Linksliberale Enterhaken - PRuF
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MIP 2013 19. Jhrg.<br />
Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />
stalteten Rundfunksendungen entwickelten<br />
Grundsätzen sah das VG Köln 44 hierin keinen<br />
Verstoß gegen den Grundsatz der Chancengleichheit<br />
politischer Parteien. Das OVG Münster<br />
45 bestätigte das verwaltungsgerichtliche Urteil.<br />
Die Wahlarena, in der Repräsentanten politischer<br />
Parteien unter Leitung eines Journalisten<br />
zu wahlentscheidenden Themen Stellung nehmen<br />
bzw. diese Themen diskutieren, unterfällt<br />
dem Begriff der redaktionell gestalteten Fernsehsendung.<br />
Sowohl Themen und Personenauswahl,<br />
als auch Form, Ablauf und Zeitpunkt der Sendung<br />
werden ausschließlich vom WDR selbst im<br />
Rahmen seines Programmauftrags bestimmt.<br />
Anders als bei der Ausstrahlung von Wahlkampfspots<br />
werden deshalb, trotz einer von der<br />
Fernsehsendung möglicherweise ausgehenden<br />
Werbewirkung, keine Einrichtungen zur Verfügung<br />
gestellt oder andere öffentliche Leistungen<br />
gewährt, so dass § 5 Abs. 1 S. 1 PartG als Anspruchsgrundlage<br />
für den seitens Pro NRW geltend<br />
gemachten Teilhabeanspruch gegenüber<br />
dem WDR als einem Träger öffentlicher Gewalt<br />
schon tatbestandlich ausscheidet. Ein Anspruch<br />
auf chancengleiche Beteiligung an redaktionell<br />
gestalteten Rundfunk- und Fernsehsendungen<br />
kann aber grundsätzlich aus Art. 21 GG i.V.m.<br />
Art. 3 Abs. 1 GG folgen 46 . Das Recht auf Chancengleichheit<br />
steht allerdings im Widerstreit mit<br />
dem Grundrecht der Rundfunkfreiheit der öffentlich-rechtlichen<br />
Rundfunkanstalten. Die Rundfunkfreiheit<br />
ist zwar insoweit begrenzt, als sie<br />
nach dem Gebot der praktischen Konkordanz<br />
mit dem aus Art. 21 GG i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG<br />
44<br />
VG Köln, Beschluss vom 26.04.2012 – 6 L 502/12, in:<br />
NWVBl. 2012, S. 442-443.<br />
45<br />
OVG Münster, Beschluss vom 30.04.2012 – 13 B<br />
528/12, online veröffentlicht bei juris.<br />
46<br />
So auch schon BVerfGE 82, 54 (58 f.); OVG Hamburg,<br />
in: NJW 1988, S. 928 (928); VG Bremen, in: NJW<br />
1996, S. 141 (142); Ernst Benda, Rechtliche Perspektiven<br />
der Wahlwerbung im Rundfunk, in: NVwZ 1994,<br />
S. 521 (526); Stephan Michelfelder, Redaktionell gestaltete<br />
Wahlsendungen – Information oder Wahlpropaganda?,<br />
in: ZUM 1992, S. 163 (167); Reiner Klenke,<br />
Medienfreiheit und Chancengleichheit der Parteien, in:<br />
NWVBl. 1990, S. 334 (336); Erich Röper, Beteiligung<br />
von Parteien und Parteivertretern an Rundfunksendungen,<br />
in: NJW 1987, S. 2984 (2984); Alfred Grupp, Redaktionell<br />
gestaltete Rundfunksendungen vor Wahlen,<br />
in: ZRP 1983, S. 28 (29).<br />
folgenden Chancengleichheitsgrundsatz politischer<br />
Parteien zu einem Ausgleich zu bringen<br />
ist. Doch erlaubt die redaktionelle Gestaltungsfreiheit<br />
des Rundfunks, den Kreis der Teilnehmer<br />
im Interesse der praktischen Realisierbarkeit<br />
des journalistischen Konzepts zu beschränken.<br />
Die Grundrechtsausübung durch die Rundfunkanstalten<br />
unterliegt dann jedoch dem aus der<br />
Chancengleichheit folgenden Gebot der angemessenen<br />
Berücksichtigung aller relevanten<br />
Meinungen und des Verzichts auf insbesondere<br />
parteipolitische Einseitigkeit. Zur Gewährleistung<br />
dessen hat sich die Rundfunkanstalt bei der<br />
konzeptionellen Gestaltung der Sendung an<br />
sachgerechten, tragfähigen Differenzierungskriterien<br />
zu orientieren. Diese ergeben sich insbesondere<br />
aus der Bedeutung der Partei, die sich<br />
beispielsweise an den Ergebnissen der vorhergehenden<br />
Wahlen, aber auch an den Erfolgsaussichten<br />
für bevorstehende Wahlen messen lässt.<br />
Infolgedessen ist es auch nicht zu beanstanden,<br />
dass der WDR den „Spitzenkandidaten“ der Bürgerbewegung<br />
Pro NRW nicht in den Teilnehmerkreis<br />
der Wahlarena aufgenommen hat. Anders<br />
als bei der Piratenpartei schlossen sämtliche<br />
Wahlprognosen einen Einzug der Bürgerbewegung<br />
Pro NRW in den nordrhein-westfälischen<br />
Landtag aus.<br />
Dr. Alexandra Bäcker<br />
3. Parteienfinanzierung<br />
Dem BVerfG 47 wurde von der Piratenpartei eine<br />
Organklage gegen das am 23. August 2011 verkündete<br />
Änderungsgesetz des Parteiengesetzes<br />
und des Abgeordnetengesetzes vorgelegt. Darin<br />
wendete sich die Piratenpartei gegen den neuen<br />
Berechnungsmodus für die Festsetzung der staatlichen<br />
Teilfinanzierung der Parteien in § 19 a<br />
Abs. 5 S. 1 PartG. Durch die Veränderung des<br />
Berechnungsmodus, nach dem die Ansprüche<br />
nun zunächst auf das nach der sog. relativen<br />
Obergrenze erlaubte Maß gekürzt und erst danach<br />
die sog. absolute Obergrenze angewendet<br />
wird, erhielten die etablierten Parteien mehr und<br />
47<br />
Beschluss des BVerfG vom 20.06.2012 – 2 BvE 1/12;<br />
siehe auch H. Merten, Ein untauglicher „Piratenangriff“<br />
gegen das Parteiengesetz, in: MIP 2013, S. 136.<br />
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