Linksliberale Enterhaken - PRuF
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Aufsätze Ani Smith-Dagesyan – Die Grüne Partei Libanons – eine Partei des Wandels in einem starren Parteiensystem MIP 2013 19. Jhrg.<br />
ten auf einem relativ kleinen Territorium. Der<br />
langjährige Bürgerkrieg und die Unruhen von<br />
2006 haben die im Libanon herrschende Zerklüftung<br />
zusätzlich verschärft. Neben konfessioneller<br />
Zerklüftung besteht auch eine regionale und<br />
soziale Fragmentierung. Das Bild der Gesellschaft<br />
spiegelt sich auch im Parteiensystem Libanons<br />
wider. Dieses ist traditionell stark polarisiert<br />
und fragmentiert. Infolgedessen spielt auch<br />
das konfessionelle Element in der Parteipolitik<br />
Libanons die bedeutendste Rolle. Die meisten<br />
Parteien und politischen Bewegungen werden<br />
auf Grundlage der Zugehörigkeit zu bestimmten<br />
Religionsgemeinschaften gegründet und sind<br />
entweder in Ideologie oder in der Praxis mit einer<br />
einzigen Religionsgemeinschaft oder einer<br />
ethnischen Gruppe verbunden.<br />
Dementsprechend wird jede Konfession durch<br />
mindestens eine Partei repräsentiert und rekrutiert<br />
ihre Anhängerschaft größtenteils aus jeweils<br />
einer Religionsgruppe. Es gibt keine für Westeuropa<br />
typischen Massenparteien. Die säkularen<br />
Parteien sind ebenfalls nicht in der Lage in der<br />
Landespolitik eine wesentliche Rolle zu übernehmen.<br />
Das Wahlsystem im Libanon trägt hiermit<br />
zur Marginalisierung und Fragmentierung<br />
der politischen Parteienlandschaft bei.<br />
Neben der konfessionellen Zugehörigkeit spielen<br />
auch Clanloyalitäten und komplexe Patronageund<br />
Klientelismusstrukturen (Zu’ama’-System)<br />
eine große Rolle. Das heißt, die Parteien werden<br />
rund um bekannte Persönlichkeiten und Clane<br />
gebildet und die Zugehörigkeit und Unterstützung<br />
eines Zu’ama’ ist ein wichtiger Faktor im<br />
Hinblick auf den Zugang zu sozialen Leistungen<br />
und Ressourcen wie zum Beispiel Bildung, Gesundheit<br />
und Beruf.<br />
Politische Parteien<br />
Libanon hat – im Gegensatz zu vielen anderen<br />
arabischen Staaten – ein pluralistisches Parteiensystem.<br />
Es existieren zahlreiche politische Parteien.<br />
Laut offiziellen Angaben gab es während<br />
des Bürgerkrieges etwa 230 Parteien und Gruppierungen,<br />
Anfang der 1990er Jahre nahezu 160.<br />
Im Jahr 2005 ist die Zahl auf etwa 30 Parteien<br />
zurückgegangen. Diese können grob folgendermaßen<br />
klassifiziert werden:<br />
• legale Parteien<br />
• illegale Parteien.<br />
Im Jahr 1992, direkt nach dem Ende des Bürgerkriegs,<br />
wurden die Aktivitäten von nahezu 138<br />
Parteien und verschiedenen Vereinigungen durch<br />
einen Beschluss des Innenministeriums verboten,<br />
vor allem diejenigen der pro-irakischen Baath-<br />
Partei von A. Al-Majid Rafei (Flügel Nationales<br />
Kommando), der Partei des Front Populaire und<br />
der Revolutionären Arabischen Arbeiterpartei.<br />
Die heutigen Dissidenten-Bewegungen sind<br />
nicht unbedingt illegal. Durch ihre politische<br />
Orientierung stehen diese in Opposition zur aktuellen<br />
libanesischen Regierung.<br />
Einige Parteimitglieder dieser für „illegal“ erklärten<br />
Parteien wurden in den 1990er Jahren<br />
durch die libanesischen und syrischen Behörden<br />
unter Druck gesetzt oder sogar mit willkürlichen<br />
Verhaftungen konfrontiert. Mehrere der als illegal<br />
bezeichneten bzw. verbotenen Parteien wurden<br />
nach dem Abzug der syrischen Truppen wieder<br />
für legal erklärt.<br />
Die stärksten Parteien in dieser Parteienlandschaft<br />
sind die konfessionell, persönlichkeitsorientierten<br />
Parteien, in denen sich Anhänger eines<br />
gegenwärtigen oder vergangenen politischen<br />
Führers oder Warlords zusammenfinden. Hervorzuheben<br />
ist hierbei, dass einige Parteien zum<br />
Teil immer noch Milizen unterhalten.<br />
Es kann unterschieden werden zwischen<br />
• religiös orientierten (wie Hizbolah, Amal)<br />
und<br />
• säkularen Parteien (Grüne, kommunistische<br />
Partei).<br />
Auch wenn den libanesischen Parteien oft abgesprochen<br />
wird, „wirkliche“ Parteien zu sein (zumindest<br />
nach westlichem Verständnis), so sind<br />
auch sie Organisationen, welche die Interessen<br />
einer bestimmten Gruppe – in diesem Fall die eines<br />
Za’im und einer religiösen Klientel – vertreten,<br />
um Macht und Ressourcen innerhalb des<br />
Systems zu erlangen. Viele dieser Parteien ver-<br />
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