Linksliberale Enterhaken - PRuF
Linksliberale Enterhaken - PRuF
Linksliberale Enterhaken - PRuF
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
MIP 2013 19. Jhrg.<br />
Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />
stätten dazu verpflichtet war, einer von der Fraktion<br />
organisierten Besuchergruppe eine Führung<br />
durch die Gedenkstätte Bautzen zu ermöglichen.<br />
Die Gedenkstätte hatte dies unter Verweis auf<br />
ihr Hausrecht und eine befürchtete parteipolitische<br />
Instrumentalisierung abgelehnt. Das OVG<br />
Bautzen gab dem Antrag, wie zuvor schon das<br />
VG Dresden 59 , statt. Die Stiftung sei unabhängig<br />
davon, ob das Benutzungsverhältnis der Gedenkstättenbesuche<br />
öffentlich-rechtlich oder zivilrechtlich<br />
ausgestaltet sei, an den allgemeinen Gleichheitssatz<br />
aus Art. 3 Abs. 1 GG gebunden, weil die<br />
Gedenkstätte dem allgemeinen Publikumsverkehr<br />
zugänglich gemacht worden sei. So lange sich die<br />
Benutzer an die allgemeinen Regeln der Benutzung<br />
hielten, seien sie unabhängig von ihrer politischen<br />
Gesinnung gleich zu behandeln. Dass die<br />
Besuchergruppe sich nicht an die Regeln halten<br />
werde, könne ohne ausreichende Anhaltspunkte<br />
nicht unterstellt werden. Notfalls müssten die<br />
Mitarbeiter vor Ort bei Störungen Hilfe der Ordnungs-<br />
und Polizeikräfte anfordern.<br />
Aller guten Dinge sind ja bekanntlich drei – so<br />
hatte die NPD auch vor dem VG Magdeburg 60<br />
ein Verfahren angestrengt. Dieses Mal ging es um<br />
einstweiligen Rechtsschutz gegen den Landesinnenminister<br />
von Mecklenburg-Vorpommern, der<br />
sich in einem Interview zu Straftaten, die von<br />
Personen aus der rechten Szene begangen wurden,<br />
äußerte. Hierbei stellte er einen Zusammenhang<br />
zwischen der NPD und den Straftaten her,<br />
indem er behauptete, die Täter seien zwar nicht<br />
NPD-Mitglieder, handelten aber „im Namen der<br />
NPD“. Die NPD verlangte im Eilverfahren vor<br />
dem Verwaltungsgericht Unterlassung.<br />
Das VG hat den Antrag als unbegründet abgelehnt.<br />
Nach Auffassung des Gerichts handelt es<br />
sich bei der Äußerung nicht um eine Tatsachenbehauptung,<br />
sondern um eine Meinungskundgabe.<br />
Sie erwecke beim Leser keine Vorstellung<br />
von konkreten Vorgängen. Die Meinungsäußerung<br />
greife zwar in das Recht der Partei auf<br />
Chancengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 iVm Art. 21<br />
Abs. 1 GG ein, sie sei aber verfassungsrechtlich<br />
59<br />
VG Dresden, Beschluss vom 16.04.2012 - 7 L 113/12,<br />
nicht veröffentlicht.<br />
60<br />
VG Magdeburg, Beschluss vom 07.02.2012 – 9 B<br />
2/12, online veröffentlicht bei juris.<br />
zulässig. Mitglieder der Landesregierung dürften<br />
neben ihrer administrativen Tätigkeit aktiv an<br />
der Auseinandersetzung zu aktuellen politischen<br />
Themen teilnehmen. Rechtliche Grenzen seien<br />
hier nicht überschritten, denn die Aussage habe<br />
sich an der Auseinandersetzung in der Sache orientiert.<br />
Inhalt sei die Rolle der NPD im Zusammenhang<br />
mit den zuvor bekannt gewordenen Taten<br />
des Nationalsozialistischen Untergrunds<br />
(NSU) gewesen. In diesem Rahmen dürfe ein<br />
Werturteil „auch dann geäußert werden, wenn es<br />
andere für falsch oder ungerecht halten.“<br />
Jasper Prigge<br />
5. Wahlrecht<br />
Das BVerfG 61 hatte über eine Wahlprüfungsbeschwerde<br />
zu entscheiden, die sich gegen die Gültigkeit<br />
der Wahl zum 17. Deutschen Bundestag<br />
richtete. Der Beschwerdeführer rügte eine Verletzung<br />
des Grundsatzes der Wahlrechtsgleichheit<br />
aus Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG bei der Einteilung<br />
des Wahlgebiets. Insbesondere rügte dieser,<br />
dass nicht auf die Zahl der Wahlberechtigten,<br />
sondern auf die deutsche Wohnbevölkerung abgestellt<br />
wurde.<br />
Wahlgleichheit fordert möglichst gleich große<br />
Wahlkreise. Das Risiko ungleich eingeteilter<br />
Wahlkreise – etwa durch einen nicht proportionalen<br />
Anteil an Kindern und Jugendlichen – besteht<br />
im Entstehen von Überhangmandaten. Ein<br />
Wahlkreismandat lässt sich so mit vergleichsweise<br />
weniger Stimmen erringen.<br />
Das Gericht stellte fest, dass es für die Beurteilung,<br />
ob jeder Stimme die gleichen Erfolgschancen<br />
zukommen, auf die tatsächlichen Verhältnisse<br />
bei der Entscheidung des Gesetzgebers ankomme.<br />
Das tatsächliche Stimmgewicht könne<br />
allerdings dabei nicht berücksichtigt werden, da<br />
dieses von vielen weiteren Faktoren wie etwa<br />
der Wahlbeteiligung beeinflusst werde. Den Gesetzgeber<br />
treffe allerdings eine Pflicht zur regelmäßigen<br />
Überprüfung der Einteilung der Wahlkreise<br />
sowie der entsprechenden Kriterien. Der<br />
bisherigen Rechtsprechung folgend, konstatiert<br />
das BVerfG, dem Gesetzgeber stehe bei der Ein-<br />
61<br />
BVerfG, Beschluss vom 31.01.2012 – 2 BvC 3/11, in:<br />
NVwZ 2012, S. 622-627.<br />
159