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Linksliberale Enterhaken - PRuF

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MIP 2013 19. Jhrg. Aiko Wagner/Antonia May – <strong>Linksliberale</strong> <strong>Enterhaken</strong> [...] Aufgespießt<br />

also auf die Fragen, wie und unter welchen Verfahrensregeln<br />

Politik betrieben werden sollte. 8<br />

Zwei Einschätzungen zur Piratenpartei sind zu<br />

unterscheiden. Die erste ist die der medialen Öffentlichkeit.<br />

Die Berichterstattung ging vor allem<br />

während des Popularitätshochs davon aus, dass<br />

die Piratenpartei Wählergruppen anspräche, die<br />

sich im bisherigen Politikbetrieb nicht wiedergefunden<br />

hätten und nun, jenseits des bestehenden<br />

Parteienspektrums, ihre politische Heimat fänden.<br />

Dementsprechend wurde den Piraten eine<br />

Wählerklientel aus Protestwählern und Politikverdrossenen<br />

attestiert, die bislang oftmals den<br />

Weg an die Wahlurnen nicht gefunden hätten. In<br />

diesem Zusammenhang wurde eine ideologische<br />

Nicht-Verortbarkeit der Piratenpartei unterstrichen<br />

und lediglich soziodemographische Auffälligkeiten<br />

der Mitglieder wie der Anhängerschaft<br />

herausgestellt. Die andere Position wird vermehrt<br />

von politikwissenschaftlichen Arbeiten<br />

auf empirischer Basis eingenommen. Hier mehren<br />

sich die Stimmen, die den parlamentarischen<br />

Neuling klar in der linksliberalen Sphäre verorten.<br />

9 Damit stünden die Piraten in direkter Konkurrenz<br />

zu den Bündnisgrünen, zur SPD und der<br />

Linken.<br />

Trifft die erste Position, die eine Verortungsmöglichkeit<br />

der Piraten verneint, zu, wäre eine<br />

Positionierung der Piratenanhänger im politischen<br />

Raum zusammen mit denen anderer Parteien<br />

nicht sinnvoll möglich. Die Partei wäre<br />

vornehmlich durch den Politikstil charakterisiert<br />

und eine Beschreibung als neuartig, als Partei<br />

sui generis, nicht überzogen. Sind die Piraten,<br />

wie die zweite Position nahe legt, lediglich eine<br />

neue Ausdifferenzierung des linksliberalen<br />

Spektrums, sollte eine Einordnung der Sympa-<br />

8<br />

Zu Liquid Feedback-Prozeduren siehe z.B. Simon T.<br />

Franzmann 2012: Wie der Erfolg der Piratenpartei Gesellschaft,<br />

Politik und Politikwissenschaft herausfordert,<br />

in: MIP 18, S. 123-126, und Sebastian Buck<br />

2012: Liquid Democracy – eine Realisierung deliberativer<br />

Hoffnungen? Zum Selbstverständnis der Piratenpartei,<br />

in: ZParl. (3), S. 626-635.<br />

9<br />

Siehe den sehr lesenswerten Überblick von Marc Debus<br />

und Thorsten Faas 2013: Die Piratenpartei in der ideologisch-programmatischen<br />

Parteienkonstellation Deutschlands:<br />

Das Füllen einer Lücke?, in: Oskar Niedermayer<br />

(Hrsg.): Die Piratenpartei, Springer VS, S. 175-188.<br />

thisierenden der Piraten in den bisherigen Politikraum<br />

möglich sein. Nach einem kurzen Blick auf<br />

die soziodemographischen Charakteristika der<br />

Piratenanhängerschaft fragen wir daher, wo sie<br />

im Politikraum ihre Heimat hat, wenn sie sich<br />

denn zwischen den üblichen Polen ‚links’ und<br />

‚rechts’ verorten lässt.<br />

Mittlerweile sind die soziodemographischen Eigenheiten<br />

der Wähler- und Mitgliederklientel der<br />

Piratenpartei weitgehend bekannt. 10 Es finden<br />

sich daher auch wenig überraschend die medial<br />

diskutierten Besonderheiten der Piratenmitglieder<br />

ebenso unter den hier untersuchten Sympathisanten<br />

wieder – sowohl der Männeranteil als<br />

auch der Anteil der unter 35jährigen ist höher als<br />

für jede der anderen Parteien.<br />

Für das politische Verhalten sind jedoch politische<br />

Einstellungen von größerer Relevanz als<br />

sozialstrukturelle Charakteristika einer Person.<br />

Welche Positionen vertreten die Sympathisanten<br />

der Piraten inhaltlich? Abbildung 1 zeigt dazu<br />

auf der x-Achse die mittlere ideologische Selbsteinschätzung<br />

der Sympathisanten der im Bundestag<br />

vertretenen Parteien, der Piratenanhängerschaft<br />

sowie der Nichtwähler. Erkennbar<br />

wird die Trennung der Wählerschaft in bürgerliches<br />

und linkes Lager. Sympathisierende der Piraten<br />

lassen sich in ihrer ideologischen Selbstverortung<br />

zwischen denen der SPD und Bündnis90/Die<br />

Grünen finden. 11 Sie sind damit Teil<br />

eines differenzierteren Mitte-Links-Lagers und<br />

treten dadurch insbesondere mit diesen Parteien<br />

in den Wettbewerb um Wählerstimmen. Die<br />

Selbsteinordnung zwischen links und rechts<br />

funktioniert dabei für die Piraten ebenso gut wie<br />

für die Anhängerschaften der anderen Parteien:<br />

Über 87 Prozent der Piratenanhänger können<br />

10<br />

Siehe dazu beispielsweise die Darstellungen bei Oskar<br />

Niedermayer 2013: Die Wähler der Piratenpartei: wo<br />

kommen sie her, wer sind sie und was bewegt sie zur<br />

Piratenwahl?, in: ders. (Hrsg.): Die Piratenpartei,<br />

Springer VS, S. 63-74, und Stefanie Haas und Richard<br />

Hilmer 2013: Backboard oder Steuerboard: Wo stehen<br />

die Piraten politisch?, in: Oskar Niedermayer (Hrsg.):<br />

Die Piratenpartei, Springer VS, S. 75-80.<br />

11<br />

Vgl. ähnlich Holger Onken und Sebastian H. Schneider<br />

2012: Entern, kentern oder auflaufen? Zu den Aussichten<br />

der Piratenpartei im deutschen Parteiensystem, in:<br />

ZParl. (3), S. 609-625.<br />

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