Linksliberale Enterhaken - PRuF
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MIP 2013 19. Jhrg.<br />
Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />
stattungsort von Rudolf Heß, beteiligt war, bis<br />
die Aufmärsche 2005 verboten wurden. Das VG<br />
verwies aber auf die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts,<br />
das „zur Frage der Rechtmäßigkeit<br />
eines Versammlungsverbots aufgrund<br />
Annahme einer Tarnveranstaltung für andere<br />
Zwecke entschieden [hat], dass eine solche Annahme<br />
nur zur Grundlage eines Versammlungsverbots<br />
genommen werden kann, wenn die Versammlungsbehörde<br />
konkrete, auf diese Versammlung<br />
bezogene, Indizien der Tarnabsicht<br />
hat und unter Berücksichtigung möglicher Gegenindizien<br />
begründet, warum diesen kein maßgebendes<br />
Gewicht beizumessen ist. Bei der Deutung<br />
des geplanten inhaltlichen Anliegens muss<br />
das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters<br />
über Art und Inhalt der Veranstaltung […] berücksichtigt<br />
werden. Die Prüfung der Voraussetzungen<br />
eines Versammlungsverbots hat von den<br />
Angaben der Anmeldung auszugehen, es sei denn,<br />
es dränge sich auch bei grundrechtskonformer<br />
Deutung des Vorhabens der Eindruck auf, in<br />
Wahrheit sei ein anderer Inhalt geplant und der<br />
Veranstalter werde trotz der gesetzlichen Strafdrohung<br />
eine Versammlung anderen Inhalts und<br />
damit anderen Gefahrenpotentials durchführen<br />
als angemeldet.“ Eine solche Annahme ließ sich<br />
nach Ansicht des VG im zu entscheidenden Fall<br />
jedoch nicht begründen, da keine Anhaltspunkte<br />
dafür vorlagen, dass bei der Durchführung des<br />
Aufzugs letztlich vom angemeldeten Versammlungszweck<br />
abgewichen wird. „Eine Gedenkveranstaltung<br />
für Jürgen Rieger, die keine nach außen<br />
sichtbaren Hinweise auf Rudolf Heß aufweist,<br />
kann nicht unter das Tatbestandsmerkmal<br />
des Art. 15 Abs. 2 Nr. 2 BayVersG subsumiert<br />
werden, weil Jürgen Rieger an der Willkür- und<br />
Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus nicht<br />
beteiligt war.“ Soweit das Landratsamt Wunsiedel<br />
darauf abgestellt habe, dass bei der Vorjahresveranstaltung<br />
ein Transparent mit der Aufschrift<br />
„Wir gedenken dem Stellvertreter, einem<br />
Freund und Kameraden, einem liebevollen Vater“<br />
mitgeführt worden sei und dass hier eine bewusst<br />
zweideutige Formulierung gewählt worden<br />
sei, die einerseits formal gesehen sich auf<br />
Jürgen Rieger (als stellvertretenden Parteivorsitzenden)<br />
bezogen haben konnte, andererseits aber<br />
genauso eindeutig einen Bezug zu Rudolf Heß<br />
darstellte, ist es aus Sicht des Gerichts zwar<br />
nicht von der Hand zu weisen, dass diese Zweideutigkeit<br />
bewusst gewählt worden war, allerdings<br />
wäre eine damit verbundene Gefährdung<br />
der öffentlichen Sicherheit und Ordnung durch<br />
eine entsprechende Auflage als milderes Mittel<br />
aus dem Weg zu räumen gewesen.<br />
Eine für ein Versammlungsverbot nach Art. 15<br />
Abs. 1 BayVersG hinreichende unmittelbare Gefährdung<br />
der öffentliche Sicherheit oder Ordnung<br />
liegt allerdings vor, wenn der vorgesehene Kundgebungsort<br />
absolut ungeeignet für eine Versammlung<br />
ist. So entschied das VG Augsburg 19 in einem<br />
Verfahren auf Wiederherstellung der aufschiebenden<br />
Wirkung eines Widerspruchs der<br />
NPD gegen ein Versammlungsverbot für ihre geplante<br />
Kundgebung auf dem Rathausplatz in<br />
Augsburg. Dort befand sich auf einem Großteil<br />
der Fläche die Baustelleneinrichtung für Baumaßnahmen<br />
in der Innenstadt und es war bereits<br />
eine Vielzahl von Freischankflächen genehmigt,<br />
die einen weiteren, nicht unerheblichen Teil der<br />
Flächen beanspruchen. Nach den tatsächlichen<br />
Gegebenheiten kam es daher nicht in Betracht,<br />
dass die NPD wie beabsichtigt dort zusätzlich<br />
einen mit bedruckten Planen dekorierten 7,5t-<br />
LKW abstellte.<br />
Mit einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit<br />
wegen Verstoßes gegen das Landesfeiertagsgesetz<br />
begründeten sowohl der Landkreis Bad<br />
Dürkheim als auch der Rhein-Pfalz-Kreis ein<br />
Versammlungsverbot für einen von der NPD geplanten<br />
Trauermarsch am Volkstrauertag. Das<br />
VG Neustadt 20 bestätigte dieses Verbot als<br />
rechtmäßig. Am Volkstrauertag seien nach dem<br />
Landesfeiertagsgesetz ab 4.00 Uhr generell öffentliche<br />
Versammlungen und Aufzüge verboten,<br />
soweit sie nicht der Religionsausübung<br />
dienten oder dem Charakter des Feiertags entsprächen.<br />
Dabei schütze das Landesfeiertagsgesetz<br />
den Charakter des Volkstrauertags als Tag<br />
des stillen Gedenkens an die Opfer der beiden<br />
Weltkriege und des Nationalsozialismus. Der<br />
von der NPD konkret geplante Trauermarsch sei<br />
19<br />
VG Augsburg, Beschluss vom 30.07.2012 – Au 1 S<br />
12.992, online veröffentlicht bei juris.<br />
20<br />
VG Neustadt, Urteil vom 17.07.2012 – 5 K<br />
1163/11.NW, in: LKRZ 2012, S. 473.<br />
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