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MIP 2013 19. Jhrg. Ani Smith-Dagesyan – Die Grüne Partei Libanons – eine Partei des Wandels in einem starren Parteiensystem Aufsätze<br />
Die Grüne Partei Libanons – eine<br />
Partei des Wandels in einem starren<br />
Parteiensystem<br />
Ani Smith-Dagesyan, M.A. 1<br />
Einleitung<br />
Die Grüne Partei Libanons ist mittlerweile eine<br />
politisch anerkannte und seit 2008 an mehreren<br />
gesellschaftlichen Projekten beteiligte Partei.<br />
Seit ihrer Gründung im Jahre 2004 ist es der Partei<br />
gelungen, rapide zu wachsen, eine gesellschaftliche<br />
Basis zu etablieren sowie soziale und<br />
politische Netzwerke zu bilden. Nun kämpft sie<br />
als eine der wenigen religionsgemeinschaftsübergreifenden<br />
Parteien auch um den Einzug in<br />
die Libanesische Nationalversammlung. Die Politik<br />
der Grünen ist national und international geachtet,<br />
das Parteiprogramm ist für libanesische<br />
Verhältnisse als revolutionär zu bezeichnen.<br />
Wie kam es zu der Etablierung einer solchen laizistischen<br />
Partei in einem starren konfessionellen<br />
Parteiumfeld? Was sind die Hintergründe,<br />
historischen Ereignisse, die der Partei einen Erfolg<br />
gewährten?<br />
Dieser Artikel wird versuchen, Antworten auf<br />
diese Fragen zu geben. Es wird zum einen die<br />
Entstehung der Partei im Rahmen des Libanesischen<br />
konkordanzdemokratischen Systems analysiert.<br />
Hierzu wird zunächst das politische System<br />
Libanons im Überblick dargestellt. Zum anderen<br />
wird erläutert, welche politischen Akteure<br />
und Gruppierungen an der Entstehung der Partei<br />
mitgewirkt und welche historischen Ereignisse<br />
im Libanon den Entwicklungsprozess der Grünen<br />
beeinflusst haben. Um die Evolution der<br />
Partei und die Hürden der Funktionalität in einem<br />
stark konfessionalisierten Umfeld ausführlich<br />
erklären zu können, wird auch das Parteiensystem<br />
des Landes näher erläutert. Des Weiteren<br />
werden die politische Position und Ideologie,<br />
1<br />
Die Verfasserin ist Doktorandin an der Heinrich-Heine-<br />
Universität Düsseldorf.<br />
Organisationsstruktur und das Parteiprogramm<br />
sowie Strategien der Rekrutierung von neuen<br />
Mitgliedern und die Finanzierung der libanesischen<br />
Grünen ausführlich beschrieben.<br />
Zum Schluss wird dargelegt, inwiefern die Partei<br />
in ihrem Wesen einzigartig und für die libanesische<br />
Gesellschaft als Vertretungsorganisation diverser<br />
Interessensgruppen von Bedeutung ist.<br />
Konfessionalismus<br />
Der Libanon ist unter den arabischen Ländern,<br />
mit Ausnahme des Inselstaats Bahrain, das<br />
kleinste Land, bietet aber die bunteste ethnisch-religiöse<br />
Vielfalt in der Bevölkerungsstruktur<br />
2 . Achtzehn Religionsgemeinschaften leben<br />
im Libanon auf einem Gebiet von rund<br />
10.452 km 2 zusammen in einem Glaubenskaleidoskop<br />
3 vereint unter einer parlamentarischen<br />
Demokratie mit eindeutigen konkordanzdemokratischen<br />
Zügen.<br />
Libanons geschätzte 3,8 4 Millionen Einwohner<br />
sind ein buntes Konglomerat aus Christlichen<br />
und Moslemischen Religionsgemeinschaften,<br />
von denen die schiitischen und sunnitischen<br />
Muslime sowie die maronitischen Christen die<br />
größten sind. Weitere Religionsgemeinschaften<br />
bilden Drusen, rum-orthodoxe Christen, melkitische<br />
griechisch-katholische Christen, armenischapostolische<br />
Christen, alawitische Muslime, armenisch-katholische<br />
Christen, protestantische<br />
und koptische Christen sowie wenige Juden.<br />
Diese Gemeinschaften nehmen im libanesischen<br />
Staat eine politische und gesellschaftliche Rolle<br />
ein und leben in mehr oder weniger gelungener<br />
Koexistenz, die nur zeitweise – und maßgeblich<br />
durch außenpolitische Einwirkungen wie im<br />
Bürgerkrieg von 1975-1990 – gestört wurde 5 .<br />
2<br />
Cobban, Helena (1985): The Making of Modern Lebanon,<br />
S. 3-4.<br />
3<br />
Perthes Volker (1994): Der Libanon nach dem Bürgerkrieg:<br />
Von Ta´if zum gesellschaftlichen Konsens?, S. 7.<br />
4<br />
Die letzte Volkszählung fand 1932 im Libanon statt.<br />
5<br />
Ausführlich zum Bürgerkrieg und dessen Ursachen s.<br />
Hanf, Theodor (1990): Koexistenz im Krieg. Staatszerfall<br />
und Entstehen einer Nation in Libanon, sowie<br />
Khazen, Farid el (2000): The Breakdown of the State<br />
in Lebanon, 1967-1976.<br />
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