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Linksliberale Enterhaken - PRuF

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Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />

MIP 2013 19. Jhrg.<br />

schornsteinfegermeisters hergeleitet, die in ihrer<br />

Zielrichtung der Verfassungstreuepflicht für Beamte<br />

entsprechen: Es geht bei dem Einen wie<br />

dem Anderen um die Gewährleistung einer neutralen<br />

und objektiven Amtswaltung in einem demokratischen<br />

Verfassungsstaat 5 . Diese ist nach<br />

Auffassung des BVerwG nicht mehr gewährleistet,<br />

wenn die Gefahr besteht, dass ein Bezirksschornsteinfegermeister<br />

sich gegenüber Eigentümern<br />

und Besitzern von Grundstücken bei der<br />

Ausübung seines Berufes voreingenommen und<br />

diskriminierend verhält, insbesondere wenn diese<br />

einer ethnischen oder religiösen Minderheit<br />

angehören. Dabei muss es nicht bereits in der<br />

Vergangenheit zu einem entsprechenden, konkret<br />

nachweisbaren Verhalten gekommen sein.<br />

Die zuständige Behörde muss nicht abwarten<br />

bis sich die Gefahr realisiert. Es bedarf lediglich<br />

einer durch Tatsachen gestützten Prognose für<br />

das künftige Verhalten, wobei auch vergangenes<br />

außerberufliches, also privates Verhalten in den<br />

Blick genommen werden darf 6 , sofern dieses Anhaltspunkte<br />

für künftiges berufliches Verhalten<br />

bietet. Gleichwohl reicht allein die Mitgliedschaft<br />

in einer durch den Verfassungsschutz beobachteten<br />

Partei oder – wie hier – die Mitgliedschaft<br />

in einer Fraktion der NPD (ohne gleichzeitig<br />

Parteimitglied zu sein) nicht aus. Hinzutreten<br />

müssen weitere Handlungen oder Verhaltensweisen,<br />

die Anlass geben, an der Bereitschaft<br />

und Fähigkeit zu zweifeln, die beruflichen<br />

Aufgaben künftig unparteiisch und frei von jeglicher<br />

Diskriminierung wahrzunehmen. Derlei<br />

Zweifel sind bei dem Bezirksschornsteinfegermeister,<br />

der in dem Verfahren gegen den Widerruf<br />

seiner Bestellung geklagt hatte, durchaus angebracht.<br />

Dieser hatte sich in den Jahren 2001<br />

bis 2004 sowie 2006 und 2007 aktiv an „Totenehrungen“<br />

für die Mörder des Außenministers<br />

der Weimarer Republik, Walther Rathenau, beteiligt.<br />

Nach zutreffender Würdigung der tatsächlichen<br />

Umstände durch das BVerwG hat der Bezirksschornsteinfegermeister<br />

mit seinem Verhal-<br />

5<br />

Ausführlich zur Problematik Winfried Kluth (Hrsg.),<br />

Verfassungstreue jenseits des Beamtentums, 2011.<br />

6<br />

Kritisch zu diesem weiten Verständnis der persönlichen<br />

Zuverlässigkeit Michael Manke, Schwarzer Mann darf<br />

keine braune Weste tragen, in: Legal Tribune online vom<br />

08.12.2012, www.lto.de (abgerufen am 04.03.2012).<br />

ten – öffentlich – zum Ausdruck gebracht, dass<br />

er schwerste und antisemitische Straftaten billige<br />

und die Täter gar für verehrenswürdig halte. Das<br />

„Vertrauen der Bevölkerung und gerade von ethnischen<br />

oder religiösen Minderheiten in eine<br />

neutrale und unvoreingenommene Amtsführung<br />

deutscher Amtsträger ist nach den Erfahrungen<br />

der deutschen Geschichte stets prekär und gerade<br />

deshalb besonders wertvoll“ und im konkret zu<br />

entscheidenden Fall jedenfalls vorrangig gegenüber<br />

dem Interesse des Bezirksschornsteinfegermeisters<br />

an seiner Beleihung. Der Widerruf der<br />

Bestellung zum Bezirksschornsteinfegermeister<br />

war daher rechtmäßig.<br />

Mit einem Kehraus gegen Rechts begann auch<br />

der Landrat des Kyffhäuserkreises das neue Jahr,<br />

indem er die zunächst zu seinem Neujahrsempfang<br />

eingeladenen Kreistagsmitglieder der NPD<br />

im Einvernehmen mit den Mitveranstaltern – der<br />

Bundeswehr und einem Geldinstitut – wieder<br />

auslud, nachdem andere Eingeladene protestiert<br />

hatten. Ein NPD-Kreistagsmitglied mochte die<br />

Ausladung nicht klaglos hinnehmen und wandte<br />

sich mit einem Eilantrag an das VG Weimar 7 ,<br />

das allerdings keinen Rechtsverstoß erkennen<br />

konnte. Das Kreistagsmandat umfasse zwar das<br />

Recht, an Sitzungen des Kreistages sowie seiner<br />

Ausschüsse teilzunehmen (§§ 101 Abs. 3, 103,<br />

112 ThürKO) und hierzu Zutritt zu erhalten. Der<br />

Neujahrsempfang aber sei eine gesellschaftliche<br />

Veranstaltung, die in keinem engen sachlichen<br />

Zusammenhang mit der Arbeit des Kreistages<br />

stehe. Bei der Organisation solcher repräsentativer<br />

Veranstaltungen komme dem Landrat eigene<br />

Gestaltungskompetenz und grundsätzlich ein eigener<br />

Gestaltungsspielraum zu, in dessen Rahmen<br />

er grundsätzlich über Form, Umfang, Ablauf<br />

und insbesondere auch den Teilnehmerkreis<br />

entscheiden kann.<br />

Das Recht zu einer eigenen Auswahl der Gäste,<br />

das es dem Betreiber eines Wellnesshotels auch<br />

erlaubt, dem Vorsitzenden der NPD wegen dessen<br />

politischer Überzeugungen ein Hausverbot<br />

zu erteilen, hat nun auch der BGH 8 grundsätz-<br />

7<br />

VG Weimar, Beschluss vom 13.01.2012 – 3 E 27/12<br />

We, in: NVwZ-RR, S. 486.<br />

8<br />

BGH, Urteil vom 09.03.2012 – V ZR 115/11, in: JZ<br />

2012, S. 686-688.<br />

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