Linksliberale Enterhaken - PRuF
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Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />
MIP 2013 19. Jhrg.<br />
einem Urteil. Die Klage des Vorsitzenden der<br />
klagenden politischen Partei wurde vom OVG<br />
Münster mangels Klagebefugnis als unzulässig<br />
abgewiesen. Das OVG schloss aus einer einschränkenden<br />
Auslegung des § 41 Abs. 1 S. 1<br />
KWahlG, Klage könne nur erheben, wer nach<br />
§ 39 Abs. 1 S. 1 KWahlG auch das Einspruchsrecht<br />
gegen die Gültigkeit der Wahl hat. Hiergegen,<br />
so das BVerwG, sei nichts einzuwenden.<br />
Jedoch führe diese Auslegung dazu, dass eine<br />
angestrebte Ungültigerklärung einer Wahl vor<br />
dem VG weiterverfolgt werden, nicht aber die<br />
Gültigkeit einer Wahl verteidigt werden könne.<br />
Dieser Zustand verstoße gegen Bundesrecht. Konkret<br />
werde der Grundsatz der Chancengleichheit<br />
politischer Parteien verletzt, der seine Grundlage<br />
in Art. 21 GG finde. Daraus folge, dass jeder Partei<br />
und Wählergruppe sowie ihren Wahlbewerbern<br />
grundsätzlich die gleichen Möglichkeiten im<br />
gesamten Wahlverfahren zukommen. Demnach<br />
müsse selbiges auch für das Wahlprüfungsverfahren<br />
gelten. Kann eine Partei gegen die Gültigkeit<br />
einer Wahl klagen, während eine andere diese<br />
nicht mittels Klage verteidigen kann, so stelle<br />
dies einen Verstoß gegen den Grundsatz der<br />
Gleichbehandlung dar, der nicht durch sachliche<br />
Gründe gerechtfertigt werden kann.<br />
Der StGH Baden-Württemberg 76 entschied über<br />
den Neuzuschnitt von Wahlkreisen. Soweit es<br />
um den rechtlichen Rahmen geht, konnte der<br />
Gerichtshof in vielen Gesichtspunkten auf die<br />
oben besprochene Entscheidung des BVerfG 77<br />
verweisen. Ähnlich wie nach ihm das BVerfG 78<br />
verweist er bei der Rechtfertigung von unterschiedlich<br />
großen Wahlkreisen auf die Schutzwürdigkeit<br />
der Personalwahl. Auch wenn gem.<br />
Art. 27 Abs. 3 S. 1 Verf. BW die Abgeordneten<br />
Vertreter des ganzen Volkes seien, werde durch<br />
die Direktwahl eine engere persönliche Bindung<br />
geknüpft. Im Übrigen kommt das Gericht zu dem<br />
Schluss, dass die Zielsetzung des Gesetzgebers,<br />
Wahlkreise zu bilden, die von der Durchschnitts-<br />
76<br />
StGH Baden-Württemberg, Urteil vom 22.05.2012 –<br />
GR 11/11, in: VBlBW 2012, S. 462-466.<br />
77<br />
BVerfG, Beschluss vom 31.01.2012 – 2 BvC 3/11, in:<br />
NVwZ 2012, S. 622-627.<br />
78<br />
BVerfG, Urteil vom 25.07.2012 – 2 BvE 9/11, 2 BvF<br />
3/11, 2 BvR 2670/11, in: NVwZ 2012, S. 1101-1115.<br />
größe nicht mehr als +/- 15% abweichen, sich im<br />
Rahmen des gesetzgeberischen Spielraumes halte<br />
und somit weder gegen Art. 27 Abs. 3 S. 1<br />
Verf. BW noch gegen das in Art. 23 Abs. 1 Verf.<br />
BW enthaltene Demokratieprinzip verstoße. Sogar<br />
eine Überschreitung dieser Grenzen in einem<br />
Fünftel der Fälle begründe noch keine verfassungsrechtlichen<br />
Bedenken. Eine Überprüfung<br />
der Festlegung einzelner Wahlkreise stehe<br />
grundsätzlich dem Gesetzgeber zu und könne<br />
durch den StGH nur dann einer strengeren Prüfung<br />
unterzogen werden, wenn die Einteilung<br />
auf sachfremden Erwägungen beruhe.<br />
Der VerfGH Bayern 79 entschied über eine Popularklage,<br />
deren Gegenstand das Gesetz zur Änderung<br />
des bayerischen Landeswahlgesetzes vom<br />
25. Oktober 2011 war. Im Einzelnen ging es um die<br />
Verringerung von Abgeordnetenmandaten für einige<br />
Wahlkreise sowie die Einteilung von Stimmkreisen.<br />
Der Gerichtshof konnte keinen Verstoß<br />
gegen die Bayerische Verfassung feststellen.<br />
Hinsichtlich der Verringerung der Abgeordnetenmandate<br />
in Oberpfalz und Oberfranken von<br />
17 auf 16 stellte ergab sich folgende Problematik:<br />
Wenn es für einen Wahlvorschlag, der landesweit<br />
5 % der Stimmen hat, aufgrund sonstiger<br />
Regeln des Wahlsystems erforderlich wäre,<br />
in einem oder mehreren Wahlkreisen mehr als<br />
4 % der dort abgegebenen Stimmen zu erlangen,<br />
um ein Mandat zu erhalten, käme zu der landesweiten<br />
Sperrwirkung faktisch eine zusätzlich<br />
wahlkreisbezogene hinzu. Ob eine solche Situation,<br />
welche die Wahlgleichheit verletzen würde,<br />
gerechtfertigt werden könnte, entscheidet der<br />
Gerichtshof nicht. Nach Betrachtung einiger Statistiken<br />
kommt es zu dem Schluss, dass auch<br />
nach Herabsetzung des Mandatskontingentes der<br />
Eintritt einer zusätzlichen faktischen Sperrwirkung<br />
nur so wenig wahrscheinlich sei, dass eine<br />
verfassungsrechtlich beachtliche Beeinträchtigung<br />
der Wahlgleichheit ausgeschlossen werden<br />
könne. Auch eine Erschwernis für kleinere Parteien<br />
habe nur geringes Gewicht. Bei derzeitiger<br />
Einteilung sei es ausgeschlossen, dass eine Par-<br />
79<br />
VerfGH Bayern, Entscheidung vom 04.10.2012 – Vf.14-<br />
VII-11, Vf. 20-VII-11, Vf. 21-VII-11, Vf. 1-VII-12,, in:<br />
NVwZ 2012, S. 1467 (Leitsatz), Volltext online veröffentlicht<br />
bei juris.<br />
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