahlwerbender Partei(en), die sich<br />
auf Grund der Geschäftsordnung des betreffenden<br />
parlamentarischen Körpers konstituieren. Parlamentarische<br />
Klubs sind juristische Personen des<br />
Privatrechts, die eine von den dahinter stehenden<br />
politischen Parteien oder wahlwerbenden Parteien<br />
unabhängige Rechtspersönlichkeit aufweisen. Ihre<br />
finanzielle Ausstattung regelt sich nach dem<br />
Klubfördergesetz (KlubFG). Als viertes und letztes<br />
sind noch die sog. Parteiakademien zu nennen.<br />
Ihre Aufgabe ist es, staatsbürgerliche Bildungsarbeit<br />
der politischen Parteien zu realisieren. Parteiakademien<br />
sind zwar rechtlich selbständig und<br />
finanziell unabhängig, jedoch zwingend einer<br />
politischen Partei zuzuordnen. Ihre Finanzierung<br />
ergibt sich aus dem Publizistikförderungsgesetz<br />
(PubFG). Durch die Darstellung des Parteibegriffs<br />
im Normgefüge wird schon eine der besonderen<br />
Eigenarten des österreichischen Parteiensystems<br />
deutlich, nämlich die weite Verzweigung<br />
des politischen Lagers über ihre eigentliche<br />
politische Funktion hinaus. Für die Beurteilung<br />
der Zulässigkeit von Parteispenden sind alle diese<br />
Bereiche in den Blick zu nehmen.<br />
Die Darstellung der Rechtslage in Deutschland<br />
beginnt ebenfalls mit einer Klärung des Parteibegriffs,<br />
allerdings ohne den einfachgesetzlichen<br />
Parteibegriff aus § 2 Abs. 1 PartG zu hinterfragen<br />
und am verfassungsrechtlichen abzugleichen<br />
(S. 47 ff.). Die verfassungsrechtliche Vorgabe in<br />
Art. 21 GG und das deutsche Parteiengesetz<br />
werden kurz dargestellt. Neben dem Transparenzgebot<br />
wird die Parteienfreiheit und -gleichheit<br />
erwähnt. Die verfassungsrechtlich verankerte<br />
innerparteiliche Demokratie, die bei der Spendenannahme<br />
auf Ebene der gebietlichen Gliederungen<br />
der politischen Parteien in Deutschland<br />
eine nicht unerhebliche Rolle spielt, vernachlässigt<br />
Geissler ebenso wie die vielschichtige wissenschaftliche<br />
Diskussion um die sog. Umfeldoder<br />
auch Hilfsorganisationen der politischen<br />
Parteien. Etwa die Stiftungen und die Jugendorganisationen<br />
der politischen Parteien, deren Finanzierung<br />
aus den öffentlichen Haushalten,<br />
nach immer lauter werdenden Stimmen in der<br />
wissenschaftlichen Literatur und inzwischen<br />
auch aus der Rechtsprechung, zunehmend als<br />
staatliche Parteienfinanzierung qualifiziert wird.<br />
Der Autor stellt sodann die Parteispendenregelungen<br />
in Österreich und in Deutschland in allen<br />
Details dar und überprüft sie jeweils auch auf die<br />
Vereinbarkeit mit den Empfehlungen des Ministerrates.<br />
Österreich legt einen Spendenbegriff zugrunde,<br />
der ausschließlich auf Geldzuwendungen<br />
begrenzt ist. Geldwerte Leistungen scheiden<br />
daher als Parteispenden aus. Für Österreich<br />
kommt Geissler zu dem Ergebnis, dass die Regelungen<br />
zu den Parteispenden nicht in Einklang<br />
mit den Vorschlägen der GRECO stehen und erheblicher<br />
Reformbedarf bestehe. Auch für<br />
Deutschland macht Geissler neben Lob auch<br />
Kritikpunkte von GRECO aus. So wird etwa die<br />
Regulierung von Sponsoring angemahnt.<br />
In dem sich anschließenden Vergleich der beiden<br />
unterschiedlichen Systeme arbeitet Geissler heraus,<br />
dass Österreich ein deutlich liberales Parteispendensystem<br />
gewählt hat. Dies basiert im Bereich<br />
der privaten Parteienfinanzierung im Wesentlichen<br />
auf dem Vertrauen in die Parteien.<br />
Deutschland setzt dagegen auf Kontrolle und<br />
Sanktionen.<br />
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