Linksliberale Enterhaken - PRuF
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MIP 2013 19. Jhrg.<br />
Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />
Der Grundsatz der Chancengleichheit ist auch<br />
dann nicht verletzt, wenn Träger einer öffentlichen<br />
Einrichtung von politischen Parteien verlangen,<br />
dass sie eine Veranstalterhaftpflichtversicherung<br />
nachweisen. Die Überlassung eines<br />
Veranstaltungsraumes nur unter dieser Nutzungsbedingung<br />
ist, sofern sie von allen Nutzern<br />
– insbesondere von allen politischen Parteien –<br />
verlangt wird, nicht zu beanstanden. Es besteht<br />
keine Verpflichtung, den politischen Parteien<br />
Sonderkonditionen zu gewähren, sondern diese<br />
müssen sich an die allgemein für die Benutzung<br />
der öffentlichen Einrichtung oder die Gewährung<br />
sonstiger öffentlicher Leistungen aufgestellten<br />
Bestimmungen halten. Dies sah die NPD<br />
anders und versuchte im Wege des einstweiligen<br />
Rechtsschutzes die Stadt Günzburg dazu zu verpflichten,<br />
ihr Räume im Forum am Hofgarten<br />
zur Abhaltung eines Landesparteitags am<br />
24.11.2012 auch ohne Abschluss einer Veranstalterhaftpflichtversicherung<br />
zu überlassen. Die<br />
NPD unterlag dabei in drei Instanzen 33 . Dabei<br />
war dem Kreisverband Günzburg der NPD von<br />
früheren Veranstaltungen bekannt, dass die Stadt<br />
Günzburg neben der Stellung einer Kaution auch<br />
den Nachweis über den Abschluss einer Haftpflichtversicherung<br />
fordert. Nur war es der NPD<br />
diesmal nicht gelungen, einen auf die konkrete<br />
Veranstaltung Landesparteitag bezogenen Haftpflichtversicherungsvertrag<br />
vorzulegen, weshalb<br />
die Stadt Günzburg die Buchung zu Recht stornierte.<br />
Zwar hatte die NPD durchaus versucht,<br />
einen Versicherer zu finden, war bei diesem Unterfangen<br />
allerdings über Monate gescheitert.<br />
Diese Schwierigkeiten fallen jedoch in die Sphäre<br />
der NPD und ändern nichts an der rechtlichen<br />
Beurteilung des geltend gemachten Überlassungsanspruchs<br />
gegenüber der Stadt Günzburg.<br />
Beleg für die Schwierigkeiten der NPD bei ihrer<br />
Suche nach abschlusswilligen Haftpflichtversicherern<br />
ist auch ihr gescheiterter Versuch, einen<br />
öffentlich-rechtlichen Versicherer im Wege der<br />
einstweiligen Anordnung zum Abschluss einer<br />
Veranstaltungshaftpflichtversicherung für das Be-<br />
33<br />
BVerfG, Einstweilige Anordnung vom 23.11.2012 – 2<br />
BvQ 50/12; VGH München, Beschluss vom<br />
22.11.2012 – 4 CE 12.2511; VG Augsburg, Beschluss<br />
vom 16.11.2012 – Au 7 E 12.1447; Entscheidungen jeweils<br />
online veröffentlicht bei juris.<br />
treiben eines Standes beim 21. „Tag der Sachsen“<br />
in Freiberg zu verpflichten. Das OVG Bautzen 34<br />
entschied, dass sich ein solcher Anspruch im<br />
konkreten Fall nicht aus Art. 3 GG herleiten ließ,<br />
weil „weder vorgetragen noch ersichtlich sei,<br />
dass andere natürliche oder juristische Personen,<br />
die – mit gleich gelagertem Gefahrenpotential<br />
und gleich hohen Risiken – einen Verkaufs- oder<br />
Informationsstand beim 21. ‚Tag der Sachsen‘<br />
betreiben, hierzu bei der betreffenden Versicherung<br />
eine Veranstaltungshaftpflichtversicherung<br />
abgeschlossen haben“. Aus dem gleichen Grund<br />
scheidet § 5 PartG als Anspruchsgrundlage aus,<br />
der voraussetzt, dass die öffentliche Hand die<br />
begehrte Leistung generell auch politischen Parteien<br />
zur Verfügung stellt. Unmittelbar aus<br />
Art. 21 Abs. 1 GG könnten Leistungsansprüche<br />
nur dann folgen, wenn die Partei „andernfalls<br />
notleidend würde“. Auch dies sei jedoch nicht<br />
erkennbar. Der NPD sei eine parteipolitische Betätigung<br />
nicht unmöglich, nur weil sie mangels<br />
Versicherung den Stand nicht betreiben könne,<br />
vielmehr stünden andere Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit<br />
zur Verfügung. Und letztlich<br />
begründe auch der Vertrag mit der Stadt Freiberg<br />
über die Nutzung eines Standplatzes keinen Anspruch<br />
gegen die Versicherung, denn diese war<br />
am Vertragsschluss nicht beteiligt.<br />
Vor allem in den sog. Girokonten-Fällen verhilft<br />
demgegenüber das Notleidens-Argument rechtsextremistischen<br />
Parteien verschiedentlich zu einem<br />
Leistungsanspruch (auf Einrichtung oder<br />
Weiterführung eines Kontos) gegenüber öffentlich-rechtlichen<br />
Geldinstituten – allerdings nur<br />
wenn und soweit es tatsächlich an einer Möglichkeit<br />
zur Einrichtung und/oder Weiterführung<br />
eines Girokontos bei einem anderen Geldinstitut<br />
fehlt. Dabei sind die Anforderungen an den Vortrag<br />
der Anspruchsteller zur Begründung ihrer<br />
Notsituation und zum Beleg ihrer Bemühungen<br />
um eine anderweitige Kontoführung zwar durchaus<br />
hoch, aber mit Blick auf den angestrebten<br />
Kontrahierungszwang bei einem Dauerschuldverhältnis<br />
durchaus berechtigt; dies gilt insbe-<br />
34<br />
OVG Bautzen, Beschluss vom 06.09.2012 – 5 B<br />
326/12, online veröffentlicht bei juris, erstinstanzlich<br />
VG Dresden, Beschluss vom 05.09.2012 – 7 L 395/12,<br />
nicht veröffentlicht.<br />
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