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Linksliberale Enterhaken - PRuF

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MIP 2013 19. Jhrg.<br />

Rezensionen<br />

nach Ansicht von Dietlein und Riedel jedoch<br />

solche Gefahren abwehren, auch die jeweiligen<br />

Hauptverwaltungsbeamten mit weitreichenden<br />

Handlungsbefugnissen und etwa die Vorschriften<br />

über die vorläufige Haushaltsführung sind<br />

geeignet, die Gefährdung durch eine zersplitterte<br />

Kommunalvertretung abzumildern.<br />

Die Gefahr von Funktionsstörungen durch zersplitterte<br />

Kommunalvertretungen bewerten die<br />

Autoren insgesamt restriktiv. Nur für den Fall einer<br />

konkret nachweisbaren und nicht anders abwendbaren<br />

Beeinträchtigung der Funktionen von<br />

Gemeinderat oder Kreistag halten sie eine nicht<br />

landesweit einheitliche, sondern an die Umstände<br />

des jeweiligen Wahlgebietes angepasste Sperrklausel<br />

für angebracht.<br />

Die wissenschaftliche Diskussion über wahlrechtliche<br />

Zugangshürden wurde bisher vielfach<br />

mit unklaren und abstrakten Argumenten geführt.<br />

Insbesondere die Funktionsfähigkeit von<br />

Volksvertretungen wurde von Verfechtern der<br />

Zugangshürden als pauschaler Rechtfertigungsgrund<br />

für die Eingriffe in die Erfolgswertgleichheit<br />

der Wählerstimmen und die Chancengleichheit<br />

der Parteien angeführt. Die Untersuchung<br />

von Dietlein und Riedel bereichert die Einschätzung<br />

zulässiger Sperrklauseln im Kommunalwahlrecht<br />

mit genauen und praktisch handhabbaren<br />

Angaben dazu, wann relevante Einbußen der<br />

Funktionsfähigkeit der kommunalen Vertretungsorgane<br />

durch eine Zersplitterung drohen.<br />

Zudem erleichtert der Leitfaden für eine empirische<br />

Grundlagenforschung die Suche des Gesetzgebers<br />

nach einer zulässigen Form für eine<br />

mögliche Sperrklausel im nordrhein-westfälischen<br />

Kommunalwahlrecht.<br />

Hana Kühr<br />

Dan Felsenthal/Moshé Machover (Hrsg.):<br />

Electoral systems. Paradoxes, Assumptions,<br />

and Procedures, Springer, Heidelberg u.a.<br />

2012, 351 S., ISBN 978-3-642-20440-1, 121,99 €<br />

Bei dem besprochenen Werk handelt es sich um<br />

einen Sammelband, der die Ergebnisse einer<br />

Fachtagung zu Fragen der Theorie und Praxis<br />

von Wahlen enthält, die im August 2010 stattgefunden<br />

hat. Thema der Tagung und damit auch<br />

des Sammelbandes ist die Anfälligkeit bestimmter,<br />

auf die Wahl einer Person gerichteter Wahlsysteme<br />

für bestimmte Paradoxa. Der Rahmen<br />

ist aber weit gesteckt, auch das Problem des negativen<br />

Stimmgewichts im deutschen Wahlrecht<br />

(damals noch in Fassung des bis 2011 gültigen,<br />

aber bereits 2008 verworfenen BWahlG) wird<br />

darunter gefasst.<br />

Die zwei einleitenden Kapitel des Bandes befassen<br />

sich mit einer Klassifikation verschiedener<br />

Wahlsysteme und formulieren bestimmte Anforderungen<br />

an ihre Repräsentativität. Das dritte<br />

Kapitel gibt einen Überblick über 33 Wahlparadoxa,<br />

die bei den 18 untersuchten Wahlverfahren<br />

auftauchen können und führt jeweils Beispielrechnungen<br />

durch. Nach Lektüre dieser siebzig<br />

Seiten fragt man sich, was in Sachen Wahlparadoxa<br />

jetzt noch zu sagen übrig bleiben mag. Aber<br />

die folgenden Fallstudien bieten noch Erhebliches:<br />

Man erfährt von den Problemen des Präsidialwahlsystems<br />

in den Vereinigten Staaten, die<br />

anhand historischer Wahlen durchgespielt werden;<br />

der Leser wird informiert über die Paradoxa bei<br />

den französischen Regionalwahlen und die Möglichkeiten<br />

ihrer Minimierung und – für den deutschen<br />

Leser von speziellem Interesse – über die<br />

Monotoniestörungen (negatives Stimmgewicht)<br />

bei den Wahlen zum Deutschen Bundestag.<br />

Die Autoren dieses sechsten Kapitels (Olga<br />

Birkmeier, Kai-Friederike Oelbermann, Friedrich<br />

Pukelsheim und Matthias Rossi) schildern<br />

zunächst sehr knapp das Problem des negativen<br />

Stimmgewichts, wie es sich dem BVerfG in seiner<br />

Entscheidung von 2008 zur Nachwahl in<br />

Dresden von 2005 stellte und resümieren, dass<br />

die Kombination aus Verhältniswahl, direkter<br />

Personenwahl und Berücksichtigung des föderalen<br />

Aufbaus des Bundes diese Schwierigkeit verursache.<br />

Sie stellen dann vier grundlegende<br />

Möglichkeiten vor, dieses Paradox zu vermeiden<br />

oder zu minimieren (Mandatsverteilung nur innerhalb<br />

der Länder, Grabenwahl, Ausgleich der<br />

Überhangmandate und Eliminierung der Überhangmandate).<br />

Es schließt sich eine Analyse des<br />

gesetzgeberischen Spielraums nach dem Neuregelungsauftrag<br />

seitens des BVerfG aus dem Jahr<br />

2008 an, die zu dem Ergebnis gelangt, es komme<br />

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