Linksliberale Enterhaken - PRuF
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Aufsätze Deniz Anan – Die Bayern-Ampel als Schnittmengenkoalition? [...] MIP 2013 19. Jhrg.<br />
re Personal- und Mittelausstattung, kleine Klassengrößen,<br />
kurze Schulwege und größere Entscheidungsspielräume<br />
der einzelnen Schule vor<br />
Ort an und kritisieren die Trends zu Nachhilfe<br />
und Privatschulen.<br />
Im Hochschulbereich sprechen sich die FW gegen<br />
die Studiengebühren aus und fordern den<br />
Stellenausbau, 38.000 zusätzliche Studienplätze,<br />
nach Möglichkeit in strukturschwachen Regionen,<br />
und den Ausbau der Volkshochschulen zu<br />
kommunalen Weiterbildungszentren.<br />
3.3.4. Fazit<br />
Auch in der Bildungspolitik stehen sich SPD<br />
und Grüne am nächsten, der Abstand zu den FW<br />
ist hier aber am geringsten. Die Programme von<br />
SPD und Grünen enthalten den fast schon klassischen<br />
Kanon linker Bildungspolitik: gleiche Bildungschancen<br />
ohne Rücksicht auf Einkommen<br />
und Herkunft, bessere finanzielle und personelle<br />
Ausstattung, kleinere Klassen bzw. Gruppen, „längeres<br />
gemeinsames Lernen“, flächendeckende<br />
Ganztagsschule, Ausbau und Gebührenfreiheit<br />
der Kinderbetreuung, Studiengebührenfreiheit,<br />
Gleichstellung von allgemeiner und beruflicher<br />
Bildung, Öffnung der Universitäten für qualifizierte<br />
Bewerber ohne Abitur, Rücknahme der<br />
Hochschulstrukturreformen nach dem Vorbild<br />
der Privatwirtschaft, Wiedereinführung der Verfassten<br />
Studentenschaft. Unterschiede sind allenfalls<br />
graduell (Grüne: eigenständige Schulen vs.<br />
SPD: selbständige Schulen; Gemeinschaftsschule<br />
als kurz- bzw. langfristiges Ziel).<br />
Trotz Skepsis gegenüber einer zu großen Rolle<br />
des Staates in Bildung und Erziehung kommen<br />
die FW zu ähnlichen Ergebnissen. Zwar vermeiden<br />
die FW eine Äußerung zur Streitfrage Gemeinschaftsschule<br />
oder dreigliedriges Schulsystem,<br />
fordern aber analog eine bessere Personalund<br />
Mittelausstattung, Studiengebührenfreiheit<br />
und Kita-Ausbau. Selbst ein Detail wie die Verlagerung<br />
der Zuständigkeit für die Kindergärten<br />
vom Sozial- ins Kultusministerium findet sich<br />
bei SPD und FW. Bildungspolitisch kommen<br />
SPD, Grüne und FW also schnell auf einen gemeinsamen<br />
Nenner, von der kontroversen Grünen-Forderung<br />
nach Abschaffung des Beamtenstatus<br />
der Lehrer abgesehen.<br />
4. Resümee<br />
Der Vergleich zeigt, dass sich SPD und Grüne in<br />
allen drei untersuchten Politikfeldern sehr nahe<br />
stehen. Für die Freien Wähler gilt das nur bedingt:<br />
Einerseits präsentieren sich die FW, teils<br />
mit deutlichen Worten, als Alternative zur CSU<br />
und kritisieren die Politik der Staatsregierung<br />
scharf. Andererseits weichen die Positionen, sofern<br />
vorhanden, sowohl in der Wirtschafts- und<br />
Sozialpolitik als auch in der Innen- und Gesellschaftspolitik<br />
deutlich von SPD und Grünen ab.<br />
Eine, wenn auch angesichts der großen landespolitischen<br />
Gestaltungsspielräume gewichtige,<br />
Ausnahme ist die Bildungspolitik, wo große Einigkeit<br />
zwischen den drei potenziellen Koalitionären<br />
herrscht. Allerdings ist fraglich, wie lange<br />
diese Einmütigkeit in einer gemeinsamen Koalition<br />
Bestand hätte. Denn einig sind sich die drei<br />
Parteien vor allem in der Ablehnung der CSU-<br />
Politik. Sobald dieser gemeinsame Gegner wegfiele<br />
und die Koalition gestaltend tätig werden<br />
müsste, wäre die Konstellation völlig neu. Die<br />
FW könnten dann eine Positionierung zum dreigliedrigen<br />
Schulsystem nicht länger vermeiden.<br />
Bei genauerem Hinsehen lässt sich Skepsis gegenüber<br />
größeren Schulreformen herauslesen.<br />
Die drei Parteien sind sich vor allem darin einig,<br />
Wohltaten zu verteilen. Kleine Klassen, mehr<br />
Personal, Studiengebührenfreiheit – all das ist<br />
populär, summiert sich aber schnell zu Milliardensummen.<br />
Angesichts drohender Rezession,<br />
Schuldenbremse und Euro-Krise und vor allem<br />
in Hinblick auf das Ziel eines ausgeglichenen<br />
Haushalts sind diese Punkte auch im vergleichsweise<br />
wohlhabenden Bayern nur schwer realisierbar.<br />
Eine mögliche Bayern-Ampel ist vor diesem<br />
Hintergrund eher als neuartige „Ergänzungskoalition“<br />
zu charakterisieren, denn als klassische<br />
„Schnittmengenkoalition“. Die Bildung einer<br />
Bayern-Ampel ließe sich nur seitens SPD und<br />
Grünen (auch) mit policy-seeking erklären, die<br />
Motivation der FW zu einer solchen Koalition<br />
kaum anders als mit office-seeking.<br />
Die programmatische Nähe ist jedoch wie erwähnt<br />
nur ein Faktor unter vielen für die Bildung<br />
und Stabilität von Koalitionen. So arbeitete<br />
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