Linksliberale Enterhaken - PRuF
Linksliberale Enterhaken - PRuF
Linksliberale Enterhaken - PRuF
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
MIP 2013 19. Jhrg.<br />
Parteienrecht im Spiegel der Rechtsprechung<br />
Parteienrecht im Spiegel der<br />
Rechtsprechung<br />
1. Grundlagen zum Parteienrecht<br />
Von den Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes<br />
wird ein Bekenntnis zur „freiheitlich-demokratischen<br />
Grundordnung“ verlangt. Die Pflicht zur<br />
Verfassungstreue ist für Beamte in Art. 33 GG<br />
grundgesetzlich angelegt und einfachgesetzlich<br />
in den Beamtengesetzen konkretisiert (s. etwa § 33<br />
BeamtStG oder §§ 7 Abs. 1 Nr. 2 und 60 Abs. 1<br />
S. 2 BBG). Auch für die Angestellten und Arbeiter<br />
des öffentlichen Dienstes findet sich eine entsprechende<br />
Verpflichtung in den Tarifverträgen des<br />
öffentlichen Dienstes (vgl. nur § 41 TVöD BT-V),<br />
jedenfalls soweit sie mit der Wahrnehmung hoheitlicher<br />
Aufgaben betraut sind. Dem liegt der<br />
Gedanke einer neutralen und objektiven Amtswaltung<br />
in einem demokratischen Verfassungsstaat<br />
zugrunde. Deshalb ist es auch nicht zu beanstanden,<br />
wenn ein Polizeibeamter (Polizeihauptkommissar),<br />
der Kreisverbands- und stellvertretender<br />
Landesvorsitzender einer unter Beobachtung des<br />
Verfassungsschutzes stehenden politischen Partei<br />
(Pro NRW) ist und in öffentlichen Stellungnahmen<br />
„mehrfach pointiert im Zusammenhang mit<br />
ausländischen Mitbewohnern seine ‚Wut‘ ausdrückt“,<br />
einer „besonders engen Dienstaufsicht“<br />
unterstellt wird. Zu Recht hat das VG Aachen 1 in<br />
dem konkreten Verhalten des Beamten hinreichend<br />
Anlass für die Maßnahme des Dienstherrn<br />
gesehen, der ein berechtigtes Interesse daran hat,<br />
festzustellen, ob die in den Äußerungen zum Ausdruck<br />
kommende Haltung auch die Diensthandlungen<br />
des Beamten bestimmt.<br />
Der Verfassungstreuepflicht recht nahekommende<br />
Maßstäbe hat das BVerwG 2 nun auch bei der<br />
Beurteilung der persönlichen Zuverlässigkeit eines<br />
Bezirksschornsteinfegermeisters als einem<br />
mit öffentlichen Aufgaben beliehenen Privaten<br />
angelegt. Die Beleihung macht den Beliehenen<br />
nicht zum Beamten oder stellt ihn in ein Dienst-<br />
1<br />
VG Aachen, Urteil vom 15.03.2012 – 1 K 190/11, online<br />
veröffentlicht bei juris.<br />
2<br />
BVerwG, Urteil vom 07.11.2012 – 8 C 28/11, online<br />
veröffentlicht bei juris.<br />
verhältnis. Er ist zwar mit der hoheitlichen<br />
Wahrnehmung bestimmter Verwaltungsaufgaben<br />
betraut, unterliegt aber als Angehöriger des<br />
Handwerks (früher § 3 Abs. 2 S. 1 SchfG, seit<br />
01.01.2013 § 8 Abs. 2 SchfHwG) lediglich aus<br />
bau- und feuerpolizeilichen Gründen öffentlichrechtlichen<br />
Verpflichtungen 3 . Eine allgemeine<br />
Verfassungstreuepflicht – wie sie für die im öffentlichen<br />
Dienst Beschäftigten geregelt ist – besteht<br />
für Bezirksschornsteinfegermeister jedoch<br />
nicht. Eine Bestellung zum Bezirksschornsteinfegermeister<br />
(seit dem 01.01.2013 „bevollmächtigter<br />
Bezirksschornsteinfegermeister“, s. § 8 Abs. 1<br />
SchfHwG) darf aber bei Fehlen der persönlichen<br />
und fachlichen Zuverlässigkeit der beliehenen<br />
Person für die Ausübung des Amtes widerrufen<br />
werden (s. § 11 Abs. 2 Nr. 1 SchfG und seit dem<br />
01.01.2013 § 12 Abs. 1 Nr. 2 SchfHwG). „Die<br />
Aufgabenerfüllung des Bezirksschornsteinfegermeisters<br />
hat danach nicht nur handwerklichen<br />
Maßstäben zu genügen, sondern muss auch den<br />
wesentlichen Anforderungen entsprechen, welche<br />
der Rechtsstaat an Träger öffentlicher Gewalt<br />
allgemein stellt. Die rechtsstaatliche Gebundenheit<br />
dieses Verwaltungshandelns erschöpft sich<br />
danach nicht lediglich in ‚richtiger‘ Aufgabenerledigung,<br />
sondern begründet auch allgemeine<br />
Verhaltenspflichten im Umgang mit den Bürgern.<br />
Diese besonderen Verpflichtungen ergeben<br />
sich […] nicht zuletzt daraus, dass dem Bezirksschornsteinfegermeister<br />
ein gesetzliches Recht<br />
zum Betreten von Grundstücken bzw. Wohnungen<br />
eingeräumt und ein Kehrbezirk übertragen<br />
worden ist, welchem sich die betreffenden Einwohner<br />
grundsätzlich nicht entziehen können.“ 4<br />
Das BVerwG hat aus diesen mit der Beleihung<br />
einhergehenden Befugnissen zu eingriffsintensiven<br />
grundrechtsrelevanten Maßnahmen ohne Ausweichmöglichkeit<br />
gesteigerte Anforderungen an<br />
die persönliche Zuverlässigkeit eines Bezirks-<br />
3<br />
So erstinstanzlich das VG Halle, Urteil vom 29.04.2010<br />
– 1 A 99/08 HAL, online veröffentlicht bei juris, unter<br />
Hinweis auf BVerfGE 1, 264 ff. (konkret S. 271).<br />
4<br />
So in der Berufungsinstanz auch das OVG Magdeburg,<br />
Urteil vom 10.11.2011 – 1 L 103/10, online veröffentlicht<br />
bei juris, das allerdings – wie das VG Halle in<br />
erster Instanz, aber anders als das BVerwG – die erforderliche<br />
persönliche Zuverlässigkeit für die Ausübung<br />
des Berufes im konkreten Fall als gegeben erachtete.<br />
143