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Linksliberale Enterhaken - PRuF

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Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />

MIP 2013 19. Jhrg.<br />

4. Parteien und Parlamentsrecht<br />

Das BVerfG 55 hat in eigener Sache beraten und<br />

die Wahl von Bundesverfassungsrichtern durch<br />

einen Wahlausschuss des Deutschen Bundestages<br />

für verfassungsgemäß erklärt. Der Ausschuss<br />

besteht gem. § 6 BVerfGG aus zwölf Abgeordneten<br />

des Deutschen Bundestages, die nach Abs. 4<br />

zur Verschwiegenheit verpflichtet sind. Nach<br />

Auffassung des BVerfG hat der Bundestag seine<br />

Entscheidungsbefugnis bei der Richterwahl in<br />

verfassungsmäßiger Weise auf den Ausschuss<br />

übertragen. Soweit Abgeordnete durch die Übertragung<br />

von Entscheidungsbefugnissen auf einen<br />

beschließenden Ausschuss von der Mitwirkung<br />

an der parlamentarischen Entscheidungsfindung<br />

ausgeschlossen seien, könne dies zwar nur zum<br />

Schutz anderer Rechtsgüter mit Verfassungsrang<br />

und unter strikter Wahrung des Grundsatzes der<br />

Verhältnismäßigkeit geschehen. Ferner müsse der<br />

Grundsatz der Spiegelbildlichkeit gewahrt bleiben<br />

und die Informations- und Unterrichtungsmöglichkeiten<br />

der nicht beteiligten Abgeordneten<br />

dürften nicht über das unabdingbar notwendige<br />

Maß hinaus beschränkt werden. Die Übertragung<br />

der Wahl der Bundesverfassungsrichter<br />

auf einen Wahlausschuss lasse sich allerdings<br />

durch das gesetzgeberische Ziel der Regelung,<br />

das Ansehen des Gerichts und das Vertrauen in<br />

seine Unabhängigkeit zu festigen und damit seine<br />

Funktionsfähigkeit zu sichern, rechtfertigen.<br />

Der BGH 56 hatte darüber zu entscheiden, ob die<br />

Deutsche Post AG zur Beförderung einer Publikation<br />

der NPD-Fraktion im Sächsischen Landtag an<br />

200.000 Leipziger Haushalte verpflichtet ist. Die<br />

Post lehnte dies ab, während die Fraktion einen<br />

Kontrahierungszwang gemäß der Post-Universaldienstleistungsverordnung<br />

(PUDLV) behauptete.<br />

Das OLG Dresden 57 wies vorinstanzlich die<br />

Klage der Fraktion mit der Begründung ab, es<br />

55<br />

BVerfG, Beschluss vom 19.06.2012 – 2 BvC 2/10, in:<br />

NVwZ 2012, S. 967-969.<br />

56<br />

BGH, Urteil vom 20.09.2012 – I ZR 116/11, in:<br />

NJW 2013, S. 72-75.<br />

57<br />

OLG Dresden, Urteil vom 26.05.2011 – 8 U 147/11,<br />

online veröffentlicht bei juris; vorgehend LG Leipzig,<br />

Urteil vom 22.12.2010 – 1 O 1114/10, nicht veröffentlicht;<br />

vgl. auch H. Kühr, Parteienrecht im Spiegel der<br />

Rechtsprechung, MIP 2012, 153.<br />

handele sich bei der Publikation nicht um eine<br />

Zeitung im Sinne der Verordnung. Die Publikation<br />

diene nicht allein, wie es § 1 Abs. 1 Nr. 3<br />

PUDLV voraussetze, der Information der Öffentlichkeit<br />

über Tagesereignisse, Zeit- oder Fachfragen,<br />

sondern zumindest auch der Werbung für<br />

die Politik und Arbeit der Fraktion.<br />

Dem ist der BGH nicht gefolgt. Die Information<br />

der Öffentlichkeit über Tagesereignisse, Zeitoder<br />

Fachfragen müsse nicht der einzige Herausgabezweck<br />

der Publikation sein, damit sie vom<br />

Universaldienst erfasst werde. Zwar seien<br />

Druckschriften, die (auch) zu dem Zweck herausgegeben<br />

werden, den geschäftlichen Interessen<br />

ihrer Bezieher oder der Werbung für bestimmte<br />

Produkte zu dienen, grundsätzlich nicht<br />

vom Begriff der Universaldienstleistung erfasst,<br />

die klagende Fraktion verfolge solche geschäftlichen<br />

Interessen aber nicht. Es komme darüber<br />

hinaus unter Berücksichtigung des Grundrechts<br />

der Pressefreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG<br />

nicht auf den Inhalt der vertretenen Meinung an.<br />

Die Förderung parteipolitischer Ziele spreche<br />

dann nicht gegen einen Beförderungszwang,<br />

wenn sich die Begünstigung als Reflex aus einer<br />

einseitigen Berichterstattung ergebe. Andernfalls<br />

wäre auch die Betätigung von politischen Parteien<br />

in Gestalt der Parteipresse vom postalischen<br />

Universaldienst ausgeschlossen, der grundrechtliche<br />

Schutz der Parteipresse sei jedoch anerkannt.<br />

Die Berichterstattung sei auch presseüblich,<br />

weil sie – die gewisse politische Einseitigkeit<br />

außer Acht gelassen – keine werblichen Züge<br />

aufweise. Schließlich übe die Fraktion gem. § 1<br />

Abs. 2 Satz 2 des Sächsischen Fraktionsrechtsstellungsgesetzes<br />

auch keine staatliche Gewalt<br />

aus, sodass das Gebot der Staatsfreiheit dem<br />

Zwang zur Beförderung nicht entgegenstehe.<br />

Schließlich sei es entgegen der Ansicht des OLG<br />

Dresden auch nicht notwendig, die Sendungen<br />

einzeln zu adressieren. Hierfür fehle es an einer<br />

Regelung, die dieses Erfordernis enthielte.<br />

Ebenfalls die NPD-Fraktion im Sächsischen<br />

Landtag war es, die das OVG Bautzen 58 beschäftigte.<br />

Das Gericht hatte im Eilverfahren zu<br />

entscheiden, ob die Stiftung Sächsische Gedenk-<br />

58<br />

OVG Bautzen, Beschluss vom 20.04.2012 - 5 B<br />

193/12, online veröffentlicht bei juris.<br />

158

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