Linksliberale Enterhaken - PRuF
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Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />
MIP 2013 19. Jhrg.<br />
teilung der Wahlkreise ein Spielraum zu. Wahlgleichheit<br />
lasse sich nur näherungsweise verwirklichen.<br />
Die Strenge der Gleichheitsanforderung<br />
werde dadurch gemildert, dass Wahlkreise<br />
im Verhältnis der Bevölkerungsanteile auf die<br />
einzelnen Länder zu verteilen sind, § 3 Abs. 1 S. 1<br />
Nr. 1 BWahlG. Zudem sollen gem. § 3 Abs. 1<br />
S. 1 Nrn. 4 und 5 BWahlG die Wahlkreise ein<br />
abgerundetes Ganzes bilden, historisch verwurzelte<br />
Verwaltungsgrenzen also nach Möglichkeit<br />
mit den Wahlkreisgrenzen deckungsgleich sein.<br />
Zum ersten Mal befasst sich das BVerfG hier mit<br />
der Frage, ob bei der Wahlkreiseinteilung auch die<br />
Zahl der minderjährigen Deutschen berücksichtigt<br />
werden darf. Art. 38 Abs. 1 GG stellt auf die Wahlberechtigten<br />
ab, das darin enthaltene Gleichheitserfordernis<br />
beansprucht Geltung im Verhältnis der<br />
Wahlberechtigten untereinander. Bei der Einteilung<br />
hat der Gesetzgeber für eine möglichst gleiche<br />
Anzahl Wahlberechtigter in den Wahlkreisen<br />
zu sorgen. Das Abstellen auf die Gesamtbevölkerung<br />
sei, so das Gericht, allerdings nur problematisch,<br />
wenn der Anteil Minderjähriger in den<br />
Wahlkreise nicht gleichmäßig verteilt sei.<br />
Laut BVerfG hat sich der Gesetzgeber an die Vorgaben<br />
des § 3 Abs. 1 BWahlG gehalten. Allerdings<br />
dürfe die Annahme einer bundesweit<br />
gleichmäßigen Verteilung der minderjährigen<br />
Deutschen nicht ohne weiteres auf den Zuschnitt<br />
der Wahlkreise übertragen werden. In Zukunft hat<br />
der Gesetzgeber den Anteil Minderjähriger bei<br />
der Einteilung zu berücksichtigen und falls erforderlich<br />
die Maßstabsnorm des § 3 Abs. 1 S. 1<br />
Nr. 2 BWahlG zu ändern. Die Nichtberücksichtigung<br />
bestehender Abweichungen in den Wahlkreisen<br />
bei der Einteilung zur Wahl des 17. Deutschen<br />
Bundestages begründet jedoch keinen<br />
Wahlfehler, weil nur wenige Fälle betroffen waren<br />
und der Gesetzgeber aufgrund der bis dahin unbestrittenen<br />
Annahme einer gleichmäßigen Verteilung<br />
Minderjähriger die Wahlkreiseinteilung<br />
ohne diese Kontrollüberlegung vornehmen durfte.<br />
Eine weitere Wahlprüfungsbeschwerde wies das<br />
BVerfG 62 als überwiegend unzulässig und im<br />
Übrigen offensichtlich unbegründet zurück. Der<br />
Beschwerdeführer focht ebenfalls die Gültigkeit<br />
62<br />
BVerfG, Beschluss vom 31.01.2012 – 2 BvC 11/11,<br />
online veröffentlicht bei juris.<br />
der Wahl zum 17. Deutschen Bundestag an und<br />
führte eine ganze Reihe unterschiedlicher<br />
Aspekte ins Feld. Die von ihm angefochtene Altersgrenze<br />
für das aktive Wahlrecht war durch<br />
das BVerfG bereits in einer früheren Entscheidung<br />
als verfassungskonform angesehen worden.<br />
Diese sei nicht an Art. 38 Abs. 1 GG zu messen,<br />
da sie in Art. 38 Abs. 2 HS. 1 GG auf gleicher<br />
Ebene wie die Wahlrechtsgrundsätze geregelt ist.<br />
Hinsichtlich der gerügten Nichtzulassung der<br />
„Partei für Arbeit, Rechtsstaat. Tierschutz, Elitenförderung<br />
und basisdemokratische Initiative“<br />
(DIE PARTEI) zur Bundestagswahl wies das<br />
Gericht auf den Charakter der Wahlprüfungsbeschwerde<br />
als Rechtsmittel gegen einen Beschluss<br />
des Deutschen Bundestages hin. Danach<br />
könnten nur solche Rügen berücksichtigt werden,<br />
die im Wahlprüfungsverfahren vor dem<br />
Bundestag bereits in unmissverständlicher und<br />
substantiierter Weise vorgetragen wurden. Dieser<br />
Voraussetzung werde die Rüge des Beschwerdeführers<br />
nicht gerecht. Auch das Vorbringen, die<br />
Wahlprüfungsgremien seien verfassungs- und<br />
europarechtswidrig sowie der Einwand gegen die<br />
Kandidatenaufstellung von Bündnis 90/Die Grünen<br />
scheiterte mangels eines substantiierten Sachvortrages.<br />
Die im Übrigen vorgetragenen Rügen<br />
scheiterten aus ähnlichem Grund bereits an der<br />
Nichteinhaltung entsprechender Fristen oder weil<br />
das BVerfG Entscheidungen in gleicher Sache<br />
bereits getroffen hatte. Insbesondere der Einwand,<br />
das gesamte Wahlrecht sei verfassungswidrig,<br />
weil seine wesentlichen Teile nicht in<br />
der Verfassung selbst geregelt seien, könne nach<br />
gefestigter Rechtsprechung nicht durchgreifen.<br />
Offensichtlich unbegründet sei auch die Wahlprüfungsbeschwerde<br />
63 betreffend den Regelungskomplex<br />
der §§ 6 und 7 BWahlG a.F. Das BVerfG<br />
hatte bereits entschieden, dass diese neu zu regeln<br />
seien, es jedoch hingenommen werden könne,<br />
dass die Sitze im 17. Deutschen Bundestag<br />
nach bisheriger Rechtslage zugeteilt wurden.<br />
Das BVerfG 64 befasste sich allerdings nun auch<br />
mit der Neufassung des § 6 BWahlG. Dabei<br />
63<br />
BVerfG, Beschluss vom 19.01.2012 – 2 BvC 12/11,<br />
online veröffentlicht bei juris.<br />
64<br />
BVerfG, Urteil vom 25.07.2012 – 2 BvE 9/11, 2 BvF<br />
3/11, 2 BvR 2670/11, in: NVwZ 2012, S. 1101-1115.<br />
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