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Linksliberale Enterhaken - PRuF

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Aufgespießt Mai Cheng – Herausforderungen für die Parteireform in der chinesischen Verfassung [...] MIP 2013 19. Jhrg.<br />

lität in China. Theoretisch gibt es in China nicht<br />

ein Einparteisystem, sondern genauer ein „Leitung<br />

durch eine Partei, Zusammenarbeit von<br />

mehreren Parteien“-System. Abgesehen von der<br />

KPC existieren noch acht weitere sogenannte demokratische<br />

Parteien. Jede dieser acht demokratischen<br />

Parteien hat sich freiwillig unter die politische<br />

Leitung der KPC gestellt. Deshalb ist<br />

nicht zu erwarten, dass die formale Einführung<br />

eines Mehrparteiensystems alle Probleme lösen<br />

kann. Darüber hinaus sind Mechanismen zu entwickeln,<br />

die geeignet sind, Aktivitäten von Parteien<br />

zu verhindern, die Präventionsmechanismen<br />

zu Fall zu bringen. Hier stellt sich die Frage,<br />

ob es dienlich ist, zusätzliche Bestimmungen<br />

für die Grenzen von Parteiaktivitäten neben einer<br />

formalen Gewaltenteilung in der Verfassung<br />

zu erlassen? An dieser Stelle können das Parteiprivileg<br />

und die Voraussetzungen eines Parteiverbots<br />

aus dem deutschen GG aufschlussreich<br />

sein.<br />

Angesichts der Tatsache, dass China ein riesiger<br />

Staat ist, dessen Bevölkerung aus offiziell 56<br />

ethnischen Gruppen besteht, müsste eine demokratische<br />

Verfassung, die diesen Namen verdient,<br />

ernsthaften Respekt für lokale Autonomie<br />

erkennen lassen und einige föderalistische Elemente<br />

beinhalten. Darin ist das vierte Problem<br />

für eine Änderung der chinesischen Verfassung<br />

zu sehen. Wenn es in einem diktatorischen Staat<br />

in bestimmten Regionen schon starke separatistische<br />

Tendenzen gibt, wird dieser Staat mit der<br />

Einführung föderalistischer Elemente im Zusammenspiel<br />

mit einem Mehrparteiensystem wahrscheinlich<br />

auseinander fallen. Der Fall Jugoslawien<br />

kann als warnendes Beispiel angesehen<br />

werden. Entsprechende Bedenken lassen sich für<br />

China auch nicht ganz von der Hand weisen,<br />

weil es in China bereits bestimmte Regionen mit<br />

schweren separatistischen Neigungen gibt, zum<br />

Beispiel Tibet und die islamische Region. Bei<br />

Einführung eines Mehrparteiensystems mit dem<br />

Grundsatz der Parteienfreiheit können sich diese<br />

ethnischen Gruppen viel besser organisieren und<br />

sich damit gegenüber der Zentralregierung in<br />

eine bessere Verhandlungsposition bringen.<br />

Selbst extreme Forderungen, wie nach einem<br />

souveränen Status, könnten verfolgt werden,<br />

welche die Zentralregierung, ob diktatorisch<br />

oder demokratisch, kaum hinnehmen kann. Für<br />

den Verfassungstransformationsprozess würde<br />

es definitiv als Symbol des Misserfolgs gelten,<br />

wenn sich infolgedessen irgendeine Region von<br />

China ablösen würde. Ein weiteres Forschungsinteresse<br />

muss deshalb der Frage gelten, wie sich<br />

– am Beispiel Deutschlands – das Mehrparteiensystem<br />

und der Föderalismus gegenseitig beeinflussen.<br />

Wenn z.B. insbesondere etablierte Parteien<br />

es anstreben würden, mehr Einfluss auf nationaler<br />

Ebene ausüben zu können, könnten diese<br />

Parteien möglicherweise auch als Kohäsionskraft<br />

für die Geschlossenheit des Staates wirken.<br />

Schlussendlich, nachdem die vorgenannten Fragestellungen<br />

untersucht und diskutiert wurden,<br />

ist noch eine letzte Frage zu beantworten: Wie<br />

könnte der Parteienstatus in der künftigen chinesischen<br />

Verfassung ausgestaltet sein? Nach heutigem<br />

Verständnis steht die KPC eigentlich außerhalb<br />

oder genauer gesagt oberhalb der chinesischen<br />

Verfassung. Die Verfassung enthält gar<br />

keine Bestimmung, die den verfassungsrechtlichen<br />

Status der KPC erwähnt. Vor diesem Hintergrund<br />

ließe sich argumentieren, dass die KPC<br />

nur einen politischen Einfluss auf den Staat und<br />

das Volk nimmt, weshalb ihr auch keine unmittelbare<br />

verfassungsrechtliche Schranke gesetzt<br />

werden könne. Allerdings wird die aktuelle politische<br />

Situation offenbar immer instabiler. Infolgedessen<br />

scheint es in der Zukunft zumindest<br />

möglich, dass auch die KPC – wie andere Parteien<br />

in den meisten anderen Ländern – dem Verfassungsrecht<br />

unterstellt und von der Verfassung<br />

kontrolliert wird. Denkbar ist aber auch, dass<br />

nach einer milden Verfassungsreform die KPC<br />

in die Verfassung aufgenommen wird und ihr offizieller<br />

Status vollumfänglich in der Verfassung<br />

abgesichert wird. Auch nicht auszuschließen ist,<br />

dass, als ein Kompromiss zwischen der Opposition<br />

und der KPC, die KPC nur teilweise aber direkt<br />

von der Verfassung geregelt wird.<br />

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