Linksliberale Enterhaken - PRuF
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MIP 2013 19. Jhrg. Ani Smith-Dagesyan – Die Grüne Partei Libanons – eine Partei des Wandels in einem starren Parteiensystem Aufsätze<br />
der Regierung 12 . Weitere wichtige Funktionen<br />
sind die Verabschiedung der Gesetze und des<br />
Haushalts. Das Parlament hat damit eine – im<br />
Gegensatz zu anderen arabischen Staaten – verhältnismäßig<br />
einflussreiche Rolle im politischen<br />
System Libanons.<br />
Der Präsident, der Regierungschef und das Kabinett<br />
bilden die Exekutive. Staatsoberhaupt und<br />
Leiter der Exekutive ist der Staatspräsident, der<br />
vom Parlament für eine Amtszeit von sechs Jahren<br />
gewählt wird. Auf Vorschlag des Parlaments<br />
ernennt der Staatspräsident den Ministerpräsidenten<br />
und die Mitglieder des Kabinetts. Der gegenwärtige<br />
Präsident ist General Michel Sleiman 13 .<br />
Er ist das Oberhaupt des Staates und der Oberbefehlshaber<br />
der libanesischen Armee.<br />
Die ausführende Gewalt ist dem Ministerrat anvertraut,<br />
welcher die öffentliche Politik in allen<br />
Feldern formuliert und in Übereinstimmung mit<br />
den in Kraft befindlichen Gesetzen ausführt. Der<br />
Premierminister, zurzeit Nadschib Miqati 14 , wird<br />
auf der Grundlage von verbindlichen parlamentarischen<br />
Beratungen ernannt. Nach parlamentarischen<br />
Beratungen, die vom designierten Premierminister<br />
durchgeführt werden, wird das Kabinett<br />
in Übereinstimmung mit dem Präsidenten<br />
der Republik gebildet. Der Regierungschef ist<br />
auch der Präsident des Kabinetts. Das Kabinett<br />
wird durch den Kabinettspräsidenten mit dem<br />
Einverständnis des Staatspräsidenten und den<br />
Parlamentsmitgliedern zusammengestellt. Nach<br />
dem Doha-Abkommen 2008 15 besteht das Kabinett<br />
aus 30 Ministern. Die Mehrheit darf 16 Minister<br />
stellen, die Opposition 11 und der Präsident<br />
3 Minister.<br />
Das politische System des Libanon stellt sowohl<br />
eine Stärke als auch eine Schwäche für die politische<br />
Entwicklung des Landes dar 16 . Einerseits<br />
ist für die verschiedenen religiösen Gruppen des<br />
12<br />
Trotz der Ernennung durch den Präsidenten müssen<br />
Ministerpräsident und Kabinett das Vertrauen des Parlaments<br />
gewinnen.<br />
13<br />
Im Amt seit dem 25.5.2008.<br />
14<br />
Im Amt seit dem 25.1.2011<br />
15<br />
Das Abkommen haben die libanesischen Konfliktparteien<br />
im Jahr 2008 unterzeichnet, um die jüngste politische<br />
Krise im Libanon zu entschärfen. Siehe mehr<br />
dazu unter: www.lp.gov.lb.<br />
Landes ein konkordanzdemokratisches Proporzsystem<br />
eine Notwendigkeit, um eigene Interessen<br />
durchzusetzen und an der Landespolitik teilzuhaben.<br />
Andererseits liegt in dem politischen<br />
Konfessionalismus sowie dem ausgeprägten Patronagesystem<br />
die Ursache für die Schwäche der<br />
staatlichen Institutionen, die sich in einer tiefen<br />
Verstrickung in Korruptionsfälle zeigt. Alle diese<br />
Schwächen begünstigen Einmischungen von<br />
außen, von denen die meisten politischen Führer<br />
in ihrer politischen Arbeit abhängig sind 17 .<br />
Die Angemessenheit dieses Systems wird heute<br />
häufig kritisiert, da sich das Verhältnis der Bevölkerungsgruppen<br />
seit der Entstehung des Systems<br />
deutlich zugunsten der Muslime verändert<br />
hat. Eine Abschaffung des Konfessionalismus ist<br />
bereits im Abkommen von Ta‘if vorgesehen.<br />
Was ursprünglich als ein Mechanismus zur Konfliktlösung<br />
und als Kompromissformel gedacht<br />
war 18 , um das Land zu stabilisieren und Machtkonflikten<br />
entgegenzuwirken, scheitert, sobald<br />
es zu rasanten demografischen Verschiebungen<br />
oder sozialen Verwerfungen kommt und sich<br />
konfessionelle Gruppen im politischen System<br />
nicht mehr ausreichend repräsentiert und hiervon<br />
benachteiligt fühlen. Dadurch wird das Land destabilisiert.<br />
Das System hilft immer noch, den Ausbruch von<br />
gewalttätigen Konflikten zu vermeiden. Wenn jedoch<br />
außergewöhnliche Belastungen hinzukommen,<br />
besteht die Gefahr, dass das System diese<br />
nicht mehr angemessen bewältigen kann und<br />
Konflikte doch gewaltsam ausgetragen werden.<br />
Parteiensystem<br />
Die libanesische Gesellschaft war und ist seit der<br />
Gründung des Staates in hohem Maße marginalisiert<br />
und fragmentiert 19 . Grund hierfür ist das<br />
Zusammenleben diverser Religionsgemeinschaf-<br />
16<br />
Salam, Paul (ed.): Lebanon in Limbo. Postwar Society<br />
and State in an Uncertain Regional Environment,<br />
Baden-Baden.<br />
17<br />
Ebd.<br />
18<br />
Lijphart, Arend (1977): Democracy in Plural Societies.<br />
19<br />
Khazen, Farid el (2003): Political parties in postwar<br />
Lebanon: Parties in search of partisans, in: The Middle<br />
East Journal, Washington: Vol. 57, Iss. 4, S. 605-624.<br />
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