SCHRIFTEN des Vereins für Geschichte und ... - Baarverein.de
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<strong>SCHRIFTEN</strong><br />
<strong><strong>de</strong>s</strong><br />
<strong>Vereins</strong> <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong><br />
<strong>und</strong> Naturgeschichte <strong>de</strong>r Baar<br />
in Donaueschingen<br />
41. Band - \998<br />
Schriftleitung: Günther Reichelt<br />
Die Autoren sind <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Inhalt ihrer Arbeit selbst verantwortlich<br />
Zitiervorschlag: Schriften <strong>de</strong>r Baar, Bd. 41 , 1998<br />
Selbstverlag <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> aturgeschichte <strong>de</strong>r Baar<br />
78166 Donaueschingen 1998
Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Übersetzung. achdruck. Ve rvielfaltigung auf<br />
fotomechani schem o<strong>de</strong>r ähnlichem Wege sowie Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen<br />
- auch auszugsweise - nur mit schriftlicher Genehmigung <strong><strong>de</strong>s</strong> Herausgebers.<br />
© Vere in <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Naturgeschi chte <strong>de</strong>r Baar e. Y.<br />
Hal<strong>de</strong>nstr. 3, D-78 166 Donaueschingen<br />
ISS 0340-4765<br />
atz: too much <strong><strong>de</strong>s</strong>ign. Freiburg<br />
Druck: Moog-Druck. Hüfingen<br />
I 00 ~ ch lorfrei gebleichtes Papier
5<br />
Inhalt<br />
Seite<br />
Vorwort<br />
G AßRIELE BRUGGER:<br />
Schlichte B aarkin<strong>de</strong>r<br />
Lucian Reichs Wirklichkeiten<br />
W OLF - [NGO SEfDELMAI N:<br />
Die Eisenerze <strong>de</strong>r Baar im Rahmen <strong><strong>de</strong>s</strong> Vierjahresplans von 1936<br />
WOLFGAI G HILPERT:<br />
Carl Bon'omäus Fickler<br />
GÜl\'THER REICHELT:<br />
Z um Eiszeitgeschehen im Mittelschwarzwald (3)<br />
ALEX DER SIEGM ND:<br />
Die Temperaturentw icklung auf <strong>de</strong>r B aar<br />
seit Beginn kontinuierlicher Klimaaufzeichnungen<br />
HELMUT GEHRING:<br />
Z ur Situation <strong><strong>de</strong>s</strong> Weiß torchs auf <strong>de</strong>r Baal'<br />
M Al'lFRED W ARTH:<br />
Die A bdrücke von Heilpflanzen auf <strong>de</strong>r Tross inger Glocke von 1650<br />
CHRISTA <strong>und</strong> ROßERT W AGNER:<br />
Die ehemalige Mogernmühle bei Fützen<br />
GERH RD B RONNER:<br />
Heckentran plantation o<strong>de</strong>r Neupflanzung?<br />
ÜTTO SCHEIß:<br />
Die Situati on <strong>de</strong>r Balmherzigen Schwestem vom HL Kreuz<br />
von Ingenbohl in D onaueschingen 1864 - 1994<br />
FRITL VöGELE:<br />
Chuneg<strong>und</strong>is Schilling, Ä btiss in <strong><strong>de</strong>s</strong> Benediktinerinnen-Klosters<br />
Sr. Sebasti an zu Amtenhausen in <strong>de</strong>r badischen Baar 1796 - 1808<br />
M ICHAEL J.H. ZIMMERMAl'l :<br />
"Fest <strong>und</strong> ent 'chlossen in dieser bösen Z eit" - Glaubenstreu im Dritten Reich:<br />
Schwenningens ernste Bibel forscher in Bedrängnis <strong>und</strong> B ewährung<br />
6<br />
7<br />
44<br />
84<br />
95<br />
126<br />
146<br />
154<br />
161<br />
169<br />
175<br />
181<br />
185<br />
JOHA ', ES W ERNER:<br />
'Father Oschwald' o<strong>de</strong>r:<br />
Ein Hirt <strong>und</strong> seine Her<strong>de</strong> ziehen in die<br />
eues Schrifttum <strong>de</strong>r Baar<br />
<strong>Vereins</strong>chronik<br />
K arl Z immennann zum Ge<strong>de</strong>nken<br />
eue Welt<br />
192<br />
198<br />
202<br />
205<br />
Tauschpartner <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong><br />
<strong>de</strong>r Baar Donaueschingen <strong>und</strong> ihre Schriften<br />
Anschriften <strong>de</strong>r Velfasser<br />
aturgeschichte<br />
207<br />
2 11
6<br />
Vorwort<br />
Mit großer Freu<strong>de</strong> können wir unseren Lesern <strong>de</strong>n neuen Band 41 <strong>de</strong>r "Schriften <strong>de</strong>r Baar"<br />
übergeben. Er fol gt seinem Vorgänger wie<strong>de</strong>rum im Abstand nur e ines Jahres <strong>und</strong> steht ihm<br />
in <strong>de</strong> r Fülle <strong>und</strong> Spannweite <strong>de</strong>r The men ke inesfall s nach. Auch wenn nicht zu erwarten ist,<br />
daß je<strong>de</strong>r Leser je<strong>de</strong>m Beitrag die gleiche Aufmerksamkeit schenkt trägt doch je<strong>de</strong>r Aufsatz<br />
ein we iteres interessantes Detail zur Kenntnis von "Land <strong>und</strong> Leuten" <strong>de</strong>r Baar <strong>und</strong> ihrer ang<br />
renzen<strong>de</strong>n Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>te ile bei. Beachtenswert auch, daß diesmal beson<strong>de</strong>rs vie le Beiträge <strong>de</strong>r<br />
Fe<strong>de</strong>r von Verein mitg lie<strong>de</strong>rn entstammen.<br />
Je<strong>de</strong>nfa ll s ist <strong>de</strong>n Autore n herzli ch da<strong>für</strong> zu danken, daß sie ihre Forschung arbeiten <strong>de</strong>n<br />
"Schri ften <strong>de</strong>r Baar" anvertraut haben. ohne da<strong>für</strong> in klingen<strong>de</strong>r Münze entlohnt zu wer<strong>de</strong>n.<br />
Wir haben als Gegenleistung im Rahmen unserer fi nanzie ll en Möglichke iten versucht, ihre<br />
Beiträge sorgfälti g <strong>und</strong> angemessen au zustatten <strong>und</strong> ke ine Mühe gescheut, diesbezüg lichen<br />
Wünschen gerecht zu wer<strong>de</strong>n - ni cht nur bei <strong>de</strong>r Zahl. son<strong>de</strong>rn auch <strong>de</strong>r Qualität <strong>de</strong>r Abbildungen.<br />
Der kunstgeschichtlich Intere 'sierte wird die farbige Wie<strong>de</strong>rgabe vieler Bil<strong>de</strong>r ebenso<br />
begrü ßen wie <strong>de</strong>r mehr naturwissenschaftli ch ausgerichtete Leser. Außer<strong>de</strong>m sind wir zu<br />
einer schwereren Papier orte übergegangen <strong>und</strong> haben uns dazu durchgerungen, statt <strong>de</strong>r e it<br />
1976 verwen<strong>de</strong>ten Klebebindung zur bewährten Fa<strong>de</strong>nbindung zurückzukehren. Dies auch<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong>halb, weil wir wissen. daß unsere "Schriften" in vie len Fachbibliotheken stehen <strong>und</strong> von<br />
zahl reichen Lesern benutzt wer<strong>de</strong>n.<br />
In diesem Zusammenhang sei darauf aufmerksam gemacht, daß wi r m it über h<strong>und</strong>ert Vereini<br />
gungen <strong>und</strong> Institutionen - <strong>de</strong>utschen <strong>und</strong> ausländischen - einen Schriftenaustausch pflegen.<br />
Wir haben sie in diesem Band einmal aufge li stet. Sie be legen di e überregiona le Beachtung<br />
unserer Veröffentlichungen, weit über <strong>de</strong>n Kreis unserer Mitglie<strong>de</strong>r hinaus. Das spiegeln auch<br />
die häufi gen Z itate unserer "Schriften" in wissenschaftli chen Publikationen wi<strong>de</strong> r.<br />
Hingewie en ei noch darauf. daß die Vorträge während <strong>de</strong>r im September 1997 vom Alemannischen<br />
Institut Freiburg <strong>und</strong> <strong>de</strong>m <strong>Baarverein</strong> veranstalteten wissenschaftli chen Tagung "Die Baar<br />
als vor- <strong>und</strong> frühgeschichtlicher Siedlung raum <strong>und</strong> ihre heutigen Entwicklungsprobleme" (s.<br />
Vere inschronik) <strong>de</strong>mnächst in einem Son<strong>de</strong>rband <strong><strong>de</strong>s</strong> Alemannischen In tituts veröffentlicht<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Schließlich dürfen wir auch die mal - <strong>und</strong> das trotz <strong>de</strong>r fa t allenthalben knapper wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />
Geldmirtel - einigen Spen<strong>de</strong>rn <strong>für</strong> Zuschüsse zu <strong>de</strong>n Druckkosten herzlich danken. Es sind dies:<br />
S.O. Joachim Fürst zu Für tenberg<br />
Stadt Donaueschingen<br />
Sparkasse Donaueschingen<br />
LandkJeis Schwarzwald-Baar<br />
Ein ungenanntes <strong>Vereins</strong>mitglied<br />
Der Schriftleiter:<br />
G. Reichelt
7<br />
Schlichte Baarkin<strong>de</strong>r<br />
Lucian Reichs Wirklichkeiten<br />
von Gabriele Brugger<br />
In <strong>de</strong>n Fußstapfen von Hans "<strong>de</strong>m Gelehrten" von Schellenberg, auf <strong>de</strong>m Pfad vielseitig<br />
interessierter Beobachter, <strong>de</strong>ren ganze Aufmerksamkeit <strong>und</strong> Liebe ihrem Lebensraum <strong>und</strong><br />
<strong><strong>de</strong>s</strong>sen Bewohnern gilt, kommt Lucian Reich daher, <strong><strong>de</strong>s</strong>sen To<strong><strong>de</strong>s</strong>tag sich zur lahrtausendwen<strong>de</strong><br />
zum einh<strong>und</strong>ertsten Mal jährt. Auf <strong>de</strong>mselben Pfad, in enger Verb<strong>und</strong>enheit zum<br />
Städtchen Hüfingen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Landschaft <strong>de</strong>r Baar, ist später Gottfried Schatbuch gegangen,<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong>sen h<strong>und</strong>el1ster Geburtstag 1998 gefeiert wird. Alle drei verbin<strong>de</strong>t das Interesse an ihrer<br />
Heimat <strong>und</strong> die Motivation, das Wissen vorhergehen<strong>de</strong>r Generationen zu erhalten, zu vermehren<br />
<strong>und</strong> weiterzugeben. Di es macht ie zu Persönlichkeiten, di e an ihrem Platz zu ihrer<br />
Zeit einen wichtigen Beitrag zur Konstituierung <strong>und</strong> Entwicklung von Kultur geleistet haben.<br />
Das Bestreben, <strong>de</strong>n rechten Ausgleich zwischen Bewahren <strong>und</strong> Ellleuern zu fin<strong>de</strong>n, war Antrieb<br />
<strong>für</strong> Lucian Reich, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Übergang von <strong>de</strong>r bäuerlichen Feudalgesell chaft zur bürgerlichen<br />
lndu triegesellschaft mü aufmerksamem Blick begleitete. Die Hinwendung zum unmittelbar<br />
Erlebten <strong>und</strong> das Bemühen um die schöpferische, kreative Umsetzung seiner Erkenntnisse in<br />
Schriften <strong>und</strong> Bil<strong>de</strong>r machen Lucian Reich Werk zu einer wertvollen Que lle, <strong>und</strong> eine<br />
genauere Betrachtung einer Lebenszeit <strong>und</strong> seiner Arbeit kann Aspekte beleuchten, die in<br />
<strong>de</strong>r heuti gen Auseinan<strong>de</strong>rsetzung um kulturelle I<strong>de</strong>ntität unserer Region hilfreich sind.<br />
Lucian Reich <strong>und</strong> <strong>de</strong>r <strong>Baarverein</strong><br />
Der Hüfi nger Maler <strong>und</strong> Schriftsteller Lucian Reich , <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Verein <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong><br />
aturgeschichte <strong>de</strong>r Baar zu <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Neukonstitujerung 1870 sein Manuskript "Die Schicksale<br />
<strong>de</strong>r letzten Herren von Schellenberg" übergab <strong>und</strong> 1896 seine "Blätter aus meinem Denkbuch"<br />
in <strong>de</strong>n Schriften <strong>de</strong> <strong>Vereins</strong> veröffentli chte, war bis zu seinem Tod Mitglied <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Naturgeschichte <strong>de</strong>r Baar. Unter J 34 Mitglie<strong>de</strong>rn, die im ersten Heft 1870<br />
aufgezählt wer<strong>de</strong>n. <strong>und</strong> auch in <strong>de</strong>n drei fo lgen<strong>de</strong>n Heften bi 1888, ist er <strong>de</strong>r Einzige, <strong>de</strong>r<br />
sich nicht mit Titeln <strong>und</strong> Berufsbezeichnungen näher erklärt, son<strong>de</strong>rn schlicht mit "Lucian<br />
Reich in Rastatt" als korrespondieren<strong><strong>de</strong>s</strong> Mitg lied geführt wird. Dieser Umstand wirft ein<br />
charakteristi sches Licht auf Lucian Reich, <strong><strong>de</strong>s</strong>sen überzeugendste bi Idnerische Arbeiten jene<br />
"schlichten Baarkin<strong>de</strong>r" sind , die er mit Bleistift, Fe<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r Ölfarbe auf kleinen Formaten,<br />
fri eh, frei <strong>und</strong> überraschend sicher, festgehalten hat. In <strong>de</strong>n autobiographischen "B lättern<br />
aus meinem Denkbuch" schreibt er: "Ich hatte verschie<strong>de</strong>ne Zeichnungen von daheim<br />
mitgehracht: eine figurenreiche Fas{nachtsscene mit äpfelauswe,fen<strong>de</strong>n Hanseln, plau<strong>de</strong>rn<strong>de</strong><br />
Nachharn auf<strong>de</strong>m Hausbänklein ,<strong>und</strong> was sich mir sonst in <strong>de</strong>r Wirklichkeit ::eigen<br />
wollte. In <strong>de</strong>r jet::igen Umgebung" (Frankfurt, Stä<strong>de</strong>lsches lnstitut, 1835/36) "hörte ich<br />
aber l'on Originalität <strong>de</strong>r Komposition, neuen Gedanken <strong>und</strong> Motiven. Wie hällen gegen<br />
all das meine schlichten Baarkil/<strong>de</strong>r aufkommen können' Also griff auch ich ::ur Kohle<br />
lind komponierte <strong>und</strong> fixierte Zeichnungen höhern Stils" (L. REICH: Bl ätter aus meinem<br />
Denkbuch, in Schriften <strong>de</strong>r Baar 9, 1896). Man hört, daß <strong>de</strong>r über Siebzigjährige, als er dies<br />
schreibt, sehr wohl <strong>de</strong>r Meinung ist, daß seine "schlichten Baarkin<strong>de</strong>r" aufkommen <strong>und</strong> bestehen<br />
gegen die mit leiser Iron ie bedachten "Zeichnungen höhern Stils" .
8<br />
Lucian Reich in seiner Zeit<br />
Lucian Reich wur<strong>de</strong> 1817 in Hüfingen geboren, lebte hier<br />
bis 1855, als er als Zeichenlehrer nach Rastatt ging, <strong>und</strong><br />
wie<strong>de</strong>r ab 1890 bi s zu seinem To<strong>de</strong> 1900. Studien- <strong>und</strong><br />
Arbeitsaufe nthalte in Frankfurt, München <strong>und</strong> Karlsruhe<br />
zwischen 1835/36 <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Umzug nach Rastatt erweiterten<br />
seinen Horizont <strong>und</strong> ließen ihn di e Umbruchsituation, die<br />
aus <strong>de</strong>r sprunghaften Entwicklung <strong>de</strong>r Produktionsmitte l,<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Verkehrs- <strong>und</strong> TranspoJ1wesens, sowie <strong><strong>de</strong>s</strong> achrichtenwesens<br />
<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Medien resultierte, hautnah erleben.<br />
Abb. I : Llician Reich. Lithografie von J .. Heinemann<br />
Während schon Lucian Reichs Vater Luzian Reich d.Ä., <strong>de</strong>r als Industriepionier in Hüfingen<br />
eine Dunggipsmühle e'Tichtet hatte, ein Zementwerk, eine Schwarzkalkfabrikation, eine Woll <br />
spinne rei <strong>und</strong> e ine Ziegelhütte betrieb, gehörte doch noch zu fast je<strong>de</strong>m Haus ein Stall <strong>und</strong><br />
die Mehrzahl <strong>de</strong>r Einwohner betrieb als Selbstversorger eine kl e ine Landwirtschaft. "Der<br />
Vater machte j et:t wenig Gehrallch mehr l'on seiner Kunsthegahllng. Der Schlüssel :ur<br />
Werkstall hing oftwochen-. monatelallg IInherührt am agel; lind wenn ich ihn je einmal<br />
:ur Hand nahm <strong>und</strong> hinab ging, schauten mich Cicero. Adonis, HerkIlIes, Bacchus et<br />
Camp. - Bildhauer Brtlnner'schen Ange<strong>de</strong>nkens - die ich l'or meinem Abgang nach<br />
Fran/..jurl so schön auf Tonpapier ge:eichnet - l'on ihren hestaubten Schäften herah<br />
wehmiitig lind verlassen an, - Kam <strong>de</strong>r einst so kllnsteifrige Besif:er aus <strong>de</strong>r Schule heim .<br />
so nahmen ihn schon wie<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re SO/gen lind Mühen außer Hause in Anspmch. Er<br />
halle ein Gipslager al({ <strong>de</strong>r Gemarkung ent<strong>de</strong>ckt <strong>und</strong> an <strong>de</strong>r Breg eine Dunggipsmiihle,<br />
<strong>und</strong> in Verbindung mit seinem tätigen Schwager Naher am "Kännerbach" eine Wollespinnerei<br />
errichtet, wozu später noch ((n <strong>de</strong>r Breg Cement- lind Schl1'ar:kalk-Fahrikation kam.<br />
Abb. 2: Ziegelhlilte in Hlifingen, Lithografi e
9<br />
Die Stan<strong><strong>de</strong>s</strong>herrschaft wie auch <strong>de</strong>r damalige Gemein<strong>de</strong>rat waren <strong>de</strong>n Unternehmungen<br />
im wohIverstan<strong>de</strong>nen Interesse <strong>de</strong>r Allgemeinheitför<strong>de</strong>rnd entgegengekommen. Des Vaters<br />
Werkbank in <strong>de</strong>r Wohnstube glich jetzt einer bunt durcheinan<strong>de</strong>r aewÜlfelten Mineraliensammlung,<br />
:u welcher die ganze Umgegend Beiträge geliefert hatte. Im Umgang mit Hofrat<br />
W. Rehmann <strong>und</strong> Obelforstinspektor Gebhard, sowie als aktives Mitglied <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Naturgeschichte in Donaueschingen, hatte er sich geognostische Kenntnisse<br />
erworben, um welche ihn , wie Professor Fickler sich ausdrückte, mancher Professor<br />
hälle benei<strong>de</strong>n können. Nicht gleichen Schritt mit seinem Unternehmungseijer hielten aber<br />
die pekuniären Dfolge; das fortwähren<strong>de</strong> Verbessern <strong>und</strong> Än<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Werke nahm die<br />
beschränkten Mittel all:usehr in Anspruch; dazu kam noch <strong>de</strong>r Betrieb durch ji·em<strong>de</strong>.<br />
nicht immer ganz :uverlässige Leute. - Und somit floß jet:t das Leben im elterlichen Hause<br />
nicht mehr in ruhigem geregeltem Gang dahin wie früher" (Blätter aus meinem Denkbuch).<br />
Während die Terrakottaarbeiten seines Bru<strong>de</strong>rs, <strong>de</strong> Bildhauers Franz Xaver Reich , unter<br />
an<strong>de</strong>rem lebensgroße Bildnisse <strong>für</strong> die Fassa<strong>de</strong>nausstattung <strong><strong>de</strong>s</strong> 1851-53 erbauten Karlsruher<br />
Hoftheaters, mit<strong>de</strong>m Pfer<strong>de</strong>wagen von Hüfingen durch <strong>de</strong>n damals noch wil<strong>de</strong>n Schwarzwald<br />
transpoltiert wur<strong>de</strong>n, fuhr im Oben'heingraben zwischen Freiburg <strong>und</strong> Hei<strong>de</strong>lberg schon die<br />
vor 1845 eröffnete Eisenbahn.<br />
Während man in Hüfingen noch abends beim Öllicht zusammensaß Ge chichten erzählte,<br />
zeichnete, spann <strong>und</strong> sich auf an<strong>de</strong>re einfache Weise unterhi e lt, waren mit <strong>de</strong>n technischen<br />
Erfindungen, <strong>de</strong>m Aufkommen <strong>de</strong>r Farblithografie im zweiten Jahrzehnt <strong><strong>de</strong>s</strong> 19. Jahrh<strong>und</strong>elts,<br />
mit <strong>de</strong>r Erfindung <strong>de</strong>r Fotografie<br />
1838 <strong>und</strong> mit <strong>de</strong>r Entwicklung<br />
<strong>de</strong>r Karikatur als Bildmedium<br />
die Gr<strong>und</strong>lagen <strong>für</strong> die<br />
billige Produktion <strong>de</strong>r heutigen<br />
Überfülle von Bil<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>n<br />
mo<strong>de</strong>men Plintmedien <strong>und</strong> <strong>de</strong>n<br />
Einzug von elekuischem Licht<br />
in je<strong><strong>de</strong>s</strong> Haus gelegt.<br />
A bb. 3: Titelbi Id "Wan<strong>de</strong>rblühten ",<br />
Lithografie von RudolfGleichauf<br />
Als aufmerksamer Beobachter seinerZeit, hat Lucian Reich empf<strong>und</strong>en, wie weitgehend <strong>und</strong><br />
tiefgreifend die Umbruchsituation <strong><strong>de</strong>s</strong> 19. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>für</strong> das gesellschaftliche Leben <strong>de</strong>r<br />
Menschen, auch <strong>für</strong> ihre kulturelle I<strong>de</strong>ntität, sein wür<strong>de</strong>; hier war einer <strong>de</strong>r Antriebe <strong>für</strong> seine<br />
Tätigkeit als Maler <strong>und</strong> Schriftsteller. "Aber auch die Amtsstadt zeigte die ehemalige Physiognomie<br />
nicht mehr so ganz. Der Zeitgeist hatte so manchen Zug bereits verwischt o<strong>de</strong>r<br />
l'erdrängt - wenn auch nicht in <strong>de</strong>r Weise , wie <strong>de</strong>r hinken<strong>de</strong> "Hafnerkaspar"fin<strong>de</strong>n wollte:<br />
es habe kein Bürger mehr <strong>de</strong>n richtigen bürgerlichen Gang, - ja wenn er Rock gesagt<br />
hätte, <strong>de</strong>n dunkelblauen langen TlI chrock (\'on Spöttern Zehenklopfer genannt) mit<br />
umgelegtem Kragen <strong>und</strong> Knöpfen statt Hafren. wodurch sich <strong>de</strong>r Handwerksmann vom<br />
Bauer ullterschied .. .. Gleich wie die Lan<strong><strong>de</strong>s</strong> fl'a chten mehr <strong>und</strong> mehr verschwin<strong>de</strong>n, so<br />
wird vom alten Herkommen, Sitten <strong>und</strong> Bräuchen, bald nicht mehr viel übrig sein. Hat<br />
doch selbst Frau Fastnacht ihr eigenartiges Gewand Zltm Teil schon abgelegt, in<strong>de</strong>m sie<br />
in Stadt <strong>und</strong> DOIf in Gestalt von allen möglichen Trauer-, Schau- <strong>und</strong> Lustspielen programmgemäß<br />
über die Bretter gehl" (Blätter aus meinem Denkbuch).
10<br />
Hüfingen war um 1744 Oberamt stadt <strong>de</strong>r <strong>für</strong>stlichen Verwaltung gewor<strong>de</strong>n <strong>und</strong> seit 1806<br />
Großherzoglieh Badi ches Bezirk amt. Die Anwesenheit <strong>de</strong>r herr chaft lichen Beamten, die<br />
in großer Zahl mit ihren Familien in Hüfingen lebten, führte zu e iner kulturellen Blüteze it<br />
<strong>de</strong>r kleinen Stadt. eben <strong>de</strong>r schon erwähnten Mal- <strong>und</strong> Zeichen chule gab es im 18. - 19.<br />
Jahrh<strong>und</strong>e I1 in Hüfingen eine Primarschule, e ine weibliche Industri eschule, Musikunterricht<br />
in Gesang <strong>und</strong> Instrumenten, Unterricht in <strong>de</strong>r Herstellung feiner Putzarbeiten, Französisch<strong>und</strong><br />
TtaljenjschuntelTicht, es gab <strong>de</strong>n HofgaI1en mit Kegelbahnen sowie eine gute Bielwirtschaft<br />
im Schloß. Im Schloß waren auch die Fürstlichen naturk<strong>und</strong>lichen <strong>und</strong> Kunstsammlungen<br />
untergebracht. "Von nicht :u unterschö/:en<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung fiir die kleine Stadt war das<br />
jiirstliche Schloß mit seinem schönen Garten lind <strong>de</strong>n Kunst- <strong>und</strong> Naturmerbvürdigkeiten<br />
im "Kahinell". Was es da :u betrachten <strong>und</strong> zu bew<strong>und</strong>ern gab, machte auf mich einen<br />
lebendigeren lind nachhaltigeren Eindruck. als das, was wir hald nachher \'on Sammlungell.<br />
wissenschaftlich geordnet, klassifi:ienllnd katalogisiert, :u sehen bekamen. Und<br />
dasselbe möchte ich auch VOll an<strong>de</strong>ren ll/gen<strong>de</strong>rinnerungen sagen, : .8. von <strong>de</strong>n Schlittenfahnen,<br />
welche die Herrscha.fien oji an schönen Wintertagen hierher machten. in <strong>de</strong>n<br />
phantastisch gestalteten Schlillen aus <strong>de</strong>r Zeil <strong><strong>de</strong>s</strong> Rokoko: Diana mit <strong>de</strong>m Hirsch, Neptun,<br />
das Walroß lenkend. Löwen I/nd an<strong>de</strong>res Gehil<strong>de</strong> :eigend. Ahends sahen wir das Schloß<br />
dann erlel/chtet, im Saale gegen <strong>de</strong>n Hof:u ertönte Musik :u improvisierten Tänzen, <strong>und</strong><br />
die hei Fa<strong>de</strong>lsehein bewerkslelligte Rückfahrt ließ uns <strong>de</strong>n Zug erst recht im romantisch<br />
märchenhafien Lichte erscheinen" (Blätter aus meinem Denkbuch). So leuchtete <strong>de</strong>r Glanz<br />
höfischen Lebens nach Hüfingen hine in <strong>und</strong> hatte sicher seinen Anteil an Luc ians Wunsch<br />
Künstler zu wer<strong>de</strong>n.<br />
Bedingungen <strong>für</strong> ein Leben als Künstler in <strong>de</strong>r Mitte <strong><strong>de</strong>s</strong> 19. Jahrh<strong>und</strong>erts am<br />
Beispiel von Franz Xaver Reich, Johann Nepomuk Heinemann <strong>und</strong> Lucian Reich<br />
Die materielle Situation eine Künstlers dieser Zeit, die sich verän<strong>de</strong>m<strong>de</strong>n Möglichkeiten, als<br />
Künstl er im Zeitalter <strong>de</strong>r poli ti schen. gesell schaftli chen <strong>und</strong> materi ell en Umbrüche zu<br />
überleben. läßt s ich am Beispiel <strong>de</strong>r drei Hüfinger Luc ian Rei ch, Franz Xaver Re ich <strong>und</strong><br />
Johann Nepomuk Heinemann sehr gut beleuchten. A lle drei waren Schüler von Luzian Reich<br />
d.Ä. in <strong>de</strong>r von diesem gegrün<strong>de</strong>ten <strong>und</strong> geführten Mal- <strong>und</strong> Zeichen T hule.<br />
Franz Xaver Reich. <strong>de</strong>r Bildhauer, 18 15 geboren, kommt <strong>de</strong>r klassischen Rolle e ines vom<br />
a<strong>de</strong>li gen Mäzen unterhaltenen Künstlers am nächsten. Er hat die Protektion <strong><strong>de</strong>s</strong> Fürsten Karl<br />
Egon von Fürstenberg. Ein Stipendium <strong><strong>de</strong>s</strong> Fürsten, das er zu e inem zweijährigen Italienaufenthalt<br />
1842/43 nutzt, för<strong>de</strong>rt seine künstleri che, wie<br />
auch 'ei ne Entwicklung zur weltgewandten Persönlichkeit.<br />
Er bekommt be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Aufträge zur Fassa<strong>de</strong>ngestaltung<br />
<strong>de</strong>r <strong>für</strong>st li chen Bauvorhaben in Donaueschingen. Franz<br />
Xaver Reichs TelTakottaarbeiten schmücken das Gebäu<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r F.F. Sammlungen, Gewehrkammer, Orangerie <strong>und</strong><br />
Reithalle. Auch die künstl erische Ü bersetzung <strong>de</strong>r<br />
"Do nauque lle" in ei ne freistehen<strong>de</strong> Plastik, heute am<br />
ZusammenOuß von Brigach <strong>und</strong> Breg, ist eine Arbeit Franz<br />
Xaver Reichs im Auftrag <strong><strong>de</strong>s</strong> Fürsten, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Bildhauer<br />
im Hüfinger Schloß ein Atel ie r zur Verfügung ste llte.<br />
Abb.4:<br />
Franz Xaver Reich. Fe<strong>de</strong>rzeichnung von Joseph Hcinemann
11<br />
Weitere Arbeiten, wie die Brunnengestalrung in Schloß Heili genberg mit Statuen von Fürst<br />
Kar! Egon JI <strong>und</strong> Landgraf Joachim, wer<strong>de</strong>n vom Donaueschinger Fürstenhaus honoriert.<br />
Aufträge <strong>für</strong> die Außengesralrung von Kirchenbauwerken <strong>und</strong> Statuen kommen aus <strong>de</strong>r<br />
Region.<br />
Doch auch <strong>und</strong> vor al lem an <strong>de</strong>r regen Bautäti gkeit, die in Karl sruhe <strong>und</strong> Ba<strong>de</strong>n-Ba<strong>de</strong>n im<br />
Auftrag <strong><strong>de</strong>s</strong> Großherzogs mit <strong>de</strong>m Architekten Heinrich Hübsch einen Gestalter gef<strong>und</strong>en<br />
hatte, war Franz Xaver Reich beteiligt, wie auch, mehr o<strong>de</strong>r weniger umfangreich, die an<strong>de</strong>ren<br />
Hüfinger, Lucian Reich Johann epomuk Heinemann <strong>und</strong> RudolfGleichauf. Das Giebelfeld<br />
<strong>de</strong>r Trinkhalle Ba<strong>de</strong>n-Ba<strong>de</strong>n <strong>und</strong> die gesamte Bauplastik <strong>de</strong>r Kun thalle stammt von Franz<br />
Xaver Reich. Den Fassa<strong>de</strong>nschmuck <strong>de</strong>r Orangerie <strong>und</strong>, als größtes Projekt, <strong>de</strong>n gesamten<br />
pla tischen Schmuck <strong><strong>de</strong>s</strong> lei<strong>de</strong>r zer tÖl1en Karlsruher Hoftheaters hat Franz Xaver Reich<br />
gestaltet <strong>und</strong> auch produziert. Er harte die<br />
Ziegelei seines Vaters übernommen. sie zu<br />
einer TelTakottabrennerei umgestaltet <strong>und</strong><br />
fertigte die Arbeiten <strong>für</strong> Karlsruhe in<br />
Hüfingen.<br />
Donaueschingen , J 5. F ebrt/GI: Seit mehreren<br />
Wochen sah man die hiesigen<br />
Fre<strong>und</strong>e <strong>de</strong>r Kunst in das nahe Städtchen<br />
Hiijingen wan<strong>de</strong>rn , um im ji"irstlichen<br />
Schlosse in <strong>de</strong>m Atelier <strong><strong>de</strong>s</strong> Bildhauers X.<br />
Reich das 11///1 bis :um Brennen <strong><strong>de</strong>s</strong> Thones<br />
l'ol/en<strong>de</strong>te Giebelfeld :u sehen. welches<br />
bestimmt ist, <strong>de</strong>n Vorbau <strong><strong>de</strong>s</strong> neuen Theaters<br />
in Karlsruhe :u schmücken. Wir glauben<br />
dasselbe sowohl in <strong>de</strong>r Elfindllng, als<br />
ill <strong>de</strong>r Ausführung ein l'O//kommen gelungenes<br />
nennen :11 dÜIj'en. Die durch die bekanl1le<br />
Giebelform<strong>für</strong> die Komposition so<br />
sehr erschwerte Aufgabe wur<strong>de</strong> auf eine<br />
Weise gelöst, als wäre <strong>de</strong>m Genius <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Künstlers die freie Be: wingung seiner<br />
Schwingen :ur Velj'ügung gestan<strong>de</strong>n.<br />
Möge nUll <strong>de</strong>m Künstler bei <strong>de</strong>m Brennen<br />
dieser seiner größten Arbeit das Glück so<br />
günstig sein, als es seine ZU1'ersicht erwartet.<br />
Die geringste Ungleichheit im Trocklien<br />
wür<strong>de</strong> bei diesen Dimensionen ein<br />
Springen <strong>de</strong>r Masse veranlassen <strong>und</strong> so<br />
das Produktl'on langen Monaten <strong>und</strong> unermiidlichem<br />
Fleiß vernichten" (Donau- Abb. 5:<br />
eschinger Wochenblatt, r. 15 vom Franz Xaver Reich, Fotografi e von J . . Heinemann<br />
22.2.1853).<br />
Betrachtet man Porträts <strong>de</strong>r Künstlerpersönlichkeit Franz Xaver Reich, Fotografien <strong>und</strong><br />
Lithografien hauptsächlich von Schwager Heinemann gemacht, sieht man einen selbstbewußt<br />
bis tolz posieren<strong>de</strong>n, immerernsten Mann, von <strong>de</strong>m man in Hüfingen heute sagt, daß erein<br />
wenig über seine Verhältnisse gelebt hat, wozu ihn <strong>de</strong>r Umgang mit sei nen Auftraggebern<br />
sowohl nötigte, als auch verfüh l1e.
l2<br />
Abb. 6: SelbslbildnisJohann<br />
epomuk Heinemann. Lithografie<br />
Den Gegenpol <strong><strong>de</strong>s</strong> Künstlers, <strong>de</strong>r ohne a<strong>de</strong>l ige För<strong>de</strong>rung<br />
auskommen muß, bil<strong>de</strong>t Johann epomuk Heinemann,<br />
"f!,1eich mir im teuren Jahr 17 geboren". Er orientierte sich<br />
eher handwerklich. "A nfänglich wollte er Schildmaler wer<strong>de</strong>n<br />
hei Dilger in Neustadt, einer <strong>de</strong>r Werkstäflen, in<br />
welchen sich im Laufe <strong>de</strong>r Zeit eine fixe Technik ausgebil<strong>de</strong>t<br />
hafle. die vollständig genügt häfle. <strong>de</strong>n ebenso<br />
praktischen wie charakteristischen, hell lackierteIl <strong>und</strong><br />
bemalten "Schild" <strong>de</strong>r Schwar:walduhr artistisch weiter<br />
aus:llbil<strong>de</strong>n. - ach <strong><strong>de</strong>s</strong> Meisters baldigem To<strong>de</strong> hafle<br />
sich Heinemal1n bei Keller in Donalleschingen <strong>de</strong>l71lithographischen<br />
Fache :ugewandt. Bei seinen Eltern in Hüfingen<br />
wohnend <strong>und</strong> je<strong>de</strong>n Tag <strong>de</strong>n Weg hin lind her machend<br />
lind ausschließlich mit schnjilichen Arbeiten, Tabellellllnd Impressen beschäftigt,<br />
war es ihl1lnur injreien Stlln<strong>de</strong>n \'ergönnt. Porträts nach <strong>de</strong>r Natur:1I zeichnen - <strong>und</strong> wie<br />
Fiele <strong>und</strong> treff7iche hat er auf Stein ge:eichnet, lIn1er Gn<strong>de</strong>m eins von W. Rehmann <strong>und</strong> ein<br />
frühestes Fon Scheffel als Lyceist . ... .. .. Heillemann beabsichtigte, sich in Hiijingen, damals<br />
noch Oheramtsort, nie<strong>de</strong>r:lllassen. Doch sollte ihm dies nicht so leicht gemacht wer<strong>de</strong>n.<br />
Das Gesuch um die KOII:ession :/lr Errichtllllf? ein er eigenen Druckerei wllr<strong>de</strong> \'on <strong>de</strong>r<br />
Kreisregientng ahschlägig heschie<strong>de</strong>nllnd erst au/klarstellen<strong>de</strong> Winke \'on Donaueschingen<br />
alls genehmigt" (L. R EICH: un veröffentlichte Autobiografie. 0.1., Stadtarchiv Villingen<br />
Schwenningen).<br />
Schon früh wandte er sich auch <strong>de</strong>r neuen Technik <strong>de</strong>r Fotografie zu. Er w ur<strong>de</strong> einer <strong>de</strong>r<br />
ersten Fotografen im Lan<strong>de</strong>. Mit di esen Produktionstechniken zielte Heinemann, <strong>de</strong>r als Sohn<br />
eines Nagelschmie<strong><strong>de</strong>s</strong> ohne a<strong>de</strong>lige Protektion geblieben war, auf einen ganz an<strong>de</strong>ren Auftraggeberkreis<br />
al s <strong>de</strong>r Bildhauer, obwohl auch vom Fürstenhaus eine Dienste als Fotograf<br />
geschätzt wur<strong>de</strong>n. Mit seinen lithografierten Porträts,<br />
vor allem aber mit seinen Fotografien kam<br />
er<strong>de</strong>m Bedarf nach Bildnissen zu günstigen Preisen.<br />
<strong>de</strong>r zunehmend auch aus einfacheren Kreisen<br />
<strong>de</strong>r Gesel L chaft entwickelt wur<strong>de</strong>, entgegen.<br />
Bei <strong>de</strong>n Projekten, die er mit Lucian Reich gemeinsam<br />
bearbeitete, die Mustel1l1appe <strong>für</strong> Uhrschildmaler<br />
<strong>und</strong> die Bücher, weiter unten genauer<br />
beschrieben, han<strong>de</strong>lte es sich um Kunst<br />
(gewerbliche)produktion <strong>für</strong> einen anonymen<br />
Abnehmerkreis. Johann epomuk Heinemann<br />
fand immer sein Auskommen in Hüfingen<strong>und</strong><br />
an se inem Lebensabend konnte er sich. wohlversorgt<br />
von seiner Schwester, einer Liebhaberei,<br />
<strong>de</strong>m Holzschnitzen widmen. Seine achkommen<br />
leben noch heute in <strong>de</strong>m mit sei nen<br />
Schnitzereien ausgestatteten schönen Häuschen.<br />
Abb. 7: Prinzessin Amelie von Flirstenberg ( 1848 -<br />
191 8) Fotografie von J. N. Heinemunn
13<br />
Lucian Reich nimmt zwischen diesen bei<strong>de</strong>n eine Mittelposition e in, was die materi e llen<br />
Bedingungen betrifft. Ein Staats tipendium aus <strong>de</strong>m Fonds <strong>für</strong> Künste <strong>und</strong> Wissenschaft erlaubt<br />
es ihm, seinem Bru<strong>de</strong>r Xaver 1840 nach München zu folgen, von Italien dagegen kann er nur<br />
träumen. Am Bau <strong>de</strong>r Kunsthall e in Karl sruhe ist er mit Wandma lereien unter Moritz von<br />
Schwindts Anleitung beteili gt, doch eigene Aufträge aus <strong>de</strong>n A<strong>de</strong>lshäusern bleiben au .<br />
Dagegen kann er zu verschie<strong>de</strong>nen Publikationen u. a. BADERS "Ba<strong>de</strong>nia" 1843/44 <strong>und</strong> 1845<br />
zum von Helmann KURZ <strong>und</strong> Bertold AUERBACH herausgegebenen "Deutschen Familienbuch<br />
zur Belehrung <strong>und</strong> Unterhaltung" Illustrationen beisteuern. Der 1850 erfolgte Aufruf <strong>de</strong>r<br />
Direktion <strong>de</strong>r Uhrmacherschule Furtwangen Künstler mögen Musterblätter <strong>für</strong> die, unter<br />
Schweizer Konkurrenz lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>. Schwarzwäl<strong>de</strong>r Uhrenproduktion beisteuern, fiel bei ihm<br />
auf fruchtbaren Bo<strong>de</strong>n. Später, nach<strong>de</strong>m er auch zum Schreiben gef<strong>und</strong>en hatte, ergreift er<br />
die Initiative, eine eigene Buchproduktion mit Fre<strong>und</strong> <strong>und</strong> Schwager Heinemann ins Leben<br />
zu rufen.<br />
Produktion von Büchern als Weg, Bil<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Texte zu verkaufen<br />
Mit <strong>de</strong>m Buch "Hieronymus, Lebensbi l<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r Baal' <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Schwarzwal<strong>de</strong>" startet da<br />
Team REICH/HElNEMA 'N auf <strong>de</strong>n Weg in ein sicherlich sehr arbeitsinten ive , aber elbstbestimmtes<br />
Unternehmertum. Lucian Reich schrieb <strong>de</strong>n Text <strong>und</strong> lieferte die Entwürfe <strong>für</strong><br />
die Lithografien, die von Hei nemann auf <strong>de</strong>n Stein übertragen <strong>und</strong> gedruckt wur<strong>de</strong>n. Vom<br />
Für ten earl Egon II zu Fürstenberg erhielt Reich ein zinsloses Darlehen zur Finanzierung<br />
<strong>de</strong>r Druckko ten. 1852 er cheinen<br />
die allerer ten Exemplare, noch im<br />
Selbstverlag. in Hüfingen in 1. e<br />
pomuk Heinemanns Steindruckerei<br />
<strong>und</strong> in Karl sruhe in <strong>de</strong>r Buchdruckerei<br />
von MaJsch <strong>und</strong> Vogel<br />
gedruckt. 1853 wird dann mit <strong>de</strong>r<br />
Her<strong>de</strong> rschen Buchhandlung, A.<br />
Geßner, ein Verlag fü r das Buch<br />
gewonnen <strong>und</strong> mit <strong>de</strong>r FornlUlierung<br />
<strong>de</strong>r Widmung durch Lucian<br />
Reich beginnt etwa, das wir heute<br />
mit <strong>de</strong>m Wort Sponsorenarbeit umschreiben<br />
wür<strong>de</strong>n. "Seiner, <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Herren Carl EgoII. Fürsten :u<br />
Fürstenberg . Landgrafen in <strong>de</strong>r<br />
Baal' LW. Hoch<strong>für</strong>stlichen Durchlaucht,<br />
<strong>de</strong>m hochher:igen Beför<strong>de</strong>rer<br />
<strong>und</strong> Beschüt:er vaterländischer<br />
KlinSE <strong>und</strong> Wissenschaft,<br />
widmet dieses Werk in tiefster<br />
Eh/furcht <strong>de</strong>r Ve/fasser" (Hieronymus,<br />
1852).<br />
Abb. 8: Überarbei tete Lithogra fi e aus<br />
"Hieronymus"
14<br />
15<br />
lichkeit trat. geruhten Eure Königliche Hoheit allergnädigst, die Mittel zur Anschaffung<br />
einer größ eren Anzahl Exemplare zu bewilligen, um durch Vermilllung <strong>de</strong>r Direktion <strong>de</strong>r<br />
Großherzoglichen Uhrenmacher-Schule zu Furtwangen <strong>de</strong>n weniger wohlhaben<strong>de</strong>n<br />
Familien <strong><strong>de</strong>s</strong> Schwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong> die Anschaffung <strong><strong>de</strong>s</strong> Buches zu ermög lichen. Eine also huldvolle<br />
Würdigung seiner geringen Leistungen konnte wohl nicht an<strong>de</strong>rs, als <strong>de</strong>n Verfasser<br />
ermUlhigen, die einmal beschrillene Bahn weiter zu velfolgen. Und in<strong>de</strong>m ich nun im<br />
Begriffe stehe, das vorliegen<strong>de</strong> neue Werklein im Sinne <strong><strong>de</strong>s</strong> ersten herauszugeben, wird<br />
mir im Vorraus schon <strong>de</strong>r schönste Lohn durch die gnädigste Vergünstigung, Eurer Königlichen<br />
Hoheit die kleine Gabe zueignen zu dÜlfen. Wenn <strong>de</strong>mnach durch <strong>de</strong>n all verehrten<br />
Namen meines durchlauchtigsten Herrn <strong>und</strong> angestammten Lan<strong><strong>de</strong>s</strong><strong>für</strong>sten <strong>de</strong>m Werklein<br />
die be<strong>de</strong>utsamste aller Zier<strong>de</strong>n gewor<strong>de</strong>n, so müssen nothwendig auch die Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
an <strong>de</strong>n Werth <strong>und</strong> Gehalt <strong><strong>de</strong>s</strong>selben in gesteigertem Maße stattfin<strong>de</strong>n, wobei allerdings,<br />
wie ich <strong>für</strong>chte, das Urtheilleichl zu meinen Ungunsten ausfallen dÜlf te. Doch gebe ich<br />
mich <strong>de</strong>r tröstlichen Hoffnung hin, es möge in <strong>de</strong>m Streben <strong>und</strong> Fleiße, womit die Arbeit<br />
nach besten Kräften geschaffen wor<strong>de</strong>n, Einiges liegen, was als Ersatz höherer Eigenschaften<br />
zu meinen Gunsten spreche. Ist es ja nicht ausschließlich die Be<strong>de</strong>utsamkeit <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Stoffes <strong>und</strong> die großartige Ausfiihrung. wonach ein Bild geschäzt <strong>und</strong> beurtheilt zu wer<strong>de</strong>n<br />
pflegt; auch in kleinerem Rahmen vermag treufleißige Liebe zum min<strong>de</strong>r be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n<br />
Gegenstan<strong>de</strong> etwas zu bieten, was<br />
Interesse <strong>und</strong> Theilnahme gewinnt,<br />
um so mehr, wenn in <strong>de</strong>m Gegebenen<br />
manches, was <strong>de</strong>r Erinnerung<br />
werth ist. festgehalten <strong>und</strong> Ve r<br />
wandtes, Heimathliches ::ur Anschauung<br />
gebracht wird. Möchte<br />
nun in ähnlicher Weise die l'orliegen<strong>de</strong><br />
Arbeit nicht gan: unwürdig<br />
erscheinen, <strong>de</strong>m durchlauchtigsten,<br />
ritterlichen Fiirsten <strong>und</strong> Herrn,<br />
welchem die Vorsehung die Leitung<br />
<strong>de</strong> r Geschicke <strong><strong>de</strong>s</strong> Lan<strong><strong>de</strong>s</strong> Ba<strong>de</strong>n<br />
al11'ertraut hat, als einen unl'erwelklichen<br />
Kran:: IInl1'an<strong>de</strong>lbarerTreue.<br />
unbegren::ter Verehl'llng <strong>und</strong> Dankbarkeit<br />
dargebracht ::u wer<strong>de</strong>n. In<br />
diesen Gesinnungen <strong>und</strong> Gefühlen<br />
tief~ter EIl/furcht l'erharret Eurer<br />
Königlichen Hoheit, Hiifingen, im<br />
Of..10ber 1854 unterthänigst treugehorsamster<br />
Lucial/ Reich" (Wan<strong>de</strong>rblühten,<br />
1855).<br />
Abb. ll:<br />
Lithografie aus "Wan<strong>de</strong>rblühten"<br />
Dieser "offene Brief' an <strong>de</strong>n Prinz-Regenten, 7 Jahre nach <strong>de</strong>r bürgerlichen 48er Revolution,<br />
ist, wenn man die Schnörkel in <strong>de</strong>r Sprache wegläßt - die uns heute eher schmunzeln machen<br />
über die auch semantische Prachtentfaltung <strong><strong>de</strong>s</strong> A<strong>de</strong>ls - ein recht mutiges Unternehmen Lucian<br />
Reichs. Er enthält sein Bekenntnis zur Schlichtheit, zum Motiv <strong>de</strong>r einfachen Leute, zum<br />
"min<strong>de</strong>r be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Gegenstan<strong>de</strong>", <strong>und</strong> zielt darauf, einen Geldgeber <strong>für</strong> e in neues Projekt<br />
zu gewinnen.
16<br />
Abb. 12: Titelblatt: "Die Insel Mainau <strong>und</strong> <strong>de</strong>r badische<br />
Bo<strong>de</strong>nsee"<br />
1856 erscheint dann auch "Im Allerhöchsten Auftrage<br />
seiner Königlichen Hoheit <strong><strong>de</strong>s</strong> Regemen Friedrich \'on<br />
Ba<strong>de</strong>n" das Buch "Die In sel Mainau <strong>und</strong> <strong>de</strong>r badische<br />
Bo<strong>de</strong>nsee" ,ein noch besser ausgestattetes Werk, <strong>de</strong>m man<br />
ansieht, daß es als Auftragsarbeit mit finanzieller Absicherung<br />
entstan<strong>de</strong>n ist. Auch im Vorwort zu diesem Buch<br />
kommt Lucian Re ichs Motivation, sein Antrieb <strong>für</strong> die<br />
künstleri che Arbeit zum Ausdruck. "Gelingt mir solches,<br />
so wird diese Arheit sicherlich ihren weiteren<br />
Zweck erreichen, <strong>de</strong>m Einheimischen das Eigene, Gute<br />
<strong>und</strong> Erhaltungswenhe auf I'aterländischem Bo<strong>de</strong>n<br />
/IIlfer passen<strong>de</strong>m Rahmen <strong>und</strong> Gesichtspunkte vor<br />
: ujiih ren , <strong>de</strong>m ft'em<strong>de</strong>n Touristen aber, bei einem Besuche<br />
<strong>de</strong>r schÖllen, /leuester Zeit:u höherer Be<strong>de</strong>utung<br />
gelangten Insel Mainau <strong>und</strong> <strong>de</strong>r übrigen Seegesw<strong>de</strong>.<br />
eill unterhalten<strong>de</strong>r <strong>und</strong> willfähriger Begleiter zu sein."<br />
Daß dieses in Rastatt, zu Ostern 1856 geschrieben ist. gibt auch Aufschluß darüber, daß<br />
Lucian Reich, er ist inzwischen Vater gewor<strong>de</strong>n, aus <strong>de</strong>r materie llen Ri sikosituation in e in<br />
festes Angestelltenverhältnis als Zeichenlehrer nach Rastatt übergewechselt ist. eben dieser<br />
Gr<strong>und</strong>absicherung hat er in seinem Atelier im Rastatter Schloß die Möglichke it, vor allem<br />
kirchliche Aufträge, wie die Aus tattung <strong>de</strong>r Iffezheimer Pfarrkirche, ab 1867, au zuführen.<br />
Bis zu seiner Rückkehr nach Hü fingen 1890 publiziert e r daneben auch verschie<strong>de</strong>ne Texte<br />
in Zeitungen <strong>und</strong> Zeit. chriften.<br />
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- .<br />
-----"<br />
---<br />
Abb. 13: Der Hafen von Constanz. Entwurfvon Lucian Re ich <strong>für</strong>die Lithografie in "Die Insel Mainau<br />
lind <strong>de</strong>r badische Bo<strong>de</strong>nsee" .
Abb. 14: Kleines Mädchenporträt, 0.1 .. Öl auf Holz, StadtJl1useuJl1 Hüfingen<br />
17
18<br />
Abb. 15' . Der Turm III . Hüfingen, o .. J , Tusc hel Buntsti ft/ Papier, . Stadtmuseum Hüfingen
19<br />
Abb. 16: Trachtenpaar aus <strong>de</strong>m östlichen<br />
Schwarzwald , o.J., Tusche/ Buntstift/ Papier,<br />
Stadtmuseum Hüfingen<br />
Abb. 17: Mutter an <strong>de</strong>r Wiege, o.J., Tusche/<br />
Buntsti ft/Papier, Stadtmuseum Hüfingen
20<br />
Abb. 18:<br />
Schwarzwäl<strong>de</strong> r Trachtenmädchen. 0.J .. Buntsti Ftl Temperal Tuschel Papier. Stadtmuseum Hüfingen
2J<br />
Abb. 19: Auf <strong>de</strong>r Baar, 0.1., Tusche/ Aquarell fa rbe/Papier, Stadtmuseum Hüfingen<br />
Abb. 20: Mutter an <strong>de</strong>r<br />
Wiege ihres Kin<strong><strong>de</strong>s</strong>, um<br />
1888, Tusche/ Papier, Augustiner-Museum<br />
Fre iburg
22<br />
A bb. 2 1: Bauernmädchen mit HUL oJ .,<br />
Ölsk izze. Bad. Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>mus. K arl sruhe<br />
Abb. 22: M ädchen von <strong>de</strong>r Wutach, 1845 , Öiskizze.<br />
Badisches Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>mu seum Karl sruh e<br />
Abb. 23: Mädchen aus<br />
Kirchen (-Hausen), 1836.<br />
Ölskizze, Badisches Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>museum<br />
Karlsruh e
Abb. 24: Wirtstochter im Prechtal, 0.1 ., Öiskizze, Bad. Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>museum Karisruhe<br />
23
24<br />
Abb. 25: Innungsmei ler <strong>de</strong>r Salpelerer. 0.J.. Öiskizze, Badische Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>museum Kar! ruhe
Abb. 26: Mädchen lind Kind VOIll K inzigtal, 1860, Ölskizze, Badisches Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>lllllselllll Karl snlhe<br />
25
26<br />
Abb. 27: AIlbaarischer Bauer, 1850.<br />
Öl kizze. Bad. Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>mus. Karlsru he<br />
Abb. 28: Mädchen aus <strong>de</strong>m Kirchlal. 1836, Ölskizze.<br />
Badi che Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>museum Karl sruhe<br />
bb. 29: Slrohtlechlen<strong>de</strong><br />
Mädchen bei Hammereisenbach,<br />
1847, Öl ki zze, Bad.<br />
Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>illuseuill Karl sruhe
Abb. 30: Frau in braunem Kleid , 1897, Öiskizze, Stadtmuseum Rastatt<br />
27
28<br />
Abb. 31 : Bauernhau im Schwarzwald. 0.J .. Öl! Pappe. Stadtmuseum Hlifingen<br />
Abb. 32: Landschaft mit Kuhhine <strong>und</strong> Wan<strong>de</strong>re r, 0.1 .. ÖI/ Pappe, Stadtmuseul1l Rastatt
Abb. 33: Hase, 0.1., Öl! Pappe, Stadtlllu eUIll Hüfingen<br />
29
30<br />
Abb. 34: Hinenknabe mit Ziege, 0.1 ., Öl/Pappe. Fürstlich Fürstenbergische Sammlungen Donaueschingen<br />
Abb. 35: Hinenknabe mit Kühen, 0.1., Öl/Pappe, Fürst!. Fürstenbergi cheSal11mlungen Donaueschingen
Abb. 36: Hüfingerin , 1835, Öi sk izze, Badisches Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>museum Karlsruhe<br />
3 1
32<br />
Abb. 37: Junge Frau in BaarelllerTrachl. 0 .1 .. Öl! Papier, Sladlilluseuill Hüfingen
33<br />
Lucian Reich zwischen Romantik <strong>und</strong> Realismus<br />
D ie Tatsache, daß Lucian Reichs Werk keinen geschlossenen Charakter aufweist, son<strong>de</strong>rn<br />
eine große, auch stil istische, Vielfalt zeigt, resultiert aus <strong>de</strong>r Anpassung an seine materiellen<br />
Möglichkeiten. Je nach<strong>de</strong>m, ob es sich um Auftragsarbeiten o<strong>de</strong>r aus freiem Interesse gef<strong>und</strong>ene<br />
Bildi<strong>de</strong>en, um Kirchenmalerei o<strong>de</strong>r BuchiUustrationen han<strong>de</strong>lt, kommen ganz unterschiedliche<br />
Bil<strong>de</strong>r zustan<strong>de</strong>.<br />
Trotz<strong>de</strong>m läßt sich sagen, daß Ausgangspunkt <strong>und</strong> Ziel in Lucian Reichs Werk, die "schlichten<br />
Baarkin<strong>de</strong>r" sind. Diese Entscheidung <strong>für</strong>s Sujet resultiert zum einen aus seinem Anspruch,<br />
sei ne eigene Lebenswirklichkeit umzusetzen, wahrhaftig zu sein. zum an<strong>de</strong>ren aus <strong>de</strong>m "poljtischen"<br />
Anspruch, mit seiner Kunst zu belehren, Ei nfluß zu nehmen auf da gesellschaftliche<br />
Leben. In <strong>de</strong>n oben zitierten Vorworten zu seinen Büchern kommt dies ebenso zum Ausdruck<br />
wie im Folgen<strong>de</strong>n aus <strong>de</strong>m Vorwort zum Hieronymus. "Und in<strong>de</strong>m ich hierzu das Leben <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Hieronymus wählte. hatte ich <strong>de</strong>n Vorteil, meist speziell Wah res <strong>und</strong> persönlich Erlebtes<br />
<strong>de</strong>m Leser vOI!ühren 2U können". Die Hinwendung zum einfachen Volk als Gegenstand <strong>de</strong>r<br />
Kunst, das Bemühen um Wahrhaftigkeit, <strong>de</strong>r gesellschaftspolitische Anspruch aber auch das<br />
Selb tbewußtsein, mit <strong>de</strong>m die Wahl <strong><strong>de</strong>s</strong> "min<strong>de</strong>r be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Gegenstan<strong><strong>de</strong>s</strong>" postuliert wird,<br />
rückt Lucian Reich in die ähe <strong>de</strong>r ReaJjsten. Die in <strong>de</strong>r M itte <strong><strong>de</strong>s</strong> 19. Jahrh<strong>und</strong>erts in<br />
diesem Sinn entstan<strong>de</strong>nen Werke, FLAUBERTS "Madame Bovary", George SANDS "Dorfgeschichten",<br />
COURBETS "Begräbnis in Ornans" o<strong>de</strong>r seine "Steinklopfer", MILLETs "Kornleserinnen",<br />
zeigen das Bemühen, die zeitgenössische Wirklichkeit ungeschönt wie<strong>de</strong>rzugeben.<br />
Diese Künstler <strong>und</strong> ihre Werke stehen, wie auch die impressioni sti chen Maler im Gegensatz<br />
zur aka<strong>de</strong>mischen Auffassung von Kunst im 19. Jah rh<strong>und</strong>ert, die nur die i<strong>de</strong>ale, erhabene<br />
Seite <strong><strong>de</strong>s</strong> Lebens als darstellenswert erachtet <strong>und</strong> diese in inszenierten, i<strong>de</strong>ali tisch überhöhten<br />
Kunstwerken umsetzt. Über die eingeschränkte Momentwie<strong>de</strong>rgabe <strong><strong>de</strong>s</strong> Impressionismus<br />
hinaus, will <strong>de</strong>r Realismus mit einem individuellen Zeugnis <strong>de</strong>r Künstlerin/<strong><strong>de</strong>s</strong> Künstlers<br />
seiner Zeit gerecht wer<strong>de</strong>n. "Ich halte auch da<strong>für</strong>, daß die Malerei ihrem Wesen nach eine<br />
konkrete Kunst ist <strong>und</strong> nur aus <strong>de</strong>r Darstellung <strong>de</strong>r wirklichen <strong>und</strong> vorhan<strong>de</strong>nen Sachen<br />
bestehen kann. Sie ist eine vollkommen physische Sprache, die anstelle von Worten aus<br />
allen sichtbareIl Dingen besteht; ein abstrakles Ding, das man nicht sieht, das nicht<br />
\'orhan<strong>de</strong>n ist, gehört nicht in <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>r Malerei. Die Einbildungskraft in <strong>de</strong>r Kunst<br />
besteht in <strong>de</strong>m Vermögen, <strong>de</strong>n vollständigen Ausdruck einer vorhan<strong>de</strong>nen Sache zujin<strong>de</strong>n,<br />
aber niemals darin. diese Sache selbst zu setzen o<strong>de</strong>r zu erschaffen" (COVRBET, Brief an<br />
meine Schüler, 25. I 2.1861).<br />
In Lucian Reichs Bild "Mutter an <strong>de</strong>r Wiege" ( 11 ) in <strong>de</strong>n "Wan<strong>de</strong>rblühten" <strong>und</strong> mehr noch in<br />
<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Zeichnungen zum sei ben Motiv ( 17) <strong>und</strong> (20) ist <strong>de</strong>r von Courbet gefor<strong>de</strong>rte<br />
"voll ständige Ausdruck einer vorhan<strong>de</strong>nen Sache" gelungen. Vielleicht hat auch Hernlann<br />
K RZ, ein mit Lucian Reich befre<strong>und</strong>eter Schri ftsteller, <strong><strong>de</strong>s</strong>sen 1854 erschienenes Buch<br />
"Sonnenwüt, eine schwäbische Volksgeschichte" entschie<strong>de</strong>n realistische Züge aufweist, dies<br />
gesehen <strong>und</strong> vielleicht hat ihn dies bewogen, Lucian Reich aufzufor<strong>de</strong>rn, einen Text zu diesem<br />
Bild zu schreiben, womit Reichs literarische Tätigkeit ihren Anfang nahm.<br />
Der Wunsch, in <strong>de</strong>n sich rasch wan<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Umbruchzeiten festzuhalten, was noch festzuhalten<br />
ist, kennzeichnet die romantische Seite Lucian Reichs. "Von <strong>de</strong>n alten Sitten <strong>und</strong> Gebräuchen,<br />
wie sie ehemals waren, ist zwar vieles schon abgekommen lind erloschen ; doch lebt noch<br />
ein Theil davon so charakteristisch im Volke fOrl , daß er wohl verdient, abgebil<strong>de</strong>t <strong>und</strong><br />
beschrieben zu wer<strong>de</strong>n - gleichsam als ein Denkmal ehrwürdiger Überreste, aus welchen<br />
wir schließen mögen, wie solid, wie reich <strong>und</strong> eigenthümlichjenes Volksleben einst gewesen"
34<br />
Abb. 38: Sitzen<strong>de</strong> Strohflechterin mit Geißen. 0.1 .. Bleisti ft/ Papier, Augustine r-Museum Freiburg<br />
... "Sie (die alten Sillen <strong>und</strong> Gebräuche) bil<strong>de</strong>ten ein ungeschriebenes Gesetzbuch, eine<br />
gol<strong>de</strong>ne Regel in geistlichen <strong>und</strong> weltlichen Dingen, in Scher: IIl/d Ernst, in Haus <strong>und</strong><br />
Feld. Sie bewahrten das Leben \'Or <strong>de</strong>r nüchternen Zeljahrenheit , die unsere Tage so<br />
auffallend be:eichnet" (Vorwort Hieronymus) . Ähnliches klingt aus KURz' "Ein Volk aber<br />
soll seine Wahrzeichen nicht wegwerfen " aber auch in <strong>de</strong>r Begründung <strong>für</strong> die Bewilligung<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Hieronymus-Darlehen durch <strong>de</strong>n <strong>für</strong>stlichen Hofmarschall "In//nserer nivellieren<strong>de</strong>n,<br />
alles ::ersetzen<strong>de</strong>n Zeit. sagte er. wäre es doppeltl'erdienstlich, <strong>de</strong>m Volke das "Gute <strong>und</strong><br />
Schöne" , was es noch besit:e <strong>und</strong> eigen nenne, wirksam 1'0r Augen : 11 stellen, wo:u auch<br />
die alten Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>trachten :u rechnen seien." Der Rückzug aus <strong>de</strong>r Teilnahme am akruellen<br />
gesellschaftl ichen Leben <strong>und</strong> die nostalgische Verklärung <strong>de</strong>r Vergangenheit <strong>de</strong>utet sich an in<br />
<strong>de</strong>n Sätzen "Wenn ich von all Diesem so Manches noch sah <strong>und</strong> hörte, <strong>und</strong> mit <strong>de</strong>m hereinbrechen<strong>de</strong>n<br />
mo<strong>de</strong>rnen Lebel/l'erglich, so ellfstand in mir immer <strong>de</strong>r Wun sch, das Gesehene<br />
<strong>und</strong> Gehörte, als Dauer im Wechsel, nach besten Kräften in Wort lind Bild dar:lIstellen<br />
<strong>und</strong> all!:ubewahren" (Blätter au s meinem Denkbuch).
35<br />
In diesem bewahren<strong>de</strong>n lnteres e schlummert die Gefahr <strong>de</strong>r Flucht in das Idyllisch-Einfache<br />
<strong>und</strong> Friedsam-Harmonische, die, auf Kosten <strong><strong>de</strong>s</strong> realen Zeitgehaltes <strong>und</strong> <strong>de</strong>r künstlerischen<br />
Substanz, im Bie<strong>de</strong>rmeier trivialste Blüten trieb. ach <strong>de</strong>m Mißerfolg von 1848/49 zogen<br />
solche Schriften <strong>und</strong> Bil<strong>de</strong>r die bürgerlichen Neigungen erneut an, wie <strong>de</strong>r Erfolg <strong>de</strong>r sentimentalistischen<br />
Dorfgeschichten Bertold Auerbachs belegt. Die Produktion von Kunst <strong>für</strong><br />
einen anonymen Käuferkreis, die daraus folgen<strong>de</strong> Orientierung am vetmeintlichen Geschmack<br />
breiter Kreise brachte Einiges helvor, was mit kreativer Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit Wirklichkeit<br />
wenig bis nichts zu tun hat.<br />
Lucian Reichs Bil<strong>de</strong>r<br />
Auch Lucian Reich war nicht gefeit dagegen, das Leben <strong>de</strong> VoLkes im Rückblick im verklärten<br />
Licht <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>e vom natürlichen <strong>und</strong> einfachen Leben erscheinen zu lassen, immer wie<strong>de</strong>r<br />
greift auch er das in romantischer Idylle verhaftete Hirtenmotiv auf. Doch aus <strong>de</strong>m Spannungsverhältnis<br />
zwischen Realismus <strong>und</strong> Romantik. zwischen größtmöglicher Wahrhaftigkeit<br />
<strong>und</strong> tiefstem Gefühl resultieren Bil<strong>de</strong>r, die durch ihre Gestaltungskraft <strong>und</strong> emotionale Sicherheit<br />
beeindrucken. Viele h<strong>und</strong>ert kleine<br />
Skizzen seiner Baaremer Mitmenschen<br />
in alltäglichen Situationen flossen aus<br />
Lucian Reichs Hand. Mit Bleistift, Buntstift<br />
<strong>und</strong> Fe<strong>de</strong>r, Tuschepinsel, Ölkrei<strong>de</strong><br />
<strong>und</strong> Ölfarbe auf kleinen bis kleinsten<br />
Formaten fing er Bil<strong>de</strong>r ein. Hier, wo Inhalt<br />
(das Leben einfacher Menschen) <strong>und</strong><br />
Form (die kleine hingeworfene Skizze)<br />
übereinstimmen mit <strong>de</strong>m Wesen <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
schlichten Lucian Reich, kommen lebendige<br />
Zustandsbeschreibungen im Sinne<br />
<strong>de</strong>r For<strong>de</strong>rung realistischer Kunst nach<br />
echtem Gefühl versus Gefühlsduselei<br />
zustan<strong>de</strong>, die in ihrer Konzentration auf<br />
<strong>de</strong>n wie<strong>de</strong>rgegebenen Moment auch<br />
heute noch von überzeugen<strong>de</strong>r künstlerischer<br />
Qual ität sind.<br />
Abb. 39: Illustration aus " ovellen <strong>und</strong><br />
Skizzen", 1897<br />
Die kleine Fe<strong>de</strong>rzeichnung "Mutter an <strong>de</strong>r Wiege" ( 17) zeigt einen Zustand von höchster<br />
atmosphärischer Dichte <strong>und</strong> archaischer Schlichtheit. Die entspannt ruhen<strong>de</strong> Mutter an <strong>de</strong>r<br />
Wiege ihres schlafen<strong>de</strong>n Säuglings ist mit lockeren Fe<strong>de</strong>rstrichen auf einem doppeltbriefmarkengroßen<br />
Stückchen Papier festgehalten <strong>und</strong> noch auf fünf Meter Entfernung ist die<br />
Frau an <strong>de</strong>r Wiege präsent. Lucian Reich schätzt solch atmosphärisch dichte Situationen als<br />
Motive <strong>und</strong> wählt sie sehr bewußt. "Weiterhin im ThaI erhlickten wir dann einesjen.er Bi/<strong>de</strong>r,<br />
die in ihrer Einfachheit <strong>und</strong> elegischen Lieblichkeit Sinn <strong>und</strong> Gemüt weit mehr ansprechen<br />
ulld fesseln als manche noch so hoch gepriesene Sehenswürdigkeit. Vor einer ärmlichen<br />
Hüfte am Wege stand eine alte Frau mit einem nackten in ein Stück grober Sackleinwand<br />
gewickelten w<strong>und</strong>erhühschen Kindlein auf <strong>de</strong>m Arm. Vom vollen Sonnenlicht getroffen,<br />
war's ein Anblick I'on überraschendster Wirkung" (Blätter aus meinem Denkbuch).
36<br />
Di e Lithografien, die das Buch "Wan<strong>de</strong>rblühten" schmücken, <strong>und</strong> die, je<strong>de</strong>nfalls zum Teil,<br />
im Fall <strong>de</strong>r Mutrer an <strong>de</strong>r Wiege ist die belegt, Ausgangspunkt <strong>für</strong> die Texte waren, zeigen<br />
e ine Re ihe solch atmosphärisch dichter Situationen. Ganz im Stile romanri eher Kunst setzt<br />
Lucian Reich hier das Licht als Transportmittel <strong>für</strong> Stimmungen e in. Be i <strong>de</strong>r "Mutter an <strong>de</strong>r<br />
Wi ege" ( 11 ) leitet ein anftes Morgenlicht <strong>de</strong>n Blick durch das kleine Fenster nach draußen,<br />
in di e Ferne. durch Personen in verschie<strong>de</strong>nen Entfernungen zum Haus, in verschie<strong>de</strong>ner<br />
Größe, gestaltet. Dieser Ausblick erhöht noch die Wirkung <strong><strong>de</strong>s</strong> kleinen Winke ls, in <strong>de</strong>m,<br />
völlig aufgehoben <strong>und</strong> behütet, da Kind in <strong>de</strong>r Wiege schlummel1. lm Fall <strong>de</strong>r Schildmalerin<br />
bei <strong>de</strong>r Arbe it ( 10) kommt ein Sonnenstrahl ins Zimmer, <strong>de</strong>r e in strahlen<strong><strong>de</strong>s</strong> Weiß auf Bluse<br />
<strong>und</strong> Schürze <strong>de</strong>r Frau hervorbringt <strong>und</strong> di e Utensi lien, am Arbeitsplatz <strong>de</strong>r He imarbe iterin<br />
säuberlich ausgebreitet, beleuchtet. Hier wirkt das Licht als Kraft, die von außen <strong>de</strong>r häuslichen<br />
Szene etwas Strahlen<strong><strong>de</strong>s</strong> gibt. in <strong>de</strong>r Umsetzung <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Druck wird die erwünschte Lichtwirkung<br />
dadurch erreicht, daß <strong>de</strong>r gelbbraune Ton <strong>de</strong>r Strichzeichnung, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Lithografien<br />
die heimelige, weiche Ausstrahlung verleiht, als Lasur über die ganze Bildfläche. unter Au -<br />
sparung <strong>de</strong>r Lichter, aufgebracht wur<strong>de</strong>, sodaß nur an diesen wenigen Stellen das ursprüngliche<br />
Weiß <strong><strong>de</strong>s</strong> Papiers zu sehen ist. Der zweite Ton, das Schwarz, das verdünnt ein kaltes Blaugrau<br />
ergibt, wird zur Kontra ti erung <strong>und</strong> Schattierung lasierend e ingesetzt. So kommt mit nur<br />
zwei Farbtönen im Druck e ine lebendige Frische <strong>und</strong> Tiefenwirkung zustan<strong>de</strong>, die bisher<br />
lei<strong>de</strong>r in ke inem achdruck <strong>de</strong>r Lithografien erreicht wur<strong>de</strong>. Dieser Umsetzung trug Lucian<br />
Reich oft schon in seinen Skizzen Rechnung, in<strong>de</strong>m er zum Beispiel zu seinem Tusche- o<strong>de</strong>r<br />
Fe<strong>de</strong>rstrich noch einen kalten hellblauen Buntstift hinzufügte.<br />
Lucian Reich Situation skizzen von Personen in Tracht zeigen selbstbewußte. aufrechte<br />
Menschen. in ihrem schlichten Da ein, nicht Schaufensterpuppen <strong>für</strong> Trachten. Die "Frau in<br />
Schwarzwäl<strong>de</strong>r Tracht" (48), im Profi I auf einer kleinen Fe<strong>de</strong>rzeichnung, schaut fast schon<br />
keck nach vorn. Das "Trachtenpaar aus <strong>de</strong>m östli chen Schwarzwald " ( 16), mit Fe<strong>de</strong>r <strong>und</strong><br />
Buntstift festgehalten, geht aufrecht, in fre<strong>und</strong>lichem Beisammensein durch die Frühlingslandschaft.<br />
die sich im Blumensträußlein in <strong>de</strong>r Hand <strong>de</strong>r Frau mitteilt. Auf die bei<strong>de</strong>n Trachtenmädchen<br />
"Auf <strong>de</strong>r Baar" (19) scheint di e Sommersonne ihre scharfen Schatten zu werfen<br />
<strong>und</strong> im "Uhrenschil<strong>de</strong>ntwurf das Ti schgebet" (40) steigt <strong>de</strong>r Duft <strong>de</strong>r ländlichen Kost aus <strong>de</strong>n<br />
Töpfen am He rd.<br />
Abb.40: Uhrschi I<strong>de</strong>ntwurf - das Tischgebet (Ausschnitt,) um 1850, Bleisti rt/ Sepia! Papier, Stadtmuseum<br />
Hüfingen
37<br />
Eher als Porträts <strong>de</strong>nn al s Trachtenbil<strong>de</strong>r erscheinen Lucian Reichs Ölskizzen. Mit wenigen<br />
groben Pinselstriehen ist im "M ädchen von <strong>de</strong>r Wutach" (22) eine Rothaarige mit <strong>de</strong>m<br />
typischen hellen, durchsichtigen Teint <strong>und</strong> <strong>de</strong>n weichen Gesichtszügen gemalt, <strong>und</strong> die Brünette<br />
mit <strong>de</strong>r kräftigen Gesichtsfarbe <strong>und</strong> <strong>de</strong>n scharfen Zügen tritt als "Bauernmädchen mit Hut"<br />
(2 1) in Erscheinung. Auch das "Mädchen aus Kirchen (Aitrachtal)" (23) - Kirchen-Hausen<br />
al so - ist, obwohl es di e schwarze Haube mit <strong>de</strong>r großen Schleife trägt, unverkennbar eine<br />
Blon<strong>de</strong>, vom Maler in gol<strong>de</strong>nes Licht getaucht. Der "Innungsmeister <strong>de</strong>r Salpeterer" (25),<br />
diese lnfonnation ist aus <strong>de</strong>n Zeilen unter <strong>de</strong>r Skizze zu entnehmen, <strong>und</strong> die neben ihm stehen<strong>de</strong><br />
Frau scheinen in ruhiger Gelassenheit f ür <strong>de</strong>n Maler zu posieren. Sie ist wohl eher seine<br />
Tochter als seine Ehefrau ; obwohl die Geste <strong>de</strong>r Hand auf <strong>de</strong>r Schulter <strong><strong>de</strong>s</strong> sitzen<strong>de</strong>n Mannes<br />
auf große Vertrautheit schließen läßt, ist doch <strong>de</strong>r itzen<strong>de</strong> Mann mü seinem weißen Bart<br />
<strong>de</strong>utlich älter als die Frau mit <strong>de</strong>m in frischen Farben leuchten<strong>de</strong>n Gesicht. Dieses Blatt ist so<br />
sicher geglie<strong>de</strong>rt, so leicht <strong>und</strong> lebendig aus Farbtupfe rn gebaut, so voller Ausdruckskraft,<br />
daß es je<strong>de</strong>m naturalisti chen Abbild überlegen ist. Ebenso gelungen <strong>und</strong> beeindruckend in<br />
seiner sinnlichen Präsenz ist das Blatt "Mädchen <strong>und</strong> Kind vom Kinzigtal" (26). Die Frau<br />
<strong>und</strong> das Kind lehnen sich nach <strong>de</strong>m Essen satt <strong>und</strong> zufrie<strong>de</strong>n zurück. Stirn <strong>und</strong> Augen <strong>de</strong>r<br />
Frau wer<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r Krempe eines Hutes es ist <strong>de</strong>r berühmte Bollenhut, wie von einem<br />
hellen Schleier beschattet, doch darunter bricht sich ein Sonnenstrahl <strong>de</strong>n Weg auf Wange<br />
<strong>und</strong> ase. Das Kind schaut vergnügt aus seinem r<strong>und</strong>en Gesicht unter kupferblon<strong>de</strong>m Haar.<br />
Die weißen, bauschigen Ännel <strong>de</strong>r Blusen leuchten umso mehr, als sie von dunklem Braun in<br />
Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Kleidung gefaßt wer<strong>de</strong>n, während das Kupferblond <strong><strong>de</strong>s</strong> Kin<strong>de</strong>rkopfes im<br />
goldgelben Farbton <strong><strong>de</strong>s</strong> Hintergrun<strong><strong>de</strong>s</strong> aufgeht. Dieses Bild scheint sei ne schöne, lichte Farbigkeit<br />
aus <strong>de</strong>r ommerlichen Landschaft entnommen zu haben, da ist das Blau <strong><strong>de</strong>s</strong> Himmels,<br />
das Gelb <strong>de</strong>r Kornfe l<strong>de</strong>r <strong>und</strong> das Braun <strong>und</strong> Rot <strong>de</strong>r Er<strong>de</strong> <strong>und</strong> ihrer Früchte, <strong>und</strong> über das<br />
Lebendige <strong>de</strong>r Situati on hinaus atmet es archaische, ewige Gültigkeit.<br />
Was bleibt<br />
Lucian Reichs "schlichte Baarkin<strong>de</strong>r" sind ei nfach ge ehen <strong>und</strong> fri sch <strong>und</strong> frei festgehalten.<br />
Die Ölskizzen vor allem bestechen durch die maleri sche Herangehensweise <strong>und</strong> die schöne<br />
lichte Farbigkeit. Die Lösung von <strong>de</strong>r Kontur, <strong>de</strong>r maleri sche Aufbau <strong>de</strong>r Fonn aus <strong>de</strong>r Farbe<br />
mit zum Teil pastosem Farbauftrag zeigen, daß Lucian Reich sich hi er, wo er sich noch ohne<br />
Verwertungsinteresse die Wirklichkeit aneignet, <strong>de</strong>rselben Mittel bedient, wie seine "großen"<br />
realistischen <strong>und</strong> impressionisti ehen Zeitgenossen. Die große Authenzität, die diesem Bereich<br />
aus Lucian Reichs bildnerischem Werk eigen ist, vennag <strong>de</strong>n Betrachter heute noch zu überzeugen.<br />
Da sind kleine geniale Stücke, lebendige Zustandsbeschreibungen, die in ihrer sinnlichen<br />
Präsenz überraschen, da sind echtes Gefühl <strong>und</strong> Wahrhaftigkeit, die über je<strong>de</strong> Zuordnung<br />
zu einer Stilrichtung Bestand haben.<br />
Persönliche Nachbemerkung<br />
leh bin in Blumberg aufgewachsen, dort zur Realschule <strong>und</strong> in Villingen ins Wirtschaftsgymnasium<br />
gegangen, dazwischen lag Donaueschingen mit seinem schönen Park <strong>und</strong> mit<br />
<strong>de</strong>r Hofbibli othek, einer Insel <strong><strong>de</strong>s</strong> Wi ssens, di e sich damals, in <strong>de</strong>n späten 60iger Jahren <strong>de</strong>r<br />
Schül erin <strong>und</strong> heute genauso fre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong> völlig ko tenlos, <strong>de</strong>r Autorin dieses Textes<br />
erschließt. Ein Dank an diese Institution <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Menschen, die sie möglich machen .
38<br />
Abb. 4 1: Trachtenbild eines kleinen M ädchens au s Gutach, um 1860, Ölskizze, Badi sches L an<strong><strong>de</strong>s</strong>mu<br />
eum K arlsruhe
39<br />
Abb. 42 (oben):<br />
Zwei Frauen in Tracht, um<br />
1850, Tusche/Wasserfarbe/<br />
Papier, Stadtmuseum<br />
Hüfingen<br />
Abb. 43: Skizze, 0 .1. ,<br />
Tusche/ Bleistift/ Papier,<br />
Stadtmuseum Hüfingen
40<br />
Abb. 44: Entwurf zu "Hieronymus" , vor 1853, Tusche/ Papier. Stadtmuseum Ras tal!
41<br />
Abb. 45: Skizze, o.J., Tusche/ Bleistift/ Papier, Stadtmuseum Hüfingen<br />
Abb. 46: Oberhalb Eisenbach, 0.1., Tusche/ Bleistifr/ Papier, Sradtmuseum Hüfingen
42<br />
bb. 47: Illustration zu "Hieronymus". 0.1.. überarbeitete Lithografie, Stadtmuseum Rastatt
Abb. 48: Frau in Schwarzwäl<strong>de</strong>r Tracht. um 1850, Tusche/ Papier, Stadtl11useul11<br />
Hüfingen<br />
43
44<br />
Die Eisenerze <strong>de</strong>r Baar im Rahmen<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Vierjahresplans von 1936*<br />
von Wolf- fngo Sei<strong>de</strong>lmann<br />
Im Sommer 1936 war die Weltwirt chaftskri se in Deutschland überw<strong>und</strong>en, Arbeitsbeschaffung<br />
<strong>und</strong> Aufrüstung hatten zur Vollbeschäftigung gefühlt. Allerdings hinkte die Exportnachfrage<br />
<strong>de</strong>rart weit hinter <strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>r anziehen<strong>de</strong>n Binnenkonjunktur her, daß die <strong>de</strong>utsche<br />
fndustrie seit 1934 zu wenig Devi en verdiente, um <strong>de</strong>n Import <strong>de</strong>r benötigten Rohstoffe zu<br />
bezahlen. Das Deutsche Reich mußte sich <strong><strong>de</strong>s</strong>halb mit einer chronisch passiven Zahlungsbilanz,<br />
rapi<strong>de</strong> chwin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Devisenreserven <strong>und</strong> abnehmen<strong>de</strong>n Rohstoffvorräten auseinan<strong>de</strong>rsetzen.<br />
Um wenigsten die wichtig ten Güter ungehin<strong>de</strong>rt importieren zu können, hatte das Regime<br />
im September 1934 eine voll ständige Devisenbewirtschaftung <strong>und</strong> Einfuhrbeschränkungen<br />
nach staatli ch festgesetzten Dringlichkeits. tufen eingeführt. Di e e ingeleiteten Maßnahmen<br />
konnten jedoch ni cht verhin<strong>de</strong>rn, daß sich die Devisen- <strong>und</strong> Rohstoffl age in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n<br />
Jahren weiter verschärfte.<br />
Di ese Entwicklung brachte Probleme <strong>für</strong> einen Sektor mit sich, <strong>de</strong>r eine Schlüsselrolle in<br />
Hitlers Rüstungsplänen spielte: die Schwerindustrie. Sie war extrem importabhängig, bezog<br />
sie doch r<strong>und</strong> zwei Drittel ihrer Eisenerze aus <strong>de</strong>m Ausland . Das kostete nicht nur knappe<br />
Devisen, son<strong>de</strong>rn barg auch empfindliche Ri siken <strong>für</strong> die Zukunft: Sollte jemal ein neuer<br />
Krieg ausbrechen, dann mußte man in Berlin damit rechnen, daß <strong>de</strong>r Gegner die Erzzufuhr<br />
militärisch unterband <strong>und</strong> 0 die <strong>de</strong>utsche Rüstungswirtschaft in die Knie zwang. Um dies zu<br />
verhin<strong>de</strong>rn, hatte Hitler im ovember 1934 seinen Wirtschaftsbeauftragten Keppler mit <strong>de</strong>r<br />
Aufgabe betraut, nach Wegen zu suchen, wie unliebsame Auslandsimporte durch <strong>de</strong>utsche<br />
Rohstoffe zu ersetzen waren - ganz gleich zu welchen Kosten. Keppler bedrängte daraufhin<br />
die <strong>de</strong>utsche Montanindustrie. <strong>de</strong>n Abbau <strong>und</strong> die Verhüttung <strong>de</strong>utscher Eisenerze massiv zu<br />
forcieren. 1m August 1935 verlangte sein Mitarbeiter Paul Pleiger dann von <strong>de</strong>n Hüttenwerken,<br />
d ie Inl andsför<strong>de</strong>rung von Eisenerz bis En<strong>de</strong> 1936 auf 10 Mio.t pro Jahr zu erhöhen.<br />
Der ehrgeizige Plan war jedoch am heftigen Wi<strong>de</strong>rstand <strong>de</strong>r rheinisch-westfälischen<br />
Montanindustrie <strong>und</strong> <strong>de</strong> Reich wi rtschaftsministers gescheitert. Zwar hi elt auch Hjalmar<br />
Schacht eine stärkere Verhüttung von Inlandserzen wegen <strong><strong>de</strong>s</strong> drücken<strong>de</strong>n Devi enmangels<br />
<strong>für</strong> unumgänglich - jedoch in viel engeren Grenzen als Paul Pleiger. Diese Jagen dort, wo<br />
überhöhte Roheisengestehungskosten die Exportmöglichkeiten <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Industrie<br />
behin<strong>de</strong>rten. Schacht hielt es fü r besser, das Aufrüstungstempo zu drosseln, als die internationale<br />
Wettbewerbsfähi gke it <strong>de</strong>r gesamten Volkswirtschaft zu gefähr<strong>de</strong>n. Ganz in diesem<br />
Sinne erließ di e Bergbauabteilung <strong><strong>de</strong>s</strong> Reichswirtschaftsmini steriums am 24. Januar 1936<br />
einen eigenen, sehr gemäßigten För<strong>de</strong>rplan (Schlattmann-Plan), <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n rheinisch-westf
45<br />
ein "Ei senhunger" in Deutschland, <strong>de</strong>r an Umfang <strong>und</strong> Intensität noch zunehmen sollte. Zwar<br />
steigerten auch die Hüttenwerke ihre Produktion, doch führte dies zu weiteren Problemen:<br />
Da die Eisenerzeugung stärker stieg aI <strong>de</strong>r Impoll <strong>und</strong> die InJandsför<strong>de</strong>rung von Erzen, schmolzen<br />
die Eisenerzvorräte an <strong>de</strong>n Hochöfen auf ein beängstigen<strong><strong>de</strong>s</strong> Maß zu anlmen: 1m Sommer<br />
1936 reichten sie gera<strong>de</strong> noch <strong>für</strong> etwa 30 bis 45 Produktionstage. Aber auch in an<strong>de</strong>ren<br />
kriegswichtigen Sektoren, etwa bei <strong>de</strong>r Treib tofferzeugung, sah die Lage alarmierend aus.<br />
Adolf Hitler reagierte darauf im August 1936 mit einer Denkschrift, in <strong>de</strong>r er eine radikale<br />
Verschärfung <strong><strong>de</strong>s</strong> Autarkiekurses ankündigte. Um Volumen <strong>und</strong> Tempo <strong>de</strong>r Aufrüstung beibehalten<br />
zu können, verlangte er die vollständige Selbstversorgung Deutschlands "mit eisemer<br />
Entschlossenheit" auf all jenen Gebieten herzustell en, wo dies technisch überhaupt möglich<br />
war. Hjrler befahl , die "<strong>de</strong>utsche Eisenproduktion auf das außeror<strong>de</strong>ntlichste zu steigem" <strong>und</strong><br />
wischte alle Kostenargumente beiseite: "Man hat nun Ze it genug gehabt, in vier Jahren festzustellen,<br />
was wir nicht können. Es ist jetzt notwendig, auszu führen, das, was wir können. Ich<br />
stelle damit folgen<strong>de</strong> Aufgabe: I. Die <strong>de</strong>utsche Armee muß in vi er Jahren e in satzfähig sein.<br />
II. Die <strong>de</strong>utsche Wirtschaft muß in vier Jahren kriegsfähi g sein"I). Damit waren Schachts<br />
wirtschaftspolitische Ziele vom Tisch, <strong>de</strong>r Schl attmann-Plan hatte sich in Makulatur verwan<strong>de</strong>lt.<br />
Hitler kündigte im September 1936 an, einen Vierjahresplan aufzustellen <strong>und</strong> emannte Hermann<br />
Göring zum Beauftragten <strong>für</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Durchführung. Der preußische Ministerpräs i<strong>de</strong>nt<br />
schuf im Oktober das Amt <strong>für</strong> <strong>de</strong>utsche Roh- <strong>und</strong> Werkstoffe , das unter <strong>de</strong>r Le itung von<br />
Oberst Löb die Kompetenz <strong><strong>de</strong>s</strong> Reichswirtschaftsministeriums rasch aushöhlte. Pleiger, <strong>de</strong>r<br />
wegen Schachts Wi<strong>de</strong>rstand gegen e inen allzu radikalen Autarkiekurs seit En<strong>de</strong> 1935 hatte<br />
kurztreten müssen, fand sich darin als Hauptreferatsle iter <strong>für</strong> Metalle wie<strong>de</strong> r. Er nutzte die<br />
zurückgewonnene Handlung freiheit, in<strong>de</strong>m er die <strong>de</strong>utsche Montanindustrie abelmals mi t<br />
<strong>de</strong>r For<strong>de</strong>rung konfrontielle, di e Verhüttung <strong>de</strong>utscher Eisenerze massiv zu steigem .<br />
Fast alle <strong>de</strong>utschen Hüttendirektoren mußten die Verkündung <strong><strong>de</strong>s</strong> Vieljahrespl ans als Schlag<br />
ins Gesicht empfin<strong>de</strong>n. ur einer begriff sie als Chance: Hermann Röchling. Der Saarindustrie<br />
lle hatte sich bereits 1934 mit <strong>de</strong>n Neunkircher Eisenwerken zusammengetan, um die<br />
Doggererzvorkommen in <strong>de</strong>r Baar auszubeuten. Hauptmoti v war die Furcht gewesen, im<br />
Spannungs- o<strong>de</strong>r KriegsfalJ von <strong>de</strong>r Belieferung mi t französischer Minette abgeschnitten zu<br />
wer<strong>de</strong>n, die <strong>de</strong>n jährlichen Erzbedarf <strong>de</strong>r Saari ndustrie zu r<strong>und</strong> 85 % <strong>de</strong>ckte. Allerdings hatten<br />
es die bei <strong>de</strong>n Montanbetriebe bislang noch nicht geschafft, eine regelmäßi ge För<strong>de</strong>rung in<br />
<strong>de</strong>r Baar aufzunehmen. Immerhin aber war von ihnen im M ai 1936 die Doggererz-Bergbau<br />
GmbH (DBG) gegrün<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n, an <strong>de</strong>r sich - nach erheblichem Druck <strong><strong>de</strong>s</strong> Reichswirtschaftsministeriums<br />
- auch die an<strong>de</strong>ren drei Saarwerke betei ligen wollten. Da man aber immer<br />
noch im Begriff stand, bei Blumberg die notwendigen Bergbau- <strong>und</strong> Aufbere itungsanl agen<br />
zu erstellen, rechnete niemand damit, daß <strong>de</strong>r Betrieb vor <strong>de</strong>m Frühjahr 1937 in Gang kam.<br />
Sinnvoll wäre dies schon gewesen. Als im Oktober 1936 die französische Regierung ankündigte,<br />
sie wer<strong>de</strong> die Eisenerzausfuhr nach Deutschland auf <strong>de</strong>n Stand <strong><strong>de</strong>s</strong> Vorjahre festschreiben,<br />
schi enen die schlimmsten Be<strong>für</strong>chtungen <strong>de</strong>r Saarindustri e e inzutreffen. Zwar sorgten<br />
die Berliner Behör<strong>de</strong>n da<strong>für</strong>, daß r<strong>und</strong> eine Mio.t Minette, die bi slang zu <strong>de</strong>n Ruhrwerken<br />
gegangen waren, künftig in die Hochöfen <strong>de</strong>r Saar gelangten, doch verschärfte diese Maßnal1me<br />
<strong>de</strong>n Erzmangel an an<strong>de</strong>rer Stelle. Die Lage spitzte sich <strong>de</strong>mlaßen zu, daß Göring im ovember<br />
1936 anordnen mußte, die Produktion <strong>de</strong>r eisenschaffen<strong>de</strong>n Industrie auf 85 % ihrer Kapazität<br />
zu beschränken, obwohl die gestiegene Eisennachfrage eine VolJ ausla tung <strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n<br />
Anlagen erstmals seit 1929 wie<strong>de</strong>r gestattet hätte. Und so blieben neun von 70 <strong>de</strong>utschen<br />
Thomas-Hochöfen auch weiterhin gedämpft <strong>und</strong> r<strong>und</strong> 1,5 Mio.t Rohe isen ungeschmolzen 2 ).
46<br />
Hennann Röchling nutzte die Gunst <strong>de</strong>r St<strong>und</strong>e. Am27. Oktober 1936 verfaßte er eine Denkschrift,<br />
in <strong>de</strong>r er die Zukunft <strong>de</strong>r <strong>de</strong>u tschen Eisenerzversorgung in <strong>de</strong>n düstersten Farben<br />
malte. Abhilfe schaffen könne nur <strong>de</strong>r forcierte Abbau <strong>und</strong> die Verhüttung großer Mengen<br />
von badischem Doggererz. Röchl ing ah <strong>de</strong>n "bestgeeigneten Weg darin, in <strong>de</strong>r Gegend von<br />
Donaueschingen. also bei Zollhaus-B lumberg <strong>und</strong> etwa im Donautal bei Gutmadingen, ein<br />
o<strong>de</strong>r zwei große H ochofenwerke mit ansch ließen<strong>de</strong>r Kokerei, Thomasstahlwerk <strong>und</strong> Walzwerken<br />
zu en·ich ten, die in <strong>de</strong>r Größenordnung von je 600.000 bis 700.000 t Roheisen im<br />
Jahr diese in Thomasstahl <strong>und</strong> fel1ige Walzprodukte verwan<strong>de</strong>ln"3). Notwendige Voraussetzung<br />
<strong>für</strong> Kohlenzufuhr <strong>und</strong> StahlabtranspoJ1 sei aber die Kanalisierung <strong><strong>de</strong>s</strong> Rheins von Basel<br />
bis nach Waldshut <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Bau einer Sei l för<strong>de</strong>rbahn von <strong>de</strong>n Hüttenwerken zum Wald huter<br />
Hafen. Um <strong>de</strong>r Luftgefahr aus <strong>de</strong>m 70 km entfernten Frankreich zu begegnen, schlug Röchling<br />
vor. die wichti gsten Teile <strong>de</strong>r Anlagen in <strong>de</strong>n Berg zu verlegen.<br />
Natürlich dachte <strong>de</strong>r Völklinger Kommerzienrat nicht ganz uneigennützig. Zwar schob er<br />
rüstungs- <strong>und</strong> <strong>de</strong>visenpolitische Argumente gern in <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgr<strong>und</strong>, doch ging es ihm zuerst<br />
um die Stärkung <strong>de</strong>r eigenen, während <strong>de</strong>r vergangenen 18 Jahre recht schwach gewor<strong>de</strong>nen<br />
Marktposition: H atten vor 19 18 das Saargebier. Lothringen <strong>und</strong> Luxemburg noch einen gemeinsamen<br />
Montanbezirk gebil<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>r mit über 40 % einen fas t ebenso großen Anteil an <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>utschen Roheisenproduktion hielt wie Rheinland-Westfalen, so sah sich die Saar nach Kriegsen<strong>de</strong><br />
geographisch <strong>und</strong> w irtschal"tl ich an <strong>de</strong>n Rand gedrängt. Vor allem die neue Grenze zu<br />
Frankreich <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Verlust <strong><strong>de</strong>s</strong> Minetteerzes reduzierten <strong>de</strong>n ak tuellen Beitrag <strong><strong>de</strong>s</strong> einstigen<br />
Montanschwerpunktes im Westen aufklägliche 14, 1% <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Rohei enproduktion 4 ).<br />
Dieser Be<strong>de</strong>utungsverlu t betraf auch Röchling ganz persön lich: Unter <strong>de</strong>n 14 Montankonzernen,<br />
die 1936 in Deutschland existierten, nahmen seine Eisen- <strong>und</strong> Stahlwerke <strong>de</strong>n<br />
letzten Platz ein. was Be<strong>de</strong>utung. Größe <strong>und</strong> internationale Verflechtung anbetraf. M it<br />
500.000 t betrug <strong>de</strong>ren Jahresproduktion an Roh tahl ganze 8 % <strong>de</strong>r Erzeugung <strong><strong>de</strong>s</strong> Marktführers,<br />
<strong>de</strong>r Vereinigten Stahlwerke AG in Düsseldorf. Erschwerend <strong>für</strong> die Völklinger Stahlkocher<br />
kam noch hinzu. daß die Ruhrindustrie ihre Wenbewerbsfähigkeit in <strong>de</strong>n Zwanziger<br />
Jahren durch Konzentration <strong>und</strong> Rati onal isierung kontinuierlich gesteigert hatte, an <strong>de</strong>n Saarwerken<br />
die e Entwicklungjedoch spu rlos vorübergegangen war.<br />
Der Völklinger Kommerzienrat halle al 0 gute Grün<strong>de</strong>, sich um mo<strong>de</strong>rnere Anlagen <strong>und</strong> um<br />
die Ausweitung sei ner Produktion zu bemühen. Lei<strong>de</strong>r tan<strong>de</strong>n <strong>de</strong>m zwei gewichtige Tatsachen<br />
entgegen: Zum einen fehlte Röchling da Geld <strong>für</strong> größere Inve titionen, zum an<strong>de</strong>ren waren<br />
die Prod uktionsq uoten <strong>de</strong>r einze lnen Werke im Rahmen <strong><strong>de</strong>s</strong> 1925 gegrün<strong>de</strong>ten Stahlkal1ells<br />
bi zum Jahre 1940 festgeschrieben. Danach aber mußten die Hüttenwerke über ihre Anteile<br />
an <strong>de</strong>r Deutschen Roh tahlgemeinschaft neu verhan<strong>de</strong>ln. Diese Aussichten bestimmten fortan<br />
die Gedanken Röchlings: Konnte er das Reich dazu veranlassen die Ausweitung seiner Produktionskapazität<br />
in <strong>de</strong>r Baar zu finanzieren, dann wür<strong>de</strong>n die vollen<strong>de</strong>ten Tatsachen im<br />
Jahre 1940 schon da<strong>für</strong> sorgen, daß <strong>de</strong>r Röchling-Konzern die benötigte Quotenerhöhung im<br />
Stahlkartell auch bekam. Notfalls mußte das Reich eben Druck auf die an<strong>de</strong>ren Werke ausüben,<br />
wenn e verhin<strong>de</strong>rn wollte, daß se ine Subventionen vergeblich ge fl o sen waren. In diesem<br />
Sinne packte Röchling besagte Denkschrift ins Reisegepäck <strong>und</strong> begab ich En<strong>de</strong> Oktober<br />
1936 nach Berlin, um Werbung <strong>für</strong> sei n Hüttenprojekt zu betreiben. Als Gesprächspartner<br />
stan<strong>de</strong>n ihm Oberstleutnant Löb, <strong>de</strong>r L eiter <strong><strong>de</strong>s</strong> Amts <strong>für</strong> <strong>de</strong>utsche Roh- <strong>und</strong> Werk toffe,<br />
Reichsfinanzminister Sch werin von K rosigk <strong>und</strong> auch Hjalmar Schacht zur Verfügung. Zwar<br />
blieb vor allem <strong>de</strong>r Reichswirtschaftsminister sehr reserviert. doch erzielte Röchling bei Löb<br />
die erhoffte Wirkung. Die er zeigte sich sehr interess iert <strong>und</strong> <strong>de</strong>utete an, "<strong>de</strong>n Vorschlag in<br />
sein Programm aufzunehmen"5). Der Saarindustrielle schien einen großen Schritt vorwärts<br />
gekommen.
47<br />
Röchling war aus gutem Gr<strong>und</strong> allein nach Berlin gefahren. Bei aller Gemeinsamkeit, die<br />
ihn mit seinem eunkircher Kollegen Tgahrt sonst verband, so trennte sie doch ein<br />
f<strong>und</strong>amentaler Dissens. Er bestand in <strong>de</strong>r Frage, wie die Erze <strong>de</strong>r Baar aufzubereiten <strong>und</strong><br />
nie<strong>de</strong>rzuschmelzen waren: Röchlings Hüttenbaupläne basierten auf einer völlig neuen<br />
Technologie, <strong>de</strong>m sauren Schmelzen. Der Völklinger Industrielle wollte die Erze <strong>de</strong>r Baar<br />
zunächst rösten <strong>und</strong> sie ansch ließend ohne <strong>de</strong>n bislang üblichen Kalksteinzuschlag verhütten.<br />
Das Verfahren besaß allerdings <strong>de</strong>n unschönen achte i I, daß es viel Hochofenraum benötigte.<br />
Tgahrt etzte <strong><strong>de</strong>s</strong>halb lieber auf die basisch geführte Verhüttung von Erzkonzentrat, die weniger<br />
Raum beanspruchte als das saure Schmelzen. Für eunkirchen brachte das <strong>de</strong>n unschätzbaren<br />
Vorteil ein, daß man auf <strong>de</strong>n teuren Hüttenbau in <strong>de</strong>r Baar völlig verzichten konnte. Voraussetzung<br />
da<strong>für</strong> aber war, daß das Frankfurter Unternehmen Lurgi in Blumberg eine 1,6 Mio.<br />
RM teure Aufbereitungsanlage baute, die nach <strong>de</strong>m Prinzip <strong>de</strong>r magnetischen Anreicherung<br />
arbeitete. Genau hier lag das Problem: Zwar hatten sich die fünf Saarwerke schon am 2. September<br />
1936 entschie<strong>de</strong>n, vier Röstöfen in Blumberg zu bauen, doch war ein Beschluß zugunsten<br />
<strong>de</strong>r LUI'gi-Anlage mehrfach am allgemeinen Unwillen gescheitert, sich noch mehr<br />
Lasten aufzubür<strong>de</strong>n. Röchling konnte sich freuen .<br />
Es war <strong>de</strong>r Neunkireher Generaldirektor Tgahrt, <strong>de</strong>r jetzt die Initiative ergriff. Zusammen<br />
mit zwei Angestellten <strong>de</strong>r Lurgi fuhr er am 5. ovember 1936 nach Berlin, suchte Hjalmar<br />
Schacht auf <strong>und</strong> warb <strong>für</strong> das Verfahren <strong><strong>de</strong>s</strong> Frankfurter Unternehmens. In einem waren sich<br />
die Gesprächsprutner schnell einig: "Die Anregung <strong><strong>de</strong>s</strong> Heml Röchling, <strong>de</strong>n Bau von Hochöfen,<br />
Stahl- <strong>und</strong> Walzwerken bei Donaueschingen bzw. Waldshut vorzusehen, wur<strong>de</strong> als abwegig<br />
angesprochen"6l. Tgahrt gewann zwar <strong>de</strong>n Eindruck, daß Schacht nicht völlig abgeneigt war,<br />
<strong>de</strong>n Bau <strong>de</strong>r LUI'gi-Anlage finanziell zu för<strong>de</strong>rn, doch zeitigte dies keinerlei konkrete Folgen.<br />
Der ehe<strong>de</strong>m so mächtige Wirtschaftsminister hatte längst seinen Einfluß auf die Berliner<br />
Eisenerzpolitik verloren.<br />
Im Zentrum <strong>de</strong>r Ent cheidungen stand fortan ein Angestellter <strong><strong>de</strong>s</strong> Amts <strong>für</strong> <strong>de</strong>utsche Roh<strong>und</strong><br />
Werkstoffe: Paul Pleiger. Um Klarheit über <strong>de</strong>n Stand <strong>de</strong>r Aufbereirungstechnik zu gewinnen,<br />
sandte <strong>de</strong>r Hauptreferatsleiter <strong>für</strong> Metalle seine Mitarbeiter Gabel <strong>und</strong> Eilig am<br />
3. Dezember 1936 nach Gutmadingen, wo ihnen Paul Reusch, <strong>de</strong>r Generaldirektor <strong>de</strong>r Gutehoffnungshütte<br />
(GHH), das unternehmenseigene Bergwerk Kar! Egon zeigte. Darin waren<br />
etwa 150 Mitarbeiter beschäftigt, die r<strong>und</strong> 7.800 t Erz pro Monat zutage för<strong>de</strong>rten <strong>und</strong> dieses<br />
in einer nahegelegenen Aufbereitungsanlage zu Konzentrat verarbeiteten. Gabel <strong>und</strong> Lillig<br />
bedrängten Reusch, ma siv zu investieren <strong>und</strong> seinen Betrieb in <strong>de</strong>r Baar auszuweiten. Dieser<br />
wehrte sich dagegen, in<strong>de</strong>m er auf die üblen Erfahrungen mit <strong>de</strong>r Erzaufbereitung in Gutmadingen<br />
verwies. Die 1931 von <strong>de</strong>r Studiengesellschaft fü r Doggererze erbaute <strong>und</strong> 1935 erweiterte<br />
Anlage li eferte zwar technisch befriedigen<strong>de</strong> Ergebnisse, erwies sich aber in wirtschaftlicher<br />
Hinsicht als Fehlschlag. Reusch konnte <strong><strong>de</strong>s</strong>halb nachvollziehbar begrün<strong>de</strong>n, daß<br />
"größere Aufschlußarbeiten solange zwecklos si nd , wie die Aufbereitungsfragen nicht ei n<br />
wandfrei geklärt wer<strong>de</strong>n können"7).<br />
Mehr Erfolg hatten Gabel <strong>und</strong> Lillig bei ihrem nächsten Gespräch, das sie am folgen<strong>de</strong>n Tag<br />
mit <strong>de</strong>m eunkircher Generaldirektor Tgahrt in Donaueschingen führten. Was die bei<strong>de</strong>n<br />
dort zu hören bekamen, diente sicher auch <strong>de</strong>m Ziel, Röchlings einseitige Propaganda zu<br />
neutralisieren. Da man diesen nicht zu <strong>de</strong>m Gespräch eingela<strong>de</strong>n hatte, konnte <strong>de</strong>r Nellnkircher<br />
Hüttendirektor Gö<strong>de</strong>llIngehin<strong>de</strong>rt darauf eingehen, welche Probleme das Völklinger Röstverfahren<br />
<strong>de</strong>rzeit noch aufwarf. Demgegenüber schil<strong>de</strong>rte Lurgi-Mitarbeiter Debuch die Vorzüge<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> finneneigenen Drehofens in <strong>de</strong>n wännsten Farben 8l . Tgahrt gelangte mühelos ans<br />
Ziel: Bei Pleiger <strong>und</strong> seinen Mitarbeitem begann sich Skepsis auszubreiten, was <strong>de</strong>n Erfolg
48<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> sauren Schmelzens anbetraf. Am 17. Dezember 1936 berief das Amt <strong>für</strong> <strong>de</strong>utsche Rohlind<br />
Werkstoffe sämtliche Saarhüttennach Berlin <strong>und</strong> teilte ihnen mit, man lege "vollen Wel1<br />
darauf. daß die von <strong>de</strong>n eunkircher Ei enwerken vorgeschlagene Autbereitungsanlage nach<br />
Lurgi erstellt wird. Über di e näheren Bedingungen, finanziell <strong>und</strong> <strong>de</strong>rgleichen, können sich<br />
die Saarhütten mit <strong>de</strong>m Büro Pleiger auseinan<strong>de</strong>rsetzen"9>. Das be<strong>de</strong>utete zwar keine Absage<br />
an Röchling, wohl aber <strong>de</strong>n Verzicht auf eine frühzeiti ge Festlegung zugunsten seines Röstvelfahrens.<br />
Trotz dieses ein<strong>de</strong>utigen Votums weigerten sich die übrigen vier Werke aber auch weiterhin,<br />
eine Kostenbeteiligung an <strong>de</strong>r Lurgi-Anlage einzugehen. Tgahrt begab sich <strong><strong>de</strong>s</strong>halb am<br />
7. Januar 1937 nach Berlin <strong>und</strong> bat Pleiger um einen Reichszuschuß. Zwar kam er damit<br />
keinen Schritt weiter, doch half ihm <strong>de</strong>r Hauptreferatsleiter wohl auf an<strong>de</strong>re Weise. Ob er nun<br />
Druck auf die wi<strong>de</strong>rspen tigen Werke ausübte o<strong>de</strong>r nicht, ist schwer zu beweisen. Tatsache<br />
blei bt jedoch, daß sich <strong>de</strong>ren Meinung bald än<strong>de</strong>rte : Am 22. Februar 1937 beschlossen sie<br />
ein stimmig. 1,6 Mio.RM zu investieren <strong>und</strong> einen Drehrohrofen mit Magnetschei<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r<br />
Frankfurter Lurgi zu bestellen. Die 'e kam i.hren Auftraggebern weit entgegen <strong>und</strong> steuerte<br />
zur Finanzierung <strong>de</strong>r Anlage ein langfristi ges Darlehen in Höhe von 200.000 RM bei. Die<br />
restliche Summe von J,4 Mio.RM teilte n die fünf Saal'hütten unter sich auf, als Schlüssel<br />
dazu dienten ihre Quote n am Eigenkapi tal <strong>de</strong>r DBG'o>. Daß sich die Werke nur w i<strong>de</strong>rwillig<br />
zu diesem Entschluß hatten durchringen können, belegt die nachfolgen<strong>de</strong> Klimaver chlechterung<br />
zwi chen Röchling <strong>und</strong> Tgahrt. Ihre Auseinan<strong>de</strong>rsetzung gewann bald <strong>de</strong>rart an Schfufe,<br />
daß ich <strong>de</strong>r Lurgi-Ingenieur earl Debuch an Paul Pleiger wandte <strong>und</strong> wortreich beklagte, "<br />
daß Herr Kommerzienrat Röchling mit allen ihm zur Velfügung stehen<strong>de</strong>n Mitteln versucht,<br />
<strong>de</strong>n Bau <strong>de</strong>r Autbereitungsanlage nach <strong>de</strong>m Lurgi-Ve rfahren unmöglich zu machen"" ). Die<br />
Lage schien <strong>de</strong>m Beamten <strong>de</strong>rart brisant, daß er die Vertreter <strong>de</strong>r fünf Saarhütten am 20. Mai<br />
1937 nach Berlin kommen <strong>und</strong> sich schriftlich versichern ließ. je<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong> seinen Finanzanteil<br />
an <strong>de</strong>r Lurgi-Anlage wi<strong>de</strong>rspruch los tnlgen I2 ).<br />
Pleiger wandte <strong>de</strong>n ungelösten Fragen <strong>de</strong>r Erzaufbereitung nicht ohne Gr<strong>und</strong> seine beson<strong>de</strong>re<br />
Aufmerksamkeit zu. Ihre Existenz hatte schließlich jahrelang verhin<strong>de</strong>rt, daß die Doggererzlager<br />
<strong>de</strong> süd<strong>de</strong>utschen] uras ei nen angemessenen Beitrag zur Entlastung <strong>de</strong>r Zahlungsbi lanz<br />
leisten konnten. Gelang aber endlich ein Durchbruch bei <strong>de</strong>r Autbereitungstechnik, dann<br />
stan<strong>de</strong>n <strong>de</strong>n Hütten die wohl größten För<strong>de</strong>n'eserven <strong><strong>de</strong>s</strong> Inlands zur Verfügung: eine Mrd.t<br />
Erz l.1J mit einem Eisengehalt von r<strong>und</strong> 235 Mio.t Fe. Allerdings waren die Vorkommen auf<br />
drei regionale Schwerpunkte verteilt. Mit vermuteten 130 Mio.t Fe lagerte <strong>de</strong>r Löwenantei l<br />
in <strong>de</strong>r Baar, wo GHH <strong>und</strong> DBG <strong>de</strong>rzeit nur einen beschei<strong>de</strong>nen Abbau trieben. Der zweite<br />
be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Schwerpunkt lag auf <strong>de</strong>r Fränkischen Alb, im Raum Lichtenfels, Pegnitz <strong>und</strong><br />
Hohenstadt-Von'a, wo r<strong>und</strong> 85 Mio.t Fe auf ihren Abbau warteten. Zwar existierten in Franken<br />
schon seit langem zwei kleinere Montanbetriebe, die Ro enberger Maximilianshütte <strong>und</strong> die<br />
<strong>de</strong>m bayerischen Staat gehören<strong>de</strong> Luitpoldhütte in Amberg, doch verarbeiteten die bei<strong>de</strong>n<br />
Werke fast ausschließlich <strong>de</strong>n örtlichen Vorrat an Brauneisenstein. Doggererz wur<strong>de</strong> bislang<br />
nur in Pegnitz geSChürft, wo die Gewerkschaft "Kl einer Johannes" im Jahre J 936 ganze<br />
160.000 tErz gewann <strong>und</strong> in einer kleinen Aufbereitungsanlage zu Konzentrat <strong>für</strong> die Ruhrhülten<br />
verarbeitete. Den dritten süd<strong>de</strong>utschen Doggererzbezirk bil<strong>de</strong>te die Schwäbische Alb.<br />
Hi er lagerten zwar nur 20 Mio.t Fe, doch besaßen die Erze <strong>de</strong>r bei Geislingen gelegenen<br />
Grube Kar! eine herausragen<strong>de</strong> Qualität: Sie konnten unaufbereitet in <strong>de</strong>n Hochöfen <strong>de</strong>r<br />
Ruhrhütten nie<strong>de</strong>rgeschmolzen wer<strong>de</strong>n.<br />
Auf diese drei Vorkommen richtete sich Pl eigers ganze Hoffnung, als er En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Jahres<br />
1936 daran ging. die vorläufigen För<strong>de</strong>rziele <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Vierjahresplan aufzu te ilen. Am 10.
49<br />
Janu ar 1937 stan<strong>de</strong>n sie fest l41 : Von <strong>de</strong>rzeit r<strong>und</strong> 2 Mio.t Fe sollte <strong>de</strong>r Abbau inl ändischer<br />
Eisenerze bis 194 1 um 3,7 Mio.t Fe wachsen. Revolutionär daran waren nicht nur die Zahlen,<br />
son<strong>de</strong>lll auch <strong>de</strong>r Umstand. daß Pleiger di e regionalen För<strong>de</strong>rschwerpunkte vom Siegerl and<br />
zu <strong>de</strong>n süd<strong>de</strong>utschen Doggererzrevieren verlagerte: Die e sollten nicht weniger als 51 % <strong>de</strong>r<br />
bi s 1941 geplanten För<strong>de</strong>rsteigerung erblingen. Vor allem die Baar gedachte <strong>de</strong>r Hauptreferatsle<br />
iter zum größten Eisenerzli eferanten <strong><strong>de</strong>s</strong> Deutschen Reichs auszubauen. 1941 sollten hier<br />
r<strong>und</strong> 1,05 Mio.t Fe geför<strong>de</strong>rt <strong>und</strong> zu Konzentrat o<strong>de</strong>r Rösterz verarbeitet wer<strong>de</strong>n. Voraussetzung<br />
da<strong>für</strong> aber war, daß DBG <strong>und</strong> GHH bi s 1941 r<strong>und</strong> 115 Mio.RM ausgaben, um ihre bei<strong>de</strong>n<br />
Gruben auszubauen <strong>und</strong> die not wendigen Aufbereitungsanlagen zu erstellen. Genau hier lag<br />
das Problem.<br />
Pleiger hatte nämlich bereits am 9. Dezember 1936 e inen Brief nach Blumberg gesandt <strong>und</strong><br />
<strong>de</strong>r DBG offiziell auferl egt, ihre Erzfö r<strong>de</strong>rung endlich in Gang zu bringen <strong>und</strong> bi s 1940 auf<br />
3,6 Mio.t l51 zu erhöhen. Die Saarhütten beriefen am 19. Dezember e ine Gesellschafterversammlung<br />
e in <strong>und</strong> fO llllulierten ihre Antwort. Sie erklärten sich zwar "zu tatkräftiger Mitarbeit<br />
zur Erreichung <strong>de</strong>r Ziele <strong><strong>de</strong>s</strong> VieJjahresplan bereit", wünschten aber "maßgeben<strong>de</strong> H ilfe"16l<br />
vom Reich. Die lnvestitionskosten von etwa 25 Mio. RM <strong>für</strong> die notwendigen För<strong>de</strong>ranlagen<br />
wollte man je<strong>de</strong>nfalls nicht a llein tragen. Trotz<strong>de</strong>m kamen die SaaJwerke nicht umhin, auf<br />
ihrer nächsten Gesell schafterversammlung vom 12. März 1937 einen vorläufi gen Au bauplan<br />
zu beschließen <strong>und</strong> diesen am gleichen Tag nach Berlin zu sen<strong>de</strong>n. Die daJin aufgefühJ1en<br />
Vorbehalte - BergaJ'beitennangel, Eisenknappheit, Aufbereirungsprobleme, Klärung <strong>de</strong>r Finanzierungsfrage<br />
- ließen nur allzu <strong>de</strong>utlich erkennen, daß man weitreichen<strong>de</strong> Unterstützung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Re ichs erwartete.<br />
Vor all em e in Problem mußte rasch gelöst wer<strong>de</strong>n. Wenn man 1940 mit einer Belegschaft<br />
von r<strong>und</strong> 1.600 Mann arbeiten wollte, dann mußten bereit jetzt die ersten Wohnungen <strong>für</strong> sie<br />
entstehen. Darüber waren zwar schon En<strong>de</strong> 1935 erste Gespräche zwischen Behör<strong>de</strong>n <strong>und</strong><br />
Erzabbaubetrieben geführt wor<strong>de</strong>n, doch bli eben diese damals erfolglos, weil es GHH <strong>und</strong><br />
Saarhütten strikt abgelehnt hatten, sich an <strong>de</strong>n Baukosten <strong>für</strong> die Unterkünfte zu beteiligen.<br />
Wohl um die Dinge etwas zu beschleuni gen, verkün<strong>de</strong>te Paul Pleiger am 28. Januar 1937 171 ,<br />
das Amt <strong>für</strong> <strong>de</strong>utsche Roh- <strong>und</strong> Werkstoffe wer<strong>de</strong> di e Siedlungsfrage künftig in e igener VerantwoJt<br />
ung lösen. Ein Zuschuß <strong>de</strong>r Hüttenwerke sei nicht mehr erfor<strong>de</strong>rlich. Wenige Wochen<br />
später mußte <strong>de</strong>r Hauptreferatsleiter eine peinliche Kehrtwen<strong>de</strong> voll ziehen <strong>und</strong> <strong>de</strong>n wi<strong>de</strong>rstreben<strong>de</strong>n<br />
Montanbetri eben eben diese Zahlungen abverlangen.<br />
Immerhin hatte das Berl iner Rohstoffamt bere its im Dezember 1936 da<strong>für</strong> ge orgt, daß die<br />
Badische Heimstätte GmbH mit Sitz in Karl sruhe gegrün<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>. Das auf 2 Mio.RM<br />
lauten<strong>de</strong> Gr<strong>und</strong>kapital übelllahmen je zur Hälfte das Deutsche Reich <strong>und</strong> fünf badische<br />
Körperschaften <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Rechts, allen voran die Badische Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>kreditanstalt <strong>für</strong><br />
Wohnungsbau. Damit <strong>de</strong>r neu entstan<strong>de</strong>ne Bauträger seine Aufgabe wirklich erfüllen konnte,<br />
mußte frei lich geklärt wer<strong>de</strong>n, an welcher Stelle jene 400 Wohnungen entstehen sollten, <strong>de</strong>ren<br />
FeJ1igstellung das Rohstoffamt zum Jahresen<strong>de</strong> 1937 for<strong>de</strong>rte. Am30. Apri l 1937 trafen sich<br />
etwa 30 Behör<strong>de</strong>nveJ1reter in Blumberg <strong>und</strong> diskutierten intensiv über zwei unterschiedliche<br />
Ansiedlungsmo<strong>de</strong>lle: Demnach konnten die eubauten entwe<strong>de</strong>r auf die benachbaJ1en Orte<br />
Blumberg, Fützen, Ewattingen, Riedböhringen. Hondingen, Riedöschingen, Le ipferdingen,<br />
Aulfingen <strong>und</strong> Kirchen-Hausen gleichmäßig vel1eilt wer<strong>de</strong>n - o<strong>de</strong>r man konzentrierte sie im<br />
grubennahen Blumberg. Es war Kreisbauernführer Albicker, <strong>de</strong>r sich nachdrücklich <strong>für</strong> die<br />
zweite Variante ein setzte. Ange ichts unüberbrückbarer Mentalitätsunterschie<strong>de</strong> zwischen<br />
<strong>de</strong>n ernsten Bauern <strong>de</strong>r Baar <strong>und</strong> <strong>de</strong>n lebensfrohen Bergarbeitern hi e lt er e ine Vernlischung<br />
<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Gruppen <strong>für</strong> wenig sinnvoll. Darüber hinaus könne e ine kompakte Siedlungsweise
50<br />
<strong>de</strong>n unvel111eidlichen Verlust wertvollen Ackerbo<strong>de</strong>ns verringern <strong>und</strong> einer breiten Abwan<strong>de</strong>rung<br />
landwirtschaftlicher Arbeitskräfte in <strong>de</strong>n Bergbau entgegenw irken. Aber auch DBG<br />
Geschäftsführer Gärtner, <strong>de</strong>m an einem langfristigen Verbleib <strong>de</strong>r zugereisten Kumpels sehr<br />
gelegen war, sprach "sich <strong>für</strong> eine geschlos ene Siedlung aus. Man könne <strong>de</strong>n Leuten mehr<br />
bieten, 0 daß sie sich leichter in die neuen Verhältnisse schicken"'8) <strong>und</strong> wie<strong>de</strong>r ein Heimatgefühl<br />
entwickeln wür<strong>de</strong>n. Da weitere Argumente, wie zum Beispiel geringere Verkehrsprobleme,<br />
<strong>für</strong> einen grubennahen Siedlungsbau sprachen, fand sich am En<strong>de</strong> ein breiter Konsen us<br />
<strong>für</strong> diese Lösung.<br />
Abb. I: Die ersten 32 Siedlungshäuser wur<strong>de</strong>n noch von einheimischen Handwerkem erstellt. ihre<br />
Qual ität war meist gut. Dies än<strong>de</strong>rte sich. als größere Firmen von auswärts hinzukamen. Im ovember<br />
1937 arbeiteten 1.200 Bauarbe iter auf <strong>de</strong>n Blumberger Bauste llen, die meisten davon im Siedlungsball.<br />
Recht s im Bild BiirgermeisterTheo Schmid.<br />
Und so verständigten sich alle Beteiligten darauf, im Rahmen einer ersten B austufe bis zum<br />
Juli 193732 Häuser in Blumberg zu errichten <strong>und</strong> sämtliche Erdgeschoßwohnungen mit<br />
600 m 2 Gruten auszustatten. In <strong>de</strong>n Obergeschossen planten die Archüekten kleinere Einliegerwohnungen<br />
<strong>für</strong> jüngere Ehepaare ein , die keine Kin<strong>de</strong>rzimmer benötigten. Als Baukosten<br />
pro Wohnung errechneten sie einen Betrag von r<strong>und</strong> 4.500 RM, <strong>de</strong>r über einen reichsverbürgten<br />
Hypothekenkred it <strong>de</strong>r Bezirkssparkasse Donauesc hingen ( 1.666 RM), über Darlehen <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Reichs ( 1.800 RM) <strong>und</strong> <strong>de</strong>r DBG (750 RM). sowie über einen verlorenen Zuschuß <strong><strong>de</strong>s</strong> Lan<strong><strong>de</strong>s</strong><br />
(384 RM) aufgebracht wer<strong>de</strong>n sollten. Um Verwaltungskosten, Darlehenszin en <strong>und</strong> 1 %<br />
jährliche Tilgung zu erwiltschaften, hielt man eine Monatsmiete von 21 RM <strong>für</strong> elfor<strong>de</strong>rl ich.<br />
Angesichts eines Durchschnittsverdienstes von 120 RM erachtete man diese Belastung <strong>für</strong><br />
einen Bergarbeiter <strong>de</strong>r DBG als durchaus tragbar. Natürlich reichten diese im April 1937<br />
eingeleiteten M aßnahmen nicht aus, um <strong>de</strong>n steigen<strong>de</strong>n Bedarf an Unterkünften zu <strong>de</strong>cken.<br />
Man entschied sich <strong><strong>de</strong>s</strong>halb bereit. vier Wochen später, im Rahmen einer zweiten Baustufe
51<br />
weitere 336 Wohnungen in Blumberg zu errichten <strong>und</strong> bis En<strong>de</strong> 1937 fertigzustellen. Deren<br />
Bauträger war all erdings nicht mehr die Badische Heimstätte, son<strong>de</strong>rn ein eigens <strong>für</strong> di ese<br />
Zwecke gegrün<strong>de</strong>tes Tochteruntemehmen, die Siedlung gesell schaft <strong>für</strong> das Doggererzgebiet<br />
Oberba<strong>de</strong>n GmbH l9 l . Die mittlerweile auf 5.000 RM pro Wohnung gesti egenen Baukosten<br />
sollten zwar ähnlich finanziert wer<strong>de</strong>n wie beim ersten Bauabschnitt, Pleiger verlangte aber<br />
höhere Finanzbeiträge von <strong>de</strong>r DBG, die sich zum Ausgleich über einen Zwischenkredit bei<br />
<strong>de</strong>r Deutschen Arbeitsfront refinanziere n durfte. atürlich wehrte sich die DBG vehement<br />
gegen diese Zumutung, stimmte aber nach längerem Sträuben doch zu. Auf dieser Finanzierungsbasis<br />
kaLkul ierte man dann kosten<strong>de</strong>cken<strong>de</strong> Wohnungsmieten von 28 RM <strong>für</strong> die untere<br />
<strong>und</strong> 19,75 RM <strong>für</strong> die obere Wohnung ein . Di e notwendigen Gr<strong>und</strong>stücke verschaffte sich<br />
<strong>de</strong>r Bauträger von <strong>de</strong>n Blumberger Bauern , di e ihr Gelän<strong>de</strong> gegen einen Preis von 60 bis 75<br />
Pfennige je m 2 abzugeben hatten. Sie taten dies nur selten leichten Herzens.<br />
In <strong>de</strong>r Realität nahm das 2,3 Mio.RM teure Wohnungsbauprogramm einen völlig unbefriedigen<strong>de</strong>n<br />
Verl auf. Am 13. September 1937 stellten die Saarhütten erhebliche Verzögerungen<br />
fe t <strong>und</strong> konstatierten, die Errichtung <strong>de</strong>r Siedlungen habe "zeitlich voll kommen versagt"20):<br />
Statt im Juli wür<strong>de</strong>n die ersten 64 Wohnungen nicht vor Dezember 1937 bezugsfertig. Verspätungen<br />
ergaben sich auch bei <strong>de</strong>r Reali sierung <strong><strong>de</strong>s</strong> nachfo lgen<strong>de</strong>n Bauabschnitts: Wegen<br />
<strong>de</strong>r lange umstrittenen Finanzierung erst im August 1937 begonnen, konnten die letzten <strong>de</strong>r<br />
336 Wohnungen nicht vor September 1938 bezogen wer<strong>de</strong>n. Deren Mieter hatten allerdings<br />
wenig Gr<strong>und</strong> zur Freu<strong>de</strong>, <strong>de</strong>nn die Aufteilung <strong>de</strong>r Häuser in dreiräumige Erdgeschoß- <strong>und</strong><br />
zwei räumige Ein liegerwohnungen im Obergeschoß erwies sich als nicht bedarfsgerecht. Letztere<br />
stan<strong>de</strong> n meist leer, weil es zu wenig kin<strong>de</strong>rlose Ehepaare in Blumberg gab <strong>und</strong> we il die<br />
größeren Fam il ien <strong>de</strong>r unteren Wohnung schon aus finanziell en Grün<strong>de</strong>n kaum in <strong>de</strong>r Lage<br />
waren , die oberen Räume mitanzumieten. Die daraus resu lti eren<strong>de</strong>n Mietausfälle rissen<br />
beachtliche Löcher in das Budget <strong>de</strong>r DBG, die <strong>de</strong>m Bauträger gegenüber eine Mietgarantie<br />
abgegeben hatte. An<strong>de</strong>re Lasten trug da Erzabbauunternehmen offenbar li eber: Um seinen<br />
wichtigsten Angestellten eine stan<strong><strong>de</strong>s</strong>gemäße Unterkunft anbieten zu können, baute es auf<br />
eigene Kosten weitere 12 Häuser in Blumberg.<br />
Eine schwierige Frage war die Auswahl <strong>de</strong>r Mieter. Am 17. Dezember 1937 stellte die Badische<br />
Heimstätte in einem Brief an das Karlsruher Innenministerium fest: " ach Angabe <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Bürgermeisters trifft es zu, daß ein großer Te il <strong>de</strong>r bisher in <strong>de</strong>n Baracken <strong><strong>de</strong>s</strong> Werks in<br />
Blumberg untergebrachten Bergarbeite r vorbestraft ist. Zeitweilig waren von <strong>de</strong>n Insassen<br />
bis zu 70 % vorbe traft. Zurzeit ist <strong>de</strong>r Prozentsatz <strong>de</strong>r Vorbestraften sehr stark zurückgegangen<br />
<strong>und</strong> zwar auf 20 %. Auf die Auswahl <strong>de</strong>r nach Blumberg zuziehen<strong>de</strong>n Arbeiter haben wi r<br />
naturgemäß keinerlei Einfluß. Soweit wir wissen, ist auch bisher eine Prüfung <strong>de</strong>r von auswärts<br />
hinzugezogenen Arbeiter auf ihre politische Zuverlässigkeit von kei ner Ste lle erfolgt. Bei<br />
<strong>de</strong>m gegenwärtigen Stand <strong>de</strong>r Arbeiternachfrage in allen Reichstei len ist ja auch kaum damit<br />
zu rechnen, daß die Arbeitsämter im Saargebiet <strong>und</strong> im Hunsrück die besten <strong>und</strong> zuverlässigsten<br />
Arbeiter nach Blumberg entsen<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n. Wir selbst haben natürl ich als Hauseigentümer<br />
<strong>und</strong> Veml.ieter das größte Lnteresse, eine in je<strong>de</strong>r Hinsicht möglichst e inwandfreie Mieterschaft<br />
zu bekommen, aber in Anbetracht <strong>de</strong>r Verhältnisse wer<strong>de</strong>n unsere Wünsche ja wohl nicht<br />
erfüllt wer<strong>de</strong>n können. Immerhin wird bei <strong>de</strong>r Auswahl <strong>de</strong>r Wohnungsmieter, die aus <strong>de</strong>n<br />
Baracken.insassen entnommen wer<strong>de</strong>n, möglichst vorsichti g vorgegangen. Da wir selbst<br />
naturgemäß keinen von <strong>de</strong>n in Betracht kommen<strong>de</strong>n Mietanwärtern kennen, sind wir auf die<br />
Vorschläge, die uns vom Werk gemacht wer<strong>de</strong>n, angewiesen. Die Mieter, welche fü r die bereits<br />
fertiggestellten 64 Wohnungen ausgewählt wor<strong>de</strong>n sind, sind ausgesucht wor<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r<br />
Werksleitung in Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m Kreisobmann <strong>de</strong>r Deutschen Arbeitsfront. <strong>de</strong>m
52<br />
Ortsgruppen leiter <strong>de</strong>r I SDAP, <strong>de</strong>m Bürgermeister <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Betriebsobmann <strong><strong>de</strong>s</strong> Werkes.<br />
Nach Angaben <strong>de</strong> Bürgernl ei ·ters sind die <strong>für</strong> <strong>de</strong>n I. Abschnill ausgesuchten Mieter sämtlich<br />
un vorbe traft. Ob ie pol itsch einwandfrei sind. konnte nicht festgestellt wer<strong>de</strong>n. Auch bei<br />
<strong>de</strong>r Auswahl <strong>de</strong>r Mieter <strong>für</strong> <strong>de</strong>n im Bau befindlichen 11. Abschnitt so ll nac h <strong>de</strong>r gleichen<br />
Weise vorgegangen wer<strong>de</strong>n"! ".<br />
Die Umzüge von ihren Heimatorten nach Blumberg erw iesen sich fü r einige <strong>de</strong>r Bergarbeiterfamilien<br />
als wahrer Hin<strong>de</strong>rni slauf durch die Mühlen <strong>de</strong>r Bürokratie. Da sie nicht selten<br />
mittellos waren. trug da A rbeitsamt zwar die entstehen<strong>de</strong>n Umzugskosten. bestand aber aus<br />
Preisgrün<strong>de</strong>n oft darauf, die M öbel mit <strong>de</strong>r Bahn zu versen<strong>de</strong>n. Lei<strong>de</strong>r beanspruchte dieser<br />
Tran port zwischen sechs <strong>und</strong> acht Tagen Zeit. Die Fami lien Hoffmann <strong>und</strong> Gaspar aus <strong>de</strong>m<br />
saarl ändischen Brebach traf es allerdings noch ärger. Si e mu ßten weitere zwei Wochen auf<br />
die Herausgabe ihrer M öbel wanen, weil sich <strong>de</strong>r Blumberger Bahnhof weigerte, <strong>de</strong>n vom<br />
A rbeit am t Saarbrücken ausgestellten Frachtkostengut. chein anzuerkennen. Erst nach einem<br />
grotesken Disput über Fragen <strong>de</strong>r Zuständigkeit, an <strong>de</strong>m sich zwei Arbeitsämter, eine Reich -<br />
bahndirektion, zwei Bahnhöfe <strong>und</strong> die Geschäftsleitung <strong>de</strong>r DBG zu beteiligen hatten, gelangten<br />
die obdachlosen Familien nach insgesa mt drei Wochen Wartezeit w ie<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Bes itz<br />
ihres spärlichen Hausrats. Der nachfolgen<strong>de</strong> Streit darüber, wer die ent. tan<strong>de</strong>nen Kosten <strong>für</strong><br />
Verdienstausfall. Unterbringung <strong>und</strong> Waggonslandgeld letztlich ZLItragen hatte. beschäftigte<br />
die Beteiligten frei lich noch einige Zeit. Immerhin harten die Ereignisse wenigstens zur Folge,<br />
daß weitere M öbeltransporte nur noch per LKW vor sich gingen.<br />
Abb. 2: Die Blumberger Erzgruben bcnötigtcn qualifizierles ntenage- Personal, das vorOrt nicht zur<br />
Verfügung stand. Aus allen l-limmelsrichlUngcn kamen ab 1937 die Bergarbeiter in die eilends erstellten<br />
euballviertel von Billmberg. Die I-Iällserblieben allcrdings<strong>de</strong>n Ehepaaren vorbehalten . Ledigemllßten<br />
mit. einem Sch lafplatz in <strong>de</strong>r Baracke orliebnehmen.<br />
War <strong>de</strong>r mzug end I ich überstan<strong>de</strong>n, kamen weitere Probleme all f d ie Mieter <strong>de</strong>r BI umberger<br />
Siedlung zu: In einer Zeit zunehmen<strong>de</strong>n M ateri almangels hasti g <strong>und</strong> lieblos von Architekten<br />
<strong>und</strong> Handwerkern ZLIsammengeschustel1 , die keinerlei Interesse <strong>für</strong> die Belange <strong>de</strong>r künftigen
53<br />
Mieter <strong>und</strong> <strong>für</strong> die beson<strong>de</strong>ren klimatischen Verhältn isse <strong>de</strong>r Baar aufbrachten, erwiesen sich<br />
viele Häuser bereits wenige Jahre nach ihrer Vollendung als Sanierungsfall. Als im ovember<br />
1940 ein Architekt namens WunTI die mittlerweile auf etwa 950 Wohneinheiten angewachsene<br />
Bergarbeiter-Siedlung in Blumberg inspizierte, konnte er e inen wahren Horrorkatalog von<br />
Baumängeln aufstellen: Feuchte, schl echt isolierte <strong>und</strong> zu dünne Außenwän<strong>de</strong>; extrem<br />
frostgefähr<strong>de</strong>te Wasserl eitungen. fehl en<strong>de</strong> Drainage; <strong>und</strong>ichte Abortgruben, durch <strong>de</strong>ren<br />
Wän<strong>de</strong> Fäkalienwasser in die Häuser drang; mangelhafte Lüftungsmöglichkeiten, chronisch<br />
verstopfte Sanüäranlagen als Folge unterdimensionierter Rohrdurchmesser; bei fie<strong>de</strong>rschlag<br />
auftreten<strong>de</strong> Wassereinbrüche in <strong>de</strong>n Kellem, schlecht schließen<strong>de</strong> Türen, Fenster <strong>und</strong> Lä<strong>de</strong>n;<br />
von oben zudrin gen<strong><strong>de</strong>s</strong> Regenwasser <strong>und</strong> starke Setzrisse an vielen Kaminen waren be ileibe<br />
keine Einzelerschei nungen. WUll11 notierte betroffen die Folgen <strong>de</strong>r allgegenwärtigen Feuchtigkeit:<br />
"In <strong>de</strong>n ungeheizten bzw. nicht heizbaren Räumen hängen die Tapeten von <strong>de</strong>n Wän<strong>de</strong>n.<br />
Letztere sind fe ucht <strong>und</strong> schimmeli g. An Möbelstücken sind Schubla<strong>de</strong>n ni cht zu bewegen<br />
<strong>und</strong> durch Werfen von Schranktüren entstehen erhebliche Schä<strong>de</strong>n"221. Die Wohnungen <strong>de</strong>r<br />
Hal<strong>de</strong>nstraße 5 <strong>und</strong> 19 befan<strong>de</strong>n sich in einem <strong>de</strong>rart ges<strong>und</strong>heitsgefähr<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Zustand, daß<br />
<strong>de</strong>r Landrat von Donaueschingen nicht umhinkam, am 22. April 194 1 ihre Räumung anzuordnen.<br />
Der Siedlungsbau stellte auch die Gemein<strong>de</strong> Blumberg auf eine harte Probe. Ein Dorf von<br />
lediglich 166 Haushaltungen, das 1936 über einen Jahresetat von gera<strong>de</strong> einmal 2 1.725 RM<br />
verfügen konnte, mußte nun seine Infrastruktur innerhalb kürzester Frist gewalti g erweitern .<br />
Das badische Innenministerium erlegte <strong>de</strong>m kleinen Ort im Frühjahr 1937 unbalmherzig die<br />
Pflicht auf, schleunigst neue Straßen <strong>und</strong> Wasserleitungen zu bauen, Abwasserkanäle zu<br />
graben <strong>und</strong> Stromleitungen in die eubaugebi ete zu verlegen. Die Reali sierung war mit erheblichen<br />
finanziellen Folgen verknüpft: Schon <strong>für</strong> die ersten 32 Häuser <strong>de</strong>r Baustufe I fielen<br />
Erschli eßungskosten in Höhe von 22.580 RM an, die zwischen März <strong>und</strong> Juni 1937 von <strong>de</strong>r<br />
Gemein<strong>de</strong>kasse zu begleichen waren. Da außer einem Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>zuschuß von 3.000 RM zunäch t<br />
keinerlei Zahlungen in Blumberg e ingingen, mußte man bereits am 22. Juni 1937 feststellen,<br />
daß "die Gemein<strong>de</strong> zur Zeit nicht mehr in <strong>de</strong>r Lage ist. ihren laufen<strong>de</strong>n Verpflichtungen nachzukommen<br />
" 23 1.<br />
Dieser Z u tand sollte auch weiterhin anhalten. Das badische Inne nministerium hatte <strong>de</strong>m<br />
Blumberger Bürgermeister Schmid zwar schon im M ärz 1937 e ine Kostenrückerstattung<br />
prinzipie ll zugesichert, doch blieb in <strong>de</strong>n fo lgen<strong>de</strong>n Monaten sehr umstritten, von wem sie zu<br />
erfolgen habe. Reich <strong>und</strong> Land schoben <strong>de</strong>n Schwarzen Peter je<strong>de</strong>nfa ll s kTäftig hin <strong>und</strong> he r.<br />
Sicher war' zunächst nur eine : Die Erschließungskosten <strong>de</strong>r Stufen I <strong>und</strong> Il wür<strong>de</strong>n zusammen<br />
etwa 500.000 RM betragen <strong>und</strong> konnten von <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> we<strong>de</strong>r vorfinanziert noch zu<br />
ei nem späteren Zeitpunkt auf Hauseigentümero<strong>de</strong>r Mieter umgelegt wer<strong>de</strong>n. Letztere bezogen<br />
ja viel zu geringe Löhne, um <strong>de</strong>rartige Belastungen tragen zu können. Im August 1937 <strong>de</strong>utete<br />
sich dann e ine Lösung an, über die man all erdings auch noch im Frühjahr 1938 heftig diskutierte.<br />
Ihr zufolge erhi elt die Gemein<strong>de</strong> Blumberg eine Reichsbe ihilfe von 330.000 RM , die<br />
jedoch zunächst nur <strong>de</strong>n Charakter eines zinslosen, bis zum 31. März 194 1 befri steten Darlehens<br />
trug. Weitere Summen flossen als verlorene Zu chüsse <strong>de</strong> Lan<strong><strong>de</strong>s</strong> (50.000 RM), <strong>de</strong>r<br />
Badischen Heimstätte (40.000 RM) <strong>und</strong> <strong>de</strong>r DBG (80.000 DM) in die Blumberger Gemein<strong>de</strong>kasse.<br />
Dort verwandte man das Geld dazu, die Gr<strong>und</strong>stücke <strong>de</strong>r insgesamt 400 Berarbe iterwohnungen<br />
infrastrukture ll zu erschließen N1 . Da das Wasser- <strong>und</strong> Straßenbauamt Donaueschingen<br />
völlig überlastet war, mußte zur Erstellung <strong>de</strong>r notwendigen Bauentwürfe ein<br />
privater Anbieter gesucht wer<strong>de</strong>n. Man fand ihn im Freiburger Diplom-Ingenieur Albert Lehr,<br />
<strong>de</strong>r ni cht nur di e Pl äne <strong>für</strong> das neue Ortsstraßennetz <strong>und</strong> die Abwas erkanäle ausarbe itete,
54<br />
son<strong>de</strong>l1l auch di e Ausschreibung <strong>de</strong>r Bauarbeiten vorbere itete. Am 25. August 1937 erhie lt<br />
das Bauunternehmen Geiges aus Bühlertal <strong>de</strong>n Zuschl ag zur Ausführung <strong>de</strong>r Straßen- <strong>und</strong><br />
Kanali sationsarbeiten. Die Bauleitung übernahm Albert Lehr.<br />
Damit waren freilich noch längst ni cht all e Probl eme gelöst. Von e inem Dorf mit etwa 800<br />
Einwohnern sollte Blumberg bi s 1938 zu e iner Klein tadt mit fast 5.000 Bürgel1l anwachsen.<br />
18.000 kalku li erte Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>pl aner Feldmann auf lange Sicht e in . Für ihre Kin<strong>de</strong>r benöti gte<br />
man e ine neue Schule, samt Lehrern <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren Wohnungen, Sportplatz, Turnhall e, Kin<strong>de</strong>rgrut<br />
en <strong>und</strong> öffentliche Ba<strong>de</strong>rulstalt mu ßten neu gebaut, Friedhof <strong>und</strong> Rathaus dringend erweitert<br />
wer<strong>de</strong>n. [m Ort bestan<strong>de</strong>n 1936 lediglich eine Metzgerei, zwei Bäckere ien <strong>und</strong> zwei Lebensmittelgeschäfte.<br />
Um weitere Kaufl eute rulZ ul ocken. mußte endlich eine Geschäftsstraße mit<br />
städtischem Flair angelegt wer<strong>de</strong>n. Reichsstatthalter Wagner orgte sich vor allem darum,<br />
daß Blumberg e in Zentrum e rhielt , das "Ausdruck nati onalsozialisti schen Gesta ltungswil <br />
lens"25\ sei. Dazu brauchte man e rheblic he Mittel, die Theo Schmid am 4. August 1937 auf<br />
1,88 Mio. RM bezifferte 261 • Aufzutreiben waren diese Summen offenbar nirgends. Je<strong>de</strong>nfall s<br />
kämpfte <strong>de</strong>r Blumberger Bürgermeister noch im Oktobe r 1937 darum , daß ihm da Re ich<br />
wenigste ns 300.000 RM fü r <strong>de</strong>n notwendigen eubau <strong>de</strong>r örtlichen Schule zur Verfügung<br />
stellte. Aber auch Post <strong>und</strong> Bezirkssparkasse Donaueschingen zeigten anfrulgs wenig eigung,<br />
<strong>de</strong>r Einladung Schmid zu fol gen <strong>und</strong> Zweigstellen in B lumberg zu errichten.<br />
Etwas schne ll er kam die DBG mit <strong>de</strong>m Ausbau ihrer Gruben voran. ach monate langer<br />
Bauzeit konnten am 15. Apri l 1937 endlich zwei Anlagen e ingeweiht wer<strong>de</strong>n, die man zur<br />
Aufnahme eines geregelten Bergbaubetriebs dringend benötigte: Sowohl <strong>de</strong>r Grubenbahnhof<br />
als auch eine 1.640 m lange Kettenbahn, di e das Erz vom Stollenm<strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Stoberg zu <strong>de</strong>n<br />
weiter südlich gelegenen Reichsbahngleisen transportieren sollte, waren jetzt betriebsbere it.<br />
Die DBG nahm un verzüg lich e ine kontinuierliche Eisenerzför<strong>de</strong>rung auf, allerdings blie b<br />
die Tagesleistung <strong>de</strong>r Blumberger Grube mit 200 bi s 300 t zunächst sehr beschei<strong>de</strong>n. Ein<br />
Gr<strong>und</strong> da<strong>für</strong> war <strong>de</strong>r akute Mangel an Fachkräften: Zwar gab es einen zuverlä sigen Stamm<br />
saarländischer Bergleute, die Gau leiter Bürckel schon 1935 wegen ihres Abstimmverhaltens<br />
<strong>de</strong>r Heimat verwiesen hatre, doch schlugen weitere Anwerbeversuche oft feh l. Von 170 Mrulll,<br />
die ihre Arbeit im ersten Ha lbjahr 1937 neu aufnahmen, verschwan<strong>de</strong>n 130 bald wie<strong>de</strong>r,<br />
davon 80 praktisch über acht. iedrige Löhne, schlechte Unterkün fte <strong>und</strong> das ungewohnt<br />
rauhe Klima auf über 700 m Höhe boten nur wenig Anreiz zum Verble ib. Vor all em <strong><strong>de</strong>s</strong>halb<br />
stieg die Zahl <strong>de</strong>r DBG-Mitarbeiter während <strong><strong>de</strong>s</strong> ersten Halbjahrs 1937 nur sehr mo<strong>de</strong>rat von<br />
2 14 auf 342 Mann.<br />
Auch die Aufbereitung anl agen entstan<strong>de</strong>n nur langsam. War es bi zum Apri l 1937 die<br />
kalte Witterung gewesen, die <strong>de</strong>n Baubeginn hinausgezögert harte, so behin<strong>de</strong>rte danach <strong>de</strong>r<br />
grav ieren<strong>de</strong> Eisenmangel <strong>de</strong>n Fortgang <strong>de</strong>r Arbeiten. Infolge<strong><strong>de</strong>s</strong>sen nahm <strong>de</strong>r erste <strong>de</strong>r vier<br />
Röstöfen nicht im Juli, son<strong>de</strong>l1l im Oktober 1937 seinen Betrieb auf. Die Fertigstellung <strong>de</strong>r<br />
Lurg i-Anl age verzögerte sich gar bis zum Januar <strong><strong>de</strong>s</strong> Jahres 1938. Als Ursachen da<strong>für</strong> machten<br />
die Projekt le iter <strong>de</strong>r Frankfurter Lurgi GmbH allerdings nicht nur externe Einflüsse aus. Sie<br />
führten die aufgetretenen Verspätungen vie lmehr darauf zurück, daß ihre Bauarbe iten von<br />
<strong>de</strong>n Geschäftsführel1l <strong>de</strong>r DBG vorsätzlich behin<strong>de</strong>rt wür<strong>de</strong>n, um Röchlings vier Röstöfen<br />
einen ungerechtfertigten Tel1l1invorteil zu verschaffen. Frei lich kamen die Dinge in Blumberg<br />
auch ohne jegliche Obstruktionspolitik nur noch zäh voran. Obwohl die Ge e il schaf te l' <strong>de</strong>r<br />
DBG bereits am 10. Mai 1937 beschl ossen hatten, endlich eine mo<strong>de</strong>rne Waschkaue <strong>für</strong> d ie<br />
Kumpels von Sto- <strong>und</strong> Eichberg zu bauen, so dauerte es doch bis zum Februar 1938, bis das<br />
ste inellle Gebäu<strong>de</strong> samt Holzdach endlich fertiggestellt war. Langsam voran chritt auch <strong>de</strong>r<br />
Bau e iner För<strong>de</strong>rbrücke. die man am 12. März 1937 zu errichten beschloß. Di e 130.000 RM
te ure Eisenkonstruktion zur Verbindung <strong>de</strong>r Stollenmün<strong>de</strong>r von Sto- <strong>und</strong> Eichberg war auch<br />
im Frühjahr 1938 noch ein unvollen<strong>de</strong>ter Torso.<br />
Nicht viel an<strong>de</strong>rs entwickelten sich die Dinge in Gutmadingen. Wie die übrigen Werke so<br />
war auch die GHH am 18. Februar 1937 von Oberst Löb ermahnt wor<strong>de</strong>n, "die För<strong>de</strong>rung<br />
auf je<strong>de</strong>r ein zelnen <strong>de</strong>r von Ihnen betriebenen Gruben sofort so zu steigern , wie es för<strong>de</strong>rtechnisch<br />
möglich ist"27). Das Oberhausener Unternehmen akzeptierte dies zwar <strong>für</strong> sein WÜlttembergisches<br />
Bergwerk Karl , machte aber keinerlei Anstalten, <strong>de</strong>n Betrieb in Gutmadingen<br />
auszu<strong>de</strong>hnen. Hermann Reusch, <strong>de</strong>r Sohn <strong><strong>de</strong>s</strong> Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong>n Paul , wehrte sich zu<strong>de</strong>m<br />
mit aller Kraft dagegen, daß die GHH - ganz im Wi<strong>de</strong>rspruch zu Pleigers Zusicherung vom<br />
28. Januar - doch noch einen Beitrag zum Bau von Arbeiterunterkünften in Gutmadingen<br />
leisten sollte. Er begrün<strong>de</strong>te seine Weigerung damit, daß je<strong>de</strong>rzeit mit <strong>de</strong>r Stillegung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Abbaubetriebs zu rechnen <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong>halb jeglicher Wohnungsbau überflüssig sei.<br />
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Abb. 3: Das Jahr 1937 brachte <strong>für</strong> die Doggererz-Bergbau GmbH endlich <strong>de</strong>n "take off': Zwischen<br />
Januar <strong>und</strong> Dezember wuchs die Zahl <strong>de</strong>r Arbeiter um 230 Prozent.<br />
Reuschs Ankündigung war <strong>für</strong> Pleiger ein wi llkommener AnJaß, das GHH-Vorstandsmügljed<br />
Hermann Ke ll ermann am 14. März 1937 nach Berlin zu rufen <strong>und</strong> ihm vorzuwerfen, "er<br />
habe <strong>de</strong>n Eindruck, daß man bei Gutmadingen nichts mehr machen wolle, was untragbar sei,<br />
schon mit Rücksicht auf das energische Vorgehen von Röchling bzw. <strong>de</strong>r Saar, die Zollhaus<br />
Blumberg <strong>für</strong> 3,6 Mio.t ausbauen wollten". Mochte Ke lle J111ann auch noch 0 oft darauf<br />
verweisen, daß sein Gesprächspartner sechs Wochen zuvor das Gegenteil verkün<strong>de</strong>t hatte,<br />
Pleiger beharrte unnachgiebig darauf, "daß er eine Bezuschussung im Rahmen <strong>de</strong>r Leistungen<br />
<strong>de</strong>r Saarerwatt e. Lehnten die Ruhrwerke das ab, wer<strong>de</strong> er selbstverständlich die Siedlungsfrage<br />
allein regeln, die Folgen hätten wir uns dann selbst zuzuschreiben"28). Die Enteignungsdrohung<br />
tat ihre Wirkung: Mitte 1937 erhielt die Badi sche Heim tätte <strong>de</strong>n Auftrag zum Bau von 12<br />
Arbeiterwohnungen in Gutmadingen, zu <strong>de</strong>nen die GHH einen Zuschu ß von 1.000 RM je<br />
Einheit leisten wollte. Die Unterkünfte wur<strong>de</strong>n erst im November 1938 fertiggestellt 29 ).
56<br />
Pleiger mußte die Hüttenwerke unter stärkeren Druck setzen, wenn er verhin<strong>de</strong>rn wollte, daß<br />
<strong>de</strong>r allgegenwärtige Stahl mangel die A ufrü stung weiter behin<strong>de</strong>rt e. Den Gesprächen, die<br />
Göring <strong>und</strong> se in eigener Vorgesetzter Löb fLir <strong>de</strong>n 16. <strong>und</strong> 17. März 1937 in Berlin anberaumten.<br />
lag <strong>de</strong>r Gedanke zugr<strong>und</strong>e, die <strong>de</strong>utsche Rohstahl- <strong>und</strong> Gußerzeugung von <strong>de</strong>rzeit<br />
2 1.5 Mio. t auf 27,6 Mio.t bis zum Jahre 1940 zu erhöhen. Da Auslandserze da<strong>für</strong> nicht<br />
eingesetzt wer<strong>de</strong>n konnten. mußte eben die Verhünung inländischer Eisenerze kräftig steigen<br />
- von bi slang 7 Mio.t auf24,6 Mio. t. Die Vertreter <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>de</strong>utscher Eisenhüttenleute<br />
w iesen bei <strong>de</strong>n Gesprächen auf ein un gelöstes Problem hin: Weil höhere A nteile <strong>de</strong>utscher<br />
Erze am M öller zu höherem Koksverbrauch <strong>und</strong> vermin<strong>de</strong>rter Hochofenleistung führten, war<br />
<strong>de</strong>r Neubau von min<strong>de</strong> tens 12 Hochöfen <strong>und</strong> 15 Kokereien unumgänglich. Göring <strong>und</strong> L öb<br />
erhielten <strong>de</strong> halb <strong>de</strong>n Rat. das Produktionsziel <strong>für</strong> Roh tahl<strong>und</strong> Guß auf24,3 Mio. t im Jahre<br />
1940 zu beschränken 30I .<br />
Natürlich wußte auch L öbs Mitarbeiter Pl eiger. daß neue A nl agen gebaut wer<strong>de</strong>n mußten.<br />
Warum sonst hätte er im Febru ar 1937 prüfen lassen. w ie hoc h die In estition kosten <strong>für</strong><br />
integrierte HÜllenwerke mit einer Prod uktion zwischen 500.000 t <strong>und</strong> einer Mio. t Rohstahl<br />
waren?3!1 Frei lich dachte er nicht an K apazitätserweiterun gen bestehen<strong>de</strong>r Betriebe. die j a<br />
allesamt auf <strong>de</strong>n grenznahen Kohleba sen stan<strong>de</strong>n. son<strong>de</strong>rn an neue A nlagen direkt auf <strong>de</strong>n<br />
Erzfel<strong>de</strong>rn im Binnenland . eben militäri schen Grün<strong>de</strong>n sprach auch die Transportökonomie<br />
<strong>für</strong> eine so lche L ösung: m eine Tonne Roheisen zu erzeugen, war e v iel billiger, ein bis<br />
zwei Tonnen Kohle zu r Erzbasis zu beför<strong>de</strong>rn , als fün f Tonnen metallarme Eisenerz zu <strong>de</strong>n<br />
K ohlerevieren. A ls Standorte boten sich die badischen <strong>und</strong> fränkischen Doggererzgebiete an.<br />
Obwohl Pleiger seine Be<strong>de</strong>nken gegen das saure Schmelzen immer noch nicht abgelegt hatte,<br />
gri ff er die Pläne Röchling sch ließlich auf. Sein eigener Mitarbeiter Lillig. <strong>de</strong>r noch 15 M onate<br />
zuvor A ngestellter <strong>de</strong>r Saarhütten gewesen war, fel1igte <strong>für</strong> die Besprechung mit Göring am<br />
17. M ärz 1937 <strong>de</strong>n "Aktenvernlerk r. 7: Gr<strong>und</strong>l agen <strong>für</strong> die Planung eines Hüttenwerks bei<br />
Zollhaus-Blumberg"31) an . Darin skizzierte er ein etwa 30 Mio. RM teures Proj ekt, das j ährlich<br />
500.000 t sog. Vorschmelze isen <strong>für</strong> die Saar produzieren sollte. Ein weiterer Vermerk Lilligs,<br />
<strong>de</strong>r die 1 ummer 4 trug, 'chlug die" A nlage eines Hüttenwerks auf <strong>de</strong>r fränkischen Doggererzbasis"33!<br />
vor. Wenige Tage später wur<strong>de</strong> auch Röchling aktiv. Um Pleiger Vorbehalte gegen<br />
das sa ure Schmelzen auszuräumen, übelTe<strong>de</strong>te er diesen zu einem gemein samen Flug nach<br />
England . Dort machte ihn <strong>de</strong>r V ölklinger Industrielle nicht nur mit <strong>de</strong>m amerikanischen<br />
Hüttenbauer Hermann A. Brassen bekannt , son<strong>de</strong>rn auch mit <strong><strong>de</strong>s</strong>sen neuestem Werk: <strong>de</strong>r<br />
Hütte von Corby. Von Bra ert zwischen 1933 <strong>und</strong> 1935 erbaut. arbeiteten dort seit M onaten<br />
mehrere Hochöfen problemlos nach <strong>de</strong>m sauren Schmelzve rfahren. Pleiger war begeisten 34 ).<br />
Röchling sah sich nun kurz vor <strong>de</strong>m Z iel <strong>und</strong> sc hrieb am 27. M ärz 1937 einen langen Brief<br />
an Hermann GÖring. Darin regte er an. in <strong>de</strong>r Baar kün ftig 8,5 Mio.t Eisenerz pro Jahr zu<br />
för<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> die Hälf te davon direkt vor Ol1nie<strong>de</strong>rzuschmelzen: "Zwei HochofenanJ agen von<br />
j e vier Hochöfen von j e 500 Tonnen Leistung in 24 St<strong>und</strong>en wären zu errichten. Je zwei<br />
Hochöfen (also vier) könnten bis En<strong>de</strong> nächsten Jahres ferti ggestellt wer<strong>de</strong>n, sodaß bereits im<br />
Jahre 1939 eine halbe Million Tonnen Roheisen aus dieser Quelle fließen wür<strong>de</strong>; im Jahre<br />
1940 könnten eine Million Tonnen erreicht sein ... Ich wür<strong>de</strong> eine Anlage mit vier H ochöfen<br />
mit <strong>de</strong>r nötigen Staatshilfe erstellen, wozu auch <strong>de</strong>r nötige Rückhalt hinsichtlich <strong>de</strong>r Verfügung<br />
über die Erzlagerstänen gehören müßte. Die zweite Anlage müßte von einer an<strong>de</strong>ren Finna<br />
erbaut wer<strong>de</strong>n"35!, womit die GHH gemeint war.<br />
Röchling war vollkommen bewußt. daß die an<strong>de</strong>ren Saarindustriellen seine hochfliegen<strong>de</strong>n<br />
Hünenpläne nicht unterstüt zten. Er empfand 'eine Partner j etzt als hin<strong>de</strong>rlichen Klotz am<br />
Bein, weil sie die Tragweite seiner I<strong>de</strong>en nicht begriffen <strong>und</strong> sich <strong><strong>de</strong>s</strong>halb querlegten. An<strong>de</strong>-
57<br />
rerseits aber mußte auch <strong>de</strong>r von ihm unternommene Versuch, "sich von <strong>de</strong>n übrigen Hüttenwerken<br />
an <strong>de</strong>r Saar abzuson<strong>de</strong>rn"361, diese mit äußerstem Befrem<strong>de</strong>n erfüllen. Im Ergebnis<br />
bil<strong>de</strong>te sich eine von gegenseitigem Mißtrauen getragene Atmosphäre heraus. in <strong>de</strong>r es zu<br />
gelegentlichen Explo ionen kam. Einen <strong>de</strong>ral1igen Höhepunkt stellte die Gese ll chafterversammlung<br />
<strong>de</strong>r DBG vom 12. M ärz 1937 dar. auf <strong>de</strong>r Röchling <strong>und</strong> T gahrt coram publico die<br />
Klingen kreuzten. Der Wortwechsel en<strong>de</strong>te damit. daß <strong>de</strong>r Völklinger Industrielle seinem<br />
Kontrahenten zu verstehen gab, daß er gut auf ihn verzichten könne 37 ).<br />
atürlich war Röchling gar nicht in <strong>de</strong>r L age, seine Visionen ohne frem<strong>de</strong> Hilfe zu verwirklichen:<br />
eben Geld brauchte er vor allem eine gesicherte Erzbasis <strong>für</strong> das Hüttenwerk. Da<br />
man in Berlin seiner For<strong>de</strong>rung bislang nicht nachgekommen war, die besten Fel<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r G HH<br />
zu enteignen <strong>und</strong> ihm zu übertragen. mußte er eben auf an<strong>de</strong>re Weise versuchen, sich die en<br />
B es itz zu verschaffen. Zwischen März <strong>und</strong> Mai 1937 führte er mehrere Gespräche mit Paul<br />
Reusch. <strong>de</strong>m Generaldirektor <strong>de</strong>r GHH, <strong>und</strong> bedrängte diesen, ihm endlich eiJlen Teil <strong>de</strong>r<br />
untemehmen eigenen Fel<strong>de</strong>r bei Gutmadingen zu verkaufen. Reu ch lehnte die Bitte jedoch<br />
ebenso ab wie <strong>de</strong>n Vorschlag Röchlings, "gemeinsam mit ihm auf <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>lage <strong>de</strong> Erzbesitzes<br />
<strong>de</strong>r GHH ein Hochofenwerk zu eITichten"38,. Der Vorstandsvorsitzen<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Oberhausener<br />
Konzern s sicherte se inem Ge. präehspartner lediglich zu . er wer<strong>de</strong> ihn zum Selbstkostenpreis<br />
mit Gutmad inger Eisenerz beliefern .<br />
Röchling hatte das Ge präch mit Reusch sicher auch in <strong>de</strong>r Absicht gefühl1, bei <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Scheitem<br />
noch einmal mit allem I achdruck darauf verweisen zu können. daß ohne die Enteignung <strong>de</strong>r<br />
GHH keinerlei Aussicht auf einen Hüttenbau in <strong>de</strong>r Baa l' bestand. Das wur<strong>de</strong> zwar auch im<br />
Amt <strong>für</strong> <strong>de</strong>utsche Roh- <strong>und</strong> Werkstoffe so gesehen, doch blieben die elwarteten Konsequenzen<br />
einfach aus. Für Röchling muß dies völlig unver tändlich gewesen se in, hatte er doch Pleiger<br />
schon im März 1937 zeigen können, daß das von ihm favorisierte saure Schmelzen kein<br />
Hirngespinst. son<strong>de</strong>rn die real ex istieren<strong>de</strong> Gr<strong>und</strong>lage eine funktion fähigen englischen<br />
Hüttenwerks war. Röchling faßte <strong><strong>de</strong>s</strong>halb noch einmal nach: Am 2 1. Mai 1937 'andte er<strong>de</strong>m<br />
Pressereferenten <strong><strong>de</strong>s</strong> Amts <strong>für</strong> <strong>de</strong>utsche Roh- <strong>und</strong> Werkstoffe einen Artikel über seine Pläne<br />
zu , <strong>de</strong>n dieserjedoch nicht veröffentlichte, son<strong>de</strong>rn als "oberflächlich <strong>und</strong> flüchtig" 3 ~ ) abtat.<br />
Das Manuskript wan<strong>de</strong>rte in die Ablage.<br />
Am 16. Juni 1937 aber schien die Saat <strong><strong>de</strong>s</strong> Unermüdlichen endlich aufzugehen. Göring ließ<br />
auf einer Routine-S itzung mit <strong>de</strong>n Vertretern <strong>de</strong>r Montanindustrie erstmals einen Hinweis<br />
darauf fallen. daß er mehrere Eisen- <strong>und</strong> Stahlwerke auf <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen Erzbasen zu errichten<br />
gedachte. FürGHrI-Vorstandsmitglied K ellellnann waren diese An<strong>de</strong>utungen <strong>de</strong>r letzte Beweis<br />
da<strong>für</strong>, daß "Göring daran <strong>de</strong>nkt, <strong>de</strong>n Röchling'schen Pl an bei Donaueschingen zu verwirklichen"-IOJ.<br />
Den Letztgenannten trafen die Ankündigungen allerdings ebenso unvorbereitet wie<br />
seine Kollegen von <strong>de</strong>r Ruhr. Er entwruf <strong><strong>de</strong>s</strong>halb in aller Eile einen BrieFI) an <strong>de</strong>n preußischen<br />
Ministerpräsi<strong>de</strong>nten, in <strong>de</strong>m er - anknüpfend an sein Schreiben vom 27. März - nochmals alle<br />
Bedingungen aufzählte, unter <strong>de</strong>nen er zur EIl'ichtung eines Hüttenwerks in <strong>de</strong>r Baar bereit war.<br />
Röchling unterließ es allerdings, <strong>de</strong>n Brief abzusen<strong>de</strong>n. Genutzt hätte es ohnehin nicht viel.<br />
In Pleigers Kopf waren längst an<strong>de</strong>re Pl äne entstan<strong>de</strong>n. Das Gutachten eines Erzsachverständigen<br />
hatte ihm bereits im Januar 1937 zu <strong>de</strong>r unerwal1eten Erkenntnis verholfen, daß er<br />
die wertvollsten Lagerstätten <strong><strong>de</strong>s</strong> lnlands bislang unterschätzt hatte. Es han<strong>de</strong>lte sich dabei<br />
um die kieselsäurehaitigen Erze von Salzgitter, <strong>de</strong>ren Verhüttung ähn liche Schwierigkeiten<br />
bereitete wie das Doggererz. aturgemäß verspürten die Eigentümer <strong>de</strong>r Salzgitterfel<strong>de</strong>r,<br />
allen voran die Vereinigten Stahlwerke, wenig eigung zu einem geregelten Abbau ihrer<br />
problematischen Bo<strong>de</strong>n chätze. Als Pleiger nun die Hochöfen von Corby <strong>und</strong> das dort<br />
praktizierte saure Schmelzen vor Augen hatte, erkannte er sofort, daß mit diesem Verfahren<br />
auch die Verhüttung <strong>de</strong>r Salzgittererze zu rea lisieren war.
58<br />
Abb. 4: Im Frühjahr 1937 ließ Röchling mehrere Pläne <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Bau eines Eisen- <strong>und</strong> Stahlwerks in <strong>de</strong>r<br />
Baar anfertigen. Planvari ante I sah einen Standort südwestlich von Aulfingen vor. Die Pl äne sind<br />
archiviert im Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>archiv Berlin. R 3 112 r. 182.<br />
Abb. 5: Völlig zugebaut wor<strong>de</strong>n wäre das enge Aitrachtal nördlich von Riedöschingen, wenn Röch ling<br />
die von seinen Ingenieuren 1937 entworfene Planvariante 11 zum Bau eines Eisen- <strong>und</strong> Stah lwerks in<br />
<strong>de</strong>r Baal' verwirkl icht hätte.
59<br />
Abb.6: ördlich von Riedösehingen bestimmte Röchling <strong>de</strong>n Standort <strong>für</strong> Planvariante ill. Alle Varianten<br />
umfaßten vier Hochöfen. Im November 1937 legte Röchling seinem Aufsicht rat Berechnungen <strong>für</strong> ein<br />
Projekt vor, das zunächst umfaßte: eine Röstanlage mit 5.200 t, zwei Hochöfen 11 500 t Rohe isen, ein<br />
Stahl werk mit 1.000 t,ein Walzwerk mit 800 t, sowie Kraft werk <strong>und</strong> Kokerei. Investitionskosten: 55, 1<br />
Mio.RM. Die Kapazität <strong>de</strong> r gesamten Anlagen sollte dann im Laufe <strong>de</strong>r Zeit verd oppelt we r<strong>de</strong>n.<br />
~SChah/<br />
J<br />
.I<br />
Abb. 11: Die überbaute Fl äche <strong><strong>de</strong>s</strong> kle inen Orts Blumberg wuchs durch da in mehreren Stufe n<br />
realisierte Siedlungsbauprogramm um ein Mehrfac hes. Der Pl an von 1940 zeigt unter an<strong>de</strong>rem, auf<br />
welchen Umfang <strong>de</strong>r Tagebaubetrieb ausge<strong>de</strong>hnt wer<strong>de</strong>n sollte.
60<br />
Pleigel' nahm noch im April 1937 vertraulichen Kon takt zum amelikan ischen Hüttenbauer<br />
HeIlllann A. Brassert auf <strong>und</strong> befragte ihn. ob er <strong>de</strong>rartige Werke auch in Deutschland bauen<br />
könne. Gleichzeitig überzeugte <strong>de</strong>r Hauptreferatsleiter <strong>de</strong>n preußischen Ministerpräsi<strong>de</strong>nten<br />
von <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>e. staatseigene Hüttenwerke auf <strong>de</strong>n ergiebigsten Erzfel<strong>de</strong>Ill <strong><strong>de</strong>s</strong> Inlands zu errichten.<br />
Am 15. Juli 1937 elfolgle die zunächst geheim gehaltene Gründung <strong>de</strong>r Reichswerke Hemlann<br />
GÖring. <strong>de</strong>ren alleiniger Vorstand Pau l Pl eiger wur<strong>de</strong>. ur zwe i Tage später chloß dieser<br />
einen Vertrag mit Brassert über <strong>de</strong>n Bau von drei Hüttenwerken. Das größte davon war mit<br />
einer Produktionskapazitä! von vier Mio.t Roheisen auf <strong>de</strong>n Erzvorkommen von Sal zgitter<br />
geplant. Zwei kleinere "Hüttenwerke in Bayern <strong>und</strong> Ba<strong>de</strong>n sollen eine Anfangsleistung von<br />
j e 250.000 t jährlich in Roheise n haben <strong>und</strong> eine Erweiterungsmöglichkeit bis zu I Mio.t<br />
j ä hrli c h " ~~ ) . Das süd<strong>de</strong>utsche D oggererz hatte se ine Schlüsse lrolle in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>ut ehen Autarkiepolitik<br />
damit w ie<strong>de</strong>r eingebüßt.<br />
Am 23. Juli 1937 infonnierte Göring dann auch die private Hütlenindustrie darüber, was auf<br />
sie zukam. Diese vernahm nun mit gelin<strong>de</strong>m Entsetzen , daß sie nicht nur ihre wichtigsten<br />
Erzfel<strong>de</strong>r an das staatliche Konkurrenzunternehmen abzutreten hatte, son<strong>de</strong>rn auch noch finanzielle<br />
Beiträge zu <strong><strong>de</strong>s</strong> en Aufbau leisten sollte. Es half nichts: Binnen weniger Wochen<br />
gingen die Sal zg inererze von ihrem bi 'herigen Haupteigenti.imer, <strong>de</strong>n Vereinigten Stahlwerken.<br />
auf die HeIlllann Göring Werke über. Selbst die GHH verlor dort ihre Fel<strong>de</strong>r. Bitter schmeckte<br />
auch eine an<strong>de</strong>re Maßnahme, mit <strong>de</strong>r Pleiger <strong>de</strong>n Bau seiner Werke zu beschleunigen geclachle:<br />
m bei <strong>de</strong>m zunehmen<strong>de</strong>n Material - <strong>und</strong> A rbeitskräftemangel nicht von KonkUlTenzvorhaben<br />
beh in<strong>de</strong>rt zu wer<strong>de</strong>n. erließ das Reich am 16. September 1937. 1 » eine Anordnung, nach <strong>de</strong>r<br />
die Errichtung von Hochöfen <strong>und</strong> K okereien. von Stahl- <strong>und</strong> Walzwerken, von Hammer- <strong>und</strong><br />
Preßwerken, sowie von Gießereien bis zu m 3 1. Dezember 1939 einer Genehmigungspflicht<br />
unterlag. Fak tisch kam das einem Investitionsverbot <strong>für</strong> die private Montanindustrie gleich.<br />
Pleiger besaß eine klare Vorstellung darüber, w ie er <strong>de</strong>n Bau <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n kleineren Hütten in<br />
Süd<strong>de</strong>u tschland angehen sollte. Im Hinbl ick auf das in Franken geplante Werk war er bereits<br />
am 19. Mai 1937 mit <strong>de</strong>r Bayerischen Berg-, Hütten- <strong>und</strong> Salinen AG einig gewor<strong>de</strong>n. Danach<br />
verpflichtete sich das in bayeri scher Staatshand befindliche U nteIllehmen, "<strong>de</strong>n Ausbau <strong>de</strong>r<br />
fränkischen Doggererzvorkommen in einer gemeinschaftlichen Fonn mit <strong>de</strong>m Reich vorzunehmen"<br />
4~ 1 . Im Ergebn is be<strong>de</strong>utete dies. daß die Berg-, Hütlen- <strong>und</strong> Salinen AG ihren<br />
Fel<strong><strong>de</strong>s</strong>besitz zur Verfügung stellte, damit in Franken eine Hütte <strong>de</strong>r Hermann Göring Werke<br />
entstand. Eine ähnliche Opferrolle hatte Pleiger <strong>de</strong>r G H H zugedacht, <strong>de</strong>ren Fel<strong>de</strong>r er in Beschlag<br />
nehmen <strong>und</strong> zur Erzgr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die eigenen Hochöfen machen wollte. Der frischgebackene<br />
Hüttenwerksvorstand bedrängte einen GI-f1-I-K ollegen K ellelmann <strong><strong>de</strong>s</strong>halb am<br />
24. August 1937, <strong>de</strong>n Gutmadinger Besi tz <strong><strong>de</strong>s</strong> ntemehmens in eine Min<strong>de</strong>rheitsbeteiligung<br />
an <strong>de</strong>n Hermann Göring Werken einzubringen <strong>und</strong> mit die 'en zusammen eine Eisenhütte<br />
sa mt Stahlwerk in <strong>de</strong>r Baal' zu bauen. Pl eiger drohte un verhohlen damit, er wer<strong>de</strong> die von<br />
ihm begehl1en Fel<strong>de</strong>r enteignen lassen, wenn die GHH nicht freiwillig auf sie verzichte. KeIlermann<br />
<strong>und</strong> Reusch warfen Pleigel' daraufhin chriftlich vor, es se i "bitter, ungerecht <strong>und</strong> tiefverletzend<br />
"4',. ausgerechnet <strong>de</strong>mjenigen Werk sc hwere Opfer abzuverlangen, das seit 1922<br />
"als erstes planmäßig ohne Rücksicht auf die bestehen<strong>de</strong>n Ko. ten die ut zbannachung <strong>de</strong>r<br />
süd badischen Doggererze betrieben habe, während man an<strong>de</strong>ren Unternehmungen, die ihre<br />
Erzgr<strong>und</strong>lage unsererjahrelangen intensiven A rbeit verdanken, nicht antastet". Damit waren<br />
die Saarhütten gemeint. <strong>de</strong>ren Fel<strong>de</strong>r tatsäch lich von allen Zwangsmaßnahmen ver chont bleiben<br />
sollten. Räch I i ngs Kooperat ions freu<strong>de</strong> dürfte <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong> <strong>für</strong> die e noble Geste gewesen sein.<br />
Trotz<strong>de</strong>m wa r auch <strong>de</strong>r V ölklinger K ommerzienrat darüber sehr enttäuscht, daß se in<br />
Engagement keine größeren Früchte getragen hatte. Am23. A ugust 1937 beschwelte er sich
6 1<br />
bei L illig, daß man "im 3. Reich , .. <strong>und</strong>ankbar"461 sei, weil er nicht. w ie von Pl eiger offenbar<br />
versprochen, die badischen Fel<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r GHH erhielt. Die 'e brauchte <strong>de</strong>r Vorstand <strong><strong>de</strong>s</strong> neu<br />
gegrün<strong>de</strong>ten Staat konzerns j a nun selbst <strong>für</strong> seine eigenen Hüttenpläne in <strong>de</strong>r Baar. Röchling<br />
gab seine Ziele j edoch nicht auf, hatte er <strong>de</strong>m A ufs ichtsrat <strong>de</strong>r V ölklinger Hütte doch schon<br />
am 9. Juli 1937 verkün<strong>de</strong>t, er halte es " <strong>für</strong> erfor<strong>de</strong>rlich, daß w ir auf die Dauer zu einem<br />
Hochofenwerk auf <strong>de</strong>r Erzbasis in Südba<strong>de</strong>n kommen. <strong>de</strong>m sich dann Stahl-<strong>und</strong> Walzwerke<br />
anschließen müssen"47 1 . Wenige Wochen später bedachte er die HelTen mit einem weiteren<br />
Papier, das die Investitionskosten <strong><strong>de</strong>s</strong> Projekt auf 55 , I Mio.RM bezi fferte <strong>und</strong> einen Jahresgewinn<br />
prognosti ziel1e, <strong>de</strong>r zwischen 1,3 Mio. <strong>und</strong> 7,7 Mio.RM lag. Freilich dürfte auch <strong>de</strong>m<br />
Saarindustriellen sehr bewußt gewesen sein. daß eine zügige Rea lisierung <strong><strong>de</strong>s</strong> Vorhabens<br />
kaum möglich war, weil die 'oeben verh ängte Genehmigungspflicht <strong>für</strong> hüttentechni che<br />
Anlagen auch vor ihm nicht Halt machte.<br />
Die GHH wehrte sich hartn äckig gegen <strong>de</strong>n Verlust ihrer süd<strong>de</strong>ut chen Vorkommen <strong>und</strong><br />
hatte Glück, Da Pl eiger die Salzgittererze ohnehin <strong>für</strong> die w ichtigeren hielt <strong>und</strong> er mit <strong>de</strong>m<br />
Hüttenbau in <strong>de</strong>r B aa r erst später beg innen wollte, beließ er <strong>de</strong>r GHH vorerst ihren Gutmadinger<br />
Fel<strong><strong>de</strong>s</strong>bes itz. Offenbar machte das Oberhausener Unternehmen da<strong>für</strong> eine Reihe<br />
von Konzes 'ionen, was <strong>de</strong>n Abbau <strong>und</strong> die Verhüttung <strong>de</strong>r badischen Erze anbetraf. Je<strong>de</strong>nfalls<br />
erklärte Paul Rheinlän<strong>de</strong>r im M ai 1938, "daß sich Herr Reusch mit Herrn Pleiger geeinigt<br />
hätte über ein weiteres Arbeits- <strong>und</strong> Versuchsprogramm bezüglich Gutmadingen, daß er aber<br />
noch nicht freigelas en sei. Es sei so, daß <strong>de</strong>r PfandungsbeschJuß gewissermaßen in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Gericht vollziehers sei, <strong>de</strong>r ihn aber nicht zustelle"48), Mit an<strong>de</strong>ren Worten: Das D amoklesschwert<br />
<strong>de</strong>r Fel<strong><strong>de</strong>s</strong>enreignung schwebte immer noch über Reusch <strong>und</strong> K ellermann.<br />
Konnte die GHH ihren Be itz in Gutmadingen zunächst auch retten. wirtschaftliche Vorteile<br />
brachte er ihr keine ein. Da sich die A ufberei tung <strong><strong>de</strong>s</strong> Doggererzes als unwirtschaftlich erwiesen<br />
hatte, legte das IHernehmen <strong>de</strong>n Schwerpunkt seiner Forschung au f hüttentechni che Versuche.<br />
Im Sommer 1937 begann man in Oberh ausen damit, monatlich 30.000 t Doggererz<br />
gleichmäßig auf die drei vorhan<strong>de</strong>nen Thomashochöfen zu verteilen <strong>und</strong> im basisch geführten<br />
Schmelzprozeß mitzuverhütten. Ein Drittel <strong>de</strong>r sauren Erze stammte aus Gutmadingen. Da<br />
Ergebnis war nie<strong>de</strong>r chmetternd: Ein Doggererzanreil von 11 ,5 % am M öller erhöhte <strong>de</strong>n<br />
K oksverbrauch um fas t 10 % <strong>und</strong> red uzierte gleichze itig die Hochofenlei tung um nahezu<br />
ein Fünftel. B a isch geführte Schmelzversuche mit reinem Doggererz erbrachten gar das<br />
Ergebnis. daß man <strong>de</strong>n doppelten Hochofenraum benötigte, um ein Roheisen zu gewinnen.<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong>sen K osten m it 90,63 RM pro Tonne um 70 % über <strong>de</strong>n Gestehungskosten <strong>für</strong> Roheisen<br />
aus [mporterzen lagen. Ln Oberhausen resümierte man bedriid .'t . es bedürfe "keiner Erörtemng,<br />
daß eine <strong>de</strong>rartige K ostensteigerung nicht tragbar ist <strong>und</strong> es müssen Wege gef<strong>und</strong>en wer<strong>de</strong>n,<br />
die Roheisenerzeugung aus [nlandserzen weitestgehend zu verbilligen" 49 1.<br />
Die GHH bestückte <strong><strong>de</strong>s</strong>halb am 25. September 1937 in Oberh ausen erstmals einen <strong>de</strong>r drei<br />
Hochöfen zu 100 % mit geröstetem Doggererz <strong>und</strong> schmolz es nach <strong>de</strong>m sauren Verfahren<br />
nie<strong>de</strong>r. Das Ergebnis be tand in einer <strong>de</strong>utlichen "H erabmin<strong>de</strong>rung <strong><strong>de</strong>s</strong> phantastisch hohen<br />
Kohlenverbrauchs"501. Die Selbstkosten j e Tonne D ogger-Roheisen fielen daraufhin von über<br />
90 RM auf etwa 75 RM, Freilich waren das immer noch 40 % mehr als beim Einsatz von<br />
[mporterzen. D er Druck <strong><strong>de</strong>s</strong> Berliner Roh toffamts ließ <strong>de</strong>r GHH j edoch keine Wahl: Das<br />
nternehmen begann sich darauf einzurichten, bald zum sauren Schmelzen von geröstetem<br />
Doggererz überzugehen. [m Januar 1938 ging <strong>de</strong> halb eine Gruppe von GHH-Ingenieuren<br />
auf Rei en <strong>und</strong> sah ich mehrere Röstanlagen an die von verschie<strong>de</strong>nen Hüttenwerksgesellschaften<br />
in Deutschland, Östen'eich <strong>und</strong> in <strong>de</strong>r Tschechoslowakei erbaut wor<strong>de</strong>n waren. Auch<br />
Röchlings Blumberger Öfen zählten zu <strong>de</strong>n Objekten, <strong>de</strong>ren Bes ichtigung wel1volle Erkennt-
62<br />
nisse lieferte. Am 26. M ärz 1938 konnte dann <strong>de</strong>r Betriebsleiter <strong><strong>de</strong>s</strong> Oberhau sener Eisenwerks,<br />
Dr. A. Wilhelmi, <strong>de</strong>m GHH-Vorstand das Ergebnis seiner Forschungsreisen prä entieren.<br />
Es bestand in <strong>de</strong>m Vorschlag, auch in Gutmadingen einen Röstofen zu errichten. Die mit<br />
Streufeuer beheizte Anlage sollte einen Tagesdurchsatz von 350 t Roherz haben <strong>und</strong> 500.000<br />
RM kosten. Paul Reu ch genehmigte das Projekt in <strong>de</strong>r Erwartung daß es bis zum Herbst <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Jahres 1938 realisiert wer<strong>de</strong> 511 .<br />
Was <strong>de</strong>n Bau <strong>de</strong>r Röstanlage dann am En<strong>de</strong> doch verhin<strong>de</strong>lle, kann hier nur vermutet wer<strong>de</strong>n.<br />
Wahrscheinlich war es <strong>de</strong>r Umstand , daß die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r süd<strong>de</strong>utschen Doggererze im<br />
M ärz 1938 noch einmal kräfti g abnahm. als ÖsteiTeich <strong>und</strong> <strong>de</strong>r steirische Erzberg in <strong>de</strong>utsche<br />
Hand gelangten. Pleiger sicherte sich auch diese ergiebigen L agerstätten <strong>und</strong> beauftragte<br />
Bras eil mit <strong>de</strong>m Bau eines weiteren Hüttenwerks im nahegelegenen Linz. Als Konsequenz<br />
gab er das bislang betriebene Hüttenprojekt in Franken völlig auf <strong>und</strong> stellte seine Pl äne <strong>für</strong><br />
die Baar erst einmal zurück. Die G HH konnte es sich unter die en mstän<strong>de</strong>n eher lei ten,<br />
ihr Engagement im badischen Erzbergbau zurückzunehmen. A llerdings ließen ihr die äußeren<br />
Umstän<strong>de</strong> nur allzu oft gar keine an<strong>de</strong>re Wahl. Am 28. Oktober 1938 noti erte H ermann<br />
Reusch, die GHH habe bei ihren "Doggererzgruben einen unge<strong>de</strong>ckten Sofortbedarf von 200<br />
Bergarbeirem ... Die Befriedigung scheitert daran, daß die M ehrzahl <strong>de</strong>r zur Velfügung stehen<strong>de</strong>n<br />
Arbeiter <strong>de</strong>m Pleigerschen Erzbergbau"521 bei Salzgitter zugeführt werd e. icht zuletzt<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong>halb 'ank die Z ahl <strong>de</strong>r Beschäftigten in Gutmadingen von \88 im Jahre 1937 auf 146 in<br />
<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Folgej ahren ab. A uch die För<strong>de</strong>rmengen stagnierten bis 194 1 bei etwa 120.000 t<br />
pro Jahr.<br />
Am 8. August 1937 unternahm ein dritter Interessent <strong>de</strong>n Versuch, in <strong>de</strong>r Baar Fuß zu fassen.<br />
A uf <strong>de</strong>r Suche nach Ersatz <strong>für</strong> ihre verlorenen Salzgitterfel<strong>de</strong>r folgten die Vereinigten<br />
Stahl werke einer Empfehlung von Ministeri alrat L andschütz. <strong>de</strong>m achfolger aumanns im<br />
badischen Finanz- <strong>und</strong> Wiltschaftsministerium (künftig abgek. Finanzministerium). Da Unteillehmen<br />
b k<strong>und</strong>ete <strong>de</strong>m Fürsten zu Fürstenberg schriftlich sein [ntere se an <strong>de</strong>r Pachtung<br />
von Eisenerzgruben<strong>und</strong> erhielt kurz darauf vier FI 'ichen angeboten, die noch keinen an<strong>de</strong>ren<br />
A bnehmer gef<strong>und</strong>en hatte. Da rasch Zweifel auftauchten, ob die Vorräte auf <strong>de</strong>n A rea len<br />
Goldbach. Für tenberg, Huchenegg <strong>und</strong> M ettenberg <strong>für</strong>einen w irtschaftlichen Abbau ausreichten,<br />
baten die Verei nigten Stahl werke im September 1937 auch um die Überlassung <strong>de</strong>r<br />
Fel<strong>de</strong>r Fürstin Irma <strong>und</strong> Berchen. Diese hätte <strong>de</strong>r Fürst sehr gern verpachtet. wenn er nur<br />
gekonnt hätte. Zu einem Leidwesen hatten auch die Saarhülten ein A uge darauf gewOlfen.<br />
Das Verh ältnis zwischen jenen <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Fürstlichen Haus war damals stark unterkühlt.<br />
nbekümmert darum , daß die im M ai 1934 getroffene Vereinbarung nur <strong>de</strong>n Probeabbau<br />
von 50 t Eisenerz gestattet hatte, för<strong>de</strong>rten die Saarhütten bis Mitte 1937 mehr als 100.000 t<br />
M ateri al zutage. Dabei zeigten sie wenig Neigung, einen akzeptablen Pachtvertrag mit j ener<br />
BGB-Gesellschaft abzuschließen. die badi scher Staat <strong>und</strong> Fürstliches H aus am 7. September<br />
1934 gegrün<strong>de</strong>t hatten, um ihre Bergbaurechte in <strong>de</strong>r Baar gemeinsam zu velmarkten. A llerdings<br />
waren auch vom Karlsruher Finanzministerium, das die Geschäfte <strong>de</strong>r BGB-Ge ellschaft<br />
führte. lange Zeit keinerlei konkrete Schritte eingeleitet wor<strong>de</strong>n, um die Saarhütten zu Verhandlungen<br />
zu drängen. Der Gr<strong>und</strong> bestand darin, daß man im Begri f stand, auch mit <strong>de</strong>r<br />
GHH einen neuen Pacht- <strong>und</strong> Konzess ionsvenrag abzuschließen, <strong>de</strong>r die komplizielten Regelungen<br />
aus früherer Zeit ablösen sollte. Dessen Bestimmungen wollten die Ministerialbeanlten<br />
gern als Muster <strong>für</strong> die noch ausstehen<strong>de</strong> " bereinkunft mit <strong>de</strong>n Saarhütten heranziehen, um<br />
bessere rgumente <strong>für</strong> die Vereinbarung konkreter Pacht- <strong>und</strong> Konzessionsabgaben zu besitzen.<br />
Z u einem <strong>de</strong>rart vorsichtigen <strong>und</strong> taktisch k lugen Verhalten be tand aller Anlaß, hatte doch<br />
schon Eri ch Naumann festgestellt, daß "j e<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r Röchling kennt, weiß. daß dieser am liebsten
63<br />
gar nicht zahlen möchte"53). Der Völklinger Industrielle <strong>und</strong> seine Mitstre iter hatten Glück.<br />
Da die Verhandlungen mit <strong>de</strong>r GHH nur sehr langsam vorankamen, blieben auch die Saarhütten<br />
von unliebsamen For<strong>de</strong>rungen vorerst verschont.<br />
Am 17. Juni 1936 ergriffen sie dann aber selbst die Initiative. Würtz <strong>und</strong> Gärtner, die bei<strong>de</strong>n<br />
Geschäf1sführer <strong>de</strong>r DBG, kündigten <strong>de</strong>m badischen Finanzministerium die baldige Aufnahme<br />
einer regelmäßigen Eisenerzför<strong>de</strong>rung in Blumberg an <strong>und</strong> fragten dann 0 ganz nebenbei ,<br />
wie weit <strong>de</strong>nn die notwendige "Klärung <strong>de</strong>r Gerechtsamsverhältnisse"54) inzwischen gediehen<br />
sei. Ministerialrat Landschütz for<strong>de</strong>l1e das Untemehmen in seiner Antwol1 auf, zunächst einmal<br />
sämtliche Fl ächen zu benennen, an <strong>de</strong>nen e rnsthaftes Int.eres e be tün<strong>de</strong>. Dies geschah am<br />
29. Juli , als WÜI1Z <strong>und</strong> Gällner um die Bereitstellung von 12 Arealen 55 ) <strong><strong>de</strong>s</strong> Hauses Fürstenberg<br />
baten, die einen Flächeninhalt von 2. 180 ha umfaßten. Darüber hinaus wünschte man staatliche<br />
Bergbaukonzessionen <strong>für</strong> weitere Gebi ete, die vorwiegend im Raum Ran<strong>de</strong>n-Kommingen<br />
lagen <strong>und</strong> eine Größe von insgesamt 3.034 ha aufwiesen.<br />
Das Finanzministerium hatte all erdings selbst ein Problem: We il die am 7. September 1934<br />
gegrün<strong>de</strong>te BGB-Gesell schaft auf eine Le bensdauer von zwei Jahren angelegt war, liefen<br />
seine Verhandlungsvollmachten <strong>für</strong> die Fürstl ichen Fel<strong>de</strong>r bald aus. Der badische Ministerialrat<br />
Mühe konnte das Haus Fürstenberg zwar dazu bewegen, e iner Vertragsverl ängerun g um<br />
weitere 12 Monate zuzustimmen, in Donaueschingen ließ man all erdings keinerlei Zweifel<br />
darüber aufkommen, daß e ine zweite Bitte dieser Art ni cht mehr erfüllt wer<strong>de</strong>. Den Herbst<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Jahres 1936 verbrachten die bei <strong>de</strong>n Partner dann mit <strong>de</strong>r Abstimmung ihres Angebots,<br />
das ie <strong>de</strong>n Saarhütten am 14. Dezember 1936 über ·andten 56l • Der Pachtvertragsentwurf über<br />
die Für tlichen Ei senerzfel<strong>de</strong>r sah vor, daß die DBG eine feste jährliche Fl ächenabgabe in<br />
Höhe von 4.000 RM zahlte. Darüber hinaus sollte sie eine vari able För<strong>de</strong>rprämie leisten, die<br />
einen Pfennig pro abgebauter Tonne Eisenerz betrug <strong>und</strong> eine Min<strong><strong>de</strong>s</strong>tsumme von 2.000 RM<br />
pro Jahr ni cht unterschreiten durfte. Der staatliche Konzessionsvertragsentwurf legte die an<br />
<strong>de</strong>n Fi kus zu zahlen<strong>de</strong> För<strong>de</strong>rprämi e auf gleicher Höhe fest, begnügte sich aber mit einer Fläehen<br />
abgabe von 1.000 RM . Bei<strong>de</strong> Angebote ahen eine Vertrag laufzeit von 30 Jahren vor.<br />
Obwohl di e e For<strong>de</strong>rungen sehr mo<strong>de</strong>rat waren, lö ten sie doch ke ine rlei Freu<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>n<br />
Saal'hütten aus. Am 4. Januar 1937 schri eb <strong>de</strong>r eunkircher Generaldirektor Tgahn nach<br />
Blumberg: "Da nach menschli chem Erme sen <strong>de</strong>r Betrieb <strong>de</strong>r DBG immer ein Verlustgeschäft<br />
sein wird, so ist ni cht einzusehen, daß eine För<strong>de</strong>rabgabe, wenn auch nur in Höhe von einem<br />
Pfennig pro Tonne, erhoben wer<strong>de</strong>n oll . Wir sind <strong><strong>de</strong>s</strong>halb <strong>de</strong>r Meinung, daß man versuchen<br />
müßte, beim badischen Staat ohne je<strong>de</strong> Abgabe durchzukommen, <strong>und</strong> daß die Fürstlich Fürtenbergischen<br />
Rechte durch eine einmalige Zahlung von 10-1 5.000 RM abzulösen sein<br />
sollten"57). Tgahrt tand mit se iner Meinung nicht allein da. Am 14. Januar 1937 verständigten<br />
sich die Gesell schafter <strong>de</strong>r DBG darauf, das Angebot <strong>de</strong>r Gegenseite auszuschlagen. In ihrer<br />
Antwort an das Finanzministerium verwiesen sie darauf, daß <strong>de</strong>r verlustbringen<strong>de</strong> Doggererzbergbau<br />
von <strong>de</strong>n Saal'hütten nur aus volkswirtschaftlicher Verantwonung betrieben wer<strong>de</strong>.<br />
Da die Areale in <strong>de</strong>r Baar "prakti sch welllos"58) seien könne man auch keine Abgaben <strong>für</strong> sie<br />
entrichten. Der staatliche Fel<strong><strong>de</strong>s</strong>besitz müsse <strong><strong>de</strong>s</strong>halb kostenlos an die DBG abgegeben <strong>und</strong><br />
die Konzessionsdauer von 30 auf99 Jahre <strong>de</strong>utli ch angehoben wer<strong>de</strong>n. Im übrigen habe man<br />
keinerlei Interesse an einem Pachtvertrag mit <strong>de</strong>m Fürsten, son<strong>de</strong>rn verl ange die eigentumsrechtliche<br />
.. bernagung seiner Fel<strong>de</strong>r auf die Saarhütten, <strong>de</strong>ren Gegenleistung aber nur<br />
im Er atz von nachgewiesenen Kosten bestehen könne.<br />
In Donaueschingen wertete man di ese Antwort als heftigen Affront <strong>und</strong> kommentierte sie<br />
entsprechend. Am 25. Februar 1937 schrieb Asse sor Maurer einen langen Brief an das Finanzministerium<br />
<strong>und</strong> stellte darin fest, daß sich die Stellungnahme <strong>de</strong>r DBG "gegen <strong>de</strong>n badischen
64<br />
Staat <strong>und</strong> die Fürstliche Kammer in ihrer Eigenschaft als Gerechtsame- Bes itze r" richte. D ie<br />
von <strong>de</strong>n Saa rhütlen erh obenen Prote te gegen eine Pac ht for<strong>de</strong>rungen w ischte M aurer als<br />
unbegrün<strong>de</strong>t beise ite <strong>und</strong> rief <strong>de</strong>n badischen Staat dazu auf, "daß er ich gegen <strong>de</strong>n Vorwurf<br />
<strong>de</strong>r kapitalistischen Eigensucht <strong>für</strong> seinen M andanten energisch zur Wehr etzt. Solange <strong>de</strong>r<br />
Gr<strong>und</strong>. atz von <strong>de</strong>r Unantastbarkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Privateigentums gilt, w ird es auch <strong>de</strong>r Fürstlichen<br />
Verwa ltung ge tattet sein müssen, ihre Bergwerksfel<strong>de</strong>r in angemessenem Rahmen au wel1en<br />
zu dürfen"59'.<br />
Die Verärgerung <strong>de</strong>r Fürstlichen Kammer war zweifellos groß. Sie erklärte sich aber trotz<strong>de</strong>m<br />
zu mündlichen Verhandlungen mit <strong>de</strong>r DBG bereit, die dann am23. M ärz 1937 im Karl sruher<br />
Finanzministerium stattfan<strong>de</strong>n. Wesentliche Fortschritte wur<strong>de</strong>n dabei j edoch nicht erzielt.<br />
Obwohl <strong>de</strong>r badi che Staat in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Wochen eine Reihe von Zugeständnissen machen<br />
<strong>und</strong> auf die Erhebung einer Fl ächenabgabe völlig verzichten wollte, blieben auch die bilateraJen<br />
Ge präche zwischen DBG <strong>und</strong> Finanzministerium vom 3. M ai 1937 ohne j eg lichen Erfolg.<br />
Dabei ging es im Kern um einen lächerlichen Betrag. Landschütz rec hnete seinem Verhandlung<br />
partner Röchling damal vor, daß die Saarhüllen ganze 36.000 RM an Jahresa bgaben<br />
zu tragen hatten, wenn sie ihre Ei. enerzför<strong>de</strong>rung bis 1940 auf 3,6 Mio.t erhöhen wür<strong>de</strong>n.<br />
Trotz<strong>de</strong>m blieben die Werke unnachgiebig. Angesichts <strong>de</strong>r enormen Dringlichkeit, die man<br />
in Berlin <strong>de</strong>m Abbau heimischer Eisenerze beimaß, spekuliel1en sie wohl aufhöheren Beistand.<br />
Je<strong>de</strong>nfalls notierte sich Röchling am 5. Mai 1937: "Wir wer<strong>de</strong>n uns al 0 auf die Dauer <strong>de</strong>r<br />
Hilfe <strong><strong>de</strong>s</strong> Herrn Pleiger bed ienen müssen, wenn w ir zurechtkommen wollen"(0). Diese Hoffnung<br />
erwies sich als Trug chluß. Der Hauptreferatsleiter im Berliner Rohstofamt schmie<strong>de</strong>te<br />
längst eigene Hüttenbaupläne <strong>und</strong> maß <strong>de</strong>n Problemen Röchlings keine zentrale Be<strong>de</strong>utung<br />
mehr bei.<br />
So stan<strong>de</strong>n die Dinge immer noch, als sich die Vereinigten Stahlwerke im September 1937<br />
beim Fürstlichen Hause mel<strong>de</strong>ten <strong>und</strong> um die Pachtung von Fel<strong>de</strong>rn ersuchten, an <strong>de</strong>nen die<br />
DBG bereits zu einem früheren Zeitpunkt Interesse bek<strong>und</strong>et hatte. Trotz dieser Tatsache<br />
war<strong>de</strong>r Wunsch <strong><strong>de</strong>s</strong> Ruhrkonzerns durchaus nicht unelfüllbar: Es ex istierte näm lich keinerlei<br />
Vertrag mit <strong>de</strong>n Saarwerken. <strong>de</strong>r es <strong>de</strong>m Fürsten verwehrt hätte, die umstrittenen Areale an<strong>de</strong>rweitig<br />
zu vergeben. Günstig schien auch <strong>de</strong>r Umstand, daß man in Donaueschingen gera<strong>de</strong><br />
jetzt über die eigenen Flächen wie<strong>de</strong>r voll velt-ügen konnte, wei I jener Vertrag von 1934 endlich<br />
ausgelaufen war. <strong>de</strong>r das Finanzministerium zum alleinigen Verhandlungsführer bestimmt<br />
hatte. Trotz dieser klaren Rechtslage fragte die Fürstliche K ammer vorsicht halber am 0 I.<br />
Oktober 1937 bei <strong>de</strong>r DBG an, ob sie Einwän<strong>de</strong> gegen eine Verpachtung <strong>de</strong>r Areale Berchen<br />
<strong>und</strong> Fürstin Inna an die Vereinigten Stahlwerke erhebe. Offenbar war M aurer sehr optimisti sch<br />
gestimmt, <strong>de</strong>nn er for<strong>de</strong>rte das Blumberger Unternehmen ein wenig sc ha<strong>de</strong>nfroh auf. "zur<br />
Vermeidung weiterer Gebietsverkürzungen"611 endlich Verhandlungsbereitschaft zu zeigen.<br />
Tatsächlich befan<strong>de</strong>n sich die Saarhütten j etzt in einer schwieri geren Verhandlungsposition<br />
als noch . echs M onate zuvor. Hatten sie bislang darauf vertrauen dürfen. daß L andschütz<br />
sämtliche Gespräche führen <strong>und</strong> <strong>für</strong> mo<strong>de</strong>rate For<strong>de</strong>rungen <strong><strong>de</strong>s</strong> Hauses Fürstenberg sorgen<br />
konnte, so war das künftig nicht mehr möglich. Die Folgen bekamen die Werke bereits in <strong>de</strong>r<br />
ersten Besprechung zu spüren, die sie nach halbjähriger Pause mit Finanzministerium <strong>und</strong><br />
Fürstl icher Verwaltung am 15. Oktober 1937 in Karlsruhe aufnahmen. Maurer kündigte<br />
ihnen dabei eine <strong>de</strong>utlich höhere For<strong>de</strong>rung an als noch im Dezember 1936: Statt einem<br />
sollte die För<strong>de</strong>rabgabe nunmehr fünf Pfen nige pro geför<strong>de</strong>rter Tonne Eisenerz ausmachen.<br />
Der badische Staat blieb zwar bei se iner alten Offerte von einem Pfennig, setzte aber die<br />
DBG auf an<strong>de</strong>re Weise unter Druck. Das Unternehmen war nämlich immer noch nicht in das<br />
Han<strong>de</strong>lsregister eingetragen wor<strong>de</strong>n <strong>und</strong> be<strong>für</strong>chtete <strong><strong>de</strong>s</strong>halb von <strong>de</strong>n Hern1ann Göring Werken
65<br />
vereinnahmt o<strong>de</strong>r doch zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t um seine Fel<strong>de</strong>r gebracht zu wer<strong>de</strong>n. Landschütz erkläl1e<br />
nun, er wer<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Eintrag 0 lange blockieren, bis <strong>de</strong>r Konzessionsveltrag mit <strong>de</strong>m badischen<br />
Fiskus zustan<strong>de</strong>gekommen sei. Den Saarhütten blieb daraufhin nichts an<strong>de</strong>res übrig als nachzugeben<br />
<strong>und</strong> eine För<strong>de</strong>rabgabe von einem Pfenni g endlich zu akzeptieren. So kam <strong>de</strong>nn am<br />
6. Dezember 1937 ein Konzession vertrag 62 ) zustan<strong>de</strong>, in <strong>de</strong>m das Land Ba<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r DBG das<br />
Recht einräumte, auf einer 2.560 ha großen Fl äche im Raum Riedöschingen-Talheim-Kommingen-Ran<strong>de</strong>n<br />
Eisenerz abzubauen. Zehn Tage später erfolgte die Eintragung <strong>de</strong>r DBG in<br />
das Han<strong>de</strong>lsregister <strong><strong>de</strong>s</strong> Amtsgerichts Donaueschingen.<br />
Abb. 7: Insgesamt 12 Fel<strong>de</strong>r<br />
aus Fürstenbergischem Be-sitz<br />
beanspruchten die Saarhütten.<br />
An <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n nördlich gelegenen<br />
Arealen Fürstin Irma<br />
<strong>und</strong> Berchen mel<strong>de</strong>ten auch<br />
die Vereinigten Stahlwerke Interesse<br />
an. Das<strong>de</strong>r Doggererz<br />
Bergbau GmbH am 6.12.37<br />
vom badischen Staat zur Verfügung<br />
gestellte 2.560 ha große<br />
Konzessionsgebiet im Raum<br />
Ri e dösch ingen-Ta l he i m <br />
Kommingen-Ran<strong>de</strong>n lag östlich<br />
<strong>de</strong>r Fürstenbergischen<br />
Bergwerke Zollhaus, Wol fental<br />
<strong>und</strong> Bohl kopf.<br />
Unverän<strong>de</strong>rt schwierig gestalteten sich die Verhandlungen über die Fürstenbergischen Fel<strong>de</strong>r.<br />
Zwar hatten die Saarhütten jegliche Hoffnung auf eine Enteignung <strong><strong>de</strong>s</strong> Fürsten mittlerweile<br />
aufgeben müssen, doch waren sie trotz<strong>de</strong>m nicht bereit, <strong>de</strong>n als horrend empf<strong>und</strong>enen 5 Pfennig<br />
Satz zu akzeptieren. D ie Werke stellten sich vielmehr auf <strong>de</strong>n Standpunkt, <strong>de</strong>r Fürst habe<br />
ihnen im Dezember 1936 ein bin<strong>de</strong>n<strong><strong>de</strong>s</strong> Pachtangebot unterbreitet, <strong><strong>de</strong>s</strong>sen günstige Bedingungen<br />
sie immer noch annehmen konnten. Da man dies in Donaueschingen vehement bestritt,<br />
sahen sich Röchling <strong>und</strong> seine Ko llegen nach einem geeigneten Druckmittel um. Sie fan<strong>de</strong>n<br />
es ausgerechnet in jenen bei<strong>de</strong>n Fel<strong>de</strong>rn, an <strong>de</strong>nen die Vereini gten Stahl werke am 8. August<br />
1937 Interesse bek<strong>und</strong>et hatten.
66<br />
Eine in diesem Sinne günstige Gelegenheit ergab sich am 10. ovember 1937, als dieGesellschafter<br />
<strong>de</strong>r DBG über da . seit mehreren Wochen vorliegen<strong>de</strong> Ge uch <strong><strong>de</strong>s</strong> Fürstlichen Hauses<br />
berieten, eine Freigabeerklärung <strong>für</strong> die Areale Berchen <strong>und</strong> Fürstin Irma zu leisten. Die<br />
Saarhütten trafen eine takti ch orientierte Entscheidung: Obwohl sie auf die fraglichen Erzvorräte<br />
getrost verzichten konnten, gaben sie die erbetene Verlautbarung nicht ab, son<strong>de</strong>rn<br />
hüllten sich auch weiterhin in Schweigen. In einem Rechtsstaat wäre dies ohne jeglichen<br />
Belang gewesen, im Dritten Reich aber durften die Eisenhütten darauf vertrauen, daß es <strong>de</strong>r<br />
Fürst nicht wagen wür<strong>de</strong>, ihnen die bei<strong>de</strong>n umstrittenen Fel<strong>de</strong>r ohne <strong>de</strong>n Segen <strong><strong>de</strong>s</strong> Amts <strong>für</strong><br />
<strong>de</strong>utsche Roh- <strong>und</strong> Werkstoffe zu entziehen. Jenem aber hofften die Werke erklären zu können,<br />
daß sie die hohen Pachtfor<strong>de</strong>rungen aus Donaueschingen nicht tragen konnten <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong>ha lb<br />
unter allen mstän<strong>de</strong>n ei nes verhin<strong>de</strong>rn mußten: <strong>de</strong>n Abschluß eines Pachtvertrag zwischen<br />
Fürst <strong>und</strong> Vereinigten Stahlwerken, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n verpönten 5 Pfennig-Satz womöglich enthalten<br />
<strong>und</strong> al Präze<strong>de</strong>nzfall gegen die Saarhütten dienen mochte.<br />
Natürlich uchte man auch in Donaueschingen <strong>de</strong>n Beistand <strong>de</strong> Roh toffamts <strong>und</strong> informierte<br />
es am 9. ovember 1937 über die Gespräche mit <strong>de</strong>n Vereinigten Stahlwerken. Da die<br />
Fürstliche Verwaltung keinerlei Entgegenkommen von <strong>de</strong>n Saarhütten erwartete, for<strong>de</strong>rte sie<br />
die Berliner Behör<strong>de</strong> dazu auf, bald "eine <strong>de</strong>m dortigen Standpunkt entsprechen<strong>de</strong> Entscheidung"6JI<br />
über die Fel<strong><strong>de</strong>s</strong>verteilung zu treffen. Sie wur<strong>de</strong> in dieser Hoffnung ebenso enttäuscht<br />
wie die Rohstoffbetriebe <strong>de</strong>r Vereinigten Stahl werke. Deren Leiter. Dr. Bretz, hatte<br />
ich am 3. ovember 1937 an das mt gewandt <strong>und</strong> ebenfalls um Unterstützung gebeten.<br />
Drei Wochen später teilte ihm Bergrat Dr. Gabel mit, er habe m it Röchling Kontakt aufgenommen<br />
<strong>und</strong> von diesem erfahren können, daß er "gr<strong>und</strong>sätzlich nichts dagegen einzuwen<strong>de</strong>n<br />
hätte, wenn Sie die Fel<strong>de</strong>r zum Aufschluß bekämen. Er möchte Sie aber bitten, erst seine<br />
Verhandlungen mit <strong>de</strong>m Fürsten zu Fürstenberg abzuwarten, die bis spätestens En<strong>de</strong> dieses<br />
Jahres been<strong>de</strong>t sein wür<strong>de</strong>n"641. Obwohl Gabeis Briefkeinerlei eigene Empfehlung enth ielt.<br />
konnte er doch als Signal aufgefaßt wer<strong>de</strong>n, daß das Berliner Rohstoffamt nicht beabsichtigte,<br />
eine Entscheidung gegen die Saarhütten zu treffen.<br />
Die Vereinigten Stahlwerke begannen die Fürstliche Verwaltung nun zu bedrängen, ihnen die<br />
bei<strong>de</strong>n umstrittenen Fel<strong>de</strong>r auch ohne eine Zustimmung aus Berlin zu übergeben. Am 8.<br />
ovember 1937 schrieben sie nach Donaueschingen: "Sie sollten doch nicht die Gefahr auf<br />
sich nehmen, daß die Doggererz-Bergbau GmbH die besten Tei le herausnimmt <strong>und</strong> es Ihnen<br />
dann nicht mehr möglich ist. <strong>für</strong> <strong>de</strong>n verbleiben<strong>de</strong>n Rest einen Interessenten zu fin<strong>de</strong>n. Das<br />
läuft auch <strong>de</strong>m allgemeinen Interesse entgegen, daß eine große För<strong>de</strong>rung möglichst bald<br />
erzielt wird"651. Obwohl diese Diagnose vollkommen zutreffend war, verleitete sie das Fürstliche<br />
Hau doch zu keiner unüberlegten Handlung. Maurer versuchte es statt<strong><strong>de</strong>s</strong>sen mit weiteren<br />
Vorstößen, die er En<strong>de</strong> Dezember 1937 gemeinsam mit <strong>de</strong>n Vereinigten Stahlwerken in Berlin<br />
<strong>und</strong> Karlsruhe unternahm. Seinen Interventionen blieb <strong>de</strong>r Erfolg jedoch versagt, weil das<br />
Amt <strong>für</strong> <strong>de</strong>utsche Roh- <strong>und</strong> Werkstoffe <strong>de</strong>n Saarhütten mehr Gehör schenk1:e. Letztere beklagten<br />
sich am 30. Dezember 1937 bei Gabel über die Fürstlichen Pachtfor<strong>de</strong>rungen <strong>und</strong> kündigten<br />
ihm unverhohlen an, daß ie die umstrittenen Fel<strong>de</strong>r al s Faustpfand zu nehmen <strong>und</strong> niedrigere<br />
Abgaben durchzusetzen gedachten. Offenbar wollte ihnen Gabel dabei behilflich sein. Je<strong>de</strong>nfalls<br />
teilte er<strong>de</strong>m Fürsten am 18. Januar 1938 offiziell mit, das Rohstoffamt habe zwar keinerlei<br />
Be<strong>de</strong>nken gegen eine Untersuchung <strong>de</strong>r betreffen<strong>de</strong>n Areale, doch halte er e "nicht <strong>für</strong> unbedingt<br />
notwendig, daß <strong>de</strong>n Vereinigten Stahlwerken die Fel<strong>de</strong>r bereit · jetzt abgetreten wer<strong>de</strong>n"66I.<br />
In Donaueschingen empfand man diesen Bescheid nicht zu Unrecht als herben Rückchlag<br />
<strong>für</strong> die eigenen Interessen.<br />
Das Fürstliche Haus mußte also weiterhin versuchen, die Saarhütt.en zum freiwilligen Verzicht<br />
auf die umstrittenen Flächen zu bewegen. In dieser Hoffnung hatte Maurer am 29. Dezember
67<br />
1937 einen Pachtvertragsentwurf an die DBG abgesandt, <strong>de</strong>r nur noch 10 Fel<strong>de</strong>r umfaßte<br />
<strong>und</strong> die bei<strong>de</strong>n Areale Berchen <strong>und</strong> Fürstin trma außer acht ließ. Es war nicht nur dieser<br />
Umstand, <strong>de</strong>r die Saarhütten zu wüten<strong>de</strong>n Protesten veranlaßte, son<strong>de</strong>rn vor allem die fast<br />
unverän<strong>de</strong>rt gebliebenen Pachtfor<strong>de</strong>rungen <strong><strong>de</strong>s</strong> Fürsten. Ihnen zufolge sollte die DBG nun<br />
einen Pauschalbetrag von 15.000 RM zahlen, um alle Verpflichtungen abzugelten, die ihr<br />
Erzabbau zwischen <strong>de</strong>m 1. Januar 1935 <strong>und</strong> <strong>de</strong>m 3 1. Dezember 1937 verursacht hatte. Für<br />
die folgen<strong>de</strong>n 24 Monate verlangte die Fürstliche Verwaltung eine variable För<strong>de</strong>rprämie<br />
von <strong>de</strong>n Saarhütten, die einen Pfennig pro abgebauter Tonne Eisenerz betrug <strong>und</strong> eine Min<strong><strong>de</strong>s</strong>tsumme<br />
von 15.000 RM im Jahr nicht unterschreiten durfte. Ab 1. Januar 1940 sollte <strong>de</strong>r<br />
Tonnensatz dann auf 5 Pfennige <strong>und</strong> die Min<strong><strong>de</strong>s</strong>tabgabe auf 30.000 RM6?) steigen. Darüber<br />
hinaus erwartete man die Einräumung eines Ausschankmonopols <strong>für</strong> Fürstenbergisches Bier<br />
in <strong>de</strong>n Werkskantinen <strong>de</strong>r DBG.<br />
Maurers Pachtangebot löste einen hitzigen otenwechsel zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Verhandlungspartnern<br />
aus. Am 15. Januar 1938 wiesen die Saarhütten sämtliche For<strong>de</strong>rungen zurück<br />
<strong>und</strong> warfen <strong>de</strong>m Fürsten unverhohlene Habgier vor: Dereinst fast kostenlos in <strong>de</strong>n Besitz von<br />
Bo<strong>de</strong>nschätzen gelangt, die er ja doch nie habe ausbeuten wollen, nutze er jetzt die Zwangslage<br />
<strong>de</strong>r Saarhütten aus, die <strong>de</strong>n unrentablen Doggererzabbau nur aus nationaler Verantwortung<br />
betrieben. Die Fürstliche Verwaltung blieb <strong>de</strong>r DBG nichts schuldig <strong>und</strong> antwortete am 29.<br />
Januar mit einer scharfen Generalabrechnung. Darin warf sie ihr vor, <strong>de</strong>n Abschluß eines<br />
Pachtvertrags seit mehr als drei Jahren bewußt zu verschleppen <strong>und</strong> auf eine Enteignung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Fürsten hinzuwirken. Trotz allem aber brach die Fürstliche Verwaltung <strong>de</strong>n Kontakt zur DBG<br />
nicht einfach ab, son<strong>de</strong>rn legte ihr eindringlich nahe, doch bald "die <strong>für</strong> das Zustan<strong>de</strong>kommen<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Vertrags erfor<strong>de</strong>rliche Objektivität in <strong>de</strong>r Beurteilung <strong>de</strong>r gegenseitigen Belange auch<br />
Ihrerseits walten zu lassen, damit eine gerechte Ausgleichung <strong>und</strong> ein auf Dauer befriedigen<strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Ergebnis recht bald erzielt wird"6l!).<br />
Fünf Wochen später gerieten die starren Fronten endlich in Bewegung. Am 3. März 1938<br />
trafen sich die Spitzenvertreter <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Parteien <strong>und</strong> schlossen in Donaueschingen ei ne<br />
erste Übereinkunft ab. Danach durfte die DBG ein Gegenangebot unterbreiten, das zwei Alternativen<br />
umfassen sol lte: zum einen <strong>de</strong>n Kauf <strong>und</strong> zum an<strong>de</strong>ren die Pachtung <strong>de</strong>r Fürstlichen<br />
Eisenerzfel<strong>de</strong>r. Als bemerkenswert registrierten die Saarhütten dabei <strong>de</strong>n Umstand, daß ihr<br />
Gegenüber erstmals eine gewisse Konzessionsbereitschaft anzu<strong>de</strong>uten schien. Je<strong>de</strong>nfalls notierten<br />
sich Gärtner <strong>und</strong> Heyer. die bei<strong>de</strong>n Geschäftsführer <strong>de</strong>r DBG: "Da Prinz Max mehrmals<br />
erwähnte, daß er <strong>de</strong>n Nachkommen <strong><strong>de</strong>s</strong> Hauses Fürsten berg gegenüber zu einer Lösung verpflichtet<br />
sei , die ihm späterhin keine Vorwürfe erbringen könne, ist es erfor<strong>de</strong>rlich, die Angebote<br />
gut zu begrün<strong>de</strong>n"6Y). Genau dies taten die Saarhütten, als sie am 25. März 1938 ihren eigenen<br />
Vorschlag?O) nach Donaueschingen sandten. Darin erklärten sie sich durchaus bereit, einen<br />
PachtveJ1rag mit <strong>de</strong>m Fürstlichen Haus abzuschließen, doch wollten sie auch weiterhin keinerlei<br />
För<strong>de</strong>rabgabe akzeptieren, die über <strong>de</strong>n Satz von einem Pfennig pro Tonne hinausging.<br />
Ebenso mager fie l das Kaufangebot aus. Ganze 150.000 RM gedachte die DBG zu zahlen,<br />
um sich das bergrechtliche Eigentum an <strong>de</strong>n Fürstenbergischen Fel<strong>de</strong>rn zu verschaffen. In<br />
Donaueschingen hielt man diese Offerte <strong>für</strong> völlig inakzeptabel <strong>und</strong> antwortete am 1. April<br />
1938 mit einem eigenen Pachtangebot. das die Halbierung <strong><strong>de</strong>s</strong> bislang gefor<strong>de</strong>rten Abgabesatzes<br />
auf2,5 Pfennige vorsah?I). Für <strong>de</strong>n Fall <strong><strong>de</strong>s</strong> Fel<strong><strong>de</strong>s</strong>verkaufs bestand man auf einem<br />
Preis, <strong>de</strong>r zwischen 200.000 RM <strong>und</strong> 337.000 RM liegen sollte.<br />
In <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Wochen feilschten d ie bei <strong>de</strong>n Verhandlungspartner wie orientalische Kameltreiber<br />
über <strong>de</strong>n Kaufpreis <strong>de</strong>r Areale. Am 14. Mai 1938 hoben die Saarhütten ihr Angebot<br />
auf 165.000 RM an, während Prinz Max seine For<strong>de</strong>rung von 265.000 RM in mehreren
68<br />
Schritten au f200.000 RM zurückn ahm 72 ). Vier Wochen später schien man sich endlich han<strong>de</strong>lseinig<br />
zu wer<strong>de</strong>n. Die gemeinsam entwickelten Vorstellungen liefen darauf hinaus, daß<br />
<strong>de</strong>r Fürst insgesamt elf Grubenfe l<strong>de</strong>r an die Saarhütten abtrat <strong>und</strong> einen Kaufpreis von 175.000<br />
RM da<strong>für</strong> erhielt. Weitere 25.000 RM wur<strong>de</strong>n fällig, wenn <strong>de</strong>r - sehr unwahrschei nliche<br />
Fall eintreten sollte, daß die gewonnenen Erze einen E isengehalt von mehr als 25 % aufwiesen<br />
7 )). Darüber hinaus hatte sich die DBG in einem geson<strong>de</strong>rten Vertrag zu verpflichten, die<br />
Erzeugni sse <strong>de</strong>r Fürstlichen Brauerei in <strong>de</strong>n werkseigenen Kantinen auszu chenken <strong>und</strong> auf<br />
<strong>de</strong>n Speisekarten an oberster Stell e aufzuführen. Kurz vor Unterzeichnung <strong>de</strong>r Dokumente<br />
mußte man in Donaueschingen jedoch erfa hren, daß es gute Grün<strong>de</strong> gab, nochmals mit <strong>de</strong>n<br />
Saarhütten zu sprechen.<br />
Die aufgetretenen Probleme waren ent sorgungstechnischer Natur: Wenn die Saarhütten tatsächli<br />
ch bald größere Mengen an Eisenerz för<strong>de</strong> rn wollten, dann fielen beim Aufbereirungsprozeß<br />
in <strong>de</strong>r Lurgi-Anlage bi zu 2,6 Mio.t Schl acke pro l ahr an. Glückli cherweise eignete<br />
sich das hartgebrannte Material sehr gut dazu, als Schotter im Eisenbahn-, Straßen- o<strong>de</strong>r<br />
Wasserbau eingesetzt zu wer<strong>de</strong>n. Um <strong>de</strong>n Verkauf dieser sog. Lurgi-Berge einzuleiten, hatte<br />
die DBG bereits im Frühsommer 1938 erste Kontakte zur Reichsbahn <strong>und</strong> zu <strong>de</strong>n staatlichen<br />
Baubehör<strong>de</strong>n aufgenommen. Das Bergbauu nterne hmen begann damit in einen regionalen<br />
Schottemlarkt einzudlingen, <strong>de</strong>r bisher von <strong>de</strong>n Süd<strong>de</strong>utschen Basaltwerken mit Sitz in Immendingen<br />
beherrscht wur<strong>de</strong>. Und diese gehörten <strong>de</strong>m Fürsten. Als seine Verwaltung von <strong>de</strong>n<br />
Plänen <strong>de</strong>r Saarhütten elf uhr, blockierte sie <strong>de</strong>n Absch luß sämtlicher Vereinbarungen mit <strong>de</strong>r<br />
DBG <strong>und</strong> legte ihr ei ne n weiteren Vertragsentwurfvor 74 ). Dari n soll te sich das B lumberger<br />
Untemehmen verpfl ichten, seine LUI'gi-Berge unter keinen Umsrän<strong>de</strong>n fü r <strong>de</strong>n Eisenbahn-,<br />
Straßen- o<strong>de</strong>r Wasserbau zu verkaufen. Bei Zuwi<strong>de</strong>rhandlung sahen die Bestimmungen e ine<br />
empfindli che Konventionalstrafe vor. Im übrigen verlangte man von <strong>de</strong>r DBG die rechtsverbindliche<br />
Zusage, ihre Preisli sten <strong>für</strong> die Lurgi-Berge mit <strong>de</strong>n Süd<strong>de</strong>utschen Basaltwerken<br />
abzustimmen.<br />
In B lumberg akzeptierte man diesen Wunsch <strong>und</strong> signalisierte Zustimmung zu sämtli chen<br />
Punkten. Damit war <strong>für</strong> die Fürstliche Verwaltung alle gekläJ1: Maurer bat <strong>de</strong>n Fürsten Max<br />
Egon am 31. August 1938 offiziell um die Erlaubnis zum Verkauf von elf Arealen, die dieser<br />
umgehend erteilte. Auch bei <strong>de</strong>r DBG hegte man keinerlei Zweifel am Verhandlungselfolg.<br />
Am 5. September 1938 unterschrieben ihre bei<strong>de</strong>n Geschäftsführer <strong>de</strong>n Kaufvertrag <strong>für</strong> die<br />
elf Ei senerzfel <strong>de</strong>r <strong>und</strong> sandten ihn tags d,u'au f nach Donaueschingen. G leichzeitig überwiesen<br />
sie 175.000 RM auf das Konto <strong><strong>de</strong>s</strong> Fürsten. Was Heyer <strong>und</strong> Dr. Bornitzjedoch nicht unterzeichneten,<br />
waren die bei<strong>de</strong>n eben verträge zum Thema Bier <strong>und</strong> Basalt. Den Saarhütten<br />
waren nämlich in letzter Sek<strong>und</strong>e Be<strong>de</strong>nken gegen die bereits ausgehan<strong>de</strong>lren Vereinbarungen<br />
über <strong>de</strong>n Verkauf <strong>de</strong>r LUI'g i-Berge gekommen. Sie verlangten <strong><strong>de</strong>s</strong>halb weitere Gespräche, die<br />
zwar sofort in Gang kamen, aber schon im Januar 1939 ergebnislos en<strong>de</strong>ten. Damit scheiterte<br />
auch <strong>de</strong>r geplante Fel<strong><strong>de</strong>s</strong>verkauf, <strong>de</strong>nn die Fürstliche Verwaltung weigerte sich nun ihrerseits,<br />
<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>r DBG bereits unterzeichneten Hauptvertrag zu unterschreiben.<br />
Die monatelangen Gespräche zeigten wenigstens ein Resultat. Da die Saarwerke nach Görings<br />
Beschluß zum Bau <strong>de</strong>r Hütte in Linz kaum noch damit rechnen konnten, daß eine weitere<br />
Anl age in <strong>de</strong>r Baar entstand, zeigten sie sich im Frühsommer 1938 sehr konzessionsbereit,<br />
was die Anzahl <strong>de</strong>r beanspruchten Flächen anbetraf: Anstatt zwölf verlangte die DBG jetzt<br />
nur noch elf Areale vom Fürsten. Sie verzichteten freiwill ig auf Fürstin Irma <strong>und</strong> gedachten<br />
sich auch beim zweiten umstrittenen Feld Berchen mit <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Südhälfte zu begnügen. Der<br />
Fürstlichen Kammer brachte dies <strong>de</strong>n angenehmen Vortei I, daß sie <strong>de</strong>n Vere injgten Stahlwerken<br />
endlich jene Flächen anbieten konnte. die nördl ich <strong>de</strong>r Linie Eschach-Hondingen lagen. Dazu
zählten nicht nur Fürstin Irma <strong>und</strong> <strong>de</strong>r ordteil von Berchen, son<strong>de</strong>rn auch die Areale Goldbach,<br />
Huchenegg <strong>und</strong> Fürstenberg. Maurer erlebte jedoch eine herbe Enttäu chung, al er Dr.<br />
Teike vom Geologischen Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>amt am 6. Oktober 1938 bat, <strong>de</strong>n Kontakt mit <strong>de</strong>n Vereinigten<br />
Stahlwerken wie<strong>de</strong>r anzuknüpfen. Letztere hatten sämtliche Pläne in <strong>de</strong>r Baar längst aufgegeben<br />
<strong>und</strong> konzentrierten sich ganz auf ihre bei<strong>de</strong>n Bergwerke im ObelTheintal. Von <strong>de</strong>r<br />
badischen Regierung Mitte 1937 konzessionieI1 15 >, waren dort mit <strong>de</strong>n Gruben Kahlenberg<br />
<strong>und</strong> Schönberg in kürze ter Frist recht ausge<strong>de</strong>hnte Abbaubetriebe entstan<strong>de</strong>n, die es schon<br />
1938 auf beachtliche För<strong>de</strong>rleistungen brachten.<br />
Längst nicht so rasch kläl1e sich da angespannte Verhältnis zwischen <strong>de</strong>m Hause Fürstenberg<br />
<strong>und</strong> <strong>de</strong>n Saarhütten. Es sollte noch mehrere Jahre dauern, bis sich die PaI1eien über <strong>de</strong>n Kauf<br />
<strong>de</strong>r Eisenerzfel<strong>de</strong>r einigen konnten. Der eigentumsrechtliche Schwebezustand hin<strong>de</strong>rte die<br />
DBG freilich nicht daran, ihren Erzabbau weiter voranzutreiben. Von 2.500 t im April 1937<br />
stieg die monat liche För<strong>de</strong>rung bi s zum Jahresen<strong>de</strong> auf über 24.000 t. Gleichze itig verdrei-<br />
69<br />
8e/egscl7oj'fsbewegung<br />
1800~----------------------------~<br />
~ . 1400~--------------------------~~~<br />
~~<br />
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~ ~ 1000 t----------7JIIDo~1""rl<br />
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1--f-+---II---l80000<br />
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ZOflOQ ~<br />
Abb. 8: Zwischen 1937 <strong>und</strong> I 939 erhöhten sich die Beschäftigten- <strong>und</strong> Abbauzahlen bei <strong>de</strong>r Doggererz<br />
Bergbau GmbH drastisch. Die Inbetriebnahme von Röstanlage (Oktober 1937) <strong>und</strong> Lurgi-Autbereitungsanlage<br />
(Januar 1938) ließ <strong>de</strong>n Anteil <strong>de</strong>r Roherze am Gesamtversand stetig zurückgehen.
70<br />
fachte sich die Be legschaft bi Dezember 1937 von 268 auf724 Mann . Die DBG beschl oß<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong>halb am 13. September 1937. ihr Verwaltungsgebäu<strong>de</strong> umzubauen <strong>und</strong> di e techni chen<br />
Büros erheblich zu vergrößem. Sechs Monate später stan<strong>de</strong>n die neuen Räume zur Verfügung.<br />
Gle ic hzeitig erweite rte man auch d ie Kapazität <strong>de</strong>r seit September 1937 betriebenen<br />
Rö tanl age: Am 17. Februar 1938 ging <strong>de</strong>r zweite von insgesamt vier geplanten Schachtröstöfen<br />
in Betrieb. Die zügige Untemehmensexpansion zeigte sich jetzt auch <strong>de</strong>utlich in <strong>de</strong>n<br />
Jahresabschlüssen. Verfügte di e DBG am I. Februar 1936 noch über e in Anlagevermögen<br />
von knapp einer Mi o.RM, so waren es am 3 1. Dezember 1937 nicht weni ger al s 6,8 Mio.RM ,<br />
3.8 Mio.RM davon entfielen auf die all gemeinen Bergwerksanlagen, 1,7 Mio. RM auf Röchlings<br />
Röstöfen <strong>und</strong> 1.3 Mi o.RM auf di e Lurgi-Anl age 761 •<br />
Obwohl <strong>de</strong>r Ausbau <strong><strong>de</strong>s</strong> Unternehmens nun rascher voranschritt, gab e doch immer wie<strong>de</strong>r<br />
Rückschläge zu verkraften. So gingen di e För<strong>de</strong>rzahlen im Frühjahr 1938 stark zurück, weil<br />
Tauwetter zu schweren Wassereinbrüchen im Bergwerk geführt hane. Auch die Lurgi-Anlage<br />
bereitete anfangs Probleme: Am 5. Janu ar 1938 in Betrieb genommen, mußte sie bereits eine<br />
Woche später wi e<strong>de</strong>r abgeschaltet we r<strong>de</strong>n, um notwendige Än<strong>de</strong>rungen vorzunehmen. Erst<br />
nach <strong>de</strong>ren Abschluß konnte sie am 2 1. März 1938 em eut mit <strong>de</strong>r Arbe it beginnen. Dabe i<br />
zeigte sich bald , daß die Leistungsfähi gkeit <strong>de</strong>r gesamten Magnetschei<strong>de</strong>anlage immer noch<br />
viel zu gering war. Ein Roherzdurchsatz von ledi g lich 600 t am Tag <strong>und</strong> <strong>de</strong>r viel zu hohe<br />
Kohleverbrauch beeinträchtigten die Rentabilität <strong><strong>de</strong>s</strong> gesamten Aufbereitungsvelfahren schwer.<br />
Deshalb gelangte am 20. Mai 1938 eine Kommission <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>de</strong>utscher Ei sen-hüttenleute<br />
zu <strong>de</strong>m une rfreulichen Ergebni , daß di e Erzeugung einer Tonne Rohe isen aus Lurgi-Konzentrat<br />
r<strong>und</strong> 19 % teurer wer<strong>de</strong>n wür<strong>de</strong> als di e VerhÜllung von geröstetem Doggererz 77l . Die<br />
DBG beschl oß unter diesen weni g erbaulichen mstän<strong>de</strong>n, ihre Lurgi-Anlage am I. Juni<br />
1938 abennals stillzulegen <strong>und</strong> fün f Monate lang aufwendi g umzurüsten. Tatsächlich zeiti gten<br />
di e ergri ffenen Maßnahmen Erfolg: AI <strong>de</strong>r Drehrohrofen im November 1938 seine Arbeit<br />
endlich wi e<strong>de</strong>r aufnehmen konnte, besaß er e ine um 30 % angestiegene Le istungsfähigkei t<br />
<strong>und</strong> e inen stark vemlin<strong>de</strong>rten Energieverbrauch. Fre ili ch bereitete <strong>de</strong>r hohe Staubanfall <strong>und</strong><br />
die damit verb<strong>und</strong>enen Erzverluste immer noch Probleme, die man im Juni 1939 mit <strong>de</strong>r<br />
Konstruktion von Staubrückgewinnungs- <strong>und</strong> -brikettieranl agen zu lösen gedachte.<br />
Sämtliche abgebauten <strong>und</strong> aufbereiteten Erze gingen per Bahn zu <strong>de</strong>n Saarhütten, die sich im<br />
Gesell schaftsvertrag <strong>de</strong>r DBG dazu verpflichtet hatten, da Blumberger Material entsprechend<br />
ihrer Quote an <strong>de</strong>r saarl ändischen Roheisenproduktion abzu nehmen. Waren es 1937 noch<br />
164.000 t. die fast ausnahmslo als Roherz ihre Empfa nger erre ichten, so stieg die För<strong>de</strong>rung<br />
während <strong>de</strong> folgen<strong>de</strong>n Jahres auf 440.000 t an. Da di e Aufbere itung anl agen 1938 ihren<br />
Betri eb bere its aufgenommen hatten, g ing <strong>de</strong>r Ante il <strong><strong>de</strong>s</strong> versandten Roherzes auf ledig lich<br />
29 % zurück. Die Hütten bezogen jetzt vor allem geröstetes Material, die Werke in eunkirchen<br />
<strong>und</strong> Burbach darüber hinaus auch Lurgi-Konzentrat. Verän<strong>de</strong>rungen gab es auch beim leiten<strong>de</strong>n<br />
Personal <strong>de</strong>r DBG: Bereits im Sommer 1937 schi ed Dr. Würtz, <strong>de</strong>r erst im Februar<br />
1936 zusammen mit Gärtner die ach folge Lilligs angeu'eten hatte. aus <strong>de</strong>r Geschäftsführung<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Unternehmens wie<strong>de</strong>r aus. Se ine Ste lle al kaufmännischer Di rektor nahm <strong>de</strong>r bi sherige<br />
Prokurist Heyer e in. Im Februar 1938 beschlos en die Saarhütten dann, <strong>de</strong>n 42jährigen Bergingenieur<br />
Dr. Hans Bornitz als technischen Direktor e in zustellen. We itgehend unverän<strong>de</strong>rt<br />
blieb dagegen die zweite Ebene <strong>de</strong>r Hierarchie: Den Grubenbetrieb leitete nach wie vor Bergin<br />
pektor Karl Breiing. <strong>de</strong>r im Frühjahr 1935 als Revierste iger nach Blumberg gekommen<br />
<strong>und</strong> 15 Monate später zum Techni schen Betriebsführe r aufgestiegen war. Die Aufbere i<br />
tungsanlage unterstand <strong>de</strong>m östen'eichi schen Diplom-Ingenieur Grabl owitz, <strong>de</strong>r kurz nach<br />
Bre iing seine Tätigkeit fü r die DBG aufge nommen hatte. Diesen bei <strong>de</strong>n maß Theo Schmid<br />
ke inen guten Einfluß auf die Arbe itsmoral <strong>de</strong>r Belegschaft zu. Am 4 . Februar 1938 noti erte
71<br />
<strong>de</strong>r Blumberger Bürgemleister: "Im Betrieb selbst ist immer noch keine richtige Ruhe eingekehrt.<br />
Es ist klar, daß bei <strong>de</strong>r Werdung eines <strong>de</strong>rartig großen Werkes gewaltige Schwierigkeiten<br />
zu überwin<strong>de</strong>n sind, die erstens darauf zurückzuführen sind, daß hier in <strong>de</strong>r Hauptsache Leute<br />
eingesetzt wer<strong>de</strong>n, die jallrelang ar'beitslos waren <strong>und</strong> sich hier erst wie<strong>de</strong>r an ein regelmäßiges<br />
Arbeiten gewöhnen müssen. Zweitens trägt meines Erachtens auch eine große Schuld <strong>de</strong>r<br />
Betriebsführer, Herr Breiing, <strong>de</strong>r zu <strong>de</strong>n Leuten <strong>de</strong>n richtigen Kontakt nicht fin<strong>de</strong>t, sie barsch<br />
behan<strong>de</strong>lt, wenn auch nicht alle, so doch viele. Es ist im Allgemeinen zu sagen, daß im ganzen<br />
Betrieb die Führung, mit Ausnahme <strong><strong>de</strong>s</strong> Kommerzienrat Röchling, noch viel zu sehr im alten<br />
Geiste <strong>de</strong>r Industrie<strong>für</strong>sten verwurzelt ist"7 I.<br />
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(!1flwicll/smoß& l7/cllf erfoßf)<br />
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Abb. 9: Beschränkte Leistungsfähigkeit. hohe Eisenerzverluste <strong>und</strong> gewaltiger Brennstoffverbrauch<br />
stellten die Hauptprobleme <strong>de</strong>r Lurgi-Drehofen- <strong>und</strong> -Konzentratanlage dar. Im Bild ihre Eisenstoffbilanz.<br />
Diese Haltung spiegelte sich auch in <strong>de</strong>n unzureichen<strong>de</strong>n Wohnverhältnissen <strong>de</strong>r Bergarbeiter<br />
wi<strong>de</strong>r. Zwar hatte die DBG bereits im Herbst 1935 ei ne Wohn- <strong>und</strong> eine Wirtschaftsbar'acke<br />
<strong>für</strong> etwa 100 Mann erstellt. doch fehlte es immer noch am Primitivsten. So schrieb etwa <strong>de</strong>r<br />
erboste Theo Schmid am 8. Dezember 1936 an die Direkti on <strong>de</strong>r DBG: "Es ist durch die unzulänglichen<br />
Abortverhältnisse ein Zustand entstan<strong>de</strong>n, da wohl ein Großteil <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Baracken<br />
wohnen<strong>de</strong>n Arbeiter ihr otdurft im Freien verrichtet, daß ein Begehen <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>stücke<br />
<strong>und</strong> auch zum Teil <strong><strong>de</strong>s</strong> Waldran<strong><strong>de</strong>s</strong> in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>r Baracken ohne schmierige Schuhe zu<br />
bekommen fast nicht mehr möglich ist"791. Die Drohung <strong>de</strong> Blumberger Bürgermeisters, das<br />
Ges<strong>und</strong>heitsamt einzuschalten, wenn nicht unverzügl ich Abhi Ife geschaffen wer<strong>de</strong>, tat ihre<br />
Wirkung. Zwei Tage später kündigte die DBG <strong>de</strong>n Bau ei ner Toilertenanlage an. Darüber<br />
hinaus erweiterte sie nun auch zügig <strong>de</strong>n Bestand an Sammelunterkünften. Im Dezember<br />
1936 erwarb das Unternehmen <strong>für</strong> 17.500 RM eine von <strong>de</strong>r Stadt Hei<strong>de</strong>lberg bereits 1935
72<br />
erri chtete Baracke 80l <strong>und</strong> te ilte im Frühjahr 1937 zwei weite re Bauten <strong>für</strong> 19.600 RM auf.<br />
Di e vorhan<strong>de</strong>nen Schl afpl ätze re ichten allerdings bald ni cht mehr aus, um die sprunghaft<br />
anste igen<strong>de</strong> Zahl von Bergarbeitern aufzunehmen. Das Berliner Amt <strong>für</strong> Roh- <strong>und</strong> Werkstoffe<br />
investierte <strong><strong>de</strong>s</strong>halb im November 1937 r<strong>und</strong> 175.000 RM <strong>und</strong> errichtete am Blumberger<br />
Bahnhof ein Lager <strong>für</strong> 386 Mann, das aus acht Unterkunfts-, sowie je einer Wirtschafts-,<br />
Wasch- <strong>und</strong> Abortbaracke bestand. War es <strong>de</strong>r DBG zunächst gestattet, die Anlagen kostenlos<br />
zu nutzen, so mußte sie ab I. Juli 1938 eine Monatsmiete von 1.1 56 RM an das Reich abführen.<br />
Das nternehmen hielt sich an <strong>de</strong>n e igenen Arbeitelll schadlos <strong>und</strong> berechnete ihnen eine<br />
RM pro Tag als Kostenersatz <strong>für</strong> nterkun fl, He izung <strong>und</strong> Verpflegung.<br />
Abb. 10: Trostloser Anblick: [m ovember 1937 errichtete das Amt <strong>für</strong> <strong>de</strong>utsche Roh- <strong>und</strong> Werkstoffe<br />
nahe <strong>de</strong>m Bahnhof von Zollhau ein Barackenlager fü r 386 Mann. Damit stieg die Zahl <strong>de</strong>r Schlafplätze<br />
fü r ledi ge Bergarbe iter auf insgesamt etwa 650 an.<br />
Die unerfreulichen Wohn- <strong>und</strong> Arbe itsbedingungen boten <strong>de</strong>n Betroffenen nur wenig Anreiz<br />
zum Verbleib. Als Konsequenz verschärfte sich <strong>de</strong>r ohnehin drücken<strong>de</strong> Arbeitskräftemangel<br />
<strong>de</strong>rart. daß di e DBG <strong>de</strong>m badi ehen Gaule iter Wagner am 19. Mai 1938 e ingestehen mußte,<br />
sie könne ihr tägliches Produktionssoll von 4.300 t nicht einmal annähellld e inhalten, son<strong>de</strong>rn<br />
bestenfa ll s 1.200 t Eisenerz för<strong>de</strong>rn. Der Gr<strong>und</strong> be tand darin, "daß gegenüber einer Soll<br />
Belegung in <strong>de</strong>r Grube von 873 Mann ledi g li ch 526 vorhan<strong>de</strong>n sind, da heißt 347 Mann<br />
zuwenig"81). Als rsache da<strong>für</strong> gab das Unternehmen einen "außergewöhnlich starken Mannschaft<br />
swechsel " an, <strong>de</strong>r zwischen Februar <strong>und</strong> April 1938 zwar 3 16 eue inste llungen, aber<br />
auch 208 Kündigungen mit ich gebracht habe. Als e inzige Maßnahme fiel <strong>de</strong>r DBG jedoch<br />
nur e in , Theo Schmid um diskrete Hilfe zu binen. Am 15. Juli 1938 te ilte sie ihm mit, daß<br />
binnen zweier Wochen "wie<strong>de</strong>r 35 Mann gekündigt haben. Di e Grün<strong>de</strong> sind w ie<strong>de</strong>r sehr<br />
<strong>und</strong>urchsichtig. <strong>und</strong> wir bitten Sie, die e inzelnen Leute dahingehend zu bearbe iten, daß dieselben<br />
unseren Betrieb nicht verlassen"X2). Ob <strong>und</strong> mit welchem Erfolg <strong>de</strong>r Blumberger Bürgernle<br />
ister di eser Anmutung nachkam, ble ibt unbekannt.
73<br />
Theo Schmid <strong>und</strong> <strong>de</strong>n badischen Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>behör<strong>de</strong>n war vollkommen bewußt, daß nur eine<br />
<strong>de</strong>utliche Verbesserung <strong>de</strong>r Wohn- <strong>und</strong> Lebensverhältnisse die Menschen am Fonzug hin<strong>de</strong>m<br />
konnte. Deshalb feillten die Verantwonlichen am 2. Oktober 1937 <strong>de</strong>n Entschluß, im Rahmen<br />
eines dritten Bauabschnitts weitere 250 Wohnungen zu bauen, davon 239 in Blumberg <strong>und</strong><br />
elf in Riedböhringen. Dabei än<strong>de</strong>ne man die Entwürfe gegenüber <strong>de</strong>n ersten bei<strong>de</strong>n Baustufen<br />
merklich ab. An die Stelle <strong>de</strong> bislang vorhemcllen<strong>de</strong>n Haustyps B, <strong>de</strong>r eine größere Erdgeschoß-<br />
<strong>und</strong> eine kleine Einliegerwohnung im Obergeschoß aufwies, traten nun fast ausschließlich<br />
Einfamilienhäuser, die teils als Doppel-. teils als Reihenhäuser ausgefühl1 wur<strong>de</strong>n. Den<br />
betroffenen Familien brachte diese Än<strong>de</strong>rung nicht nur Vorteile: Zwar hatten sie jetzt <strong>de</strong>utlich<br />
mehr Platz als in <strong>de</strong>n kleineren Erdgeschoßwohnungen <strong><strong>de</strong>s</strong> Typs B, da<strong>für</strong> stieg aber auch die<br />
Miete von 27,60 RM auf 32,40 RM an (Typ C). Füreinen Bergmann , <strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r DBG nicht<br />
mehr als 120 RM im Monat verdiente, waren die Belastungsgrenzen damit längst überschritten.<br />
Realisiert wur<strong>de</strong> das 1,55 Mio.RM teure Projekt <strong>de</strong>r Baustufe III zwischen Mai 1938 <strong>und</strong><br />
September 1939. Zur Finanzierung stan<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Siedlungsgesellschaft Hypothekenkredite,<br />
sowie Reich - <strong>und</strong> Werkdarlehen <strong>de</strong>r 0 BG zur Verfügung. Für die Gemein<strong>de</strong> B lumberg brachte<br />
das Vorhaben abermals beachtliche Lasten mit sich. Beträge von mehr als 200.000 RM waren<br />
aufzubringen. um die öffentliche Infrastruktur im neuen Siedlungsgebiet zu en-ichten. Nach<br />
längeren Verhandlungen gelang es schließlich, die Kosten auf Reich, Land <strong>und</strong> Badische<br />
Heimstätte GmbH abzuwälzen. Die Pläne zur Erweiterung <strong>de</strong>r Ortsstraßen <strong>und</strong> Abwasserkanäle<br />
er teilte in bewährter Wei e Diplom-Ingenieur Albel1 Lehr aus Freiburg, <strong>de</strong>r auch die<br />
Ausführung <strong>de</strong>r Arbeiten überwachte. Lehr mußte gleich im Anschluß daran auch die Infrastruktur<br />
<strong>für</strong> <strong>de</strong>n IV. Bauabschnitt planen, <strong>de</strong>r 204 Reihen- <strong>und</strong> Doppelhäuser umfaßte. Im<br />
September 1938 begonnen, konnten etwa 40 <strong>de</strong>r insgesamt 366 Wohnungen bis zum Beginn<br />
<strong>de</strong> Zweiten Weltkrieges bezogen wer<strong>de</strong>n. Auch hier hatte es wie<strong>de</strong>r Än<strong>de</strong>rungen im Konzept<br />
gegeben: Um niedrigere Mieten kalkulieren zu können, war die Siedlungsgesellschaft mittlerweile<br />
auf eine mehrstöckige Bauweise übergegangen.<br />
Das vehemente Wachstum von Blumberg brauchte dringend eine ordnen<strong>de</strong> Hand: Der<br />
Stadtkern mußte neu ge chaffen <strong>und</strong> zur Ansiedlung von Einzelhan<strong>de</strong>lsge chäften vorbereitet<br />
wer<strong>de</strong>n. Reichsstatthalter Wagner for<strong>de</strong>ne zu<strong>de</strong>m <strong>de</strong>n Bau von repräsentati ven Paneigebäu<strong>de</strong>n,<br />
<strong>und</strong> schließlich war auch die Expansion <strong>de</strong>r einzelnen Siedlungsteile zu koordinieren. Auf<br />
ausdrücklichen Wunsch Wagners beauftragte das badische Innenministerium im Oktober 1937<br />
<strong>de</strong>n Freiburger Architekten Albert Wolf mit <strong>de</strong>r Ausarbeitung e ines Gesamtsiedlungsplans<br />
<strong>für</strong> Blumberg. Daneben hatte <strong>de</strong>r Regierungsbaumeister die Teilbebauungspläne <strong>für</strong> <strong>de</strong>n 1Il.<br />
<strong>und</strong> IV. Abschnitt, sowie die Planung <strong>für</strong> eine Geschäfts traße mit 10 bis 15 Einzelhan<strong>de</strong>l lä<strong>de</strong>n<br />
fenigzustellen.<br />
Ungelöst war zunächst die Frage, welche Einwohnerzahl <strong>de</strong>n Planungen zugr<strong>und</strong>egelegt<br />
wer<strong>de</strong>n sollte. Eine Besprechung brachte am 22. Juni 1938 endlich Kl arheit: Wenn die DBG<br />
ab <strong>de</strong>m Jahre 1940 r<strong>und</strong> 3,6 Mio.t Eisenerz för<strong>de</strong>m wollte, dann benötigte sie 3.000 Arbeiter<br />
da<strong>für</strong>. Da r<strong>und</strong> 60 % <strong>de</strong>r Belegschaft verheiratet war <strong>und</strong> e ine vierköpfige Familie unterhielt,<br />
mußte man mit etwa 7.200 Menschen rechnen. Hinzu kamen 1.200 ledige Arbeiter <strong>und</strong> die<br />
800 alteingese senen B1umberger Bürger. Zusanwen mit <strong>de</strong>n neu hinzukommen<strong>de</strong>n Geschäftsleuten<br />
ergab das eine Zahl von r<strong>und</strong> 10.000 Einwohnem. Die auf <strong>de</strong>r Besprechung anwesen<strong>de</strong>n<br />
Behör<strong>de</strong>n- <strong>und</strong> Werksvertreter beschlossen <strong><strong>de</strong>s</strong>halb, über die bereits geplanten 1.016 Wohnungen<br />
<strong>de</strong>r Baustufen I bis IV hinaus weitere 1.100 Einheiten zu bauen. Zunächst sollten im<br />
Rahmen <strong>de</strong>r Stufe V bis En<strong>de</strong> 1939 etwa 600 Wohnungen entstehen, <strong>de</strong>nen dann im Jahre<br />
1940 weitere 500 Unterkünfte zu folgen hatten (S tufe VI). Reali siert wur<strong>de</strong> das Programm<br />
jedoch nicht mehr.
74<br />
Für die rasch anwachsen<strong>de</strong> Bevölkerung B lumbergs mußten dringend neue Einkaufsmöglichkeiten<br />
geschaffen wer<strong>de</strong>n. Am 27. Mai 1938 schrieb Theo Schmid an <strong>de</strong>n badischen<br />
Innenminister, daß ich die 4.000 Bürger <strong>de</strong>r Stadt zur Zeit aus folgen<strong>de</strong>n Lä<strong>de</strong>n versorgen<br />
könnten: " I Metzgerei. 2 Bäckereien, 3 Kolonialwarengeschäfte <strong>und</strong> 4 WiItschaften. Im Bau<br />
<strong>und</strong> zur Eröffnung genehmigt sind I Kolonialwarengeschiift, I Bäckerei, I Kaffee <strong>und</strong> Konditorei,<br />
I Metzgerei. Diese Zahl ist bei weitem zu nie<strong>de</strong>r. Es muß die Möglichkeit ge chaffen<br />
wer<strong>de</strong>n, daß von allen Geschäftszweigen Geschäfte in genügen<strong>de</strong>r Zahl im Laufe dieses Sommers<br />
gebaut <strong>und</strong> bis zum Spätjahr eröffnet wer<strong>de</strong>n"831. Da <strong>de</strong>r Einzelhan<strong>de</strong>l damals noch<br />
genehmigungspflichtig war, hatte die Freiburger Indusllie- <strong>und</strong> Han<strong>de</strong>lskammer diesen Plänen<br />
zuzu timmen. Sie tat es im August 1938 <strong>und</strong> ließ insgesamt 19 Geschiiftsneueröffnungen <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Facheinzelhan<strong>de</strong>ls in Blumberg zu. Dabei machte sie <strong>de</strong>m Bezirksamt Donaueschingen klar,<br />
daß "<strong>de</strong>r Au wahl <strong>de</strong>r Gesuchsteller größte Aufmerksamkeit zu schenken (sei). Bei <strong>de</strong>rZusammensetzung<br />
<strong>de</strong>r Arbeiter chaft <strong><strong>de</strong>s</strong> Bergwerks muß <strong>de</strong>r Mittelstand Blumbergs politisch <strong>und</strong><br />
moralisch absolut zuverlässig sein. Da gleiche gilt in finanzieller Hinsicht" 84 I.<br />
Mochten die etwa 40 interessiel1en Händler auch sämtliche Bedingungen erfüllen, ihre Pläne<br />
konnten sie trotz<strong>de</strong>m nur selten verwirklichen. Am 16. Februar 1939 stellte <strong>de</strong>r verärgerte<br />
Theo Schmid fe t: "Die Hauptursache, weshalb die Geschäfte nicht errichtet wer<strong>de</strong>n konnten<br />
<strong>und</strong> auch heute noch keine Möglichkeit besteht, mit <strong>de</strong>m Bau <strong>de</strong>r Geschäftshäuser zu beginnen,<br />
besteht darin. daß die Straßen, an <strong>de</strong>nen die Geschäftshäuser erstellt wer<strong>de</strong>n sollen, nicht<br />
geschaffen sind. ja sogar in ihrer Linienführung noch nicht endgültig feststehen" 851. Viele<br />
Investoren gaben ihre Pläne <strong><strong>de</strong>s</strong>halb wie<strong>de</strong>r auf.<br />
Ähnlich unerfreulich entwickelten sich auch an<strong>de</strong>re Vorhaben zur Verbesserung <strong>de</strong>r Blumberger<br />
Infrastruktur. So hatte das Land Ba<strong>de</strong>n bereits im Herb t 1937 r<strong>und</strong> 300.000 RM als Beitrag<br />
zum Bau einer neuen Schule in Aussicht gestellt, doch konnte man wegen <strong><strong>de</strong>s</strong> drücken<strong>de</strong>n<br />
Material- <strong>und</strong> Arbeitskräftemangels erst im Herbst 1939 mit <strong>de</strong>r Ausführung beginnen. Da<br />
das alte Schulhaus nur eine Kapazität <strong>für</strong> 150 Schüler besaß, im Herbst 1938 aber schon<br />
mehr als 600 Kin<strong>de</strong>r zu untelTichten waren, überwies das Land Ba<strong>de</strong>n knapp 30.000 RM an<br />
die Gemein<strong>de</strong>kasse <strong>und</strong> finanziel1e auf diese Wei se <strong>de</strong>n Bau von vier hölzernen Schulbaracken.<br />
In <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Zeit kamen weitere Behelfsbauten hinzu.<br />
Konnte man die anstehen<strong>de</strong>n Bildungsprobleme wenigstens provisori ch lösen, so gelang dies<br />
bei an<strong>de</strong>ren wichtigen Vorhaben nicht mehr. Vergeblich drang Theo Schmid am 27. Mai<br />
1938 darauf. ein Krankenhaus in Blumberg zu bauen, das verletzte Bergarbeiter sofort behan<strong>de</strong>ln<br />
<strong>und</strong> <strong>de</strong>n risikoreichen Transport ins 15 km entfernte Donaue chingen überflü sig<br />
machen konnte. Angesichts <strong>de</strong>r häufigen Grubenunfälle sah das badische Innenministerium<br />
die Dringlichkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Vorhabens zwar ohne weiteres ein, doch sche iterte es am En<strong>de</strong> daran,<br />
daß sich we<strong>de</strong>r Reichsknappschafr. noch Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>ver icherungsanstalt o<strong>de</strong>r Reichsversicherung<br />
zur Finanzierung bereitfan<strong>de</strong>n. Schmid hätte gern auch etwas <strong>für</strong> die Hygiene <strong>de</strong>r Bergarbeite<br />
rfamilien getan, die ausnahmslos Häuser ohne Bad bewohnten. Der von ihm gefor<strong>de</strong>rte<br />
Bau ei ner öffentlichen Ba<strong>de</strong>anstalt ließ sich jedoch ebenso wenig reali sieren wie die Erweiterung<br />
<strong>de</strong>r bestehen<strong>de</strong>n Kläranlage. Auch das r<strong>und</strong> 25.000 RM teure Schlachthausprojekt wur<strong>de</strong><br />
nicht verwirklicht, obwohl Diplom-Ingenieur Alfred Wolfbis En<strong>de</strong> 1941 mehrere Entwürfe<br />
anfertigte. Als Konsequenz davon fan<strong>de</strong>n sämtlich Schlachtungen <strong>für</strong> die Blumberger Konsumenten<br />
auch weiterhin in einer Autogarage statt. Diese <strong>und</strong> zahlreiche an<strong>de</strong>re ungelöste Probleme<br />
veranlaßten die Geschäftsführung <strong>de</strong>r DBG am 31. Oktober 1939 schließlich dazu,<br />
e ine umfangreiche Denkschrift H61 in Karlsruhe vorzulegen. Geän<strong>de</strong>rt hat das freilich nichts.<br />
Sorgte die verschlechtene Lebensqualität bei manchen alteingesessenen Blumbergern ohnehin<br />
schon da<strong>für</strong>, daß sich die Sympathi e <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Eisenerzbergbau in Grenzen hielt, so stieß das
75<br />
rü<strong>de</strong> Verhalten <strong>de</strong>r DBG zahlreiche Landwirte unnötig vor <strong>de</strong>n Kopf. Ohne <strong>de</strong>ren Eigentümer<br />
auch nur zu fragen, lagel1e das Untell1ehmen seinen Grubenaushub auf frem<strong>de</strong>n Gr<strong>und</strong> tücken<br />
ab o<strong>de</strong>r errichtete dOl1 Wohn baracken <strong>für</strong> eine Arbeiter. Für eigene Bauvorhaben unterbrach<br />
es kurzerhand bestehen<strong>de</strong> Wege <strong>und</strong> verhin<strong>de</strong>rte damit über Monate hinweg, daß manche<br />
Bauell1 zu ihren Fel<strong>de</strong>ll1 gelangen <strong>und</strong> diese düngen o<strong>de</strong>r bestellen konnten. Entschädigungszahlungen<br />
mochte die Geschäftsführung entwe<strong>de</strong>r gar nicht, o<strong>de</strong>r - weml diese nach jahrelangem<br />
Disput doch nicht mehr abzuwen<strong>de</strong>n waren - nur in absolut unzureichen<strong>de</strong>r Höhe leisten.<br />
Theo Schmid teilte <strong>de</strong>r DBG <strong><strong>de</strong>s</strong>halb am 18. Januar 1937 verärgel1 mit: "Durch dieses Gebaren<br />
<strong>de</strong>r Doggererzbergbau GmbH ist die Erregung <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>stückseigentümer <strong>de</strong>rart, daß mit<br />
einem gewaltsamen Vorgehen gegen die Doggererzbergbau GmbH in Bäl<strong>de</strong> zu rechnen ist,<br />
wenn nicht alsbald eine Entschädigung bezahlt wird"87). Schmid han<strong>de</strong>lte sich mit seiner Beschwer<strong>de</strong><br />
frei lich nur eine spöttische Reaktion ein.<br />
Die Landwirte reagierten nicht ohne Gr<strong>und</strong> 0 erbost. Weil sie als Folge von Siedlungsbau<br />
<strong>und</strong> Werkserweiterung große Teile ihrer Fel<strong>de</strong>r verlieren mußten, fühlten sie sich in ihrer<br />
Existenz ell1sthaft bedroht. Aus Sorge um ihre Zukunft <strong>und</strong> um die Höhe <strong>de</strong>r Entschädigungseinkünfte<br />
taten sich die Blumberger Bauell1 schließlich am 7. ovember 1937 zusammen<br />
<strong>und</strong> appellierten gemeinsam an Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>- <strong>und</strong> Kreisbauell1führer, "eine Entscheidung zu<br />
treffen, daß die Siedlungen nicht in <strong>de</strong>m Ausmaß erstellt wer<strong>de</strong>n, wie dieses geplant ist, son<strong>de</strong>ll1<br />
in kleinerem Rahmen <strong>und</strong> auch auf weniger gutem landwirt chaftlichen Gelän<strong>de</strong>"8 '). Die Resolution<br />
hatte in dieser Hinsicht zwar keinen Erfolg, doch erhielten die Bauern von <strong>de</strong>r Siedlungsgesellschaft<br />
wenigstens ei nen Preis von 60 bis 75 Pfennigen je m 2 Acker. Die DBG<br />
dagegen än<strong>de</strong>rte ihre kompromißlose Haltung nicht <strong>und</strong> durfte sich noch im Herbst 1940<br />
vom Donaueschinger Landrat bescheinigen lassen, ihr Verhalten gegenüber <strong>de</strong>n Gr<strong>und</strong>stückseigentümern<br />
sei nach wie vor "rechtswidrig <strong>und</strong> unzulässig"89). Konkrete Folgen zeitigte <strong>de</strong>r<br />
Brief jedoch keine.<br />
Sicher verhielten sich Saarhülten <strong>und</strong> DBG gegenüber ihren Geschäftspartnern we<strong>de</strong>r<br />
großzügig noch korrekt. Auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite aber bleibt festzuhalten, daß auch die Initiatoren<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Blumberger Erzabbaus in handfesten Schwierigkeiten steckten: Obwohl seit 1934 mehrere<br />
Millionen RM in Gruben <strong>und</strong> Aufbereitungsanlagen investiert wor<strong>de</strong>n waren, zeichnete sich<br />
noch immer kein durchschlagen<strong>de</strong>r Erfolg <strong>für</strong> die Saarhütten ab. Hatten Röchling <strong>und</strong> Tgahrt<br />
ursprünglich auf Abbaukosten gesetzt, die zwischen 1,20 <strong>und</strong> 2 RM pro Tonne lagen, so<br />
stellten sich nun Werte von etwa 7 RM ein. Dieser Umstand <strong>und</strong> die unerwartet hohen Kosten<br />
<strong>für</strong> Röstung <strong>und</strong> magnetische Aufbereitung führten zu völlig an<strong>de</strong>ren Ergebnissen als von<br />
Röchling vorausgesagt: Statt 40 RM, wie von ihm noch im August 1935 öffentlich verkün<strong>de</strong>t 90 ),<br />
sollte es 110 RM kosten, um eine einzige Tonne Roheisen aus geröstetem Doggererz zu erzeugen<br />
91 ). Auch <strong>de</strong>r Neunkircher Generaldirektor TgahJ1 hatte mit <strong>de</strong>m von ihm favorisierten<br />
Schmelz- <strong>und</strong> Aufbereitungsverfahren keinerlei Gr<strong>und</strong> zur Freu<strong>de</strong>: Bestand <strong>de</strong>r Möller nämlich<br />
aus reinem Lurgi-Konzentrat, dann fielen sogar 121 RM an. Angesichts <strong><strong>de</strong>s</strong> Umstands, daß<br />
die Verhüttung französischer Minette gera<strong>de</strong> einmal 52,42 RM pro erzeugter Tonne Roheisen<br />
kostete, waren das nie<strong>de</strong>rschmettern<strong>de</strong> Werte. Aus diesem Gr<strong>und</strong> - <strong>und</strong> nicht nur <strong><strong>de</strong>s</strong>halb,<br />
weil Bergarbeiter fehlten - hielten sich die Saarhütten auch 1938 mit <strong>de</strong>r Blumberger För<strong>de</strong>rung<br />
ganz bewußt zurück. So lange ihre Hochöfen lediglich drei Prozent Doggererz enthielten,<br />
blieben schließlich auch die Gesamtkostensteigerungen im Rahmen. Trotz<strong>de</strong>m - so rechneten<br />
die Werke im Oktober 1938 aus - trugen sie bereits jetzt ganz beachtliche Lasten. Waren in<br />
Blumberg seit 1934 etwa 250.000 t Doggererz geför<strong>de</strong>rt wor<strong>de</strong>n, dann hatten die Saarhütten<br />
daraus etwa 50.000 t Roheisen erzeugen können. Unterstellte man, daß je<strong>de</strong> Tonne davon<br />
min<strong><strong>de</strong>s</strong>tens 50 RM höhere Gestehungskosten verursachte als die sonst übliche Minetteverarbeitung,<br />
daml betrug <strong>de</strong>r zwischen FrÜhjahr 1934 <strong>und</strong> Juli 1938 aufgelaufene Gesanltverlust
76<br />
to lze 2,5 Mio.RM. Lei<strong>de</strong> r war das noch nicht e inma l a ll es: Hinzu kamen Aufwendungen<br />
von mehr a ls 10 Mio.RM, die währe nd <strong><strong>de</strong>s</strong> g leiche n Zeitraums in das Blumbe rger Werk investiert<br />
wor<strong>de</strong>n waren, davon 5, I Mio.RM in <strong>de</strong>n Be rg w e rksbetrieb <strong>und</strong> 3 ,9 Mio.RM in die<br />
Aufbereitung anlagen. Es war <strong><strong>de</strong>s</strong>halb nur a ll zu verständlic h. wenn die Werke <strong>de</strong>n weitere n<br />
Ausbau ihre r Anlagen in <strong>de</strong>r Baal' nicht mit volle r Kra ft vorantrie be n.<br />
Verwandte Abkürzungen<br />
DBG<br />
Fe<br />
G HH<br />
Doggererz-Be rgbau GmbH<br />
Fen'um (Eisen)<br />
GUlehoffnungshüue-Konzern<br />
Anmerkungen<br />
I) Z itate au M. RI EDEL. Ei en <strong>und</strong> Kohle <strong>für</strong> das Drille Reich. GÖllingen 1973, S. 90 f. <strong>und</strong> W.<br />
FISCIIER, Deutsche Wirtschaftspol itik 19 18- 1945, Opla<strong>de</strong>n 1968. S. 76.<br />
2) 1936 waren in Deut chl and 6 1 Thomas-Hochöfen mit einem Koksdurchsatz von 9,38 Mio.t<br />
in Betrieb. Re erven bil<strong>de</strong>te n neun gedämpfte. zum Anblasen fertige Öfe n mit einem Koksdurchsatz<br />
von 1,55 Mio.t. Berichtüberdie Verarbeitung <strong>de</strong>utscherErze vom Juni 1937, Haniel<br />
Archiv Duisburg (künftig abgek. HA) 400 101 46/4.<br />
3) Denkschri ft "Wieweit können wir uns von <strong>de</strong>r Auslandslieferung an Eisenerzen un abhängig<br />
machen?" vom 27.1 0.1936. Registratur<strong>de</strong>rSaarstahl AG Werk Völklingen (k ünftig abgek. VK)<br />
2 185/9.<br />
4) Zu <strong>de</strong>n Zahlen vgl. G . MOLLIN, Montankonzerne <strong>und</strong> Drilles Reich, GÖllingen 1988, S. 372.<br />
Anhang 12.<br />
5) Aktennotiz Röchling vom 3 1. 10.1936, VK 2526/2. Denkschrift <strong>und</strong> Reise nach Berlindürften<br />
die Folgeeines vergeblichen Vorstoßes gewesen sein,<strong>de</strong>n Röchlingeine Woche zuvor gemacht<br />
halle. Anläßlich<strong>de</strong>r letzten SiLZung,eliedas Reichswi rtschaftsministerium zum Thema Ei enerze<br />
noch veranstaltete. hatte eier Kommerzienrat seinen Vo rschlag zum Hüttenbau in <strong>de</strong>r Baar<br />
eingebracht. war jedoch auf <strong>de</strong>n erbitte rten Wi<strong>de</strong>r tand seines eunkircher Kollegen Tgahn<br />
gestoßen. Da auch Oberberghauptmann Schlallmann wenig Interesse zeigte. hielte Röchling<br />
wohl <strong>für</strong>sinnvoll. seinen Vorschlag höhe ren Orts vorzubringen. Vg l. Nie<strong>de</strong>rschrift<strong>de</strong>rBesprechung<br />
vom 2 1.1 0.1936. Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>bergamt Freiburg (künftig abgek. LBA) 13A/150.<br />
6) Aktenvermerk Tgahn vom 7.11.1936. Stadtarchi v eunkirchen, Depositum Saarstahl AG.<br />
unverzeichneter Bestand (künfti g abgek. IK).<br />
7) Vernlerk vom 6.12. 1936, HA 400 101 304/5.<br />
8) Protokoll <strong>de</strong>r Sitzung im Donaue chinger Hotel Schützen am 4. 12. 1936, NK.<br />
9) ie<strong>de</strong>rschrift über die Besprechung am 17. 12. 1936. NK.<br />
10) Je 27 % übern ahmen die Eisenwerke in eunkirchen, Burbach <strong>und</strong> Völklingen, 12,5 % entfiel<br />
au f Dillingen, während die Halberger Hütte nur 6.5 ')t übernahm. Vorbereiten<strong>de</strong> Beschlüsse<br />
wur<strong>de</strong>n bereits in <strong>de</strong>r Sitzung vom 23. 1.1937 gefaßt. Hoffnungen, dal~ sich die Ruhrwerke mit<br />
200.000 RM an <strong>de</strong> r Anlage beteiligen wür<strong>de</strong>n. zerschlugen sich bald.<br />
11 ) earl Paul Debuch an Paul Pleiger vom 11.5.1 937, BA R 25/1 84. Symptomatisch <strong>für</strong> das<br />
gestörte Verh ältni s zwischen Röchling <strong>und</strong> Tgahrt ist fo lgen<strong>de</strong> r Protokollauszug: "Tgahn ...<br />
fragt Heml Röchling, warum er beson<strong>de</strong>re Wege gehen wolle. Röchling: Eine gemeinsame<br />
Linie habe ich noch nicht gesehen. Er verwahrt sich gegen <strong>de</strong>n Vorwurf, daß man ihm e ine<br />
Störung <strong>de</strong>r Gemeinschaft vorwerfe: er sei <strong>de</strong>r einzige Betreiben<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Doggererz- Bergbaus<br />
gewesen. Tgahn verwahrt sich gegen die UJ1Ierstellung. er habe Herrn Röchling Störung eier<br />
Gemeinschaftvorgeworfen: 'Wir kamen freiwillig zur Doggererz-Bergbau GmbH'. Röchling:<br />
"Ich wäre I ieberallein gegangen". Reisebericht Dr. StrickrodtüberelieGesellschafterversmnmlung<br />
<strong>de</strong>r DBG vom 12.3. 1937 in eunkirchen, BA R 25/184.<br />
12) Anlage zum Protokoll <strong>de</strong>r Besprechung vom 20.5. 1937, BA R 25/184.
13) ach folgen<strong>de</strong> Zahlen aus <strong>de</strong>m Vermerk "Süd<strong>de</strong>utsche saure Eisenerzvorkommen" vom<br />
11.5.1937, BA R 25/182.<br />
14) Vierjahresplan in <strong>de</strong>r Fassung vom 10.1 .1937, Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>archiv-Militärarchiv Freiburg Wi I F 5<br />
Bü 2363.<br />
15) Die För<strong>de</strong>rung von 3,6 Mio.t Erz entspricht exakt <strong>de</strong>m im Vierjahresplan genannten Abbauwert<br />
von 775.000t reinem Eisen (Fe) <strong>für</strong>das1ahr 1940. Die von Pleigerim Plan <strong>für</strong> 1941 angesetzte<br />
För<strong>de</strong>rziffervon 1,05 Mio.t Fe (ca. 4,8 Mio.t Eisenerz) wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r DBGjedoch nicht mitgeteilt.<br />
16) Doggererz-Bergbau GmbH an Göring vom 7. 1.1937. BA R 25/184.<br />
17) ie<strong>de</strong>rschrift überdie Besprechung Pleigers mit einigen <strong>de</strong>ut chen Hüttenwerken am28.1.1937,<br />
S. 2. BA R 25/183.<br />
18) Protoko ll <strong>de</strong>r Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>planungsgemeinschaft vom 30.4.1937, Gemein<strong>de</strong>registratur Blumberg<br />
(künftig abgek. Blu).<br />
19) Am Gesamlkapital von 251.000 RM beteiligte sich das Reich mit 150.000 RM,je50.000 RM<br />
übernahmen DBG <strong>und</strong> (lan<strong><strong>de</strong>s</strong>eigene) Badische Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>kreditanstalt. Den Rest von 1.000 RM<br />
hie lt die Badische Heimstätte.<br />
20) Protokoll <strong>de</strong>rGesell schafterversammlung<strong>de</strong>r DBG am 13.9.1937, K. Die Kostenangabe von<br />
2,3 Mio.RM bezieht sich auf die Bauab chnine J <strong>und</strong> 11 in Blumberg (zusammen 400 Wohnungen),<br />
ohne die Werkswohnungen <strong>de</strong>r DBG <strong>und</strong> ohnedie im Mai 1937 geplanten 10 Einheiten<br />
in Gutmadingen. Kostenvoranschlag <strong>für</strong> letztere: 57.500 RM.<br />
21) Bad. Heimstättean bad. Innenmini terium vom 17.1 2. 1937, Blu. Die Ausführungen hören sich<br />
vergleich weise hannlos an. Wie weit die Behör<strong>de</strong>n tatsächlich im Privatleben <strong>de</strong>r Antragsteller<br />
herumschnüffeln konnten, zeigt ein Kriminalbiologische Gutachten, da Schmid zu Beginn<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> 1ahres 1937 bei <strong>de</strong>r Kriminalbiologischen Sammelstelle in München anfor<strong>de</strong>rte. Darin erfuhr<br />
<strong>de</strong>r B lumberger Bürgernleister nicht nurzahlreiche Detai Is aus <strong>de</strong>m Leben eines Antragsteller<br />
("schwach begabt, lügenhaft. Anlagezur Heuchelei. sehrwillensschwach, schon als 14jähriger<br />
Knabe kriminell <strong>und</strong> sittlich verwahrlo t"). son<strong>de</strong>rn auch von Gerüchten überdie "anomale Veranlagung<br />
<strong>de</strong>r Mutter <strong>und</strong> das Trinkertum, sowie die Tobsuchtsanfälle" <strong><strong>de</strong>s</strong> Bru<strong>de</strong>rs.<br />
22) Gutachten Wurnl vom22.11.1940, Blu. Den Au wirkungen <strong><strong>de</strong>s</strong> Doggererzabbaus aufdie Gemein<strong>de</strong><br />
Blumberg <strong>und</strong> ihre Einwohner kann hier nur in beschränktem Umfang nachgegangen<br />
wer<strong>de</strong>n. V gl. dazu auch J. STL; RM (Hrsg.), Die <strong>Geschichte</strong> <strong>de</strong>r Stadt Blumberg. hier insbes. die<br />
Beiträge von Th. MIETZNER (S. 20 I ff.) <strong>und</strong> A. Walz (S . 350 Ff.).<br />
23) Bürgermeisteramt Blumberg an Bezirk amt Donaueschingen vom 22.6. 1937. Blu.<br />
24) An Er chließungskosten <strong>für</strong> die Bauabschnirte I <strong>und</strong> 1I fielen an: Straßenbau 173.000 RM ,<br />
Kanalisation 145.000 RM. Wasserversorgung 150.000 RM <strong>und</strong> Strom leitungen 60.000 RM.<br />
Von <strong>de</strong>r Gesamt. umme in Höhe von 528.000 RM konnten 28.000 RM auf die Wohnungsbaukosten<br />
überwälzt wer<strong>de</strong>n. Die Restsumme von knapp einer halben Mio.RM wur<strong>de</strong>n über<br />
Reich beihilfen (330.000 RM). sowie verlorene Zuschüsse von Land (50.000 RM), Badische<br />
Heimstätte (40.000 RM) <strong>und</strong> DBG (80.000 RM) finanziert.<br />
25) Protokoll <strong>de</strong>r Besprechung vom 5.1 0.1937 mit <strong>de</strong>r Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>planung gemeinschaft Ba<strong>de</strong>n. LBA<br />
9 A/98.<br />
26) Bürgernleisteramt Blumberg an Bezirksamt Donaueschingen vom 4.8.1937. Blu. Die angegebenen<br />
1,88 Mio.RM beinhalteten auch die Erschließungskosten <strong>für</strong> die 400 Häuser <strong>de</strong>r<br />
Bauab chnitte I <strong>und</strong> rr.<br />
27) Oberst Löb an GHH vom 18.2.1 937. BA R 25/183.<br />
28) Aktennotiz Kellennann über seine Besprechung mit Pleiger am 14.3.1937, HA 400 10 I 304/5.<br />
29) G. ALßIEZ, Eisenerzbergbau in GUlmadingen. S. 19 behauptet, das GHH-Wohnbau projekt von<br />
1937 sei nicht realisiert wor<strong>de</strong>n. Die Bauakten <strong>de</strong>rGemein<strong>de</strong>Gutmadingen belegen in<strong><strong>de</strong>s</strong>sen.<br />
daß im Herbst 1938 drei Häusermit 12 Wohnungen <strong>für</strong> die Belegschaft<strong>de</strong>rGHH fertiggestellt<br />
wur<strong>de</strong>n.<br />
30) HA 400 101 46/2 sowie Vermerk Tgahrt vom 18.3.1937, K.<br />
3 I ) Sowohl die Vereinigten Stahlwerke, als auch die Mittel<strong>de</strong>utschen Stahlwerke mußten <strong>de</strong>m Amt <strong>für</strong><br />
<strong>de</strong>utsche Roh-<strong>und</strong> Werk toffe in<strong>de</strong>rZeit zwischen <strong>de</strong>m 6. <strong>und</strong> 9. Februar 1937 eine Kosten- <strong>und</strong><br />
Materialaufstellung <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Bau eines Hüttenwerks samt Kokerei ausarbeiten. BA R 25/185.<br />
77
78<br />
32) B R 25/184.<br />
33) Aktenvennerk 4: "Vorsch läge <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Ausbau e iner frä nki schen Eisenhüttenindustrie" vom<br />
17.3. 1937. BA R 25/184.<br />
34) RI EDEL. Eisen <strong>und</strong> Kohle <strong>für</strong> da Dritte Re ich, Göltingen 1973. S. 137.<br />
35) T.R. EM EssE ,Aus Görings Schreibtisch. Berlin 1947, S. 73 Ff.<br />
36) Aktennotiz Tgahrt über sein Telefonge präch mit Paul Reusch vom 5.6.1937, K.<br />
37) Siehe Anm. 11 .<br />
38) Wie Anm. 36.<br />
39) BA R 25/187.<br />
40) Ke llennann an Reuseh über die S itzung vom 16.6. 1937. HA 404 101 303/0.<br />
4 1) Undatierter Entwurf Röchlings. VK 2 184.<br />
42) Vertrag vom 16.7. 1937. § 2, Depositum Salzgitter AG, Hannover im Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>archiv 12/272/ 1.<br />
43) Anordnung zur Sicherstellung <strong><strong>de</strong>s</strong> planmäßigen Ausbaus <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Eiseninduslrie vom<br />
16.9.1937, Deut eher Reichsanzeiger r. 2 16 vom 18.9.1937. S. I f.<br />
44) Pleiger an Bayerische Berg-, HÜllen- <strong>und</strong> Salinen AG vom 2 1.5 . 1937, BA R 25/181.<br />
45) Reusch an Pleiger vom 30.8. 1937. LBA 13A/147.<br />
46) Aktennotiz Röchling vom 23.8.1937, VK 2 185/5.<br />
47) VK. E- K 65/286 <strong>und</strong> 2 184.<br />
48) Aktennoti z Röchl ing vom4.5. 1938 überein Gespräch mitRheinlän<strong>de</strong>r, VK 2 185. Rheinlän<strong>de</strong>r<br />
war Referent im Aml <strong>für</strong> <strong>de</strong>utsche Roh- <strong>und</strong> Werkstoffe.<br />
49) Bericht Lennings vom Augu t 1938, HA 400 101 304/7.<br />
50) Bericht Wilhelmi vom August 1937, HA 400 101 304/7.<br />
51) Protokoll <strong>de</strong>r Silzung vom 26.2.1 938. HA 400 10 1 304/7.<br />
52) Vennerk vom 28. 10.1938, HA 400 10 1 303/4b.<br />
53) Vennerk au mann über sein Gespräch mit Herm ann Reusch am 23. 11.1 935, LBA 13 A/l50.<br />
54) DBG an bad. Finanz- <strong>und</strong> Wirtschaftsministerium vom 17.6. 1936. LBA 9 A/98.<br />
55) DBG an bad. Finanz- <strong>und</strong> Wirtschaftsmini. terium vom 29.7. 1936, LBA 9 A/98. Es han<strong>de</strong>lte<br />
sich um die Areale: Berchen. Fürstin Irma. Dorotheengrube, Dorolheengruben 11 <strong>und</strong> 11, Max<br />
Egon. G roßer <strong>und</strong> Kleiner Buchberg. Zollhaus, Wolfental , Bohlkopf <strong>und</strong> Ran<strong>de</strong>nkopf.<br />
56) Bad. Finanz- <strong>und</strong> Wirtschaft sministerium an DBG vom 14. 12.1936, Staatsarchiv Freiburg, unverz.<br />
Be land Doggererz AG (künftig abgek. StF). Die Vertragsentwürfe befin<strong>de</strong>n sich im<br />
Fürst!. Fürstenbergischen Archiv, Generalia Bergbau. Das Lin sen-Eisenerzvorkommen bei<br />
Gutilladingen <strong>und</strong> Blumberg, 1925- 1936, Vol. 2. Fasz. 3.<br />
57) eunkircher Eisenwerk an DBG vom 4. 1.1 937, StF.<br />
58) DBG an bad. Finanz- <strong>und</strong> Wirtschaflsmini steriulll vom 2 1.1. 1937, LBA 9 A/98.<br />
59) Fürstlich Fürstenbergische (kü nfti g abgek. FF) Kammer an bad. Finanz- <strong>und</strong> Wirtschaftsministeri<br />
ulll vom 25.2.1937. LBA 9 A/98.<br />
60) Aktennotiz Röchling vom 5.5.1937. StF.<br />
61) FF-Kammeran DBG VOIll 1.1 0. 1937, LB A 9 A/96.<br />
62) Vertrag zwischen <strong>de</strong>m Land Ba<strong>de</strong>n <strong>und</strong> <strong>de</strong>r DBG vom 24.1 1./6. 12. 1937. LBA 9 A/98. Das<br />
Land verzichtete auf eineFlächenabgabe <strong>und</strong> stelzte eine För<strong>de</strong>rabgabe von einem Pfennig pro<br />
Tonne gewonnen Erzes durch. Die Laufzeit <strong>de</strong>r Vereinbarung betrug 30 Jahre <strong>und</strong> bei nhaltete<br />
eine Verl ängerung option Ulll zweilllal 30 Jahre.<br />
63) FF-Kammer an Amt fü r <strong>de</strong>utsche Roh- <strong>und</strong> Werkstoffe vom 9. 11.1 937, LBA 9 A/96.<br />
64) Gabel an Dr. Bretz.<strong>de</strong>n Leiter<strong>de</strong>r Rohstoftbetriebe<strong>de</strong>r Vereinigten Stahlwerke, vom22. 11 .1937,<br />
LBA 9 A/96.<br />
65) Vereinigte Stahlwerke ,m FF-Kamiller VOIll 8. 11 . 1937, LBA 9 A/96.<br />
66) Amt <strong>für</strong> <strong>de</strong> ut sche Roh- <strong>und</strong> Werksloffe an FF-Kammer VOIll 18. 1. 1938, LBA 9 A/96.<br />
67) FF-Kammer an DBG VOIll 29. 12.1937, LBA 9 A/96. Der Vertragslext befin<strong>de</strong>t sich im FF<br />
Archi v, Generalia Bergbau, Das Eisenerzvorkoillmen bei GUlllladingen <strong>und</strong> Blumberg 1937-<br />
194 1, Vol Nr. 2, Fasz. 4.<br />
68) FF-Kaillmer an DBG VOIll 29. 1. 1938, LBA 9 A/96.<br />
69) Besprechungsprotokoll VOIll 3.3. 1938. StF.<br />
70) DBG an FF-Kammer vom 25.3 .1 938. LBA 9 A/96.
71) FF-Kammer an DBG vom 1.4.1938, FF-Archiv wie Anm. 67. Danach reduzierte die FF<br />
Kammer <strong>de</strong>n verlangten För<strong>de</strong>rsatz von bislang 5 Pfennigen auf <strong>de</strong>utlich geringere Werte. die<br />
von einem Pfennig ( 1935-1945) stufenweise auf2,5 Pfennige (ab 200 I) pro Tonne ansteigen<br />
sollten.<br />
72) Nie<strong>de</strong>rschrift über die Besprechung (<strong>de</strong>r DBG) mit <strong>de</strong>r FF-Kammer in Donaueschingen am<br />
14.5.1938, StF.<br />
73) Dervon DBG<strong>und</strong> FF-Verwaltung gemeinsam entwickelte Kaufvertrag entwurf vom 8./5.9. 1938<br />
sah exakt diese Bestimmungen vor. Das Dokument <strong>und</strong> <strong>de</strong>r im folgen<strong>de</strong>n genannte Brauereivertragsentwurf<br />
wird verwahrt im FF-Archiv wie Anm. 67.<br />
74) Basaltvertragsentwurf, FF-Archiv. wie Anm. 67.<br />
75) vgl. G.ALBJ EZ, Ei enerzgrube Kahlenberg, in: Zeitschrift Fürdie Ortenau, 1979, S. 137 ff. <strong>und</strong><br />
<strong>de</strong>rs., Eisenerz-Bergbau am Schönberg, Badische Heimat. 1978, S. 283 ff.<br />
76) Eröffnungsbilanz <strong>de</strong>r DBG vom 1.2. 1936. K. owie Jahresbilanz 1937, Blatt 8, StF.<br />
77) Bericht r. 305 Sa. übertechnischen Zustand <strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit<strong>de</strong>rErzaufbereitung anlagen<br />
<strong>de</strong>r Doggererz GmbH vom 20.5.1938 <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>de</strong>utscher Ei enhüllenleute. TK.<br />
78) Aktennotiz Schmid vom 4.2.1938, Bill.<br />
79) Schmid an DBG vom 8.12.1936. Blu.<br />
80) vgl. w.-1. SEIDELMANN, Schriften <strong>de</strong>r Baar. Bd. 40 ( 1997). S. 72.<br />
81) DBG an Gauleiter Wagner vom 19.5.1938, Blu.<br />
82) DBG an Theo Schmid vom 15.7.1938, Blu.<br />
83) Theo Schmid an bad. Tnnenmini ter vom 27.5.1938, Blu.<br />
84) THK Freiburg an Bezirksamt Donaueschingen vom August 1938. Blu.<br />
85) Aktenvennerk Theo Schmid vom 16.2. 1939. Blu.<br />
86) DBG-Denkschrift "Schwierigkeiten.die<strong>de</strong>m Ausbau von Werk <strong>und</strong> Stadt Blumbergentgegenstehen"<br />
vom Oktober 1939. LBA 10 Aj109.<br />
87) Theo Schmid an DBG vom 18. 1.1937, Blu.<br />
88) Resolution an Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>- <strong>und</strong> Kreisbauemführer vom 7.11.1937, Blu.<br />
89) Donaueschinger Landrat an Doggererz AG vom 24.9. J 940, Blu.<br />
90) Bericht Brackeisberg über die Besichtigung <strong>de</strong>r Völklinger Hüne am 24.8.1935. HA 40 126/23.<br />
91) "Denkschrift (<strong>de</strong>r DBG) über die bisherigen <strong>und</strong> zukünftigen Aufwendungen <strong>de</strong>r Saarhürten<br />
<strong>für</strong> die Gewinnung <strong>und</strong> Verwertung <strong>de</strong>r südbadischen Doggererze au Zollhaus-Blumberg"<br />
vom Oktober 1938, K.<br />
79
80<br />
Nach<strong>de</strong>m Göring <strong>de</strong>n Schwerpunkt <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Eisenerzför<strong>de</strong>rung auf da Salzginergebiet<br />
verlagert hatte, w ur<strong>de</strong>n die Pl anziffern <strong>für</strong> <strong>de</strong>n badischen Doggererzabbau im Verlaufe <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Jahres 1937 <strong>de</strong>utlich nach unten kOiTigiel1 (vgl. die bei <strong>de</strong>n Plan fassungen). Trotz<strong>de</strong>m konnten<br />
sie niemal in die Realität umgesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />
Tab. I: Ziele <strong><strong>de</strong>s</strong> Vierjahresplans <strong>für</strong> die Eisenerzför<strong>de</strong>rung in <strong>de</strong>r Baal' - <strong>und</strong> ihre Erfüllung (Angaben<br />
in 1.000t)<br />
lahr I. Plan fass . 4. Planfass. För<strong>de</strong>rg. För<strong>de</strong>rg. Oesamt- Planerv.IO.1.37<br />
v.31.12.37 in Out- in Blum- för<strong>de</strong>rg. füllung ' )<br />
madingen berg Baar<br />
Fe Roherz 21 Fe Roherz Roherz<br />
1936 - - - - 79 19 98 -<br />
1937 47 252 57 306 100 165 265 86 %<br />
1938 263 1.200 197 1.000 126 440 566 57 %<br />
1939 615 2.900 394 2.000 105 920 1.025 51 %<br />
1940 775 3.600 628 3.000 31 126 953 1.079 36 %<br />
194 1 1.040 4.800 - - 125 918 1.043 -<br />
1942 - - - - 5 79 84 -<br />
I) gemes en an <strong>de</strong>n Zi ffern <strong>de</strong>r 4. Planfassung<br />
2) Dic Vierjahrespläne geben die Ziele in <strong>de</strong>r Regel nur in Reineisenei nheiten (Fe) an. L ed iglich<br />
in zwei Fällen liegen exakte Roherzzahlen vor. Die übrigen wur<strong>de</strong>n vom Verfasser berechnet.<br />
3) Das För<strong>de</strong>rziel wur<strong>de</strong> in einer späteren Pl anfassung wie<strong>de</strong>r aur3,6 Mio.t Roherz erhöht.<br />
Tab. 4: Or<strong>und</strong>daten ausgewählter Haustypen im Blumberger Siedlungsprogramm<br />
Haus- Zahl <strong>de</strong>r Raumaufteilung Fläche Miete in RM<br />
typ Wohnungen in m 1 bei Baube- ab<br />
pro Haus ginnkalk. 1.7.41 1.7.44<br />
A 2 EO: Küche + 2 Zimmer 41.90 27.60 24,00 27,50<br />
00: Küche + I Zimmer 33,91 17,65 13,00 15,00<br />
B 2 EO: Küche + 2 Zimmer 43,6 1 27,00 22,70 26.70<br />
00: Küche + I Zimmer 26,75 16,80 14,50 16.60<br />
C I unbekannt 52.15 32.40 29,70 32.80<br />
Weitere Haustypen wur<strong>de</strong>n mit D. F. O. H benannt. Mit Ausnahme von Typ H besaßen keine von ihnen<br />
die Einliegerwohnungen <strong>de</strong>rerSlen Häusergeneralion (Typ A <strong>und</strong> B). Zum Vergleich: Der ettoverdiensl<br />
eines Blumberger Bergmanns betrug im Jahre 1939 r<strong>und</strong> 120 RM im Monat. Die durchschnittlichen<br />
ettolöhne rur Unter-<strong>und</strong> Übertage-Per. onal <strong>de</strong>r DoggererzAO lagen 1940 bei genau 143,92 RM pro<br />
Monat.
81<br />
Tab. 2: Gr<strong>und</strong>daten <strong><strong>de</strong>s</strong> Blumberger Siedlungsprogramms<br />
Baustufe J TI m IV<br />
Häuserzahl 32 168 203 204<br />
Wohnungszahl 64 336 239') 366 2 )<br />
Haustypen B A,B B. C, D, F, G C, B,H<br />
Baubeginn Apri l 37 Aug.37 Juni 38 Sept. 38<br />
Bauen<strong>de</strong> Dez. 37 Sept. 38 Sept. 39 1940<br />
Baukosten 285.540 RM 1.1713.600 RM 1.554.000 RM ?<br />
I) weitere 1I Bergarbeiterwohnungen wur<strong>de</strong>n in Riedböhringen gebaut.<br />
2) davon wur<strong>de</strong>n 68 wie<strong>de</strong>rstillgelegr.<br />
Tab. 3: Die Erschließungskosten <strong><strong>de</strong>s</strong> BlumbergerSiedlungsbaus <strong>und</strong> ihre Verteilung (Angaben in RM)<br />
Baustufen I <strong>und</strong> I1 m IV Gesamt<br />
Straßenbau 173.000 97.200 ? ?<br />
Kanalisation 145 .000 84.000 ? ?<br />
Wasselversorgung 150.000 32.000 ? ?<br />
Stromversorgung 60.000 15.000 ? ?<br />
Gesamtkosten 528.000 228.200 180.000 936.200<br />
Ko tenübemahme durch<br />
Hauseigentümer 28.000 21.700 17.000 66.700<br />
Reichsbeihilfe 330.000 139.000 11 1.700 580.700<br />
Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>zuschuß 50.000 26.900 15 .300 92.200<br />
ZuschußBad.Heimstätte 40.000 40.600 36.000 116.600<br />
Zuschuß DBG 80.000 - - 80.000<br />
Weite, nicht exakt quantifizierbare Summen hatte die Gemein<strong>de</strong> Blumberg zu tragen.<br />
Tab. 6: Gesamtübersicht über die Lastenverteilung<br />
Reich<br />
Land Ba<strong>de</strong>n direkt<br />
Bad. Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>kreditanstalt<br />
Landkreis Donaueschingen<br />
Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>versicherungsanstalt<br />
Reichsknappschaft<br />
Summe<br />
4.311.220 RM<br />
470.000 RM<br />
392.000 R M<br />
18.000 RM<br />
J .627.000 RM<br />
914.000 RM<br />
7.732.220 RM<br />
Da nichtsämtliche Projekte verwirklicht wur<strong>de</strong>n, flossen auch nichtalle genannten Summen tatsächli ch<br />
nach Blumberg.
82<br />
Tab. 5: Übersicht über die von <strong>de</strong>r öffentlichen Hand zum Ausbau Blumbergs bi s zum 15.5. 1940<br />
bereitgestellten Minel, Que lle: BA R7/590<br />
I. Reich<br />
Wohnungsdarlehen (Absehn. I-IV) zu I % Zins:<br />
Reichsbürgschaften (Absehn . I-IV) <strong>für</strong> I b- Hypotheken<br />
Finanzierungshilfen <strong>für</strong> Erschließungskosten <strong>de</strong>r Abschnitte I bis V<br />
Finanzierungshilfe <strong>für</strong> Schulhau bau <strong>und</strong> Lehrerwohnungen ( I. Teilbetrag)<br />
Finanzierungshilfe <strong>für</strong> Kläranlage<br />
Finanzierungshilfe fü r Großwasserve rsorgung ( I. Teilbetrag)<br />
Finanzierungshilfe <strong>für</strong> Ausbau <strong>de</strong>r Land. traße 11. Ordnung bei Blumberg<br />
Beteiligung an <strong>de</strong>r S iedlungsgesell schaft <strong>für</strong> das Doggererzgebiet Oberba<strong>de</strong>n<br />
Darlehen an die Doggererz AG zur Refinanzierung <strong>de</strong>r Werksdarlehen,<br />
unverzinslich<br />
Summe <strong>de</strong>r Reichsbeilräge<br />
1.715.000 RM<br />
1.000.520 RM<br />
680.700 RM<br />
200.000 RM<br />
4 1.000 RM<br />
164.000 RM<br />
30.000 RM<br />
150.000 RM<br />
330.000 RM<br />
4.3 1 I .220 RM<br />
IT.<br />
Land Ba<strong>de</strong>n<br />
a) direkt Beiträge<br />
Zuschüsse zu <strong>de</strong>n Erschließungskosten <strong>de</strong>r Abschnitte I bis V<br />
Zuschuß <strong>für</strong> Schulhausbau<br />
Zuschuß <strong>für</strong> Schulbaracken<br />
Zuschuß <strong>für</strong> Lehrerheim<br />
Summe <strong>de</strong>r direkten Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>beiträge<br />
120.000 RM<br />
300.000 RM<br />
39.000 RM<br />
ll.OOO RM<br />
470.000 RM<br />
b) indirekle Beiträge (durch Bad. Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>kreditanstalt <strong>für</strong> Wohnungsbau)<br />
Darlehen <strong>für</strong> Gr<strong>und</strong> tückserwerb<br />
Zuschu ß zur EITichtung eines gemeindlichen Bauamts<br />
Zuschuß zu Pl an ungsarbeiten<br />
Darlehen <strong>für</strong> die Enichtung eines Schlach thauses (verzins!. mit 3 %)<br />
Baudarlehen zu 4 % Zins<br />
erststellige Hypotheken zu 4 ,5 % Zins<br />
Zuschuß <strong>für</strong> die Beschaffung von Mustermöbeln<br />
Beteili gung an <strong>de</strong>r Siedlungsgesellschaft <strong>für</strong>das Doggererzgebiet Oberba<strong>de</strong>n<br />
Zuschuß zum Einbau von Zimme rn <strong>für</strong> Hüttenarbeiter<br />
Summe <strong>de</strong>r indi rekten Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>beiträge<br />
100.000 RM<br />
37.500 RM<br />
3.500 RM<br />
40.000 RM<br />
43.000 RM<br />
102.000 RM<br />
6.000 RM<br />
50.000 RM<br />
10.000 RM<br />
392.000 RM<br />
TU . Landkreis Donaueschingen<br />
Zuschuß zum Ausbau <strong>de</strong>r Landstraße 11. Ordnung bei Donaueschingen<br />
18.000 RM<br />
IV. Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>versicherungsanstalt Ba<strong>de</strong>n<br />
1- <strong>und</strong> Ib-Hypotheken fü r Bauabschnitte I bis llT zu 4.5 0/, Zin<br />
1.627.000 RM<br />
V. Reichsknappschaft<br />
1- <strong>und</strong> Jb-Hypotheken (IV. Abschnitt) zu 4,5 % Zins<br />
Zuschuß zu Sanitätsbaracke<br />
Bei hjl fezur Erweiterung <strong><strong>de</strong>s</strong> Krankenhauses Donaueschingen<br />
SummeReichsknappschaftsleistungen<br />
804.000 RM<br />
10.000 RM<br />
100.000 RM<br />
9 14.000 RM
83<br />
Tab. 7: Bezugskosten <strong>de</strong>r Saarwerke <strong>für</strong> Blumberger Rösterz, Lurgi-Konzentrat <strong>und</strong> französ ische<br />
Minette je t (1938)<br />
Erzart geröstetes Doggererz Lurgi-Konzentrat 1) franzö . Minerte<br />
19,5 % Fe 43,2 % Fe 29,0 % Fe<br />
För<strong>de</strong>rkosten 7,00 RM 7,00 RM 21<br />
39,40 RM<br />
Röstkosten<br />
5,00 RM<br />
-<br />
Verla<strong>de</strong>kosten 0,16 RM 0,20 RM -<br />
Frachtkoslen zur Saar 1,48 RM 1,85 RM -<br />
Entla<strong>de</strong>kosten 0,16 RM O, IORM O,IORM<br />
Brechen - - 0, 15 RM<br />
Sintern 0.53 RM 2,00 RM 0,67 RM<br />
Bezugskosten je l 14,33 RM 43,55 RM 7,92 RM<br />
I) bezogen auf eine t Lurgi-Konzentrat<br />
2) Die Lieferung <strong>de</strong>r Minette erfolgte <strong>für</strong> 7 RM frei Hütte.<br />
Tab. 8: Technische Gr<strong>und</strong>daten zur Verhüttung von Blumberger Rösterz, Lurgi-Konzenlrat <strong>und</strong><br />
französischer Minerte<br />
Erzart<br />
Rösterz<br />
Lurgi-Konz.<br />
Minette<br />
Erzbedarf je t Roheisen<br />
Koksbed. je t Roheisen<br />
5,2 t<br />
1.1. 85 kg<br />
2,2 t<br />
850 kg<br />
3,3 1 t<br />
1.000 kg<br />
Tab. 9: Vergleich <strong>de</strong>r Roheisengestehungskosten aus Blumberger Rösterz, Lurgi-Konzentrat <strong>und</strong><br />
französischer Minette (je t Roheisen) im Jahre 1938<br />
Erzart Rösterz Lurgi-Konz. Minette<br />
Erzkosten 74,5 1 RM 96,68 RM 26,22 RM<br />
Kokskosten 2 1,30 RM 15,30 RM 18,00 RM<br />
Verarbeitung 9,70 RM 6,97 RM 8,20 RM<br />
Fackelverlu t gegenüber<br />
M inettebetrieb 1,05 RM - -<br />
Entschwefel ung (Soda) 2.70 RM 1,00 RM -<br />
Schlackenabfuhr 0,60 RM - -<br />
Phosphorzugabe - 1,50 RM -<br />
Kosten je t Roheisen 109,86 RM 121,45 RM 52,42 RM
84<br />
earl Borromäus Fickler*<br />
von Wolfgang Hilpert<br />
4. Wissenschaft <strong>und</strong> Wie<strong>de</strong>rerweckung <strong>de</strong>r" Gesellschaft" von 1805<br />
Pädagogisches Talent <strong>und</strong> ausgeprägte eigung zur Wissenschaft waren beim hochbegabten<br />
C.B.A. Fickler in glücklicher Weise gepaart. Ohne Zweifel ist er seinen beruflichen Pflichten<br />
korrekt <strong>und</strong> mit Veranrwortungsgefühl nachgekommen. nd doch spürt man aus zahlreichen<br />
Äußerungen, daß ihn <strong>de</strong>r gewählte Beruf nicht voll befri ed igte, daß er ihn als eine lästige<br />
otwendigkeit zur Existenzsicherung ansah, aber nicht unbed ingt al. seine wahre Beruf ung.<br />
So fin<strong>de</strong>n w ir Fickler während seiner gesamten Dienstzeit, ob in Donaueschingen in Rastatt<br />
o<strong>de</strong>r in M annheim, immer auch als fleißigen Wi senschaftier. Er steht insofern <strong>für</strong> <strong>de</strong>n im<br />
19. Jahrh<strong>und</strong>ert nicht eben seltenen Typus <strong><strong>de</strong>s</strong> auch w i sensehaftlieh tätigen Gymnasiallehrers.<br />
An<strong>de</strong>rerse its sprengt er <strong>de</strong>n normalen Rahmen durch die staunenswerte Fülle seiner wissenschaftlichen<br />
Aktivitäten.<br />
Verfolgt man Fick lers Publikationen in chronologischer Reihenfolge, so ist erkennbar, daß er<br />
ich zunächst mit Themen <strong>de</strong>r eigenen Schule <strong>und</strong> aus <strong>de</strong>m Bereich <strong>de</strong>r klassischen Phi lologie<br />
beschäftigte. 18 ) Dabei fehlt es nicht an Bezügen zum direkten Umfeld (<strong>Geschichte</strong> <strong>de</strong>r Schule,<br />
Donauquelle) o<strong>de</strong>r zur Po litik. Beispielhaft sei dies am Vorwort zu <strong>de</strong>r Arbeit "Einige über<br />
die griechischen Frauen im hi tori ehen Zeitalter", Schu I programm 1848, aufgezeigt. Fickler<br />
chreibt dort:<br />
"Von einer mehrjährigen Gewohnheit. <strong>de</strong>m Herbstprogramme eine Abhandlung aus <strong>de</strong>m Kreis <strong>de</strong>r<br />
vaterländischen <strong>Geschichte</strong> beizugeben, bin ich zu einer Zeit abgegangen. da man kaum ohne Schmerz<br />
<strong>de</strong>n amen <strong><strong>de</strong>s</strong> Vaterlan<strong><strong>de</strong>s</strong> aussprechen konnte. Ich wäh lte meinen Stoff aus <strong>de</strong>r c1assischen Zeit <strong>de</strong>r<br />
Griechen, welche <strong>de</strong>r Gegenwart so weit entrück t i t. daß die Furchen <strong>de</strong>r Lei<strong>de</strong>nschaft, von <strong>de</strong>nen<br />
freilich auch jene verunstaltet war, <strong>de</strong>m Blick en tschw in<strong>de</strong>n. dass ihr bru<strong>de</strong>rmör<strong>de</strong>risches Blut edler<br />
Rost <strong><strong>de</strong>s</strong> A lterthums be<strong>de</strong>cket. "<br />
Ein zweiter Themenkreis könnte mit "Fürstenbergica" umschrieben wer<strong>de</strong>n. 19) Hier<strong>für</strong> kamen<br />
FickJer seine guten Verbindungen zum Hof<strong>und</strong> se inen Räten, zu EEArchiv <strong>und</strong> Hofbibliothek<br />
sehr zustatten.<br />
Weitere Arbeiten mit Bezug zu Fürstenberg sind in späteren Jahren erschienen, als Fickler<br />
läng t von Donaueschingen weggezogen war, beruhen aber zumei t auf Vorstudien, die in die<br />
Donaue chinger Zeit zurückreichen. 20 )<br />
In <strong>de</strong>n Mannheimer Jahren dagegen veröffentlichte er Studien zu recht untersch iedlichen<br />
Themen. 2 i)<br />
War Fickler im ersten Jahrzehnt seines Dorl':\ueschinger Wirkens noch weitgehend wissenschaftlicher<br />
Einzelkämpfer, so konnte er seine Forschungen ab 1842 auf einen organisatorischen<br />
Rahmen stützen, <strong>de</strong>r ihm neue Verbindungen erschloß. Zu Beginn <strong>de</strong>r I 840er Jahre<br />
stieß er auf die Spuren <strong>de</strong>r "Gesellschaft <strong>de</strong>r Fre<strong>und</strong>e vaterländischer <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> aturge<br />
chichte an <strong>de</strong>n Quellen <strong>de</strong>r Donau", die 1805 auf Betreiben <strong><strong>de</strong>s</strong> Immendinger Reichsfreiheml<br />
Friedrich Roth von Schreckenstein gegrün<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n war, aber nach vielversprechen<strong>de</strong>n<br />
Anfängen durch eine Vielzahl ungünstiger Zeitumstän<strong>de</strong> in Agonie verfallen <strong>und</strong> seit 181 8<br />
überhaupt nicht mehr öffentlich in Erscheinung getreten war. m<br />
* Fortsetzung <strong><strong>de</strong>s</strong> in <strong>de</strong>n Schri ften <strong>de</strong>r Baar, Bd. 40 ( 1997) S. 11 ff. abgedruckten Aufsatzes<br />
vom gleichen Verfasser
85<br />
Zusammen mit seinem Gymnasiumskollegen Laubis <strong>und</strong> <strong>de</strong>m <strong>für</strong>stlichen Leibarzt Emil<br />
Rehmann gelang Fickler am 30. Oktober 1842 eine Wie<strong>de</strong>rgründung unter <strong>de</strong>m leicht verän<strong>de</strong>rten<br />
Namen "Verein <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Naturgeschichte an <strong>de</strong>n Quellen <strong>de</strong>r Donau" . Der<br />
neue "Verein" übemahm von <strong>de</strong>r alten "Gesellschaft .. weitgehend die elitäre Zusammen etzung.<br />
Eine gründliche Verschiebung ergab sich jedoch unter <strong>de</strong>m "<strong>Vereins</strong>sekretär" Fickler bei <strong>de</strong>r<br />
fachlichen Gewichtung. Hatten in <strong>de</strong>r alten Gesellschaft die naturwissenschaft lichen Disziplinen<br />
absoluten Vorrang gehabt, so rückte jetzt die <strong>Geschichte</strong> in <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgr<strong>und</strong>. Fickler<br />
bot sich nun eine Fülle von Möglichkeiten, seinen Interessengebieten, speziell <strong>de</strong>r Archäologie,<br />
zu frönen. Er leitete Au grabungen, vermaß <strong>und</strong> beschrieb eigene <strong>und</strong> frem<strong>de</strong> Grabungen,<br />
hielt Vorträge <strong>und</strong> beriet Behör<strong>de</strong>n. In kurzer Zeit war er ein gefragter Gutachter <strong>für</strong> die<br />
Staatsinstanzen, wenn es um Fragen <strong>de</strong>r Erhaltungswürdigkeit von Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmälern ging.<br />
Wenn auch Ficklers Zeichnungen von archäologischen F<strong>und</strong>situationen einen wenig professionellen<br />
Eindruck machen mögen, so wirken sie aber doch allein schon durch ihre Akkuratesse<br />
sympathi sch (Abb. 5 sowie Abb. 3,4 in Teil I <strong><strong>de</strong>s</strong> Aufsatzes); die zugehörigen Texte hingegen<br />
zeugen von größter Genauigkeit <strong>und</strong> Sorgfal1. 23 ) 1846 gelang Fickler die Verwirklichung<br />
eines seit Jahren gehegten Wunsches: er fand eine kostengün tige Lösung <strong>für</strong> die Publikation<br />
<strong>de</strong>r historischen Arbeiten in<strong>de</strong>m er die<br />
geschichtliche Abteilung <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> als<br />
Filialverein <strong>de</strong>m Altertumsverein <strong>für</strong> das<br />
Großherzogturn Ba<strong>de</strong>n anschloß. Tatsächlich<br />
er chien bis 1848 eine ganze Reihe von<br />
Donaueschinger historischen Beiträgen in<br />
<strong>de</strong>r Schriftenreihe <strong><strong>de</strong>s</strong> Altertumsvereins.<br />
J 848 en<strong>de</strong>te das Wirken Ficklers in Donaueschingen<br />
<strong>und</strong> im Verein durch seine Versetzung<br />
nach Rastatt. Mit Befriedigung<br />
blickte er in seinem Rechenschaftsbericht<br />
am 5. Juli 1848 auf das Geleistete zurück.<br />
Es seien mehr historische als naturwissen- ,<br />
86<br />
seine mit <strong>de</strong>r conservati ven Politik unserer Tage allerdings nicht hamlOnieren<strong>de</strong> Überzeugung<br />
... in nicht geeigneter Tischgesellschaft laut wer<strong>de</strong>n" lasse 25 ). Seit 1846 spitzte sich in Donaueschingen<br />
die Auseinan<strong>de</strong>rsetzung zwischen liberalen Kl einbürgern <strong>und</strong> konservati ver<br />
Hofpartei merklich zu. Fi ckl er strebte daher eine n Ortswechsel an. In seiner Schuljahres<br />
Schlußre<strong>de</strong> 1847 brachte er <strong>de</strong>utlich zum Ausdruck. daß dies seine letzte Schulre<strong>de</strong> in Donaueschingen<br />
sein wer<strong>de</strong>. Doch er wur<strong>de</strong> wi<strong>de</strong>r Erwarten nicht versetzt <strong>und</strong> erlebte nun hautnah<br />
mit, wie sich die politische Ause inan<strong>de</strong>rsetzung verschärfte: Auf <strong>de</strong>r einen Seite die immer<br />
radikaler wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n For<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r zahlreichen liberalen <strong>und</strong> <strong>de</strong>mokrati schen Kleinbürger<br />
di e ationalstaat <strong>und</strong> garantierte Verfassungsrechte anstrebten <strong>und</strong> <strong>de</strong>nen insbeson<strong>de</strong>re die<br />
noch verbliebenen feudalen Reservatrechte <strong>de</strong>r <strong>für</strong> tenbergi chen Stan<strong><strong>de</strong>s</strong>herrschaft ein Dom<br />
im Auge waren, auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Seite die strikt an <strong>de</strong>n lehensrechtlich-hierarchisch-autoritären<br />
Strukturen fes th alten<strong>de</strong>n Hofbeamten <strong>und</strong> di e konservati v ausgerichteten Bildungsbürger.<br />
Al s bereit im März die revolutionären Wogen von Frankreich kommend auch nach Donaue<br />
chingen überschwappten, kam ein kon ervati v <strong>de</strong>nken<strong>de</strong>r <strong>und</strong> prinzipientreuer Mann wie<br />
Fickler bald ins Gedränge. Es war durchau konsequent, daß <strong>de</strong>r gestrenge Professor, <strong>de</strong>r auf<br />
Leistung, Disziplin <strong>und</strong> Kirchentreue achtete <strong>und</strong> Rauchen o<strong>de</strong>r Wirtshausbesuche von<br />
Schülern mit Karzer bestrafte, nicht als Heroe <strong><strong>de</strong>s</strong> Freiheitsgedankens gelten mochte. Folgerichti<br />
g versuchte nun die revolutionäre Stadtregierung unte r Bürgermeister Raus, die konservati<br />
ve n o<strong>de</strong>r <strong>für</strong> antirevolutionär gelten<strong>de</strong>n Exponenten wie Fi ckl er <strong>und</strong> auch Stadtpfarrer<br />
Krebs zum Rücktrin zu bewegen. 1m fo lgen<strong>de</strong>n wird die von Fi ckler persönlich in die Schulakten<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Gymna iums eingetragene Kopie <strong><strong>de</strong>s</strong> städtischen Schreibens wie<strong>de</strong>rgegeben, das<br />
Fickler "Verfahren d. revolutionären Junta dahier gegen Dir. Fi ckler" nennt:<br />
" Donaueschingen 26 M ärz 1848.<br />
Gemein<strong>de</strong> Ralh <strong>de</strong>r Stadt Donaueschingen an Gymna . Director Fick ler dah ier.<br />
Es wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>m Gemein<strong>de</strong>rath eine von einer grössern A nzahl hiesiger Bürger unterzeichnete<br />
Be chwer<strong><strong>de</strong>s</strong>chrift überreicht, wori n Ihre augenblikliche Ent fernung von hiesiger Lehranstalt verlangt<br />
wird, in<strong>de</strong>m Sie durch Ihre bi sher an <strong>de</strong>n Tag gelegte volksfeindliche <strong>und</strong>jesuitlische (sic) Richtung,<br />
al Lehrer <strong>de</strong>r Jugend das allgemeine Vertrauen gänzlich verwirkt haben.<br />
Wir sezen sie hiennit von diesem Verl angen auf offi ziellem Wege in Kenntni s um Ihre weitem, Ihnen<br />
bel iebigen M assregeln hiernach richten zu können, <strong>und</strong> verbin<strong>de</strong>n damit die weitere Bemerkung dass<br />
es uns bei die er wirklichen Volkssri mmung unmöglich sein wü r<strong>de</strong>, Ihnen bei längernl Verwei len <strong>de</strong>n<br />
nöthigen öffentlichen Schutz zu gewähren .<br />
Raus. Heizmann, Kleiser. M ayer, Allllle<strong>de</strong>r, J.B.Baur. "26l<br />
Fickler reagierte nach einem Gespräch mit <strong>de</strong>m Ephorus Dilger mit einem Brief an <strong>de</strong>n<br />
Gemein<strong>de</strong>rat, in <strong>de</strong>m er eine Abschrift <strong>de</strong>r Beschwer<strong><strong>de</strong>s</strong>chri ft for<strong>de</strong>rt, im übrigen aber erklärt,<br />
sich selbst vor etwaigen brutalen Angri ffen schützen zu können. Im übrigen habe er kein<br />
schlechtes Gewi ssen <strong>und</strong> habe außer<strong>de</strong>m von sich aus eine Wegversetzung schon vor längerer<br />
Zeit beantragt. ach erneuter Drohung eies Bürgerm eisters. daß Fickl er die Anstalt binnen<br />
acht Tagen verlassen müsse <strong>und</strong> im Weigerungsfalle mit "etwaigem Spectakel" rechnen müsse.<br />
erkl ärt Fi ckl er, er wer<strong>de</strong> die von seine r Schulbehör<strong>de</strong> angesetzten Prü fungen abhalten <strong>und</strong><br />
dann weiter sehen. un wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Ephorus Dilger ängstlich <strong>und</strong> bekniete Fi ckJer, sich von<br />
Donaueschingen zu entfernen. was Fickler aber kategori sch ablehnte. - Die Großherzogliche<br />
Regierung belobigte ihn später <strong>für</strong> seine Standhafti gkeit.<br />
Al s sich im weiteren Verl auf <strong>de</strong>r Ereignisse auch die noch in Donaueschingen verbliebenen<br />
Hofchargen in zwei Lager teilten. saß Fickler zwischen allen Stühlen. bis württembergische<br />
Truppen am 15. April in Donaueschingen einrückten, was Fickler mit Genugtuung registrierte.<br />
Jahre später beschrieb er seine Situation 0:
87<br />
"Ich halle im Jahre 1848 in meinem frühem Wohnorte unter angedrohter Lebensgefahr meinen Posten<br />
behauptet, bis durch wün embergische Bajonette Erlösung kam, obwohl vielleicht mancher Wohlgesinnte<br />
mich über alle Berge wünschte, weil e in Angriff auf mich auch ihm die Ungelegenheit einer Katzenmusik<br />
o<strong>de</strong>r zerbrochener Fensterscheiben machen konnte. " 27)<br />
6. Vom Regen in die Traufe - Fickler in Rastatt<br />
En<strong>de</strong> September 1848 hatte Fickler das Ziel seiner Versetzung erreicht, er wur<strong>de</strong> an da<br />
Lyceum nach Rastatt versetzt, wo er dann bis En<strong>de</strong> 185 1 als Professor wirkte. Der vermeintl iche<br />
Abstieg vom Direktor <strong><strong>de</strong>s</strong> Gymnasiums zum Professor am Lyceum war <strong>für</strong> ihn eigentlich<br />
eine Verbesserung, <strong>de</strong>nn die Lyceen waren, wie früher dargelegt 28l , seit 1836 das, was heute<br />
einem Vollgymnasium entspricht. Im übrigen war die Tätigkeit eines Direktors am Gymnasium<br />
zu jener Zeit kaum mit irgen<strong>de</strong>iner selbständigen Gestaltungsfreiheit verb<strong>und</strong>en, wie ja auch<br />
<strong>de</strong>r gesamte behördliche Schriftverkehr immer über <strong>de</strong>n Ephorus zu laufen hatte. Ficklers<br />
Intentionen kam die Profes orenstelle am Lyceum je<strong>de</strong>nfalls entgegen, zumal ihm ausdrückJjch<br />
das bisherige Jahresgehalt von 1400 Gul<strong>de</strong>n garantiert wur<strong>de</strong>.<br />
Fickler hätte jetzt mehr Zeit <strong>für</strong> seine übrigen Studien gehabt, jedoch kam er in eine Stadt, die<br />
Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>festung war. Daher spielten hier di e militärischen Erfor<strong>de</strong>rnisse in einer Krisenzeit<br />
ei ne größere Ro lle als die zivilen. Das bekam Fickler vor allem 1849 zu spüren, als die<br />
Paul skirche endgültig gescheitert war, die alten Kräfte wie<strong>de</strong>r im Sattel aßen aber noch ein<br />
letzter Ver uch zur Rettung <strong>de</strong>r I<strong>de</strong>e von Einheit <strong>und</strong> Verfassung durch einen Volksaufstand<br />
versucht wur<strong>de</strong>. Die Rastatter Bun<strong><strong>de</strong>s</strong>festung, zum Teil mit regulären badischen Truppen<br />
besetzt, die aber auf die Seite <strong>de</strong>r Revolution übergewechselt waren, war das letzte Bollwerk<br />
<strong>de</strong>r Demokraten. Nun mußten nicht nur di e Soldaten dienen , son<strong>de</strong>rn auch die Bürger <strong>de</strong>r<br />
Stadt, auch die Professoren <strong><strong>de</strong>s</strong> Lyceums, ja sogar die Schüler <strong>de</strong>r oberen Kla sen. Fickler<br />
fand jedoch, wie er in seinem außeror<strong>de</strong>ntlich lesenswerten Buch "ln Rastatt 1849" beschreibt,<br />
Wege sich vom Waffendienst freizukaufen <strong>und</strong> <strong>de</strong>rwe il seine Studien weiterzuführen <strong>und</strong><br />
auch einmal seinen auf <strong>de</strong>m Hohenasperg bei Stuttgart gefangenen Bru<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>n an <strong>de</strong>r<br />
revolutionären Spitze agieren<strong>de</strong>n Joseph Fickler zu besuchen.<br />
ach <strong>de</strong>r Einnahme Rastatts durch preußi sche Truppen hatte Fickler eine reine Weste <strong>und</strong><br />
genoß an<strong>de</strong>rerseits offensichtlich auf a llen Seiten wegen seiner Sachkenntnis <strong>und</strong> seiner<br />
Sachl ichkeit Respekt. Die preußischen Sieger setzten ihn daher als offiziellen Verteidiger bei<br />
etwa 100 Kriegsgerichtsverfahren gegen Revolutionäre ein. Von <strong>de</strong>n von ihm Verteidigten<br />
wur<strong>de</strong> keiner zum Tod verurteilt.<br />
7. In ruhigerem Fahrwasser - die Mannheimer Jahre<br />
En<strong>de</strong> l85 l war Fickler nach Mannheim umgezogen <strong>und</strong> unterrichtete von Januar 1852 an<br />
am dortigen Lyceum hauptsächlich das Fach <strong>Geschichte</strong>. Er hatte nun eine reine Staatsste lle<br />
inne, wodurch er von geistlichen Verpflichtungen bzw. finanzieller Abgeltung <strong>für</strong> e inen Vertreter<br />
frei war. FickJer fiel auch in Mannheim rasch als äußer t kompetenter, vielseitig interessierter,<br />
energiegela<strong>de</strong>ner, zugleich aber umgäng licher Mann auf. Seine Bekanntheit in <strong>de</strong>r<br />
Fachwelt <strong>und</strong> seine Geschichtsprofes ur am Lyceum ließen ihn als geeigneten Kandidaten<br />
<strong>für</strong> das 1855 frei gewor<strong>de</strong>ne Amt eines Custos am Antiquarium erscheinen. Dies war eine<br />
be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> archäologische Sammlung im Besitz <strong><strong>de</strong>s</strong> Großherzogs, die aber öffentlich zugänglich<br />
war <strong>und</strong> zugleich auch als Lehrsammlung <strong>für</strong> das Lyceum diente. 29l<br />
AI Fickler nach einigem hin <strong>und</strong> her das Custo<strong>de</strong>n-Amt übertragen wor<strong>de</strong>n war, betrachtete<br />
er es von Anfang an al sein Hauptanl iegen, das Antiquarium e iner vollständigen Revision zu<br />
unterziehen. Viele bisher unrichtig gelesene Inschriften, fe hlen<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r feh lerhafte Beschrif-
88<br />
tungen <strong>und</strong> ein Katalog, <strong>de</strong>r wissenschaftl ichen Ansprüchen nicht genügte, spornten ihn zum<br />
Han<strong>de</strong>ln an. Durch zahlreiche Verän<strong>de</strong>rungen <strong>und</strong> - mo<strong>de</strong>rn ausgedrückt - geschickte PR<br />
Aktionen gelang es ihm, die Aufmerksamkeit breiterer Kreise auf die Schätze <strong><strong>de</strong>s</strong> Antiquariums<br />
zu lenken <strong>und</strong> viele Besucher anzulocken.<br />
In Mannheim bekam Fickler auch Verbindung zu <strong>de</strong>m aus Amerika gebürtigen PrivatgelehJten<br />
l acob August Lorent. <strong>de</strong>r sich mit <strong>de</strong>r Foto-Dokumentation von Bau<strong>de</strong>nkmälern einen amen<br />
gemacht hatte. Durch ihn kam FickleI' mit <strong>de</strong>m noch gan z jungen Medium Fotografie in<br />
Verbindung. Bereits 1861 ließ er die wertvollsten Stücke <strong><strong>de</strong>s</strong> Antiquariums von Lorent aufnehmen.<br />
30 ) Kopien dieser Aufnahmen nahm Ficklerdann auf eine archäologische Studienreise<br />
nach Berlin , Dres<strong>de</strong>n, Prag, Wien <strong>und</strong> München al Gastgeschenke mit, wa ihm wie<strong>de</strong>r<br />
Vorteile <strong>für</strong> sein eigenes Institut brachte.<br />
Mit Lorent zusammen unternahm Fickler 1863/64 eine längere Studienreise in <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>ren<br />
Orient <strong>und</strong> nach Ägypten. Die Reise hatte, wie wir aus seiner Selbstbiographie erfahren, das<br />
Ziel, "in <strong>de</strong>n verlaßenen Christenstädten zwi chen Antiochia <strong>und</strong> Aleppo photographische<br />
Aufnahmen u. Abschriften <strong>de</strong>r zahlreichen Inschriften zu veranstalten" . 3 1) Vor allem wegen<br />
ungünsti ger Wetterverhältnisse cheint die Reise nicht ganz pl anmäßig verlaufen zu sein ,<br />
wird aber von Fickler in seiner Selbstbi ographie als "gleichwol erregend <strong>und</strong> unterrichtend"<br />
bewettet.<br />
Neben <strong>de</strong>r Betreuung <strong><strong>de</strong>s</strong> Antiquarium reizten Fickle I' im außerschulischen Bereich auch<br />
noch weitere Aufgaben. So war er im Mannhe imer Kunstverei n rege tätig, <strong>de</strong>n er später sogar<br />
leitete. ebenso im Literarisch-Geselligen Verein - wohl mit <strong>de</strong>r Donaueschinger Museumsgesell<br />
schaft zu vergleichen - <strong>und</strong> in <strong>de</strong>r Hannonie-Gesellschaft. 1859 war er e iner <strong>de</strong>r Hauptorganisatoren<br />
<strong>de</strong>r Schillerfeier. Eine beson<strong>de</strong>re Ehre war <strong>für</strong> ihn die Mitglied chaft im wissenschaftlichen<br />
Stab <strong><strong>de</strong>s</strong> Germanischen ationalmuseums in ürnberg; Fickler war <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Beauftragter<br />
<strong>für</strong> <strong>de</strong>n badi sche n Raum; bei einem<br />
seiner ürnberg-Aufenthalte ist auch das Foto<br />
(Abb. 6) entstan<strong>de</strong>n, das Fickler um 1860<br />
dcu·stellt. 32 )<br />
Zu erwähnen ist we iterhin sein Engagement <strong>für</strong><br />
die Mannheimer Stadtgeschichte: seit 1862 bis<br />
ei nschließlich 1870 verfaßte e r die l ahreschroniken<br />
<strong>de</strong>r Stadt. Den Plan einer umfassen<strong>de</strong>n<br />
<strong>Geschichte</strong> Mannheims konnte er a llerding<br />
nicht mehr verwirklichen.<br />
In diesem Zusammenhang muß Ficklers Wirken<br />
im Mannhei mer Altertumsverein erwähnt<br />
wer<strong>de</strong>n, bot sich ihm hier doch so etwas wie<br />
e in Ersatz <strong>für</strong> die frühere <strong>Vereins</strong>tätigkeit in<br />
Donaueschingen.<br />
Abb. 6: C.B.A. Fickler um 1860. Foto von Johann<br />
Jakob Eberhardt, ürnberg. Aus Privatbesitz. Die<br />
Reproduktion wur<strong>de</strong> mir fre<strong>und</strong>licherweise von P.<br />
G ALLI , Stutlgart, zur Ve rfügung gestellt.
89<br />
Abb. 7: C.B.A. Ficklerin<strong>de</strong>n spälen<br />
1860er Jahren. Aus: F. W ALTER,<br />
<strong>Geschichte</strong> Mannheims, Bd. 1I,<br />
1907, S. 553.<br />
Der Mannheimer Altertumsverein<br />
war 1859 entstan<strong>de</strong>n <strong>und</strong><br />
verfolgte zunächst nur das Ziel,<br />
die archäologischen Zeugnisse<br />
aus <strong>de</strong>m regionalen Umfeld zu<br />
sammeln <strong>und</strong> zu sichem. 33 ) Bald<br />
aber wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>utlich, daß eine<br />
wi sensehaftliehe Aufarbeitung<br />
<strong>de</strong>r Grabungsf<strong>und</strong>e (etwa von<br />
La<strong>de</strong>nburg-Lopodunum) wünschenswert<br />
war. In Fickler sah<br />
man <strong>de</strong>n i<strong>de</strong>alen Partner, <strong>de</strong>r<br />
fachlich beste Voraussetzungen<br />
mitbrachte <strong>und</strong> über exzellente<br />
Verbindungen zu führen<strong>de</strong>n<br />
Vertretem <strong>de</strong>r Wissenschaft verfügte.<br />
34 ) Fickler konnte <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />
jungen Verein gewonnen wer<strong>de</strong>n<br />
<strong>und</strong> erwies sich alsbald als<br />
ein hervorragen<strong>de</strong>r Promotor<br />
<strong>de</strong>r archäologischen Forschung.<br />
Er i<strong>de</strong>ntifizierte, be chrieb <strong>und</strong><br />
katalogisierte zahlreiche F<strong>und</strong>e<br />
<strong>und</strong> sorgte darüber hinaus durch<br />
Vorträge <strong>und</strong> Veröffentlichungen in Fachzeit chriften <strong>für</strong> das Bekanntwer<strong>de</strong>n. Mit seinem<br />
Sinn <strong>für</strong> kluge Organi sation <strong>und</strong> prakti sche Lösungen schaffte Fickler 1870 schließlich ei n<br />
integrales Sammlungskonzept. Es sah die räumliche Zusammenlegung <strong>und</strong> gemeinsame Betreuung<br />
von Antiquarium, Sammlung <strong>de</strong> Mannheimer Altertumsvereins <strong>und</strong> <strong>de</strong>r neuen Öffentlichen<br />
Bibliothek vor. in die wie<strong>de</strong>rum die Restbestän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Hofbibliothek inkorporiert wur<strong>de</strong>n.<br />
A llerdings verzögerte sich die Velwirklichung durch die vorübergehen<strong>de</strong> kriegsbedingte (1870/<br />
7 1) Umwidmung <strong><strong>de</strong>s</strong> Schlosses wie durch Ficklers gleichzeitig hohe Berufsbelastung: er hatte<br />
zu dieser Zeit die Direktionsgeschäfte <strong>für</strong> das Mannheimer Lyceum zu besorgen, worüber er<br />
sich auch in einem Brief an ei nen Donaueschinger Fre<strong>und</strong> ausläßL 35 ) och bevor dann <strong>de</strong>r<br />
Plan <strong>de</strong>r großen Lösung in die Tat umgesetzt wer<strong>de</strong>n konnte, erkrankte er <strong>und</strong> starb bald<br />
darauf. Durch seinen Tod wur<strong>de</strong> die Umsetzung dieser Konzeption um viele Jahre<br />
hinausgezögert. 36 )<br />
8. Die alten Fre<strong>und</strong>schaften leben noch - Briefkultur vom Feinsten<br />
Aus Ficklers Mannheimer Zeit haben wir nur wenige Zeugnisse <strong>für</strong> Kontakte zu seinem<br />
früheren Wirkungskrei Donaueschingen, sie sind allesamt seinen letzten Lebensjahren<br />
zuzurechnen. Doch darf aus Ficklers fami li ärem Umgangston in <strong>de</strong>n wenigen erhaltenen<br />
Briefen geschlossen wer<strong>de</strong>n. daß fre<strong>und</strong>schaftliche Kontakte auch über die Jahrzehnte nie<br />
ganz abgeri ssen waren.
90<br />
Erneuerte K ontakte nach Donaueschingen wer<strong>de</strong>n greifbar im Zusammenhang mit <strong>de</strong>m<br />
Wie<strong>de</strong>raufleben <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Naturgeschichte, <strong>de</strong>r nach Ficklers Abgang<br />
1848 so gut wie nicht mehr ex istent war. Als 1868/69 Pläne, die verstreut gelagerten <strong>für</strong>stlichen<br />
Sammlungen in einem mo<strong>de</strong>rnen Sammlungsgebäu<strong>de</strong> in Donauesch ingen zusammenzufas<br />
en, konkrete Gestalt annahmen 37 ), besann man sich im Kreise ehemaliger Mitglie<strong>de</strong>r<br />
auf die unterbrochene Tradition <strong>und</strong> auch darauf, daß ganze Teile <strong>de</strong>r <strong>für</strong>stlichen Sammlungen<br />
ihre Existenz <strong>de</strong>m Eifer <strong>de</strong>r <strong>Vereins</strong>vorfahren verdankten. 381<br />
Rückenwind kam auch von <strong>de</strong>r allgemeinen Zunahme <strong><strong>de</strong>s</strong> Geschichtsinteresses <strong>und</strong> vom<br />
Ausbau von FFArchiv <strong>und</strong> FFHofbibliothek zu wissenschaftlichen Instituten von Rang.<br />
ln bewußter Anknüpfung an das Gründungsdatum <strong>de</strong>r ehemaligen "Gesellschaft <strong>de</strong>r Fre<strong>und</strong>e<br />
vaterländischer <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> aturgeschichte an <strong>de</strong>n Quellen <strong>de</strong>r Donau" ( 19.01.1805)<br />
wur<strong>de</strong> am 19.01. 1870 eine Wie<strong>de</strong>rgründung vollzogen, jetzt unter <strong>de</strong>m Namen "Verein <strong>für</strong><br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> aturgeschichte <strong>de</strong>r Baar <strong>und</strong> angrenzen<strong>de</strong>n Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>teile in Donaue chingen".<br />
Fi ckler wur<strong>de</strong> alsbald die Ehrenmitgliedschaft angetragen, die er mit Freu<strong>de</strong>n annahm, zumal<br />
se in Fre<strong>und</strong> Emil Rehmann das Amt <strong><strong>de</strong>s</strong> " Vorstan<strong><strong>de</strong>s</strong>" beklei<strong>de</strong>n durfte, während die bei<strong>de</strong>n<br />
Fachrichtungen nur durch "Schri ftführer" veI1reten waren.<br />
Hier sei <strong>de</strong>m Verfasser gestartet, einmal von eigenen Kommentaren Abstand zu nehm en <strong>und</strong><br />
nur drei Briefe Ficklers - wohl alle an Rehmann gerichtet - sprechen zu lassen. 39l Die Kultiviertheit.<br />
Feinfühligkeit, Höflichkeit <strong>und</strong> Bildung, aber auch die Wortgewandtheit <strong>und</strong> humorig-witzige<br />
Art Ficklers spricht ganz unmittelbar aus <strong>de</strong>n originalen Texten <strong>und</strong> bedarf<br />
daher keiner Vermittlerrolle.<br />
Brief vom 23. Januar 1870:<br />
Be ter. verehrter Fre<strong>und</strong>!<br />
Schon seit einigen Tagen zehre ich an <strong>de</strong>r Freu<strong>de</strong>. daß wa wir vor rast dreiss ig Jahren zu sammen<br />
ge säet <strong>und</strong> nach Kräften gepnegt hanen nun plözlich wie<strong>de</strong>r aus langjährigem Winterschlafe erwacht<br />
unter Deiner pnege auf eue keime <strong>und</strong> aufblühe, <strong>de</strong>r Verein. an <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Spi ze Du unter gü nstigen<br />
Au picien getreten bis\.<br />
Daß meine besten Wünsche <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Verein, mein guter Wille, <strong>de</strong>mselben mit meinem geringen<br />
Aufgebote von Wi sen <strong>und</strong> freier Zeit dienstbar zu sein, daß meine Bereitwilligkeit, <strong>de</strong>nselben aur je<strong>de</strong><br />
mir mögliche Weise zu för<strong>de</strong>rn , <strong>de</strong>m neu begrün<strong>de</strong>ten zu vollkommen freier Verfügung stehen, wirst<br />
Du auch ohne meine Versichenmg mit Recht vorausgesezt haben.<br />
Daß Du die Absicht äußertest. mich auch als Ehrenmitgl ied mit <strong>de</strong>mselben verknüpft zu halten, ist mir<br />
eh rend <strong>und</strong> erfreulich.<br />
Zwar wer<strong>de</strong> ich. rerne von <strong>de</strong>n Quellen spec iell geschichtlicher Forschung Eueres Bezirkes <strong>de</strong>m Vereine<br />
nicht so viele Beiträge liefern können. als ich wünsche. <strong>de</strong>nnoch habe ich in meinem ExcerptenKasten<br />
vielleicht noch M anches, was Euch för<strong>de</strong>rlich sein dürfte.<br />
Für mich aber wird dieser Anknüprungspunkt auch um <strong><strong>de</strong>s</strong>willen doppelt erwünscht sein, weil er mir<br />
ein igen Ersaz <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Verlust so anregen<strong>de</strong>n Verkehrs mit bewährten Fre<strong>und</strong>en bieten wird.<br />
Du erinnerst Dich noch an <strong>de</strong>n Tag nach Deiner erfreulichen Wie<strong>de</strong>rgenesung, da wir eine <strong>de</strong>r lezten<br />
Sizungen auf Deiner Bu<strong>de</strong> hielten <strong>und</strong> ich nach ei nem Vortrage über das mittelalterliche Öfingen <strong>und</strong><br />
nach Abschluß <strong><strong>de</strong>s</strong> Protokolls noch einmal ansti eß <strong>und</strong> agte "Jezt aber schreibe mir 'was auf, <strong>de</strong>nn ich<br />
wer<strong>de</strong> recht krank". Es war jene Krankheit, in welcher Du mich aus <strong>de</strong>m häßlichen Phantasiren, daß<br />
<strong>de</strong>r würdige Pastor von Öfingen, <strong>de</strong>r alte Wachs, in meinem Belle liege <strong>und</strong> daß einer meiner Schenkel<br />
eigentl ich ihm gehöre, durch Absud von Leontodon Taraxacummich so wacker kurirlest, daß meine<br />
Auferstehung gleich durch eine chlittenfahrt nach Blumberg inaugurirt wur<strong>de</strong>.<br />
Dergleichen St<strong>und</strong>en anregendster Art in Freu<strong>de</strong> <strong>und</strong> Leid wer<strong>de</strong>n mir gewiß zur Genüge an die<br />
Obernäche <strong>de</strong>r Erinnerung auftauchen. wenn ich von Zeit zu Zeit Gelegenheit <strong>und</strong> Veranla ung<br />
fin<strong>de</strong>. bei Euern Versammlungen persönlich o<strong>de</strong>r schrirtlich mich einzufin<strong>de</strong>n.
91<br />
Daß ich aber auch an <strong>de</strong>n kleinen Lasten <strong><strong>de</strong>s</strong> Vere ins me inen The il zu tragen gerne bereit bin, <strong><strong>de</strong>s</strong>sen<br />
zu einer wahren Urk<strong>und</strong>e habe ich die beigelegte Erklärung unterschriebe n.<br />
An Dr. Barrack habe ich meinen Aufsaz über Tannheim eingesandt, <strong>de</strong>r ja zu <strong>de</strong>n Akten <strong><strong>de</strong>s</strong> Vere ins<br />
gehört.<br />
Mit meinen besten Wün ehen <strong>für</strong> das freudige Ge<strong>de</strong>ihen <strong>de</strong>r neuen Stiftu ng begrü se ich in e rste r<br />
Reihe jene <strong>Vereins</strong>mitg lie<strong>de</strong>r, die ich persönlich kenne; vorab aber Dich <strong>und</strong> die zwar ausserhalb <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Vere ins stehen<strong>de</strong>, <strong>de</strong>mselben aber als treue Gartin gewiß geneigte werthe Hausfrau.<br />
In alten Treuen<br />
Dein<br />
CBA Fickler<br />
Brief vom 14. Oktobe r 1870:<br />
Lieber Fre<strong>und</strong>!<br />
Tch muß von hier noch <strong>de</strong>n Spätling e iner Entschu ldigung nachholen, daß ic h Deiner Frau, welche r<br />
ich meinen Respect hiermit zu His en lege, nicht nach me inem Vorsaz meine persönlichen Grüsse<br />
w idmen konnte.<br />
Allein drei St<strong>und</strong>en Schlafe in <strong>de</strong>r vorhe rgehen<strong>de</strong>n acht <strong>und</strong> die Aussicht auf Schlaflosigkeit <strong>de</strong>r<br />
fo lgen<strong>de</strong>n bannten mich vor <strong>und</strong> nac h Ti sch au f das Lotterbett bis es überhaupt zu spät war noch<br />
e ine n Besuch zu machen.<br />
Die Strafe <strong>für</strong> diese Versäumniß hast Du in<strong><strong>de</strong>s</strong>sen noch <strong><strong>de</strong>s</strong>selben Abends mir durch die Prophezeiung<br />
me iner Nachtfahrt re ichlich ertheilt; scha<strong>de</strong> nur, daß sie be<strong>de</strong>utend an Ungenauigkeit litt, wie folgen<strong>de</strong><br />
Darstellung zeigen wird.<br />
In Villingen hattest Du mir 5/4 St<strong>und</strong>en Aufe nthalte geweissagt; da <strong>de</strong>r Zug aber mit 3/4 Ver pätung<br />
von Donaueschingen abgieng verkürzte sich <strong>de</strong>r Aufenthalt auf eine halbe St<strong>und</strong>e, die ich vo llauf<br />
brauchte, um mit phi losophischem Scharfsinn an <strong>de</strong>m Gr<strong>und</strong>e herum zu rathen, warum, da we it <strong>und</strong><br />
breit ke in Zug mehr ankam, <strong>de</strong>r leere Postwagen seine I 1/2 St<strong>und</strong>en auf die Ankunft <strong><strong>de</strong>s</strong> Gespannes<br />
warten müsse. Endlich aber kamen halbträumend die Pfer<strong>de</strong> herbei <strong>und</strong> fort giengs durch mir unbekannte<br />
Stra sen zum Posthause, wo ich erst recht meine Klugheit bew<strong>und</strong>ern lernte, m ittels Drahtbe richts<br />
meinen Plaz im Coupe bestellt zu haben.<br />
Denn da wur<strong>de</strong>n wir richtig zu Dreien e ingepackt. <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Kenner eine liebe Aussicht auf eine achtfahrt,<br />
<strong>und</strong> fort sezte sich die Maschine in Bewegung. Daß in St. Georgen, daß an <strong>de</strong>r Kreuzbrücke die Herrn<br />
Secretäre <strong>und</strong> Hausknechte geweckt wer<strong>de</strong>n mu ßten war gera<strong>de</strong> nicht ungewöhnlich, machte auch an<br />
keinem Orte mehr als e ine halbe St<strong>und</strong>e Aufenthalt. Be<strong>de</strong>nkliche r freilich sah die Sache in Hornberg<br />
au , wo wir <strong>de</strong>n Beiwagen gera<strong>de</strong>zu verl oren hatten. Zwar betheuerte <strong>de</strong>r wackere Conducteur o<strong>de</strong>r<br />
Schaffner, daß e r <strong>de</strong>m PostilIon einen gewissen Körperthe il ein chlagen wolle, <strong>de</strong>n er "Kriz" nannte;<br />
aber wir kamen damit doch nicht vorwärts son<strong>de</strong>m <strong>de</strong>liberirten ohne äussere Wirkung in <strong>de</strong>m achtnebel<br />
herum. Selbst <strong>de</strong>r würdige Posthalte r gab seine Hypothese zum Besten, daß "<strong>de</strong>mm Kerl " gewiß was<br />
passi rt sei.<br />
Endlich nach einer St<strong>und</strong>e etwa kam ein keuchen<strong>de</strong>r Passagier <strong><strong>de</strong>s</strong> Beiwagens zu Fuß an <strong>und</strong> mel<strong>de</strong>te.<br />
daß <strong><strong>de</strong>s</strong> en Pfer<strong>de</strong> bei ie<strong>de</strong>rwasser das System <strong>de</strong> pas iven Wi<strong>de</strong>rstan<strong><strong>de</strong>s</strong> in ausgiebigstem Maaße<br />
eingeschlagen hätten, d.h. die Köpfe über die Deichsel legten <strong>und</strong> bei ausgiebiger Bearbeitung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
entgenge ezten Körperthe il s nur rü ckwärts <strong>de</strong>n Wagen gegen die Strebemauer <strong>de</strong>r Gutach drängten.<br />
Obgleich <strong>de</strong>r Schaffner jezt auch noch <strong>de</strong>n Hirn chä<strong>de</strong>l <strong><strong>de</strong>s</strong> unglücklichen PostilIons mit Vernichtung<br />
bedrohte, kamen talt <strong><strong>de</strong>s</strong> Wagens eben nur wie<strong>de</strong>r einige schi ffb rüchige Passagiere, <strong>de</strong>ren Rest sodann<br />
unser ne uer Beiwagen von <strong>de</strong>r Unglücksstätte herbeibrachte. So wur<strong>de</strong>n wir gera<strong>de</strong> um 5 Uhr fl ott<br />
<strong>und</strong> langten in Hausach glück licherweise so spät an. daß uns anstatt <strong><strong>de</strong>s</strong> an<strong>de</strong>rthalb tündigen Wartens<br />
gera<strong>de</strong> eben 10 Minuten blieben, um eine Tasse mehr als zweifelhafte n Kaffee's hinunter zu würgen.<br />
Nach einem etwas räthselhaften Au fe nthalte in Gengenbach langten wir in Offenburg an. während <strong>de</strong>r<br />
Bahnzug, <strong>de</strong>r mich früh 10 hr hierhe r bringen sollte, an Ba<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Rastatt vorü ber fuhr. Dort aber<br />
fa nd ich nicht nur Mus e. <strong>de</strong>n Kreisrath Göhringer zu begrüssen, son<strong>de</strong>rn auch einen langen. langen<br />
Zug pre ussischen achsehub <strong>für</strong> eubreisach <strong>und</strong> Epinal mi r zwei St<strong>und</strong>en lang zu betrachten.<br />
Doch auch dieses gieng vorüber <strong>und</strong> nach e inem sehr mässigen Mahle in Carlsruhe kam endl ich <strong>de</strong>r<br />
lezte Theil me iner Fahrt, um Abends 5 Uhr, 20 St<strong>und</strong>en nach meinem Abgange, <strong>de</strong>m theoreti schen
92<br />
weni g tens. von Euerer DonauRes i<strong>de</strong>nz an meiner Wohnung zu lan<strong>de</strong>n. "Sic me servavit Apollo!"<br />
imm diese Erzählung meiner Vergnügungsfahrt als <strong>de</strong>n Beichtze<strong>de</strong>l<strong>und</strong> Zeugniß an, daß ich meine<br />
Busse red lich ausgehalten habe.<br />
Und nun grüsse mir Deine Frau von Herzen <strong>und</strong> wünsche mit mir daß Euer tapferer Junge bei <strong>de</strong>r<br />
Feuertaufe von ompatelize nicht dabei gewesen. o<strong>de</strong>r doch Nichts dabei abgekriegt habe, als Lorbem,<br />
die ersten unseres badischen Heeres, zu welchen ich freudigst grarulire. Die AbendSchüzengesellschaft<br />
grü se ich eben fa 11 fre<strong>und</strong>lich <strong>und</strong> wünsche daß <strong>de</strong>r "Leichte" von Herrn Bury ihnen fortwäh rend<br />
m<strong>und</strong>en möge. Den armen Provence habe ich mit se inem Enkel auf <strong>de</strong>r Eisenbahn getroffen <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Dilgers Toni bei <strong>de</strong>rselben zu A chern gegrüßt!<br />
Adieu!<br />
Dein in alten Treuen<br />
CBA Fickler<br />
Brief vom 9. Juli 1871 :<br />
Lieber Doctor!<br />
Deine Ernennung zum Riuer<strong><strong>de</strong>s</strong> Zäringer Löwen, zu welcher ich Dir von Herzen gratulire, hat in mir<br />
<strong>de</strong>n Zweifel erregt, ob ich Dir überhaupt schon die achri cht gegeben habe von einer höchst unangenehmen<br />
Erkrankung, die <strong>de</strong>n lezten Winter über mich gekommen war. ohne daß ich sie auch nur<br />
bemerkte. eine chronische Pleuritis. mit we lcher ich noch fortwährend auf <strong>de</strong>m Handwerk arbeitete,<br />
in<strong>de</strong>m ich die 91 Pulsschläge pr Minute als eine zwar nicht angenehme Zugabe zu einer schon länger<br />
andauern<strong>de</strong>n Appetitlosigkeit betrachtete, aber nicht al öthigung meinen Fre<strong>und</strong>, <strong>de</strong>n M edicinalrath<br />
Frei früher herbei zu rufen. al die Zahl 93 <strong>und</strong> damit ein or<strong>de</strong>ntlich febriler Zustand erreicht war. un<br />
halle ich zwar allerding ustrill von Wa. ser in die Bru t ebenfalls verspürt, glaubte aber, daß es sich<br />
wie<strong>de</strong>r von selbst hinaus pissen lassen wer<strong>de</strong>. Dieses aber war freilich so wenig <strong>de</strong>r Fall, daß nach acht<br />
Tagen ich meinem A e cu lap <strong>de</strong>n Vorschlag machte, seine Tränke von Wachhol<strong>de</strong>r in meinen Koffer<br />
zu schütten, wo sie, ohne mein Unbehagen beim Einnehmen zu vermehren, wol eben so viel nüzen<br />
wer<strong>de</strong>n als in meinem M agen.<br />
un aber machte er mir <strong>de</strong>n Vorschlag einer Parencetese, die Brust zu entleeren. Ich nahm ihn an <strong>und</strong><br />
nach 24 St<strong>und</strong>en fand ich mich von 7 Schoppen Wasser erleichtert <strong>und</strong> halle nur noch <strong>de</strong>n Verdruß<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> A usgeheverbots zu überstehen, welches ich in<strong><strong>de</strong>s</strong>sen nach 14 weitem Tagen überwand <strong>und</strong> so<br />
einen ganz schönen Fall in 3 Wochen 3 Tagen abgelhan haue.<br />
Des Leibes Schlankheit hatte zwar unbedingt zugenommen, auch von Zeit zu Zeit eine gewisse Müdigkeil.<br />
diese ließ mich immer nur ruckweise arbeiten. aber an <strong>de</strong>r Staatscarosse gieng die Arbeit noch<br />
immer fort .<br />
nd nun halle ich kaum die Gelegenheit gehabt, <strong>de</strong>m Aesculap einen Hahn zu opfern, da erhielt ich<br />
Euere Vereines erstes Heft, we lche. mich zu beiliegen<strong>de</strong>m Dankesschreiben an <strong>de</strong>nselben verpflichtet.<br />
E. i t in <strong>de</strong>r That die Arbeit über die Herrn <strong>und</strong> Grafen von Lupfen das Erschöpfendste, was über ein<br />
Dynastenhaus von so dunkeln Anfangen geschrieben wer<strong>de</strong>n kann. leh wer<strong>de</strong> sobald ich wie<strong>de</strong>r etwas<br />
aufrechter bin, das Heft in <strong>de</strong>n Hei<strong>de</strong>lberger Jahrbüchern anzeigen <strong>und</strong> diese meine Überzeugung<br />
aussprechen.<br />
nd nun noch mein herzliches Beda uern zum Ableben Deines Bru<strong>de</strong>rs <strong>und</strong> <strong>de</strong>rmal einstigen Lebensretters.<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong>sen To<strong><strong>de</strong>s</strong>nachricht mich gera<strong>de</strong> in einer Zei t [raf, da ich selbst be<strong>für</strong>chtete, in die Grube<br />
fahren zu müssen.<br />
Was macht Dein junger Zögling <strong><strong>de</strong>s</strong> Kriegsgottes? Ist er heil wie<strong>de</strong>rgekehrt <strong>und</strong> weilt w ie<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>n<br />
heimischen Laren, o<strong>de</strong>r will er die<br />
horrentia Martis<br />
an11a ... noch llinger tragen?<br />
Dei ne Frau, welche ich aufs Beste grü se. w ird gewiß das erstere <strong>de</strong>m !eztern vorziehen, aber was<br />
mögen eben Wünsche gegen fes tes Wollen?<br />
nd nun lebe wol, ei mir von Herzen gegrüßt;<br />
ich bin mittreuer Seele<br />
Dei n alter<br />
CBA Fickler
93<br />
Dies ist die letzte Mitteilung Ficklers nach<br />
Donaueschingen. Sein Ges<strong>und</strong>heitszustand<br />
verschlechterte sich weiter. ach kurzem Krankenlager<br />
starb FickJer am 18. Dezember 1871<br />
in Mannheim. Eine Fülle von ehren<strong>de</strong>n achrufen<br />
in <strong>de</strong>n wichtigsten Presseorganen <strong>und</strong><br />
auch <strong>de</strong>r Nachruf Rehmanns im Kreis <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
"<strong>Baarverein</strong>s"40> belegen die außeror<strong>de</strong>ntliche<br />
Wertschätzung. die dieser Mann genossen hat.<br />
1874 wur<strong>de</strong> sein Grab mit einer von E.<br />
Schwantaler geschaffenen Büste geziert<br />
(Abb. 8)41 ) die später ins Mannheimer Museum<br />
gelangte, heute aber nicht mehr auffindbar<br />
ist. Vermutlich wur<strong>de</strong> sie bei <strong>de</strong>n Luftangriffen<br />
1943 mit <strong>de</strong>m Schloß zerstört. 42 )<br />
Abb. 8: C. B.A. Fickler, Büste von E. Schwantaler<br />
1874. Au : P. REVELLIO. Die Fürstenbergischen<br />
Sammlungen in Donaueschingen, Schriften <strong>de</strong>r<br />
Baar, Bd. 22, 1950.<br />
6:. 'B.~. ~i(fIer<br />
1809-1871<br />
Anmerkungen<br />
18) Schulprogramme von 1836 (Kurze <strong>Geschichte</strong> <strong>de</strong>r Anstalt), j 839 (Oe Theseo .. . ). 1840 (Die<br />
Donauquelle <strong>und</strong> das Abnoba-Gebirge <strong>de</strong>r Alten), 1841 (Phaeno <strong>und</strong> Phaena). 1848 (Einiges<br />
über die griechi schen Frauen im historischen Zeitalter). - Alle in F.F. Hofbibliothek, Donaueschingen.<br />
19) Kurze <strong>Geschichte</strong> <strong>de</strong>r Häuser Fürstenberg, Geroldseck <strong>und</strong> von <strong>de</strong>r Leyen ( 1844); Eli sabeth<br />
von Fürstenberg ( 1844); Anni versarien-Buch <strong><strong>de</strong>s</strong> Kl osters Maria-Hof bei eidingen ( 1845/<br />
46); Die Zerstörung <strong>de</strong>r Burg Lützelhard ( 1846); Fort setzung <strong>de</strong>r '<strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Hauses <strong>und</strong><br />
Lan<strong><strong>de</strong>s</strong> Fürstenberg' von Münch ( 1847).<br />
20) Das Schloß Heil igenberg in Schwaben ( 1853); Berthold <strong>de</strong>r Bärtige, erster Herzog von Zäh ringen<br />
( 1856).<br />
2 1) Davon seien genannt: Odalrich Il. Graf von Dill ingen-Kieburg ( 1856); Quellen <strong>und</strong> Forschungen<br />
zur <strong>Geschichte</strong> Schwabens <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Ostschweiz ( 1859); Führer durch die Stadt Konstanz <strong>und</strong><br />
die Alterthumshalle im Kaufhause ( 1864); Römische Alterrümer aus <strong>de</strong>r Umgebung von<br />
Hei<strong>de</strong>lberg <strong>und</strong> Mannheim (1865). - Weniger wissenschafllich ausgerichtet sind ein Schwarzwaldführer<br />
<strong>und</strong> ein Führer durch Hei<strong>de</strong>lberg <strong>und</strong> Umgebung.<br />
Eine vollständige Auflistung aller Publikationen Ficklers ist nahezu unmöglich <strong>und</strong> war auch<br />
ni cht Ziel dieser Arbeit.<br />
22) Zur "Gesellschaft" von 1805 sind verschie<strong>de</strong>ne, z.T. ältere Arbeiten erschienen, zumeist in <strong>de</strong>n<br />
Schri ften <strong>de</strong>r Baar (Näheres siehe dort). Der letzte Stand <strong>de</strong>r Forschung fin<strong>de</strong>t sich bei W.<br />
HI LPERT, Der Verein <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> aturgeschichte <strong>de</strong>r Baar, in : Die Fürstenberger, 800<br />
Jahre Herr chaft <strong>und</strong> Kultur in Mitteleuropa(Katalogband zur Nie<strong>de</strong>rösterreichischen Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>aussteIlung<br />
in Weitra 1994), S. 104 ff.<br />
23) Ficklers handschriftliche Au fzeichnungen bei <strong>de</strong>n Akten <strong><strong>de</strong>s</strong> "<strong>Vereins</strong> <strong>für</strong> Ge chichte <strong>und</strong><br />
arurgeschichte <strong>de</strong>r Baar", FFArchi v.
94<br />
24) Akten <strong><strong>de</strong>s</strong> "<strong>Vereins</strong> ... " (wie Anm. 23), Protokolle 1842- 1848.<br />
25) Akte Fickler, Fürstenberg-Gymnasium, mit <strong>de</strong>r Bezeichnung " Diener. Professor FickJer,Jahrgang<br />
182 1-, Fach IV, Fasc. 24a".<br />
26) Akte Fickler, Fürstenberg-Gymnasium (wie Anm. 25).<br />
27) C.B.A.FlcKLER, [n Rastall 1849, Rastall 1853, Vorwon. S. VIII.<br />
28) Anm. 4, Teil I <strong><strong>de</strong>s</strong> Beitrags.<br />
29) Große Teile<strong>de</strong>r Ailliquariumsbestän<strong>de</strong> waren bereits in <strong>de</strong>r kur<strong>für</strong>stlichen Zeit zusammengetragen<br />
wor<strong>de</strong>n. Zur wissenschaftlichen Betreuung <strong>und</strong> Erweilerun g <strong>de</strong>r Sammlungen hatte Kur<strong>für</strong>st<br />
Carl Theodor 1763 die Kurpfä lzische Aka<strong>de</strong>mie <strong>de</strong>r Wis 'enschaflen gegrün<strong>de</strong>t, unter <strong>de</strong>ren<br />
Ägi<strong>de</strong>die Bestän<strong>de</strong>erheblich anwuchsen. Als<strong>de</strong>r Kurpfälzische Hof 1778 nach München verlagen<br />
wur<strong>de</strong>, gingen auch Teile <strong>de</strong>r Sammlungen donhin. Der größere Restbe tand verblieb im<br />
Mannheimer Sch loß <strong>und</strong> wur<strong>de</strong> nach <strong>de</strong>m Übergang <strong>de</strong>r rechtsrheinischen Pfalz an Ba<strong>de</strong>n<br />
1805 vom bayrischen Kur<strong>für</strong> ten <strong>de</strong>r Stadt M annheim geschenk t. Die Stadt sah sichjedoch aus<br />
winschaftlichen Grün<strong>de</strong>n nicht in <strong>de</strong>r Lage, das Antiquarium aufDauerzu unterhalten <strong>und</strong> bot<br />
es daher 1806 <strong>de</strong>m neuen Großherzog Carl Friedrich von Ba<strong>de</strong>n als Geschenk an, j edoch mit<br />
<strong>de</strong>r Bedingung, daß die Sammlung in ihrer Gänze in M annheim verbleiben <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Öffent <br />
lichkeit zugänglich se in müsse. 1809 akzeptierte <strong>de</strong>r Großherzog das Geschenk samt <strong>de</strong>r von<br />
Mannheim gewünschten Rege lung <strong>und</strong> überrruggleichzeitig die Betreuung <strong><strong>de</strong>s</strong>Antiquariums<br />
einem Professor<strong>de</strong> neugegrün<strong>de</strong>ten Lyceums. Ficklerwur<strong>de</strong><strong>de</strong>rdritteCustos. - DieEinzeiheilen<br />
zur <strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Mannheimer Antiquariums fußen auf <strong>de</strong>m Aufsatz von Peter GALLI, Für<br />
Publikum <strong>und</strong> Wissenschaft, DasGroßherzog liche Antiquarium in M annheim unter <strong>de</strong>r Leitung<br />
von C.B.A.Fickler ( 1855- 187 1), <strong>de</strong>r in Kürze in <strong>de</strong>n M annheimer Geschieht blättern. Bd. 4,<br />
1997. ged ru ckt vorliegen wird. Die Arbeit wur<strong>de</strong> mir fre<strong>und</strong>licherweise vom Autor vorab zur<br />
Verfügung gestellt.<br />
30) V gl. hierzu GALLI, op.cit.. Anm. 66-7 1.<br />
31) Zur Selbstbiographie vgl. Teil I meines Aufsatzes in: Schriften <strong>de</strong>r Baar. Bd. 40, 1997, S. 19.<br />
Anm. I.<br />
32) ähere Angaben bei GALLI , Anm. 16.<br />
33) Vgl. GAU_I. Dort auch weiterführen<strong>de</strong> Literawrangaben.<br />
34) So z. B. mit Theodor M ommsen, <strong>de</strong>m Berliner Althistoriker <strong>und</strong> damals besten Kenner <strong>de</strong>r<br />
klassischen Antike. - Vgl. GALl.I im Abschnitt "Wissenschaftliche Kontakte ... ".<br />
35) Briefvom 26.06 .1 870. wohl an Rehmann: "... Ich bin nemlich bi s die unwillkommene Last<strong>de</strong>r<br />
Directionsführung, die jezl nahezu zwei l ah reaufmeinen Schultern lastet. o<strong>de</strong>r bis ich, wie das<br />
unwillige Kamel <strong>de</strong>r Wüste. sie in passivem Wi<strong>de</strong>rstand abgeschüllelt o<strong>de</strong>r mich mit ihr in <strong>de</strong>n<br />
Sand geworfen habe von nöthigen o<strong>de</strong>r unnüzen,je<strong>de</strong>nfaJls aber zeitrauben<strong>de</strong>n Arbeiten so in<br />
Anspruch genommen, daß ich nicht nuran literarischen arbeiten ein lucrum cessan (Einbuße)<br />
von mehr als 200 Gul<strong>de</strong>n jährlich aufweisen kann. on<strong>de</strong>rn auch mit <strong>de</strong>r Correspon<strong>de</strong>nz in<br />
\ i sensehaftlichen o<strong>de</strong>r fre<strong>und</strong>schaftlichen Angelegenheiten so im Rückstan<strong>de</strong>, daß ich 0<br />
recht eigentlich einem literarischen Bankrott entgegen treibe ...." - Akten <strong><strong>de</strong>s</strong> "<strong>Vereins</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> alUrgeschichte <strong>de</strong>r Baar", F.F.Archiv.<br />
36) Die archäologischen Beslän<strong>de</strong><strong><strong>de</strong>s</strong> AnLiquariums <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Mannheimer A lterrumsverei ns bil<strong>de</strong>n,<br />
sowei t sie die Kriegszerslörungen überd auert haben, <strong>de</strong>n Kernbestand <strong><strong>de</strong>s</strong> M annheimer Reiss<br />
Museum . MancheSammlungsteile,die Ficklerviel be<strong>de</strong>utet hallen, so die etruskischen A schenumen<br />
aus Vollerra, fielen. da sie nicht ausgelagert waren, <strong>de</strong>r Bombard ierung Mannheims 1943<br />
zum Opfer. - Vgl. GALU , op.cit.<br />
37) Vgl. hierzu R. K ÜPPERS-FIEIlIG. Die naturwissenschaftlichen Abteilungen <strong>de</strong>r Fürslenberg<br />
Sammlungen. Ent stehung <strong>und</strong> gesch icht liche Entwicklung, in: Schriften <strong>de</strong>r B aar, Bd. 38 ,<br />
1995. S. 155 Fr.<br />
38) Vgl. K UPPERS-FIEIlIG. a.a.O.<br />
39) Alle Originale bei <strong>de</strong>n Akten <strong><strong>de</strong>s</strong> "Verein<br />
40) Akten <strong>de</strong> "<strong>Vereins</strong> ... ".<br />
41) Die Abbildung i t <strong>de</strong>m Aufsatz von P. REvELLlo, Die Fürstcnbergischen Sammlungen in Donaueschingen.<br />
in: Schriften <strong>de</strong>r Baar. Bd. 22. 1950, S. I rr., entnommen.<br />
42) Für diese Infonnation danke ich Frau Dr. G. AR'ISCIIEIDT. Mannhcim.
95<br />
Zum Eiszeitgeschehen im MiUelschwarzwald (3)<br />
Ergebnisse <strong>und</strong> Probleme <strong>de</strong>r bisherigen Untersuchungen<br />
von Günther Reichelt<br />
1. Einführung in die Problematik<br />
In <strong>de</strong>n vorausgegangenen Beiträgen I ( 1996) <strong>und</strong> 2 (1997) wur<strong>de</strong>n da obere Bregtal <strong>und</strong><br />
<strong>de</strong>r Schellen berg sozusagen exemplarisch <strong>für</strong> das Eiszeitgeschehen im Mittleren Schwarzwald<br />
herausgegri ffen. Dabei gi ng es einmal um die Frage, wie die Verebnungen an <strong>de</strong>n Hängen <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Bregtals entstan<strong>de</strong>n si nd <strong>und</strong> welche Be<strong>de</strong>utung ie <strong>für</strong> die Rekonstruktion <strong>de</strong>r Landschaftsgechichte<br />
haben. Es wur<strong>de</strong> dargelegt, daß ie als ei bürtige Formen, als Reste von Trog chultern<br />
ehemals vergletscherter Täler aufzufassen seien <strong>und</strong> versucht, sie zur Bestimmung <strong>de</strong>r Eisbzw.<br />
Firnmächtigkeiten <strong>und</strong> zur Rekonstruktion <strong>de</strong>r Vergletscherungsphasen heranzuziehen.<br />
War dieses ein B lick ins ährgebiet <strong>de</strong>r Vergletscherung, so rückte die zweite Studie das<br />
Zehrgebiet am Schellen berg in <strong>de</strong>n Mittelpunkt. Es wur<strong>de</strong> beglün<strong>de</strong>t, daß <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Hänge ebenfalls<br />
vom Gletschereis <strong>de</strong>r vorletzten o<strong>de</strong>r früherer Kaltzeiten überfahren wur<strong>de</strong>n; auch konnte<br />
eine Erklärung <strong>für</strong> die merkwürdigen Verläufe <strong>de</strong>r Tälchen eines Südhanges gegeben wer<strong>de</strong>n.<br />
Inzwischen erschien die - lei<strong>de</strong>r letzte - Arbeit von Willi PA L über die glaziomorphologische<br />
Son<strong>de</strong>rstellung <strong><strong>de</strong>s</strong> Mittleren Schwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong> im Jungpleistozän (PA L U. SCHI KE 1997). Sie<br />
kommt meinen früher getroffenen Aussagen (REICHELT 1994, 1996) weitgehend entgegen,<br />
vornehmlich in folgen<strong>de</strong>n wichtigen Punkten: I. Die Verebnungen sind eisbürtig <strong>und</strong> als Trogschultern<br />
aufzufa sen. 2. Die angenommenen maximalen Eis- bzw. Firnmächtigkeiten <strong>de</strong>r<br />
vorletzten "Großen Eiszeit" (Ri ßglazial o<strong>de</strong>r früher) stimmen weitgehend überein. 3. Die in<br />
<strong>de</strong>r letzten Kaltzei t (Würmglazial) gebi l<strong>de</strong>ten Schutt- <strong>und</strong> Schottermas. en liegen noch heute<br />
größtenteils <strong>de</strong>n Hochflächen <strong>und</strong> Hängen <strong><strong>de</strong>s</strong> östlichen Mittelschwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong> auf <strong>und</strong> gelangten<br />
mit Ausnahme leicht transportierbarer San<strong>de</strong> <strong>und</strong> Lehme entgegen an<strong>de</strong>rer Ansicht nicht<br />
in s Donaueschinger Ri ed. Sie drangen höchstens schuttfächerartig in die Haupttäler vor.<br />
Bisher erfuhr <strong>de</strong>r Mittlere Schwarzwald keine flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong> Bearbeitung durch Kaltierung<br />
seiner Fonnelemente <strong>und</strong> Ablagerungen, die es erl auben wür<strong>de</strong>, über großzügige Skizzen<br />
o<strong>de</strong>r Einzelzüge hinaus ein zu ammenhängen<strong><strong>de</strong>s</strong>, zugleich <strong>de</strong>tai lliertes <strong>und</strong> hinreichend belegtes<br />
Bild über <strong>de</strong>n räumlichen <strong>und</strong> zeitlichen Verlauf <strong>de</strong>r Kaltzeiten zu entwickeln. Trotz intensiver<br />
Begehungen <strong>und</strong> Unter uchungen kann diese Lücke auch mit <strong>de</strong>m fo lgen<strong>de</strong>n Beitrag<br />
ni cht ganz geschl ossen wer<strong>de</strong>n. Zahlreiche Fragen bleiben noch offen. Immerhin ermögli <br />
chen die neuen Bef<strong>und</strong>e eine gesichertere Zusammenschau, als es bislang <strong>de</strong>r Fall war. Sie<br />
soll hier zur Diskussion gestellt wer<strong>de</strong>n.<br />
2. Methodisches Vorgehen<br />
Die geomorphologische Kartierung <strong>de</strong>r wesentlichen Forn1elemente galt <strong>de</strong>n Talfonnen, insbeson<strong>de</strong>re<br />
<strong>de</strong>r Gestaltung <strong>de</strong>r Hänge <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Talschlüsse. Neben <strong>de</strong>r relativen Hanghöhe <strong>und</strong><br />
<strong>de</strong>r Hangneigung, wur<strong>de</strong>n Felsbildungen, isolierte, vom Hang abgesetzte Buckel, Blockansammlungen,<br />
Gefallestufen <strong>und</strong> Hängemündungen von Nebentälern krutiert. Gr<strong>und</strong>lage waren<br />
vergrößerte Kopien <strong>de</strong>r Topographischen Krutel:25.ooo <strong>de</strong>r Meßtischblätter Titisee- eustadt<br />
(8015), Furtwangen (7915), Villingen-Schwenningen-West (79 16) <strong>und</strong> Donaueschingen<br />
(80 16). Damit wur<strong>de</strong> das gesamte Einzugsgebiet <strong>de</strong>r Breg zwischen Brend <strong>und</strong> Steinbühl im<br />
Westen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Muschelkalkplane von Grüningen bis zur Gauchach im Osten <strong>und</strong> Sü<strong>de</strong>n<br />
erfaßt. Ihre Wie<strong>de</strong>rgabe hätte nur in stark verkleinerter Form geschehen können, wobei die
96<br />
oft ohnehin kleinen Formen nicht mehr erkennbar wären. Stall <strong><strong>de</strong>s</strong>sen wur<strong>de</strong> einer auszugsweisen<br />
Darstellung in wenigen Beispielen <strong>de</strong>r Vorzug gegeben.<br />
Es teilte sich lei<strong>de</strong>r bald herau. daß die Höhenlinien <strong>de</strong>r amtlichen Karten in unserem Raum<br />
erhebliche Fehler e nthalten. So können ganze Täler o<strong>de</strong>r Erhebungen von mehr a ls 15 m<br />
Höhenunter chied <strong>und</strong> einer Längenerstreckung von mehreren h<strong>und</strong>ert Metern <strong>de</strong>r Darstellung<br />
ganz entgehen. Das be<strong>de</strong>utete schon in <strong>de</strong>n Wäl<strong>de</strong>rn <strong><strong>de</strong>s</strong> Schellen berges zwischen Bräunlingen<br />
<strong>und</strong> Grüningen <strong>und</strong> erst recht im Baarschwarzwald bei<strong>de</strong>rseits <strong>de</strong>r Breg erhebliche Erschwerungen<br />
<strong>de</strong>r Kartierarbeit.<br />
eben <strong>de</strong>n Talformen galt <strong>de</strong>n Verwillerungs<strong>de</strong>cken <strong>und</strong> transportierten Lockermassen, die<br />
<strong>de</strong>n anstehen<strong>de</strong>n Untergr<strong>und</strong> sowohl an <strong>de</strong>n Hängen als auch auf <strong>de</strong>n Verebnungen <strong>und</strong><br />
Hochflächen noch vielfach be<strong>de</strong>cken, beson<strong>de</strong>re Aufmerksamkeit. lhre petrographische<br />
Zusammensetzung, die Form ihrer Steine <strong>und</strong> die Einregelung von <strong>de</strong>ren längsten Achsen<br />
sowie ihr Verwinerungsgrad li efern wichti ge Daten zur Rekonstruktion <strong>de</strong>r Landschaftsgeschichte.<br />
Sie zu elfassen, machte Schotteranalysen nötig. Da diese zeitaufwendig <strong>und</strong> teilweise<br />
nur im Labor mi t <strong>de</strong>m nöti gen Genauigkeitsgrad durchzuführen sind, konnte nicht je<strong>de</strong>r<br />
Aufschluß durch eine vollständige Analyse dokumentiert wer<strong>de</strong>n. Da hätte die Entnahme<br />
<strong>und</strong> <strong>de</strong>n Transport von jeweils zwischen 8 <strong>und</strong> 10 kg Ste inen be<strong>de</strong>utet. lmmerhin konnten<br />
über 60 Analysen erhoben wer<strong>de</strong>n (s. Abb. I ), die min<strong><strong>de</strong>s</strong>tens die Petrographie, <strong>de</strong>n<br />
R<strong>und</strong>ungsgrad, nach Möglichkeit auch die Einregelung <strong>de</strong>r Schotterach en, oft auch <strong>de</strong>n<br />
Verwitterungsgrad erfassen. Die wichtigsten Daten hi erzu enthält Tab. I.<br />
Die Analy. en um faßten jewei Is 100 direkt benachbarte Ste ine eines Aufschlusses zwischen 2<br />
<strong>und</strong> über 20 cm Durchmesser. Die So rti erung wur<strong>de</strong> photographisch sowie durch Ko rngrößenanaly<br />
e erfaßt <strong>und</strong> an an<strong>de</strong>rer Ste ll e (REICHELT 1995) ausgewertet. Die Einregelung<br />
<strong>de</strong>r längsten Schotterachsen wur<strong>de</strong> nach POSER U.HÖVERMA N ( 1951 ) vereinfacht gemessen,<br />
wobei bei Steinen (mit Verhältnis <strong>de</strong>r Hauptach en min<strong><strong>de</strong>s</strong>tens 2: I) nur die Richtungen "längs",<br />
"quer" <strong>und</strong> "an<strong>de</strong>rs". also auf ihre vermutliche Transportrichtung bezogen, unterschie<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n; im Zweifel wur<strong>de</strong> die Lage zur Kompaßrose angegeben. Der R<strong>und</strong>ungsgrad wur<strong>de</strong><br />
nach <strong>de</strong>r allgemein als e ingeführt gelten<strong>de</strong>n Metho<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Velfassers (REICHELT 1955, 1961 ,<br />
SCH REI 'ER 1992) bestimmt, unterschie<strong>de</strong>n nach <strong>de</strong>n <strong>de</strong>finierten Kategorien "kantig" (kt),<br />
"kantenger<strong>und</strong>et" (kg). "ger<strong>und</strong>et" (gr) <strong>und</strong> "stark ger<strong>und</strong>et" (sg). Der Verwitterungsgrad<br />
wur<strong>de</strong> nach <strong>de</strong>n Kategorien "fri sch" (f = ohne Velwitterungsrin<strong>de</strong>), "angegriffen" (a = verfärbte<br />
Rin<strong>de</strong> 1-5 mm) <strong>und</strong> "verwittert" (v = auch im Kern velfärbt o<strong>de</strong>r mürb) als "Verwitterungsin<strong>de</strong>x<br />
" bestimmt. <strong>de</strong>r das Zahlenverhältnis <strong>de</strong>r verwittel1en zu <strong>de</strong>n frischen Steinen (Iv = vif x<br />
100) angibt. Zur Lage <strong>de</strong>r Entnahmeorte s. Abb.l.<br />
3. Ergebnisse <strong>und</strong> Diskussion<br />
3.1. Die Lockermassen, Genese <strong>und</strong> Datierung<br />
3. 1.1 Hangschutt<br />
Wie einleitend bemerkt, sind die Hochflächen <strong>und</strong> Hänge <strong>de</strong>r Ostabdachung <strong><strong>de</strong>s</strong> Mittleren<br />
Schwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong> von Verwitterungs<strong>de</strong>cken überzogen. PAUL U.SCHI KE ( 1997) weisen darauf<br />
hin, daß gera<strong>de</strong> dieser mstand e ine gegenüber achbargebieten intensive Landwirtschaft<br />
ermöglicht. Selbst an stei leren Hängen können ie sehr tiefgründig sein . So lagern etwa am<br />
Südhang hinter <strong>de</strong>m "Sägenhof' unterhalb <strong>de</strong>r Kalten Herberge gut 5 m mächtige Lockermassen<br />
<strong>de</strong>m anstehen<strong>de</strong>n Gneis auf (Abb. 2). Hi er wechseln feinerdige <strong>und</strong> grusige Lagen<br />
mit Bän<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r Linsen dichter Steinpackung einan<strong>de</strong>r ab <strong>und</strong> zeigen an, daß Sortierungen<br />
infolge von Schutt bewegungen stattgef<strong>und</strong>en haben.
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98<br />
Abb. 2: Aufschlußam Sägenhof/Urachlal (960 m<br />
ü.M ). Der Südhang ist von einer über 5 m mächtigen<br />
Decke au lehmigem Hangschutt be<strong>de</strong>ckt.<br />
Sleinlinsen <strong>und</strong> Hori zonte mit wechseln<strong>de</strong>n Slein<br />
/Lehmanteilen sind M erkmale intensiver Soli fluktion<br />
während <strong>de</strong>r K altzeil<strong>und</strong> belegen <strong>de</strong>ren zeitweise<br />
peri glaziales K lima (Maßstab = 0,8 m).<br />
A bb. 3: A ufsc hluß bei Bruggen (705 m ü.M.). In <strong>und</strong> unter I -2 m zähem Ton liegen kantenger<strong>und</strong>ete<br />
<strong>und</strong> ger<strong>und</strong>ete Steine, darunter Blöcke von über 50 cm K antenlänge. R<strong>und</strong>ungsgrad <strong>und</strong> L agerung<br />
sprechen <strong>für</strong> M oräne (vgl. bb. 5) <strong>und</strong> nicht <strong>für</strong> Flußschotter <strong>de</strong>r Breg (M aßstab = 30 cm).
99<br />
Abb. 4: Baugrube in Donaueschingen "aufStaig" (725 m ü.M.). Schlecht sortierte, überwiegend kantenger<strong>und</strong>eteSteine<br />
in lehmig/toniger,z.T. auch grusigem Bin<strong>de</strong>mittel. Diequarzitischen Buntsandsteine<br />
sind gut erhalten, die Gneise <strong>und</strong> Granite fast zelfallen. Wahrscheinlich Moräne <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>l-Kaltzeit (?).<br />
Abb. 5: Aufschluß von Flußschottern in <strong>de</strong>r Bregtalsohle am Tierstein (735 m ü.M.). Die Schüttung<br />
erfolgte von rechts. Die Sortierung lind dachziegelige Lagerung <strong>de</strong>r Steine ist gut zu erkennen.
100<br />
Für diese Vorgänge ind Frosrwechselvorgänge während <strong>de</strong>r Kaltzei ten verantwortlich, die<br />
einerseit al " Kryoturbation" auch auf ebenen Bö<strong>de</strong>n zur Trennung von Feiner<strong>de</strong> <strong>und</strong> Skelett<br />
sowie zur vertikalen Verstellung <strong>de</strong>r Steine führte. An<strong>de</strong>rersei ts gerieten die Decken während <strong>de</strong>r<br />
kurzen ommerlichen Auftauperio<strong>de</strong>n chon an Hängen von etwa 2° eigung ins Kriechen o<strong>de</strong>r<br />
Fließen, wobei durch diese "Solifluktion" bo<strong>de</strong>nparalJeleSOItierungen erfolgten, sodaßofr chichtartige<br />
Bän<strong>de</strong>rstrukturen entstan<strong>de</strong>n. Die Achsen <strong>de</strong>r längl ichen Gesteinstrümmer wur<strong>de</strong>n neu<br />
eingeregelr <strong>und</strong> benachbalte Steine so bestoßen, daß ihre Kanten abger<strong>und</strong>et sein können.<br />
Im Untersuchungsgebiet w ur<strong>de</strong>n II solcher Aufschlü se von Hangschutt untersucht. Das<br />
Ergebnis zeigt Tab. I ("Hangschutt/Solifluktion"). Danach haben innerh alb geringer Grenzen<br />
die meisten Steine ihre kantige Trümmerfolm behalten (8 1 %, S = 12 %) <strong>und</strong> <strong>de</strong>r größte Teil<br />
länglicher Steine ist hangpara llel ei ngeregelt (75 %, s = 6 %). Das entspricht ntersuchungen<br />
im ordschwarzwald, wo FEZER et al. ( 1962, S. 67) im Hangschutt 8 1 ~ kantige <strong>und</strong> 64 % (s<br />
= 10) längseingeregelte Steine ermittelten. Demgegenüber erscheint <strong>de</strong>r Verwinerungsgrad<br />
seh r uneinheitlich. Probe r. 122 (Josenhof/Schollach; -Hang, ca. 2 m mächtige sandig/<br />
lehmige M atrix, liegend Grus <strong>und</strong> Auflockerung zone <strong><strong>de</strong>s</strong> verwittern<strong>de</strong>n Granits; Entnahme<br />
1,5 111 unter Flur, vorwiegend Granit, einige Stücke Gneis <strong>und</strong> Aplit) zeigt einen Verwitterungsin<strong>de</strong>x<br />
von 650, Probe r. 136 (Oberbränd; S-Hang, ca I m grusig/sandiger Lehm mit<br />
Steinlinsen über anstehen<strong>de</strong>m Eisenbach-Granit, vorwiegend Granit, einige Stücke Buntsandstein)<br />
hingegen von Iv = 43. Auch ohne Probe r. 122 sind die Schwankungen sehr hoch.<br />
Diskussion: W ährend R<strong>und</strong>ungsgrad <strong>und</strong> Einregelung <strong>de</strong>n aus an<strong>de</strong>ren Gebieten bekannten<br />
Welten <strong>für</strong> Solifluktionsschutt entsprechen. for<strong>de</strong>l1 <strong>de</strong>r stark unterschiedliche Verwitterungsgrad<br />
zur Disk uss ion heraus. Generell ist <strong>de</strong>r Verw itterun gsgrad ein M aß <strong>für</strong> das Alter einer<br />
Ablagerung. un zeigen Analysen bei Proben vergleichbarer petrographischer Zusammensetzung<br />
im Hotzenwald. daß jungkaltzeitliche Ablagerungen ei nen Verwinerungsgrad von Jv<br />
= < 100, in <strong>de</strong>r Rege l sogar unter 50 aufweisen. Hingegen haben rißzeitliche einen Iv von<br />
200-600 (RElcHELT 1960, S. 11 3). Demnach sprächen die stark schwanken<strong>de</strong>n Werte in MitteIschwarzwäl<strong>de</strong>r<br />
Schutt<strong>de</strong>cken <strong>für</strong> <strong>de</strong>ren unterschiedliches Alter bzw. ihr Ent tehen aus Schutt<strong>de</strong>cken<br />
unterschied lichen Alters. Das nehmen auch PAUL u.S HI KE ( 1997. S. 206 f) an. Sie<br />
ve rweisen darauf. daß die mächtigen Mittelschwarzwäl<strong>de</strong>r Decken nicht nur ei ner K altzeit<br />
entstam men können, son<strong>de</strong>rn einen Bo<strong>de</strong>n darstellen, "<strong>de</strong>r im Würnl aus <strong>de</strong>m Gr<strong>und</strong>moränenschutt<br />
älterer Kaltzeiten periglaziär gebil<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>". Hingegen olltenScHREIJ ER ( 1996, S. 28)<br />
zu fo lge wünnzeitliche Schutt<strong>de</strong>cken <strong>de</strong> Mittel chwarzwal<strong>de</strong> während <strong>de</strong>r "in Mitteleuropa<br />
verbreiteten würnlkaltzei tlichen Auf. chüttungs- <strong>und</strong> Erosionsvorgänge" dort abgetragen sein<br />
<strong>und</strong> in dieser "letzten großen wünnkaltzeitlichen Akkumulationsphase" z. B. das Donaueschinger<br />
Ried aufgefüllt haben. Die vorgelegten Bef<strong>und</strong>e besagen an<strong>de</strong>res. Auch die K ernbohrungen<br />
<strong>de</strong>r Geologischen L an<strong>de</strong> anstalt in Tälern <strong>de</strong>r Schollach, rach <strong>und</strong> Breg anläß lich früher<br />
geplanter Tal sperren zeigen, daß die Hänge durchweg sandig/lehmige Schutt<strong>de</strong>cken in einer<br />
M äc htigkeit von 1111 - 3.4 m tragen, welche w ie<strong>de</strong>rholt ältere ortsfrem<strong>de</strong> Gesteinsbrocken<br />
aufweisen.<br />
Nimmt man die Kenntnisse über die zeitlichen <strong>und</strong> klimati schen Bed ingungen <strong>de</strong>r Bo<strong>de</strong>nbildung<br />
hinzu, so darf insgesamt die eingangs vertretene, nunmehr besser belegte Auffa sung<br />
beibehalten wer<strong>de</strong>n. daß die heute anzutreffen<strong>de</strong>n Schutt<strong>de</strong>cken <strong><strong>de</strong>s</strong> Mittelschwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong> im<br />
we entlichen au <strong>de</strong>r Würmkaltzeit stammen <strong>und</strong> Reste älterer Schotter enthalten.<br />
3. 1.2. Moränen<br />
M oränen sind Ablagerungen, die durch Glet eher transportiert wur<strong>de</strong>n, wenngleich auch<br />
Schmelzwasser dabei erheblich mitwirken kann, insbe on<strong>de</strong>re bei Endmoränen <strong>und</strong> an <strong>de</strong>r
101<br />
jeweiligen Gletscherstirn. Dabei wer<strong>de</strong>n die Gesteinstrümmer weitaus stärker geschoben als<br />
gerollt, so daß die Zur<strong>und</strong>ungsklassen einen beson<strong>de</strong>ren Verteilungstyp bil<strong>de</strong>n. <strong>de</strong>r sich in <strong>de</strong>r<br />
Regel wesentlich sowohl einer eits von Solifluktionsschutt als auch an<strong>de</strong>rerseits von Ablagerungen<br />
fließen<strong>de</strong>r Gewässer unterschei<strong>de</strong>t.<br />
So wur<strong>de</strong>n bei 21 Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Endmoränen <strong><strong>de</strong>s</strong> Südschwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Vogesen durchschnittlich<br />
18 % kantige, 59 % kantenger<strong>und</strong>ete, 20 % ger<strong>und</strong>ete <strong>und</strong> etwa 3 % stark ger<strong>und</strong>ete<br />
Geschiebe ermittelt bei Standardabwe ichungen um s = 10 %. Auch alpine Moränen fügen<br />
sich diesem Typus gut e in (RElc HELT 1961 , S. 22). Im ordschwarzwald wie en 26 Gr<strong>und</strong><strong>und</strong><br />
Endmoränen durchschnittlich 59 % ( = 8) kantenger<strong>und</strong>ete Steine auf (FEZER et a!.<br />
1961. S. 69). Der Typus ist also auf breiter Basis gesichert <strong>und</strong> umfaßt owohl die verschi<br />
e<strong>de</strong>nsten kristallinen Silikatgeste ine (wie Gneise, Granite, Porphyre) als auch Buntsand<br />
. tein <strong>und</strong> Kalkgeste ine.<br />
Die Einregelung <strong>de</strong>r Schonerachsen ist uneinheitlich. Bei Endmoränen <strong>und</strong> Rückzugs chottem<br />
kann die Einregelung quer zur Transportrichtung unter <strong>de</strong>m Einfluß <strong>de</strong> Schmelzwa sers<br />
le icht vorhelTschen, doch liegen die Richtungen <strong>de</strong>r Geschiebeachsen durchschnittlich dicht<br />
beie inan<strong>de</strong> r. Bei Moränen <strong><strong>de</strong>s</strong> Nordschwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong> fan<strong>de</strong>n FEZER et a!. (ebd.) fo lgen<strong>de</strong> Einregelung:<br />
längs 34 % (s = 12), quer 34 % (s = 6), an<strong>de</strong>rs 32 % (s = 7). Danach ist die Einregelung<br />
ein weiteres Abgrenzungskriterium gegenüber Solifluktionsschutt einerseits <strong>und</strong> fluvialen<br />
Ablagerungen an<strong>de</strong>rerseits.<br />
Wie aus Tab. I ("Moränen") hervorgeht. weichen die im Mitte lschwarzwald untersuchten<br />
Proben hinsichtlich <strong><strong>de</strong>s</strong> R<strong>und</strong>ung gra<strong><strong>de</strong>s</strong> nur wenig vom Typus ab <strong>und</strong> liegen in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n<br />
Typus bestimmen<strong>de</strong>n R<strong>und</strong>ungsklasse "kantenger<strong>und</strong>et" mit 62 % bzw. 56 % innerhalb <strong>de</strong>r<br />
Standardabweichung.<br />
Die nach ihrer Höhenlage geordneten Moränen wur<strong>de</strong>n in zwei Gruppen geteilt. Da<strong>für</strong> war<br />
neben <strong>de</strong>r Höhenlage <strong>de</strong>r Verwitterungsgrad entschei<strong>de</strong>nd. Er wur<strong>de</strong> zwar nicht durchweg<br />
exakt ermittelt, doch re ichen die erhobenen Daten aus, um die Trennung statistisch zu begrün<strong>de</strong>n.<br />
Die über 940 m+ angetroffenen Moränen weisen trotz großer Streuung mit Iv =<br />
35 einen signifLkanten Unterschied im Verwitterungsgrad zu <strong>de</strong>njenigen tieferer Lage (mit Iv<br />
= 522) aus.<br />
Diskussion: Bei <strong>de</strong>r Einheitlichkeit <strong>de</strong>r R<strong>und</strong>ungsgradspektren bei<strong>de</strong>r Gruppen <strong>und</strong> angesichts<br />
<strong>de</strong>r großen Datenmengen auch aus benachbal1en Bereichen dürfen die aufgeführten Ablagerungen<br />
als Moränen gelten. Zwar wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r zweiten Gruppe zufällig keine Einregelungsmessungen<br />
vorgenommen. Doch läßt <strong>de</strong>r R<strong>und</strong>ungsgrad ohnehin eine sichere Abgrenzung<br />
gegenüber Solifluktions chutt zu. Auch gegenüber fluvialen Schottem sind a lle als Moränen<br />
eingestufte Proben dadurch abgegrenzt daß außer <strong>de</strong>m Maximum in <strong>de</strong>r Kategorie "kantenger<strong>und</strong>et"<br />
di e Summe <strong>de</strong>r ger<strong>und</strong>eten <strong>und</strong> stark ger<strong>und</strong>eten Steine unter 50 % liegt. Darüber<br />
hinaus ergeben sich aus weiteren, hier nicht im Einzelnen aufgelisteten Merkmalen wie fehlen<strong>de</strong>r<br />
SOl1ierung <strong>und</strong> Schichtung, gute Unterscheidungskriterien.<br />
Einwän<strong>de</strong> könnten vielleicht gegenüber <strong>de</strong>n Proben 54 <strong>und</strong> 51 bei Bruggen erhoben wer<strong>de</strong>n<br />
weil sie e inerseits einen <strong>für</strong> Moränen extrem niedrigen Anteil kantiger Steine, an<strong>de</strong>rerseits<br />
e inen recht hohen Anteil stark ger<strong>und</strong>eter Geschiebe aufweisen. Diesbezüglich kommen sie<br />
fluvialen Ablagerungen immerhin nahe. Doch zeigen gera<strong>de</strong> diese Proben wegen ihrer schlechten<br />
Sortierung, Probe 51 auch wegen ihrer dominieren<strong>de</strong>n /S-Achseneinregelung, daß sie<br />
keine Bregschoner sind; sie müßten sonst - wie die Flußschotter-Probe 27 bei Bruggen - quer<br />
zur Flußrichtung, also W /0 orientiert sein. Außer<strong>de</strong>m hat die Breg we<strong>de</strong>r einerseits große
102<br />
Tab. I: R<strong>und</strong>ungsgrad, Verwitterungsin<strong>de</strong>x (Iv)<strong>und</strong> Einregelung <strong>de</strong>rScholterachsen bei Ablagerungen<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Mittelschwarzwal<strong>de</strong> <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Baar<br />
Nr. Entnahmeort Höhe R<strong>und</strong>ungsgrad in % Einregelu ng<br />
m + kt kg gr sg V Ig qu and<br />
1. HangschuU/Solifluktion<br />
11 3 Brend/Ladstan 1020 68 32 0 0 43 vorw.lg.<br />
136 Oberbränd/Spitzwald 1005 7 1 29 0 0 26/43 vorw. lg.<br />
30 Furtwangen eueck 990 96 4 0 0 n.b. n.b.<br />
12 1 Schollach/Wen<strong>de</strong>lshäusle 96 1 84 16 0 0 n.b. 72 16 2<br />
29 Urachtal/Sägenhof 950 9 1 9 0 0 n.b. 85 6 9<br />
122 Schollach/Jo enhof 9 10 76 24 0 0 650 68 14 18<br />
4 1 oberes Forbental 880 80 20 0 0 n.b. 73 7 20<br />
14 1 Furtwangen/Lochmühle 850 84 16 0 0 24 n.b.<br />
143 oberer Roßdobelhang 8 10 96 4 0 0 n.b. 75 15 10<br />
133 Hammereisenbach 755 9 1 9 0 0 75 n.b.<br />
134 H'eisenbach/Schunnicher 760 58 40 2 0 45 n.b.<br />
Mittelwerte 8 1 19 0,2 129 75 12 12<br />
Standardabweichung (s) 12 12 0,6 230 6 5 7<br />
2. Morä ne<br />
2. I . letztes Glazial:<br />
36 Brend/Josenbach 1070 22 62 16 0 3 n.b.<br />
33 He llewan<strong>de</strong>r Kar 1055 36 62 2 0 29 n.b.<br />
33b Hellewand/Großhof 1028 43 52 5 0 n.b. n.b.<br />
32 SchollachjTreibenman 990 40 56 4 0 100 52 40 8<br />
34 Furt wangen/Sägemannshof 965 11 73 16 0 n.b. 35 28 37<br />
39 H'eisenb./Sauerbrunnen 955 29 64 7 0 n.b. n.b.<br />
35 Neuki rch/Wolfloch 940 30 62 8 0 7 30 62 8<br />
3 1 Scho llach/Laulishof 940 8 66 24 2 n.b. 40 40 20<br />
Mittelwerte 27 62 10 0,3 35 39 43 18<br />
Standardabweichung (s) 13 6 8 0,8 45 9 14 14<br />
2.2. rrühere Glaziale:<br />
40 Herzg. wei ler/FischerSlr. 905 25 54 2 1 0 ( 1300) n.b.<br />
06 Un terbränd euwald 840 24 64 12 0 hoch n.b.<br />
44 Wolterdingen/Hallenberg 795 29 59 12 0 333 n.b.<br />
45 Wollerdingen/Hallenberg 793 29 62 9 0 (600) n.b.<br />
38 Volkertsweiler/Eichwäldle 780 6 66 27 I n.b. n.b.<br />
42 Zin<strong>de</strong>lstein/Schmelztobel 775 35 6 1 4 0 n.b. n.b.<br />
34 Pfaffenwei ler/Wiesel bach 765 30 57 10 3 n.b. n.b.<br />
09 Waldhausen/Brändbach 775 35 53 12 0 hoch n.b.<br />
25 Bruggen/Hal<strong>de</strong> 735 36 50 8 6 hoch n.b.<br />
08 Waldhausen/pulz 722 22 42 28 8 n.b. n.b.<br />
54 Bruggen/Öschweg 708 5 47 38 10 633 n.b.<br />
5 1 Bruggen/Süd 705 3 59 3 1 7 600 dom. /S<br />
Mittelwerte 23 56 18 3 522<br />
Standardabweichung (s) 12 7 11 4 165
\ 03<br />
3. Flußschotter<br />
18 Schollach/Laulishof 945 8 45 45 2 n.b. 26 68 6<br />
19 Rohrbach(Lenzenhof 860 nicht bestimmt n.b. 39 59 2<br />
2 1 Woltloch/Bach 937 2 30 54 14 L33 qu.dachz.<br />
07 Brändbach/U'bränd 764 6 28 54 12 n.b. qu .dachz.<br />
17 Breg ob. Linachmündung 770 6 3 1 53 10 250 35 56 9<br />
16 Breg/Pegel H'eisenbach 737 2 32 48 18 n.b. 39 53 8<br />
15 BregfTierstein 735 0 44 36 20 200 36 54 LO<br />
14 Breg/Wolterdingen 7 15 2 40 49 9 hoch 30 54 16<br />
27 Breg/Bruggen 699 I 33 54 12 200 28 56 16<br />
16 Breg/Hüfingen-Seemühle 686 2 30 54 14 250 34 54 12<br />
I1 Brigach/Donaueschingen 676 I 52 33 14 11 0 32 56 12<br />
10 Donau/pfohren 673 2 45 40 13 2 10 36 56 8<br />
( 6 1 Kiesgrube Hü fingen 680 0 34 54 12 400 37 47 16)<br />
Mittelwerte 3 37 47 12 193 34 57 10<br />
Standardabweichung (s) 3 8 8 6 54 >4 >4 >4<br />
4. zu klären<strong>de</strong> Ablagerungen<br />
4.1. <strong>de</strong>n Vergleichswerten zufolge Moräne<br />
53 Donaueschingen/Staig 727 6 56 26 12 1250 unsortiert<br />
52(A) Donaueschingen/Staig 714 14 51 32 3 hoch 6 1 13 26<br />
52(B) Donaueschingen/Staig 715 5 50 14 0 hoch 50 24 26<br />
55 Hüfingen/Stettenbuck 705 9 66 22 3 330 n.b.<br />
56 Hüfingen/Schleewie en 700 I1 69 17 3 233 n.b.<br />
57 Hüfingen/Hohen 693 10 62 22 6 300 n.b.<br />
60 Donaueschingen/aufLeimen 692 14 53 20 13 283 n.b.<br />
58 Pfohren/Stonzfeld 680 13 56 25 6 250 n.b.<br />
64 Donaueschingen/Ried 675 4 54 35 7 n.b. n.b.<br />
65 Pfohren/Grenzgraben 675 3 66 25 6 420 (46 44 10)<br />
Mittelwerte 9 58 24 6 *303 52 27 2 1<br />
Standardabweichung (s) >4 7 >6 4 67 8 16 9<br />
* Mittelwert ohne r.53<br />
4.2. <strong>de</strong>n Vergleichswerten zufo lge Glazitluvial/FluvioglaziaJ<br />
47 Villingen/Hammerhal<strong>de</strong> 750 24 38 30 8 n.b. n.b.<br />
49 Villingen/Lorenokap. 748 22 42 23 13 hoch n.b.<br />
48 Vi II ingen/Laible 745 4 58 30 8 hoch 8 *44 48<br />
62 Kiesgrube PFohren (a,b) 675,6 0 60 36 4 388 46 44 10<br />
Mittelwerte 13 50 30 8<br />
Standardabweichung (s) 12 11 5 4<br />
* hier: qu = N/S-Richtung (± 23°)<br />
Anmerkungen:<br />
R<strong>und</strong>ungsgrad (in %): kt = kantig, kg = kan tenger<strong>und</strong>et, gr = ger<strong>und</strong>et, g = stark ger<strong>und</strong>et (Defin . s.<br />
REICHELT 1955, 196 1, SCHREINER 1992)<br />
Verwitterungsin<strong>de</strong>x Iv: n verwitterte/n frische Steine x 100<br />
Einregelung (in %): Lage <strong>de</strong>r längsten Achse <strong>de</strong>r Steine zur Transportrichtung (im Zweifel<br />
Himmelsrichtung) Ig = längs, qu = quer, ancl = an<strong>de</strong>rs<br />
Die Analysen-Nummern entsprechen <strong>de</strong>r Karte (A bb. I).
104<br />
teine <strong>und</strong> gar Blöcke bi I m Länge transportieren. noch an<strong>de</strong>rerse its '0 umfangreiche Tonlager<br />
von über I m M ächtigkeit bil<strong>de</strong>n können (Abb. 3).<br />
Die aus Grün<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Höhenlage <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Verwitterungsgra<strong><strong>de</strong>s</strong> vorgenommene Zweiteilung<br />
<strong>de</strong>r Gruppe "Moränen" führt zwangsläufig zu <strong>de</strong>r Deutung. daß es sich hier um Moränen min<strong><strong>de</strong>s</strong>ten<br />
zweier Glaziale han<strong>de</strong>lt. Wie schon bei m Solifluktionsschutt ausgeführt. entsprechen<br />
Verwilterungsgra<strong>de</strong> von I = < I 00 Ablagerungen <strong>de</strong>r WümlZeit, während so lche mit Wel1en<br />
um <strong>und</strong> über 300 entwe<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Ri ßglazial o<strong>de</strong>r noch früheren K altzeiten zuzuordnen sind.<br />
Dem scheint bei oberflächlicher Betrac htung die Tatsache entgegenzustehen, daß die noch<br />
heute in Bewegung befindlichen " rezenten" Flußschotter<strong>de</strong>r Breg <strong>und</strong> Brigach (Tab. 1,3)<br />
tei lwe ise Verwi tterungswerte von über 100 o<strong>de</strong>r gar bis 250 aufweisen. Dieser Wi<strong>de</strong>rspruch<br />
ist nur scheinbar. Vielmehr tragen die Flüsse auch die "A ltlast" von Schonem früherer Glaziale.<br />
nd da, wie ausgeführt w ur<strong>de</strong>. Schutt <strong><strong>de</strong>s</strong> letzten Glazials kaum in die Vorfluter gelangt ist.<br />
entstammt die Hauptmasse ihrer Schotter noch <strong>de</strong>m vorletzten Glazial. fhre Verwitterungspuren<br />
wer<strong>de</strong>n auch bei Zerkleinerung durch <strong>de</strong>n Transport nicht ganz beseitigt. So gesehen, liefem<br />
die rezenten Flußschotter (das "Alluvium" <strong>de</strong>r geologischen Kal1en) ein weiteres Indiz da<strong>für</strong>,<br />
daß die wünnzeitlichen Schuttmassen zum großen Teil noch auf <strong>de</strong>n Höhen <strong>und</strong> Hängen <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
östlichen Mittelschwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong> liegen.<br />
Zu diskutieren bleiben die in Tabelle I al s "zu k lären<strong>de</strong> Ablagerungen" ausgeschie<strong>de</strong>nen<br />
Proben. Sie liegen bereit außerhalb <strong><strong>de</strong>s</strong> Mittelschwarzwal<strong>de</strong> <strong>und</strong> sind mit ihrem hohen Anteil<br />
an Buntsandstein o<strong>de</strong>r kristallinen Silikatgesteinen "Erratika" auf <strong>de</strong>n Schichten <strong><strong>de</strong>s</strong> Muschelkalks<br />
o<strong>de</strong>r Keupers. Dennoch könnten sie durch höher am Berg fließen<strong>de</strong> Vorläufer <strong>de</strong>r Breg.<br />
also durch fluviatilen Transport, an ihre heutige Lage rstätte gelangt ein. Zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t <strong>für</strong> die<br />
Schotter vom Hüfinger Stettenbuck ( r. 55) bis zum Donaueschinger Ried ( r. 58, 64, 65)<br />
wä re das zu erwarten, <strong>für</strong> die übrigen nicht von vornherein auszuschließen.<br />
Tatsäc hlich zeigt <strong>de</strong>r Verwitterung grad , daß es sich durchweg um Schotter han<strong>de</strong>lt, welche<br />
vor <strong>de</strong>m letzten Glazial, mit hoher Wahrscheinlichkeit im Ri ß o<strong>de</strong>r früher (Probe 53 "Auf<br />
Staig", Abb. 4) abgesetzt wur<strong>de</strong>n.<br />
Allerding fügen sich die Schortel' allesamt <strong>de</strong>m R<strong>und</strong>ungsgrad-Typus " Moränen" sehr gut<br />
ein. Auch konnte bei r. 60 "auf Leimen" sogar ein geschrammter Quarzit geborgen wer<strong>de</strong>n,<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> en "Kritzen" direkt aufGletschertransport hin<strong>de</strong>uten. Außer<strong>de</strong>m wi<strong>de</strong>rspricht die Einregelung<br />
<strong>de</strong>r Schotterach en, oweit ie bestimmt wur<strong>de</strong>. <strong>de</strong>r Annahme fluviati len Transports.<br />
Fluß chotter zeigen nänllich (Tab. I ) innerhalb sehrenger statisti scher Grenzen eine absolute<br />
Mehrheitquer zur Fließrichtung eingeregelter Gerölle sowie dachziegelige Lagerung (Abb. 5).<br />
Dem entspricht die Kiesgrube Binzen/HUfingen ( r. 61) frei lich nicht ganz. Hier gibt e au -<br />
ge<strong>de</strong>hnte Schrägschichtungen ("Deltaablagerungen") <strong>und</strong> Partien mit chlechter Sortierung<br />
(Abb. 6), die eher auf fluvioglaziale Bedingungen durch Schmelzwasser vor <strong>de</strong>r Gletscherstirn<br />
hinwei, 'en, so daß ie eher <strong>de</strong>r letzten, noch zu disk utieren<strong>de</strong>n Schonergruppe zuzuordnen wäre.<br />
Einwän<strong>de</strong> gegen die Moränennatur <strong>de</strong>r Proben 52 A , B (Donaueschingen/Staig) könnten<br />
sich wegen <strong>de</strong>ren <strong>für</strong> M oränen untypischen Einregelung mit Bevorzugung längs eingestellter<br />
Ge 'chiebeach en ergeben. Sie entspricht eher solifluidalern Transport. Tatsächlich entstammen<br />
diese Proben einem Aufschluß am überhang, <strong>de</strong>r zweifellos sowohl <strong>de</strong>r Tiefe <strong>de</strong>r betreffen<strong>de</strong>n<br />
Horizonte wegen als auch nach usweis <strong><strong>de</strong>s</strong> Verwitterung gra<strong>de</strong> einer alten periglazialen,<br />
wenn auch nur kurzstreck igen Sol i fluktion unterlag. Diese konnte aber die Moränenherkunft<br />
nicht verw ischen. Zwar war <strong>de</strong>r Anteil zerbrochener Steine mit 17 % <strong>und</strong> 27 % sehr hoch -<br />
wie oft bei alten, in wechsel n<strong>de</strong>n M edien tran sportierten Schottern - , doch wur<strong>de</strong> nur <strong>de</strong>r<br />
erkennbare ursprüngliche Zustand (a lso ohne Berücksichtigung <strong>de</strong>r Bruchkanten) bewertet.
105<br />
Zusammenfassend sind fo lg li ch die Schotter dieser Gruppe zu glaziären Ablagerungen <strong>de</strong>r<br />
vorl etzten o<strong>de</strong>r früheren Ka ltzeiten zu stellen. Das ist umso berechtigter, als sich nunmehr<br />
auch ihr räuml icher Zusammenhang mit <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Ablagerungen im ährgebiet<br />
<strong>de</strong>r Vergletscherung <strong>de</strong>utlicher abzeichnet.<br />
Abb. 6: Die Schorter<strong>de</strong>r Kiesgrube "Bi nzen" bei Hüfingen (680 m ü.M .) sind chlechtsortiert bei stark<br />
wechseln<strong>de</strong>n Lageru ngsverhällnissen (vgI.Abb. 5). Häufig kommen Schrägschichtungen (" Deltaschich<br />
Illng") vor. Z usammen mit <strong>de</strong>m R<strong>und</strong>ungsgrad <strong>de</strong>utet das auf Ablagerung vor einem Gletscher hin.<br />
3. 1.3 Wahrschein I ich fl uvioglaziale Abl agerungen<br />
Flu vioglaziale o<strong>de</strong>r glazifl uv iale Schotter ("San<strong>de</strong>r") treten vor <strong>de</strong>r Gletscherstirn be im<br />
Vorrücken o<strong>de</strong>r Rückschmelzen von Gletschern auf <strong>und</strong> sind durch stark wechseln<strong>de</strong> Sorti e<br />
rung, Schichtung, R<strong>und</strong>ungsgra<strong>de</strong> <strong>und</strong> Einregelung gekennzeichnet. W. PAUL ( 1979) hat zuletzt<br />
die Schotter <strong><strong>de</strong>s</strong> Schellenberggipfels als San<strong>de</strong>r einer vielleicht pliozänen Kaltzeit ge<strong>de</strong>utet.<br />
Daß auch die Schotter <strong><strong>de</strong>s</strong> Donaueschinger Rieds zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t te il weise a ls San<strong>de</strong>r eines rißzeitlichen<br />
Gletschers aufzufassen sind, veltrat <strong>de</strong>r Verfasser (REICHELT 1994, 1997a) gegenüber<br />
SCHREINER (1996), <strong>de</strong>r sie - wie erwähnt - <strong>für</strong> würmzeitliche Flußschotter hält. Nach <strong>de</strong>n oben<br />
di skutierten Bef<strong>und</strong>en besteht kein Gr<strong>und</strong> zur Revi ion me iner Zuordnung.<br />
Zu klären bl eiben die Villinger Schotter <strong>de</strong>r Hammerhal<strong>de</strong> ( r. 47), <strong>de</strong>r Lorettokapell e (Nr.<br />
49) <strong>und</strong> vom La ible ( r. 48). Die petrographische Geschi ebegeme inschaft von Nr. 47 <strong>und</strong><br />
r. 49 wird übereinstimmend durch verschi e<strong>de</strong>ne Bunt andstein varietäten, Quarzite <strong>und</strong><br />
Quarzknauer dom iniert, doch enthalten sie auch 4-8 % Gneise <strong>und</strong> Granite. 10- 19 % <strong>de</strong>r<br />
Geschi ebe sind zerbrochen. Sie sind in steife, toni g/lehmige Matri x gebettet aber nicht verbacken.<br />
Der große Anteil schwer verwitterbarer Quarze <strong>und</strong> Quarzite läßt einen Vergleich<br />
mit <strong>de</strong>m Verwinerungsgrad an<strong>de</strong>rer Schotter nicht zu. Die weni gen Metamorphite <strong>und</strong> di e<br />
Buntsandsteine sind angewittert, aber ni cht durchweg mürb. Eine Sortierung ist nicht zu er-
»<br />
CJ<br />
107<br />
kennen. Der <strong>für</strong> Moränen recht hohe Antei l ger<strong>und</strong>eter <strong>und</strong> stark ger<strong>und</strong>eter Geschiebe ist<br />
auf die schon ursprüngli ch stark ger<strong>und</strong>eten kl einen Quarzite aus <strong>de</strong>m Buntsandstein zurückzuführen.<br />
Dem steht e in hoher Anteil kantiger Buntsandsteine <strong>und</strong> Quarze gegenüber.<br />
Die Einregelung ist infolge von Kryoturbation njcht mehr ursprünglich, trägt also zur KJ ärung<br />
<strong>de</strong>r Genese nicht be i. PAUL ( 1963, S . 572) hat die Ablagerungen bei <strong>de</strong>r Lorettokape lle mit<br />
Vorbehalt als "rißzeitliche Schottermoräne" ge<strong>de</strong>utet. Das entspricht auch <strong>de</strong>r hier vertretenen<br />
Auffassung. Die Schotter in diesem Gebiet dürften e inem rißzeitlichen San<strong>de</strong>r angehören.<br />
Wenige km südlich tiegt über <strong>de</strong>m Wieselsbach bei Pfaffenweiler Gr<strong>und</strong>moräne ( r. 34,<br />
A bb. 12), die vie lle icht eher zu e inem vom Bregtal herüberdringen<strong>de</strong>n Eiskörper gehört,<br />
während besagter San<strong>de</strong>r vermutl ich einem Brigachgletscher zuzuordnen wäre.<br />
Die Schotter am Gipfel vom Laible bil<strong>de</strong>n e in lehmig verbackenes Pflaster aus 65 % Buntsandstein,<br />
23 % Quarzknauem <strong>und</strong> etwa 10 % Quarziten (darunter Zuckerkornquarzit). Etwa<br />
20 % <strong>de</strong>r Steine sind zerbrochen <strong>und</strong> teil weise erneut zuger<strong>und</strong>et. Metamorphite fehlen am<br />
Gipfel gänzlich <strong>und</strong> treten erst etwa 10 - 20 m unterhalb in dichter Streu auf <strong>de</strong>n Fel<strong>de</strong>rn<br />
zutage, womit sie noch zum rißzeitlichen San<strong>de</strong>r gehören dürften. Der hohe Anteil "an<strong>de</strong>rs",<br />
nämlich aufrecht verstellter Schotter am Gipfel belegt intensive Kryoturbation; aber 46 %<br />
<strong>de</strong>r länglichen Steine liegen in /S-Richtung, was bei Annahme eines Transportes von Westen<br />
einer f1uvialen Einregelung nahekommt. Zumin<strong>de</strong> t im erschlossenen Bereich (etwa 100 cm)<br />
ist keine Schichtung erkennbar; R<strong>und</strong>ungsgrad <strong>und</strong> Einregelung zusammen sprechen <strong>für</strong><br />
f1uvioglazialen Transport. Große kanten ger<strong>und</strong>ete Buntsandste inblöcke ringsum lassen an<br />
die Schotter <strong><strong>de</strong>s</strong> Schellenberggipfels <strong>de</strong>nken. Die Schotter am Laiblegipfel sind offensichtlich<br />
älter als die seines Südhangs <strong>und</strong> jene bei <strong>de</strong>r Hammerhal<strong>de</strong> <strong>und</strong> Lorettokapelle. P AUL (1963,<br />
S. 572) vermutete <strong>für</strong> die Gipfelschotter altpleistozänes bis pliozänes Alter. Welcher Kaltzeit<br />
<strong>de</strong>r San<strong>de</strong>r zuzuordnen ist - noch Rißkomplex, Min<strong>de</strong>l o<strong>de</strong>r älter? - kann noch nicht entschie<strong>de</strong>n<br />
wer<strong>de</strong>n, wie auch am Schellen berg bei Grüningen (Fronholz, Schlechte) noch manches offen ist.<br />
3.2. Die Talformen <strong>und</strong> ihre Entstehung<br />
3.2. 1 Typen <strong>de</strong>rTaIschlüsse<br />
A uf <strong>de</strong>r Ostabdachung <strong><strong>de</strong>s</strong> Mittelschwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong> sind solche Talschlüsse am häufigsten, die<br />
über einem geräumigen Talbo<strong>de</strong>n halbkreisförmig von ste ilen Wän<strong>de</strong>n umrahmt sind, zuweilen<br />
fel sd u rchsetzt o<strong>de</strong>r mi t au ffallen<strong>de</strong>r A nsam ml u ng grober Blöcke. Der fI ache Ta I bo<strong>de</strong>n geh t<br />
meist mit steiler Stufe, also hängend, in einen tiefer gelegenen Talbo<strong>de</strong>n über, <strong>de</strong>r durch <strong>de</strong>n<br />
heutigen Bach zerschnitten sein kann. Vermoorungen <strong><strong>de</strong>s</strong> obersten o<strong>de</strong>r weiter unterhalb gelegenen<br />
Bo<strong>de</strong>ns sind nicht selten. E in Beispiel ist die Hellewan<strong>de</strong>r Wanne (vgl. Abb. 7). Ein<br />
zweiter Typus beginnt in relativ flachen Mul<strong>de</strong>n mit höchstens e iner versteilten westlichen<br />
F lanke, geht aber abwäJ1s nicht SofOl1 in ein Kerbtal über, son<strong>de</strong>rn gleicht mit seinem breiten,<br />
erst vom heutigen Bach zerkerbten Tal bo<strong>de</strong>n <strong>de</strong>m oben beschriebenen Typ. Bubenbach <strong>und</strong><br />
Schmelzdobel (unteres Bregtal) sind Beispiele hier<strong>für</strong>. Wie<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re haben nur eine auffällig<br />
verste ilte Westwand aber keine r<strong>und</strong>liche Umrahmung, sind also im Querschnitt stark asymmetrisch.<br />
Bei piele sind die Täler am Südhang über Mittelschollach.<br />
J. Typus: "Schneegrube". Da W. PAUL (1963) als erster die tief e ingesenkten, zirkusartigen<br />
Talschlüsse <strong><strong>de</strong>s</strong> Mittelschwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong> (Abb. 7) als "Schneegruben" bezeichnet <strong>und</strong> damit<br />
sowohl ihre Bedingung als auch ihre Funktion ange<strong>de</strong>utet hat, sei dieser Begriff be ibehalten.<br />
Er entspricht <strong>de</strong>n "Nivati onsni schen" an<strong>de</strong>rer Autoren. PAUL erkannte auch, daß es sich um<br />
die - gesteinsbedi.ngt modifizierten - Äqui valente <strong>de</strong>r im (Buntsandstein-) ordschwarzwald<br />
<strong>und</strong> (höheren) Südschwarzwald häufigen Kare han<strong>de</strong>lt. Sie erreichen selten mehr als die<br />
Deutlichkeitsgruppe 6 (von 10) nachZIEf','ERT (1967).
108<br />
Tab.2: "Schneegruben" nach Tälern <strong>und</strong> Meereshöhe<br />
Talffalschluß Expos. Höhe ü. N größte Talbo<strong>de</strong>n mit<br />
Rand I.Bo<strong>de</strong>n 2.Bo<strong>de</strong>n Wandhöhe Moor Moräne<br />
Bre!!tal<br />
Schnabel hof N 1050 960 940 110m +<br />
Sonnenwinsgr<strong>und</strong> 1040 900 860 180<br />
Sommerberg 1030 860 170 +<br />
Ursbach 1030 910 860 170 +<br />
Wanne S 1030 920 110<br />
Öst!. Wintergr<strong>und</strong> E 1020 850 170<br />
Rößlegr<strong>und</strong> N 1020 885 135<br />
West!. Wintergr<strong>und</strong> N E 10 10 850 160<br />
Angelsbach E 1005 890 845 160<br />
Hofgr<strong>und</strong> N E 990 890 100<br />
Rauhbühldobel E 990 940 50 + +<br />
örd!. Rauhbühl ESE 990 935 55<br />
Sauerbrunnen NW 975 945 30<br />
Süd!. Klausdobel E 950 8 5 65<br />
Schin<strong>de</strong>idobei SE 940 860 80<br />
Breitbrunnen W 930 880 50<br />
Forbental S 925 885 40<br />
Wilddobel E 895 865 30<br />
UnI. Fischerhöhe SSE 895 870 25 +<br />
G chwand E 860 825 35<br />
Roßdobel E 850 800 50<br />
Lambensdobel E 830 780 50<br />
Schwarzbubenbach S 830 800 30<br />
Linachlal<br />
Kesselbach 1090 1000 950 140<br />
Kohlwasendobel W 1080 1000 80<br />
Langgru nd ESE 1080 980 100 +<br />
Berghäu ledobel E 1050 950 100<br />
Schmiedsgr<strong>und</strong> SE 1040 950 900 140<br />
Hermeshof SE 1030 950 905 125<br />
Roßtobel E 980 920 60<br />
rachtal<br />
ROlUrach 11 20 1040 1020 100 + +<br />
Streichen bach ESE 1100 1030 1000 100<br />
Fallersloch 1080 940 140<br />
Fahlenbach 1080 975 105<br />
Schwarzenbach 1070 970 100<br />
E chengr<strong>und</strong> 1070 995 75<br />
Schollachtal<br />
Treibenman E 11 00 10 15 980 120 + +<br />
Engenbach E 11 00 1060 1020 80<br />
Rengental ESE 1080 10 10 975 105 +<br />
Eisenbach-LEelsenlal<br />
Hellewand E 11 20 1050 1000 120 + +<br />
Ebenen moos E 1080 1030 10 15 65 +<br />
Wiesbach E 1080 10 10 980 100 +<br />
K ohldobel ESE 1040 935 105<br />
Bles inghof NW 1000 940 900 100<br />
Höllhal<strong>de</strong>ndobel E 970 900 70
109<br />
Die Beziehung zum Klima zeigt sich klar darin, daß von über 50 untersuchten Schneegruben<br />
<strong>de</strong>r Täler von Breg, Linach, rach, Schollach <strong>und</strong> Eisenbach über 80 o/t in <strong>de</strong>n Expositionen<br />
, E, E bis SE, also auf Schattenhängen o<strong>de</strong>r im Lee <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschläge vorkommen obwohl<br />
fast ebensoviele Talschlüsse in südlicher bis westlicher Position liegen. Weitere Hinwe ise<br />
liefert Tabelle 2, in welcher. nach Tälern <strong>und</strong> Höhenlage geordnet, ei nige Merkmale zusammengefaßt<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Daraus geht auch hervor, daß die Wand höhe <strong>de</strong>r Schneegruben zwischen 800 <strong>und</strong> 1000 m+<br />
stark zunimmt, außer<strong>de</strong>m in <strong>de</strong>r Regel in Leelage größer ist als in südlicher bis westlicher<br />
Au lage. Die Kubatur verän<strong>de</strong>rt sich entsprechend. Schneegruben über 1000 m+ si nd<br />
zwei- bis dr.eifach größer als darunter gelegene. Auch ge taffelte Bö<strong>de</strong>n kommen erst oberhalb<br />
von 1000 m +NN vor.<br />
Demgegenüber ist die Vollständigkeit <strong>de</strong>r Karforn1 offenbar nicht durchweg von <strong>de</strong>r Höhenlage<br />
abhängig. So si nd die Schneegruben im unteren Bregtal zwar kleiner, zeigen aber alle Typus<br />
Merkmale. Gegenüber echten Karen fehlt ihnen eigentlich nur die Kar chwelle am Ausgang<br />
<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Karriegel, während in je<strong>de</strong>m Fall die hängen<strong>de</strong> Mündung in <strong>de</strong>n nächsrunteren Talabschnitt<br />
vorhan<strong>de</strong>n ist. Auch sind vern100rte Bö<strong>de</strong>n <strong>und</strong> felsige Wandpartien min<strong><strong>de</strong>s</strong>tens so<br />
häufig wie in <strong>de</strong>n höher gelegenen Ta lschlüssen. Die Wurzeln <strong><strong>de</strong>s</strong> Krumpendobels, aber auch<br />
die ischen unter <strong>de</strong>r Fischerhöhe si nd Beispi ele da<strong>für</strong>. Da ie sämtlich im Buntsandste in<br />
o<strong>de</strong>r Granilliegen, haben sie ihre FOlm selbst in tiefer Lage besser bewahren können als viele<br />
höher gelegene im Gneisgebiet an <strong>de</strong>r oberen Breg, Linach <strong>und</strong> Urach. Das wird beson<strong>de</strong>rs<br />
<strong>de</strong>utlich an <strong>de</strong>n nur 250 m voneinan<strong>de</strong>r entfernten Zwillingen bei <strong>de</strong>r Lambertshütte über <strong>de</strong>r<br />
unteren Breg am Hallenberg. Bei<strong>de</strong> beginnen mit stei len Wän<strong>de</strong>n im Minieren Buntsandste in.<br />
Während <strong>de</strong>r Lambertsdobel noch an sei ner Westseite eine Felswand aus Granit <strong>und</strong> vom<br />
Bo<strong>de</strong>n im östlich an tehen<strong>de</strong>n Gneis eine An<strong>de</strong>utung bewahren konnte, ist <strong>de</strong>r östliche Zwilling<br />
im liegen<strong>de</strong>n Gneis vollends schluchtartig e ingeri ssen.<br />
Schneegruben gehen von isoliel1en Schneeflecken etwas unter <strong>de</strong>r Schneegrenze aus, welche<br />
verfirnen. Ihre Weiterentwicklung wird unterbrochen, wenn ihr Firn o<strong>de</strong>r Eis bei Sinken <strong>de</strong>r<br />
Schneegrenze in Niveau <strong>de</strong>r all gemeinen Verfirnung gerät (LIEHL 1980,S. 25). Das be<strong>de</strong>utet,<br />
daß Kare die unmittelbare Nähe eines zeitweiligen Gletscherstillstan<strong><strong>de</strong>s</strong> anzeigen. Sie liegen<br />
mit ihren Bö<strong>de</strong>n etwa 50-100m unter <strong>de</strong>r jeweiligen orographischen Schneegrenze, in südlicher<br />
Exposition al 0 höher als in NE- <strong>und</strong> E-Exposition. Trotz<strong>de</strong>m sind Zuweisungen zu bestimmten<br />
längerdauern<strong>de</strong>n Schneegrenzen schwierig. immerhin lassen sich aus Tab. 2 etwa drei Stockwerke<br />
herauslesen, <strong>de</strong>ren oberstes durchschnittlich bei 1020 m (s = 19). <strong>de</strong>ren minleres bei<br />
940 m ( = 25) <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren unter te bei 850 m+NN (s = 33) liegt. Da Schneegruben im Gebiet<br />
au h außerhalb <strong>de</strong> Mittelschwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong> mit Bö<strong>de</strong>n bis etwa 700 m + vorkommen<br />
(REICHELT 1994, 1996), wäre auch dort noch ei n Stockwerk anzusetzen (vgl. Abb. 17).<br />
Verglichen mit <strong>de</strong>n eindrucksvollen wÜlmzeitlichen Voll karen im Süd-<strong>und</strong> ordschwarzwald<br />
dürften die weniger ausgeprägten <strong><strong>de</strong>s</strong> Mittelschwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong> frü her - wahrscheinlich während<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Ri ßkomplexes - entschei<strong>de</strong>nd ausgeformt wor<strong>de</strong>n sein' in<strong><strong>de</strong>s</strong>sen nicht während <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Höchststan<strong><strong>de</strong>s</strong>, son<strong>de</strong>rn im Verlaufe einer verschie<strong>de</strong>nen Vorstoß- <strong>und</strong> Rückzugsphasen. Doch<br />
bargen viele Schneegruben im Würm nochmals übersommern<strong>de</strong> Schneemassen o<strong>de</strong>r - in<br />
höheren Lagen - sogar Firnpolster <strong>und</strong> kleine Gletscher. Offen ichtlich junge Moränen in <strong>de</strong>n<br />
Karbö<strong>de</strong>n (Tab. I u. 2) o<strong>de</strong>r sogar einige h<strong>und</strong>ert Meter talab sprechen da<strong>für</strong>. Auch Überformungen<br />
<strong>de</strong>r alten, schon etwas verstürzten <strong>und</strong> verflachten Kare, nämlich mehrfache Karbö<strong>de</strong>n<br />
<strong>und</strong> kleine frische Wandnischen sowie die noch zu diskutieren<strong>de</strong>n ver tei lten Schanenhänge,<br />
sind in diesem Sinne zu <strong>de</strong>uten. Im ordschwarzwald kommen wünnzeitliche Vollkare sogar<br />
noch bis etwa 600 m +NN herab vor (z. B. ZIENERT 1967, Tab. 3).
110<br />
Abb. 7: Hellewan<strong>de</strong>rSchneegru be. Von teilen Wän<strong>de</strong>n halbkreisföllllig umschlossen, breitet ich unten<br />
( 1040 m ü.M) ein r<strong>und</strong>licher, vermoorter, fast ebener Talbo<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r miteinerStufe in <strong>de</strong>n näch ren<br />
Talabschnill übergeht.<br />
Abb. 9: L inachtal am Fuchsloch (950 m li.M.). Im Vor<strong>de</strong>rgr<strong>und</strong> eine a ymmetrische Mul<strong>de</strong> mit stark<br />
verstei ltem Schallenhang: die Vercbnung liber<strong>de</strong>mt iefen, trogförmigen Linachtal i tals Trogschulter<br />
aufzufassen.
I I I<br />
Beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utliche Beispiele <strong>für</strong> diese Erscheinungen bietet das SchoUacher Tal (A bb. 8),<br />
das Kar unter <strong>de</strong>r Hellewand, aber auch <strong>de</strong>r wesentlich tiefer gelegene Roßdobel (800 m+ N)<br />
<strong>und</strong> die kleinen Seitenkare in <strong>de</strong>r Wurzel <strong><strong>de</strong>s</strong> Krumpendobels (Rauhbühl, Raubühldobel)<br />
über <strong>de</strong>r unteren Breg. Diese kleinen Formen hätten ein erosionsintensives Interglazial <strong>und</strong><br />
eine weitere Kaltzeit unter periglazialen Bedingungen nicht in dieser Frische überlebt.<br />
2. Typus: Stark versteilte Schattenhänge. Asymmetrische Tälchen mit ste ilerem Schattenhang<br />
kommen im gesamten Untersuchungsgebiet bis etwa 700 m +NN herab vor. Beispiele wur<strong>de</strong>n<br />
am Schellen berg (s. REICHELT 1997, S. 2 13) beschrieben. Sie sind erklärbar aus <strong>de</strong>r Wirkung<br />
übersommern<strong>de</strong>r Schneewächten etwa 100-150 m unterhalb <strong>de</strong>r allgemeinen (rißzeitlichen)<br />
Schneegrenze. Beson<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utlich treten sie aber im Mittelschwarzwald auf <strong>und</strong> erreichen in<br />
<strong>de</strong>n Tälern <strong>de</strong>r Breg, Linach, Urach <strong>und</strong> Scholl ach Hangneigungen mit über 45° <strong>und</strong> relative<br />
Höhen von mehr als 30 m (Abb. 9). Damit kommen sie <strong>de</strong>r Höhe <strong>und</strong> Steilheit von Schneegrubenwän<strong>de</strong>n<br />
nahe, so daß sie als <strong>de</strong>ren Son<strong>de</strong>rform mit <strong>de</strong>r gleichen Funktion, wenn auch<br />
schwächerer Leistung, anzusehen si nd, wo<strong>für</strong> auch ihr häufigeres Vorkommen an Sommerhängen<br />
spricht. Das gilt etwa <strong>für</strong> das Tal unter <strong>de</strong>m Hochberg in Hinterschollach <strong>und</strong> die<br />
Wannen, welche in Mittelschollach zwischen GfeHhof<strong>und</strong> Schwörershofvom Wen<strong>de</strong>lsbühl/<br />
Bärwald herabziehen. Doch auch die Tälchen am Sommerhang <strong><strong>de</strong>s</strong> Urachtals zwischen Rufenhof<br />
<strong>und</strong> Davi<strong>de</strong>nhäusle oberhalb <strong>de</strong>r Uracher Kirche o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Sommergr<strong>und</strong> im Bregtal gehören<br />
dazu. Im Linachtal sind die Täler über <strong>de</strong>m Weißershof <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Lorenzenhof zu nennen.<br />
Teilweise han<strong>de</strong>lt es sich bei ihnen um später überarbeitete ältere Schneegruben. Wegen <strong>de</strong>r<br />
Größenordnung, vor allem wegen <strong>de</strong>r Frische <strong>und</strong> Deutlichkeit dürfte es berechtigt sein , sie<br />
dann <strong>de</strong>r Wirkung würmzeillicher langzeitig übersommern<strong>de</strong>r Schneewächten zuzuschreiben,<br />
wie es P AUL U. SCHI KE (1997, S. 206) <strong>für</strong> die versteilten Schattenhänge <strong>de</strong> oberen Bregtals<br />
noch in 800 m +NN annehmen. Wie erwähnt, kommen im ordschwarzwald sogar im Wüml<br />
aktive Vollkare in noch tieferer Lage vor.<br />
3. Typus: Flachwannen. Bei talwärts ähnlicher Fornl <strong>und</strong> ebenfall s im Verbreitungsgebiet<br />
<strong>de</strong>r "Schneegrubentäler" beginnen einige Bäche in flachen Mul<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r Wannen mit höchstens<br />
einer versteilten westlichen Flanke. Bubenbach, Brändbach, Bru<strong>de</strong>rbächle, Reichenbach,<br />
Forbental <strong>und</strong> Schmelzdobel sind Beispiele da<strong>für</strong>.<br />
F<strong>und</strong>e von Gr<strong>und</strong>moräne bei Bubenbach (970 m), beim Brändbach am Hang südlich <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Kimbergsees (795 m) <strong>und</strong> oberhalb <strong>de</strong>r "Fischerstraße" (900 m) beim Schmelzdobel erweisen,<br />
daß diese Täler zeitweise einen Gletscher beherbergt haben müssen. P A L U . SCHLNKE ( 1997,<br />
S. 206 f) zeigen ein analoges Beispiel im Taischluß <strong><strong>de</strong>s</strong> Sommergrun<strong><strong>de</strong>s</strong> zwischen Furtwangen<br />
<strong>und</strong> Vöhrenbach auf. Sie erklären die nur flache "Einsattelung" seines Talschlusse als "Überlaufregion<br />
eines zeitweilig im Rohrbachtal angesie<strong>de</strong>lten Eiskörpers" .<br />
Entsprechend liegen Bubenbach <strong>und</strong> Brändbach, aber auch Bru<strong>de</strong>rbächle <strong>und</strong> Reichenbächle<br />
in <strong>de</strong>r Überlaufregion eines fl achen Firnschil<strong><strong>de</strong>s</strong>, <strong>de</strong>r sich vom Steinbühl (1148 m) über <strong>de</strong>n<br />
Höchstberg (1101 m) <strong>und</strong> Höch t ( 1050 m) bis ostwärts hinüber zur Höhe über <strong>de</strong>m Kohlwald<br />
( 102 1 m) erstreckte. We<strong>de</strong>r gab es auf dieser fl achen Abdachung außer <strong>de</strong>m Bregtal <strong>und</strong><br />
viell eicht <strong>de</strong>m Krumpendobel wesentliche Taleinschnitte noch ragten außer Steinbühl <strong>und</strong><br />
Höch tberg eisfreie Nunatakker heraus, an <strong>de</strong>nen sich Kare hätten bil<strong>de</strong>n können. Große<br />
Geschwindigkeitsdifferenzen in <strong>de</strong>r Abflußrichtung <strong><strong>de</strong>s</strong> Firns <strong>und</strong> Eises zum obersten Bubenbach,<br />
Brändbach, Bru<strong>de</strong>rbach <strong>und</strong> Reichenbächl e traten ni cht auf. Darum entwickelte sich<br />
kein Spaltensystem, an <strong><strong>de</strong>s</strong>sen oberster Querspalte, <strong>de</strong>m Berg chr<strong>und</strong>, eine Schwarz-weiß<br />
Grenze hätte entstehen können. An ihr setzt die Bildung von Karwän<strong>de</strong>n.durch Spaltenfrost<br />
im Fels an, unterstützt durch sommerliches Schmelzwasser, <strong>und</strong> bewirkt die Rückverlegung<br />
<strong>und</strong> Versteilung <strong>de</strong>r Felswän<strong>de</strong>, während <strong>de</strong>r Schutt <strong>de</strong>m Karbo<strong>de</strong>n zugeführt wird.
1 12<br />
Abb. 11 : Trogschuller über <strong>de</strong>m ROlUrachlal
I 13<br />
Abb. 16: Ein Seitenbach mün<strong>de</strong>t beim Unterroturacher Hof( I 0 10 m ü.M.) hängend in <strong>de</strong>n Taltrog <strong>de</strong>r<br />
Roturach. Talabwärts ze igt <strong>de</strong>r geschlossene Wald e ine Talenge mit Gefiillestu fe an.<br />
Abb. 18: Kleiner Wall einer Endmoräne <strong>de</strong>r letzten Ka ltze it im oberen Schollachtal (vgl. Tab. I. r.<br />
12 1) am Laulishof (950 m ü.M.).
114<br />
Forbental <strong>und</strong> Schmelzdobel nördlich <strong>de</strong>r Breg zwischen Hammereisenbach <strong>und</strong> Zin<strong>de</strong>lstein<br />
wur<strong>de</strong>n hingegen durch die obersten, beweglichen Eis- <strong>und</strong> Firnmassen überlaufen, die sich<br />
über Hammereisenbach bil<strong>de</strong>ten. Wie PA L U.SCl-1I KE ( 1997, S. 2 10) darlegten , wur<strong>de</strong> dort<br />
näm lich <strong>de</strong>r nach Südosten gerichtete Bregglet cher vom nordostwärts vordringen<strong>de</strong>n,<br />
mächtigeren Scholl ach/ Eisenbachgletscher gestoppt. Über die im Taltrog schwer bewegliche<br />
Eismasse hinweg scherte <strong>de</strong>r darüber gleiten<strong>de</strong>, von Firnzuwachs durch ie<strong>de</strong>rschläge gesteuerte<br />
obere Schild <strong><strong>de</strong>s</strong> Gletschers aus <strong>und</strong> schob sich ostwärts über die Höhen gegen Tannheim<br />
<strong>und</strong> Wolterdingen vor (REICHELT 1996, S. 187 f). Ein Teil seiner Eisströme floß unter<br />
Benutzung <strong>de</strong>r dort vorgegebenen Bac hkerben von Forbental <strong>und</strong> Schmelzdobel , v ielleicht<br />
auch <strong><strong>de</strong>s</strong> Schwarzbubendobels, wie<strong>de</strong>r in Richtung Breg, verborgen unter <strong>de</strong>r noch im ährgebiet<br />
liegen<strong>de</strong>n Firn<strong>de</strong>cke. Das Forbental ist mit se inem von Gefällstufen begleiteten mehrmaligen<br />
Wechsel von Weiten <strong>und</strong> Engen, seinem U-förmigen Querprofil mit felsigem westlichen<br />
Hang gera<strong>de</strong>zu ein klas isches Beispiel <strong>für</strong> ein Gletschel1al. Ein an<strong>de</strong>rer Teil überformte<br />
das Wieselsbach- <strong>und</strong> Wolfbachtal bi über Pfaffenweiler hinau s <strong>und</strong> schuf, über Wolfbach<br />
<strong>und</strong> Glasbach nach Südosten vordringend, die Depression <strong>de</strong> Plattenmooses. Zusammen mit<br />
weiteren Fingern dieses Ei sstromes stießen sie südlich davon im Rautobel vor <strong>und</strong> präparierten<br />
<strong>de</strong>n gera<strong>de</strong>zu fremdartig schroff aufragen<strong>de</strong>n Felsklotz unter <strong>de</strong>m Tannheimer Sportplatz<br />
heraus. Noch auf <strong>de</strong>m Gegenhang <strong>de</strong> Muschelkalks über <strong>de</strong>m Wolterdinger Weiher zeugen<br />
die schon vonScHALcH ( 1901 / 1904) kartiel1en Geschiebe bis 760 m + von ihrem Vorstoß,<br />
nun freilich noch verstärkt durch <strong>de</strong>n im unteren Bregtal vereinigten Gletscher <strong>und</strong> <strong>de</strong>n<br />
Firnnachschub au Krumpendobel<strong>und</strong> Reichenbächle.<br />
3.2.2 Verebnungen als Trogschultern<br />
Gletschertäler sind durch ihre Trogform mit <strong>de</strong>n sich öffnen<strong>de</strong>n. verebneten Trogschultern<br />
darüber <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Wechsel von beckenartigen Übertiefungen mit felsigen Engen sowie ihr<br />
Stufenprofil gekennzeichnet. ln ihrer Begleitung treten weitere Beson<strong>de</strong>rheiten auf. So mün<strong>de</strong>n<br />
viele Seitentäler "hängend " über <strong>de</strong>m Haupttal. mit nur geringer Eintiefung in <strong><strong>de</strong>s</strong> en Hänge.<br />
Ferner markieren fast <strong>de</strong>m Haupttal parallele "Flankentäler" frühere Eisstän<strong>de</strong>. Und schließlich<br />
kommen eisübelfahrene iso lierte Buckel ("R<strong>und</strong>höcker") entwe<strong>de</strong>r an <strong>de</strong>n Talhängen, auf<br />
<strong>de</strong>r Talsohle o<strong>de</strong>r im Mündungszwickel zweier Täler ("Wächterberge") vor (Abb. 8, 13).<br />
Daß die Talhänge <strong><strong>de</strong>s</strong> östlichen Mittelschwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong> von einem mehrgliedrigen System von<br />
Verebnungen umgül1et wer<strong>de</strong>n, wur<strong>de</strong> früher bereits <strong>für</strong> da obere Bregtal dargetan (REICHELT<br />
1996). Sie wur<strong>de</strong>n als Trogschultern ehemaliger Gletscher erklärt, eine Deutung, die auch<br />
PA L U . SCHINKE (1997) unabhängig davon teilen.<br />
Die Mechanik ihrer Entstehung har neuerdings HABBE ( 1996) verständlich gemacht. Wenn <br />
gleich die Erkenntnisse an alpinen <strong>und</strong> isländischen Gletschern bzw. Tal formen gewonnen<br />
wur<strong>de</strong>n. dürften sie auch <strong>für</strong> ehemals vergletschel1e Mittelgebirge gr<strong>und</strong>Sätzlich zutreffen.<br />
Danach ind die spezifischen Formen nur bei Gletschern mit überwiegend positiver M assenbilanz<br />
- al so wie<strong>de</strong>rholt vorstoßen<strong>de</strong>n Eiskörpern - entstan<strong>de</strong>n. D as geschah in<strong><strong>de</strong>s</strong>sen nicht so<br />
sehr durch die schleifen<strong>de</strong> <strong>und</strong> ausheben<strong>de</strong> Arbeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Eises (Detersion <strong>und</strong> Detraktion). Vielmehr<br />
wird die entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Formung <strong>de</strong>r Talwän<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Troges <strong>und</strong> se iner Übertiefungen<br />
einerseits <strong>und</strong> die Ausbildung <strong>de</strong>r Trogschu lterflächen an<strong>de</strong>rersei ts durch Schmelzwasser<br />
geleistet, welches unter hydrostatischem Druck sowohl zwi chen Eis <strong>und</strong> Fels als auch an <strong>de</strong>r<br />
Scherfläche zwischen schwer beweglichem "stagnant-ice" <strong>und</strong> <strong>de</strong>m darüber "schwimmen<strong>de</strong>n"<br />
Eisschild wirkt. Demzufolge bil<strong>de</strong>n 'ich Trogschultern während <strong>de</strong>r j eweiligen Höchststän<strong>de</strong><br />
aus. Die Tröge selbst wer<strong>de</strong>n bei Vorsrößen <strong>und</strong> Schwankungen kleinerer Ta lgletscher verbreitert<br />
<strong>und</strong> vertieft. Die Ü bertiefungen <strong>de</strong>r Trogsohle entstehen nahe <strong>de</strong>r j eweiligen Gletscherstirn<br />
bei kleineren Vorstößen (Abb. 10). Eine solche Übertiefung besteht z.B. bei <strong>de</strong>r<br />
Breg unterhalb <strong><strong>de</strong>s</strong> Fischerhofs mit Felsschwelle beim Tierstein .
1 15<br />
Zur ntste'IJn9 e_r Formen<br />
ty~isch~r GI~tsc~.rt!ler<br />
Abb. 10: Blockdiagramm zum Verständnis <strong>de</strong>r Eiserosion <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> begleiten<strong>de</strong>n Formenschatzes am<br />
Beispiel alpiner Vergletscherung. Erklärung im Text.<br />
Je<strong>de</strong>nfall s sind die Mittelschwarzwäl<strong>de</strong>rTrogschultem mit Berechtigung als Anhaltspunkte<br />
<strong>für</strong> di e Höchststän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Vergletscherung <strong>und</strong> evtl. zum Versuch <strong>de</strong>r Rekonstruktion von<br />
Vergletscherungsphasen heranzuziehen, wie das fü r das obere Bregtal bereits versucht wur<strong>de</strong><br />
(RElcHELT 1996). Auch im Eisenbach, be.i Linach, Urach <strong>und</strong> im unteren Bregtal zeichnen<br />
sich mehrere Verebnungsstockwerke ab.<br />
Eisenbach <strong>und</strong> Schollach: In <strong>de</strong>r Wurzel <strong><strong>de</strong>s</strong> Eisenbachs fehlen <strong>de</strong>utliche Verebnungen unter<br />
<strong>de</strong>m zwischen 1150 <strong>und</strong> 1050 m + ausge<strong>de</strong>hnten ehemaligen Fimfeld, zu <strong>de</strong>m auch die<br />
Annlehnen von Hellewan<strong>de</strong>r Kar <strong>und</strong> Ebenemoos-Kar gehören dürften. Über <strong>de</strong>m Zusammenfluß<br />
von Eisenbach <strong>und</strong> Höchstbach beginnen die Verebnungen bei 1020 m+N . Sie sind im<br />
weiteren Verl auf bis zum Gr<strong>und</strong>berg über <strong>de</strong>r Scholl ach zu verfolgen, könnten dort aber im<br />
Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Eisenbach-Langenbach-Velwerfung stehen.<br />
Im Hinteren Scho ll achtal fällt eine sehr breite Verebnung zwischen <strong>de</strong>m Hochberg <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />
Süßenbacher Höhe bei 1030-1040 m + I auf, die sich nordöstlich davon im Wald <strong>de</strong>r "Höhe"<br />
wie<strong>de</strong>rholt. Die in gleicher Höhe liegen<strong>de</strong> Verebnung über <strong>de</strong>m Mündungszwickel zum Eisenbach<br />
am Gr<strong>und</strong>berg (1030- 1040 m) liegt allerdings im Bereich einer zum Kesselberg ziehen<strong>de</strong>n<br />
Verwerfung. An<strong>de</strong>utungsweise treten auch auf <strong>de</strong>r Mittelschollacher Sommerseite unterhalb<br />
vom Wen<strong>de</strong>lsbühl Verebnungen bei 10 I 0-1 030 m + auf, die - auf <strong>de</strong>r Sonnenseite etwas<br />
tiefer - vie ll eicht mit <strong>de</strong>n vorigen <strong>und</strong> <strong>de</strong>m "Kapf' zwischen Eisenbach <strong>und</strong> Bubenbach als<br />
Reste <strong>de</strong>r Trogschultem <strong><strong>de</strong>s</strong> Höchststan<strong><strong>de</strong>s</strong> angesehen wer<strong>de</strong>n können. Da<strong>für</strong> spricht die <strong>de</strong>utli<br />
che Verebnung über <strong>de</strong>m Felsental am Sommerberg in 1030-1050 m +NN; doch läßt sich<br />
ein Zusammenhang mit <strong>de</strong>r Ei enbach-Langenbach-Verwerfung nicht ausschließen. Trotz<br />
<strong>de</strong>r möglichen Einschränkungen am Gr<strong>und</strong>berg <strong>und</strong> Sommerberg dürften die genannten Verebnungen<br />
die Reste <strong>de</strong>r höchsten Trogschulter repräsentieren, sodaß <strong>de</strong>r gemei nsame Eiskörper<br />
alle Täler bis zu dieser Höhe aufgefüllt hätte, verborgen unter einer, die Eisströme ver<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>n<br />
Fimkappe. Da auf <strong>de</strong>r östlichen Seite <strong><strong>de</strong>s</strong> Eisenbach. entsprechen<strong>de</strong> Höhen fehlen, diese zwi-<br />
Rt. '"
I 16<br />
schen Höchst, Langacker <strong>und</strong> Vor<strong>de</strong>rberg mit Höhen zwischen 1020 <strong>und</strong> 1030 m +NN je<strong>de</strong>nfalls<br />
noch im ährgebiet lagen, muß auch dieses in <strong>de</strong>n Schild <strong><strong>de</strong>s</strong> Firnfel<strong><strong>de</strong>s</strong> einbezogen<br />
gewesen sein.<br />
Zu ammenhängen<strong>de</strong> hangbeg leiten<strong>de</strong> Verebnungsbän<strong>de</strong>r folgen auf <strong>de</strong>r Mittelschollacher<br />
Winterse ite zwischen 990 <strong>und</strong> 1000 m + 1 <strong>und</strong> talabwärts leicht sinkend . an<strong>de</strong>utungsweise<br />
auch auf <strong>de</strong>r Sommerseite oberhalb vom Wen<strong>de</strong>lshof <strong>und</strong> Gfellhof. Sie lasse n sich mit <strong>de</strong>n<br />
ziemlich in gleicher Höhe bei<strong>de</strong>rseits von Eisenbach <strong>und</strong> Bubenbach auszumachen<strong>de</strong>n Verebnungen<br />
korrelieren. Auch über <strong>de</strong>m Felsental sind sie. aber nunmehr <strong>de</strong>utlich tiefer. unter<br />
<strong>de</strong>m " Langacker" (960-980 m) <strong>und</strong> am " Wachtbühl" (950-940 m) über <strong>de</strong>r Mündung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
rachtales. erkennbar, letzterer jedoch im Bereich <strong>de</strong>r Eisenbach-Langenbach-Verwerfung.<br />
Die höchsten Trogschultern ind <strong>de</strong>mnach vor <strong>de</strong>r Mündung <strong>de</strong>r rac h mit 180-200 m über<br />
<strong>de</strong>m heutigen Talbo<strong>de</strong>n <strong>de</strong> Eisenbach anzunehmen.<br />
Ein tieferes Verebnungsstockwerk beginnt auf <strong>de</strong>r Westseite <strong><strong>de</strong>s</strong> Eisenbachs südlich <strong>de</strong>r Wiesbachmündung<br />
mit 950 m+ . ach 940 m+ südlich Farrenberg folgen 970 m über <strong>de</strong>r<br />
Schollachmündung <strong>und</strong> 945 m über <strong>de</strong>r <strong><strong>de</strong>s</strong> Bubenbac hs. Talab gehört die Verebnung südlich<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Kohldobels in 920 m+NN dazu. Eine ase über <strong>de</strong>r rachmündung in 860 m<strong>und</strong><br />
eine Schulter südlich über Hammereisenbach bei 830 m darf einbezogen wer<strong>de</strong>n. Gegenüber<br />
dürfte das Felsplateau von eu-Fürsten berg bei etwas über 790 m+NN dazugehören. Dieses<br />
Verebnungsniveau läßt sich unterhalb von Hammereisenbach weiterverfolgen (vgl. Abb. 14).<br />
Urachtal: Hier beg innen die höchsten alten Trogschultern mit Verebnungen bei 1040 m<br />
(Abb. 11 ) <strong>und</strong> sinken bei<strong>de</strong>rseits <strong>de</strong>r rach bis zur "Streiche" zwischen Urach <strong>und</strong> Linach auf<br />
r<strong>und</strong> 1000 m, sodaß die Schultern im oberen Tal r<strong>und</strong> 120 m. vor <strong>de</strong>r Mündung in <strong>de</strong>n<br />
Eisenbach ogar bi 190 m über <strong>de</strong>m heu ti gen Talbo<strong>de</strong>n liegen.<br />
Ein tieferes Verebnungsniveau zeichnet sich auf <strong>de</strong>r ordseite mit 950-960 m+ zwischen<br />
Streichen bach tal <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Säge ab. liegt auf <strong>de</strong>r Winterhal<strong>de</strong> bei 970-990 m, <strong>de</strong>utet sich 1,5<br />
km unterhalb bei 900 m+ an, erreicht über <strong>de</strong>r Tal enge unterhalb <strong><strong>de</strong>s</strong> Bruggershofes 850<br />
m <strong>und</strong> setzt sich an <strong>de</strong>r Fahlenbachmündung mit breiter Verebnung. in welche die " R<strong>und</strong>höcker"<br />
am Dilgershof (Abb. 13) einbezogen si nd, bei 820-830 m+ zum Eisenbach fort.<br />
Linachtal: Dort sind <strong>de</strong>utliche "Armlehnen" (PAuL) bei<strong>de</strong>rseits <strong><strong>de</strong>s</strong> Schmiedsgrun<strong><strong>de</strong>s</strong> in 101 0-<br />
1030 m ausgebil<strong>de</strong>t, ebenso westlich <strong><strong>de</strong>s</strong> Schwanenbachdobels in 990- 1000 m Höhe, während<br />
die Verebnung <strong><strong>de</strong>s</strong> Dürrebergs (1000- 1020 m) zum obersten Firnfeld gehört <strong>und</strong> die unterhalb<br />
davon sehr auffällige Verebnung zwischen Breg <strong>und</strong> Linach in 920-930 m + wie<strong>de</strong>r im<br />
Bereich einer Verwerfung liegt. In <strong>de</strong>r Höhe <strong><strong>de</strong>s</strong> Schmiedsgrun<strong><strong>de</strong>s</strong> dürfte die höchste Trogkante<br />
im Linachtal <strong>de</strong>mnach r<strong>und</strong> 120 m über <strong>de</strong>m heutigen Talbo<strong>de</strong>n gelegen haben.<br />
Ein tieferes Verebnungsniveau ist gut belegt. Mit 900-920 m+ N beginnend bei <strong>de</strong>r Linacher<br />
Mühle. tritt es über <strong>de</strong>m Fuchsloch bei 920-930 m auf (Abb. 9), über <strong>de</strong>m Stausee bei 890-<br />
900 m, wo auch die typischen Hängetäler vom Holzschlag <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Ren i tobel ausstreichen.<br />
Am Winterberg liegt es bei 880 m <strong>und</strong> erreicht schließlich süd lich über <strong>de</strong>r Mündung zur<br />
Breg noch 820-830 m+ . knapp 70 m über <strong>de</strong>m Talbo<strong>de</strong>n.<br />
Oberes Bregtal: Die von PA L U. SCHI. KE ( 1997) ebenfalls als Trogschultern ge<strong>de</strong>uteten<br />
Verebnungen <strong>de</strong> Bregtals sind mehrgliedrig. Wie bereits früher (REICHEt.:T 1996) beschrieben,<br />
liegen die höchsten Verebnungen unterhalb <strong>de</strong>r Gipfel zwischen 1030 <strong>und</strong> 1000 m +N . am<br />
Mühleberg über V öhrenbach bei 980-995 m + <strong>und</strong> am Hang gegenüber "auf <strong>de</strong>r Burg"<br />
bei 970-980 m+ N. Folglich si nd die höchsten Trogschultern bei Vöhrenbach mit 180 m<br />
über <strong>de</strong>r heutigen Tal sohle anzusetzen.
I 1 7<br />
Wenn, wie erwähnt, die Trogschultern bzw. die Schulterflächen etwa die Höhe <strong>de</strong>r Scherfläche<br />
zwischen <strong>de</strong>m stagnieren<strong>de</strong>n Eis im Taltrog <strong>und</strong> <strong>de</strong>m wesentli ch beweglicheren oberen Eiskörper<br />
bezeichneten, wären sie nicht etwa mit <strong>de</strong>r Eishöhe insgesamt gleichzusetzen. In alpinen<br />
Gier chertälern ist über <strong>de</strong>n Trogschultern noch mit wenigsten 1/4- 113 <strong>de</strong>r Eismächtigkeit<br />
im Taltrog elbst zu rechnen. Das wären vor ihren Zusammenflüssen im Eisenbachtal <strong>und</strong><br />
rachtal min<strong><strong>de</strong>s</strong>tens 45 m, im Linachtal 30 m <strong>und</strong> im Bregtal bei Vöhrenbach 45 m. Selbst<br />
wenn geringere Beträge veranschlagt wür<strong>de</strong>n, be<strong>de</strong>utete das <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Eishöchststand zwangsläufig,<br />
sowohl bei <strong>de</strong>n östlichen Hängen über Vöhrenbach als auch im Bereich <strong><strong>de</strong>s</strong> Talknotens<br />
von Hammereisenbach, großflächi ges Ausscheren <strong><strong>de</strong>s</strong> bewegl ichen oberen Eiskörpers aus<br />
<strong>de</strong>n Taltrögen: bei Vöhrenbach über die Buntsandsteinabdachung hinweg in Richtung Villingen.<br />
beim Talknoten von Hammereisenbach ebenfalls über das Buntsandsteinplateau bei<strong>de</strong>rseits<br />
<strong>de</strong>r unteren Breg hinweg.<br />
nterhalb von Vöhrenbach treten Reste <strong><strong>de</strong>s</strong> höchsten Verebnung ni veau auf <strong>de</strong>r West eite<br />
bei 930-950 m auf. um bis zur Linachmündung Höhen zwischen 910 <strong>und</strong> 930 m+l 1 zu<br />
elTeichen. Das sind r<strong>und</strong> 150 m über <strong>de</strong>m Talgr<strong>und</strong>.<br />
Tiefer gelegene Verebnungen sind oberhalb von Vöhrenbach bei etwa 890 m+ N ausgebil<strong>de</strong>t.<br />
Talabwärts setzen sie sich auf <strong>de</strong>r Westseite am "Hohen Steg" mit 840-860 m, unterhalb<br />
gegenüber beim Fohrenschachen, wie<strong>de</strong>r westlich bei 820-830 m+ N, ebenso am "Kalten<br />
Brunnen", dann unter <strong>de</strong>m Dün'eberg <strong>und</strong> schi ießlich mit 820-830 m+ direkt an <strong>de</strong>r Linachmündung<br />
fort; sie liegen dort r<strong>und</strong> 70 m über <strong>de</strong>m Talgr<strong>und</strong>.<br />
"Eisstau" bei Hammereisenbach? PAUL u.ScH rNKE (1997, S. 210) führen aus, daß bei Hammereisenbach<br />
<strong>de</strong>r Eisenbachgletscher <strong>de</strong>n Breggletscher gestaut habe, wobei sich die Ei massen<br />
bei<strong>de</strong>r aufeinan<strong>de</strong>rgeschoben hätten. Sicher ist, daß die Breg hängend mün<strong>de</strong>te. wa durch<br />
einen <strong>de</strong>utlichen Gefalleknick von oberhalb 6.8 %0 zu 9,5 %0 unterhalb <strong>de</strong>r Linachmündung<br />
belegt wird, <strong>de</strong>r jedoch auch als Konfluenzstufe nach Vereinigung mit <strong>de</strong>m Linachgletscher<br />
ge<strong>de</strong>utet wer<strong>de</strong>n könnte. Trotz <strong>de</strong>r Schwächung <strong><strong>de</strong>s</strong> Breggletschers wegen <strong><strong>de</strong>s</strong> Übertritts<br />
seines oberen Eisschil<strong><strong>de</strong>s</strong> über Vöhrenbach hinweg, liegen seine Schultern unterhalb davon<br />
<strong>und</strong> diejenigen <strong><strong>de</strong>s</strong> stärkeren vereinigten Eisenbach/Urach-Gletscher westlich Hammereisenbach<br />
in gleicher Meereshöhe. Dazu trägt einmal <strong>de</strong>r Zuwachs durch <strong>de</strong>n Linachgletscher bei.<br />
Da aber <strong>de</strong>r Breggletscher r<strong>und</strong> 20 m über <strong>de</strong>m Talbo<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>s</strong> Eisenbachl rach-Gletschers<br />
hängend mün<strong>de</strong>t, wäre dieser Betrag <strong><strong>de</strong>s</strong> letzteren Eismächtigkeit zu addieren. Insgesamt<br />
wird zwar eine Verlang amung, ei n Stau <strong><strong>de</strong>s</strong> Breg/Linach-Gletscher erfolgt sein. Ein Aufeinan<strong>de</strong>rschieben<br />
<strong>de</strong>r Eisrnassen ist an hand morphologischer Merkmale nicht nachzuweisen.<br />
Doch ist <strong>de</strong>r Eisenbachgletscher wegen seiner größeren Reliefenergi e <strong>und</strong> - seit seiner Vereinigung<br />
mit <strong>de</strong>m Urachgletscher - mit <strong>de</strong>r günstigeren Stoßrichrungje<strong>de</strong>nfalls <strong>für</strong> die Ausformung<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Troges ab Hamlllerei senbach stärker verantwortli ch als <strong>de</strong>r Breggletscher.<br />
Breg ab Hammereisenbach: Wahrscheinlich gehören die Felsen alll "Vor<strong>de</strong>rberg" über Hammereisenbach<br />
mit auffallen<strong>de</strong>n Blockansamllllungen zum alten Schliffbord <strong><strong>de</strong>s</strong> Eisenbachl<br />
rachgletschers über <strong>de</strong>r Trogschulter. Deren (erodierter) Rest liegt am Hammerköpfle in<br />
903 m+ , kon'espondierend mit <strong>de</strong>r Verebnung in 910-935 m östlich <strong>de</strong>r Kerbe <strong><strong>de</strong>s</strong> Übertals,<br />
bereit über <strong>de</strong>m Bregtal.<br />
ber<strong>de</strong>lll Mündungszwickel von Eisenbach/Urach <strong>und</strong> Breg fallen entsprechen<strong>de</strong> Verebnungen<br />
in 900-930 m Höhe auf, sowie gegenüber, zwischen Breg <strong>und</strong> Forbental <strong>de</strong>r verebnete<br />
Sporn bei "Gschwand" <strong>und</strong> nördlich vom Forbenhäusle in gleicher Höhenl age bei<strong>de</strong>rseits <strong>de</strong>r<br />
Breg. Die höchsten Schultern liegen dort also r<strong>und</strong> 150-170 m über <strong>de</strong>m heutigen Talbo<strong>de</strong>n
I 18<br />
<strong>und</strong> dürften ungefahr die Scherfl äche <strong>für</strong> <strong>de</strong>n ostwärts driften<strong>de</strong>n oberen Eisschild markieren.<br />
Folglich müßten dort ihre vereinjgten Eiskörper oberhalb <strong>de</strong>r höch ten Trogschulter mffi<strong><strong>de</strong>s</strong>tens<br />
bis 960 m+ hinaufgereicht <strong>und</strong> sich bei<strong>de</strong>rseits mit Stoßrichtung nach Osten bis ordosten<br />
bewegt haben. Dabei bleibt unberücksichtigt. daß dieses Gebiet selbst noch ährgebiet gewesen<br />
sein muß. Darum sollte nicht verw<strong>und</strong>ern, daß ein fl acher, fi mbe<strong>de</strong>ckter Eiskuchen, <strong>de</strong>r sanften<br />
Abdachung <strong><strong>de</strong>s</strong> Buntsandstein fo lgend , in breiter Front bis zur Muschelkalkstufe in 6- 10 km<br />
Entfernung <strong>und</strong> einer Höhe von r<strong>und</strong> 760 m +NN vorgestoßen ist. Das entspräche einem<br />
Gefalle <strong>de</strong>r Gletscheroberfl äche von ru nd 2-3 %.<br />
Errati sche Geschiebe sind dabei eher selten zu erwarten; doch fehlen sie nicht : eben verschie<strong>de</strong>nen<br />
Buntsandstein-Varietäten sind inzwischen kantenger<strong>und</strong>ete Gneise in <strong>de</strong>n Wäl<strong>de</strong>rn<br />
beim Eichwäldlebach üdlich Volkertsweiler ( r. 38), am Oberhang <strong><strong>de</strong>s</strong> Wi eselbachtals ( r.<br />
34, Abb. 12), nördlich <strong>de</strong>r Fi cherhöhe (905 m, r. 40), Granit <strong>und</strong> Amphibolit im Gewann<br />
"Wolfsjagen" westlich Tannheim, Granit über <strong>de</strong>m Schmelztobel ( r. 42) <strong>und</strong> am Hallenberg<br />
(Nr. 44, 45) gef<strong>und</strong>en wor<strong>de</strong>n.<br />
Abb. 12: Onsfrem<strong>de</strong> Geschiebe, vorwiegend BUlllsandstein, seltener Paragneis, auf Unterem Muschelkalk<br />
bei Pfaffenweiler (775 m ü. M.). Der Ru ndungsgrad (vgl. Tab. I. r. 34) verweist auf Moräne.<br />
Die Verebnllngen über <strong>de</strong>r Breg setzen sich am Schaltenhang mit <strong>de</strong>m Plateau <strong><strong>de</strong>s</strong> Krllmpenschlos<br />
es in 900 m+NN fort. Gegenüber, zwischen Fi cherhof <strong>und</strong> Schmelzdobel, liegen<br />
zwei zerrie<strong>de</strong>lte <strong>und</strong> daher etwas tiefer liegen<strong>de</strong> Verebnungen im Granü bei 840-860 m, noch<br />
120 m über <strong>de</strong>r heutigen Talsohle. Die großen Ebenheiten im Buntsandstein <strong>de</strong>r Fischerhöhe<br />
darüber entsprechen eher <strong>de</strong>n Schichtgrenzen <strong><strong>de</strong>s</strong> Mittleren <strong>und</strong> Oberen Buntsandsteins, was<br />
ihre glaziäre Überfornlung nicht au schließt. Weiter talabwärts ist südlich <strong>de</strong>r Breg über <strong>de</strong>r<br />
Granit(trog)wand <strong><strong>de</strong>s</strong> Tiersteins die TrogschllIter in 830-840 m gut ausgebil<strong>de</strong>t. Unter <strong>de</strong>r<br />
Felsenkame <strong><strong>de</strong>s</strong> Ha llenberges, zunächst im Granit, dann im Gneis, senkt sich ein Verebnllngsband<br />
wech ein<strong>de</strong>r Breite über mehr als 1000 m vom Lambertsdobel bei 800 m+<br />
auf 780 m+ bei <strong>de</strong>r Weggabelung <strong><strong>de</strong>s</strong> unteren <strong>und</strong> oberen Ha llenbergweges; immerhin
1 19<br />
noch knapp 90 m über <strong>de</strong>m Talbo<strong>de</strong>n. Es trägt bl ockschuttreiche Moräne, vie lleicht Seitenmoräne<br />
( r. 44, 45, Tab. I). Talab gegenü ber ist die Ebenheit oberhalb <strong>de</strong>r Ruine Zin<strong>de</strong>lstein<br />
in r<strong>und</strong> 780 m+ als Gegenstück <strong>de</strong>r Hallenberger Schulter anzusehen. 500 m südostwärt<br />
<strong>de</strong>r erwähnten Weggabelung <strong><strong>de</strong>s</strong> Hallenbergweges folgt zwischen Reichenbach <strong>und</strong> Keßlerbach<br />
die Ebenheit "Rimsen" in 750-770 m Höhe. Don <strong>und</strong> auf"Göhren" bei Hubertshofen kartierte<br />
schon SCHALCH (190 1) "verstreute Geschiebe" im Wald über Bunt andstein bis 775 m+<br />
noch r<strong>und</strong> 70 m über <strong>de</strong>r Bregsohl e.<br />
Gegenüber erhebt sich die Muschelkalk -Stirn <strong><strong>de</strong>s</strong> Schellen berges. Dort hängt über einer<br />
Ste il stufe von mehr als 50° di e "Bruggener Hal<strong>de</strong>" als leicht gestufte Verebnung in 730-<br />
745 m+N . Auf <strong>de</strong>ren Fel<strong>de</strong>rn , aber auch im Wald, liegen neben Buntsandsteinblöcken,<br />
Schoner, di e als Moräne einzustufe n sind ( r. 25, Tab. I). Damit ist <strong>de</strong>r Anschluß an die<br />
vorangegangene Studie über <strong>de</strong>n Sche llen berg (REICHELT 1997) herge teilt.<br />
Tiefere Verebnungen: Bei <strong>de</strong>n einzelnen Tälern wur<strong>de</strong> dargelegt, daß ein tieferes Verebnungsni<br />
veau sich owohl beim Eisenbach als auch bei Urach, Linach <strong>und</strong> Breg nachweisen läßt.<br />
Sie erreichen in Hammereisenbach ziemlich übereinstimmend ein Niveau von 790-830 m<br />
+ . Demnach hat offenbar ein weiteres Stadial bestan<strong>de</strong>n, welches bei niedrigerem Eisstand<br />
noch zur Ausformung einer weiteren Trogschulter imstan<strong>de</strong> war. Die R<strong>und</strong>höcker beim Dilgershof<br />
<strong>und</strong> das Felspl ateau von eu-Fürstenberg dürften die em Stadial zugehören. Tm<br />
Hammereisenbacher Talknoten müssen also noch die Gletscher von Breg/Linach <strong>und</strong> Eisenbach/Urach<br />
zusammengefl ossen sein. Die Eismächtigkeit dieses Stadi als wäre hier <strong>de</strong>mnach<br />
etwa mit 100- 11 0 m zu veranschl agen. Es besteht eine gewisse Wahr cheinlichkeit da<strong>für</strong>,<br />
daß erst in diesem Stadium die von PA L U.SCHl KE (1997) berichtete Hängemündung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Breggletschers angelegt, zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t aber aktualisiert wur<strong>de</strong>.<br />
Bregabwärts tritt westlich <strong><strong>de</strong>s</strong> Fischerhofs eine Verebnung bei 800 m auf, zu <strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>r<br />
felsige pl attierte "Totenkopf' am Ausgang <strong><strong>de</strong>s</strong> Schmelztobels in 790 m Höhe gehören könnte.<br />
Unterhalb davon folgt das Felspl ateau um Ruine Zin<strong>de</strong>lstein in 750-760 m Höhe. Schließlich<br />
<strong>de</strong>uten die Köpfe <strong><strong>de</strong>s</strong> Felsenban<strong><strong>de</strong>s</strong> aus Gneisen <strong>und</strong> Amphiboliten in 740-730 m+NN über<br />
<strong>de</strong>r Straße die Trogkante an. Sie läge nur 25-30 m über <strong>de</strong>m Talbo<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Breg <strong>und</strong> wür<strong>de</strong><br />
dann <strong>für</strong> eine Glet cherhöhe von höchstens 30-40 m sprechen. Doch beträgt die Entfernung<br />
zum vermutlichen Gletscheren<strong>de</strong> di eses Stadials bei Bruggen in 705-7 10 m nur noch 3 km,<br />
<strong>und</strong> die vern1utli che Rückzug terra se liegt südlich vom Kesslerbächle mit ihrer Obe rkante<br />
in 710 m+NN nur 2 kn1 entfernt. Das entspricht einem geschätzten Ei oberflächengefälle von<br />
1-2 % bei einem Talgefall e, wechselnd zwischen 3,6 <strong>und</strong> 5 %0 (vgl. Abb. 14).<br />
3.2.3 Unterschi edliche Deutlichke it <strong>de</strong>r Trogforn1en<br />
PA L U. SCHI TKE (1997, S. 2 12) machen darauf aufmerksam, daß <strong>de</strong>r Trogtalcharakter <strong>de</strong>r<br />
oberen Breg <strong>und</strong> im Urachtal nur dadurch etwas versch leiert sei, we il nach <strong>de</strong>m Schwin<strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>r Eismassen herabgebrochene Schuttmassen als "Rutschpolster" <strong>de</strong>n Hangfuß verhüllen,<br />
so daß er konvex erschiene. Das trifft zweifellos an vielen Stell en zu. Beson<strong>de</strong>rs dort, wo<br />
kleine, heute nicht mehr ständig von einem Bach durchflossene Tälchen in ein größeres Tal<br />
mün<strong>de</strong>n. Dort entstehen regelrechte Schuttfächer, wie bei Hammereisenbach südlich <strong>de</strong>r Bregbrücke.<br />
Die Steine sind etwas stärker zuger<strong>und</strong>et als nonnaler Solifluktionsschutt am Hang<br />
(vgl. r. 134). Beson<strong>de</strong>rs auffallen<strong>de</strong> Schuttfacher liegen z.B.im oberen Ei enbach zwi chen<br />
<strong>de</strong>m Großhof <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Hintermühle, ferner im Schollachtal beim Gfellhof sowie im KrumpendobeI,<br />
einem Seitental <strong>de</strong>r unteren Breg. Aber das ist nicht überall so. So zeigt ein vom Geologischen<br />
Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>amt mittels Kernbohrungen im August 1976 erschlossenes Querprofil durch<br />
das untere Bregtal bei Wolterdingen, daß die mächtigsten Schuttmäntel keineswegs am
120<br />
Hangfuß auftreten. Zwar wie die Talsohle (7 18. 1 m) eine Füllung von 2,9 m Kies, Sand <strong>und</strong><br />
(hangend) Schluff auf, doch trugen die Unterhänge auf <strong>de</strong>r Nordseite (Südhang) nur 1.5 m<br />
<strong>und</strong> auf <strong>de</strong>r Südseite (Nordhang) 2,2 m lehmigen Hangschutt. Hingegen erreichten die MitteI<strong>und</strong><br />
überhänge auf <strong>de</strong>r ordseite durchschnittlich 2,4 m, auf <strong>de</strong>r Südseite sogar 3,3 m Schuttmächtigkeit.<br />
berhaupt ist bemerkenswert, daß, abgesehen vom Felsental , im ganzen Einzug gebiet <strong>de</strong>r<br />
Breg nirgends so viele Fel 'en <strong>und</strong> Felswän<strong>de</strong> das Tal begren zen wie im Tal <strong>de</strong>r Breg unterhalb<br />
von Hammereisenbach. Zwar neigt <strong>de</strong>r zwischen oberer Breg <strong>und</strong> Schollach vorherrschen<strong>de</strong><br />
Gneis zu schnellerer Abflachung ursprünglich schroffer Formen als Granit <strong>und</strong> Buntsandstein.<br />
So ist das ganz in Granit eingeschnittene Bregtalunterhalb von Vöhrenbach wohl merklich<br />
tei Ihängiger als oberhalb davon. Trotz<strong>de</strong>m kommt dort die Trogfol111 weniger zum Ausdruck<br />
als ab Hammereisenbach, wo sie bei breitem Talbo<strong>de</strong>n gleichzeitig durch Felsen <strong>und</strong> Felswän<strong>de</strong><br />
eindrucksvoll unterstrichen wird. Das wird beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlich zwischen Totenkopf <strong>und</strong> Tierstein.<br />
wo die Talsoh le sich nicht etwa klusenartig verengt. son<strong>de</strong>rn in voller Breite erh alten<br />
bleibt. D as i ·t auch weiter unterhalb '0, wo zwi chen Ruine Z in<strong>de</strong>lstein <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Hallenberg<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> letzteren Gneishänge am überhang über 50° steil wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> teilweise felsgekrönt sind.<br />
Hier kommt das Bregtal <strong>de</strong>r -Form <strong><strong>de</strong>s</strong> Talquerschnitts näher. als es die Höhenlinien <strong>de</strong>r<br />
K arte erkennen la sen.<br />
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Abb.14: Stark überhöhte Profile <strong>de</strong>r Breg-Tal sohlc <strong>und</strong> <strong>de</strong>r darüber liegen<strong>de</strong>n Verebnungen. Drei<br />
iveaus sind zu erkennen. Sie lassen auf 3 Vergletscherungspha en (o<strong>de</strong>r Glaziale) schließen. <strong>de</strong>ren<br />
untere zum Rißkomplex gehören dürften, das oberste vielleicht ZlIl11noch älteren Min<strong>de</strong>lglazial.<br />
Das wird verständ lich, wenn man HABBE ( 1996, S. 11 3) darin folgt. daß die Ta I tröge durch<br />
Vorstöße späterer, kleinerer Talgletscher geschaffen wer<strong>de</strong>n. welche Ilicht mehr über die frühere<br />
Trogkante hinaufreichen. Wie beschrieben , ist ein spä teres Stadial <strong>de</strong>r großen Kaltzeit im<br />
unteren Bregtal nochmals etwa bis Wolterdingen <strong>und</strong> Bruggen vorgestoßen, nach<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r
121<br />
Gletscher während <strong><strong>de</strong>s</strong> Höchststan<strong><strong>de</strong>s</strong> weit über die höhergelegenen Trogschultem ausgegriffen<br />
<strong>und</strong> bis ins Donaueschinger Ried gereicht haben muß. Sein späterer, wahrscheinlich vom<br />
Breggletscher nochmals unterstützter Vorstoß aus <strong>de</strong>m Eisenbachtal, weit weniger mächtig<br />
<strong>und</strong> sicher mehreren Schwankungen ausgesetzt, konnte sich nur innerhalb seines früheren<br />
Taltroges bewegen. Sein Werk ist die Mo<strong>de</strong>li ierung <strong>de</strong>r Steilwän<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> unteren Bregtales<br />
durch sei tliche <strong>und</strong> subglaziale Schmelzwassererorion.<br />
Es gibt sogar e in Beispiel <strong>für</strong> die Wirkung von Schmelzwässern, das allerdings ein frühere<br />
Stadial, mög li cherweise die Scherfläche <strong><strong>de</strong>s</strong> Höchststan<strong><strong>de</strong>s</strong> bezeugt. ördli ch <strong>de</strong>r Enge an<br />
<strong>de</strong>r Mündung <strong>de</strong>r Urach in <strong>de</strong>n Eisenbach sind im oberen, verebneten Bereich einer Granitrippe<br />
bei knapp 900 m+N mehrere r<strong>und</strong>e, glattwändige "pot-holes" in die Granitblöcke eingesenkt.<br />
Sie si nd als Stru<strong>de</strong>llöcher aufzufassen, verursacht durch eitliches Schmelzwasser. das zwischen<br />
Ei <strong>und</strong> Fe!. nahe <strong>de</strong>r Trogkanle geflossen sein muß (Abb. 15).<br />
Abb.15: Oberhalb von Hammereisenbach fin<strong>de</strong>t sich eine Gruppe von "pot-holes" aufz.T. von Kernsprüngen<br />
gespaltenem Granitfels (r<strong>und</strong> 900 m ü.M). Sie sind als Stru<strong>de</strong>llöcher am Ran<strong>de</strong><strong>de</strong>rTrogschulter,<br />
erzeugt durch Schmelzwasser zwischen Fel s <strong>und</strong> Eis, zu <strong>de</strong>uten.<br />
Eine junge Trogbildung kleinsten Maßstabes ist im obersten Urachtalunter <strong>de</strong>r "Kalten Herberge"<br />
zu sehen , wo ein kleiner wünnkaltzeitlicher Gletscher eine etwa bis zu seiner Moräne<br />
am Sägenhof reichen<strong>de</strong> schmale Wanne in das geräumigere. rißzeitliche G letschertal hinein<br />
mo<strong>de</strong>lliert haI.<br />
3.2.4 Hängetäler<br />
Für Gletschertäler ist typi eh, daß viele ebentäler mit einer <strong>de</strong>utlichen Stufe - in <strong>de</strong>n Alpen<br />
häufig mit stäuben<strong>de</strong>n Wa serfällen - über die Trogschulterkante ins Haupttal mün<strong>de</strong>n. Man<br />
bezeichnet sie als "Hängetäler". Durch nachkaltzeiliche Erosionsphasen ist freilich die Mündung<br />
meist tiefer <strong>und</strong> zurückverlegt wor<strong>de</strong>n (vgl. Abb. 10). PA L U. SCHt 'KE ( 1997, S. 209 f)<br />
nennen die Mündung <strong>de</strong>r Breg in da vom Eisenbach gebil<strong>de</strong>te Ha upttal als Beispiel.
122<br />
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Qes Vlllingen-Brilunlinger<br />
Scnwarz N3 teNor 1 an<strong><strong>de</strong>s</strong><br />
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1000 m<br />
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rellt t ... , Hanghbhe bis 5 m<br />
retH l n Han gnOhe bis 20 I!I<br />
"I ar I 'tI! H.nghOhe UDer 20 1ft<br />
.I tt le re tl angnelgung bis '5 °<br />
.I tl lere tl angnel gung uber 15·<br />
Isolierte Du ci,,!!<br />
Dolinen. De pre ssionen<br />
W.llf Or.lgf OloCk .n s il llllllung<br />
123<br />
Es gibt aber an<strong>de</strong>re, <strong>de</strong>utlichere Beispiele (Abb. 16). Im Linachtal mün<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>m Winterhang<br />
das Bächle unter <strong>de</strong>m "Holzschlag" , Reni stobel <strong>und</strong> Roßtobel mehrere Zehnelmeter über<br />
<strong>de</strong>m Haupttal. Im Urachtal sind Schwarzen bach <strong>und</strong> Rufentobel typische Hängetäler. Bei<br />
Hammereisenbach mün<strong>de</strong>n das "Übertal" <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong>sen kleinerer östlicher Zwilling <strong>de</strong>utlich<br />
etwa 20 m über <strong>de</strong>m Eisenbach/Bregtal. Beim Krumpendobel <strong>und</strong> Wilddobel weiter talabwärt<br />
besteht ebenfalls eine Stufenmündung, doch ist sie (bei ca. 800 m+NN) weit zurückverlegt.<br />
Deutlicher hängen Roßdobel <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Dobel an <strong>de</strong>r Lambertshütte, letzterer mehr al 20 m,<br />
über <strong>de</strong>m Bregtal. Auch die Täler auf <strong>de</strong>r Nordseite <strong>de</strong>r Breg besitzen au geprägte Mündungs<br />
tufen, so das Forbental, <strong>de</strong>r kleine, tiefe Dobel westlich vom "Totenkopf', <strong>de</strong>r Schmelzdobel<br />
<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Schwarzbubendobel. Schmelzdobel, "Totenkopf'-Dobel <strong>und</strong> Übertal haben<br />
die fel sige Trogwand durchsägt, letzteres in ei ner klammartigen MündungsschJucht.<br />
Schließlich seien die Täler zwi chen Waldhau en <strong>und</strong> Hüfingen genannt, <strong>de</strong>ren TaJbö<strong>de</strong>n<br />
beim Hesital, Bräunlinger ''Tal'' <strong>und</strong> Schosental r<strong>und</strong> 20 m über <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n <strong><strong>de</strong>s</strong> Haupuales<br />
ausstreichen (vgl. Abb. 17).<br />
4. Zusammenfassen<strong>de</strong>r Überblick<br />
Die Kartierung <strong>de</strong>r Fornlen <strong>und</strong> die Untersuchungen an Ablagerungen zusammen betrachtet,<br />
lassen keinen Zweifel mehr daran bestehen, daß <strong>de</strong>r Mittlere Schwarzwald mehrfach vergletschert<br />
war. Schwieriger ist es, die Aus<strong>de</strong>hnung einzelner Phasen <strong>und</strong> ihre zeitliche E inordnung<br />
vorzunehmen.<br />
Es zeichnet sich folgen<strong><strong>de</strong>s</strong> Bild ab: Während <strong>de</strong>r größten Aus<strong>de</strong>hnung hat ein Eisstromnetz<br />
unter einer geschlossenen Firn<strong>de</strong>cke bestan<strong>de</strong>n, aus <strong>de</strong>r nur einzelne Gipfel wie Brend, Stöcklewaid,<br />
Widiwan<strong>de</strong>r Höhe, Kohlwasen, Bossenbühl <strong>und</strong> Steinbühl teilweise als Nunatakker<br />
hervon·agren. Als Hauptsammler <strong>de</strong>r Eiskörper fungierten das obere Bregtal <strong>und</strong> das Tal <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Eisenbachs mit einen Zubringern. Hier bil<strong>de</strong>ten sich tiefe Trogtäler. Über <strong>de</strong>n schwer bewegli<br />
chen Eisrnassen in <strong>de</strong>n Trögen flossen leichter bewegliche Eis chil<strong>de</strong>, die von .ie<strong>de</strong>rschlagsschwankungen<br />
gesteuert, auch über die TaJschei<strong>de</strong>n hinweg ausgriffen. Sie schoben<br />
sich über Vöhrenbach weiter nach Osten über <strong>de</strong>n Buntsand tein hinweg bis zur Linie Villingen<br />
Pfaffenweiler-Tannheim vor <strong>und</strong> schürften das Plattenmoo aus. Auch über <strong>de</strong>m Talknoten<br />
von Hammereisenbach schoben sich die Eisschil<strong>de</strong> von Linach, Urach <strong>und</strong> Eisenbach unabhängig<br />
von ihren Talgletschern darunter nach Osten bi Südosten vor, äußerli ch nahtlos an<br />
<strong>de</strong>n Vöhrenbacher Eisschild an chließend. Verstärkt durch die vom Höchst!Kohlwald/Glattacker-Plateau<br />
auf <strong>de</strong>r Buntsandsteinabdachung nach Ost bis ordost drängen<strong>de</strong>n Pl ateaugletscher<br />
gelangten die Eismassen über <strong>de</strong>n eigentli chen Breggletscher hinweg bis zur Höhe<br />
<strong>de</strong>r Muschelkalkstufe im Raum nordöstlich von Wolterdingen <strong>und</strong> lappten bei 755 m+<br />
in Beckhofener Tal hjnein. Auch Bru<strong>de</strong>rbach <strong>und</strong> Brändbach beherbergten unter diesem<br />
Eisschild eigene Trogkörper, die sich zusammen mit Firnmassen aus Schneegruben <strong><strong>de</strong>s</strong> Gebietes<br />
südlich Waldhausen <strong>und</strong> Bräunlingen im Waldhauser Kessel sammelten <strong>und</strong> <strong>de</strong>n am<br />
westlichen Schellenberg bis 750 m hinaufreichen<strong>de</strong>n Ei körpern nochmals Zuwachs brachten.<br />
(A bb. 17). So konnte <strong>de</strong>r südliche Schellenberg unter schne ll abnehmen<strong>de</strong>r Höhe überfahren<br />
wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> die Ausfornlung <strong>de</strong>r Steilhänge südlich <strong>de</strong>r Breg erfolgen. Der Gletscher en<strong>de</strong>te<br />
zwischen Pfohren <strong>und</strong> eudingen bei ca. 670 m+NN.<br />
Die allgemeine Schneegrenze dieser Zeit muß nahe 800 m+NN gelegen haben, örtlich auch<br />
bei 750 m+ (vgl. hierzu Abb. 6 in Teil 2, 1997).<br />
Wegen <strong>de</strong>r als Trogschultern anzusehen<strong>de</strong>n Verebnungen an <strong>de</strong>n Hängen hat nicht lange danach<br />
ei ne zweite, weniger tarke Vorstoßphase <strong>de</strong>r Gletscher bestan<strong>de</strong>n, die aber noch im HammereisenbacherTalknoten<br />
aus Breg, Linac h, Urach <strong>und</strong> Eisenbach zusammenliefen. Sie haben,
124<br />
nunmehr zu einem etwa 100- 110 m mächtigen Talgletscher vereinigt, nochmals da untere<br />
Bregtal bi s Bruggen überfol11lt: er hat dort Moränen <strong>und</strong> Rückzugsschotter hinterla sen bei<br />
7 10 m+ . Wahrscheinlich ist auch ein Brändbachfirn nochmals bi s zum Kirnbergsee vorgestoßen,<br />
wo Gr<strong>und</strong>moräne am Hang südöstlich über <strong>de</strong>m See bi 790 m+ liegt.<br />
Zieht man die Lage <strong>de</strong>r Schneegruben heran. so könnten <strong>de</strong>ren bei 850 m+ gehäuft vorkommen<strong>de</strong><br />
Bö<strong>de</strong>n auf eine diesem Gletscherstand entsprechen<strong>de</strong> Schneegrenze bei etwa 900-<br />
950 m+NN hinweisen.<br />
ach <strong>de</strong>m Verwinerungsgrad <strong>de</strong>r Schotter gehören diese bei<strong>de</strong>n Verglet 'cherungsphasen nicht<br />
mehr <strong>de</strong>r letzten Kaltzeit an. Sie müssen <strong>de</strong>m vorletzten Glazial , <strong>de</strong>m Riß. zugeordnet wer<strong>de</strong>n.<br />
De en Glie<strong>de</strong>rung ist noch nicht ein<strong>de</strong>Ulig geklärt. doch sind 3 Stadiale (SCHREINER 1992. S.<br />
199 f) o<strong>de</strong>r sogar Glaziale (BIß S u.KösEL 1996. S. 85 f) inzwischen sehr wahrscheinlich. Es<br />
gibt aber auch Hinweise au f eine noch ältere Kaltzeit (Min<strong>de</strong>l?) etwa gleicher o<strong>de</strong>r wenig<br />
größerer Aus<strong>de</strong>hnung als beim hier angenommenen Riß-Höchststand: ihre Schotter liegen<br />
vielleicht bei Villingen (L aible) <strong>und</strong> bei Donaueschingen (auf Staig) bei 750 bzw. 730 m+N .<br />
Im letzten Glazial, <strong>de</strong>m Würm. das etwa vor 10.000 Jahren en<strong>de</strong>te, können nur die höchsten<br />
Höhen <strong><strong>de</strong>s</strong> Minelschwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong> firnbe<strong>de</strong>c kt gewesen sein. Darüber hinaus gab es allerdings<br />
viele Schneegruben mit übersommern<strong>de</strong>n Schneepolstern o<strong>de</strong>r gar Firnen. Endmoränen dieser<br />
Zeit im Wolfloch unter <strong>de</strong>r Kalten Herberge, oberhalb <strong><strong>de</strong>s</strong> Sägenhofes im Urachtal, im Schol<br />
Iachtal (Abb. 18) <strong>und</strong> im obersten Eisenbach beze ugen w inzige Talgletsc her, während sonst<br />
öfter M oränen von K arglet chern (vgl. Ta b. 2 u. Abb. 8) vorkommen. ach <strong>de</strong>r Lage <strong>de</strong>r<br />
M oränen. vor allem aber wegen <strong>de</strong>r Lage <strong>de</strong>r j üngeren Bö<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Schneegruben bei durchschnittlich<br />
950 m+ hat die allgemeine Schneegrenze <strong><strong>de</strong>s</strong> WünllS im Mittelschwarzwald<br />
eher bei 1000- 1050 m+ gelegen, in günstigen Expositionen auch 100 m ti efer.<br />
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Freiburg. 82/83, 11 7- 168<br />
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(Mitte l chwarzwald <strong>und</strong> Baarhochmul<strong>de</strong>); Ber. naturf. Ge . Fre iburg. 86. im Druck<br />
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ZI ENERT. A. ( 1967): Vogesen- <strong>und</strong> Schwarzwald-Kare: Eiszeitalter u. Gegenwart, 18. 5 1-75
126<br />
Die Temperaturentwicklung auf <strong>de</strong>r Baar seit Beginn<br />
kontinuierlicher Klimaaufzeichnungen<br />
von Alexan<strong>de</strong>r Siegm<strong>und</strong><br />
1. Einleitung<br />
In <strong>de</strong>n vergangenen Jahren rückte die Diskuss ion um einen sich abzeichnen<strong>de</strong>n globalen<br />
Klimawan<strong>de</strong>l zunehmend in <strong>de</strong>n Mittelpunkt <strong><strong>de</strong>s</strong> öffentlichen Interes es. Die projizierten<br />
Folgen stehen dabei in einem engen Zusammenhang zu einer möglichen anthropogenen Vertärkung<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> natürlichen Treibhauseffekts durch <strong>de</strong>n zunehmen<strong>de</strong>n Eintrag klimarelevanter<br />
Spurengase wie etwa Kohlendioxid , Methan, Flourchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) <strong>und</strong><br />
Distick toffoxid in die Atmosphäre. Damit geht unmittelbar ein Anstieg <strong>de</strong>r bo<strong>de</strong>nnahen Lufttemperatur<br />
einher. Auf <strong>de</strong>r Basis komplexer Klimamo<strong>de</strong>llrechnungen ist bei einer weiteren<br />
Zunahme <strong>de</strong>r Spurengasemissionen wie bi sher im weltweiten Mittel mit einer Erwämlung<br />
von etwa 0,3 °C pro Jahrzehnt (Fehlergrenze +/- 0, 1 °C), bei einer Verdopplung <strong>de</strong>r K onzentration<br />
dieser Gase in <strong>de</strong>r A tmosphäre gegenüber <strong>de</strong>m vorindustriellen iveau mit einer Erhöhung<br />
von 1,3 - 3,8 oe zu rechnen (vgl. u.a. HOUGHTO et al. 1996 <strong>und</strong> SCHÖ WIESE 1996).<br />
Die durch <strong>de</strong>n Temperaturanstieg induzierten indirekten Folgen <strong><strong>de</strong>s</strong> zusätzl ichen Treibhauseffekts<br />
ind wesentlich umfangreicher. Sie reichen von globalen Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r ie<strong>de</strong>rschlagsmengen,<br />
einer Verstärkung <strong>de</strong>r Westwindzirkulation in <strong>de</strong>n Mittleren Breiten <strong>und</strong><br />
einer möglichen Zunahme tropischer Wirbelstümle bis zu einem Anstieg <strong>de</strong>r Meeresspiegel<br />
<strong>und</strong> <strong>de</strong>r damit verb<strong>und</strong>enen ökologischen <strong>und</strong> ökonomischen Folgen (vgl. FRA TKENBERG ,<br />
SIEGMU, D 1997).<br />
Die regionalen Folgen dieser globalen Klimaverän<strong>de</strong>rungen ind zumeist sehr heterogen. So<br />
fällt etwa <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n letzten h<strong>und</strong>ert Jahren im weltweiten Mittel zu beobachten<strong>de</strong> Temperaturan<br />
tieg von 0,6 - 0,7 oe in ver chie<strong>de</strong>nen Reg ionen Miueleuropas räumlich <strong>und</strong> j ahreszeitlich<br />
zum Teil ehr unterschiedlich aus. In einigen Gebieten bzw. Jahreszeiten ist mitunter<br />
sogar eine leichte Abkühlung zu verzeichnen gewesen (vgl. FRA 'KE 'BERG, SI EGM ND 1997,<br />
S. 33 ff.). Gera<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>r Baar können sich diese Temperaturverän<strong>de</strong>rungen durch ihre charakteri<br />
ti schen klimatischen Gegebenheiten, die insbeson<strong>de</strong>re durch ei ne ausgeprägte tllemlische<br />
Kontinentalität gekennze ichnet sind, sehr di fferenziert darstellen. Aus diesem Gr<strong>und</strong> soll die<br />
TemperaLUrentwicklung <strong>de</strong>r Reg ion auf <strong>de</strong>r Basis entsprechen<strong>de</strong>r M eßreihen genauer untersucht<br />
wer<strong>de</strong>n. Dadurch lassen sich nicht zuletzt mög liche Parallelen <strong>und</strong> Unterschie<strong>de</strong> zu<br />
an<strong>de</strong>ren Regionen erkennen, die u.a. Rückschli.i sse auf die Folgen <strong>de</strong>r zu erwarten<strong>de</strong>n zukünftigen<br />
Klimaverän<strong>de</strong>rungen <strong>für</strong> die Baar zulassen.<br />
2. Datengr<strong>und</strong>lage<br />
D as Klima <strong>de</strong>r Baar war bereits recht früh Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen.<br />
Dazu trugen nicht nur die beson<strong>de</strong>ren klimatischen Gegebenheiten bei, die sich von <strong>de</strong>nen<br />
be nachbarter Regionen zum Teil erheblich unterschei<strong>de</strong>n. Es war vor allem das mfeld <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Fürstenhauses von Fürstenberg mit Stammsitz in Donaueschingen. das diese ersten Klimaunters<br />
uchungen för<strong>de</strong>rte. Der mit <strong>de</strong>m Fürstenhaus verb<strong>und</strong>ene Hofstaat bil<strong>de</strong>te das personelle<br />
<strong>und</strong> intellektuelle Potential <strong>für</strong> ein naturk<strong>und</strong>liche ' <strong>und</strong> w issenschaftliches lnteresse.<br />
Darüber hinaus för<strong>de</strong>rten die Fürsten die Wetter- <strong>und</strong> Klimabeobachtungen durch finanzielle<br />
nterstützungen beim K aufvon Meßgeräten zum Teil auch direkt. So reichen die älte ten<br />
bekannten Klimaaufzeichnungen auf <strong>de</strong>r Baar bis zum Anfang <strong><strong>de</strong>s</strong> 19. Jh. zurück. Der damalige<br />
Hofarchi vm' Johannes Baptist M " LLER führte ab 1802 in Donaueschingen erste regelmäßige
127<br />
tägliche Wetterbeobachtungen <strong>und</strong> -messungen durch. Er erfaßte dabei unter an<strong>de</strong>rem dreimal<br />
am Tag zu <strong>de</strong>n sogenannten "Mannhe ime r St<strong>und</strong>en" (7, 14 <strong>und</strong> 21 Uhr) die Lufttemperatur<br />
sowie <strong>de</strong>ren tägliche Maxima <strong>und</strong> Minima. Die Temperaturangaben zeigen dabe i jedoch in<br />
e inigen Monaten vor allem be i <strong>de</strong>n abendlichen M essungen zum Te il größere Lücken. Die<br />
Aufzeichnungen vonM "LLER reichen in <strong>de</strong>r dargestellten Form bis zum März 1814 <strong>und</strong> wur<strong>de</strong>n<br />
bis zu ihrem endgültigen Abschluß 1820 nur noch in Form verbaler Witterungsberichte weitergeführt,<br />
die lediglich vereinze lt konkrete Temperarurangaben enthalten.<br />
Im Jahr 1828 nahm <strong>de</strong>r damalige Hofgärtner Peter M ARSTRAl'JD wie<strong>de</strong>r regelmäßige Wetterbeobachtungen<br />
<strong>und</strong> -mes ungen in Donaue chingen auf. In seinen Monatstabellen hi elt er<br />
neben e iner Reihe weiterer Klimaelemente die tägli chen Mes ungen <strong>de</strong>r Lufttemperatur zu<br />
<strong>de</strong>n "Mannheimer St<strong>und</strong>en" fe 1. Die Aufzeichnungen en<strong>de</strong>n jedoch bere its im l ahr 1830.<br />
Durch <strong>de</strong>n nur dreijährigen Beobachtungszeitraum lassen sich daher aus <strong>de</strong>n Daten von<br />
MARSTRAND kaum signifikante Aussagen über die klimati schen Verhältnisse <strong><strong>de</strong>s</strong> zugr<strong>und</strong>eliegen<strong>de</strong>n<br />
Ze itraums ableiten. Ähnliches gilt trotz <strong>de</strong>r mit zwö lf Jahren <strong>de</strong>utlich längeren<br />
Meßre ihe auch <strong>für</strong> die Temperaturaufzeichnungen von M " LLER. Hinzu kommen unterschiedli<br />
che Meßbedingungen <strong>und</strong> eine im Verg le ich zu heutigen ormen (wahr cheinlich) unzureichen<strong>de</strong><br />
Genauigkeit <strong>und</strong> Eichung <strong>de</strong>r Geräte. Dennoch liefern diese Messungen zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t<br />
e inige Hinweise auf di e Temperaturverhältnisse in <strong>de</strong>r ersten Hälfte <strong><strong>de</strong>s</strong> vergangenen Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />
auf di e noch näher eingegangen wird.<br />
Nach <strong>de</strong>m Abschluß <strong>de</strong>r Wett.erbeobachtungen durch M ARsTRAND im Jahr 1830 sind im<br />
weiteren Verl auf <strong><strong>de</strong>s</strong> 19. Jh. zunächst keine an<strong>de</strong>ren Klimameßre ihen im Raum um Donaueschingen<br />
<strong>und</strong> an<strong>de</strong>ren Te ilen <strong>de</strong>r Baal' bekannt. HOPFGARTI ER berichtet zwar 1872 von<br />
Wetteraufzeichnungen e ines Forstinspektors G EB HARD, die vor seinen, im Jahr 1871 aufgenommenen<br />
Beobachtungen durchgeführt wor<strong>de</strong>n sein müssen. Er geht auf diese jedoch in<br />
seinem Aufsatz nicht näher e in <strong>und</strong> mi ßt ihnen unter an<strong>de</strong>rem aufg r<strong>und</strong> un vollständiger<br />
Angaben übe r di e genauen Meßbedingungen im Stati on. umfe ld keinen großen klimato<br />
logischen Wert bei (HOPFGART ER 1872, S. 188). Auch im Fürstlich Fürstenberg ischen<br />
Hofarchi v in Donaueschingen, in <strong>de</strong> m sehr umfangre iche naturwissenschaftli che <strong>und</strong><br />
ge chi chtliche Dokumente <strong>de</strong>r Region aufbewahrt sind, fin<strong>de</strong>n sich we<strong>de</strong>r e ntsprechen<strong>de</strong><br />
Veröffentlichungen noch Orig inalaufzeichnungen. HOPFGART ER selbst, seines Ze ichens<br />
Fürstl ich Für tenbergischer Domänenrat, führte zwischen 187 1 <strong>und</strong> 1883 in Donaueschingen<br />
<strong>de</strong>taillierte <strong>und</strong> fachli ch f<strong>und</strong>ierte Wetterbeobachtungen durch, d ie unter an<strong>de</strong>rem tägliche<br />
TemperarUlmessungen zu <strong>de</strong>n "Mannheimer St<strong>und</strong>en" umfaßten. Se ine Veröffentlichung aus<br />
<strong>de</strong>m Jahr 1895, in <strong>de</strong>r HOPFGARTNER die Ergebnisse sei ner dreizehnjährigen Beobachtungsreihe<br />
analysiert <strong>und</strong> umfangreiches Datenmateri al zu <strong>de</strong>n von ihm gemessenen <strong>und</strong> beobachteten<br />
Klimaelementen zusammenstellt, kann als erste wissenschaftliche Abhandlung zum Klima<br />
<strong>de</strong>r Baar im e igentlichen Sinne gelten (vgl. HOPFGART ER 1885). Auf di e entsprechen<strong>de</strong>n<br />
Temperaturmeßwel1e wi rd im weiteren Verl auf <strong>de</strong>r Untersuchungen trotz <strong><strong>de</strong>s</strong> vergleichsweise<br />
kurzen, dreizehnjährigen Beobachtungszeitraums noch zu rückgegriffen.<br />
Bereits am En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> vergangenen Jahrh<strong>und</strong>erts wur<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r Baar - zumei t initiiert durch<br />
die Bad ische Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>wetterwarte in Karl sruhe - die ersten amtlichen Klima tationen eingeri<br />
chtet. So nahm die Stati on Donaueschingen 1869 ihre Messungen auf, die, von kle ineren<br />
Unterbrechungen während <strong><strong>de</strong>s</strong> 2. Weltkriegs abgesehen, d urchgehend bi s heute besteht.<br />
A llerdings än<strong>de</strong>rte sich im Laufe <strong>de</strong>r Zeit ihr Standort innerhalb <strong><strong>de</strong>s</strong> Stadtgebiets mehrfach.<br />
In Villingen wur<strong>de</strong> ebenfa lls En<strong>de</strong> 1869 di e erste amtliche Klimastation e ingerichtet. Von<br />
be i<strong>de</strong>n Stati onen li egen die Daten jedoch erst ab 188 1 vor. In <strong>de</strong>n darauffolgen<strong>de</strong>n Jahren<br />
wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Region weitere Stationen aufgebaut, so etwa in DUn'heim (zu die er Zeit noch
128<br />
nicht "Bad"). K önigs feld. Ronwe il <strong>und</strong> Tuttlingen, <strong>de</strong>ren Zeitreihen zwar zum Teil ebenfalls<br />
bis zum En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> 19. Jh . zurLickreichen. j edoch mitunter erhebliche M eßlücken aufweisen.<br />
Eine durchgehen<strong>de</strong> Temperatl11ll1 eßreihe liegt in<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r Station Klippeneck vor. die j edoch<br />
erst im Jahr 1928 beginnt.<br />
3. Analyse von Temperaturzeitreihen<br />
Bei <strong>de</strong>r ntersuchung <strong>de</strong>r Temperaturentw icklung au f <strong>de</strong>r Baar kommt vor allem <strong>de</strong>n Stationen<br />
Donaueschingen <strong>und</strong> Villingen eine beson<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung zu . Von bei<strong>de</strong>n Orten stehen<br />
standardisierte <strong>und</strong> homogenisierte Temperaturzeitreihen zur VerfLigung, die j eweils bi s ins<br />
Jahr 188 1 zurückreichen. Einige DatenlLicken <strong>de</strong>r Station Donaueschingen in <strong>de</strong>n Krieg -<br />
<strong>und</strong> l achkriegsj ahren 194 1 - 1947 <strong>und</strong> 1951 / 1952 konnten hierbei durch entsprechen<strong>de</strong><br />
Angaben von Vi 11 ingen gesch lossen wer<strong>de</strong>n. Dadurch läßt sich <strong>de</strong>r Temperaturverlauf in <strong>de</strong>n<br />
sLidlichen (Donaueschingen) <strong>und</strong> nördlichen Bereichen <strong>de</strong>r Baal' ( Villingen) sei t <strong>de</strong>m<br />
ausgehen<strong>de</strong>n 19. Jh . durchgehend nachvollziehen. Die Ostbaar wird durch die, wenn auch<br />
nur vergleichsweise kurze Datenreihe <strong>de</strong>r Station Klippeneck repräsentiert. Auf <strong>de</strong>r Bas is<br />
dieser <strong>und</strong> an<strong>de</strong>rer. teilweise weniger langer Klimazeitreihen, läßt sich die Entwicklungsgeschichte<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Klimas auf <strong>de</strong>r Baar fLir die letzten 100 Jahre recht <strong>de</strong>tailliert rekonstruieren.<br />
nter Berücksichtigung gewisser Einschränkungen in bezug auf die Reprä entanz einiger<br />
kLirzerer M eßreihen läßt sich sogar ein Zeitraum von fast 200 Jahren Liberblicken.<br />
3.1. Verlauf <strong>de</strong>r jährlichen Durchsc hn ittstemperaturen<br />
Die Abb. I ze igt <strong>de</strong>n Verl auf <strong>de</strong>r j ährlichen Durch chnitt temperaturen <strong>de</strong>r Klimastationen<br />
Donaueschingen. Villingen <strong>und</strong> Klippenec k. DarLiber hinau s ist j eweils eine 10- <strong>und</strong> 30-<br />
jährige Gauß'sche Tiefpaßfilterung. durch die verschie<strong>de</strong>ne WanTI- <strong>und</strong> K altphasen beson<strong>de</strong>rs<br />
hervorgehoben wer<strong>de</strong>n, 'owie eine lineare <strong>und</strong> quadratische Regress ionskurve eingezeichnet.<br />
Die Di fferenz <strong>de</strong>r 30-j ährigen Tiefpaßfi lterung gegenLiber <strong>de</strong>m langjährigen Mittelwert, <strong>de</strong>r<br />
als waagrec hte Linie ebenfalls dargestellt ist. w ird zu sätzlich durch eine Schraffur hervorgehoben.<br />
Dadurch heben sich kältere <strong>und</strong> wärmere Peri o<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utlich voneinan<strong>de</strong>r ab.<br />
Au <strong>de</strong>m Verlauf <strong>de</strong>r linearen Regress ionsgera<strong>de</strong>n geht hervor, daß alle drei Stationen einen<br />
positiven Temperaturtrend ze igen. Das A u maß dieser Erwärmung <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren zeitlich differenzierte<br />
Ent wicklung in <strong>de</strong>r Vergangenheit zeigt an <strong>de</strong>n Stationen Donaueschingen, Villingen<br />
<strong>und</strong> Klippeneckjedoch im Detail einige nterschie<strong>de</strong>. An <strong>de</strong>r Klima tati on Donaueschingen<br />
wur<strong>de</strong> <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Zeitraum zwischen 188 1 <strong>und</strong> 1990 eine Temperaturzunahme von r<strong>und</strong> 1,0 oe<br />
ellllittelt (vgl. Abb. I a). Dieser lineare Trend vollzog sich dabei nicht kontinuierlich, son<strong>de</strong>lll<br />
piegelt eine wech elhafte Klimageschichte w i<strong>de</strong>r, in <strong>de</strong>r wänTIere <strong>und</strong> kältere Perio<strong>de</strong>n<br />
einan<strong>de</strong>r abl östen. Die I O-jährige <strong>und</strong> 30-j ährige Gauß'sche Tiefpaßfilterung machen diese<br />
Phasen <strong>de</strong>utlich. Das En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> 19. Jh. war in Donaue chingen <strong>de</strong>mnach durch eine beson<strong>de</strong>rs<br />
kalte Klimaepoche gepräg t. Die Temperaturen erreichten im Minel die ti efsten Werte <strong>de</strong>r<br />
gesamten Zeitreihe, <strong>und</strong> 1887 wur<strong>de</strong> mit einer jährlichen Durchschnittstemperatur von 5,0 oe<br />
da absolute Minimum <strong>de</strong>r zugr<strong>und</strong>e liegen<strong>de</strong>n 110 Jahre erreicht. ach einem vorübergehen<strong>de</strong>n<br />
Temperaturanstieg bis kurz vor <strong>de</strong>r Jahrh<strong>und</strong>ertwen<strong>de</strong> gingen die Temperaturen bi s<br />
etwa 1908 ellleut zurLick, ohne j edoch das iveau um 1890 zu erreichen.<br />
ach diesem Zeitpunkt stellte sich eine allmähliche Erwärmung ein, die, von kleineren<br />
nterbrechungen um 19 18, 1930 <strong>und</strong> 1940 abgesehen, bis in die Mitte <strong><strong>de</strong>s</strong> Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
anhielt. In diesem Zeitraum erreichten die Temperaturen in Donaue 'chingen im Mittel die<br />
höchsten Werte <strong>de</strong>r dargestellten 11 0 Jahre, was sowohl aus <strong>de</strong>m Verlauf <strong>de</strong>r I O-j ährigen als<br />
auch <strong>de</strong>r 30-j ährigen Gauß'schen Tiefpaßfilterung <strong>de</strong>utlich hervorgeht. Bis zum Anfang <strong>de</strong>r<br />
siebziger Jahre setzte ein rückläufiger Temperarurtrend ein, <strong>de</strong>r von sek<strong>und</strong>ären Fluktuationen
129<br />
überl agert war. Seit die em Zeitpunkt ist eine neuerliche Erwärmung zu beobachten, di e am<br />
En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r achtziger Jahre ihren bi sheri gen Höhepunkt fand. So war das Jahr 1988 mit einer<br />
Jahresdurchschnittstemperatur von 8.0 oe das wärmste <strong>de</strong>r II O-jährigen Ze itre ihe an <strong>de</strong>r<br />
Station Donaue chingen. Seither wur<strong>de</strong> jedoch 1992 mit 8,0 oe nochmals <strong>de</strong>r gleiche Wert.<br />
1994 mit 9,0 oe sogar e in noch <strong>de</strong>utlich höhere Temperarumiveau erreicht. Insgesamt ergibt<br />
sich <strong>für</strong> die Temperaturzeitre ihe zwischen 188 1 <strong>und</strong> 1990 ein Mitte lwel1 von 6,5 oe.<br />
20 ~----------------------------------------------------------------~<br />
15 ~------------------------------~~~~~~~----------------------~<br />
10~--------------------~~~~------------------~~--------------4<br />
Jan. Feb. Mrz Ap
130<br />
peraturen bis etwa 1908 erneut leicht zurück. Erst danach i t bi s zur Mitte dieses Jalu'h<strong>und</strong>erts<br />
eine nachh altige Erwärmung zu verzeichnen, die allerdings um 19 14, 1930 <strong>und</strong> 1940 durch<br />
kürzere kältere Perio<strong>de</strong>n unterbrochen w ird. Die Temperaturzunahme w ird j edoch zusätzlich<br />
durch eine Stationsverlegung im Jahr 192 1 verstärkt. die im Rahmen <strong>de</strong>r Homogenisierung<br />
<strong>de</strong>r Datenreihe in Erscheinung trat.<br />
Grad C<br />
8.0<br />
7.5<br />
7.0<br />
6.5<br />
6.0<br />
55<br />
50<br />
4 .5<br />
1900<br />
,<br />
1920 1940 1960 1980<br />
--Jahresmittel<br />
10-jähr. Gauß·s.<br />
Tiefpaßfilterung<br />
30-jähr. Gauß's. __ linearer/quadr. Trend<br />
-- Tiefpaßfilterung<br />
Abb. 1 b: Verlauf<strong>de</strong>rjährlichen Durchschnitlstemperaturen,<strong>de</strong>r Werte <strong>de</strong>r 10- <strong>und</strong> 30-jährigen Gauß' chen<br />
Tiefpaßfilterung sowie <strong><strong>de</strong>s</strong> linearen Lind quadrati schen Trends an <strong>de</strong>r Klimastation Villingen von 188 1<br />
- 1990 (Que lle: Eigener Entwurf. Datengr<strong>und</strong>lage: Deutscher Wellerd ienst)<br />
Um 1950 erreichen die j ährlichen Durchschnillstemperaruren im Mittel ihre höchsten Werte<br />
innerhalb <strong><strong>de</strong>s</strong> I1 O-jährigen Untersuchungszeitraums. Ab diesem Zeitpunkt verzeichnen die Temperaruren<br />
einen leicht rückläufigen Trend, <strong>de</strong>r in Villingen etwas an<strong>de</strong>rs als in Donaueschingen,<br />
bereits um 1960 seinen Tiefstpunkt en·eicht. Von da an zeichnet sich bi in die Mitte <strong>de</strong>r siebziger<br />
Jahre eine erneute leichte Erwärmung ab. Zwischen 1975 <strong>und</strong> 1985 ist ein erneuter<br />
Temperaturrückgang zu beobacht en, <strong>de</strong>r jedoch durch drei aufeinan<strong>de</strong>rfolgen<strong>de</strong>, außergewöhnl<br />
ich mi I<strong>de</strong> Jahre am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Datenreihe <strong>de</strong>utl ich unterbrochen w ird. Die Jahre 1989<br />
<strong>und</strong> 1990 weisen mit einer jährlichen Durchschnitlstemperatur von j eweils 7,7 oe dadurch<br />
auch das absolute M ax imum <strong><strong>de</strong>s</strong> gesamten Beobachtungszeitraums auf. Der Mittelwert aller<br />
11 0 Jahre liegt in Villingen bei 6,3 ° <strong>und</strong> damit um 0,2 oe unter <strong>de</strong>m von Donaueschingen.<br />
Insgesamt zeichnet sich <strong>für</strong> die Station Vi 11 ingen zwi chen 188 1 <strong>und</strong> 1990 auf <strong>de</strong>r Basi einer<br />
linearen Regress ion eine Zunahme <strong>de</strong>r Jahresdurchschnitt temperaturen von etwa 1,5 oe ab.<br />
Bei einer Standardabweichung <strong>de</strong>r Temperatur von 0,75 oe ergibt sich darau ein Trend<br />
Rau ch- Verhältnis von 2,0. Dies entspricht einem Signifikanznivea u von 95 % - ein recht<br />
hoher Wert. <strong>de</strong>r auf eine vergleichsweise große Signifikanz <strong>de</strong>r Temperaturerhöhung hin<strong>de</strong>utet.
131<br />
Ähnliche zeigt auch <strong>de</strong>r Korrelationskoeffizient zwischen <strong>de</strong>r jährlichen Durchschnitt temperatur<br />
<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Jahreszahl mit 0,59 an (vgl. Tab. 1). Bei <strong>de</strong>r Interpretation dieses Ergebnisse<br />
gilt es jedoch die Stationsverlegung im Jahr 1921 zu berücksichtigen. Diese hat in <strong>de</strong>n Folgejahren<br />
zu ei ner zusätzlichen Temperaturerhöhung beigetragen - eine größere Spanne zwischen<br />
<strong>de</strong>n kältesten Pel;o<strong>de</strong>n am Anfang <strong>de</strong>r Meßreihe <strong>und</strong> <strong>de</strong>n wrumeren nach 1921 ist die Folge.<br />
Dadurch ist zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t e in Teil <strong><strong>de</strong>s</strong> positiven Temperaturtrend <strong>und</strong> <strong>de</strong>r damit verb<strong>und</strong>enen<br />
relativ hohen Signjfikanz <strong><strong>de</strong>s</strong> Temperatursignals auf Verän<strong>de</strong>rungen im unmittelbaren Umfeld<br />
<strong>de</strong>r Station zurückzuführen.<br />
Grad C<br />
8.0<br />
7.5<br />
7.0<br />
6.5<br />
6.0<br />
5 .5<br />
5.0<br />
4 .5<br />
--Jahresmittel<br />
1900<br />
1920 1940 1960 1980<br />
10-jahr. Gauß's. 30-jahr. Gauß's.<br />
--Tiefpaßfilterung --Tiefpaßfilterung -- linearer/quadr. Trend<br />
Abb. I c: Verlauf <strong>de</strong>r jährl ichen Durch chninstemperalUren,<strong>de</strong>r Werte <strong>de</strong>r 10- <strong>und</strong> 3D-jährigen Gauß'schen<br />
Tiefpaßfillerungsowie<strong><strong>de</strong>s</strong> linearen <strong>und</strong> quadratischen Trends an<strong>de</strong>r Klimastation Klippeneck von 1928<br />
- 1990 (Quelle: Eigener Entwurf, Datengr<strong>und</strong>lage: Deutscher Wetterdienst)<br />
Die Temperaturzeitreihe <strong>de</strong>r Station Klippeneck reicht nur bis 1928 zurück (vgl. Abb. I c).<br />
Auf <strong>de</strong>n ersten Blick ergeben sich eini ge Unterschie<strong>de</strong> zur Klimaentwicklung von Donaueschingen<br />
<strong>und</strong> Villingen. Eine genauere Analyse zeigt jedoch, daß die e vor a ll em auf <strong>de</strong>n<br />
wesentli ch kürzeren Beobachtung zeitraum <strong>und</strong> damit verb<strong>und</strong>en, auf eine an<strong>de</strong>re Datenbasis<br />
zurückzuführen si nd . Dadurch beruht das Temperaturmittel <strong>de</strong>r Statjon auf <strong>de</strong>n Jahres werten<br />
jener Jah.rzehnte die in Donaueschingen <strong>und</strong> VilJingen durch positive Temperaturtrends geprägt<br />
sind. Di es hat einen vergleichsweise hohen Durchschnittswert zur Folge, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Abb. I c<br />
durch eine entsprechen<strong>de</strong> Achse kältere <strong>und</strong> wärmere Perio<strong>de</strong>n voneinan<strong>de</strong>r trennt. Somit<br />
erscheinen einige Zeitabschnitte, die im Mittel seit <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> letzten Jahrh<strong>und</strong>erts eigentlich<br />
als überdurchschnittlich warm eingestuft wür<strong>de</strong>n. auf <strong>de</strong>m Klippeneck als zu kalt.
132<br />
nter Berücksichtigung dieses Sachverhalt5 zeigt die Temperaturkurve <strong>de</strong>r Station Klippeneck<br />
einen weitgehend ähnlichen Verlaufwie in Donauesc hingen <strong>und</strong> Villingen. Um 1950 stellt<br />
ich auch dort das bisherige Temperaturmaximum <strong>de</strong>r Zeitreihe ein, die sowohl aus <strong>de</strong>r 10-<br />
jährigen als auch au. <strong>de</strong>r 30-jährigen Gauß'schen Tiefpaßfilterung <strong>de</strong>utlich hervorgeht. Anschließend<br />
setzt bis Anfang <strong>de</strong>r siebziger Jahre eine negati ve Temperaturenrwicklung ein, die<br />
von diesem Zeitpunkt an bis 1990 in ei ne allmähliche Erwärmung übergeht. Damit ist <strong>de</strong>r<br />
Kurvenverlauf <strong><strong>de</strong>s</strong> Klippenecks sehr gut mit <strong>de</strong>m von Donaueschingen vergleichbar, während<br />
Villingen seit etwa 1975 eher wie<strong>de</strong>r einen leicht rückläufigen TemperatUltrend zu verzeichnen<br />
hat. Mit 4.6 oe fällt das Minimum <strong>de</strong>r Zeitreihe auf das Jahr 1956, das Maximum mit 7.7 oe<br />
auf 1989. Insge amt ergibt sich <strong>für</strong> die Station <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Zeitraum von 1928 - 1990 bei einem<br />
durchschnittlichen Jahresmittel von 6,3 oe eine lineare Temperaturzunahme von ca. 0.1 oe.<br />
Mit ei ner Standardabweichung von 0.72 oe läßt sich hieraus ein Trend-Rau ch-Verhältnis<br />
von 0, 14 <strong>und</strong> damit ein statisti sch völlig unzureichen<strong><strong>de</strong>s</strong> Signifikanzniveau von nur 10 %<br />
ableiten. Auf ähnliche <strong>de</strong>utet auch <strong>de</strong>r Korrelat ionskoeffizient zwisc hen jährlicher Durchsc<br />
hnitt tem peratur <strong>und</strong> Jahreszahl von 0,05 hin (vgl. Tab. I).<br />
1990<br />
1980<br />
1970<br />
1960<br />
1950<br />
1940<br />
1930 16<br />
1920<br />
1910<br />
1900<br />
1890<br />
Jan. Feb. Mrz. Apr. Mai Jun. Jul. Aug. Sep. Okt. Nov. Dez.<br />
Abb. 2: Darstellung <strong>de</strong>r jahreszeitlich diffcrcnzierten Temperalllrcnlwicklung an <strong>de</strong>r Klimastalion<br />
Donaucschingen von 18 I - 1990 (Quclle: Eigencr Entwurf, Dalengr<strong>und</strong>lagc: Dcutscher Wetterdienst)
133<br />
3.2. Ja hreszeitliche Unterschie<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Temperaturentwicklung<br />
Bei einer genaueren jahreszeitlichen Analyse <strong>de</strong>r Temperaturverän<strong>de</strong>rungen auf <strong>de</strong>r Baar<br />
wird <strong>de</strong>utlich, daß sich die bei <strong>de</strong>n Jahresmitteln zu beobachten<strong>de</strong> allgemeine leichte Erwärmung<br />
nicht in allen Monaten gleicherm aßen wi<strong>de</strong>rspiegelt. Di e Abb. 2 zeigt dies <strong>für</strong> die<br />
Station Donaueschingen im Zeitraum von 188 1 - 1990 durch e ine in dieser Form neu entwickelte<br />
Darstellung einer Temperaturzeitreihe, aus <strong>de</strong>r gleichzeitig die entsprechen<strong>de</strong> jahreszeitliche<br />
Differenzierung hervorgeht. Die Grafik wur<strong>de</strong> mit Hi lfe <strong><strong>de</strong>s</strong> Programms SURFER<br />
generiert, mit <strong>de</strong>m vor all em räumliche Interpolationen <strong>für</strong> digitale Gelän<strong>de</strong>mo<strong>de</strong>lle durchgefü<br />
hrt wer<strong>de</strong>n können. Ein entsprechen<strong>de</strong>r Aufbau liegt auch <strong>de</strong>m Entwurf <strong>de</strong>r Abb. 2 zugr<strong>und</strong>e.<br />
Die Darstellung basiert auf <strong>de</strong>n einzelnen monatlichen Durchschnitt werten <strong>de</strong>r TempeTatur<br />
all er BeobachlUngsjahre <strong>de</strong>r Zeitreihe. Sie wur<strong>de</strong>n, ähnlich wie be i <strong>de</strong>n Höhenkoten eines<br />
Gelän<strong>de</strong>mo<strong>de</strong> ll s, in einer <strong>für</strong> das Programm SURFER lesbaren FOlln aufgebaut. Daraus lassen<br />
sich die Temperaturwerte <strong>für</strong> ein dichtes, fl ächen<strong>de</strong>cken<strong><strong>de</strong>s</strong> Gitternetz berechnen, das aus<br />
110 Zeilen (= Anzahl <strong>de</strong>rJahre) <strong>und</strong> 120 Spalten (= Anzahl <strong>de</strong>r Monatex 10) aufgebaut ist.<br />
Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage können mit <strong>de</strong>m Programm entsprechen<strong>de</strong> fsolinien berechnet wer<strong>de</strong>n.<br />
Dabei kam bei <strong>de</strong>r Interpolation das sogenannte Kriging-Verfahren zur Anwendung, <strong><strong>de</strong>s</strong>sen<br />
Ergebnisse durch eine zusätzliche Gl ättung <strong>de</strong>r Linien ("smooth" -Funktion) optimiert wur<strong>de</strong>n.<br />
Die Darstellung zeigt die kontinuierli che Zunahme <strong>de</strong>r Temperaturen im Winter, die durch<br />
eine rückläufige Häufigkeit von Werten unter -2 oe am linken <strong>und</strong> rechten Bi ldrand zum<br />
Ausdruck kommt. In <strong>de</strong>n letzten 10 bi s 20 Jahren wird diese Ten<strong>de</strong>nz beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlich,<br />
treten doch zwischen Dezember <strong>und</strong> Januar selbst Durchschnittstemperaturen unter 0 oe immer<br />
seltener auf. Gleichzeitig wi rd eine lei chte Erwällllung im Somme r <strong>und</strong> Frühherbst <strong>de</strong>utlich,<br />
die vor allem im August <strong>und</strong> September zu beobachten i t - <strong>de</strong>r Temperarurbe reich über<br />
10 oe schel1 im Verlauf <strong>de</strong>r Zeitreihe immer mehr nach rechts aus. Im Frühjahr <strong>und</strong> Spätherbst<br />
macht sich hingegen e ine weitgehen<strong>de</strong> Konstanz <strong><strong>de</strong>s</strong> Temperatullliveaus zwischen 1881 <strong>und</strong><br />
1990 bemerkbar. Sie kommt durch <strong>de</strong>n fast parallelen <strong>und</strong> im Durchschnitt senkrechten Verlauf<br />
<strong>de</strong>r Isothermen zum Ausdruck, die nur kurzzeiti gen Schwankungen unterl iegen.<br />
Auch bei ei ner genaueren statisti schen Analyse zeigt sich di e 'e jahreszeitlich differenziel1e<br />
Klimaentwicklung an <strong>de</strong>r Station Donaueschingen, die vor a llem in <strong>de</strong>n Wintellllonaten durch<br />
eine vergleichsweise starke Temperaturzunahme gekennzeichnet ist. So erre icht <strong>de</strong>r lineare<br />
Trend im Januar innerhalb <strong>de</strong> betrachteten lI O-jährigen Zeitraums mit 1,9 oe sein Maxi mum,<br />
gefolgt vom Oktober mit 1,8 oe. Tab. I gibt die entsprechen<strong>de</strong>n Werte <strong>für</strong> die e inze lnen<br />
Monate wie<strong>de</strong>r. Zwischen Apri I <strong>und</strong> August ist ein <strong>de</strong>utl ich geringerer positiver Temperarurtrend<br />
zu beobachten. Im Juni e lTeicht er sogar mit -0, I oe einen negativen Wert - die Temperaturen<br />
verzeichneten in diesem Monat zwischen 188 I <strong>und</strong> 1990 e inen rückläufigen Trend.<br />
ach einer etwas stärkeren Temperaturzunahme in <strong>de</strong>n Monaten September <strong>und</strong> Oktober<br />
geht <strong>de</strong>r lineare Trend im November noch einmal auf e inen Wert von 0,6 oe zurück, bevor er<br />
zu seinem winterli chen Maximum ansteigt.<br />
Trotz <strong>de</strong>r mitunter sehr <strong>de</strong>utlichen Temperamrzunahme in einigen Monaten fällt die Signifikanz<br />
<strong>de</strong>r einzelnen Trends zumeist sehr gering aus <strong>und</strong> liegt durchweg unter einem kritischen Signifikanzniveau<br />
von 90 % (vgl. Tab. I). Dies ist vor allem auf die vergleichsweise hohen Standardabweichungen<br />
<strong>de</strong>r Temperatur zurückzuführen, die sich in <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Trend-Rausch<br />
Verhältnissen negativ auf das Signifikanzniveau nie<strong>de</strong>rschlagen. Das höchste Trend-Rausch<br />
Verhältnis zeigt mit 1,22 <strong>de</strong>r Monat Oktobe r. Daraus läßt sich e in Signifikanzniveau von<br />
78 % ableiten. Ln allen an<strong>de</strong>ren Monaten liegen die entsprechen<strong>de</strong>n Werte zum Teil <strong>de</strong>utlich<br />
unter 1,0 bzw. 68 % <strong>und</strong> weisen daher auf eine recht geringe Signiflkanz <strong><strong>de</strong>s</strong> Temperatursignals
134<br />
hin. Dabei sind die Trend-Rausch-Verhältnisse im Winterhalbjahr trotz <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utlich größeren<br />
Standardabweichungen <strong>de</strong>r Temperatur zumeist noch etwas höher als im Sommer. Tab. I<br />
gibt einen Überblick einiger wichtiger stati sti scher K enngrößen.<br />
Die unterschiedlich starken interannualen Schwankungen <strong>de</strong>r monatlichen Durchschni ttstemperaturen,<br />
die sich in <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Standardabweichungen wi<strong>de</strong>rspiege ln, gehen<br />
auch aus <strong>de</strong>m Temperaturverlauf <strong>de</strong>r ein zelnen Monate <strong>de</strong>utlich hervor. Während die Schwankungsbreite<br />
zwischen <strong>de</strong>n einzelnen Jahren in <strong>de</strong>n Wintermonaten zum Teil über 15 oe beträgt<br />
(Februar), geht sie im Sommer auf knapp 6 oe (August) zurück (vgl. Tab. I ). Die Abb. 2<br />
ver<strong>de</strong>utlicht dies. So stellt sich <strong>de</strong>r Verlauf <strong>de</strong>r Durchschnittstemperaturen im Winter zumeist<br />
wesentlich "unruhiger" dar als in <strong>de</strong>n Sommermonaten, zu erkennen an <strong>de</strong>n zah lreichen Aus<strong>und</strong><br />
Einbuchtungen <strong>de</strong>r Isolinien am linken (J anuar <strong>und</strong> Februar) <strong>und</strong> rechten Bildrand (Dezember).<br />
Die dabei zu beobachten<strong>de</strong>n kühleren <strong>und</strong> wäJmeren Phasen treten in <strong>de</strong>n einzel.nen<br />
Monaten nicht in <strong>de</strong>nselben Zeiträumen <strong>de</strong>r M eßreihe auf. Mitunter teilen sich die Trends<br />
sogar völlig gegensätzlich dar. So ist etwa <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utliche Rückgang <strong>de</strong>r Wer1e im November<br />
am Anfang dieses Jahrh<strong>und</strong>erts im Dezember mitunter durch einen Anstieg <strong>de</strong>r Temperaturen<br />
gekennzeichnet. Ab <strong>de</strong>n zwanziger Jahren kehren sich die Verhältnisse zum Teil genau um.<br />
Ähnliche Entwicklungsmuster lassen sich auch beim Vergleich an<strong>de</strong>rer M onate erkennen.<br />
Mitunter sind die Verläufe dabei j edoch nicht unbedingt gegenläufig son<strong>de</strong>rn lediglich<br />
verschoben, d.h. wärmere <strong>und</strong> kältere Epochen beginnen o<strong>de</strong>r en<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n jeweiligen Monaten<br />
j ewei Is früher o<strong>de</strong>r später.<br />
Tab. I: Stati sti che Kenngrößen <strong>de</strong>r Temperaturentwicklung in oe bei <strong>de</strong>n l ahresmitteln an <strong>de</strong>n<br />
Klimastationen Donaue chinge n ( 188 1 - 1990). Villingen ( 188 1 - 1990) <strong>und</strong> Klippeneck ( 1928<br />
- 1990) sowie <strong>für</strong>die einze lnen Monate in Donaueschingen (Mittel = Mittel <strong>de</strong>rZeitreihe, Max.<br />
= Maxi mum <strong>de</strong>rZeitreihe. Min. = Minimum <strong>de</strong>r Zeitreihe, Ampl. = Diffe renz zwischen <strong>de</strong>m<br />
Maximum <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Minimum <strong>de</strong>r Zeitreihe. Stab. = Standardabweichung, Lin. Tr. = linearer<br />
Trend, T./R. = Trend-Rausch-Verhältni s. Sig.n. = Signifikanzniveau, Korr. = Korrelati onskoeffizient<br />
zwi schen <strong>de</strong>n einzelnen l ahresmitteln <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Jahreszahl) (Quelle: Eigene Berechnungen.<br />
Datengr<strong>und</strong>lage: Deutscher Wetterdienst)<br />
Temperatur Zeitraum Minel Max. Min. Ampl. Stab Lin . T T.(R. Sig.n. Korr.<br />
Klippeneck Jahr 1928- 1990 6.3 7,7 4,6 3, 1 0,72 0.1 0. 14 10 0,05<br />
Vi I lingen Jahr 188 1- 1990 6.3 7,7 4.4 3.3 0,75 1,5 2,00 95 0,59<br />
Donauesch. Jahr 1881 - 1990 6.5 8.0 5,0 3,0 0,63 1,0 1,55 88 0,45<br />
Jan. 188 1- 1990 -2,7 2,3 -9.0 11 ,3 2,69 1.9 0.7 1 52 0,20<br />
Feb. 188 1- 1990 - 1.5 4. 1 11,4 15,5 2.89 1,5 0,50 38 0, 15<br />
Mrz 188 1- 1990 1,9 6, 1 -2,4 8.5 1,90 1,4 0,75 54 0,22<br />
Apr. 188 1- 1990 6,0 9,6 2,8 6,8 1,48 0,3 0,23 17 0,Q7<br />
Mai 188 1- 1990 10,7 14,4 7,0 7,4 1,43 0, 1 0,08 5 0,02<br />
Jun. 188 1- 1990 14,1 16,9 10,6 6,3 1,27 -0, I 0,09 6 -0,02<br />
lul. 1881 - 1990 15,9 19,9 12,7 7,2 1,33 0,5 0,37 28 0, 11<br />
Aug. 188 1- 1990 14,9 17,8 12.0 5,8 1,07 0,7 0,69 5 1 0,20<br />
Sep. 1881- 1990 11 ,7 15,6 6,9 8,7 1,46 1.4 0,93 65 0,27<br />
Okt. 188 1- 1990 6,8 10. 1 1,9 8,2 1,51 1,8 1.22 78 0,3 5<br />
OV. 188 1- 1990 2,0 5,8 - 1,7 7.5 1,45 0,6 0,40 3 1 0, 12<br />
Dez. 188 1- 1990 - 1,5 2,8 -7,6 10.4 2, 12 1.6 0.76 55 0,22
135<br />
Die Abb. 3 ver<strong>de</strong>utlicht die Entwicklung <strong><strong>de</strong>s</strong> Jahresgangs <strong>de</strong>r monatlichen Durchschnittstemperaturen<br />
an <strong>de</strong>r Klima tati on Donaueschingen auf <strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>r Mitte lwerte verschie<strong>de</strong>ner<br />
Zeiträume. Dabe i konnten trotz <strong>de</strong>r mitunter nicht ganz voll ständigen Temperaturangaben<br />
aus <strong>de</strong>n Jahrgängen zwischen 1802 <strong>und</strong> 18 13 bereit <strong>für</strong> einen Ze itraum am Anfang <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
19. 1h. monatliche Durchschnittswerte gebil<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Ähnliches gilt <strong>für</strong> die, wenn auch<br />
nur sehr kurze <strong>und</strong> daher weniger repräsentative Beobachtungsperio<strong>de</strong> von 1828 - 1830.<br />
Tage, an <strong>de</strong>nen in die en Zeiträumen die Temperarurangaben fehlten, gingen nicht in die<br />
Mittelbildung ein. Bei<strong>de</strong> Perio<strong>de</strong>n liegen in einer klimageschichtlichen Epoche, die in weiten<br />
Teil en Mitteleuropas durch einen zum Te il markanten Temperatun'ückgang gekennzeichnet<br />
war <strong>und</strong> sind daher <strong>für</strong> Vergleiche mit <strong>de</strong>n heutigen Verhältnis en von beson<strong>de</strong>rem Interesse<br />
(vgl. u.a. FRENZEL, FURRER U. LA ER 1989, M " LLER-WESTERMEIER 1992). Daneben enthält die<br />
Abb. 3 die mittleren Monatsdurchschnittstemperaturen <strong>de</strong>r Zeiträume 187 1 - 1883 (vgl. H OPF<br />
GART ER 1885) <strong>und</strong> 188 1 - 1900 sowie die <strong>de</strong>r klimatologi ehen Standardperio<strong>de</strong>n von 190 I<br />
- 1930, 193 1 - 1960 <strong>und</strong> 196 I - 1990. In Tab. 2 sind die entsprechen<strong>de</strong>n Mittelwerte <strong>de</strong>r einzelnen<br />
Zeiträume zu ammengefaßt.<br />
Grad C<br />
8.0<br />
7 .5<br />
7.0<br />
6 . 5i=th==~<br />
6.0<br />
5.5<br />
5.0<br />
4 .5<br />
1900 1920 1940 1960 1980<br />
-- Jahresmittel<br />
10-jähr. Gauß's. __ 30-jähr. Gauß's. __ linearer/quadr. Trend<br />
- - Tiefpaßfilterung Tiefpaßfilterung<br />
Abb. 3: Minlerer Jahresgang <strong>de</strong>r monatlichen Durchschnitrstemperaturen an <strong>de</strong>r Klimastation<br />
Donaue chi ngen in verschie<strong>de</strong>nen Zeiträumen (Que lle: Eigener Entwurf, Datengr<strong>und</strong>lage: Fürstlich<br />
Fürstenbergisches Hofarchi v Donaueschingen, HOPFGART ER 1885, Deutscher Wetterdienst)<br />
Trotz <strong>de</strong>r zum Teil unterschiedlichen Länge <strong>de</strong>r dargeste llten Beobachtungsreihen läßt sich<br />
erkennen, daß sich das Klima am Anfang <strong><strong>de</strong>s</strong> 19. Jh. auf <strong>de</strong>r Baar insgesamt wesentlich<br />
kühler zeigte als heute. So betrug das Jahresmittel zwischen 1802 <strong>und</strong> 18 13 5,9 oe, zwischen<br />
1828 <strong>und</strong> 1830 sogar nur 4,9 oe, während sich das aktuelle langjährige Mitte l <strong>de</strong>r Station
136<br />
Donaueschingen ( 196 1 - 1990) auf 6.8 oe beläuft. A uffällig sind dabei die im Vergleich zu<br />
<strong>de</strong>n heutigen Verhältnissen tiefen Durchsc hnittstemperaturen im ommer <strong>und</strong> in einigen<br />
Herb tmonaten. während ie insbeson<strong>de</strong>re im Frühling weitestgehend <strong>de</strong>m aktuellen iveau<br />
entsprechen. A m <strong>de</strong>utlichsten wird <strong>de</strong>r Temperaturzuwachs im Juli. Das entsprechen<strong>de</strong> M o<br />
natsmiltel betrug am Anfang <strong><strong>de</strong>s</strong> 19. Jh . ( 1802 - 18 13) in Donaueschingen noch 13, 1 oe, in<br />
<strong>de</strong>r jüngsten Perio<strong>de</strong> ( 1961 - 1990) wur<strong>de</strong>n hingegen 16. 1 oe erreicht. och gr ößere Temperaturunterschie<strong>de</strong><br />
ergeben ich zum Teil zwischen <strong>de</strong>r aktuellen St andardperio<strong>de</strong> <strong>und</strong> <strong>de</strong>m<br />
Zeitraum von 182 - 1830, die mit 4, I oe im August ihr Maximum verzeichnen (vgl. Tab. 2).<br />
Bereits am En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> 19. Jh . en'eichten die Durchschnittstemperaturen im Sommer <strong>und</strong> Herb, t<br />
in etwa das rezente Niveau. Seither traten die größten Verän<strong>de</strong>rungen vor allem während <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Willlers auf. In <strong>de</strong>n M onaten Dezember, Janu ar <strong>und</strong> Februar lagen die Temperaturen um die<br />
Jahrh<strong>und</strong>ertwen<strong>de</strong> zum Teil <strong>de</strong>utlich tiefer als heute. So verzeichnete <strong>de</strong>r Januar im Zeitraum<br />
188 1 - 1900 in Donaueschingen ein Temperaturmittel von -3,8 oe gegenüber -2,2 oe in <strong>de</strong>r<br />
Perio<strong>de</strong> 196 1 - 1990. Mit einer Durchschnitlstemperatur von -3,2 oe im Zeitraum 1871 -<br />
I 83 gegenüber - I , I oe in <strong>de</strong>r aktuellen St andard peri o<strong>de</strong> ergibt ich j edoch im Dezember<br />
mit einer Di fferenz von 2, I oe <strong>de</strong>r größte Temperaturzuwachs zwischen <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong> letzten<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>und</strong> <strong>de</strong>n rezenten Werten. Ähnliche Ergebnisse ze igen auch an<strong>de</strong>re Untersuchungen<br />
zur Temperaturentwicklung auf <strong>de</strong>r Baar (vgl. RElcHELT 1995 , S. 37ff.). Bei einem<br />
Vergleich jüngerer Zeiträume wird selbst bei <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Mitlelwerten <strong>de</strong>utlich, daß<br />
sich die Temperarurelllw icklung in <strong>de</strong>r Vergangenheit nicht kontinuierlich vollzog. Als Beispiel<br />
hier<strong>für</strong> läßt sich u.a. <strong>de</strong>r vorübergehen<strong>de</strong> Rückgang <strong>de</strong>r Durch 'chniuswerte im Janu ar <strong>und</strong><br />
Dezember zwischen <strong>de</strong>n Zeiträumen 190 I - 1930 <strong>und</strong> 193 1 - 1960 nennen. Ln einigen SommenTIonaten<br />
nahmen die Temperaturen im Laufe dieses Jahrh<strong>und</strong>erts im Minel <strong>de</strong>r einzelnen<br />
Standard perio<strong>de</strong>n sogar bi zum Zeitraum 196 1 - 1990 ab. Im M ärz. April, M ai <strong>und</strong> Juni<br />
\ ird die ' beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlich (vgl. Tab. 2).<br />
Insgesamt stellt sich die jüngste Peri o<strong>de</strong> 196 1 - 1990 nur in sechs Monaten <strong><strong>de</strong>s</strong> Jahre als die<br />
wänTI ste <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen dargestellten Zeiträume dar. Dabei han<strong>de</strong>lt es sich um <strong>de</strong>n Januar,<br />
Juli. Augu t. September. Oktober <strong>und</strong> Dezember. Im Sommer <strong>und</strong> Frühherbst sowie im Winter<br />
war die Erwärmung in <strong>de</strong>n vergangenen fast 200 Jahren auf <strong>de</strong>r Baar <strong>de</strong>mnach am stärksten.<br />
Mit 2.7 oe, 3,0 oe <strong>und</strong> 2.1 oe ist <strong>de</strong>r Temperaturzuwachs in <strong>de</strong>n M onaten Juni , Juli <strong>und</strong><br />
A ugust zwischen <strong>de</strong>m nfang <strong>de</strong> 19. Jh. ( 1802 - 18 13) <strong>und</strong> <strong>de</strong>r jüng ten tandardperio<strong>de</strong><br />
dabei am stärksten. Im Vergleich zu <strong>de</strong>n Mittelwerten <strong><strong>de</strong>s</strong> Zeitraums 1828 - 1830 sind die<br />
Differenzen zum Teil sogar noch größe r. In <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren M onaten <strong><strong>de</strong>s</strong> Jahres, die sich neben<br />
<strong>de</strong>m Februar <strong>und</strong> ovember vor allem auf das Frühjahr <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Frühsommer konzentrieren,<br />
verze ichnet die Peri o<strong>de</strong> 190 I - 1930, zu meist aber <strong>de</strong>r Zeitraum 193 1 - 1960 die höchsten<br />
Durch chnittstemperaturen (vgl. Abb. 3 <strong>und</strong> Tab. 2). Die e Entwicklung ging bereits aus<br />
<strong>de</strong>m Verl auf <strong>de</strong>r 10-j ährigen <strong>und</strong> 30-j ährigen Gauß'sc hen Tiefpaßfilterun g an <strong>de</strong>r Station<br />
Donaueschingen bei <strong>de</strong>n Jahresmitteln in Abb. I a <strong>und</strong> bei <strong>de</strong>r j ahreszeitlich differenziel1en<br />
Dar teilung in Abb. 2 <strong>für</strong> die einze lnen M onate hervor, die in <strong>de</strong>r Mitte dieses Jahrh<strong>und</strong>erts<br />
zumeist ebenfa lls die höchsten Temperaturwel1e im langjährigen Durchschnitt aufwiesen.<br />
Die Abb. 2 <strong>und</strong> Abb. 3 ver<strong>de</strong>utlichen darüber hinaus <strong>de</strong>n durchsc hnittlichen j ahreszeitlichen<br />
Gang <strong>de</strong>r Temperaturen an <strong>de</strong>r Klimastation Donaueschingen. Der Juli hebt ich in allen<br />
betrachteten Teilperio<strong>de</strong>n als wärm ster M onat <strong>de</strong> Jahre hervor. Im Januar sind die Temperaturen<br />
mit Ausnahme <strong><strong>de</strong>s</strong> Zeitraums 187 1 - 1883 j eweils am geringsten <strong>und</strong> liegen <strong>de</strong>utlich<br />
unter <strong>de</strong>m Gefrierpunkt. Auch die M onate Februar <strong>und</strong> Dezember sind durch negative Durchchnit1stemperaturen<br />
gekennzeichnet. Das frühe Erreichen <strong><strong>de</strong>s</strong> winterlichen TemperatunninimUl11<br />
s bereits im Januar <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> sommerlichen M ax imums im Ju li ver<strong>de</strong>utlicht die starke
137<br />
thermische Kontinentalität, durch die das Klima auf <strong>de</strong>r Baar gekennzeichnet ist. Hi erauf<br />
weist auch die verg leichsweise große Temperaturspanne zwischen diesen bei<strong>de</strong>n Monaten<br />
von bi s zu 19,6 oe ( 188 1 - 1900) hin. Im Mitte l <strong>de</strong>r aktue ll en Standardperio<strong>de</strong> von 1961 -<br />
1990 beträgt sie 18,3 oe (vgl. Tab. 2).<br />
Tab. 2: Mittlere monatliche Durchschniltstemperaturen [0C] an <strong>de</strong>r Klimastation Donaueschingen in<br />
verschie<strong>de</strong>nen Zeiträumen (Quelle: Eigene Berechn ungen, Datengr<strong>und</strong>l age: Fürstl ich Fürstenbergisches<br />
Hofarchiv Donaueschingen, HOPFGARTNER 1885. Deutscher Wetterdienst)<br />
Zeitraum Jan. Feb. Mrz Apr. Mai Jun. Jul. Aug. Sep. Okt. Nov. Dez. Jahr<br />
1803- 18 13 -2,9 -0,1 2,0 5,2 10. 1 11.6 13, 1 13,0 10.8 7.1 2.0 -1 ,2 5,9<br />
1828-1830 -4,8 -2.5 2,3 6.2 9.6 10,9 12.8 11.0 8.9 5,0 2.0 -2,6 4.9<br />
187 1-1883 -3, I - 1,0 1,7 5.8 9.4 13,9 15,9 14,9 11.4 6,2 1,3 -3,2 6. 1<br />
1881- 1900 -3 ,8 -2.0 1,2 5.9 10.3 14.2 15.8 147 11 ,4 6,2 2.3 -2,4 6.2<br />
1901- 1930 -2,5 -2. 1 1,7 5.7 11 , 1 14,0 1-,8 14,7 11,2 6.5 1,5 -1 ,3 6,4<br />
?~<br />
193 1- 1960 -2,9 - 1,3 2,4 6.3 10,7 14.3 16.1 15,0 12, 1 6,7 _,.J -1,4 6.7<br />
196 1- 1990 -2,2 -0.9 2,2 6,0 10.5 13,9 16. 1 15,1 12.2 7,6 2,2 - 1.1 6,8<br />
Mittel -3, I - 1,4 1,9 5,9 10,3 13.2 15, 1 14,0 11 , 1 6,5 1,9 - 1,9 6. 1<br />
Maximum -2,2 -0. 1 2,4 6.3 11,1 14,3 16, 1 15, 1 12,2 7,6 2,3 - 1, 1 6,8<br />
Minimum -4,8 -2,5 1,2 5,2 9.4 10,9 12.8 11,0 8,9 5,0 1,3 -3,2 4,9<br />
Ampliru<strong>de</strong> 2,6 2,3 1.2 1,1' 1,8 3,5 3,3 4, 1 3,3 2,7 1,0 2, 1 1,9<br />
Sta.abw. 0.80 0.75 0,39 0,34 0,58 1.30 1,36 1,39 1,02 0,78 0,36 0,77 0,59<br />
4, Überregionaler Vergleich <strong>de</strong>r Temperaturentwicklung<br />
Die Klimastationen Donaueschingen, Vi ll ingen <strong>und</strong> Klippeneck zeigen trotz gewisser Differenzen<br />
im Bereich <strong>de</strong>r interannualen <strong>und</strong> kurzfristigen Temperaturschwankungen im langjährigen<br />
Mittel ( I O-jährige <strong>und</strong> vor allem 30-jährige Gauß'sche Tiefpaßfilterung) einen weitgehend<br />
ähnlichen Kurvenverl auf. Di es wird vor allem be i einem Vergleich <strong>de</strong>r jeweils bis<br />
1881 zurückre ichen<strong>de</strong>n Datenre ihen <strong>de</strong>r Stationen Donaueschingen <strong>und</strong> Villingen <strong>de</strong>utlich.<br />
Wie e in überregionaler Vergle ich zeigt, fügen sich die Stationen dabe i in e inen all gemeinen<br />
Trend ein , <strong>de</strong>r auch bei einer Vielzahl an<strong>de</strong>rer Orte zu beobachten ist. So zeigen etwa entsprechen<strong>de</strong><br />
Ze itreihenanalysen von Karlsruhe zahlreiche Parallelen zu <strong>de</strong>n Stationen auf <strong>de</strong>r Baar<br />
(vgl. MÜLLER-W ESTERMEIER 1992). Auch dort hebt sich am En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> vergangenen Jahrh<strong>und</strong>elt<br />
eine markante Kälteperio<strong>de</strong> hervor, von <strong>de</strong>ren Tiefpunkt um 1890 die Temperaturen ansteigen.<br />
Das erste Maximum dieser Erwärmung wird in Karl sruhe bere its um 1935 erreicht, e inem<br />
Zeitpunk1:, zu <strong>de</strong>m sich auf <strong>de</strong>r Baal' ebenfa ll s ein erster, wenn auch nur sek<strong>und</strong>ärer Höhepunkt<br />
<strong>de</strong>r Temperaturen eiJ1stellt. Das eigentliche Temperat1l11l1aximum <strong>de</strong>r Stationen Donaueschingen.<br />
Villingen <strong>und</strong> Klippeneck um 1950 stellt in Karl sruhe hingegen nur e ine sek<strong>und</strong>äre<br />
Fluktuation dar. Dort erreichen die jährl ichen Durchschnittstemperaturen nach e iner vorübergehen<strong>de</strong>n<br />
AbkühJung bis etwa 1940 erst am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Beobachtungsreihe 1990 ihre bisherigen<br />
Höchstwerte - sicherlich auch Ausdruck e ines zunehmen<strong>de</strong>n Stadteffekts (M üLLER-W ESTER<br />
MEIER 1992, S. 162 ff.).<br />
Genauere KOITelationsanalysen verschie<strong>de</strong>ner <strong>de</strong>utscher Stationen, bei <strong>de</strong>nen neben Karlsruhe<br />
auch Berlin, Bremen, Hohenpeißenberg <strong>und</strong> München Berücksichtigung fan<strong>de</strong>n, zeigen mit-
138<br />
unter recht <strong>de</strong>utliche Zusammenhänge zwischen <strong>de</strong>n ein zelnen Temperaturzeitre ihen. Di e<br />
Korrelationskoeffizienten betragen zwischen 0,86 (Karlsruhe / Hohenpeißenberg) <strong>und</strong> 0,57<br />
(Berlin / München). Aus <strong>de</strong>n Ergebnissen <strong>de</strong>r einzelnen Stationspaare geht hervor, daß insbeon<strong>de</strong>re<br />
die süd- <strong>und</strong> west<strong>de</strong>utschen Stati onen eine recht ähnliche Temperarurentwicklung<br />
aufzeigen. Nur Berlin weist eine vergleichsweise geli nge Korrelation mit <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Stationen<br />
auf (M üLLER-WESTERMEIER 1992 S. 16 1 f.) . Aus <strong>de</strong>n Ergebnissen dieser Untersuchungen läßt<br />
sich ableiten. daß di e K limastationen <strong>de</strong>r Baar im zu gr<strong>und</strong>e liegen<strong>de</strong>n Ze itraum e ine recht<br />
ähnliche Temperaturentwicklung zeigen, wie die meisten an<strong>de</strong>ren Stationen insbeson<strong>de</strong>re Süd<strong>und</strong><br />
West<strong>de</strong>utsch lands. Größere Unterschie<strong>de</strong> ergeben sich zumeist nur auf <strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>r<br />
einzelnen Jahreswerte <strong>und</strong> <strong>de</strong>r I O-jährigen Gauß'schen Tiefpaßfilterung, während sich sowohl<br />
die linearen Trends (unter Berücksichtigung jeweil s gleicher Zeiträume) als auch die Verl äufe<br />
<strong>de</strong>r 30-jähri gen Gauß'schen Tiefpaßfilterung weitgehend analog verhalten.<br />
o 10 20 30<br />
, I<br />
,<br />
I<br />
km<br />
Höhenstufen (m)<br />
D 0 - 200 ~ 200-500 ~ 500 - 700 ~ 700-1000 > 1000<br />
Abb. 4: Topographische Übersichtskarte von Ba<strong>de</strong>n-Württemberg mit <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n Temperaturkarten <strong>de</strong>r<br />
Zeiträume 193 1-1960 <strong>und</strong> 196 1- 1990 dargestellten Region (Que lle: Eigener Ent wurf, Kartographie:<br />
Mitlehner, Karlengr<strong>und</strong>lage: List, Großer Weltatlas 1975, S. 3)<br />
Durch die Analyse von Temperarurzeitreihen verschie<strong>de</strong>ner KJimastationen lassen sich letztlich<br />
jedoch nur die spezifischen klimageschichtl ichen Gegebenhe iten einzelner Orte miteinan<strong>de</strong>r<br />
vergleichen. Trotz <strong>de</strong>r damit verb<strong>und</strong>enen <strong>de</strong>taillierten zeitlichen Dokumentation von Klimaverän<strong>de</strong>rungen,<br />
lassen sich hieraus fl ächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong> überregionale räumliche Unterschie<strong>de</strong>
139<br />
njcht unmittelbar ableiten. Erst durch <strong>de</strong>n Entwurf von Klimakru1en <strong>für</strong> verschie<strong>de</strong>ne Zeiträume<br />
ist eine genauere Analyse <strong>de</strong>r Variationen <strong><strong>de</strong>s</strong> räumlichen Vel1eilungsmusters einzelner Klimaelemente<br />
möglich. Aus diesem Gr<strong>und</strong> wur<strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong> Temperaturkarten <strong>für</strong> die bei<strong>de</strong>n<br />
klimatologischen Standardperio<strong>de</strong>n 193 1 - 1960 <strong>und</strong> 1961 - 1990 entworfen. Die Karten basieren<br />
auf ei nem mehr o<strong>de</strong>r weni ger flächen<strong>de</strong>cken<strong>de</strong>n Stationsnetz, das in Deutschland<br />
zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t seit <strong>de</strong>n dreißi ger Jahren eine ausreichen<strong>de</strong> Dichte aufweist. Die dargestellten<br />
Klimakarten (vgl. Abb. 5 - 7) basieren dabei nicht auf einer einfachen Interpolation von<br />
Isolinien auf <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>lage dieses Stationsnetzes, son<strong>de</strong>rn auf einem computergestützten,<br />
numerischen Mo<strong>de</strong>ll.<br />
Die es Mo<strong>de</strong>ll beruht auf einer räumlich variablen, linearen Höhenregression <strong>de</strong>r Jahresmittel<br />
<strong>de</strong>r Lufttemperatur <strong>für</strong> di e angegebenen 30-jährigen Standardperio<strong>de</strong>n. Das Gr<strong>und</strong>prinzip<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Ansatze geht davon aus, daß die Temperaturen im langjährigen Mittel eine Abhängigkeit<br />
von <strong>de</strong>r Höhe zeigen. Sie las en sich daher als Funktion <strong>de</strong>r Höhenlage darstellen, wobei<br />
vereinfachend ein linearer funktionaler Zu ammenhang zwischen <strong>de</strong>r Höhe <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Jahresdurchschnirtstemperaturen<br />
angenommen wi rd . Darüber hinaus üben jedoch auch Parameter<br />
wie die Hangneigung <strong>und</strong> die Landnutzung bzw. unterschiedliche Vegetationstypen einen<br />
regionalen Einfluß auf das Klima aus. Sie fin<strong>de</strong>n aufgr<strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> relativ kleinen Maßstabes <strong>de</strong>r<br />
Kru1en jedoch keine Berücksichtigung.<br />
Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage wur<strong>de</strong>n mit Hilfe <strong><strong>de</strong>s</strong> vorhan<strong>de</strong>nen Stationsnetze <strong>für</strong> ganz Deutschland<br />
räumlich variable lineare Regressionsfunktionen <strong>für</strong> die bei <strong>de</strong>n Standardperio<strong>de</strong>n 193 1 - 1960<br />
<strong>und</strong> 1961 - 1990 ermittelt. Dabei fand eine Einteilung in 12 thermisch weitgehend homogene<br />
Teilgebiete statt. Die berechneten Regressionsfunktionen wur<strong>de</strong>n anschließend einer räumlichen<br />
Interpolati on unterzogen. Auf dieser Basi ließen sich die langjährigen Durchschnittstemperaturen<br />
<strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Stationen unter Berücksichtigung ihrer Höhenlage auf ein<br />
einheitliches Bezugsniveau umrechnen. Diese reduzie l1en Werte wur<strong>de</strong>n räumlich interpoliert.<br />
Schließlich konnten mit Hilfe eine r topographischen Höhendatei mit einem I km-Raster <strong>und</strong><br />
<strong>de</strong>n räumlich variablen, interpolierten Regressionsfunktionen die langjährigen Mittelwerte<br />
im tatsächlichen Höhenniveau tlächen<strong>de</strong>ckend berechnet wer<strong>de</strong>n (MÜLLER-WESTERMEIER 1995).<br />
Auf <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>lage die er computergestützten Interpolation mit räumlich variabler Höhenregression<br />
wur<strong>de</strong>n jeweils <strong>für</strong> die Standardperio<strong>de</strong>n 193 1 - 1960 <strong>und</strong>.! 961 - 1990 entsprechen<strong>de</strong><br />
Temperaturkarten generiert. Die Abb. 5 - 7 geben jeweils die mittlere Temperaturverteilung<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Jahres. <strong><strong>de</strong>s</strong> hydrologi chen Winterhalbjahres ( ovember - April) <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> hydrologischen<br />
Sommerhalbjahres (Mai - Oktober) <strong>für</strong> diese bei<strong>de</strong>n Zeiträume wie<strong>de</strong>r. Die Kru1en<br />
im Originalmaßstab I : 1.000.000 zeigen ei nen Ausschnitt von .100 km in West-Ost- <strong>und</strong><br />
75 km in ord-Süd-Au <strong>de</strong>hnung, in <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Zentrum die Baar liegt. Die Abb. 4 stellt <strong>de</strong>n<br />
entsprechen<strong>de</strong>n Kartenausschnitt in einer topographischen Übersichtskarte von Ba<strong>de</strong>n-Württemberg<br />
zur besseren Orientierung dar. Der Ausschnitt reicht <strong>de</strong>mnach in etwa von Freiburg<br />
im Westen bis nach Meßkirch im Osten <strong>und</strong> von <strong>de</strong>r Schweizer Grenze im Sü<strong>de</strong>n - die weißen<br />
Flächen stellen die sogenannte "Schaffhauser Insel" dar, die weit in <strong>de</strong>utsches Hoheitsgebiet<br />
hineinreicht - bis nach Balingen im or<strong>de</strong>n. Im äußersten Nordwesten wird die französi ehe<br />
Grenze berührt. im Südosten fast Konstanz.<br />
Die Karten <strong>de</strong>r jährlichen Temperaturverteilung in Abb. 5a <strong>und</strong> Abb. 5b zeichnen recht<strong>de</strong>ut.lich<br />
die Topographie <strong><strong>de</strong>s</strong> betreffen<strong>de</strong>n Raumes nach. Sowohl im Zeitraum von 1931 - 1960 als<br />
auch 1961 - 1990 hebt sich <strong>de</strong>r östliche Rand <strong><strong>de</strong>s</strong> Oberrheingrabens mit jährlichen Durchchnittstemperaturen<br />
von bis zu 1I oe von <strong>de</strong>n kühleren Mittelgebirgslagen <strong><strong>de</strong>s</strong> Südschwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong><br />
ab, wo die Temperaturen in <strong>de</strong>n Gipfellagen im Jahresmittel zum Teil bis auf 3 oe<br />
zurückgehen. Zur Baar hin ist eine leichte Temperaturzunahme zu verzei.chnen. Die Jahres-
140<br />
durchschnirtstemperaturen erreichen dort etwa 6 - 8 oe, in einigen höher gelegenen Regionen<br />
auch etwas darunter, um im Bereich <strong>de</strong>r Höhenlagen <strong>de</strong>r Schwäbi schen Alb weiter östl ich auf<br />
etwa 5 - 6 oe zu sinken. ach Südosten hebt sich die <strong>de</strong>utliche Temperaturzunahme im Einflußbereich<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Bo<strong>de</strong>n ees ab. Dort wer<strong>de</strong>n Werte von 7 - 10 oe erreicht. Aber auch kleinräumigere<br />
Strukturen <strong>de</strong>r Temperaturverteilung lassen sich in <strong>de</strong>n Karten erkennen. So zeichnet<br />
sich durch entsprechend höhere Durchschnittslemperaturen <strong>de</strong>r Verlauf einze lner Schwarzwaldtäler.<br />
die von <strong>de</strong>r oberrheinischen Tiefebene in <strong>de</strong>n Schwarzwald vorstoßen, ebenso ab,<br />
wie etwa das Donau- <strong>und</strong> eckartal.<br />
. ~<br />
•<br />
.""- ......,.. Mittleres Tagesmittel <strong>de</strong>r<br />
Lufttemperatur <strong><strong>de</strong>s</strong> Jahres<br />
(1931 - 1960)<br />
Temperaturen In "C<br />
~<br />
~<br />
• > 13.0<br />
12,1 - 13,0<br />
'Ion.~MiK,,'V<br />
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.-- 6,1<br />
.<br />
10,1 - 11 .0<br />
9,1 - 10,0<br />
8,1 - 9,0<br />
7,1 - 8,0<br />
- 7,0<br />
5,1 - 6,0<br />
4,1 - 5,0<br />
3,1 - 4,0<br />
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~ •<br />
A<br />
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•<br />
< 1,1<br />
N<br />
2,1 - 3,0<br />
1,1 - 2,0<br />
20 km<br />
Abb. 5a: Jährliche Durch chn itt stemperature n <strong><strong>de</strong>s</strong> Zeitraums 193 1 - 1960 (Que lle: Eigener Entwurf,<br />
Deutscher Wetterdi enst, Datengr<strong>und</strong>lage: Deutscher Wetterdienst)<br />
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Mittleres Tagesmittel <strong>de</strong>r<br />
Lufttemperatur <strong><strong>de</strong>s</strong> Jahres<br />
(1961 - 1990)<br />
Temperaturen In · C<br />
• > 13,0<br />
12, 1 -1 3,0<br />
•<br />
11 ,1 - 12,0<br />
10,1 - 11 ,0<br />
9,1 - 10,0<br />
8. 1 - 9,0<br />
7,1 - 8,0<br />
6,1 - 7,0<br />
5,1 - 6,0<br />
4,1 - 5,0<br />
3, 1 - 4.0<br />
2. 1 - 3.0<br />
1.1- 2.0<br />
•<br />
•<br />
< 1.1<br />
N<br />
A<br />
----------<br />
20 km<br />
( ......-..t_.._s..oon_<br />
Abb. 5b: Jährliche Durchschnittstemperaturen <strong><strong>de</strong>s</strong> Zei traums 196 1 - 1990 (Que lle: Eigener Entwurf,<br />
Deutscher Wette rdienst, Datengr<strong>und</strong>lage: Deutscher Wellerdienst )
141<br />
Ein Verg leich <strong><strong>de</strong>s</strong> räumlichen Vel1eilungsmusters <strong>de</strong>r jährlichen Durchschnitt temperaturen<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Zeitraums 1931 - 1960 <strong>und</strong> 196 1 - 1990 zeigt auf <strong>de</strong>n ersten Blick kaum Unterschi e<strong>de</strong>.<br />
Bei e iner genaueren Analyse lassen sich jedoch einige Verän<strong>de</strong>rungen erkennen, die zum Tei I<br />
auf recht unter chiedliche Temperatunrends in verschie<strong>de</strong>nen Regionen <strong><strong>de</strong>s</strong> Kal1enaus chnin<br />
hin<strong>de</strong>ut en. So ist im Bereich <strong>de</strong> Oberrheingraben <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Vorbergzone insgesamt e ine<br />
leichte Temperaturzunahme zwischen <strong>de</strong>n be i<strong>de</strong>n Perio<strong>de</strong>n auszumachen. 1m Bere ich <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
744 m hohen Hünerse<strong>de</strong>ls nordöstlich von Emmendingen wird dies beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlich. Die<br />
grün gekenn zeichneten Temperaturbereiche (6 - 8 0c) nehmen don zwischen <strong>de</strong>n Zeiträumen<br />
193 1 - 1960 <strong>und</strong> 1961 - 1990 zugunsten höher te mperien er gelber Flächen (8 - 10 Oe) ab.<br />
An<strong>de</strong>rs stellen sich die Verhältnisse im restlichen Kartenausschnitt dar. [m Südschwarzwald.<br />
auf <strong>de</strong>r Baar <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Schwäbi schen Alb sowie im Bo<strong>de</strong>nseegebiet ist zwischen bei <strong>de</strong>n Zeiträumen<br />
in <strong>de</strong>r Regel ein leichter Temperaturrückgang zu verzeichnen. So fällt insbeson<strong>de</strong>re<br />
nörd lich <strong>de</strong>r Baar ein Rückgang <strong><strong>de</strong>s</strong> Temperaturbereichs von 7 - 8 oe (grüngelb) zugunsten<br />
jährlichen Durch chnittstemperaturen von 6 - 7 oe (hellgrün) auf. [m Bereich <strong>de</strong>r Höhenlagen<br />
<strong>de</strong>r Südbaar <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Schwäbi schen Alb nimmt <strong>de</strong>r Ante il <strong><strong>de</strong>s</strong> kühleren Temperaturbereichs<br />
von 5 - 6 oe (grün) zu. Ähnliches läßt sich auch in <strong>de</strong>n Höhenlagen <strong><strong>de</strong>s</strong> Südschwarzwal<strong>de</strong><br />
<strong>und</strong> <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>nseeraum beobachten.<br />
Eine genauere Analyse <strong><strong>de</strong>s</strong> jahreszeitlichen Temperaturverh altens gibt näheren Aufschluß<br />
über <strong>de</strong>n im dargestellten Raum im Jahresminel insgesamt zu beobachten<strong>de</strong>n leicht rückläufigen<br />
Trend <strong>de</strong>r Durchschnittstemperaturen. Hierzu wer<strong>de</strong>n da hydrologische Winrerhalbjahr<br />
( ovember - April) <strong>und</strong> das hydrologische Sommerhalbjahr (Mai - Oktober) <strong>für</strong> die be i<strong>de</strong>n<br />
Standardperio<strong>de</strong>n 193 I - 1960 <strong>und</strong> 196 1 - 1990 geson<strong>de</strong>rt dargeste llt. Di e Abb. 6a <strong>und</strong><br />
Abb. 6b zeigen die ent prechen<strong>de</strong>n Kanenausschnitte <strong>für</strong> da Winterhalbjahr. Daraus geht im<br />
Einflußbereich <strong><strong>de</strong>s</strong> ObelTheingraben eine leichte Temperaturzunahme hervor. Diese tritt vor<br />
allem im Umfeld <strong><strong>de</strong>s</strong> Hünerse<strong>de</strong>ls nordöstlich von Emmendingen <strong>und</strong> in e inigen Schwarzwaldtälern<br />
wie <strong>de</strong>m Elz- <strong>und</strong> Kinzigtal durch einen Übergang von <strong>de</strong>m he llblau markierten<br />
Temperaturbereich (2 - 3 0c) zum wärmeren dunkelgrünen Skalenbereich (3 - 4 Oe) in Erscheinung.<br />
In gesamt reicht die winterli che Temperaturspanne in <strong>de</strong>n tiefen Lagen <strong>de</strong><br />
Oberrheingrabens von 3 - 6 oe.<br />
[n <strong>de</strong>n Höhenlagen <strong><strong>de</strong>s</strong> Südschwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong> lassen ich zwischen <strong>de</strong>n betrachteten Zeiträumen<br />
kaum thermische Unterschie<strong>de</strong> erkennen. In einigen Bereichen <strong>de</strong>utet sich a llenfalls eine geringfügige<br />
Abkühlung an, wie etwa im Gebiet um <strong>de</strong>n Belchen ( 14 14 m) südlich von Freiburg.<br />
Die Temperaturen elTeichenjeweils Wene zwi chen -2 oe <strong>und</strong> 0 oe. Wei ter nach Osten zeigt<br />
sich eine recht heterogene Temperaturentwicklung. So ist die östliche Schwarzwaldabdachung<br />
bi zur Baar zum Teil durch eine leichte Temperaturzunahme von einer Skaleneinheit gekennzeichnet.<br />
Mitunter sind die Verän<strong>de</strong>rungen jedoch sehr gering. Im Mittel weist <strong>de</strong>r Kat1enausschnitt<br />
<strong>für</strong> das hydrologische Winterhalbj ahr auf <strong>de</strong>r Baar <strong>für</strong> bei<strong>de</strong> Zeiträume Durchschnittstemperaturen<br />
zwischen 0 oe <strong>und</strong> 2 oe aus. Die Baaralb, die Hegaualb <strong>und</strong> die Höhenlagen<br />
<strong>de</strong>r Schwäbischen Alb zeigen in<strong><strong>de</strong>s</strong> in weiten Tei len ei nen recht <strong>de</strong>utlichen Temperaturrückgang,<br />
<strong>de</strong>r durch eine Zunahme <strong>de</strong>r dunkelbl au dargestellten Temperaturbereiche<br />
« I 0c) hervorgeht. Zwischen 1961 <strong>und</strong> 1990 betrug dort das wi nterliche Temperaturmittel<br />
zwischen - I oe <strong>und</strong> I oe.<br />
Bei einem Vergleich <strong>de</strong>r Durchschnittstemperaturen <strong><strong>de</strong>s</strong> hydrologischen Sommerhalbjahres<br />
<strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Zeiträume 193 1 - 1960 <strong>und</strong> 1961 - 1990 in Abb. 7a <strong>und</strong> Abb. 7b lassen sich im<br />
Kanenau 'schnitt im wesentlichen ähnliche Trends erkennen wie im Winterhalbjahr. Die Regionen<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> ObelTheingraben sind auch im Sommerhalbjahr durch ei ne Temperaturzunahme
142<br />
Mittleres Tagesmittel <strong>de</strong>r<br />
Lufttemperatur (1931 - 1960)<br />
hydrol. Winterhalbjahr<br />
Temperatur In ·C<br />
•<br />
•<br />
N<br />
> 10,0<br />
9,1 -10,0<br />
8,1 - 9,0<br />
7,1 - 8,0<br />
6.1 - 7,0<br />
5,1 - 6,0<br />
4,1 - 5,0<br />
3,1 - 4,0<br />
2,1 - 3,0<br />
1,1 - 2,0<br />
0.1 - 1.0<br />
- 0,9 - 0.0<br />
-1 ,9 - -1,0<br />
< -1 .9<br />
A<br />
20 km<br />
e_url Al •• ...,<strong>de</strong>, S .. gmulM!<br />
Abb. 6a: Durchschnittstemperaturen im hydrologischen Winlerhalbjahr (November - April) <strong><strong>de</strong>s</strong> Ze itraum<br />
193 1 - 1960 (Quelle: Eigener Eillwurf, De ulsche r Wenerdien t, Dalengr<strong>und</strong>lage: Deutscher<br />
Wetterdienst)<br />
Mittleres Tagesmittel <strong>de</strong>r<br />
Lufttemperatur (1961 - 1990)<br />
hydrol. Winterhalbjahr<br />
Temperatur In ·C<br />
> 10,0<br />
9, 1 - 10,0<br />
8,1 - 9,0<br />
7,1 - 8,0<br />
• 6,1- 7 ,0<br />
• 5,1 - 6.0<br />
• 4 ,1- 5,0<br />
• 3,1 - 4,0<br />
• 2. 1- 3.0<br />
• 1,1 0. 1 -<br />
2.0<br />
1.0<br />
• - 0.9 - 0,0<br />
• -1,9- -1.0<br />
• 16 °C) nehmen <strong>de</strong>utlich<br />
zu , wie etwa im äußersten ordwesten <strong><strong>de</strong>s</strong> Au schnitts. Die Vorbergzone um <strong>de</strong>n Hünerse<strong>de</strong>l<br />
<strong>und</strong> die westlichen Ausläufer einiger Schwarzwald tä ler zeigen ebenfalls eine Erwärmung.<br />
Zwischen 196 1 <strong>und</strong> 1990 liegen die sommerlichen Durchschnittstemperaturen in <strong>de</strong>n tieferen<br />
L agen <strong><strong>de</strong>s</strong> Oberrheingrabens dabei durchweg über 14 oe.
143<br />
Mittleres Tagesmittel <strong>de</strong>r<br />
Lufttemperatur (1931 - 1960)<br />
hydrol. Sommerhalbjahr<br />
Temperatur in ·C<br />
• >16,0<br />
• 15,1-16,0<br />
• 14,1 - 15,0<br />
• 13,1-14,0<br />
• 12,1-13,0<br />
11 ,1 - 12,0<br />
10,1 -11 ,0<br />
9,1 -10,0<br />
8,1 - 9,0<br />
• 7,1- 8,0<br />
• 6,1- 7,0<br />
• 5,1- 6,0<br />
4,1- 5,0<br />
• < 4,1<br />
N<br />
A<br />
----------<br />
20 km<br />
bb. 7a: Durchschnittstemperaturen im hydrologischen Sommerhalbjahr (Mai - Oktober) <strong><strong>de</strong>s</strong> Zeitraum<br />
193 1 - 1960 (Quelle: Eigener Entwurf, Deutscher Wetterdienst, Datengr<strong>und</strong>l age: Deutscher<br />
Wetterdienst)<br />
-, Mittleres Tagesmittel <strong>de</strong>r<br />
Lufttemperatur (1961 - 1990)<br />
hydrol. Sommerhalbjahr<br />
Temperalur in · C<br />
•<br />
•<br />
> 16,0<br />
15,1 -16,0<br />
14 .1 - 15,0<br />
13, 1 -14,0<br />
12,1 - 13,0<br />
11 ,1 - 12,0<br />
10,1 -11 ,0<br />
9,1 -10,0<br />
8, 1 - 9,0<br />
7,1 - 8,0<br />
6,1 - 7,0<br />
5,1 - 6,0<br />
4,1 - 5,0<br />
< 4,1<br />
N<br />
A<br />
----...-_----<br />
20 km<br />
bb. 7b: Durchschnirtstemperaturen im hydrologischen Sommerhalbjahr (Mai - Oktober) <strong><strong>de</strong>s</strong> Zeitraum<br />
1961 - 1990 (Quelle: Eigener Entwurf, Deutscher Wetterdienst, Datengr<strong>und</strong>lage: Deut eher<br />
Wetterdienst)<br />
In allen an<strong>de</strong>ren Regionen zeigt sich zwischen <strong>de</strong>n zwei Standardperio<strong>de</strong>n zumei st eine Abkühlungsten<strong>de</strong>nz.<br />
Diese ist vor allem in einigen Teilen <strong>de</strong>r Baar, <strong>de</strong>m Donau- <strong>und</strong> Neckartal<br />
owie im Bo<strong>de</strong>nseegebiet zu erkennen. So nimmt etwa im Bereich <strong>de</strong>r nördlichen Baar <strong>und</strong><br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> eckartales <strong>de</strong>r Anteil <strong><strong>de</strong>s</strong> kühleren Temperaturbereichs von 12 - 13 oe (orange) zu<br />
Lasten <strong><strong>de</strong>s</strong> Bereichs von 13 - 14 oe zu. Ähnliches gilt auch <strong>für</strong> das Donautal. Die höheren
144<br />
Lagen <strong>de</strong>r Süd- <strong>und</strong> Ostbaar sind zwi 'chen 193 I - 1960 <strong>und</strong> 1961 - 1990 durch eine Zunahme<br />
<strong>de</strong>r kühler temperi erten Bereiche von II - 12 oe (hellere orange) gekennzeichnet. Insgesamt<br />
erreicht da ' Temperatumiveau im hydrologischen Sommerhalbjahr im Zeitraum 1961 - 1990<br />
in <strong>de</strong>n Höhenlagen <strong><strong>de</strong>s</strong> Schwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong> etwa 8 - 10 oe <strong>und</strong> auf <strong>de</strong>r Baar zumeist zwischen<br />
II oe <strong>und</strong> 13 oe. [m Bo<strong>de</strong>nseegebiet wer<strong>de</strong>n im Millel bis zu 15 oe verzeichnet.<br />
D er zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Standardperio<strong>de</strong>n 193 I - 1960 <strong>und</strong> 1961 - 1990 im B ereich <strong>de</strong>r<br />
Baar <strong>und</strong> ihrer angrenzen<strong>de</strong>n Regionen im lahres mittel zu beobachten<strong>de</strong> leichte Temperaturrückgang<br />
ist <strong>de</strong>mnach vor allem auf Abkühlungsten<strong>de</strong>nzen während <strong>de</strong>r Monate Mai<br />
- Oktober (hydrologisches Sommerhalbjahr) zurückzuführen. Im hydrologischen Winterhalbjahr<br />
macht sich, wenn überhaupt, nur vereinze lt ein geringfügiger Rückgang <strong>de</strong>r Temperaturen<br />
bemerkbar. Insgesamt erreicht die negative Temperaturentw ick lung aber owohl<br />
im lahresmittel als auch in <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n hydrologi chen Halbjahren max imal ein Ausmaß von<br />
I oe. In weiten Tei len lassen ich auf <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>lage <strong><strong>de</strong>s</strong> K artenausschnittes jedoch kaum<br />
Verän<strong>de</strong>rungen ausmachen.<br />
5. Z usammenfassung <strong>und</strong> Schlußfolgerungen<br />
Die Untersuchungen haben gezei gt, daß in <strong>de</strong>n vergangenen 100 bis 200 Jahren auf <strong>de</strong>r Baar<br />
ein zum Teil <strong>de</strong>utlicher Anstieg <strong>de</strong>r Durchschnittstemperaturen zu beobachten war, <strong>de</strong>r sich<br />
bei <strong>de</strong>n l ahresmitteln seit 188 1 auf etw a 1.0 - 1.5 oe beläuft. In <strong>de</strong>n Wintermonaten ist die<br />
ErwänTIung dabei in beson<strong>de</strong>re seit <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong> vergangenen Jahrh<strong>und</strong>erts wesentlich stärker<br />
al im Sommer. Dennoch sind die I inea ren Trends an <strong>de</strong>n untersuchten Stationen Donaueschingen.<br />
Villingen <strong>und</strong> Klippeneck we<strong>de</strong>r im Jahresdurchschnitt noch in <strong>de</strong>n einzelnen Monaten<br />
statisti ch hinreichend abgesichert o<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n durch Inhomogenitäten <strong>de</strong>r Meßreihen<br />
verstärkt (Vill ingen). Die Temperaturentwicklung auf <strong>de</strong>r Baar zeigt dabei zahlreiche Parallelen<br />
zu <strong>de</strong>n entsprechen<strong>de</strong>n Verän<strong>de</strong>rungen an an<strong>de</strong>ren <strong>de</strong>utschen <strong>und</strong> mitteleuropäi ehen Stationen.<br />
Dies ver<strong>de</strong>utlicht auch eine j ahreszeitlich differenzielte Gegenüberstellung <strong>de</strong>r überregionalen<br />
Temperaturvert eilung in Südwest<strong>de</strong>utschland <strong>für</strong> die Mittel <strong>de</strong>r Zeiträume 193 1 -<br />
1960 <strong>und</strong> 196 1 - 1990. Aus <strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>r Bas is numerischer Klimamo<strong>de</strong>lle abgeleiteten Karten<br />
kommt dabei jedoch aufgnmd <strong>de</strong>r L änge <strong>und</strong> zeitl ichen Lage <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Beobachnmgsperio<strong>de</strong>n<br />
zumeist sogar eine leichte A bkühlung zwischen <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Zeiträumen hervor, die sich auch<br />
durch die entsprechen<strong>de</strong>n Mittelwerte <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Verlauf <strong>de</strong>r Temperaturkurven an <strong>de</strong>r Station<br />
Donaueschingen nachvollziehen läßt.<br />
T rotz ihrer spezifischen klimatischen Gegebenheiten. die sich zum Teil erheblich von <strong>de</strong>r<br />
ihrer<br />
achbarreg ionen unterschei<strong>de</strong>n. lassen sich auf <strong>de</strong>r Bmu' damit in gesamt ähnliche Temperaturverän<strong>de</strong>rungen<br />
beobachten w ie in weiten Teilen Mineleuropas. So i t auch bei einer<br />
möglichen weiteren Verstärkung <strong><strong>de</strong>s</strong> anthropogenen Treibhauseffekts vor allem in <strong>de</strong>n Wintelmonaten<br />
mit einem weiteren Ansti eg <strong><strong>de</strong>s</strong> Temperatumiveaus zu rechnen - Folge einer tärke<br />
ren Westw indzirkulation <strong>und</strong> <strong>de</strong>r damit verb<strong>und</strong>enen größeren Zahl dynamischer Tiefdruckgebiete.<br />
Mit <strong>de</strong>n Tiefdruck w irbeln geht eine stärkere w interliche Zufuhr relativ mil<strong>de</strong>r<br />
atlantischer Luftmassen einher. Im Frühjahr <strong>und</strong> Sommer führt dieser Effekt hingegen durch<br />
die stärkere Erwtilmung <strong>de</strong>r L andmassen gegenüber <strong>de</strong>m M eer eher zu einem leichten Rückgang<br />
<strong>de</strong>r Temperaturen in Mineleuropa. Dabei ist nicht mit einem linearen Ablauf dieser<br />
Proze se im Sinne eine kontinuierlichen A nstiegs <strong>de</strong>r Durchschnittstemperaturen zu rechnen.<br />
Vielmehr ist eine zunehmen<strong>de</strong> M eridional isierung <strong>de</strong>r Wetterlagen zu erwarten, durch die<br />
außergewöhnlich warme <strong>und</strong> sehr kalte Witterungsphasen häufiger auftreten als bisher <strong>und</strong><br />
dadurch zu stärkeren Temperaturkontrasten führen (vgl. FRA:-IK E:-I BERG U. SIEGMU. D 1996,<br />
S. 35 ff.). A uch wenn die Intensität <strong>und</strong> Anzahl positiver Temperarturanomalien erwaJtungs-
145<br />
gemäß größer se in wird als die <strong>de</strong>r negativen, wird daher die starke Frostgefährdung, durch<br />
die insbeson<strong>de</strong>re die tiefer gelegenen Regionen <strong>de</strong>r Baar gekennzeichnet sind trotz einer<br />
allgemeinen Abschwächung <strong>de</strong>rthennischen Kontinentalität, auch in Zukunft erhalten bleiben.<br />
Schrifttum<br />
BAHRENBERG. G. , GIESE, E. , IPPER, J. (3 1990): Stati stische M eth o<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Geographie. Bd. I ,<br />
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Bd. 18, Entstehung geschichte - Geologie - Atmosphäre, München, S. 162 - 259.
146<br />
Zur Situation <strong><strong>de</strong>s</strong> Weißstorchs auf <strong>de</strong>r Baar<br />
von HelmutGehring<br />
Einleitung<br />
Der dramatische Bestandsrückgang beim Weißstorch hat sich abgeschwächt <strong>und</strong> ist in vielen<br />
L än<strong>de</strong>rn sogar in eine Bestandszunahme übergegangen. So lautet das Fazit <strong>de</strong>r "Internationalen<br />
Weißstorchtagung 1996" in Hamburg. Der Weltbrutbestand hat sich in <strong>de</strong>n letzten<br />
10 Jahren um 23% erhöht. In Westeuropa, hier vor allem in Spanien, hat ich die Zahl <strong>de</strong>r<br />
Brutpaare mehr als verdoppelt. Ein entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong> hier<strong>für</strong> liegt wohl in <strong>de</strong>n westafrikanischen<br />
Winterqu artieren, wo Mitte <strong>de</strong>r 80er Jahre eine lange Dürreperio<strong>de</strong> zu En<strong>de</strong><br />
ging <strong>und</strong> ich die Bedingungen <strong>für</strong> die überwintelll<strong>de</strong>n Weißstörche <strong>de</strong>utlich verbessert haben.<br />
Auch in Osteuropa weisen die Zahlen auf eine Stabili ierung <strong>de</strong>r Be tandsentwicklung hin.<br />
Hier könnten die im Zusammenhang mit <strong>de</strong>n politischen Verhältnissen geän<strong>de</strong>rten landwirtschaftl<br />
ichen Rahmenbedingungen eine Rolle spielen. Die etwa 4300 Brutpaare in<br />
Deutschland 1996 wei en auf eine Erholung <strong>de</strong>r Weißstorchpopulation auch in Mitteleuropa<br />
hin (SCH LZ 1997, K AATZ 1997). Wie sieht es anges icht dieser positiven Trends mit <strong>de</strong>n<br />
Weißstörchen auf <strong>de</strong>r Baar aus?<br />
Bestandsentwicklung <strong><strong>de</strong>s</strong> Weißstorchs in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg <strong>und</strong> auf <strong>de</strong>r Baal'<br />
Um 1975 gab es in Ba<strong>de</strong>n-WÜf1temberg noch 15 Brutpaare <strong><strong>de</strong>s</strong> Weißstorchs. Aber selbst zur<br />
Zeit die es niedrigsten Brutbestan<strong><strong>de</strong>s</strong> brütete regelmäß ig ein Storchenpaareffolgreich in Pfohren<br />
an <strong>de</strong>r Donau. Daß die ba<strong>de</strong>n-württembergische Weißstorchpopulati on damals nicht ganz<br />
zusammenbrach, ist woh l <strong>de</strong>m Zuzug von freigelassenen Zuchtstörchen aus chweizeri 'chen<br />
<strong>und</strong> elsässischen Gehegen zu verdanken. 1979 wur<strong>de</strong> auch in Ba<strong>de</strong>n-Wül1temberg ein Zucht<strong>und</strong><br />
Auswil<strong>de</strong>rungsprojekt zur Bestandstützung <strong>und</strong> Wie<strong>de</strong>ransied lung <strong><strong>de</strong>s</strong> Weißstorchs ins<br />
Leben gerufen. Wohl <strong><strong>de</strong>s</strong>halb erholte sich ab Mitte <strong>de</strong>r 80er Jahre <strong>de</strong>r Weißstorchbestand<br />
kontinuierlich in Ba<strong>de</strong>n-WÜl1temberg. 10 Jahre später w irkte sich dies auch auf die Zah l <strong>de</strong>r<br />
brüten<strong>de</strong>n Störche auf <strong>de</strong>r Baar aus. 1996 brüteten Weißstörche in Pfohren (2 Paare),<br />
eudingen <strong>und</strong> A ldingen. Die Entwicklung <strong>de</strong>r Brutbestän<strong>de</strong> <strong>für</strong> Ba<strong>de</strong>n-Würnemberg <strong>und</strong><br />
die Baar zeigen die Abbi ldungen I <strong>und</strong> 2 (M AI-ILER U . W EI K 1994, ZINKE U . REICHELT 1976).<br />
Zusammen etzung <strong>de</strong>r Brutpopulation auf <strong>de</strong>r Baar<br />
Seit 1994 kon trollieren Mitarbeiter <strong><strong>de</strong>s</strong> aturschutzbun<strong><strong>de</strong>s</strong> Deutsc hland (hier vor allem HefT<br />
F. WIDYl Ai':N aus eudingen) die Beringung <strong>de</strong>r Störche auf <strong>de</strong>r Baar. Dies ermöglicht es. <strong>für</strong><br />
die letzten 4 Jahre Aussagen über die Herkunft <strong>de</strong>r Brutstörche <strong>und</strong> die Zusammensetzung<br />
<strong>de</strong>r Brutpopulation zu machen. Die Ergebnisse zeigt Tabelle I.<br />
Die als Projektstörche bezeichneten Störche entstammen Auswi l<strong>de</strong>rungsprojekten in <strong>de</strong>r<br />
Schweiz <strong>und</strong> in Ba<strong>de</strong>n-Würnemberg. Sie zeichnen sich u.a. dadurch aus, daß sie kein Zugverh<br />
alten mehr zeigen. Ihre Überwinterung in M itteleuropa ist nur durch die Zufütterung<br />
durch <strong>de</strong>n M enschen während <strong><strong>de</strong>s</strong> Winters möglich. Bei <strong>de</strong>n unberingten Störchen <strong>und</strong> <strong>de</strong>m<br />
Storch aus Ost<strong>de</strong>utsch land (Beringung durch die Vogelwarte Hid<strong>de</strong>nsee) han<strong>de</strong>lt es sich wohl<br />
um Wildstörche, die das <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Weißstorch typische Zugverhalten zeigen.<br />
ach diesen Ergebnissen ist anzunehmen, daß auf <strong>de</strong>r Baar <strong>de</strong>rzeit eine Mischpopulation aus<br />
Projektstörchen <strong>und</strong> Wildstörchen brütet, wobei bei<strong>de</strong> Gruppen etwa mit gleichem Anteil<br />
beteiligt sind. Es gibt zu r Zeit allerdings keinen Hinweis darauf. daß Angehörige einer süd<strong>de</strong>utschen<br />
Wildpopulation auf <strong>de</strong>r Baar brüten. Die Brutpopulation hier setzt sich aus Projektstörchen<br />
<strong>und</strong> "zugezogenen" Wildstörchen zu sammen.
147<br />
[n diesem Zusammenhang ist allerdings von großer Be<strong>de</strong>utung, daß auch die Jungen von<br />
Projektstörchen im Spätsommer ihre Brutheimat verlassen <strong>und</strong> offensichtlich "wegziehen".<br />
Für in <strong>de</strong>r Schweiz brüten<strong>de</strong> Projektstörche ist nachgewiesen, daß <strong>de</strong>ren Jungvögel über<br />
Frankreich nach Spanien fliegen <strong>und</strong> zumin<strong><strong>de</strong>s</strong>t zum Teil in Westafrika überwintern (SCHOOP<br />
u. PONZIO 1995). Ein ähnliches Zugverhalten kann wohl <strong>für</strong> die Jungstörche <strong>de</strong>r B aaremer<br />
Brutpopulation auch angenommen wer<strong>de</strong>n. Dies ist eine wichtige Vorau setzling <strong>für</strong> das<br />
Bestreben, in Süd<strong>de</strong>utsch land wie<strong>de</strong>r eine selbständig lebensfahige Weißstorchpopulation zu<br />
entwickeln.<br />
Tab. I: Beringung, Herku nFt <strong>und</strong> Verh altenstyp <strong>de</strong>r brüten<strong>de</strong>n Weißstörche im Bereich <strong>de</strong>r Baar.<br />
Ring <strong>de</strong>r Herkunft Verhaltenstyp<br />
Vogelwarte<br />
Jahr 1994<br />
PFoh ren alte Schule Hid<strong>de</strong>nsee, D Müritz, Ost<strong>de</strong>utschl and (W)<br />
J ahr 1995<br />
unberingt unbekannt (W)<br />
PFohren alte Schule Hid<strong>de</strong> nsee, D Müritz, Ost<strong>de</strong>utschland (W)<br />
Jahr 1996<br />
un beringt unbekannt (W)<br />
Pfohren alte Schul e Sempach, e H Oberwil , Schweiz (P)<br />
Radol fze ll , D Oberschwaben (P)<br />
PFohren Kirche Sempach, e H Brittnau, Schweiz (P)<br />
unberingt unbekannt (W)<br />
Neudingen RadolFzell , D Saulgau, Oberschwaben (P?)<br />
un beri ngt unbekannt (W)<br />
Aldingen unberingr unbekannt (W)<br />
unberingr unbekannt (W)<br />
Jahr 1997<br />
Pfohren Kirche Sempach, e H Briltnau. Schweiz (P)<br />
Sempach, e H Schweiz (P)<br />
eudingen Radolfzell , D Saulgau.Oberschwaben (P?)<br />
un beringl unbekannt (W)<br />
(W): Wildstorch . zeigt Zugverh alten<br />
(P): Projektstorch, überwintert<br />
Zum Bruterfolg<br />
L ei<strong>de</strong>r ist die erfreuliche Zunahme bei <strong>de</strong>r A nzahl brüten<strong>de</strong>r Storchenpaare nicht mit einer<br />
entsprechen<strong>de</strong>n Zunahme <strong>de</strong>r Zahl flügge wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Jungvögel verb<strong>und</strong>en. Abb. 3 <strong>und</strong> Tab. 2<br />
ze igen dies <strong>de</strong>utlich. Der durchschnittliche Bruterfolg von 0,9 flüggen Jungstörchen pro Brut<br />
während <strong>de</strong>r letzten sieben Jahre reicht wohl nicht aus f ür eine sich selbst reproduzieren<strong>de</strong><br />
Weißstorchpopulation, zumal die Werte <strong>für</strong> ganz Ba<strong>de</strong>n-Württem berg ähnlich sind.
148<br />
160<br />
140 I<br />
(I)<br />
....<br />
VI<br />
... 120<br />
0<br />
:I:<br />
... 100<br />
(I)<br />
....<br />
!j SO<br />
Q)<br />
VI<br />
Q)<br />
..0 60<br />
:c<br />
40<br />
co<br />
N<br />
c:<br />
14 9<br />
Tab. 2: Brutorte <strong>und</strong> Bruterfo lg <strong><strong>de</strong>s</strong> Weißstorchs auf <strong>de</strong>r Baar se it 1990<br />
Jahr<br />
Anzahl n üggegewor<strong>de</strong>ner Jungstörche<br />
Pfohren Neudingen Aldingen<br />
Summe<br />
Durchschnitt<br />
1990<br />
1,0<br />
1991<br />
2<br />
2<br />
2,0<br />
1992<br />
4<br />
4<br />
4,0<br />
1993<br />
0<br />
0<br />
0<br />
1994<br />
2<br />
2<br />
2,0<br />
1995<br />
0 0 0<br />
0<br />
0<br />
1996<br />
o <strong>und</strong> 0 2 0<br />
2<br />
0,5<br />
1997<br />
0 2<br />
2<br />
1,0<br />
durchschninlicher Bruterfolg <strong>de</strong>r letzten 8 Jahre<br />
0,9 Jungstörche pro Brut<br />
0<br />
be<strong>de</strong>utet: keine Brut<br />
be<strong>de</strong>utet: keine flü gge jungvögel<br />
4 . ..<br />
, ,<br />
, ,<br />
3 ' - , - -- ---_a----\---.<br />
I-paare<br />
L~ . J ungvög~<br />
o<br />
, , , ,<br />
1990 ' 91 '92 '93 '94 ' 95 '96 ' 97<br />
Jahr<br />
Abb. 3: Zahl <strong>de</strong>r Brutpaare <strong>und</strong> Jungstörche 1990 - 1997
150<br />
Abb.4: 1996 sie<strong>de</strong>lte sich zusätzlich zum Paar auf <strong>de</strong>r alten Schule cin neues SlOrchpaar in Pfohren<br />
ei n. Es balile sein Nest selbst auf <strong>de</strong>m PFohrcncr Kirchturnl .<br />
Abb. 5: Überwintern<strong>de</strong> Störche bei Pfohren: durch Zuflillerung mit Eintagsküken können Störche auch<br />
bei uns überwintern. Februar 1996.
151<br />
A bb. 6: Die Vogelwarte Sempach (Schwe iz) beringt die Störche "oben" , die Vogelwarte Radolfzell<br />
"unten" .<br />
A bb. 7: Vier flügge Jungstörche in einem Horst gab es auf <strong>de</strong>r Baar zum letzten M al 1992.
15 2<br />
Abb. 8: Das eudinger Storchen paar mit seinen bei<strong>de</strong>n flügge gewor<strong>de</strong>nen Jungen 1996.<br />
Abb. 9: Weißstorch bei <strong>de</strong>r ahrungssliche. Es ist mittlerweile schw ierig <strong>für</strong> ihn, genügend N ahrung<br />
<strong>für</strong> seine Jungen zu fin<strong>de</strong>n. eudingen 1996.
15 3<br />
Folgerung <strong>und</strong> Ausblick<br />
Es gilt festzuhalten, daß in Ba<strong>de</strong>n- Württemberg <strong>und</strong> auf <strong>de</strong>r Baar die Zahl <strong>de</strong>r brüten<strong>de</strong>n<br />
Störche etwa die Größe <strong>de</strong>r 50er Jahre wie<strong>de</strong>r elTeicht hat. Di e Zahlen zu Beginn un eres<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts lagen allerding <strong>de</strong>utlich höher. Die <strong>de</strong>rzeit fe tzustellen<strong>de</strong> Be tandszunahme<br />
ist bei uns wohl auf Erfolge <strong>de</strong>r Aufz uchts- <strong>und</strong> Wie<strong>de</strong>ransiedlungsprojekte <strong>und</strong> die Zuwan<strong>de</strong>rung<br />
aus benachbarten Län<strong>de</strong>rn zurückzuführen, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r <strong>für</strong> eine selbständige Erhaltung<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Bestan<strong><strong>de</strong>s</strong> elfor<strong>de</strong>rliche Bruterfolg von etwa 2 Jungen pro Brut wird lei<strong>de</strong>r noch nicht<br />
elTeicht. Maßnahmen zur Sicherung <strong>de</strong> Weißstorchbestan<strong><strong>de</strong>s</strong> bei uns müssen also vor allem<br />
darauf abzielen, <strong>de</strong>n Bruterfolg zu erhöhen. Hier ist sicher von Be<strong>de</strong>utung, daß ein unzureichen<strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Nahrungsangebot zu Problemen bei <strong>de</strong>r Jungenaufzucht führen kann. Wie<strong>de</strong>rholt<br />
starben Jungstörche bei uns aufgr<strong>und</strong> von ahrungsmangel schon im Horst. Die Erhaltung<br />
<strong>und</strong> Schaffung von kleintierreichen Feuchtwiesen auf <strong>de</strong>r Baar, hier vor allem im Bereich <strong>de</strong>r<br />
Riedbaar, <strong>und</strong> an<strong>de</strong>re Maßnahmen, wie z. B. die Anlage von Kleingewässern , wären also ein<br />
wichti ger Beitrag zur Erhaltung <strong><strong>de</strong>s</strong> Weißstorchs als Brutvogel auf <strong>de</strong>r Baar. Di e bereits<br />
eingeleiteten Exten ivierungsprojekte bei <strong>de</strong>r landwirtschaftlichen utzung mit ent prechen<strong>de</strong>r<br />
Entschädi gung <strong>de</strong>r betroffenen Land wirte sind hier sicher <strong>de</strong>r ri chtige Weg, <strong>de</strong>nn die<br />
Bewirtschaftungsfol1l1 <strong>de</strong>r Wiesen <strong>de</strong>r Baar ist maßgeblich <strong>für</strong> di e biologische Vielfalt <strong>und</strong><br />
damit auch fi.ir das ahrungsangebot <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Wei ßstorch.<br />
Schrifttum<br />
K AATl, Ch. ( 1997): We ißstorchbestandserfass ung 1996 in Deutschl and; in: Mirteilungsblalt 89/97 <strong>de</strong> r<br />
Arbeitsgemeinschaft Weiß torchsch uLz im atur chutzb<strong>und</strong> Deutschland, S. 1-9. Bonn.<br />
MAHLER, .. WEICK. F. ( 1994): Der We ißstorch - Vogel <strong><strong>de</strong>s</strong> Jahres 1994, das We ißstorch-Projekt in<br />
Ba<strong>de</strong>n-Württembe rg: Broschüre <strong>de</strong>r Bezirksstelle <strong>für</strong> aturschutz <strong>und</strong> Landschaftspflege<br />
Karisruhe <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Staatlichen Museums <strong>für</strong> aturk<strong>und</strong>e Karlsruhe.<br />
SCH LZ, H. ( 1997): Internati onale Weißsto rchtagung 1996; in: Mineilungsblalt 89/97 <strong>de</strong>r Arbeitsgeme<br />
inschaft We ißstorchschutz im aturschutzb<strong>und</strong> De utschl and, S. 11. Bonn.<br />
SCHOOP, R., PONZIO, R. ( 1996): Bulletin 1995 Nr. 25 <strong>de</strong>r Schwe izerischen Gesellschaft <strong>für</strong><strong>de</strong>n We ißstorch.<br />
AltTeu. 17 S. Sei zach C H.<br />
ZI. KE. F. ,REICHELT. G . ( 1976): Die Ri edbaar- ihre Biotope <strong>und</strong> ih r Bestand bedrohter Vögel; Schriften<br />
<strong>de</strong>r Baar, 3 1, S. 15-52.
154<br />
Die Abdrücke von Heilpflanzen<br />
auf <strong>de</strong>r Trossinger Glocke von 1650<br />
von M anfred Warth<br />
Wird <strong>de</strong>r Glocke die M acht <strong><strong>de</strong>s</strong> Buchstabens<br />
mitgeteilt, so kann ihr auch die Heilkraft<br />
<strong>de</strong>r PO anze mitgeteilt wer<strong>de</strong>n. in <strong>de</strong>m eier<br />
Abdruck ihres Blalles mitgegossen wird.<br />
T. BRloUER 198 1.<br />
Das Tro inger Heimatmuseum, das nicht allein wegen seiner berühmten Saurier-F<strong>und</strong>e aus<br />
<strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n Tro singens eine große Zahl von Besuchern anzieht. son<strong>de</strong>rn auch durch eine<br />
reiche volksk<strong>und</strong>liche Sammlung, durch zahlreiche Exponate von Geräten au <strong>de</strong>r A rbeitswelt<br />
unserer Großeltern . durch eine ständige Ausstellung über die Tross inger M<strong>und</strong>harmonika<br />
Industrie auch breiteren Bes ucherinteressen etwas zu bieten hat, besitzt als Exponat von beson<strong>de</strong>rem<br />
ku lturgeschichtlichen Wert eine 1.2 t schwere Bronzeglocke aus <strong>de</strong>m Jah r 1650.<br />
Die Glocke hing bi 1958 im Tunn <strong>de</strong>r Trossinger M artin-Luther-Kirche, w ie die ehemalige<br />
St. M ari en-Kirche seit 1746 heißt (HoH 'ER 1974: 42 ff; R FF 1978: 177). Wie sov iele an<strong>de</strong>re<br />
Glocken in Deutschland mußte 1942 auch die Tross inger Glocke zum Einschmelzen weggegeben<br />
wer<strong>de</strong>n. G lücklicherwe i e blieb sie aber <strong>de</strong>nnoch erh al ten <strong>und</strong> kehne 1948 nach Trossingen<br />
zurück. 1958 w ur<strong>de</strong> die Glocke. vermutlich wegen akustischer M ängel, aus <strong>de</strong>m TUim<br />
entfel11t <strong>und</strong> 1959 <strong>de</strong>m Museum <strong>de</strong>r Stadt Trossingen überlassen. Die Glocke, ein Werk aus<br />
<strong>de</strong>r Glockengießerei <strong><strong>de</strong>s</strong> Hans Conrad Fl ac h in Schaffhause n (Schweiz). war bereits<br />
Gegenstand mehrerer Veröffentlichungen (Hol'l 'ER 1974: Abb. S. 47: R FF 1978: 177: WILHELM<br />
1927 : 247).<br />
Die wichtigsten Daten <strong>de</strong>r Glocke sind kurz <strong>und</strong> umfassend im Deutschen G lockenatl as,<br />
Band I ( 1959). Seite 56 1 veröffentlicht. Sie se ien hier w ie<strong>de</strong>rh olt:<br />
Trossingen<br />
Evang. Stadtkirme (U.1. Frau)<br />
Bez. Hans Conrad Flach (Schaffhausen), 1650, 0 121 cm, H. 94 cm.<br />
Auf <strong>de</strong>r Hau b e Engelsköpfe, hängen<strong>de</strong> Akanthusblätter <strong>und</strong> lose vertdlte Naturblätter.<br />
Sc h u I te r : Fries aus stehen<strong>de</strong>n verschränkten R<strong>und</strong>bögen · mit Kleeblattbogenfüllung,<br />
en<strong>de</strong>nd in Lilien <strong>und</strong> Knospen. Inschrift zwdzdlig: (Engelskopf zwischen Rosetten)<br />
IAVCHSET DEM HERREN ALLE WELT' DIENET DEM HERREN MIT FREV<br />
DEN· KOMET FVR SEIN ANGESICHT I (Rosette über Glocke) MIT FROLOCKEN<br />
. VNSE R VND DISER GLOCKEN DIE VNS LOCKEN, PSALM 100 . HANS CON<br />
RAD FLACH GOS MICH. Darunter Tuchgirlan<strong>de</strong> mit Fruchtbündcl an Ring mit Schleife<br />
<strong>und</strong> Quaste, das Ganze auf Unterlage, die in flachem Bogen von Quaste zu Quaste reicht.<br />
Flanke: 1. Herzoglich württembergisches Wappen über drd Naturblättern (Abb.379).<br />
2. Inschrift : IOHAN CHRISTOPH IEGER / F: W: KELLER. Z. D. /1650, dahinter<br />
Naturblatt. 3. Ober drei Naturblättern Pfarrerwappen: 1m Schild über Wellen Anker mit<br />
Kreuzbalken, im Schildhaupt: M. 1. <strong>und</strong> S. PF, aufzulösen als Magister Jakob Schwdckher<br />
Pfarrer. Dieser war von 1651 - 1654 Pfarrer, nach<strong>de</strong>m Trossingen 1635- 1651 von Aldingen<br />
versehen war (nach Pfarrregistratur). 4. Inschrift zwischen Naturblättern: ANDEREAS<br />
KOLER. VOGT / TEIS OFFINGER. IACOB / MESMER. BEID HAlLIG / EN PFLE<br />
GER. Oberhalb <strong><strong>de</strong>s</strong> Schlagringes Engelsköpfchen, Akanthusblätter <strong>und</strong> Naturblätter.<br />
Am Schlag Wie<strong>de</strong>rholung <strong><strong>de</strong>s</strong> oberen Schulterfrieses. Kronenbügel an <strong>de</strong>r Vor<strong>de</strong>rseite<br />
Blattmaske (Abb. 82).
155<br />
Je<strong>de</strong> G locke ist aufgr<strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Abgußverfahrens ein nikat. Je<strong>de</strong> G locke hat daher individuelle<br />
Kennzeichen. vor allem was die Ornamente <strong>und</strong> Aufschriften betrifft. Zu <strong>de</strong>n EigentümJichkeiten<br />
<strong>de</strong>r Trossinger Glocke gehören naturgetreue Abgü se von B lärtern verschie<strong>de</strong>ner Heilpflanzen.<br />
wie die vom Salbei (Sah'ia ojficinalis), vom Klee (Trifolium repens), vom Wegerich<br />
(Planfago media), von <strong>de</strong>r Malve (Mah'a moschara) <strong>und</strong> vom Hahnenfuß (Ranllnculus<br />
aurico /77l1s?).<br />
Abb. I: TrossingerGlocke vo n 1650 aus <strong>de</strong>r Werkstatt <strong><strong>de</strong>s</strong> Hans Conrad Flach, Schaffhausen. Museulll<br />
<strong>de</strong>r Stadt Trossingen. Foto Hans LUlllpe 1987.
156<br />
Der oberste mgang <strong>de</strong>r Glocke (unterhalb <strong>de</strong>r Kronenbügel) zeigt Abdrücke von 7<br />
Salbei blättern <strong>und</strong> dazwischen 4 Kleeblättern . Auf <strong>de</strong>m mittleren G lockenabschnitt ist links<br />
vom württembergi ehen Wappen Hahnenfuß, rechts davon Klee <strong>und</strong> darunter 2 Blätter vom<br />
Klee <strong>und</strong> eines <strong>de</strong>r Malve abgeprägt. Auf <strong>de</strong>r gegenüberliegen<strong>de</strong>n Seite <strong><strong>de</strong>s</strong> mittleren Abschnitls<br />
erkennt man um das Schweickhel1sche Wappen die gleichen Blätler in <strong>de</strong>rselben Anordnung.<br />
ber <strong>de</strong>m Rand <strong>de</strong>r Glockenbasis. d.h. auf <strong>de</strong>m Schlagwulst haben die Glockengießer Blätter<br />
vom Salbei <strong>und</strong> vom Mittleren Wegeri ch abgegossen.<br />
Abb. 2: Oberer Abschniu<strong>de</strong>rTrossingerGlocke ... ber<strong>de</strong>m Girlan<strong>de</strong>nband Abdrücke von Salbei - <strong>und</strong><br />
Kleeblällern . Foto Hans Lumpe 1987<br />
a b c<br />
Abb. 3: mrisse von Blattabdrücken <strong>de</strong>r Trossinger Glocke a) Milllerer Wegerich, b) Hahnenfuß,<br />
c) Malve (M o/va moschara, gr<strong>und</strong>ständiges 8Iall).
157<br />
Wie BRE ER ( 198 1: 147) bemerkt, war f ür <strong>de</strong>n Gläubigen die Glocke mit einer magischen<br />
Kraft begabt, die sich beim Klang <strong>de</strong>n M enschen mitteilte. Daher beinhalten die Glockenornamente<br />
stets auch Symbole <strong><strong>de</strong>s</strong> Heils in mehr o<strong>de</strong>r weniger reicher A usführung. Dazu<br />
gehören neben chlistlich-religiösen Bil<strong>de</strong>rn auch A bbildungen von Heilpflanzen, unter <strong>de</strong>nen<br />
wohl <strong>de</strong>r Salbei am häuf igsten vertreten ist.<br />
Es gibt eine große Zahl von Pflanzen, die <strong>für</strong> <strong>de</strong>n M enschen gleichzeitig Heilpflanzen im rein<br />
medizinischen Sinne sind <strong>und</strong> zugleich auch mit M ythen verb<strong>und</strong>ene Schöpfungen <strong>de</strong>r atur<br />
darstellen (BEHLll G 1957 u. 1964; JANTZEN 1993; HEIl z-M oHR 199 1; Her<strong>de</strong>r-Lex ikon 1990).<br />
Von <strong>de</strong>n Heilpflanzen <strong>de</strong>r Trossinger Glocke ind ganz sicher Salbei <strong>und</strong> Klee Zeichen <strong>de</strong>r<br />
christlichen Symbolsprache. D as lateinische Wort Salbei heißt Sah·ia , von <strong>de</strong>m auch <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>ut ehe ame <strong>für</strong> die Pflanze hergeleitet ist. Salvia gehört ohne Zweife l in die lateinische<br />
Wortfamiliesalus= Heil, Glück, Rettung; sall'us = gerettet, wohlbehalten, ges<strong>und</strong>; Sal1'Glio<br />
= Errettung, Heil; saivaror = Erlöser. D ie Wie<strong>de</strong>rgabe von Salbei blättern ist auf Glocken<br />
nicht selten. Beispiele da<strong>für</strong> sind die Glocken von U nlingen 1672 (Deutscher Glockenatl as<br />
Bd. I: 186), von Hohenacker 18 11 (ebd. Bd. I: 592), von Waldkirch 1698 (ebd. Bd. 4: 272),<br />
von Schwaningen 1624 (ebd . Bd. 4: 197) <strong>und</strong> an<strong>de</strong>re.<br />
Abb.4: Glockevon Hohenacker bei Waiblingen ( 18 11 ). Drei Salbeiblätter als Trinitäts- <strong>und</strong> Heilsymbol<br />
über einerWeltkugel.<br />
Der dreiblättrige Klee (Tnfolium) ist das Symbol <strong>de</strong>r Dreifaltigkeit (BEHLING 1964: 140;<br />
HEl Z- M OHR 199 1: 171 - 172: Her<strong>de</strong>r-Lexikon 1990, Bd. I: 8 1). Als Heilpflanze hat <strong>de</strong>r Klee,<br />
speziell <strong>de</strong>r Rotklee <strong>und</strong> Weißklee (Trifolium pm/eI/se <strong>und</strong> Trifolium repens), an Be<strong>de</strong>utung<br />
verloren. Immerhin wer<strong>de</strong>n die Blüten <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Kleearten bei SCHÖNFELDER (1984: 170) als<br />
Teedrogen erwähnt. L ON1CERUS ( 1734: 170) gibt als Heilwirkung <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Wiesenklee (Rotklee)<br />
unter an<strong>de</strong>rem folgen<strong><strong>de</strong>s</strong> an: "Die Blumen mit <strong>de</strong>n Saamen in Honig-Wasser o<strong>de</strong>r Wein gesotten
158<br />
<strong>und</strong> getruncken, o<strong>de</strong>r durch ein C1 ystier eingegossen, o<strong>de</strong>r beygebracht, erweichen <strong>de</strong>n zähen<br />
harten Schleim in <strong>de</strong>n Därmen. heilen <strong>de</strong>rselbigen Versehrung <strong>und</strong> Schmertzen."<br />
Vom Wegerich sind alle drei einheimischen Arten seit langem als Heilkräuter gebräuchlich.<br />
Mittlerer <strong>und</strong> Breiter Wegerich (Plallrago media <strong>und</strong> Plan/ago major) sind gleichzeitig auch<br />
Symbolpflanzen, fin<strong>de</strong>t man sie doch häufig dargestellt auf Bil<strong>de</strong>rn religiösen Lnhalts <strong><strong>de</strong>s</strong> 15.-<br />
17. Jahrh<strong>und</strong>erts. Der Wegerich gehört zu <strong>de</strong>n Pflanzen. die <strong>de</strong>n Wan<strong>de</strong>rer <strong>und</strong> Pilger stets<br />
beg leitet haben <strong>und</strong> immer zur Hand waren, wenn kleine W<strong>und</strong>en an <strong>de</strong>n Füßen <strong>und</strong> Beinen<br />
zu behan<strong>de</strong>ln waren. Im Lo, ICER s ( 1737: 320) liest man hierzu: " Wegerich stillt das Blut in<br />
<strong>de</strong>n W<strong>und</strong>en, gestossen <strong>und</strong> mit Eyerklar darauf gelegt. Heylet auch die H<strong>und</strong>s-Biß, veltreibet<br />
alle Geschwulst, gestossen <strong>und</strong> darauf gelegt. Benimmt auch die Leinzeichen von <strong>de</strong>n W<strong>und</strong>en<br />
<strong>und</strong> bringet sie zu ihrer ersten Farb, (das heißt, die Leinzeichen - das sind die Roten Strei fen<br />
bei einer beg innen<strong>de</strong>n Blutvergiftung - verschwin<strong>de</strong>n w ie<strong>de</strong>r). Hat sich jemand übergangen<br />
(d. h. ist zuviel gewan<strong>de</strong>rt), das ihm <strong>de</strong>r Fuß davon geschwollen, <strong>de</strong>r lege diß Kraut an die<br />
Sohlen <strong>de</strong>r Füß, es verzeucht die Geschwulsten".<br />
Eine weitere Begleiterin <strong>de</strong>r Wegrän<strong>de</strong>r ist die M alve (M alva moscha/a <strong>und</strong> Mall'a neglecra ).<br />
Auch sie wird vorwiegend äußerlich angewen<strong>de</strong>t <strong>und</strong> hilft nach Lo 'ICER s ( 1737: 355) zur<br />
Erweichung von "hitzigen Geschwüren" (Furunkeln).<br />
Die fünfte auf <strong>de</strong>r Tross inger Glocke abgebi I<strong>de</strong>te Pflanzenart ist vertreten durch B lälter <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Hahnenfußes (Ral1/(llculus spec.) Einige Hah nenfußarten, w ie Ranuncullls a u.r icO I11I1S,<br />
wur<strong>de</strong>n früher trotz ihrer Giftigkeit äußerlich zur Behandlung von Frostbeu len. von Warzen,<br />
Hautausschlägen, kreisr<strong>und</strong>em Haarau sfallu.a. angewen<strong>de</strong>t (L ONlCERUS 1737: 369) Scha<strong>de</strong>n<br />
o<strong>de</strong>r utzen <strong>de</strong>r Anwendung hängen von einer vorsi htigen Dosierung ab. Wie G ESNER &<br />
ORZECHOWSKI ( 1974: 364) angeben, ist <strong>de</strong>r eigentliche Wirkstoff <strong>de</strong>r Ranunkeln das Anemonin,<br />
das noch in einer Verdünnung von I : 100000 antibakterielle Wirkung zeigt.<br />
m bes er verstehen zu können. w ie Lettern , Verzierungen <strong>und</strong> Pflanzenblätter mit feinsten<br />
Details beim Glockenguß in M etall ve rwan<strong>de</strong>lt wer<strong>de</strong>n, sei das Abgußverfahren, das <strong>de</strong>m<br />
Prinzip <strong>de</strong>r "verlorenen FOnll " folgt, kurz erläutert. Die beigegebene Zeichnung (Abb. 5)<br />
dient zum be eren Verstehen <strong>de</strong>r Beschreibung.<br />
I . Errichten eines glockenförmigen Aufbaus, <strong><strong>de</strong>s</strong> Glockenkerns ( I ), au Ziegelsteinen über<br />
einem au, Stein erbauten Herd (H), <strong>de</strong>r über ein Feuerung loch (F) beheizt w ird. Der<br />
Glockenkern ist an se iner Basis völlig offen, an seinem oberen En<strong>de</strong> w ird zunächst ein<br />
Loch offen gelassen. damit <strong>de</strong>r Rauch abziehen kann <strong>und</strong> in <strong>de</strong>n eine senkrechte Achse (A)<br />
ge teilt w ird, an <strong>de</strong>r ein drehbarer. die Glockenform be timmen<strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>l befestigt w ird<br />
(hier nicht abgebil<strong>de</strong>t).<br />
2. Beschichten <strong><strong>de</strong>s</strong> Backsteinkerns mit Lehm. Die noch weiche L ehmschicht (2) wird mittels<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> drehbaren M o<strong>de</strong>ls in Glockenfonn gedrechselt, die Oberfläche geglättet <strong>und</strong> durch ein<br />
gelin<strong><strong>de</strong>s</strong> Feuer im Herd langsam gehärtet. Die Oberfläche <strong>de</strong>r Lehmschicht wird mit Unschlitt<br />
eingeschmiel1.<br />
3. Auf <strong>de</strong>n getrock neten Glockenkern wird eine zweite, sehr feine homogene Lehmschicht<br />
aufgetragen <strong>und</strong> mit einem, um die zentrale Achse (A) drehbaren, an<strong>de</strong>ren M o<strong>de</strong>l in Form<br />
gebracht. Diese neue chicht (3) stellt die tönerne Urform <strong>de</strong>r zukünftigen Glocke dar. sie<br />
w ird " fa lsche Glocke" genannt. ach<strong>de</strong>m sie getrocknet <strong>und</strong> ihre Oberfläche mit Wachs<br />
eingeschmiert wor<strong>de</strong>n ist. wer<strong>de</strong>n mit Hilfe von Prägemo<strong>de</strong>l n Ornamente <strong>und</strong> Letlem aus<br />
Wachs aufgesetzt <strong>und</strong> Pflanzenblätter mit Wachs aufgek lebt.
159<br />
4. Die tönerne rform wird nun in einen dicken, mit Drähten <strong>und</strong> Ei enringen almierten<br />
L ehmmantel (4) eingehüllt, an <strong>de</strong>m noch Haken <strong>für</strong> die spätere Aufhängung angebracht<br />
wer<strong>de</strong>n. Nach langsamem Trocknen wird <strong>de</strong>r gesamte tönerne Aufbau <strong>de</strong>r Glocke gebrannt,<br />
dabei chmilzt die Wachsauflage <strong>de</strong>r tönernen rfornl.<br />
5. Der Glockenmantel (4) w ird mit Seilen hochgezogen. An seiner Innenseite i t die Oberfläche<br />
<strong>de</strong>r Urform abgeprägt. Die Innenseite <strong><strong>de</strong>s</strong> Mantels wird mit fettem Ruß beschichtet. Dann<br />
wird die tönerne Urfonn (3) <strong>de</strong>r Glocke zerschlagen <strong>und</strong> vom K ern gelöst.<br />
6. Der Glockenmantel (4) wird an Seilen w ie<strong>de</strong>r herabgela sen <strong>und</strong> in seine alte Po ition<br />
gebracht. Anstelle <strong>de</strong>r tönernen Urform ist nunmehr ein Hohlraum getreten, in <strong>de</strong>n später<br />
die flüss ige Bronze eingefüllt wird.<br />
7. Auf die obere Öffnung <strong>de</strong>r Glocke wer<strong>de</strong>n die Kronenhenkel aus Wachs aufgesetzt, dieser<br />
Teil mit Lehm ummantelt <strong>und</strong> die Einfüllöffnungen <strong>für</strong> die Schmelze geschaffen. Dann<br />
wird die Dammgrube, in welcher die Glocke steht , mit Er<strong>de</strong> aufgefüllt <strong>und</strong> durch die<br />
Einfüllöffnungen die Schmelze eingegossen.<br />
A<br />
Abb. 5: Veran schaulichung<strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Arbeitsstufen bei <strong>de</strong>r Her rellungeinerGlocke. A) Achse<br />
o<strong>de</strong>r Spin<strong>de</strong>l <strong><strong>de</strong>s</strong> drehbaren Mo<strong>de</strong>l . F) Feuerung loch. H) Herd. I + 2 Glockenkern aus Backsteinen<br />
+ Lehm . 3 rform aus Ton = "Falsche Glocke". 4 Mantel. äheres siehe Text.
160<br />
äheres über <strong>de</strong>n Glockenguß sind z. B. <strong>de</strong>n Schriften von HAAS 1996, HÜ'n 'ER 1957.PoPPE<br />
18 16, TH ELLE 1989 zu entnehmen.<br />
Der Glockengießer Hans onrad Flach in Schaffhausen (t 12.2. 1682) ist <strong>de</strong>r Nachfo lger<br />
eines verm utlichen Vaters Benedikt Fl ach ( 157 1- 1635; . Dt. Glockenatlas, Bd. I : 85 , F<br />
289). A us <strong>de</strong>r Werk lat! <strong><strong>de</strong>s</strong> Hans Conrad Flach stammen (nach fre<strong>und</strong>licher A uskunft von<br />
HelTn C. Imer, Museum A llerheiligen, Schaffllausen) außer <strong>de</strong>r Trossinger Glocke die<br />
Glocken von Aldingen bei Spaichingen ( 1650), von Weil <strong>de</strong>r Stad t (0. Jz.), von Oferdingen<br />
( 1653), von Endingen ( 1656). ur an <strong>de</strong>r Oferdinger Glocke wur<strong>de</strong>n noch B lattabdrücke<br />
angebracht.<br />
Schrifttum<br />
BEIILI G. L. ( 1957): Die Pflanze in <strong>de</strong>r millelal terlichen Tafelmalerei. Weimar (Böhlau Verl ag).<br />
( 1964): Die Pflanzenwelt <strong>de</strong>r millelal terlichen K alhedra len. Köln <strong>und</strong> Graz (Böhlau Verl ag).<br />
BRECER. T. ( 198 1): Glocken al s Denkmal <strong>und</strong> Kunslwerk. Denkma lpflege in Ba<strong>de</strong>n-Würllemberg, 10:<br />
145- 148.6 Abb. ; Slullgart.<br />
Deul scher Glockenatlas. Band I (Hrsg. G. GR ·NDMANN. Bearb. Sigrid TH RM); München u. Berlin<br />
(Deutscher Kunstverlag) 1959 .<br />
. Band 4 (Bearb. S. TII URM U. T. L ElJSCII). München u. Berlin (Deutscher Kunstverlag) 1985.<br />
GESNER. O. ll.ORZECIiOWSK Io G. ( 197-l): Gift- <strong>und</strong> Arzneipflanzen von Milleleuropa. 3. Au fl . Hei<strong>de</strong>lberg<br />
(earl Winter ni v. Buchhdlg.).<br />
HAAS. H. ( 1996): Glocken giessen. Ein Handwerk fast wie im Millelalter. Illustrierte Wochenzeitung<br />
(IWZ) mit Fernsehprogramm Jg. 1996. r. 23. St ullgart.<br />
HEL Z- M OIIR. G. ( 199 1): Lex ikon <strong>de</strong>r Symbole. Bil<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Ze ichen <strong>de</strong>r christlichen Kunst. 3. Auf!..<br />
Her<strong>de</strong>r-Spektrum Taschenbuch Nr. 4008; Freiburg. Ba. el. Wien.<br />
HERDERS Lex ikon <strong>de</strong>r christlichen Ikonograph ie. llgemeine Ikonographie. 4 Bän<strong>de</strong>; Freiburg, Base l,<br />
Wien (Her<strong>de</strong>r Verlag) 1990.<br />
HOII'lER. R. ( 1974): Vom M arienkirchlein zur M artin-Luther-Kirche. Festschrift an läßl ich <strong>de</strong>r I nnen<br />
Erneuerung 1973/74: Tro singen.<br />
HGßNER, K . ( 195 7): Die Bronzegloc ke. Urania, 20: 20 1-205: Leipzig u. Jena.<br />
JM/TZEN. H. ( 1993): Stiftskirche in Tübingen. Beiträge zurTübinger <strong>Geschichte</strong> 5. 323 Seiten: Tübingen.<br />
(Kulruram t).<br />
LO'\lICERLS. . ( 1737): Vollsllindiges Kräuterbu ch usw. (rev idicrt von Peter FFENBACII usw .. mit einer<br />
Zugabe usw. von Ba lthasa r ERII ART. Ulm (Daniel Bartholomä).<br />
POPPE, H.M . ( 18 16): Technologisches Lex ikon (in 5 Bän<strong>de</strong>n). Band 2; Tübingen (Colla).<br />
RCFF. K .M . ( 1978): Das Tro singer Heimalmuseum. Schriften elcr Baar. 32: 174- 183 . Donaueschingen.<br />
SCHÖNFELDER. P. u. I. ( 1984): Der Ko mos- Heilpflanzenführer. 3. Aun.: Stuttgart (Franckh.).<br />
TIIELLE. W. ( 1989): M eister Irichs neues Geläu t. Histori sch e G lockengießereiwerkstan in L aucha an<br />
<strong>de</strong>r Unstrut. ran ia. 52. Nr. 6: 56-59: Leipzig.<br />
WI LHELM, L. ( 1927): nsere Tross inger Heimat. Tross ingen (M allh. Birk).<br />
Für die tetige fre<strong>und</strong>liche Unterstützung eitens <strong>de</strong>r Leiter <strong>de</strong> Trossinger Heimatmuseums<br />
gilt mein beso n<strong>de</strong>rer Dank Herrn Hans Kuhn (r), Herrn Siegfried Strom (t), Frau Margot<br />
Strom <strong>und</strong> Herrn Fritz Walter.
162<br />
weitere achforschungen brachten keine ergiebigen Informationen, lediglich im<br />
Generallan<strong>de</strong> archi v Karlsruhe fand sich eine schmale Akte, die ein Schlaglicht auf die Existenz<br />
<strong>de</strong>r Mühle am En<strong>de</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> 18. Jh . wirft. Die Akte trägt <strong>de</strong>n Titel:<br />
Die erbau <strong>und</strong> übersezung <strong>de</strong>r M ogeren Müll in zu füezheim auf <strong>de</strong>n <strong>de</strong>nen dortigen mülleren<br />
abgetrettenen Herrschaftlichen frießen Acker Betref. <strong>de</strong> ao 1795.<br />
So gering <strong>de</strong>r Umfang <strong>de</strong>r A kte auch i t, sie gibt einen sehr <strong>de</strong>utlichen Eindruck über die<br />
Situation <strong>de</strong>r Mühle um 1795.<br />
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bb. 2: Lageplan <strong>de</strong>r ehem. Mogernm li hle aur <strong>de</strong>m Friesenacker.
163<br />
Abb. 3: Mühlsteine (Fri esenacker).<br />
Abb. 4: Reste <strong>de</strong>r Wehrbefesti gung (Friesenacker).
164<br />
Das Gewann, auf <strong>de</strong>m sich die Mühlsteine befin<strong>de</strong>n, trug frUherdie Bezeichnung 'Frießenacker'<br />
(frie e = Wa sergräben in <strong>de</strong>n Wiesen ziehen; (Alem. TWB f. B a<strong>de</strong>n)). Zu Beg inn <strong><strong>de</strong>s</strong> 20.<br />
Jahrh<strong>und</strong>erts wur<strong>de</strong> das Geb iet aufgeforstet, davor war es Wiese. Die e Wiese, die an das<br />
Für tl. Fürstenbergische Forstrev ier grenzte, war 1723 durch ei nen Pfandschaftsvertrag mit<br />
Für tenberg an das Klo ter St. Blasien gekommen. Etwa 1,5 km stromabwäl1s liegt am linken<br />
Ufer <strong>de</strong>r Wutach ein Gewann namens 'Mogern '. Es befand sich im 18. Jh . im Besitz <strong>de</strong>r<br />
Familie M eister (o<strong>de</strong>r Mai ter). einer Familie, die bereits 1580 als ansäss ig in Fützen <strong>und</strong> im<br />
Bes itze einer Mühle aufscheint.<br />
In <strong>de</strong>r Fü tzener Chronik (P. WI LLIMSKI - 198 1) fin<strong>de</strong>t sich <strong>de</strong>r Eintrag:<br />
1736 Antoni Maister hat an <strong>de</strong>r Wutach (im Mogern) eine Mühle <strong>und</strong> eine Säge errichtet um<br />
zu erreichen daß auch in trockenen Jahren Frucht gemahlen <strong>und</strong> Ho lz ge ägt wer<strong>de</strong>n könnte.<br />
Die Stelle, an <strong>de</strong>r ur prünglich die Mühle im Mogern errichtet wur<strong>de</strong>, ist heute vom Weg aus<br />
nur mehr zu fin<strong>de</strong>n, wenn man gezielt danach sucht. Das Areal ist stark überwachsen, nur<br />
mehr die An<strong>de</strong>utung eines Weges weist in das Gestrüpp. F<strong>und</strong>amentreste sind nicht mehr<br />
erkennbar, am Ufer <strong>de</strong>r Wutac h fin<strong>de</strong>n sich j edoch noch Tei le von gesetzten Steinmauern ,<br />
Reste <strong><strong>de</strong>s</strong> Einlaufbauwerkes <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Mühlenkanal. Der Verlauf <strong>de</strong> Wasserkan als kann über<br />
eine L änge von etwa 160 m verfolgt wer<strong>de</strong>n. Vertraut man <strong>de</strong>r Eintragung in <strong>de</strong>r Fi.itzener<br />
Chronik: "Es ex istierte noch eine Beimühle 200 m unterhalb <strong>de</strong>r M ogeJ11mühle an <strong>de</strong>r Wutach"<br />
( 1795). so ist davon auszu gehen, daß sich das alte Mühlengebäu<strong>de</strong> nahe <strong>de</strong>m Anfang <strong>de</strong><br />
Wa erkanals bef<strong>und</strong>en hat. die Bei mühle <strong>de</strong>mentsprechend an <strong>de</strong>r Einmündung <strong><strong>de</strong>s</strong> K anals<br />
in die Wutach. Da <strong>de</strong>r ehemalige Wa serkanal heute nur mehr über eine Länge von 160 m<br />
erhalten ist, muß man davon ausgehen, daß <strong>de</strong>r ursprüngliche Pl atz <strong>de</strong>r Beimühle inzwischen<br />
von <strong>de</strong>r Wutach wegerodiert wur<strong>de</strong>.<br />
Abb. 5: M auerresre <strong>de</strong> Einlaufbauwerkes (Gewann M ogern).
165<br />
Der hauptsächliche achte il <strong>de</strong>r ursprüng li chen Mogern-Mühle be tand in <strong>de</strong>r schlechten<br />
Zugänglichkeit. Im Urbarium von 1780 wird ein 'Fußweg von <strong>de</strong>r Untennühle gegen Mogern'<br />
erwähnt, <strong>und</strong> in <strong>de</strong>r Chronik wer<strong>de</strong>n Ein wohner von Fützen zitiert, die von einem 'Eselspfad'<br />
von Fützen hinter <strong>de</strong>m Hardbuck vorbei zur Mühle sprechen.<br />
Es gab keinen Fahrweg in di e Schlucht, son<strong>de</strong>rn nur e inen schmalen Fußsteig, <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r<br />
Mühle aus in steilen Serpentinen durch die Flühen zur Hochfl äche führte. Welill man die em<br />
Pfad, <strong>de</strong>r heute zu großen Te il en von Schutt überlagert <strong>und</strong> nur mehr schl echt erkennbar ist,<br />
fo lgt, kann man sich kaum vorstellen. daß hier größere Lasten zur o<strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Mühle bewegt<br />
wur<strong>de</strong>n.<br />
och im l ahre 1903 wird in einer Beschreibung <strong><strong>de</strong>s</strong> Verl aufs <strong>de</strong>r Wutach das Flußtal im<br />
Bereich <strong>de</strong>r Flühen vom Steg nach Blumegg f1 ußabwärt al ni cht begehbar bezeichnet.<br />
[m l ahre 1795 war die Mühle je zur Hälfte im Besitz <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n Fützener Müller Vitus <strong>und</strong><br />
Johann Meister, die in Fützen die Ober- bzw. Untelmühle betlieben. Sie richteten im Sommer<br />
1795, unterstützt von <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Fützen, an das Kloster St. Blasien fo lgen<strong>de</strong> Bittschrift,<br />
aus <strong>de</strong>r die Situati on <strong>de</strong>r Mühle kl ar hervorgeht:<br />
"Hochwürdigster H. Fürst<br />
gdgster Fürst <strong>und</strong> Herr Herr!<br />
En<strong><strong>de</strong>s</strong>unterzeichnete hatten ano 1736 von gdgster Hell" 'chaft eine Mühlin an die Wunach<br />
in <strong>de</strong>r sogenan nten Mogere gegen Anrechnung e ines jähr!.en Zinses von 8 fI erbauen zu<br />
därfe n die gdgste Erlaubni ' erhalten. Allein da diese besagte Mühlin zu vielen Zeiten im<br />
Winter the il s wegen <strong>de</strong>m gar zu tal'ken Eiß, weil das Wasser einen schlechten Abl auf<br />
hatte, the il s wegen <strong>de</strong>m schlechten Weg, auf welchem we<strong>de</strong>r Wägen noch Kärren zu fahren,<br />
<strong>und</strong> thei ls beson<strong>de</strong>rs <strong>und</strong> Hauptsächlich wegen <strong>de</strong>n bereits alle Sommer ergeben<strong>de</strong>n vielen<br />
Wa sergüßen, wodurch le i<strong>de</strong>r fast all zeit das Wuhr zerri ssen wird, welches erst diesen Sommer<br />
wirklich geschehen ist, nicht kann gebraucht wer<strong>de</strong>n, so hatt sich samment!. Gemeind<br />
in Fü tzen aus eben besagten Ursachen <strong>und</strong> beson<strong>de</strong>rs wegen dieser, weil das Wuhr bey<br />
einem je<strong>de</strong>n ergeben<strong>de</strong>n Wasserguß <strong>de</strong>r Gefahr <strong><strong>de</strong>s</strong> Zerreissens ausgesezt sey, entschlo sen<br />
kein einzigen Stumppen Holz zu dieser mehr herzul assen; son<strong>de</strong>rn man solle bey gdgster<br />
Hen'schaft diese höchste Gnad auszuwirken suchen, daß diese Mühlin auf <strong>de</strong>n so genannten<br />
Herrschaft!.en Friesen Acker Berein fo l: ... I: ... därfte erbaut wer<strong>de</strong>n. Zu Aufbauung<br />
di e er Mühlin konnte alles von <strong>de</strong>r alten Mühlin noch vorhan<strong>de</strong>ne Holz gebraucht wer<strong>de</strong>n."<br />
nterzeichnet ist dieser <strong>und</strong>atierte Brief von 12 Fützener Bürgern <strong>und</strong> l ohannes Meister.<br />
Hell" chaftlicher Müller aus Ewattingen.<br />
SI. Bl asien zeigt sich durchaus geneigt, <strong>de</strong>n Wünschen <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong> Fützen entgegen zu<br />
kommen, hat allerdings Be<strong>de</strong>nken, daß <strong>de</strong>r Zufahrtsweg zur neuen Mühle über eine von <strong>de</strong>r<br />
herrschaft lichen 'Fütterey' in Fützen genutzte Wiese führen wür<strong>de</strong> <strong>und</strong> dadurch <strong>de</strong>ren Ertrag<br />
ehr eingeschränkt wäre. We iters stehe auf <strong>de</strong>m bezeichneten Bauplatz <strong>de</strong>m Hause Fürstenberg<br />
gemäß einem Pfandvertl'ag <strong>de</strong>r 'Blutbahn' sowie das Jagdrecht zu. Da die Angelegenheit als<br />
dringend erkannt wird, el1eilt Sr. Blasien am 22. August <strong>de</strong>n bei <strong>de</strong>n Hofkammerräten Erns t<br />
<strong>und</strong> von We bersheim <strong>de</strong>n Auftrag, sich an Ort <strong>und</strong> Stelle von <strong>de</strong>r Lage ein Bild zu machen.<br />
Bere its zwei Tage später, am Montag, <strong>de</strong>n 24. August 1795, fin<strong>de</strong>n sich die be i<strong>de</strong>n Beamten<br />
in Ewattingen e in . ach ihrer Ankunft um 10 Uhr morgens begibIman sich sofort nach<br />
Fützen, wo man um 13 Uhr eintri fft. ach <strong>de</strong>m Mittagessen fin<strong>de</strong>t unter Begleitung <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Pfarrers <strong>und</strong> Obermüllers Veit Meister eine Besichtigung <strong><strong>de</strong>s</strong> Friesenacke rs statt sowie <strong>de</strong>r<br />
angrenzen<strong>de</strong>n Al lmend, die man "hin <strong>und</strong> wi<strong>de</strong>r mit vielem Gestrauch überwachsen fo lg lich
166<br />
nicht durchaus f ruchtbar " fin<strong>de</strong>t. Veit M eister bezeichnet die Stelle, an <strong>de</strong>r das Wasserwerk<br />
gebaut wer<strong>de</strong>n sollte <strong>und</strong> welchen Verlauf <strong>de</strong>r Wasserkanal bis zu einer kleinen Anhöhe auf<br />
<strong>de</strong>r Wiese, wo die Mühle errichtet wer<strong>de</strong>n könnte, nehmen müßte. Die Mühle 011 3 Mahlgänge,<br />
eine Reibe <strong>und</strong> einen Obstmahlgang erhalten. Der Wasserkanal w ird mit 165 Schuh durch<br />
das helTSchaftliche Allmend <strong>und</strong> weitere 666 Schuh ürnberger Maß durch <strong>de</strong>n Friesenacker<br />
ausgemessen.<br />
Die bei<strong>de</strong>n Hofkammerräte stellen in ihrem Bericht fe t, daß <strong>de</strong>r Friesenacker durch <strong>de</strong>n Bau<br />
<strong>de</strong>r Mühle erheblich an utzen verlieren wür<strong>de</strong> <strong>und</strong> von <strong>de</strong>n Müllern daher ein entsprechen<strong>de</strong>r<br />
Ersatz anzubieten sei. Ihre die bezüglich in Fützen gemachten For<strong>de</strong>rungen stoßen allerdings<br />
bei <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Müllern au f wen i gEntgegenkommen. Bei<strong>de</strong> Müller beteuern , von ihren ei genen<br />
Wiesen nichts abgeben zu können <strong>und</strong> nicht in <strong>de</strong>r L age zu sein, zu sätzliche Gr<strong>und</strong>stücke zu<br />
erwerben. Trotz <strong><strong>de</strong>s</strong> Zuspruches <strong><strong>de</strong>s</strong> herrschaftlichen Vogtes von Fützen <strong>und</strong> an<strong>de</strong>rer Bürger<br />
bleiben die Müller bei ihrer Weigerung, so daß die Commiss ion am nächsten Tag wie<strong>de</strong>r von<br />
Fützen abrei t. Um die Größenverhältnisse <strong>und</strong> die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r in Frage stehen<strong>de</strong>n Flächen<br />
richtig ein chätzen zu können, muß man be<strong>de</strong>nken, daß die bei<strong>de</strong>n Müller im Jahre 1780 in<br />
Fützen einen Gr<strong>und</strong>bes itz von j e<strong>de</strong>r etwa 6,5 Jauchert hatten.<br />
Drei Tage später erscheint <strong>de</strong>r Vogt von Fützen auf <strong>de</strong>m Amt in Ewattingen <strong>und</strong> überbringt<br />
einen Vorschlag, nach <strong>de</strong>m die bei <strong>de</strong>n Müller <strong>de</strong>m Kloster St. Blas ien zwei aneinan<strong>de</strong>rstoßen<strong>de</strong><br />
Wiesenstücke zum Tau sch anbieten. Die Wiese liegt bei Fützen an <strong>de</strong>r Straße nach Epfenhofen.<br />
Ihr Vorteil ist die ähe zum Ort, die kurze <strong>und</strong> ebene Zufahrt, ihr achteil, daß sie kein<br />
Emdrecht besitzt <strong>und</strong> gemäß einem Übereinkommen mit Epfenhofen <strong>de</strong>m allgemeinen Wei<strong>de</strong>recht<br />
bei<strong>de</strong>rGemein<strong>de</strong>n unterliegt.<br />
Ergänzend zu diesem Beri cht vom 28. August bemerkt das Amt Ewattingen, daß durch <strong>de</strong>n<br />
bestehen<strong>de</strong>n Pfandschaftsvertrag über <strong>de</strong>n Frie enacker kein Hin<strong>de</strong>nmgsgr<strong>und</strong> <strong>für</strong> die Erteilung<br />
<strong>de</strong>r Baugenehmigung gegeben sei.<br />
Obwohl St. B lasien auf die erste Bittschrift aus Fützen bemerkenswel1 schnell reagiert, kommt<br />
nach Abschluß <strong>de</strong>r B esichtigung <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Angebot <strong>de</strong>r Wiese als Tauschobjekt kein endgültiger<br />
Bescheid, so daß sich die bei<strong>de</strong>n Müller mit Hans Martin G leichauf, <strong>de</strong>m Bürgenneister, am<br />
26. September bemüßigt sehen. sich neuerlich an das Klo ter zu wen<strong>de</strong>n <strong>und</strong> zu bitten "die<br />
Erlaubnis zu Transferierung ihrer bey Wasserklammen Zeiten so unentbehrlichen Mühle nicht<br />
mehr zu verzögern , da <strong>de</strong>r Winter allbereit vor <strong>de</strong>r Thüre stehe." Si e bieten auch an, die<br />
Herrschaft nach unparteiischer Schätzung schadlos zu halten, fall diese das zum Tausch<br />
vorgesehene Wiesenstück im Wert nicht ausreichend fin<strong>de</strong>t.<br />
A m 27 . September beg ibt sich daher neuerlich eine Commission nach Fützen um das Wiesenstück<br />
an <strong>de</strong>r Straße nach Epfenhofen zu besichtigen <strong>und</strong> zu schätzen. Sie befin<strong>de</strong>t, daß die<br />
Wie e günstig liegt <strong>und</strong> durch eine zu sätzliche Düngung, die von <strong>de</strong>r HelTSchaftlichen Fütterey<br />
in Fützen leicht zu bewerkstelligen ist, im Ertrag gesteigert wer<strong>de</strong>n kann. An<strong>de</strong>rerseits bemängelt<br />
ie, daß. falls die Heuernte durch ungünstiges Weiter in Mitlei<strong>de</strong>nschaft gezogen<br />
wird. dieser Verlust durch da. Emd nicht hereingebracht wer<strong>de</strong>n kann. Im Ganzen gesehen,<br />
ist das angebotene Stück Wiese kein gleichwertiger Ersatz <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Friesenacker. Diese Entscheidung<br />
wird <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Müllern mitgeteilt, <strong>und</strong> sie wer<strong>de</strong>n aufgefor<strong>de</strong>rt, ihr Angebot nachzubessern<br />
. A ls Alternative wird ihnen angeboten. vom Friesenackernur <strong>de</strong>n <strong>für</strong><strong>de</strong>n Mühlenbau<br />
nötigen Teil zu ak zeptieren <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Re 1St. Blasien zu belassen.<br />
Am Tag darauf stimmen die bei <strong>de</strong>n Müller diesem Vorsc hlag zu <strong>und</strong> begeben sich mit <strong>de</strong>r<br />
Commiss ion zum Friesenacker, wo <strong>de</strong>r Verl auf <strong>de</strong>r Was erleitung <strong>und</strong> Mühlplatz ausgepfählt<br />
wer<strong>de</strong>n.
167<br />
In einem Bericht <strong>de</strong>r Commission vom 30. September wird SI. Blasien dieser Tausch als d ie<br />
günstigste Lösung empfohlen <strong>und</strong> um eine möglichst rasche Entscheidung gebeten.<br />
Bere its am 03. Oktober 1795 erhält das Amt Ewattingen <strong>de</strong>n Be che id von SI. Blasien mit<br />
<strong>de</strong>m Entwurf <strong><strong>de</strong>s</strong> Tauschvertrages, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Müllern zu r Unterschrift vorgelegt wer<strong>de</strong>n<br />
soll , mit <strong>de</strong>r zusätzlichen Bemerkung "wobey es sich von selbst verstehet, daß diese (die<br />
Müller) nebst <strong>de</strong>r gewöhnlichen Taxe <strong>und</strong> Schre ibgebühren auch die bey <strong>de</strong>n zwey A ugenscheinen<br />
aufgelaufenen Unkösten, d ie mit Unserem Fürstl. Hofamte zu verrechnen sind, bezahlen<br />
sollen. " Danach könnten die bei<strong>de</strong>n Müller die Übersetzung ihrer Mühle von Mogern<br />
auf <strong>de</strong>n Friesenacker ohne weiteres vornehmen.<br />
Vertragsentwurf:<br />
Tausch<br />
Gdgste Herrschaft von SI. Blasien überl aßt auf unterthänigste bitte Ihrer Unterthanen zu<br />
Füzen <strong>de</strong>n bee<strong>de</strong>n M üllern Johann <strong>und</strong> Veit Me istern daselbst -<br />
l !ill Ohngefähr I - I /2 Jcht von 2 Jcht 2 Vl g 79 Ruthen <strong>de</strong>n unteren Teil gegen die Wuttach<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> in <strong>de</strong>r neuen Berein fol.22. r.99 I beschriebenen Herrschaftl.Friesenakers, so wie<br />
dieses Stük am 28ten vorigen Herbstmonats von <strong>de</strong>m hiesigen H.renovator Keller ausgesteckt<br />
wor<strong>de</strong>n.<br />
2= Erte ilet gdgste Herrschaft ersagten Müllern die Erlaubniß ihre auf Mogern bisher gehabte<br />
bee<strong>de</strong>n halbte ilige nun baufällige Mühle, dort abzubrechen <strong>und</strong> auf das ihnen nun abgetretene<br />
Stük <strong><strong>de</strong>s</strong> Friesenakers <strong>de</strong>rgestalt zu übersezen, daß sie in <strong>de</strong>r Wuttach das<br />
ihnen nöti ge Mühlwuhr anlegen, <strong>de</strong>n Mühlegraben sowohl auf <strong>de</strong>m daranstehen<strong>de</strong>n<br />
Hen·schaftl.Allmendfeld als auf ihrem nun eigentümlichen Anteil <strong><strong>de</strong>s</strong> Friesenakers durchführen,<br />
auch <strong>de</strong>n nötigen Fahrweg wie alles dieses ausgestekt ist, izt <strong>und</strong> zukünfti gen<br />
zeiten einrichten mögen.<br />
3 1cns Den Mühlplaz <strong>und</strong> Hofraithe auf Mogern mögen die Eigenthümer zu <strong>de</strong>r da elbst<br />
innhaben<strong>de</strong>n Wi eße schlagen <strong>und</strong> urbar machen.<br />
4= Von <strong>de</strong>m auf <strong>de</strong>m Herrschaftl.Friesenaker neu zu errichten<strong>de</strong>n Mühlwerk sowohl , als<br />
auch von <strong>de</strong>m vorigen Mühlplaz <strong>und</strong> Matten auf Mogern , solle je<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r bee<strong>de</strong>n Müller<br />
zu Füzen <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren achkommen <strong>de</strong>n laut neuer berein fol.679 <strong>und</strong> 687 bisher entrichteten<br />
Gr<strong>und</strong>- <strong>und</strong> Mühlezins fernerhin jähr lich mit 4 fI an <strong>für</strong>stl. Rentamt zu Bondorf<br />
erlegen.<br />
5 1en , Eben so haben sie Müller nicht nur die von <strong>de</strong>m Mühlwerk <strong>und</strong> Matten auf Mogern <strong>de</strong>r<br />
Landschaft <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Geme ind schuldige Schatzung fe rnerhin wi e bisher zu entrichten,<br />
son<strong>de</strong>rn sie soll en auch auf die ihnen nun neuerdings zukommen<strong>de</strong> 1- 1/2 Jcht vom<br />
Friesenaker, wie unter § 8 vorkommt, auch <strong>de</strong>n weiteren Schazung anschl ag von 63 f<br />
3xr übernehmen, <strong>und</strong> je<strong>de</strong>rzeit versteuern.<br />
6 1ens Den Groß- <strong>und</strong> Kl ein-zehn<strong>de</strong>n auf Mogern sowohl als auch <strong>de</strong>m Friesenaker-Ante il<br />
btrfs hat es bei <strong>de</strong>m, was in <strong>de</strong>r neuen berein fol.147 1 <strong>de</strong>n 1509 bis 1511 incl. eingetragen<br />
ist, ebenfalls sein bewen<strong>de</strong>n.<br />
Dagegen<br />
7= Erhält gdgste Herr chaft statt obigen 1- 1/2 Jcht Friesenakers<br />
a. von Ve it Meister ObennüLler 1 Vl g 87 Ruth e igene Wies in <strong>de</strong>r geme inen We id<br />
bere in fo l 886 13 14 I iegt einerseits an Miche l Meister o<strong>de</strong>r hirnachfolgen<strong>de</strong> Wi es,<br />
an<strong>de</strong>rseits an Fi<strong>de</strong>li Rötenbacher <strong>und</strong> Konsorten, stoßt oben auf Anton Scheuchen <strong>und</strong><br />
Konsolten Wiesen unten auf <strong>de</strong>n Weg. Schazungsanschl ag = 35 f; Mittlerer Anschlag =<br />
l tOf
168<br />
b. von Johann M ei ter ntermüller 2 Vlg von 3 Vlg 7 Ruthen eigner Wies in <strong>de</strong>r<br />
Gemeinenweid Berein fol 935 no 13 12 <strong>und</strong> 13 13 liegt einerseits an Anton Scheuch<br />
Bauer, an<strong>de</strong>rseit an <strong>de</strong>r Straß, hinaus an Veit M eister Bauern Bahnwies, sowie an<br />
Joseph Korhummel o<strong>de</strong>r nunmehr an die vorige Herrschaft swie , i t in <strong>de</strong>m Schatzungsanschlag<br />
= 28 f 3xr. im mittleren Anschlag = 100 f.<br />
8t= Von diesen bee<strong>de</strong>n Wies Stüken übernimmt j e<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r vorgenannten Müllern die ihn<br />
betreffen<strong>de</strong> Schatzung respec mit = 35 f<strong>und</strong> 28 f 3 xr zu sammen mit = 63 f3 xr auf <strong>de</strong>n<br />
ihnen überlassenen Friesenakeranteil w ie oben § 5 gemel<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>.<br />
9= Auf diesen gdgster HelTSchaft als eigen <strong>und</strong> Schazungsfrei überlassenen 2 Wiesstüken<br />
hat es in Rücksicht <strong><strong>de</strong>s</strong> Weidganges bei <strong>de</strong>r hergebrachten in <strong>de</strong>r Berein fol 1515 bechriebenen<br />
Observanz ein Verbleiben.<br />
10,on, auf <strong>de</strong>m gdgster HelTSchaft noch verbleiben<strong>de</strong>n Anteil <strong><strong>de</strong>s</strong> Friesenakers zw ohngefähr 5<br />
Vlg bedinget sich gdgste HelTScll aft das Recht aus <strong>de</strong>n zu ziehen<strong>de</strong>nneuen Mühlgraben<br />
das ab <strong>de</strong>r Mühle kommen<strong>de</strong> Wasser zur Wäd<strong>de</strong>rung nach Willkühl' <strong>und</strong> Erfor<strong>de</strong>rniß<br />
zu gebrauchen, eben so<br />
II t= behält gdgste Herr chaft sich ausdrücklich das Recht bevor, <strong>de</strong>n nötigen Weg <strong>und</strong> Straße<br />
zu <strong>und</strong> ab ihrem verbleiben<strong>de</strong>n Frie enaker-Anteil <strong>de</strong>mneuen Mühlweg nach <strong>und</strong> über<br />
<strong>de</strong>n neuen Mühlplaz zu allen l ahrsze iten nach othdurft <strong>und</strong> Gefallen nehmen zu<br />
können.<br />
I ach diesem Vertragsentwurf fin<strong>de</strong>n . ich in <strong>de</strong>r kte nur noch ein drei Jahre später abgefasster<br />
Be chwer<strong>de</strong>brief <strong><strong>de</strong>s</strong> H errn Hofmeisters von Webersheim <strong>und</strong> eine daraufhin von SI. Blasien<br />
an da Amt Ewaningen gerichtete Auffor<strong>de</strong>rung:<br />
"Bey <strong>de</strong>r schon vor beynahe 3 Jahren vorgenommenen Translokati on <strong>de</strong>r Mühle zu Füezen<br />
haben sich an K östen bey <strong>de</strong>n bey die er Gelegenhei t vorgenommenen Augenscheinen zusammen<br />
18 f 37 xr aufgelaufen, welche die bei <strong>de</strong>n Müller Johann <strong>und</strong> Veit M eister da elbst<br />
bi s dato noch rückständig sind; Wir ertheilen daher Unserem Fürstl.Hof-Amte <strong>de</strong>n gdgsten<br />
Auftrag gedh. 18 f]7 Xl' einzutreiben , <strong>und</strong> nserem Hofkammerrath v. Webersheim, welcher<br />
die 'e Kosten ex proprus bestritten einzuliefel1l."<br />
Vom weiteren Schicksa l <strong>de</strong>r Mogern-Mühle konnte nichts in Erfahrung gebracht wer<strong>de</strong>n. ln<br />
einer 1903 herau sgegebenen Be chreibung 'Oas Wutachtal vom Feldberg bis zum Rhein'<br />
chreibt Eduard SCH STER:" ... jetzt al Ruin dastehen<strong>de</strong> frühere Moggerer Mühle, die schon<br />
vor <strong>de</strong>m Wolkenbruch 1895 ausser Betrieb war, <strong>de</strong>ren Einrichtung aber durch diesen zerstöl1<br />
wur<strong>de</strong> ... " (Bonndorf 1903).<br />
Im 'Oonaue chinger Wochenblatt ' fand sich we<strong>de</strong>r im Jahre 189 1, das am Mühlenplatz als<br />
Jahr <strong>de</strong>r Zerstörung durch Hochwasser angegeben ist. noch bei <strong>de</strong>n Berichten über das chreckliehe<br />
nwetter im Juni 1895 eine Erwtihnung <strong>de</strong>r Mogern-Mühle.<br />
Verwen<strong>de</strong>te Quellen<br />
Generallan<strong><strong>de</strong>s</strong>archiv Karlsruhe<br />
W ILLIMSKI. P., ( t 98 I ): Chronik FÜlzcn.<br />
SCII STER. E., ( 1903): Das Wutachtal - vom Fcldberg bis wm Rh ein.<br />
BAUM. H .. ( 1972): Alemannisches Taschcnwörterbuch <strong>für</strong> Ba<strong>de</strong>n.<br />
Erwähnte Maße<br />
Längenmaß:<br />
FlächenmaH:<br />
W ährun g:<br />
ürnberger Schuh = 30.30 cm<br />
I Jauchert = 4 Vierling = 250 Ruthen = 23 Ar<br />
r (o<strong>de</strong>r fI = fl orin) = Gul<strong>de</strong>n = 60 xr (Kreuzer)
.~ .<br />
16 9<br />
Heckentransplantation o<strong>de</strong>r Neupflanzung?<br />
Ein Beispiel aus Bräunlingen<br />
von Gerhard Bronner<br />
Südlich <strong>de</strong> Bam·-Städtchen. Bräunlingen erstreckt sich ein ausge<strong>de</strong>hntes <strong>und</strong> gut erhaltene<br />
Heckengebiet (Abb. 2). lm Untergr<strong>und</strong> teht Musche lkalk an, es han<strong>de</strong>lt sich also geologisch<br />
um die süd liche F0I1setzung eier östlich an elen Schwm·zwald anschließen<strong>de</strong>n <strong>und</strong> überwiegend<br />
als Acker genutzten Gäuplanen. das Villingen-Bräunlinger Schwarzwaldvorland.<br />
In solchen Ackerbaugebieten mit Kalkuntergr<strong>und</strong> kommen regelmäßig be im Pflügen unverwitterte<br />
Kalkstei ne an die Oberfl äche. Sie wur<strong>de</strong>n als "Lesesteine" aufgesammelt <strong>und</strong> an <strong>de</strong>n<br />
Feldrainen abgelegt. In die en ungenutzten Steinhaufen <strong>und</strong> an ihren Rän<strong>de</strong>rn konnten durch<br />
Anflug o<strong>de</strong>r durch Tiere eingebrachte Samen keimen. Die daraus ent tehen<strong>de</strong>n Gehölze wur<strong>de</strong>n<br />
all mähl ich zur Hecke.<br />
J.:<br />
J<br />
'0<br />
Y #,<br />
r· ".:.....~i • Jm .... al<br />
Legen<strong>de</strong><br />
Baugebiet "Galgenberg"<br />
---=><br />
Hecke außerhalb Baugebiet<br />
weggefallene Strauchhecke<br />
Innerhalb Baugebiet<br />
weggefallene Krauthecke<br />
Innerhalb Baugebiet<br />
i hili!i! !il ll iI!!lIIllI l<br />
verpflanzte Hecke
170<br />
Während seit Anfang <strong>de</strong>r sechziger Jahre <strong>de</strong>r Hec kenbestand vielerorts dra tisch zurückging,<br />
blieb die Bräunlinger Heckenlandschaft weitgehend unversehrt. A uf <strong>de</strong>r südlich anschließen<strong>de</strong>n<br />
Dögginger Gemarkung dagegen wur<strong>de</strong>n praktisch alle Hecken entfernt. A ls man im letzten<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert die Eisenbahn zwischen eustadt <strong>und</strong> Donaueschingen baute, benötigte man <strong>für</strong><br />
<strong>de</strong>n Bahnkörper Steine. Da kamen die nahe <strong>de</strong>r Bahnlinie gelegenen Lesesteinriegel gera<strong>de</strong><br />
rec ht. Durch die Entnahme <strong>de</strong>r Steine wur<strong>de</strong>n die Flächen w ie<strong>de</strong>r kultivierbar, <strong>und</strong> heute<br />
kün<strong>de</strong>t nichts mehr von <strong>de</strong>r einstigen Heckenlandschaft.<br />
Die Bräunlinger Heckenlandsc haft dagegen erfreut sich großer Wertschätzung bei aturschützern<br />
<strong>und</strong> Spaziergängern . Dementsprechend gab es große Be<strong>de</strong>nken eitens <strong><strong>de</strong>s</strong> aturschutzes,<br />
als die Stadt Bräunhngen 1990 im Rahmen <strong><strong>de</strong>s</strong> Flächennutzungsplanes das Baugebiet<br />
Galgenberg weit in die Hec kenl andschaft hinein erweitern wollte (Abb. I ). Daj edoch kurzfristig<br />
keine an<strong>de</strong>ren Bauflächen verfügbar waren, einigte man sich auf einen K ompromiß:<br />
die von <strong>de</strong>r Stadt geplanten 17,7 ha wur<strong>de</strong>n auf 11 ,4 ha reduziert, davon 7,7 ha in einem<br />
ersten Bauabschnitt. Für das Baugebiet wur<strong>de</strong> ein anspruchsvoller Grünordnungsplan er teilt,<br />
in <strong>de</strong>m neben weitgehen<strong>de</strong>n Bestimmungen <strong>de</strong>r Grüngestaltung im Gebiet selbst auch A usgleichsmaßnahmen<br />
vorgesehen waren. Unter an<strong>de</strong>rem sollten Hecken, die in das Baugebiet<br />
fallen. an <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Rand verpflanzt wer<strong>de</strong>n. Damit hoffte man, in <strong>de</strong>n neu angelegten Hecken<br />
eine größere ökologische Vielfalt zu erh alten, als es durch die eupflanzung von Gehölzen<br />
möglich gewesen wäre.<br />
Gegen die Heckenverpflanzung gab es erhebliche Vorbehalte in <strong>de</strong>r Bevölkerung <strong>und</strong> vor<br />
allem beim Gemein<strong>de</strong>rat. So zweifelte man am Erfolg <strong>und</strong> kriti ierte die damit verb<strong>und</strong>enen<br />
hohen Kosten: 36 800 DM sollte die euanlage von r<strong>und</strong> 200 laufen<strong>de</strong>n M eter Hecke kosten.<br />
Dennoch wur<strong>de</strong> im Jahr 1992 die Heckentransplantation durchgefül1lt. Dabei ging man w ie<br />
folgt vor:<br />
Zuerst wur<strong>de</strong> am neuen Standort <strong>de</strong>r Oberbo<strong>de</strong>n abgeschoben <strong>und</strong> gelagert. 1n <strong>de</strong>n bestehen<strong>de</strong>n<br />
Hecken wur<strong>de</strong>n die Bäume entfernt <strong>und</strong> die Sträucher zurückgeschninen bzw. auf <strong>de</strong>n Stock<br />
gesetzt. Mit <strong>de</strong>r Planierraupe wur<strong>de</strong>n anschließend die Sträucher samt Wu 17..e I werk entnommen<br />
<strong>und</strong> sofort an <strong>de</strong>n neuen Standort verbrac ht. Mit <strong>de</strong>m gelagerten Oberbo<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong> die Hecke<br />
schließ lich 30-50 cm ange füllt, sodaß das Wurze lwerk <strong>de</strong>r Sträucher be<strong>de</strong>ckt war.<br />
Durch <strong>de</strong>n ersten Abschnitt <strong><strong>de</strong>s</strong> Baugebiete, mit 7,7 ha fielen 725 laufen<strong>de</strong> M eter Hecke<br />
weg. D arunter waren 520 Ifd m gehölzbestan<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r Rest bestand ausschließlich au Krautsäumen.<br />
Die entnommenen Gehölze wur<strong>de</strong>n an <strong>de</strong>n Rand <strong><strong>de</strong>s</strong> Baugebietes versetzt <strong>und</strong> dort<br />
zu einer 175 m langen, zweireihigen Hecke angeordnet (Abb. I ).<br />
Es stellte sich heraus, daß die Heckentransplantation wesentlich preisgünstiger war als<br />
angenommen. Statt kalkulierten 36800 DM kostete sie nur 7000 DM. Die eupflanzung<br />
einer zweireihigen Hecke mit ca 120 Gehölzen inclusive Verbißsc hutz <strong>und</strong> Erstpflege wäre<br />
wohl kaum billiger gewesen.<br />
1994, also zwei Jahre nach <strong>de</strong>r Transplantati on, wur<strong>de</strong> eine Erfolgskontrolle durchgeführt.<br />
Das Ingenieurbüro V oss. das die Transplantation geplant hatte, ermittelte auf Probeflächen<br />
einen nwuchsgrad <strong>de</strong>r Gehölze von 95 %. Vom Verfasser wur<strong>de</strong> im Sommer 1996 eine Erfassung<br />
<strong>de</strong>r verpflanzten Gehölze nach A rten <strong>und</strong> eine Erfa sung <strong>de</strong>r krautigen Arten in <strong>de</strong>r<br />
Hecke vorgenommen. Die Ergebnisse sind in <strong>de</strong>n Tabellen I <strong>und</strong> 2 dargestellt.<br />
In <strong>de</strong>r neu angelegten Hecke sind also 20 Gehölzarten veru·eten. Die Mischung entspricht im<br />
Prinzip <strong>de</strong>r A rtenzusammen etzung <strong>de</strong>r benachbaJ1en, unge törten Hecken <strong>und</strong> ist ten<strong>de</strong>nziell<br />
vielfältiger als wenn eine neue Hecke gepflanzt wor<strong>de</strong>n wäre. Der Vergleich mit einer Erfassung
17 1<br />
Abb. 2: Bräunlingen, Blick vom Schellenberg. Die Stadt ist rings von Hecken umgeben.<br />
Abb. 3: transplantierte Hecke 1994. Z wei Jahre nach <strong>de</strong>r 'Tran plantation' ist annähernd die gleiche<br />
Artenzahl w ie in einer ungestörten Hecke fe tzustellen.
172<br />
<strong>de</strong>r inzwischen beseitigten Hec ken durch Felix ZINKE ( 199 1) ze igt, daß mit Ausnahme <strong>de</strong>r<br />
echten Bäume alle Gehölzarten erfolgreich verpflanzt wur<strong>de</strong>n. Auch bei eher selteneren o<strong>de</strong>r<br />
empfindlichen Alten wie Alpen-Johanni beere. Stachelbeere o<strong>de</strong>r Buschrose gelang die Verpflanzung.<br />
Solche Arten sind in gepflanzten Hecken selten vert reten, weil sie von Baumschulen<br />
kaum geliefert wer<strong>de</strong>n.<br />
Die neuausgeschlagenen Gehölze haben inzwisc hen eine Höhe von bis zu 3 m erreicht. An<br />
Stümpfen wur<strong>de</strong>n bei Weißdornen ein Alter von 40 Jahren bzw 25 Jahren ennittelt.<br />
Auch bei <strong>de</strong>r Krautvegetation ist die Verpflanzung von bestimmten Saum-Arten gelungen.<br />
Dabei wur<strong>de</strong> die krautige Saumvegetation nicht bewußt verpflanzt. Vielmehr wur<strong>de</strong>n <strong>de</strong>ren<br />
Diasporen o<strong>de</strong>r leben<strong>de</strong> Pflanzenteile mit <strong>de</strong>n Wurze lstöcken <strong>de</strong>r Gehölze verpflanzt. D a die<br />
Gehölze noch nicht so groß sind, daß ie einen K ronenschluß erreicht hätten, beherrschen die<br />
krautigen A rten auch das Heckeninnere. In <strong>de</strong>r neu angelegten Hecke dominieren momentan<br />
Gräse r (Abb. 3).<br />
Je nach Nährstoffgehalt <strong><strong>de</strong>s</strong> Bo<strong>de</strong>ns kommen in <strong>de</strong>n Bräunlinger Hecken Brennessel-, Goldkälberkropf-<br />
<strong>und</strong> Z ickzackklee-Säume vor. Ten<strong>de</strong>nziell herrschen bei angrenzen<strong>de</strong>n Ä ckern<br />
<strong>und</strong> tark gedüngten Wiesen stickstofflieben<strong>de</strong> Säume vor, bei schwach o<strong>de</strong>r nicht gedüngtem<br />
Grünland dagegen nährstoffanne. Die Par ze llen zwischen <strong>de</strong>n f rüheren Hecken waren teils<br />
Acker, tei ls Wiese. ach <strong>de</strong>r Erfassung ZI KES waren an <strong>de</strong>n entfernten Hecken alle genannten<br />
Saumtypen vertreten.<br />
Die Kraut vegetation <strong>de</strong>r neuen Hecke w ird in Tabelle 2 mit <strong>de</strong>m Saum einer benachbarten<br />
ungestörten Hecke <strong>und</strong> einer Aufl istung <strong>de</strong>r Saumarten <strong>de</strong>r beseitigten Arten (nach ZINKE)<br />
verglichen (Tab. 2). Obwohl ZINKES Liste nicht vollständig ist <strong>und</strong> eher auf beson<strong>de</strong>rs charakteri<br />
tische <strong>und</strong> seltene A rten abhob, kann man doch erkennen, daß nur ein Teil <strong>de</strong>r Saumarten<br />
<strong>und</strong> eher die häufigen erfolgreich verpflanzt wur<strong>de</strong>. A nspruchsvollere Arten <strong>de</strong>r<br />
Trockensäume <strong>und</strong> Halbtroc kenrasen ind nur noch vereinzelt in <strong>de</strong>r neuen Hecke vertreten.<br />
1m Vergleich zu einer benachbarten, ungestörten Hecke ist die Artenzahl allerdings ähnlich.<br />
A ls Erklärung kann auf die Ru<strong>de</strong>ralisierung durch die Umpflanzung verw iesen wer<strong>de</strong>n. In<br />
K onkurrenz zu ru<strong>de</strong>ralen Arten <strong>und</strong> A rten <strong>de</strong>r nährstoffreichen Säume hatten die auf nährstoffarme<br />
Standorte angepaßten A rten keine Chance. Sollen auch nährstoffrum e Säume erfolgreich<br />
verpflanzt wer<strong>de</strong>n. so müßten neben <strong>de</strong>n Gehölzen auch Grasso<strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n betreffen<strong>de</strong>n<br />
Stellen ver etzt wer<strong>de</strong>n.<br />
Es ist zu erwarten. daß noch eine Sukzes ion stattfin<strong>de</strong>t, die hoffentlich die Vielfalt <strong>de</strong>r Kräuter<br />
erh öht. Ob es allerdings gelingt, an <strong>de</strong>r neuen Hecke nährstoffarme Säume zu entw ickeln, ist<br />
noch offen. Hierzu wäre zu nächst einmal j e<strong>de</strong>r ährstoffeintrag zu vermei<strong>de</strong>n. L ei<strong>de</strong>r mißbrauchten<br />
manche <strong>de</strong>r Angrenzer die Hecke in <strong>de</strong>r Vergangenheit, um ihren Rasen chnitt zu<br />
entsorgen. D ies wi<strong>de</strong>rspricht natürlich <strong>de</strong>m mit <strong>de</strong>r Heckenpflanzung verb<strong>und</strong>enen Ziel, einen<br />
ökologischen A usg leich zu schaffen, <strong>und</strong> w ird von <strong>de</strong>r Stadt unterb<strong>und</strong>en.<br />
Insgesamt läßt sich j edoch sagen, daß die Heckentransplantation außeror<strong>de</strong>ntlich erfolgreich<br />
war. Da sich die Kosten doch sehr im Rahmen gehalten haben, ist eine Transplantation gegenüber<br />
<strong>de</strong>r Besei tigung einer Hec ke an einer Stelle <strong>und</strong> einer Neupflanzung an einer an<strong>de</strong>ren<br />
vorzuziehen. eugepflanzten Hecken ieht man noch nach mehreren Jahrzehnten ihre künstliche<br />
Entstehung an. Es dauert lange <strong>und</strong> bedarf oft auch gezielter Pflege, um ihren ökologischen<br />
Wert <strong>de</strong>mjenigen einer j ahrh<strong>und</strong>ertea lten Hec ke anzunähern . Durch eine Heckentransplantation<br />
kann dieser Prozeß wohl um Jahrzehnte verkürzt wer<strong>de</strong>n.
17 3<br />
Tab. I: Artenl iste G ehölzarten <strong>de</strong>r verpflanzten Hecke<br />
a) in versetzter b) vor Bebauung<br />
Hecke vorhan<strong>de</strong>n vorhan<strong>de</strong>n<br />
Hartriegel (COrllUS spec (ji'emd)<br />
Rote Johannisbeere (Ribes rubrum cul/il'ar)<br />
Brombeere (Rllblls caesius)<br />
Roter Hartriegel (COrllUS sangllinea)<br />
Hasel (Coryllls al'el/ana)<br />
Eingriffeliger Weißdorn (Cralaegus 1II0nogyna)<br />
Zweigriffeliger Weißdorn (CralCleg lls oxyacal1lha )<br />
Pfaffenhütchen (EI"OIIYn7 I1S ellropaells)<br />
Rote Heckenkrische (Lonicera .1')'10 /ellm)<br />
Vogelkirsche (PrulILls al'ium)<br />
Schlehe (Prtlnlls spinosa)<br />
Kreuzdorn (Rhan7I1I1S ca /har/iclIs)<br />
A lpen-Johannisbeere (Ribes alpinIIm)<br />
Stachelbeere (Ribes IIl'a-crispa)<br />
Busch-Rose (Rosa corymbijera )<br />
Glanz-Rose (Rosa nilidula)<br />
Blaugrün e Rose (Rosa l·o.wgiaca)<br />
Himbeere (Rllbus idaeus)<br />
Hol<strong>und</strong>er (Sambllcus nigra)<br />
Wolliger Schneeball (Viburllumlan/ana)<br />
Esche (FraxinIls excelsior)<br />
Fichte (Picea abies)<br />
randl ich gepflanzt:<br />
Vogel kir ehe (Prlml/s al'illm)<br />
Weißtanne (Abies alba)<br />
Spitzahorn (Acer pla/anoi<strong><strong>de</strong>s</strong>)<br />
2<br />
2<br />
4<br />
11<br />
33<br />
2<br />
17<br />
16<br />
2<br />
43<br />
7<br />
I<br />
2<br />
12<br />
24<br />
I<br />
20<br />
3<br />
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3<br />
6<br />
5<br />
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x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
a) Erfassung BRONNER , 1996<br />
b) Erfassung ZINKE. 1991<br />
Tab. 2: Artenliste Kräuter<br />
Kriechen<strong>de</strong> Quecke (Agrop)'ron repens)<br />
Gewöhn!. Frallenman/el (A lchemil/a I'l/Igaris)<br />
Gla/lhafer (A rrhena/h erul11 ela/il/s)<br />
Acker-Kra/:dis/el (Cirsilln7 GlTense)<br />
Knaulgras (Dac()'lis glol11era/a)<br />
Wal<strong>de</strong>rdbeere (Fragaria I'esca)<br />
Gewöhn!. Hohlzahn (Galeopsis /elrahit)<br />
Kletten-Labkraut (Galillfll aparine)<br />
Weißes Labkraut (GaliulIl mol/liga)<br />
Wald-S torchschnabel (GeraniulI/ syl l'Cllicllm)<br />
Gewöhn!. Nelk wurz (Geul1IlIrballlllll)<br />
G<strong>und</strong>ennannsrebe (Glecl/Oma he<strong>de</strong>racea)<br />
Rai nkohl (Lapsana cOfllfllunis)<br />
Gewöhn!. Hornklee (Loflls comiculalus)<br />
a) versetzte<br />
Hecke<br />
XX<br />
X<br />
XXX<br />
X<br />
XXX<br />
X<br />
X<br />
X<br />
XXX<br />
XX<br />
X<br />
XX<br />
X<br />
X<br />
b) Hecken vor c) Vergleich -<br />
Versetzung hecke<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x<br />
x
174<br />
Lieschgra (Plileurn pra/ense)<br />
XX<br />
Schmalblätlr. Wegerich (Plal/wgo lallceolaw) XX x<br />
Ri pengras (Poa spec.)<br />
X<br />
Löwenzahn (Taraxacum ojficillale) X x<br />
E<strong>de</strong>l-Gaman<strong>de</strong>r (Teucrium chamaedrys)<br />
X<br />
Rotklee (Trifolium pra/el/se) X x<br />
Goldhafer (7i-ise/ul11 j1avescel/s) X x<br />
Große Brennes el (Ur/ica dioica) XXX x<br />
Gewöhnl. Baldrian (Valeriana ojficil/alis)<br />
X<br />
Zaun w icke (Vicia sepiulI/) X x<br />
Fie<strong>de</strong>rzwenke (Brachypodiwl1 pilll/a/ulI/) X x<br />
Aufrechte Trespe (Bromus ereClus) X x<br />
Woll-Kratzd istel (CirsiulIl eriophoml1l) X x<br />
Zypressen-Wol fsmilch (Euphorhia cyparissias) X x<br />
Wil<strong>de</strong> Rese<strong>de</strong> (Reseda IUlea) X x<br />
Wiesen-Salbei (Sa h'ia pra/el/sis)<br />
x<br />
Purpur-Fetthenne (Sedum /elephiul1l) X x x<br />
O<strong>de</strong>nnennig (Agrimollia eupalOria)<br />
x<br />
Genfer Günsel (Ajuga gene\'el/sis)<br />
x<br />
Zittergras (Bri:a media)<br />
x<br />
R<strong>und</strong>blättr. Glockenblume (Cal1lpallula ro/ulldifolia)<br />
x<br />
Silberdi stel (Carlilla acaulis)<br />
x<br />
Skabiosen-Flockenblume (C enwurea scabiosa)<br />
x<br />
Acker-Hornkraut (Ceras/ium arl'ense)<br />
x<br />
Gold-Kälberkropf (Chaerophyllul1l aureum) x x<br />
Wil<strong>de</strong> Möhre (Dallcus carow)<br />
x<br />
K anhäuser N elke (Diall/hus canhusial/omm)<br />
x<br />
Warzen-Wol f mi Ich (Euphorhia verm cosa)<br />
x<br />
Echtes Labkraut (Galiul1l "emm)<br />
x<br />
Pyrenäen-S torchschnabel (Geral/iul1l pvrel/aicu/'ll)<br />
X<br />
R<strong>und</strong>blättr. Storch chnabel (Geral/iul1l ro /ul/cliloliul1l ) x x<br />
Gewöhnl. Sonnenröschen (I-l eliall/hell1ul1l 1/111711111t1arilll11)<br />
x<br />
Durchlöch. Johanniskraut (l-IyperiCIII7I pe/jora/uI7I) x x<br />
Planerbse (La/hym s spec·.)<br />
x<br />
Sichelklee (M edicagojalca/a)<br />
x<br />
Acker-Wachtelweizen (M elllllpyrllll/an'el/se)<br />
x<br />
GebräuchI. Honi gklee (M elilolIls ojficil/alis)<br />
x<br />
Esparsette (Ol/o/)rychis \'iciifolia)<br />
x<br />
Gewöhnl. Dost (Origal/u/'II \'lIlgare) x x<br />
Feld-Thymian (ThYl1llls plliegioi<strong><strong>de</strong>s</strong>)<br />
x<br />
Zickzack-Klee (Trifolillm medium)<br />
x<br />
Gaman<strong>de</strong>r-Ehrenprei (Veronica /ellcrilllll)<br />
x<br />
Acker-Win<strong>de</strong> (Col1volvulllS an 'ensis)<br />
x<br />
esse l-Sei<strong>de</strong> (CusclIIa ellropaea)<br />
x<br />
Ruprechtskraut (Geranium rober/ialllllll)<br />
x<br />
Wiesen-Knautie (Knau/ia C/ITensis)<br />
x<br />
Vogelw icke (Vicia cracca)<br />
x<br />
Anenzahl 30 (32) 25<br />
a) Erfas ung BRONNER. 1996 (Anzahl Kreuze: Dominanz)<br />
b) ErfassungZI KE. 199 1 (keine komplelle Artenliste)<br />
c) Erfassung BRON ER, 1996
Die Station <strong>de</strong>r Barmherzigen Schwestern vom HI. Kreuz<br />
von Ingenbohl in Donaueschingen 1864 - 1994*<br />
von Orto Scheib<br />
175<br />
"Heute, am Vorabend vom hl. Pfingstfeste, am Tag <strong><strong>de</strong>s</strong> hl. Bonifatius (al so <strong>de</strong>n 14. Mai 1864)<br />
kam eine Schwester von Ingenbohl bei Chur in <strong>de</strong>r Schweiz hierher, um auf Verlangen die<br />
Privatkrankenpflege zu übernehmen. (Denn es war eine Typhusepi<strong>de</strong>mie ausgebrochen <strong>und</strong><br />
Mangel an Pflegern. ) Sie heißt Schwester Luitgard <strong>und</strong> wur<strong>de</strong> auf unseren Wunsch von <strong>de</strong>r<br />
Oberin hierher geschickt. Wir haben ihr in <strong>de</strong>r Ochsengasse Getzt Schulstraße) im Kirner'schen<br />
Haus eine Wohnung gemietet. Notori sch arme Kranke wer<strong>de</strong>n unentgeltlich gepflegt,<br />
vermögen<strong>de</strong> Leute dagegen müssen sie <strong>für</strong> ihre Dienstleistungen belohnen. Wir wer<strong>de</strong>n bald<br />
eine zweite Schwester kommen lassen. Wir müssen <strong>für</strong> eine Schwester jährlich 120 Franken<br />
o<strong>de</strong>r 56 Gul<strong>de</strong>n bezahlen an das Mutterhaus in [ngenbohl <strong>und</strong> <strong>für</strong> Kost <strong>und</strong> Logis sorgen.<br />
Lohn hat die Schwester keinen anzusprechen. Mietzins, Kost etc. bestreiten wir außer <strong>de</strong>n<br />
Einnahmen aus <strong>de</strong>n Dienstleistungen bei reicheren Kranken, aus freiwi lLigen Beiträgen. Gott<br />
segne das gute Werk! "') Mit diesen Worten beschrieb Stadtpfarrer Gallus Daniel Danner im<br />
Jahre 1864 <strong>de</strong>n Anfang un erer Schwesternstation, <strong>de</strong>ren En<strong>de</strong> wir in einer gründlich<br />
gewan<strong>de</strong>lten Welt zum 3 1.3.1 994 erleben mußten. Zu Ihrem Unterhalt grün<strong>de</strong>te Danner im<br />
Juni 1865 <strong>de</strong>n noch bestehen<strong>de</strong>n "St. Vincentius-Verein", <strong>de</strong>r bis vor wenigen Jahrzehnten<br />
<strong>de</strong>r Träger <strong>und</strong> "Dienstherr" <strong>de</strong>r Ingenbohler Schwestern blieb 2l . Die Schwestern , nach ihrem<br />
Provinzhaus auch Hegner Schwestern genannt, waren eif rig in <strong>de</strong>r Krankenpflege täti g <strong>und</strong><br />
erwarben sich selu· schnell großes Vertrauen <strong>und</strong> Ansehen in <strong>de</strong>r Bevölkerung, zumaJ sie bei<br />
ihrem Dienst keine Unterschie<strong>de</strong> in Konfession, Weltanschauung <strong>und</strong> Stand kannten. Drängend<br />
blieb aber bis 1885 das Wohnungsproblem, zumal auch <strong>de</strong>r Aufgabenkreis sich immer mehr<br />
erweiterte. Schon im [ ovember 1865, also wenige Monate nach seiner Gründung, kaufte <strong>de</strong>r<br />
SI. Vinzentjus-Verein das "Schütz'sche Haus" in <strong>de</strong>r "Wassergasse" als eigene Wohnung <strong>für</strong><br />
die Schwestern. Aber schon vier Jahre später, im März 1869, zogen sie in <strong>de</strong>n jetzt erworbenen<br />
"Fürstenberger Hof' beim Schloßpark um, da sie dort auch eine "Kin<strong>de</strong>rschule" <strong>für</strong> 80 - 90<br />
Kleinkin<strong>de</strong>r eröffnen konnten. Drei Krankenschwestern <strong>und</strong> eine Kin<strong>de</strong>rschwester bil<strong>de</strong>ten<br />
<strong>de</strong>n kleinen Konvent 3 ) 1876 mußte im Rahmen <strong><strong>de</strong>s</strong> "Kulturkampfes" überraschend <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rgarten<br />
schli eßen. Da die Krankenschwestern bleiben durften, verkaufte <strong>de</strong>r Vinzentius<br />
Verein <strong>de</strong>n nun zu großen Fürstenberger Hof <strong>und</strong> kaufte da<strong>für</strong> das "Haugersche Haus" in <strong>de</strong>r<br />
Kronenstraße. Dieses harte <strong>de</strong>n großen Vorteil , daß es wie<strong>de</strong>r mitten in <strong>de</strong>r Stadt gelegen war<br />
<strong>und</strong> <strong>de</strong>n Schwestern die Wege verkürzte 4 ).<br />
Inzwischen war <strong>de</strong>n Schwestern in <strong>de</strong>r Prinzessin Eise zu Fürstenberg ( 18 19 - 1897) eine<br />
große <strong>und</strong> einflußreiche Gönnerin erstan<strong>de</strong>n 5l . Ihre katholische Einstellung hatte sie schon<br />
1883 mit <strong>de</strong>m Bau <strong>de</strong>r Sieben-Schmerzen-Kapelle an <strong>de</strong>r Alten Wolterdinger Straße neben<br />
<strong>de</strong>m heutigen Kreiskrankenhaus bek<strong>und</strong>et. 1885 erbaute sie in <strong>de</strong>r Schulstraße neben <strong>de</strong>r SI.<br />
Sebastianskapelle ein Haus, um darin auf ihren Namen <strong>und</strong> unter ihrem Schutze wie<strong>de</strong>r einen<br />
Kin<strong>de</strong>rgarten zu eröffnen <strong>und</strong> wie<strong>de</strong>r eine Ingenbohler Schwester als Kin<strong>de</strong>rgärtnerin anzustell<br />
en. Zugleich lud sie <strong>de</strong>ren Mitschwestern aus <strong>de</strong>r Hauskrankenpflege ein, zu ihr in das<br />
am 19.11.1 885 eingeweihte <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Stifterin zu Ehren "Eli sabethenh aus" benannte Gebäu<strong>de</strong><br />
zu ziehen, das weiterhin Eigentum <strong>de</strong>r Prinzessin Elise <strong>und</strong> nach ihrem 1897 erfolgten To<strong>de</strong><br />
* Gekürzte Fassung <strong><strong>de</strong>s</strong> bei <strong>de</strong>r Verabschiedung <strong>de</strong>r Hegner Schwestern am 25 . März 1994 in <strong>de</strong>r<br />
Stadtkirche St. Johann in Donaue chingen gehaltenen Vortrags.
176<br />
Besitz <strong><strong>de</strong>s</strong> Fürstenhauses blieb. Schon im folgen<strong>de</strong>n Jahr 1886 erweiterte Prinzessin Elise das<br />
Elisabethenhaus um einen Anbau, um einen zweiten Kin<strong>de</strong>rsaal zu eröffnen. Zugleich verlegte<br />
sie ihren Mittagsti sch <strong>für</strong> Stadtatme, <strong>de</strong>n sie bisher im "Karlshof' in <strong>de</strong>r Josefstraße unterhalten<br />
hatte, ebenfalls ins Elisabethenhaus, <strong>de</strong>m 189 1 <strong>de</strong>r Sonntagstreff <strong>de</strong>r Dienstboten folgte 6 ).<br />
190 I konnte durch Mithilfe <strong>de</strong>r nunmehrigen Protektorin, Fürstin Irma zu Fürstenberg. eine<br />
zweite Gruppe durch Einstellung einer zweiten Kin<strong>de</strong>rschwester eingerichtet wer<strong>de</strong>n, worauf<br />
man die Kin<strong>de</strong>r nach Buben <strong>und</strong> M ädchen trennte 71 • Und wie<strong>de</strong>r weitete sich die Arbeit <strong>de</strong>r<br />
Schwestern aus: J 903 eröffneten sie eine " Arbeitssc hule", in <strong>de</strong>r Mädchen <strong>und</strong> Frauen zu<br />
Hausarbei t <strong>und</strong> ähen angeleitet <strong>und</strong> auch ausgebil<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>n 8 ). 1908 wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Elisabethenhaus<br />
gegenüberliegen<strong>de</strong> Hof zu einem A ltenheim, <strong>de</strong>m "SI. Vinzentius-Haus", umgebau(<br />
9 ). Auch dieses übernahmen die Schwestern <strong>und</strong> richteten dort einen Saal <strong>für</strong> die ähschule<br />
ein ; 1926 w ur<strong>de</strong> ein eigener Saa l <strong>für</strong> Weißnähen <strong>und</strong> Handarbeit <strong>und</strong> im Erdgeschoß ein<br />
solcher <strong>für</strong> Klei<strong>de</strong>rnähen eITichtet IO ). Die Entwicklung kam 1910 zu einem gewis en Abschluß<br />
durch Einrichtung einer Hau kapelle im Elisabethenhausl'). Auch außerhalb dieses Caritaszentrums<br />
waren Schwestern tätig: 1870 holte die Stadt zwei Hegner Schwestern in "K arl s<br />
krankenhaus". die 190 1 auf vier aufgestockt wur<strong>de</strong>n l2J , <strong>und</strong> 1887 übertrug sie diesen Schwestern<br />
die Haushaltsführung im städtischen Armenhau 131 . Schon 1865 harten sich in <strong>de</strong>r<br />
Josefstraße Salvatori anerinnen aus GUl1weil nie<strong>de</strong>rgelassen, die <strong>de</strong>n Unterricht in <strong>de</strong>n oberen<br />
Klassen <strong>de</strong>r M ädc henvolksschule besorgten: sie mußten im Kulturkampf 1873 weichen I ~I .<br />
1882 übern ahmen Frei burger Vinzentinerinnen <strong>de</strong>n Haushalt im W öchnerinnenheim<br />
"Karolinenstift" in Allmendshofen l5i .<br />
Wie ist das zunächst überraschen<strong>de</strong> Aufblühen <strong>de</strong>r kirchlichen ca ritati ve n Arbeit in<br />
Donauesc hingen zu erklären? Unsere Stadt stellt hierin keineswegs eine Ausnahme dar.<br />
Vielmehr liegt sie im Trend <strong>de</strong>r Zeit um 1860. M an nahm hier die A ufgaben verantwortlich<br />
wahr <strong>und</strong> nutzte die Möglichkeiten, die die allgemeinen kirchenpolitischen Verän<strong>de</strong>rungen<br />
nach 1848 boten. um sich <strong>de</strong>n neuen sozialen Nöten zu slellen l 61 . Man stand ja nach 1803 vor<br />
einem sozialen <strong>und</strong> kirchlichen Scherbenhaufen. Die Aufklärer hatten mit ihrer radikalen<br />
Kritik an <strong>de</strong>r feudalen Welt <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Reichsk irche. mit ihrer For<strong>de</strong>rung nach einer rationalen<br />
euordnung <strong><strong>de</strong>s</strong> Staates <strong>und</strong> mit <strong>de</strong>r Verstaatlichung <strong>de</strong>r Kirche in <strong>de</strong>r Französischen Revolution<br />
<strong>und</strong> mit <strong>de</strong>n Folgen <strong>de</strong>r revolu tionären euordnung Europas <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Gesellschaft die<br />
bisherigen sozialen Sicherheiten zerstört <strong>und</strong> gleichzeitig <strong>de</strong>r Kirche alle Anstalten genommen.<br />
mit <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>n Notlei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n zu Hilfe gekommen wor<strong>de</strong>n war; vor allem feh lten die Klöster<br />
mit ihren Einrichtungen <strong>für</strong>die Kran ken, Armen <strong>und</strong> MittellosenI 7 ). "Bauernbefreiung" <strong>und</strong><br />
freier Wettbewerb, vor allem aber die langsam einsetzen<strong>de</strong> Industrialisierung <strong>und</strong> Vermehrung<br />
<strong>de</strong>r Bevölkerung brachten unvorstellbare Not <strong>und</strong> Leid über die Masse <strong>de</strong>r M enschen 181. Die<br />
wen igen staatlichen Ersatze inrichtungen reichten nicht aus bzw. waren so atmsel ig, daß man<br />
sich vor ihnen <strong>für</strong>chtete l9i . Donauesch ingen hatte schon 18 19 ei n Krankenhaus, 1837 <strong>de</strong>n<br />
"Unterstützungsverein <strong>für</strong> arme Kin<strong>de</strong>r" <strong>und</strong> 184 1 ein städti sches Armenhaus erhalten 2ol . In<br />
<strong>de</strong>r Umgebung bestan<strong>de</strong>n das Fürstlich Fürstenbergische L an<strong><strong>de</strong>s</strong> heim in Hüfingen <strong>für</strong> Alte,<br />
Kranke <strong>und</strong> Waisen <strong>und</strong> das Kreispflegeheim in Geisingen 21 ). Dennoch, man ging früher auch<br />
bei schweren K rankhei ten nicht ins Krankenhaus, da die M edizin noch wenig entwickelt war<br />
<strong>und</strong> we itgehend ohne Apparate arbeitete. Nach M öglichkeit blieb man daheim. Aber wer<br />
ollte hier pflegen? Private Pfleger gab es bis auf Au nahmen nicht. Vor allem die armen<br />
Hauskranken blieben ohne Hilfe, da sie sich bezahlte Helfer nicht leisten konnten 22l . Von <strong>de</strong>r<br />
ot in <strong>de</strong>n Städten, aber auch auf <strong>de</strong>m Lan<strong>de</strong>. wur<strong>de</strong>n nach 1800 immer wie<strong>de</strong>r M änner <strong>und</strong><br />
Frauen angeregt. sich <strong>de</strong>r otlei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n anzunehmen <strong>und</strong> da<strong>für</strong> Mithel fer zu suchenD). Ihnen<br />
war aber die Staatsallmacht im Wege, die keine Konkurrenz dul<strong>de</strong>te. Zwar bil<strong>de</strong>ten sich<br />
immer w ie<strong>de</strong>r private Helfergruppen. Aber zu einer regelrechten Bewegung konnte es wegen
177<br />
<strong>de</strong>r staatlichen Beschränkung ni cht kommen. Hier schuf erst die Revolution von 1848 mit<br />
ihrer <strong>Vereins</strong>- <strong>und</strong> Kirchenfre iheit e inen Wan<strong>de</strong>J2 4l .<br />
Das erstaunliche Wachstum <strong>de</strong>r Schwesternstation in Donaueschingen i t noch erstaunlicher<br />
auf <strong>de</strong>m Hintergr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r damaligen kirchenpolitischen Lage speziell in Ba<strong>de</strong>n. Die bestimmen<strong>de</strong>n<br />
Kre ise im Großherzogtum waren antikatholisch, liberal <strong>und</strong> klosterfeindlich.<br />
Bis 19 18 durften in Ba<strong>de</strong>n keine Männerklöster gegrün<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n. Or<strong>de</strong>nsfrauen als Lehrerinnen<br />
wur<strong>de</strong>n nur ausnahmsweise zugelassen. Der Staat, dann die Regierung zusammen mit<br />
<strong>de</strong>r liberalen Kammermehrheit beherrschten <strong>und</strong> regierten auch die katholi ehe Kirche völli g,<br />
in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Erzbischof <strong>und</strong> die Gemein<strong>de</strong>n kaum etwas zu sagen hatten. Or<strong>de</strong>nsleute <strong>und</strong> Klöster<br />
waren darum zunächst unerwünscht <strong>und</strong> unmög li ch 25l . Aber die rapid anwach en<strong>de</strong> Bevölkerung,<br />
die dadurch bedingten sozialen öte sowie lndustrialisierung. Wirtschaftskrise, Mißernten<br />
<strong>und</strong> Epi<strong>de</strong>mien zwangen die Regierung schließlich ebenso wiedje Freiheitsbewegungen<br />
nachzugeben, was beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>r katholi ehen Bevölkerung zugute kam 26l . 1m Hungerjahr<br />
1845 erlaubte die großherzogliehe Regierung <strong>de</strong>m damaligen Erzbischof Hermann von Vicari.<br />
Barmherzige Schwestern in Freiburg anzusie<strong>de</strong>ln; es waren Vinzentinerinnen aus Straßburg 27l .<br />
Auf die Baar kamen diese erst, als s ie 1859 die Pflege im Villinger Krankenhaus übernahmen<br />
28l . Dies war durch <strong>de</strong>n S ieg <strong>de</strong>r katholischen Bevölkerung im e rsten badi ehen Kulturkampf,<br />
<strong>de</strong>r von 1853 bi s 1860 tobte, möglich 29l ; auch <strong>de</strong>r liberale Umschwung in <strong>de</strong>r Kammer<br />
1860 än<strong>de</strong>r1e daran nichts mehr. 1863 zogen die Vinzentinerinnen in Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>heim, 1864 im<br />
Krankenhaus in Hüfingen ein, 1867 sind sie im Krankenhaus Bräunlingen, 1872 im Geisinger<br />
Kreispflegeheim, 1876 im Vöhrenbacher, 1884 im Möhringer, 1885 im Löffinger, 1868 im<br />
Stadtkrankenhaus Geisingen JOl : die Krankenhauspflege ging also weitgehend in die Hän<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r Vinzentinerinnen über. Die Ingenbohler <strong>und</strong> die Gengenbacher Schwe tern betätigten<br />
sich ebenso wie die Bühler <strong>und</strong> die Erlenba<strong>de</strong>r neben ei ni gen Krankenhäu ern <strong>und</strong> Sanatorien<br />
beson<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>r Hauskrankenpflege. odaß bis 1930 nahezu je<strong>de</strong> mittlere Dorf eine Krankenschwestern<br />
hatte)'l. Die Donaueschinger Gründung gehört also zur ersten We lle <strong>de</strong>r<br />
Rückkehr <strong>de</strong>r Or<strong>de</strong>nsleute auf die Baar, wenn auch die hier pflegen<strong>de</strong>n Schwestern nicht von<br />
einer diözesanen, son<strong>de</strong>rn einer schweizerischen Kongregation kamen. Die Ingenbohler<br />
Kongregation gehöft zu <strong>de</strong>n erfolgreichsten <strong>de</strong>r neuen Zeit mit 1927 ca. 7500 Mitglie<strong>de</strong>rn)2 l .<br />
Umstritten war bis zum En<strong>de</strong> <strong>de</strong> Großherzogtums 191 8 <strong>de</strong>r Einsatz <strong>de</strong>r Or<strong>de</strong>n frauen in <strong>de</strong>r<br />
Erziehung. Al s 1865 die Gurtweiler Schwestern in <strong>de</strong>r losefstraße e ine Station <strong>und</strong> Schule<br />
eröffneten, mußten ie schon acht Jahre später im Kulturkampfwie<strong>de</strong>r gehen; sie gingen nach<br />
Rom. Der Kulturkampf been<strong>de</strong>te auch die Tätigkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> ersten hi esigen Kin<strong>de</strong>rgarten im<br />
Fürstenberger Hof. Die Wie<strong>de</strong>rbegründung <strong><strong>de</strong>s</strong> Kin<strong>de</strong>rgartens 1865 war nur dadurch möglich,<br />
daß immerhin e ine Prinze sin als Eigentümerin <strong><strong>de</strong>s</strong> Hause <strong>und</strong> als Betreiberin <strong><strong>de</strong>s</strong> Kin<strong>de</strong>rgartens<br />
auftrat. Wenn sie eine Ingenbohler Schwester als Kjn<strong>de</strong>rgärtnerin anstellte, so konnte<br />
man es ihr schwer verwehren. Dieser <strong>für</strong>stliche Schutz verhin<strong>de</strong>rte wohl auch 1905, daß die<br />
Kin<strong>de</strong> rgartenschwestem entl assen wer<strong>de</strong>n mußten. Das Bezirksamt Donaueschingen hatte<br />
im Alleingang <strong>de</strong>ren Überprüfung unternommen. Die Sache wur<strong>de</strong> schließlich auf höchster<br />
Ebene verhan<strong>de</strong>lt <strong>und</strong> durch Einsatz <strong><strong>de</strong>s</strong> erzbischöflichen Ordinariates bereinigt; die Schwe tem<br />
durften bleiben. mußten aber gemel<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n))). Entwarnung gab es erst später. 1914 konnte<br />
<strong>de</strong>r Fürst Egon TI. das Elisabethenhaus <strong>de</strong>m Vinzentius-Verein übertragen, ohne <strong>für</strong>ehen zu<br />
müssen, daß es enteignet wür<strong>de</strong>J.l).<br />
In <strong>de</strong>r Weimarer Republik blühte die kirchliche Arbeit dank <strong>de</strong>r errungenen Kirchenfreihe it<br />
mächtig auf)5l. 1921 grün<strong>de</strong>te Stadtpfarrer Dr. Heinrich Feursrein das Mi ionskonvikt <strong>de</strong>r<br />
Mis ionare vom Heiligen Gei t - Spiritaner- aus seinem Vermögen 36l . Ebenfalls in <strong>de</strong>n dreißiger<br />
Jahren (1936) kam es auf seine Initiative zur Einrichtung einer Station <strong>für</strong> Familienpflege<br />
<strong>de</strong>r Schwesternschaft SI. Eli sabeth aus Freiburg, die durchschnittlich mit drei Schwestern
178<br />
besetzt war, die im Männerhaus in <strong>de</strong>r Wer<strong>de</strong>rstraße wohnten37}. 1923 zogen die Ingenbohler<br />
Schwestern mit ins neue "M ax-Egon-Krankenhaus" um) l. 1927 holte Feurste in weitere<br />
Jngenbohler Schwestern her, die er <strong>für</strong> das von ihm gegrün<strong>de</strong>te Kin<strong>de</strong>rsolbad "Theresianum"<br />
benötigte 39 ). Die Inflation 1923 <strong>und</strong> die Weltwirtschaftskrise von 1929 ste llten auch an di e<br />
Ein atzbereitschaft <strong>de</strong>r Schwestern wie <strong>de</strong>r ganzen kirchlichen Caritas hohe Anfor<strong>de</strong>rungen 40 ).<br />
Trotz ihrer großen Leistungen <strong>für</strong> die Bevölkerung mußten die Schwestern im "Dritten Reich"<br />
erfahren, daß man gegen sie arbeitet: Schon 1934 war die ähschule bedroht, da S-Frauenschaft<br />
<strong>und</strong> BDM (B<strong>und</strong> <strong>de</strong>ut eher Mädchen) Inte ressentinnen abwarben. 1937 mußte das<br />
Theresianum schließen 4l l . Di e Not nach 1933 <strong>und</strong> dann <strong><strong>de</strong>s</strong> Kri eges verhin<strong>de</strong>rten, daß man<br />
die Schwestern wie an<strong>de</strong>rnorts vertrieb. Pfa rTer Fe urstei n hat durch sein mutiges Wort bei<br />
ei ner Silvesterpredigt 1941 sicherli ch auch hie r Schutz geboten·n). Die achkriegszeit mit<br />
ihren Nöten verl angte auch von <strong>de</strong>n Schwestern vie l. Immerhin konnte man aufbauen: 1953<br />
feierte die ähschule ihr SO-jähriges Bestehen 43 ). 1962/63 wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>rjelzige Kin<strong>de</strong>rganenbau<br />
SI. Eli abeth erstellt, 1964 wür<strong>de</strong>n die alten Räume <strong><strong>de</strong>s</strong> Kin<strong>de</strong>rgarten im Elisabethenhaus<br />
<strong>für</strong> die Nähschule lll11gebaur l .<br />
Inzwischen kündigte sich e ine neue Zeit an. Der rasante Glaubensschw<strong>und</strong> infolge <strong>de</strong>r<br />
techn ischen <strong>und</strong> rationalistischen Weltanschauungen, <strong>de</strong>r Langzeitfolgen <strong>de</strong>r Erziehung durch<br />
das "Dritte Reich" <strong>und</strong> die Verführungen <strong><strong>de</strong>s</strong> neuen Wohlstan<strong><strong>de</strong>s</strong> bewirkten einen dramatischen<br />
ie<strong>de</strong>rgang <strong><strong>de</strong>s</strong> gläubigen Engagements im Priester- <strong>und</strong> Or<strong>de</strong>n beruf ebenso wie die Wandlungen<br />
in Gesellschaft <strong>und</strong> Berufsleben 45l : 1969 schloß das Altenheim Sr. Vinzentius-Haus 46 ).<br />
Am 30.9. 1970 verließ die letzte Or<strong>de</strong>nsfrau, Sr. Agilberta. <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rgarten Sr. Elisabeth 47 ).<br />
Am 19.3. 1974 ersetzte die "Sozial tation Sr. Eli abeth", ei ne Gründung <strong>de</strong>r Pfarre ien <strong>de</strong>r<br />
Städte Donaueschinen <strong>und</strong> Hü fingen. die Krankenpflegestati onen <strong>de</strong>r Or<strong>de</strong>nsschwestern 48 ).<br />
Wenige Wochen später, am 29.4.1974. been<strong>de</strong>ten die Hegner Schwestern ihren Dienst im<br />
städti schen Krankenhau ,das zu diesem Zeitpunkt durch das neue Kre iskrankenhaus ersetzt<br />
wur<strong>de</strong> 49 ). 1977 zogen die wenigen verbliebenen Schwestern aus <strong>de</strong>m Sr. Eli sabethenhaus mit<br />
<strong>de</strong>r Sozialstation ins neue Caritas-Altenheim Sr. Michael um 50 ). Neun Jahre später, zum I. August<br />
1986, wur<strong>de</strong> die traditionsreiche ähschule geschlossen, die zuletzt von Sr. Andrea<br />
Mari a als 10. Leiterin geführt wor<strong>de</strong>n war51). Am 15.9. 199 1 übersie<strong>de</strong>lten die letzten verbliebenen<br />
Schwestern , Sr. Friedhil<strong>de</strong> <strong>und</strong> Sr. Margarethe, mit <strong>de</strong>r Sozialstation ins "Missionshaus<br />
SI. He inrich" in die Sennhofstraße. Die Spiritanerpatres hatten ihrerseits zum 1.4. I 99 1<br />
ihre Station in Donaueschingen geschlossen 52 ). Die Schwesternschaft SI. Elisabeth hatte schon<br />
1958 ihre Schwestern wegen Schwe ternmangel nach Freiburg geholt S3 ). un verließen am<br />
13.4.1994 die bei<strong>de</strong>n letzten Or<strong>de</strong> nsschwestern Donaueschingen 54l . Damit en<strong>de</strong>te hier eine<br />
segensreiche Zeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Dienens um <strong>de</strong>r Liebe Christi willen.<br />
Anmerkungen<br />
I ) <strong>Geschichte</strong><strong><strong>de</strong>s</strong>St. Vinzcmius- <strong>Vereins</strong> in Donaueschingen, zugleich Rechenschaftsbericht <strong>für</strong><br />
da Jahr 190 I. Verraßt vom Vorstand. Donaueschingen 1902, I.<br />
2) <strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> St. Vinzemius- <strong>Vereins</strong> (wie Anm. I ) I .<br />
3) <strong>Geschichte</strong><strong><strong>de</strong>s</strong> SI. Vinzentills- Vcreins (wie A nm. I ) 3. Vgl. G.GOERLlPp, Der Kin<strong>de</strong>rgarten SI.<br />
Elisabeth . Ein geschi htlicher Rückblick: 100 Jah re Kin<strong>de</strong>rgarten St. Eli aberh, 1885 - 1985,<br />
oOu]. (Donallesch ingen 1985) 12 - 18. hier 12.<br />
4) <strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> St. Vinzentiu -<strong>Vereins</strong> (wie Anm. I ) 5.<br />
5) <strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> SI. Vin7..cntius- <strong>Vereins</strong> (wie Anill. I ) 5 r. G. GOERLlPP, Kin<strong>de</strong>rgarten (wie<br />
A nlll.3) 12 - 16.<br />
6) <strong>Geschichte</strong><strong><strong>de</strong>s</strong>SI. Vinzelllius-<strong>Vereins</strong> (wie Anill. I ) 5.G. GOERLlPp, Kin<strong>de</strong>rgarten (wie Anill. 3)<br />
12 - 15.
179<br />
7) <strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> St. Vinzentius-Vere ins (wie Anm. I ) 6. GOERLlPP, Kin<strong>de</strong>rgarten (wie Anm. 3)<br />
15. Bauakten Pfarrarchi v Sr.lohann, Donaueschingen, XIX a. (Vinzentius-Verei n).<br />
8) Chronik <strong>de</strong>r Hegner Schwestern zu 1903. Das Orig inal liegt im Provi nzarchiv <strong>de</strong>r Ingenbohle r<br />
Schwestern in Hegne bei Konstanz.<br />
9) Chronik <strong>de</strong>r Hegner Schwestern zu 1908. Bauakten: Pfarrarchi v Sr. Johann XIX a. (Vinzentius<br />
Vere in).<br />
10) Chronik <strong>de</strong>r Hegner Schwestem zu 1926. Bauakten: Pfarrarchiv SI. Johann XIX a. (Vinzentius<br />
Verein).<br />
11 ) H. LAUER, Kirchengeschichte <strong>de</strong>r Baar <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> e inst zur Landschaft Baar gehören<strong>de</strong>n<br />
Schwarzwal<strong><strong>de</strong>s</strong>, Donaueschingen 1928,354.<br />
12) <strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sr. Vinzentius-Vere ins (wie Anm. I ) 3.<br />
13) V. HUTH, Donaueschingen, Stadt am Ursprung <strong>de</strong>r Donau, Sigmaringen 1989, 14 1.<br />
14) <strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Sr. Vinzentius-<strong>Vereins</strong> (wie Anm. I ) 3 f.<br />
15) H. LA ER, Kirchengeschichte <strong>de</strong>r Baar (wieAnm. 11 ) 35 1. Allmendshofen wur<strong>de</strong>ab 1901 <strong>und</strong><br />
päter Aufen eben 0 durch eine Schwester <strong>de</strong>r Donaueschinger Schwestern tation betreut:<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> SI. Vinzentius-<strong>Vereins</strong> (wie Anm. I ) 9.<br />
16) KL SCHATZ, Zwischen Säkularisati on <strong>und</strong> zweitem Vatikanum. Der Weg <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>de</strong>ut ehen<br />
Katho lizismus im 19. <strong>und</strong> 20. Jahrh<strong>und</strong>ers, Frankfurt/M. 1986, 100 - 106. HJEDIN, Handbuch<br />
<strong>de</strong>r Kirchengeschichte VI, I , S. 534 f, 541 - 548. H.LAUER, Aus <strong>de</strong>r <strong>Geschichte</strong> <strong>de</strong>r Erzdiözese<br />
Freiburg. W. BURGER, Das Erzbistums Freiburg in Vergangenhe it <strong>und</strong> Gegenwart, Freiburg<br />
1927, I - 67, hier 40 - 42. J. BEcKER, Der badische Kullurkampf <strong>und</strong> d ie Problematik <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Liberalismus: Badische <strong>Geschichte</strong>. hrsg. von <strong>de</strong>r Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>zentrale <strong>für</strong> politische Bildung Ba<strong>de</strong>n<br />
Würtl., Stuttgart 1979.86 - 102, hier 9 1 f. V. HUTH, Donaueschingen (wie Anm. 13) 17 1 f.<br />
17) Vg L H.LAUER, <strong>Geschichte</strong><strong>de</strong>r katholischen Kirche im Großherzogtum Ba<strong>de</strong>n,Freiburg 1908,<br />
16 - 39. H. SCHMID, Die Säk:l1lari ierung <strong>de</strong>r Klöster in Ba<strong>de</strong>n 1802 - 18 11 , .. berlingen 1980,<br />
passim , beson<strong>de</strong>rs 286 - 3 12 <strong>und</strong> 330. A.Ec KERT, DieCaritasarbeit in <strong>de</strong>r Erzdiözese Fre iburg.<br />
W. BURGER, Erzbistum Freiburg (wieAnm. 16) j 67 - 178, hier 167 f. KLSCHATZ. Säkularisierung<br />
27 - 37. R.MoRSEY, Wirtschaftliche<strong>und</strong> soziale Auswirkungen <strong>de</strong>r Säkularisation in Deutschland:<br />
Dauer <strong>und</strong> Wan<strong>de</strong>l <strong>de</strong>r <strong>Geschichte</strong>. Festschrift K.v. Raumer, Münster 1966, 361 - 383. A.<br />
LANGNER, (Hrsg.), Säkularisation <strong>und</strong> Säkularisierung im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert, Pa<strong>de</strong>rbom 1978.<br />
18) H .OTT, Die wirtschaftliche <strong>und</strong> soziale Entwicklung von <strong>de</strong>r Mitte<strong>de</strong> 19.Jahrh<strong>und</strong>en s bi s zum<br />
E n<strong>de</strong><strong><strong>de</strong>s</strong> Ersten Weltkrieges: Badische<strong>Geschichte</strong>(wieAnrn. 16) 103 - 142. W. HUG, <strong>Geschichte</strong><br />
Ba<strong>de</strong>ns, Stuttgart 1992, 216 - 225, 246 f. , 257 f. , 276 f .. 282 ff. Fr. X. VOLLMER. Die 48er<br />
Revolution in Ba<strong>de</strong>n: Badische <strong>Geschichte</strong> (wie Anm. 16) 37 - 64, hier 38 - 46. V. HUTH,<br />
Donaueschi ngen (wie Anm. 13) 142 f. , 155 - 163.<br />
19) KL SCHATZ. Säkularisation (wie Anm. 16) 158 f.<br />
20) V. Hunl. Donaueschingen (wie Anm. 13) 140 f.<br />
21 ) VgL V. HUTH, Donaueschingen (wie Anm. 13) 141.<br />
22) K I. SCHATZ, Säkularisation (wie Anm. 16) 158. A. ECKERT, Die Caritasarbeit in <strong>de</strong>r Erzdiözese<br />
Freiburg: W. BURGER. Erzbistum Freiburg (wie Anm. 16 ) 167 - 178, hier 169. E.GATZ, Kirchen<br />
<strong>und</strong> Krankenpflege im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert. Pa<strong>de</strong>rborn 1971.<br />
23) KL SCHATZ, Säkulari ierung (wie Anm. 16) 151 f.<br />
24) KL SCIIATZ. Säkularisierung (wie Anm. 16) 152 - 158.<br />
25) H .OTT. Das Erzbistum Freiburg im Ringen zwischen Staatskirchentum <strong>und</strong>Staatskirchenhoheit:<br />
Das Erzbistum Freiburg 1827 - 1977. hrsg. vom Erzbischöflichen Ordinariat, Freiburg 1977,<br />
75 - 92, hier 82. 87 f. H. LAUER. Erzdiöze e Freiburg (wie Anm. 16) 41,45 f., 51 , 55.<br />
26) W. BURGER, Die weiblichen Or<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Kongregationen im Erzbistum:DERs. Erzbistum Frei burg<br />
(wieAnm. 16) 136 - 146, hier 141. Zur allgemeinen Lage vgL OTT, wirtschaftliche <strong>und</strong> soziale<br />
Entwicklung (wie Anm. 18) .103 - 112.<br />
27) W. BURGER. weibliche Or<strong>de</strong>n (wie Anm. 26) 14 1, 168.<br />
28) H. LAUER . Kirchengeschichte <strong>de</strong>r Baar (wie Anm. 11 ) 351.<br />
29) H. LAUER , Erzdiözese Freiburg (wie Anm. 16) 42 - 46. DERS., Großherzogtum Ba<strong>de</strong>n (wie<br />
Anm. 17) 192 - 222.<br />
30) H. LAUER. Kirchengeschichte <strong>de</strong>r Baar (wie Anm. 11 ) 35 1 f.
180<br />
31) H. L AUER, Kirchengeschichte <strong>de</strong>r Baar (wie Anm. 11 ) 352 f.<br />
32) W. B RGER, weibliche Or<strong>de</strong>n (wie Anm. 26) 144.<br />
33) Pfarrarchiv St. Johann XIX a.<br />
34) Pfarrarchiv Sl.lohann XIX a. G. GOERLlPP, Kin<strong>de</strong>rgarten (wie Anm. 3) 17.<br />
35) R .ZAHLTE ', Stadtpfarrer Dr. Heinrich Feurste in ( 1877 - 1942). Donaueschingen 1992,55 - 89.<br />
H. L AUER. Kirchengeschichte <strong>de</strong>r Baar (wie Anm. 11 ) 4 17 - 426.<br />
36) Pfarrarchiv St. Johann XVIII. R. ZAIILTEN. Feurstein (wie Anm. 35) 73 r.<br />
37) Pfarrarchiv SI. lohann XIX a.<br />
38) H . L A ER, Kirchengeschichte <strong>de</strong>r Baar (wi Anm. 11 ) 425. Die Fürstin Irma zu Für tenberg<br />
tiftete ihnen dort eine Hauskapelle (ebd . 161 ).<br />
39) R. ZAHLTEN. Feur tein (wie Anm. 35) 72. Akten: Pfarrarchiv SI. Johann XIV b.<br />
40) W. HUG. <strong>Geschichte</strong> Ba<strong>de</strong>ns(wieAnm. 18) 327 f. Y. HUTII, Donaueschingen (wieAnm. 13) 189 f.<br />
41) R. Z AHLTE " Feurstein (wie Anm. 35) 103 f.<br />
42) vg l. R. Z AHLTE '. Feurstei n (wie Anm. 35) 129 f.<br />
43) Chronik <strong>de</strong>r Hegner Schwestern (wie Anm. 8) zu 1953. Zur allgemeinen Lage vgl. Y. HUTH,<br />
Donaueschingen (wie Anm. 13) 2 12 - 220.<br />
44) 100 Jahre Kin<strong>de</strong>rganen St. Elisabeth 1885 - 1985. Donaueschingen 1985.25 f. P. BRENNER,<br />
Caritas. äch tendienste in Donaueschingen <strong>und</strong> auf <strong>de</strong>r Baar. oOuJ. ( 1995) 17. Akten:<br />
Pfarrarchiv SI. Johann XVIII.<br />
45) W. HUG, <strong>Geschichte</strong> Ba<strong>de</strong>n (wieAnm. 18) 398. Vgl. die zahlreichen soziologischen Untersuchungen<br />
zum Thema.<br />
46) 100 Jahre Kin<strong>de</strong>rgarten SI. Elisabcth (wie Anm. 3) 26. Chronik <strong>de</strong>r Hegner Schwestern (wie<br />
Anm. 8) zu 1969.<br />
47) P. BRENNER. Caritas (wie Anm.44) 17. I 001ahre Kin<strong>de</strong>rgarten St. Elisabeth (wie Anm. 44) 27.<br />
48) P. BRENNER. Caritas (wie nm.44) 17.<br />
49) Chronik <strong>de</strong>r Hegner Schwestern (wie Anm. 8) zu 1974.<br />
50) P. BRE NER. Caritas (wie Anm. 44) 17. Chronik <strong>de</strong>r Hegner Schwestern (wie Anm. 8) zu 1977.<br />
51 ) Chronik <strong>de</strong>r Hegner Schwestern (wie Anm. 8) zu 1986.<br />
52) Chronik <strong>de</strong>r Hegner Schwestern (wie Anm. 9) zu 1991.<br />
53) Protokoll buch <strong><strong>de</strong>s</strong> St. Vinzentius- <strong>Vereins</strong> Donaue chingen 1917 - 1964 (Pfarrarchiv St.Johann<br />
XIX a) zu 1960.<br />
54) Nach Berechnung von Sr. Friedhil<strong>de</strong> waren von 1864 bi s 1994 124 Hegner Schwestern in<br />
Donaueschingen tätig. Heute versehen ihre Diensteengagiene Laien. beson<strong>de</strong>rs Frauen. Vgl.<br />
dazu P. BRENNER. Caritas (wie Anm. 44) <strong>und</strong> 100 Jahre Kin<strong>de</strong>rgart en St. Elisabeth (wie Anm.<br />
44) 27 r.
Chuneg<strong>und</strong>is Schilling,<br />
Äbtissin <strong><strong>de</strong>s</strong> Benediktinerinnen-Klosters St. Sebastian<br />
zu Amtenhausen in <strong>de</strong>r badischen Baar 1796-1808<br />
von Fritz Vögele<br />
18t<br />
Die letzte Äbtissin von Amtenhau en erblickte am 26. Juli <strong><strong>de</strong>s</strong> Jahres 1764 als erstes Kind<br />
<strong>de</strong>r Eheleute Matthäus <strong>und</strong> Maria Schi ll ing in Hintschingen in <strong>de</strong>r <strong>für</strong>stl ich <strong>für</strong>stenbergischen<br />
Baar das Licht <strong>de</strong>r Welt. In <strong>de</strong>r Taufe erhi elt sie <strong>de</strong>n Namen <strong>de</strong>r Tage heiligen Anna Maria.<br />
Ihr Vater stammte aus Mauenheim, ihre Mutter Maria geborene Albicker aus Sumpfohren.<br />
Durch Erbschaft erhielten sie das Anwesen in Hintschingen.<br />
Die als still <strong>und</strong> gütig beschriebene Mutter harte neben <strong>de</strong>r vielen Arbeit in Haus <strong>und</strong> Hof<br />
auch die Erziehung ihrer 16 Kin<strong>de</strong>r zu bewältigen. Sie war es, die in <strong>de</strong>m hochbegabten Mädchen<br />
die Aufgeschlossenheit <strong>für</strong> das Klosterleben weckte <strong>und</strong> för<strong>de</strong>rte. Schon in jungen Jahren<br />
trat Anna Maria in da Benediktinerinnen-Kloster Amtenhausen ein. Groß war die freu<strong>de</strong><br />
ihrer Eltern <strong>und</strong> Angehöri gen, als die Novizin bei ihre r Einkleidung - gleichsam in Vorahnung<br />
auf ihre kommen<strong>de</strong> Wür<strong>de</strong> - die heili ge Kaiserin Chuneg<strong>und</strong>is als amenspatronin<br />
erhielt.<br />
Abb. I: Entlassungsurk<strong>und</strong>e <strong>de</strong>r Maria Anna Schilli ng alls <strong>de</strong>r Leibeigenschaft.<br />
M it <strong>de</strong>m Ein tritt ins Noviziat mußte di e Kandidatin auch die lateinische Sprache erlernen.<br />
Der Grün<strong>de</strong>r, Abt T heoger von St. Georgen, <strong>de</strong>r spätere Bischofvon Metz, verankerte diese<br />
Vorschrift in <strong>de</strong>r Or<strong>de</strong>nsregel <strong>für</strong> die Chorfrauen, damit sie nicht nur mit <strong>de</strong>m M<strong>und</strong>, son<strong>de</strong>rn<br />
auch mit <strong>de</strong>m Herzen "spalieren" (Psal menbeten) könnten. Am 14.10. 1781 durfte Chuneg<strong>und</strong>is
182<br />
als Siebzehnjährige ihre Profeß ab legen. M it die em Tag war sie nun M itglied <strong>und</strong> Chorfrau<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Klosters ... ber ihre Velwendung o<strong>de</strong>r über Ämter, die sie im Kloster verwaltete, ist nichts<br />
bekannt.<br />
Nach <strong>de</strong>m To<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Ä btiss in Gertrud Schwarz, die am 11 .5. 1796 verstorben war, wur<strong>de</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>de</strong>n 26.5.1796 die euwahl angesetzt. A nselm Schababerle, A bt <strong><strong>de</strong>s</strong> Klosters St. Georgen zu<br />
V illingen, f ungierte als Wahlleiter. Gewählt w ur<strong>de</strong> Chuneg<strong>und</strong>is Schilling, w ieviele U rnengänge<br />
hierfü r erfor<strong>de</strong>rl ich waren, ist ni cht fes tgehalten. Der neugewählten Ä btiss in erteilte<br />
Abt Anse lm noch am seI ben Tag die kirchliche Weihe. D as elbst angefertigte <strong>und</strong> handgeschriebene<br />
Gelöbnisschreiben <strong>de</strong>r neuen Äbti ss in wird im Generallan<strong><strong>de</strong>s</strong>archi v in K arlsruhe<br />
aufbewahrt <strong>und</strong> hat folgen<strong>de</strong>n Wortlaut:<br />
"leh Maria Kuneg<strong>und</strong>. <strong>de</strong>ß Gottshaus Amtenhaußen erwählt <strong>und</strong> Bestäth igte Ä bbtißin gelobe<br />
vor Gott <strong>de</strong>m A llmächtigen, <strong>de</strong>r übergeben<strong>de</strong>ythen Himmels K önigin <strong>und</strong> Jungfräulichen<br />
Mutter Gottes M aria, <strong>und</strong> aller hei ligen, auch <strong>de</strong>r Ver ammlung meiner M itschwestern , treu<br />
gebühren<strong>de</strong> nterwerf ung, Gehorß am <strong>und</strong> Ehrenbiethigkeit meiner Mutter <strong>de</strong>r heiligen<br />
Römischen Chri tlich-Catholisc hen K irchen, <strong>und</strong> Euch Anselmo Abbten <strong>und</strong> Euren nachkommen<strong>de</strong>n<br />
Prälaten, <strong>de</strong>ß Heiligen Römischen Reichs Gotteshauses Sanct Georgen, auf <strong>de</strong>m<br />
Schwarzwald, als meiner rechtmäß igen Obrigkeit, nach A usweisung <strong>de</strong>r geistlichen Rechten,<br />
<strong>und</strong> gleichwie Befileht die un unterbrichliche auctorität <strong>de</strong>r Römischen Päbsten. A lso Helfte<br />
mir Gott <strong>und</strong> diese Hei lige Evangelia. Mari a K unig<strong>und</strong> Abbtißin".<br />
Bei <strong>de</strong>r Äbtissinnenweihe erhielt sie Brustkreuz, Ring <strong>und</strong> Stab als Insignien. Freu<strong>de</strong> <strong>und</strong><br />
Genugtuung verbreitete sich im Geburtsort <strong>de</strong>r Erwählten <strong>und</strong> in <strong>de</strong>r ganzen Baar, als das<br />
Wah lergebnis bekannt wur<strong>de</strong>. Ihr Wahlspruch lautete: "Wünsch m ir einer war er will, so geb<br />
ihm Gott nochmal so viel." Das einsti ge Bauernmädchen aus Hintschingen war nun die "Hochwürdigste<br />
Gnädige Frau Maria Chuneg<strong>und</strong>is I. Schi lling von Amtenhau en. "<br />
Unmittelbar nach ihrer Wahl kamen durch die napoleonischen Kriegswirren 1796 bis 1803<br />
schwere Prüfungen <strong>und</strong> Heimsuchungen über die Kommunität, die damals aus 19 Cholfrauen<br />
<strong>und</strong> 10 Laienschwestern bestand. Dankbar sind w ir heute noch <strong>de</strong>r Äbtiss in <strong>für</strong> das hinterlassene<br />
<strong>und</strong> aufschl ußreiche Tagebuch, das sie nach ihrer Wahl anlegte. Sie berichtet über die<br />
ot, das Elend <strong>und</strong> die K ontributionen, die das Klo ter an die durchziehen<strong>de</strong>n Soldatenhor<strong>de</strong>n<br />
zu liefern hatte, <strong>und</strong> auch über die Maßnahmen. die zur Aufhebung <strong><strong>de</strong>s</strong> Klosters führten. Hier<br />
ein Auszug aus ihrem Tagebuch:<br />
" Unmirtelbar nach meiner Ernennung mußten die Bewohner Amtenhausens ihre Heimstätten<br />
verlassen <strong>und</strong> vor <strong>de</strong>n anrücken<strong>de</strong>n Franzosen an verschie<strong>de</strong>nen Orten Zuflucht suchen. Am<br />
24. Augu t kehrten wir wie<strong>de</strong>r ins Gotteshaus zurück. Am 8. Oktober durchzog erneut ein<br />
wil<strong>de</strong>r Haufen die Gegend. Ungeheuerliche Requisitionen <strong>und</strong> Einquartierungen folgten. Selbst<br />
die Wohnung <strong><strong>de</strong>s</strong> Abtes wur<strong>de</strong> nach Aufsprengung <strong>de</strong>r Türen geplün<strong>de</strong>rt. Die Kirche litt<br />
erhebliche Schä<strong>de</strong>n.<br />
Am I. März zog die Jourdanische Armee über <strong>de</strong>n Rhein <strong>und</strong> rückte in unsere Gegend vor.<br />
Am 9. März for<strong>de</strong>rten sie vom Kloster zwei Fäßlein Wein. Nachmittag am selben Tag kanlen<br />
ein Briga<strong>de</strong>general <strong>und</strong> mehrere Offiziere, sie for<strong>de</strong>rten Essen <strong>und</strong> verlangten <strong>für</strong> ihre Pfer<strong>de</strong><br />
Futter. Ein Bote <strong><strong>de</strong>s</strong> Klosters mußte sie über <strong>de</strong>n Berg nach Geisingen begleiten. Am 10.<br />
März kamen zwei Quartiermeister <strong>und</strong> bestellten Quartiere <strong>und</strong> Mittagessen <strong>für</strong> zwei Generale,<br />
vier Offiziere, sechs Bediente <strong>und</strong> zwölf Gemeine. Während man die e erwartete,<br />
kam erneut ein Kriegskommissär <strong>und</strong> for<strong>de</strong>l1e <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Heerführer Jourdan einen Sack Weißmehl,<br />
100 Pf<strong>und</strong> Butter, je<strong>de</strong> Art von Geflügel <strong>und</strong> 150 Maß Wein. Man kam überein, zwei<br />
Eimer Wein , zwei Immi Mehl, 20 Pf<strong>und</strong> Butter, 8 Enten, 4 Hennen, 2 welsche Hennen <strong>und</strong>
183<br />
50 Eier zu entrichten. Am 12. März ließ General Druet durch ei nen Sekretär ersuchen, man<br />
möge ihm die Landkarten vom Schwarzwald <strong>und</strong> von <strong>de</strong>r Gegend bei Im verschaffen. Die er<br />
General hatte in Immendingen sein Hauptquartier aufgeschlagen. Am 21. März fand die<br />
große Schlacht bei Ostrach taU <strong>und</strong> am 25. März die Schlacht bei Liptingen, in <strong>de</strong>r Erzherzog<br />
Kar! von Österreich die Franzo en schlug. In dieser Schlacht fiel Fürst Karl Alois von Fürstenberg,<br />
<strong>de</strong>r dann in späteren Jahren in <strong>de</strong>r Gruftkirche j eudingen beigesetzt wur<strong>de</strong>. ach<strong>de</strong>m<br />
die For<strong>de</strong>rungen immer unverschämter <strong>und</strong> unerfüllbarer gewor<strong>de</strong>n waren, entschloß ich mich<br />
in Begleitung <strong>de</strong>r Nonne M. Josefa Lens bei Erzherzog Karl persönlich vorzusprechen, <strong>de</strong>r in<br />
Geisingen sein Hauptquartier aufge chlagen hatte, um die otlage <strong>de</strong> Klosters vorzutragen.<br />
Mit <strong>de</strong>r großen Kutsche gelangten wir abens um 4.30 Uhr dort an. Seine königliche Hoheit<br />
nahm gera<strong>de</strong> an einer Lagebe prechung teil. Später konnte ich mein Anliegen vortragen <strong>und</strong><br />
um Rettung <strong>de</strong> Klosters bitten. Allein auch dieser Versuch war ohne Wirkung, da Erzherzog<br />
Kar! von <strong>de</strong>r Armee nach Wien abgerufen wur<strong>de</strong>. Bei all diesen schweren Kriegsplagen verbreitete<br />
sich noch im Jahre 180 1 eine verheeren<strong>de</strong> Viehseuche, die auch <strong>de</strong>n Bestand <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Klosters befiel. Nach all diesen<br />
ebenso langwierigen wie äuserst<br />
drücken<strong>de</strong>n Kriegsbechwer<strong>de</strong>n<br />
hielt sich das<br />
Kloster immer noch aufrecht,<br />
vertraute auf Goues erbannen<strong>de</strong><br />
Hilfe <strong>und</strong> seufzte mit <strong>de</strong>m<br />
ganzen heimgesuchten Europa<br />
nach <strong>de</strong>m längst vermißten<br />
Frie<strong>de</strong>n. 1802 been<strong>de</strong>te die<br />
Hoch <strong>für</strong>st lieh - Fü rsten bergisehe<br />
geheime Konferenz<br />
Kanzlei Ihre Beratungen im<br />
Schlößle zu Bachzimmern. In<br />
<strong>de</strong>r Konferenz wur<strong>de</strong>n die ei n<br />
zelnen Paragraphen <strong>für</strong> die<br />
Aufhebung sämtlicher im Fürstentum<br />
Fürstenberg gelegenen<br />
Klöster festgelegt. Am29. Dezember<br />
1802 übergab man<br />
<strong>de</strong>m Convent in Amtenhausen<br />
die Beschlüsse.<br />
Abb. 2: Bild <strong>de</strong>r Äbtissin Mari a<br />
Chuneg<strong>und</strong>is Schilling.<br />
Von Gottes Gna<strong>de</strong>n Wir Kar! Joachim <strong><strong>de</strong>s</strong> heiligen Römi ehen Reichs Fürst zu Fürstenberg,<br />
Landgraf in <strong>de</strong>r Baar <strong>und</strong> zu Stühlingen geben an mit zu vernehmen. Wir befehlen <strong>und</strong> verordnen<br />
daher gnädig t.<br />
I. Alle in unseren Fürstenlan<strong>de</strong>n bestehen<strong>de</strong>n Kl ö ter wer<strong>de</strong>n in unserem amen in provisori<br />
schen Besitz genommen.<br />
2. Alle Gerichtsbarkeiten <strong>und</strong> an<strong>de</strong>re Zu tändigkeiten wer<strong>de</strong>n in unserem amen ausgeübt.
184<br />
3. Den Klostervorsteherinnen i t es untersagt, die ovizen zur Profeß ohne Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>herrliche<br />
Erlaubnis zuzulassen, auch keine ovizen mehr anzumel<strong>de</strong>n.<br />
4. Den Frauenklöstem ist zu eröffnen, daß sie keinerlei Special- <strong>und</strong> Verhaltungsanweisungen<br />
vom Pater Domus einzuholen o<strong>de</strong>r anzunehmen haben.<br />
5. Die Commissorien <strong>und</strong> In truccionen sind zur nämlichen Zeit herau szugeben, damit die<br />
obrigen Maaßregeln aller Orten zugleich in Ausübung kommen.<br />
So geschehen Bachzimmem, <strong>de</strong>n 16. November 1802.<br />
1803 Durch <strong>de</strong>n Reichs<strong>de</strong>putation hauptschluß wur<strong>de</strong>n die geistlichen <strong>und</strong> kirchlichen Territorien<br />
aufgehoben, um die Fürsten <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Verlust linksrheinischerGebiete an Frankreich zu<br />
entschHdigen. Viele H<strong>und</strong>erte von wehr- <strong>und</strong> schuldlosen Klostelfam ilien waren dadurch <strong>de</strong>m<br />
Untergang geweiht. Auch Amtenhausen fiel diesem Zeitgeist zum Opfer."<br />
Diese Tatsache konnte Äbtissin Chuneg<strong>und</strong>is nicht verkraften. sie war sicherlich eine Ursache<br />
<strong>für</strong> ihren frühen Tod.<br />
Tiefe Trauer kehrte im Kloster ein, als Äbtissin Maria Chuneg<strong>und</strong>is Schilling am 20.3. 1808<br />
starb. In dieser Trauer spiegelte sich nicht nur die Bel iebtheit <strong>de</strong>r Verstorbenen w i<strong>de</strong>r, son<strong>de</strong>m<br />
auch <strong>de</strong>r Schmerz über das Verbot <strong>de</strong>r Wahl einer achfolgerin. och einmal zogen die Verwandten<br />
<strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e <strong><strong>de</strong>s</strong> Klosters nach Amtenhausen, um die letzte Äbtissin <strong>de</strong>r 900jähligen<br />
Abtei zur letzten Ruhestätte zu gelei ten.<br />
Unter ihrem Porträt (Abb. 2), das im H eimatmuseum zu sehen ist , steht folgen<strong>de</strong> Inschrift:<br />
"Maria Chuneg<strong>und</strong>i . Schilling I gebohren in Hinschingen 1764 <strong>de</strong>n 26. Juli. Profeß zu Amtenhau<br />
sen 178 1 <strong>de</strong>n 14. Oktober. Zur Äbtissin gewählet 1796 <strong>de</strong>n 26. M ai, starb 1808 <strong>de</strong>n 20.<br />
März RJP".<br />
Für die Arbeit wur<strong>de</strong>n Quellen aus folgen<strong>de</strong>n Archi ven ausgewertet:<br />
Generallan<strong><strong>de</strong>s</strong>archi v Kar! ruhe<br />
FF Archiv Donauesch ingen<br />
PfarrarchivZimmer-lmmendingen<br />
PFarrarchiv Kirchen-Hausen
"Fest <strong>und</strong> entschlossen in dieser bösen Zeit" -<br />
Glaubenstreu im Dritten Reich: Schwenningens ernste<br />
Bibelforscher in Bedrängnis <strong>und</strong> Bewährung<br />
von Michael J. H. Zi mmermann<br />
Daß man Gott mehr gehorchen müsse als <strong>de</strong>n Menschen (Apg. 5.29), i t christliche Gr<strong>und</strong>wahrheit.<br />
Ihr zu leben verlangt viel. Wenige vermögen es in schwerer Zeit, o<strong>de</strong>r viele, in einer<br />
kleinen chri stlichen Gruppe. Deren Opfer frei lieh sind keine geringen. Anfang Oktober 1937<br />
schwappte eine Verhaftung welle über die ernsten Bibelforscher, die heutigen Zeugen Jehovas,<br />
in Schwenningen am eckar herein. ')<br />
60 Jahre danach darf daran erinnert wer<strong>de</strong>n, wie sie "wegen unerlaubter Tätigkeit <strong>für</strong> die ...<br />
Bibelfo rschervereinigung" auf die Fahndungslisten <strong>de</strong>r Geheimpolizei gerieten, wegen Verbreitung<br />
(<strong>für</strong> di e NS-Regierung) "gefahrlichen Gedankengutes" in Wort <strong>und</strong> Schrift, wegen<br />
"strafbarer Handlungen", die aus <strong>de</strong>r Ablehnung <strong><strong>de</strong>s</strong> Nati onalsozialismu ich zwingend ergaben,<br />
auch wegen Fluchthilfe: Als Ursul a Benzing <strong>und</strong> Maria von Plankenstein, ihre Tochter<br />
aus erster Ehe mit Gottfried von Plankenstein, einem verfolgten Zeugen Unterschlupf gewählten,<br />
blieb dies nicht verborgen; Gefängnis <strong>und</strong> nach "Freilassung" Übersteilung ins Konzentrati<br />
onslager waren <strong>de</strong>r 'Lohn'. Allein <strong>de</strong>r Ehemann Emil Benzing, zu <strong>de</strong>r Zeit im Ausland<br />
tätig, überstand diese Aktion <strong>de</strong>r Diener <strong><strong>de</strong>s</strong> Dritten Reiches unbehelJ igt.<br />
60 Jahre danach darf an die ot <strong>de</strong>rer erinnert wer<strong>de</strong>n, di e Zeugni s ihre Glaubens gaben 2 ),<br />
<strong>de</strong>nn immer noch wird di e <strong>Geschichte</strong> <strong>de</strong>r Bibelforscher in <strong>de</strong>n Jahl'en <strong>de</strong> 'tausendjährigen<br />
Reiches' <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen ationalsoziali sten mit ihrer chiliastischen Irrlehre oft genug au geblen<strong>de</strong>t.<br />
Be<strong>de</strong>nkliche Blindstellen <strong>de</strong>r ErinnelUng zeigen sich: Selbst im lokalen Standardwerk<br />
"Antifaschist, verzage nicht ... !" Wi<strong>de</strong>rstand <strong>und</strong> Verfolgung in Schwenningen <strong>und</strong> Villingen<br />
1933- 1945 von Ekkehard HAUSEN <strong>und</strong> Hartmut DAN ECK 3 ) wird ihrer nicht gedacht. Das<br />
überaus pannen<strong>de</strong> Kapitel "Standhaft trotz Verfolgung. Jehovas Zeugen unter <strong>de</strong>m NS<br />
Regime" ist in <strong>de</strong>r Doppelstadt bislang ungeschrieben, dabei lassen Bücher, Bil<strong>de</strong>r, Dokumente<br />
<strong>de</strong>utschen Daseins in <strong>de</strong>r Düsternis <strong><strong>de</strong>s</strong> Dritten Reiches die <strong>Geschichte</strong> <strong>de</strong>r Schwenninger<br />
Gemein<strong>de</strong> in Zeiten <strong>de</strong>r Bedrohung lebendig wer<strong>de</strong>n. Ein halbes H<strong>und</strong>ert ernster Bibelforscher<br />
<strong>de</strong>r seit <strong>de</strong>n zwanziger Jahren hier bestehen<strong>de</strong>n Versammlung verzagten nicht im Wi<strong>de</strong>rstand<br />
gegen die Herrschaft <strong><strong>de</strong>s</strong> Unrechts. In di e Fänge <strong>de</strong>r ationalsozialisten gerieten aus ihren<br />
Reihen fünf ChJisten - Antifaschisten aus Glaubensgr<strong>und</strong>en in einem Kampf aufLeben <strong>und</strong> Tod.<br />
Mutig erhoben ie ihre Stimme. Bereits 1929 warnten sie vor <strong>de</strong>r " S-Bewegung, die direkt<br />
im Dienste <strong><strong>de</strong>s</strong> Teufels tätig ist" - <strong>und</strong> wie<strong>de</strong>rholten diese Überzeugung nach <strong>de</strong>r Machtübernahme<br />
Hitlers. Sie legten kein Bekenntnis zum "Vaterland" ab, wie die NSDAP es verlangte.<br />
"International" war die Bibelforschergesellschaft <strong>und</strong> schon <strong><strong>de</strong>s</strong>haI b <strong>de</strong>n neuen Machthabern<br />
ein Dom im Auge. Die Zeugen verweigerten <strong>de</strong>n Wehr- <strong>und</strong> Kriegsdienst <strong>und</strong> warnten<br />
vor wachsen<strong>de</strong>m Militarismus. Sie ließen - wie <strong>de</strong>r junge Martin Luther anno 1523 - wis en,<br />
"daß Jesus Christus ein geborener Ju<strong>de</strong> sei", <strong>und</strong> for<strong>de</strong>rten die Freiheit <strong><strong>de</strong>s</strong> Glaubens, ni cht<br />
nur <strong>für</strong> sich. Da verw<strong>und</strong>ert es kaum, daß die Zeugen Jehovas von <strong>de</strong>n ationalsoziali ten<br />
al s Kommunisten, Staatsfein<strong>de</strong>, Verbün<strong>de</strong>te <strong>de</strong>r Ju<strong>de</strong>n verleum<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>n, die das Ziel verfol<br />
gten, "die Welt zu beherrschen".<br />
Wer so klar Stellung bezog, <strong>de</strong>m nutzte e nichts, wenn er <strong>de</strong>monstrierte, daß er ich - getreu<br />
<strong>de</strong>m Gebot politi eher eUlralität - rein reli giös betätige. Totalitarismus dul<strong>de</strong>t keine ischen<br />
<strong>de</strong>r weltanschaulichen Freiheit. ichts ist politischer, als sie behaupten zu wollen. Eine entsprechen<strong>de</strong><br />
Erklärung fü hrte zu Verboten <strong>und</strong> Verhaftung, Verbrennungen <strong>de</strong>r Schriften.<br />
185
186<br />
Zie l war di e Zerstörung di eser Glaubensgemein chaft , di e zum Hauptfe ind erklält wur<strong>de</strong>,<br />
weigen en ihre Angehöl-igen sich doch in a ller Öffentlichke it. auch nur gering te Bestandteile<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> ati onalsoziali smus zu akzeptieren, die ihrem Gl auben wi<strong>de</strong>rsprachen. Außenseiter zu<br />
sein verl angt Mut, alltäg li che (Zivil -)Courage, wie Manfred Benzing sie bewie , <strong>de</strong>r als einer<br />
unter H<strong>und</strong>en en auf <strong>de</strong>m Wal<strong>de</strong>ck <strong>de</strong>n "<strong>de</strong>utschen Gruß" verweigerte. Das fi e l auf. Heil<br />
konnte <strong>für</strong> ihn von HitleI' nicht kommen. <strong>de</strong>r sich als Heil and geriene.<br />
He il kam auch nicht. 1934 erschienen in <strong>de</strong>r Zeugen-Schrift "Das Gol<strong>de</strong>ne Zeitalter" Berichte<br />
über 4000 Haussuchungen, 1000 Verh aftungen. 400 Einlieferungen in: KZ im Dritten<br />
Reich. Es nahte die Zeit, da zwischen fün f <strong>und</strong> zehn Prozent aller KZ-Schutzhäftlinge ernste<br />
Bi belforscher waren. Augenzeugenberichte von Mißhandlungen im Lager wur<strong>de</strong>n verbreitet,<br />
auch in Schwenningen. Und mehr noch wur<strong>de</strong> gewagt.<br />
Auf <strong>de</strong>m Basler Kong reß am 9. September<br />
1934 wur<strong>de</strong> beschl ossen, am 7. Oktober weltweit<br />
ein Fanal zu setzen. Telegramme an die<br />
Reichsregierung wur<strong>de</strong>n aufgegeben <strong><strong>de</strong>s</strong> Wortlaut<br />
: "Ihre schlechte Behandlung <strong>de</strong>r Zeugen<br />
Jehovas empört all e gute Menschen <strong>und</strong> entstell<br />
t Gottes amen. Höre n S ie auf, Jehovas<br />
Zeugen weiter zu verfolgen, on t w ird Gott<br />
Sie <strong>und</strong> Ihre nationale PaItei vernichten." Auf<br />
<strong>de</strong>m chwenninger Hauptpo tamt gab Ve r<br />
sammlungsleiter Manfred Benzing das Protesttelegramm<br />
auf. Der Schalterbeamte chaute<br />
ihn nur verw<strong>und</strong>ert an. Ein mitleidiger Blick.<br />
Er <strong>de</strong>nunzierte nicht.<br />
Abb. I : Versall1ll1l ungsleiter Manfred Benzing<br />
bewies Glaubensll1u t <strong>und</strong> Glaubenstreue. Er gab<br />
das scharfe Protesllelegramm an Adolf Hitler 1934<br />
in Schwenningen auf.<br />
Dann aber galt es, im " ntergr<strong>und</strong>-Werk" <strong>de</strong>n<br />
Versuch zu wagen, die Bevölkerung über <strong>de</strong>n<br />
verbrecheri schen Charakter <strong><strong>de</strong>s</strong> NS-Regimes aufzuklären. Schri ften wur<strong>de</strong>n ins <strong>und</strong> im Reiche<br />
'geschm uggelt'. Schallplatten stellten SS-Reichsführer Heinrich Himmler vor das "Grammophonproblem".<br />
Im Dezember 1936 wur<strong>de</strong> die Luzerner Resolution verbre itet, welche <strong>de</strong>m<br />
Staat die "olympische Maske <strong>de</strong>r Friedferti gen" vom Gesicht ri ß Verfo lgung anprangerte.<br />
Am 30. Juli 1937 folgte e in "O ffener Brief' über Mor<strong>de</strong> <strong>und</strong> Mi ßhandlungen im Reich Adolf<br />
Hitlers, unter ennung von amen, Orten, Daten.<br />
Der Geheimen Staatspo li zei immer einen Schritt voraus zu sein galt es. Hilfe kam von unerwarteter<br />
Ste lle. Der Schwenninger Poli zeipräsi<strong>de</strong>nt August Ke ller) li eß be i anstehen<strong>de</strong>n<br />
Hausdurchsuchungen warnen, beispi elsweise Oskar Haller. Gefährliches Schriftgut konnte<br />
so gera<strong>de</strong> noch rechtzeitig bei hilfswilligen Nachbarn versteckt wer<strong>de</strong>n - w ie auch im Falle<br />
Manfred Benzings aus <strong>de</strong>r Le singstraße, <strong>de</strong>m die Familie Glunz unter Umstän<strong>de</strong>n lebensretten<strong>de</strong><br />
Hilfe leistete, in<strong>de</strong>m sie vor <strong>de</strong>n Häschern Hitlers verbarg, was ationalsoziali sten<br />
als <strong>für</strong> sie bedroh I iches gei tiges Gefahrengut <strong>für</strong>chteten. Gustav Schlenker, Vater <strong>de</strong> um die<br />
örtliche Kulturszene hochverdienten Profes ors Fe li x Schlenker, brachte Bücher bedrohter<br />
Verwandter auf <strong>de</strong>r Bühne seines Hauses in <strong>de</strong>r Hafn erstraße unter; s ie überdauerten das
187<br />
Dritte Reich. Auch diejenigen <strong><strong>de</strong>s</strong> ernsten<br />
Bibelforschers Hermann Bauer blieben auf<br />
<strong>de</strong>m Dachbo<strong>de</strong>n eines heute noch nicht genannt<br />
wer<strong>de</strong>n wollen<strong>de</strong>n Zeitzeugen erhalten.<br />
Er gehörte dieser Glaubensgemeinschaft ebensowenig<br />
an wie Erna <strong>und</strong> Kar! Kohnle, die<br />
aus Menschl ichkeit <strong>und</strong> aus Respekt eine ganze<br />
Bibliothek von Zeugenschrifte n (auf)bewahrten.<br />
Karl KohnJe, fast neunzigjählig, wird<br />
zu betonen nicht mü<strong>de</strong>: "Vu däana hä cht<br />
khinnda leera. wa-n-a hoasst, firsii' Ibarzeiging<br />
ai'schtau'!" (Von diesen Menschen konnte<br />
man lernen, wa es be<strong>de</strong>utet. <strong>für</strong> seine Überzeugung<br />
einzutreten.)<br />
Abb. 2: Oskar Haller aus <strong>de</strong>r Olgaslraße in <strong>de</strong>r<br />
Neckarvor tadl wur<strong>de</strong> von Pol izeipräsi<strong>de</strong>nt Augusl<br />
Keller H i I Fe ZU lei I. Ins Konzentrationslager Welzheim<br />
kam er <strong>de</strong>nnoch.<br />
Dazu gehörte auch FranzZüRcHERs 1938 im Europa-Verlag mit Sitz in Zürich <strong>und</strong> New York<br />
erschienenes Buch "Kreuzzug gegen das Christentum. Mo<strong>de</strong>rne Chri ten- Verfolgung - eine<br />
Dokumentensammlung. " Es enthielt Augenzeugenberichte aus <strong>de</strong>n Konzentration lagern, auch<br />
Skizzen von Lagern. "Auf je<strong>de</strong>n Fall haben Sie Ihre Pflicht getan, in<strong>de</strong>rn Sie mit diesem Buch<br />
an die Öffentlichkeit traten .... Einen stärkeren Appell an das Weltgewissen kann es nicht<br />
geben": WOl1e Thomas Manns. gesprochen im Exil. Das Gewissen <strong>de</strong>r Schwenninger wollten<br />
Bibelforscher vor Ort damit erreichen. Au <strong>de</strong>m Besitz Emil Benzings aus <strong>de</strong>r Reutestraße<br />
stammt ein Exemplar, das sich bis heute erhalten hat. Er selbst überstand da Dritte Reich<br />
wohl nur, weil er sich bis 1943 im Ausland aufhielt, danach "nicht auffallig" wur<strong>de</strong>.<br />
Abb. 3: Maria von Plankenstein, die länger, als 5-<br />
Dokumente es ausweisen, in Rotlweil, Obemdorf,<br />
Stuttgart <strong>und</strong> Golteszell inhaftiert war.<br />
Mit einem Gewissensaufruf wandte sich am 2.<br />
Oktober 1938 J.F. Rutherford gegen die gemei<br />
nen Angriffe <strong>de</strong>r S-Regierung auf die<br />
Ju<strong>de</strong>n an die Weltöffentlichkeit. "Faschi smus<br />
o<strong>de</strong>r Freiheit" lautete <strong>für</strong> die Bibelforscher die<br />
Alternative. "Das <strong>de</strong>utsche Volk liebt <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n.<br />
Der Teufel hat dort seinen Vertreter zur<br />
Macht erhoben, einen gestörten, grau amen,<br />
bösartigen Menschen, <strong>de</strong>r die Freiheit <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Volkes unterdrückt. " Und die er hörte <strong>und</strong> ah<br />
es nicht gerne, daß <strong>de</strong>rlei in seinem Reich <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Bösen von Bibelforschern verkün<strong>de</strong>t <strong>und</strong><br />
verbreitet wur<strong>de</strong>. "Diese Brut wird aus<br />
Deutschl and ausgerottet wer<strong>de</strong>n", tobte er<br />
bereits 1934.
188<br />
A bb. 4: rsulaBenzing. die mit ihrerTochterda<strong>für</strong><br />
büßen mußte, menschlich gehan<strong>de</strong>lt <strong>und</strong> einem<br />
Verfolgten ein Versteck gewährt zu haben, in j ungen<br />
Jahren.<br />
Das gelang ihm nic ht. Doch ni cht immer<br />
konnte Poli zeirat August Ke ller, e in bekennen<strong>de</strong>r<br />
Christ. welcher auch <strong>de</strong>r evangel ischen<br />
Kirchengemein<strong>de</strong>, die lu<strong>de</strong>nhilfe leistete, beistand,<br />
seine schützen<strong>de</strong> Hand über die halten,<br />
die in ungeheurem morali chen Kan1pfZeugnis<br />
ihres Glaubens gaben. Manfred Benzing,<br />
Ur 'ula Benzing, Mari a von Plankenstein , Oskar<br />
Haller <strong>und</strong> Johannes Rothöler wur<strong>de</strong>n<br />
1937 inhafti ert. Sie überlebten Gefangnis <strong>und</strong><br />
Konzentration lager. Darunter Gotteszell <strong>und</strong><br />
Welzheim, wo au Schwenningen <strong>de</strong>r Sozial<strong>de</strong>mokrat<br />
Karl Schäfer auf bestialische Weise<br />
ell1lOr<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>.<br />
Angehöri ge <strong>de</strong>r e inzigen Glaubensgemeinschaft,<br />
die als eigene Häftl ingskategorie ausgewiesen<br />
wur<strong>de</strong>, trugen sie das violette Dre ieck<br />
auf <strong>de</strong>m ge !reiften Häftl ing anzug. Das Stigma<br />
aber wur<strong>de</strong> ihnen zum Zeichen <strong><strong>de</strong>s</strong> (Wie<strong>de</strong>r-)Erkennen<br />
, das ihren Glauben nur stärk.'te.<br />
Sie wi<strong>de</strong>rstan<strong>de</strong>n einem unmorali schen AngebO<br />
L: t1it:: Freilassung zu erkau fe n UIll dt:: l1 Preis <strong><strong>de</strong>s</strong> Glaubensverrats. Um <strong>de</strong>n Pre is einer<br />
'einfachen' nter chrift unter die Erkl ärung: "Ich habe erkannt , daß die Internationale<br />
Bibelforschergesell chaft e ine Irrlehre verbreitet <strong>und</strong> unter <strong>de</strong>m Deckmante l reli giöser<br />
Betäti gung staalsfeindliche Z iele verfo lgt. " Sie nahmen in Kauf, daß s ie nur weni ge<br />
Lebe nszeichen in d ie irdi sche He imat sen<strong>de</strong> n d urften: vorformulierte Worte auf<br />
vorgeschriebenen Ze ilen. abgestempe lt von <strong>de</strong>r SS: "De r Schutzhäftling ist nach wie vor<br />
hartnäckiger Bibel forscher <strong>und</strong> weigert sich, von <strong>de</strong>r Irrlehre <strong>de</strong>r Bibelforscher abzulassen.<br />
Au die em Gr<strong>und</strong> ist ihm ledig lich die Erleichterung. <strong>de</strong>n sonst zul ässigen Briefwechsel zu<br />
führen, genommen wor<strong>de</strong>n." Auch dies eine Botschaft: "Der Angehörige ist im Glauben fest. "<br />
nd sie sangen in tödlicher Bedrohung die von Erich Frost im KZ Sachsenhausen komponierte<br />
<strong>und</strong> im Marschtempo zu spielen<strong>de</strong> "Marseill aise" <strong>de</strong>r Bibel forscher "Vorwälts, ihr Zeugen".<br />
"Fest <strong>und</strong> entschlossen in dieser bösen Zeit, <strong>für</strong> Wahrheit zu kämpfen, steht Gottes Volk<br />
bereit. Vor Satans gehässigen Scharen, als Christen sie Mut offenbaren." Sie waren bere it,<br />
Abschi ed zu nehmen, w ie in einem Gedicht. <strong><strong>de</strong>s</strong>sen Vortrag Fühlen<strong>de</strong> erschüttert, noch über<br />
50 Jahre nach <strong>de</strong>r Befreiung: "Ich bleibe fest in meinem Glauben, wenn die Welt auch tobt<br />
<strong>und</strong> schreit. /I ch bleibe fest in meinem Hoffen auf e ine schön're, bess're Zeit. I/l ch bleibe fest<br />
in meinem Lieben, wenn auch die We lt mit Haß mir's lohnt. /Ich bl eibe Fe t in meiner Treue,<br />
wenn auch die We lt <strong>de</strong>r Untreu front. I/Von Gotte Wort fli eßt die Kraft <strong>de</strong>r Starken, die auch<br />
au Sc hwachen Kämpfer macht. Ilch bleibe fest durch Gottes Gna<strong>de</strong>, ich bleib' es ni cht aus<br />
e igener Kraft. I/lch bleibe fes t, gilt's auch mein Leben, <strong>und</strong> geb' ich meines O<strong>de</strong>ms Rest: /Ihr<br />
sollt vom letzten auch noch hören. Ich bl eibe fest. leh bleibe fest. Ich ble ibe fest. "
189<br />
'lI1I5ftrtiqttnq. " " .' t rl>R<br />
~er<br />
überflaatsanmaU bei bem Canbgerid)t 6tullgarl.<br />
c)·"! ~tr.:<br />
6t.21.7 '" '}, 5/ 37 .<br />
DODl 1C. ~. !l<br />
attfdjaft 6lttlfgart •<br />
. ' 'lIbftllung 6trafDonft>rdtU\t9 :<br />
'aIffl-TJran,#<br />
4. 5. 38. 2000.<br />
Abb. 5: "Verfügung in <strong>de</strong>r Slrafsache gegen Ursula Benzing, geb. Jauch, in Schwenningen wegen unerlaubter<br />
Betätigung fü rdie intern ati onale Bibelforschervereinigung. "
190<br />
'lJlIsftrtlgunq.<br />
~er<br />
überftaat50itmalt bei bem fanbgerllfll 6tuttgnrt.<br />
EI.'21 7 SG 9~5137.<br />
OOUl<br />
ll3erfügung<br />
~o. n. a 1 1538.<br />
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i. t. r 1 a r 1 e. TI i< e I. -i t ..: i. 1 . 1" -::1<br />
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j·.c ctc r1!;t1 r.· jr.<br />
'O!rb j.tlgrllflll. b.,jj blt 'Uo,außi.l)ungtn b.ß (5lta[frribtlldg.i'Q.d bom 30. '2lp,il t938<br />
oorhrgtn.<br />
-l>
191<br />
Anmerkungen<br />
I) Diese Miszelle konnte geschrieben wer<strong>de</strong>n, weil Werner Pfän<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Fe lix Schlenker die<br />
Quellen großherzig fl ießen ließen, um dieses Kapitel ZlIr <strong>Geschichte</strong> <strong>de</strong> Dritten Reiches in<br />
Schwenningen am eckar nachZlItragen.<br />
2) V gl. auch <strong>de</strong>n Bericht übereine Gedächtnisveranstaltung <strong>de</strong>r Zeugen Jehovas in:SCHWARZWÄLDER<br />
BOTE 163.Jg. Nr. 203 (3.9. 1997) S.20.<br />
3) Villingen-Schwenningen 1990.<br />
4) Zur vorbildlichen Haltung <strong><strong>de</strong>s</strong> (mit)menschlich füh len<strong>de</strong>n <strong>und</strong> han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Polizeirats s. ZlI letzt<br />
MICHAEL I .H. ZIMM ERMA NN, Zwischen Fri edhof<strong>und</strong> Freihe it: Endstat ion Schwenni ngen. Das<br />
nternehmen "Wüste", eine Stadt, die Tore<strong>de</strong> To<strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Lebens. Folge 3 in: Die eckarquelle<br />
11 7.Jg. r. 188 ( 16.8.1997) <strong>und</strong>Folge4in: Die eckarquelle I I7.Jg. r.194(23.8.1997),<br />
swp-extra.<br />
Sämtliche Reproduktionen: Michae l I.H. Zimmermann
192<br />
'Father Oschwald' o<strong>de</strong>r:<br />
Ein Hirt <strong>und</strong> seine Her<strong>de</strong> ziehen in die Neue Welt<br />
von Johannes Welller<br />
Un I er ließ sie zu sich <strong>und</strong> re<strong>de</strong>te zu ihnen vom Reiche<br />
GotTes, <strong>und</strong> die, welche <strong>de</strong>r Heilung bedurften, machte er<br />
ges<strong>und</strong>.<br />
Lk 9. 11<br />
In <strong>de</strong>n Hütten \ ar es lebendig: man drängte sich um<br />
Oberlin. er w ies zurecht, gab Rat, trös tete; überall<br />
zutrauensvolle Blicke, Gebet. Die Leute erzählten<br />
Träume, Ahnungen.<br />
G. BÜCl INER. Lenz<br />
Einen ein allleren Ort als die Lochmühle bei M<strong>und</strong>elfingen kann man sich kaum <strong>de</strong>nken;<br />
noch heute muß man auf schlechten Wegen in eine tiefe <strong>und</strong> dunkle Schlucht hinunter teigen,<br />
um das Wenige zu fin<strong>de</strong>n, was von ihr blieb. Dort unten. wo nur die Gauchach rauscht <strong>und</strong> ab<br />
<strong>und</strong> zu ein Vogel si ngt. wur<strong>de</strong> Ambros Oschwald am 14. M ärz 180 I geboren. <strong>und</strong> hier wuchs<br />
er auf. Doch ging es dort unten gar nicht so idyllisch zu. wie man vielleicht meint. Im Jahre<br />
1804 suchte ein Hochwasser die Lochmühle heim, bei <strong>de</strong>m ein Bru<strong>de</strong>r <strong><strong>de</strong>s</strong> Ambro ums L e<br />
ben kam. nd im näch ten Jahr raste sc hon wie<strong>de</strong>r eine Flut durch die Schlucht <strong>und</strong> ri ß die<br />
ganze Mühle mit sich fort: die Müllersleute fan<strong>de</strong>n Zuflucht in <strong>de</strong>r Grünbergkapelle, die in<br />
ihrer ähe lag <strong>und</strong> zu ihrem Besitz gehörte. 11<br />
Es war freilich die Rege l, daß Müller so abgeschie<strong>de</strong>n lebten, <strong>und</strong> weil sie so lebten (<strong>und</strong><br />
nachts arbeiteten, <strong>und</strong> an <strong>de</strong>r einzigen Maschine. die es damals gab) galten sie al Außenseiter.<br />
die nicht ganz geheuer waren. 21 Auch in Ambros Oschwald brach noch etwas davon durch;<br />
aber erst. nach<strong>de</strong>m erdas Gymnasium in Donaueschingen <strong>und</strong> dann die Universität in Freiburg<br />
besucht hatte <strong>und</strong> im dortigen Mün ter am 16. August 1833 zum Priester geweiht wor<strong>de</strong>n<br />
war. Wie es mit ihm weiterging. weiß ein 1843 verfaßter Bericht: "Kaplan Oschwald behauptete<br />
frei <strong>und</strong> ganz beschei<strong>de</strong>n. daß er mit einer höheren Kraft ausgerü tet sei <strong>und</strong> mit ihr im<br />
amen <strong><strong>de</strong>s</strong> allmächtigen Gottes nötigenfalls mit Anwendung <strong><strong>de</strong>s</strong> Exorzismus, eines geweihten<br />
Öles unter Hän<strong>de</strong>auflegung <strong>und</strong> Gebet <strong>und</strong> ohne die se iner Hei lmetho<strong>de</strong> wi<strong>de</strong>r prechen<strong>de</strong><br />
ärztliche Hilfe al le Krankheiten, chronisc he <strong>und</strong> akute. heilbare <strong>und</strong> unheilbare, abwen<strong>de</strong>n<br />
könne. Die Zahl se iner Patienten betrage nach <strong>de</strong>m von ihm geführten Krankentagebuch<br />
3160, von welchen er die meisten geheilt zu haben bona fi<strong>de</strong> vorgibt.">l<br />
Da wirkte Oschwald als K ap lan in Hammereisenbach. war aber wegen seiner W<strong>und</strong>ertaten<br />
weit über diesen Ort hinaus bekannt. Von überall her liefen ihm die L eute zu, die Hilfe <strong>und</strong><br />
Heilung suchten - was die Pfarrer aber gar nicht gerne ahen, <strong>und</strong> die Ärzte noch weniger.<br />
Immer wie<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong> Oschwald aufgefor<strong>de</strong>rt, se in Wirken zu been<strong>de</strong>n, <strong>und</strong> immer wie<strong>de</strong>r<br />
weigerte er sich, dieser Auffor<strong>de</strong>rung zu folgen; <strong>de</strong>nn er wür<strong>de</strong> es. w ie er schrieb, "<strong>für</strong> eine<br />
große Sün<strong>de</strong> gegen die ächstenliebe halten, <strong>und</strong> es wür<strong>de</strong> auch <strong>de</strong>m Willen Gottes zuwi<strong>de</strong>r<br />
ein. wenn man in sich die Kraft fühlt, einem Lei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r oft zehn bis zwanzig Jahre lang<br />
litt, <strong>de</strong>r an Krebssc hä<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>rgleichen Gebrechen lei<strong>de</strong>t, <strong>de</strong>r von <strong>de</strong>r Gicht, Epi lepsie,
193<br />
Wasser ucht o<strong>de</strong>r ähnlichen Krankheiten gepl agt wird, zu helfen, <strong>und</strong> man hülfe ihm nicht.<br />
Es wäre e in Frevel, wür<strong>de</strong> man solchen Kranken ni cht durch vertrauensvolles Anrufen <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
allerheiligsten amens Jesu<strong>und</strong> durch Mitteilung seines Segens Beistand leisten. Was wür<strong>de</strong><br />
<strong>de</strong>r göttliche Richter sagen, wenn man <strong>de</strong>m Notlei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n diesen Dienst nicht erweisen wür<strong>de</strong>?<br />
Wer nicht hilft, wird ein häI1eres Gericht erf ahren als jener Levit,jener Priester im Evangelium,<br />
die <strong>de</strong>n am Wege verw<strong>und</strong>et Liegen<strong>de</strong>n ohne Rührung in seinem Blute liegen ließen. Verantworte<br />
solche , wer da woll e! So lange es mir freisteht , mit <strong>de</strong>m mir anvertrauten Talente zu<br />
tun, wie ich es <strong>de</strong>r Ehre Gottes <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Liebe <strong><strong>de</strong>s</strong> Tächsten gemäß am geeignetsten halte, will<br />
ich helfen, alles zur Ehre Gottes zu tun , auf daß <strong>de</strong>r Vater im Himmel gepriesen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />
ame seines Sohne verherTlicht wer<strong>de</strong>. ( ... ) Durch meine Einwirkung erhi elten nicht nur<br />
einige Blin<strong>de</strong> ihre Sehkraft, on<strong>de</strong>rn auch Trostlose fan<strong>de</strong>n Trost, Wahnsinnige kamen wie<strong>de</strong>r<br />
zurecht, Skrupulanten wur<strong>de</strong>n von ihrer Gewissensmarter gerettet. Sollte me in Tun nicht das<br />
Werk <strong><strong>de</strong>s</strong> Jünger Gottes sein , wo<strong>für</strong> wir ihn preisen? Fromme wur<strong>de</strong>n <strong>und</strong> wer<strong>de</strong>n durch<br />
meine Ein wirkung noch frömmer. Sün<strong>de</strong>r entwe<strong>de</strong>r bekehrt o<strong>de</strong>r doch gebessert. Auch kommt<br />
die Gabe, W<strong>und</strong>er zu wirken, stets von <strong>de</strong>r katholischen Kirche, mit <strong>de</strong>r sie Jesus Christu<br />
geziert hat. " 4)<br />
Dies, <strong>und</strong> noch sehr viel mehr, schrieb Oschwald schon 1842 aus Hammereisenbach an das<br />
Erzbi chöfliche Ordinari at in Freiburg. das sich davon abe r nicht rühren li eß, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>n<br />
unbotmäßigen Kaplan, nach einigem Hin <strong>und</strong> Her, 1843 nach Stühlingen versetzte. Dagegen<br />
legten die Bürgermeister von Hammereisenbach <strong>und</strong> Bregenbach noch im Januar 1844 ihren<br />
Wi<strong>de</strong>rspruch ei n: da nämlich die ganze Gemein<strong>de</strong> "mit Ausnahme ganz weniger Leute mit<br />
ihm vo ll kommen zufrie<strong>de</strong>n <strong>und</strong> er ein eifriger, in Lehre <strong>und</strong> Wan<strong>de</strong>l musterhafter Seelsorger<br />
ist, was zur Erbauung eines je<strong>de</strong>n gut<strong>de</strong>nken<strong>de</strong>n Menschen, be on<strong>de</strong>rs Jugend] icher. beiträgt,<br />
<strong>und</strong> er darüber hinaus noch Fre<strong>und</strong> <strong>und</strong> Wohltäter <strong>für</strong> je<strong>de</strong>n genannt zu wer<strong>de</strong>n verdi ent, <strong>de</strong>n<br />
er auf irgen<strong>de</strong>ine Art nutzen kann, <strong>und</strong> er sich bisher äußerst wohltäti g un erer armen Kirche<br />
angenommen hat, die solchen Seelsorger fast nicht entbehren kann . so möchten wir wenigstens<br />
doch die Ursache erfa hren, warum man einen so wohltätigen <strong>und</strong> nützlichen Mann von uns<br />
wegnehmen möchte, <strong>de</strong>r auch uns, wei l er uns liebt. nicht gerne im Stich läßt, bis er wenigstens,<br />
wie er sagt, die wichtigsten Anliegen <strong>für</strong> unsere Kaplanei besorgt hat"5).<br />
Doch <strong>de</strong>r Wi<strong>de</strong>rspruch nützte ni chts. Oschwald (<strong>de</strong>r vorher chon in Laufenburg <strong>und</strong> Saig<br />
gewe en war) wur<strong>de</strong> nach Stühlingen <strong>und</strong> weiter nach Ballenberg, Herrenwies <strong>und</strong> Hofsgr<strong>und</strong><br />
versetzt. Aber ke ine PfalTei konnte so abgelegen sein, daß ihn die Suchen<strong>de</strong>n ni cht gef<strong>und</strong>en<br />
hätten <strong>und</strong> ihm nicht in Scharen zugelaufen wären. Weiterhin stapelten sich im Ordinari at die<br />
Beschwer<strong><strong>de</strong>s</strong>chriften <strong>de</strong>r Gegner <strong>und</strong> ei<strong>de</strong>r, die Rechtfertigungs chri ften Oschwalds, die<br />
Dankschri ften au seinen Gemein<strong>de</strong>n <strong>und</strong> aus seiner sonstigen, weit verstreuten Anhängerschaft.<br />
Das Maß war fast schon voll , als Oschwald 1849 ein umfangreiches Buch erscheinen<br />
ließ, namens: 'Mystische Schriften o<strong>de</strong>r Das große We ltgericht vor <strong>und</strong> nach <strong>de</strong>r H. Ankunft<br />
Jesu Christi auf Er<strong>de</strong>n, aus Schri ft <strong>und</strong> Offenbarungen Gottes dargestellt. ebst einigen<br />
Mittei lungen über das We en <strong>und</strong> Leben <strong>de</strong>r Seelen im unendlichen Seelenreiche. über <strong>de</strong>ren<br />
Vervollkommnung hier <strong>und</strong> dort <strong>und</strong> Einer Zugabe von Gebeten'. Dieses Buch i t, kurz gesagt.<br />
erfüllt von <strong>de</strong>r Überzeugung, daß das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Welt, daß die Wie<strong>de</strong>rkehr <strong><strong>de</strong>s</strong> Herrn ganz<br />
nahe sei; <strong>und</strong> daß es nöti g sei, sich da<strong>für</strong> zu rüsten <strong>und</strong> zu samme ln. Im Jahre 1887 sollte es,<br />
nach Oschwald. soweit sein. 6 )<br />
Das Urte il <strong>de</strong>r kirchlichen Behör<strong>de</strong> fi el verni chtend aus: "Dieses elen<strong>de</strong> Machwerk (ist) ein<br />
Gemengsel von Unsinn. Träumereien <strong>und</strong> Hirngespinsten ohne all en Gehalt. "7) Vor eben<br />
diesem Werk wur<strong>de</strong>, kaum daß es erschienen war. von allen Kanzeln herab gewarnt. weil e<br />
"erdichtete Gesichte enthält, die voll von fntümern stecken, welche die Katholische Kirche
194<br />
chon läng t als Häresien verdammt hat <strong>und</strong> welche voll von Träumereien künftiger Ereignisse<br />
si nd, die nicht allein von <strong>de</strong>r Kirche als verwerflich erachtet wur<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn auch schwache<br />
Gemüter verwirren können"8).<br />
A ls Oschwald seine A nhänger 1850 auch noch in einem sogenannten 'Geistig-magnetischen<br />
Verein' versammelte, war die Geduld <strong><strong>de</strong>s</strong> Ordinari ats endgültig erschöpft. Der Verein wur<strong>de</strong><br />
verboten, sein Grün<strong>de</strong>r seiner geistlichen Ä mter enthoben; Oschwald ging nach München,<br />
wo er von 1852 bis 1854 Medizin studierte. Aber am 02. M ai 1854 erschien er wie<strong>de</strong>r im<br />
B ezirksamt in Donaueschingen <strong>und</strong> erklärte. er beabsichtige, sich "auf unbestimmte Zeit<br />
nach ordamerika zu begeben, weshalb ich um Auswan<strong>de</strong>rung erlaubniß <strong>und</strong> die Ausstellung<br />
eines Reisepasses dahier bitte" . Am 12. M ai wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>m Er uchen tattgegeben, nach<strong>de</strong>m das<br />
Vorhaben in mehreren A mtsblättern angezeigt wor<strong>de</strong>n war, ohne daß irgendjemand irgendwelche<br />
Ansprüche geltend gemacht häne. 9 ) Wie einst M oses zog Oschwald mit <strong>de</strong>n Seinen<br />
nun in ein Gelobte Land. das jenseits <strong><strong>de</strong>s</strong> M eeres lag.<br />
A m 15. Juni 1854 legten im Hafen von Le Hav re zwei Schi ffe ab' sie brachten Ambros<br />
Oschwa ld <strong>und</strong> 11 3 M änner, Frauen <strong>und</strong> Kin<strong>de</strong>r nach A merika. Die Auswan<strong>de</strong>rer lan<strong>de</strong>ten<br />
am 07. bzw. 10. A ugust in ew York <strong>und</strong> zogen über Milwaukee <strong>und</strong> M anitowoc, Wisc.<br />
we iter in ein unberührtes Waldgebiet. wo sie die Kolonie St. azianz en·ichteten .<br />
Abb. I: Kolonie SI. azianz, etwa 1860<br />
In <strong>de</strong>m hl. Gregor von azianz, <strong>de</strong>m Kirchenlehrer, nach <strong>de</strong>m sie ihre Kolonie benannten,<br />
hatten die Oschwaldianer einen Kronzeugen gegen das gef<strong>und</strong>en, was sie am meisten verabscheuten<br />
<strong>und</strong> verachteten: das Privateigentum. lO ) Tatsächlich lebten sie se lber in trikter<br />
Gütergemeinschaft. lI) Immer wie<strong>de</strong>r las Oschwald ihnen dieselben Bibelverse vor: "Und alle,<br />
die gläubig gewor<strong>de</strong>n waren. bil<strong>de</strong>ten eine Gemeinschaft <strong>und</strong> hatten alles gemeinsam. Sie
195<br />
verkauften Hab <strong>und</strong> Gut <strong>und</strong> gaben davon allen, je<strong>de</strong>m so viel, wie er nötig hatte. Tag <strong>für</strong> Tag<br />
verharrten sie ei nmütig im Tempel, brachen in ihren Häusern da Brot <strong>und</strong> hielten miteinan<strong>de</strong>r<br />
Mahl in Freu<strong>de</strong> <strong>und</strong> Einfalt <strong><strong>de</strong>s</strong> Herzen. Sie lobten Gott <strong>und</strong> waren beim ganzen Volk beliebt.<br />
Und <strong>de</strong>r Hen' fugte täglich ihrer Gemein chaft die hinzu. die gerettet wer<strong>de</strong>n sollten" (Apg. 2,<br />
44-47; dazu auch 4, 32-35). Alle ihre Arbeitstage begannen mit einer gemeinsamen heiligen<br />
Mes e <strong>und</strong> en<strong>de</strong>ten damit daß sie <strong>de</strong>n Rosenkranz beteten <strong>und</strong> ein Lied sangen. Bei <strong>de</strong>n<br />
Mahlzeiten, die sie ebenfalls gemeinsam zu sich nahmen, wur<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>m Leben <strong>de</strong>r Hei ligen<br />
vorgelesen. Heilige wollten sie ja selber sein, gleichsam die Hei ligen <strong>de</strong>r letzten Tage.<br />
Denn wie viele an<strong>de</strong>re glaubte Oschwald. daß das En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Welt nahe sei, <strong>und</strong> hatte es in<br />
seinen 'Mystischen Schriften' schon in allen Einzelheiten ausgemalt. In ihnen hatte er auch<br />
geschri eben, daß es be on<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>n letzten Jahren viele Leute geben wer<strong>de</strong>, "bei<strong>de</strong>rlei Geschlechts,<br />
die sich nach klösterlichem Beisammen ein sehnen, um so sich fur das ewige Leben<br />
zweckmäßig zu bil<strong>de</strong>n" '2). (Von Anfang an galt das Or<strong>de</strong>nsleben als Vorschein, Vorgeschmack<br />
<strong>und</strong> Vorahnung <strong><strong>de</strong>s</strong> Lebens im kommen<strong>de</strong>n Gottesreich 13»). Also errichteten die Oschwaldianer<br />
in Sr. azianz ein Männer- <strong>und</strong> ein Frauenkloster, <strong>de</strong>ren Insassen <strong>de</strong>m franzi kanischen 'Dlitten<br />
Or<strong>de</strong>n' angehörten <strong>und</strong> sich <strong>de</strong>m Gebet <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Arbeit widmeten; im Jahre 1867 waren dies<br />
immerhin 80 Brü<strong>de</strong>r <strong>und</strong> 150 Schwestern.<br />
Abb. 2: Die Oschwald-Sistcrs UI11 1900 (Quelle s. AIlI11. 14)<br />
Außer ihnen lebten noch 170 Menschen in <strong>de</strong>r Kolonie die aus jenen bei<strong>de</strong>n Klöstern ei ner<br />
Kirche, einer Schule, ei nem Seminar, einem Waisenhaus <strong>und</strong> 60 Blockhäusern bestand. Ein<br />
schöner Erfolg, <strong><strong>de</strong>s</strong>sen sich die Kolonisten herzlich freuen durften - bis zum Jahr 1873, das
196<br />
<strong>für</strong> sie zum Traueljahr wur<strong>de</strong>. " Ihr Leiter. <strong>de</strong>n sie inzwischen 'unseren Vater' o<strong>de</strong>r einfach '<strong>de</strong>n<br />
Vater' nannten, <strong>de</strong>r sie um <strong><strong>de</strong>s</strong> Glaubens wi lien über das M eer geführt hatle, <strong>de</strong>r sie mit Geduld<br />
<strong>und</strong> Beharrlichkeit erfüllt haue. <strong>de</strong>r sie in ihren Lei<strong>de</strong>n getröstet hatte, <strong>de</strong>r ich in geistlicher<br />
Hinsicht um sie gekümmert, ihre körperlichen Schmerzen gelin<strong>de</strong>rt <strong>und</strong> sie in <strong>de</strong>r Krankheit<br />
umsorgt hatte, <strong>de</strong>r ie dazu erweckt hatte. auf <strong>de</strong>r höchsten Ebene <strong><strong>de</strong>s</strong> geistlichen Leben zu<br />
lebe n - <strong>de</strong>r, in Kürze, seine geistliche endung vollkommen erfüllt hatte - wur<strong>de</strong> nun, nach<br />
neunzehn Jahren <strong>de</strong>r außergewöhnlichsten Tätigkeit in Amerika, zu se iner ewigen Belohnung<br />
abberufen." '~ ) Ambros Osc hwald starb in SI. Nazianz am 27. Februar 1873 <strong>und</strong> wur<strong>de</strong> unter<br />
großer Anteilnahme in <strong>de</strong>r Ambrosiuskapelle <strong><strong>de</strong>s</strong> Bru<strong>de</strong>rklosters beigesetzt. och viele Jahrzehn<br />
te lang kamen die Pilger zu seinem. zu ihres 'Vaters' Grab.<br />
bb.3:<br />
Ambros Oschwald um 1850 (aus<br />
Fe Ischrift 1929s.Anm. 14)<br />
n~<br />
,<br />
ast to<br />
o 1 is<br />
,)<br />
Aber zugleich geschah, was<br />
fa t immer geschieht, wenn ein<br />
charismati scher Grün<strong>de</strong>r geht:<br />
die Gründung zerf iel. Der<br />
Nachwuchs blieb aus, das einst<br />
so sehr erwartete Weiten<strong>de</strong><br />
eben 0 , <strong>und</strong> <strong>de</strong>r von Oschwald<br />
erwählte achfolger Peter<br />
Mutz war diesen Schw ierigkeiten<br />
nicht gewachsen.<br />
Schließ lich, im Jahre 1896,<br />
vertrauten sich die Oschwaldianer<br />
einer Or<strong>de</strong>n gemeinschaft<br />
an: <strong>de</strong>n Salvatorianern ,<br />
die 188 1 (übrigens von <strong>de</strong>m Priester Franziskus Jordan aus Gurtweil bei Waldshut) gegrün<strong>de</strong>t<br />
wor<strong>de</strong>n waren. Sie unterstützten <strong>und</strong> versorgten die letzten Brü<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Schwestern <strong>und</strong> führen,<br />
auf ihre Weise. ihr Werk bis heute fort. 151<br />
Dem Müllerssohn aus M<strong>und</strong>elfingen war es nicht an <strong>de</strong>r Wiege gesungen wor<strong>de</strong>n, daß er,<br />
neben- <strong>und</strong> nacheinan<strong>de</strong>r, Priester. Hei ler, Seher. Führer <strong>und</strong> Grün<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n sollte. Aber<br />
nicht einmal im Jahre 1849, als alles gegen ihn verschworen schien. zweifelte er daran, daß<br />
"je<strong>de</strong>r Mensch aus seinem Leben selbst. wenn er auf seine Lebensge chichte merket, die unsichtbare<br />
Hand <strong>de</strong>r göttlichen Vorsehung, ihre Weisheit <strong>und</strong> Güte am besten selbst kennen<br />
lernt <strong>und</strong> ( ... ) wir daraus die w<strong>und</strong>erbaren Wege <strong>und</strong> Rathschlü. se eier göttlichen Vorsehung<br />
immer mehr anbeten <strong>und</strong> bew<strong>und</strong>ern lernen"'6).
197<br />
Anmerkungen<br />
I) Vgl. Paul WILUMSKI, Chronik von M<strong>und</strong>elfingen. 0 .0 . 1974, S. 98-10 I.<br />
2) Vgl. Johannes WER 'ER, 'Du Müller, du M ahler, du Mör<strong>de</strong>r, du Dieb!' Beru fs bil<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>utschen Literatur. München 1990, S. 51-65.<br />
3) Zit.n.: Hubert TREIBER, 'Wie man wi rd , was man ist'. Lebensweg <strong>und</strong> Lebenswerk <strong><strong>de</strong>s</strong> badischen<br />
Landpfarrers Ambros Oschwald ( 180 1-1873) im Erwartungshorizont chilia ti cher<br />
Prophezeiungen. In: ZGO 136 ( 1988), S. 293-348; hier S. 30 I.<br />
4) Zit.n.: Paul PRIESNER, Leben u. Wirken <strong>de</strong> Priesters Ambros Oschwald. (privatdruck) 1984, S. 3.<br />
5) ZiL n.: ebd. S. 13.<br />
6) Da We Iten<strong>de</strong> erschi ene also, imme r noch nach Oschwald , e in volles Jahrh<strong>und</strong>ert nach <strong>de</strong>r<br />
Französischen Revolution, <strong>de</strong>ren Anfanger ins Jahr 1787 etzte (Mysti sche Schriften S. 357);<br />
die badische Revolution von 1848 hie lt er, auch weil ihm die Jahreszahl symbolisch vorkam,<br />
<strong>für</strong> <strong>de</strong>n Anfang <strong>de</strong>r 'messianischen Wehen', die das Tausendjährige Re ich ankündigen <strong>und</strong> vorbere<br />
iten (ebd. S. 467 f.; vgl. all g. Wilhe lm E.MüHLMA , Chiliasmus <strong>und</strong> ativismus. Studien<br />
zur Psychologie, Soziologie <strong>und</strong> historischen Kasuisti k <strong>de</strong>r Umsturzbewegungen [=Studien zur<br />
Sozio log ie <strong>de</strong>r Revolution Bd. I]. Berlin 196 1. S . 282-284).<br />
7) Zil.n.: TREIBER, a.a.O. S. 309 f.<br />
8) Zil.n .: ebd. S. 3 11 .<br />
9) Auswan<strong>de</strong>rungsbewilligungen M<strong>und</strong>elfingen (Staatsarchiv Freiburg B695/2 Nr. 728).<br />
10) Vgl. Konrad FARNER . C hri stentum <strong>und</strong> Eigentum bis Thoma von Aquin (= Mensch <strong>und</strong><br />
Gesell schaft Bd. 12). Bern 1947, S. 65-66.<br />
11 ) icht vie l an<strong>de</strong>rs als Oschwald war. schon am Anfang <strong><strong>de</strong>s</strong> Jahrh<strong>und</strong>erts, <strong>de</strong>r schwäbische<br />
Sektierer Georg Rapp nach Amerika gezogen, wo er mit seinen Anhängern gle ich mehrere<br />
christlich-kommunistische Kolonien errichtete: Harmony, ew Hannony <strong>und</strong> Economy (vgl.<br />
TheodorHEUss, Schanenbeschwörung. Randfiguren <strong>de</strong>r <strong>Geschichte</strong>. 2. Auf] . Tübingen/Stuttgart<br />
1950. S. 109- 124). Der Gedanke lag in jenen Jahren gleichsam in <strong>de</strong>r Luft (v gl. Friedrich<br />
ENGELS, Beschre ibung <strong>de</strong>r in neuerer Zeit entstan<strong>de</strong>nen <strong>und</strong> noch bestehen<strong>de</strong>n kommunistischen<br />
Ansiedlungen [1845]. In: MEW Bd. 2. Berlin 1962. S. 521-535). Zur Gütergemeinschaft<br />
bekannte sich auch Wilhe lm W EITUNG, <strong>de</strong>r 1853/54 selber die Kolonie ComJl1unia in<br />
Jowa leitete (Die Menschhe it wie sie ist <strong>und</strong> wie sie sein sollte [1 838/39]. Hrsg. [zus. m. 'Das<br />
Evangelium <strong><strong>de</strong>s</strong> armen Sün<strong>de</strong>rs'] v. Wolf SCHÄFER. Re inbek bei Hamburg 1971 , S. 169- 172).<br />
12) Zit.n.: T REIBER, a.a.O. S. 345.<br />
13) Vg l. z. B. Loui BOYER. Vom Geist <strong><strong>de</strong>s</strong> MönchslUms. Salzburg 1958, S. 38-63; Leonardo BOFF.<br />
Zeugen Gottes in<strong>de</strong>r Welt. Or<strong>de</strong>ns leben heute. Zürich/Einsie<strong>de</strong>ln/Köln j 985, S. 2 1-22; Johannes<br />
WERNER. Vom mönchischen Leben. <strong>Geschichte</strong> e iner Sehnsucht. Frankfurt a.M ./Leipzig 1992.<br />
14) Nach e iner Festschrift zum diamantenen Jubiläu m von Sl. NaziaJ1Z ( 1929); aus <strong>de</strong>m Amerikanischen<br />
vom Verf.<br />
15 ) Vgl. Ansgar SI IGEN OP, Katholische Frauengenossenschaften Deutschl ands (Deutsche<br />
Schwestern-Genos enschaften). 2. A uf!. Düsseldorf 0.1 ., S . 260-26 1' Anton KI EBELE SDS/<br />
Antonin KI ELBAsA SDS/Andreas M ", CK SDS/Peter VA M Eul SOS, Die Salvatorianer in<br />
<strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Gegenwart. 188 1- 198 1. Rom 198 1, S. 276. - Bald nach Oschwalds Tod<br />
ver uchte sein Schwager Raphael Wenzinger, das Erbe anzutreten; aber in e inem Vertrag mit<br />
Schwester Alma Silberervon <strong>de</strong>r 'Römisch-katholischen Genossenschaft zu St. Nazianz' erklärte<br />
er schließlich,gegen e inen symbolischen Dollar, e inen Verzicht (GLA Karlsruhe233/39898).<br />
16) My tische Schri ften S. 7. - Für weitergehen<strong>de</strong> wichtige [nformationen dankt <strong>de</strong>r Verf. vor allem<br />
<strong>de</strong>m Archivar <strong>de</strong>r US-amerikanischen Provinz <strong>de</strong>r Salvatorianer, Br. Edward Havlovic in<br />
Wauwatosa, Wi sc., sowie <strong>für</strong> seine diesbezüg li che Ve rmittlung <strong>de</strong>m Generalsekretär <strong>de</strong>r Salvatorianer,<br />
F. Alex McAllister in Rom.
198<br />
Neues Schrifttum <strong>de</strong>r Baar<br />
Archäologisches Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>museum Ba<strong>de</strong>n-Württemberg(Hrsg.): Glaube, Kunst<strong>und</strong> Spiel, mit Beiträgen<br />
von [LSE Fh GERU , BI RGIITA AGEL, PATRICK O ELZE <strong>und</strong> RALPH RÖBER (ALManach I ), Stuttgart<br />
1996, 143 Seiten. 88 teils farbigc Abbildungen, 38,- DM.<br />
Publikationsreihen,die<strong>de</strong>n Kontakt zu Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong> För<strong>de</strong>rem aufrechterhalten sollen <strong>und</strong> imjährlichen<br />
Rh ythmus Rechenschaft über die geleistete w issenschaftliche Arbeit ablegen. bes itzen viele Museen.<br />
Zumeist han<strong>de</strong>lt es sich dabei um relativ anspruchslos gestaltete Hefte m it einem Sammelsurium von<br />
Artikeln. die man schnell wie<strong>de</strong>r zur Seile legt.<br />
Ganz an<strong>de</strong>rs das hier anzuzeigen<strong>de</strong> Buch, mit <strong>de</strong>m das Archäologi che Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>muse u111 Ba<strong>de</strong>n-Württemberg<br />
in Kon tanz (ALM) seine Publikati onsreihe ALManach einleitet. Dieser Band hat Format <strong>und</strong> ist<br />
tat ächlich eine Werbung <strong>für</strong>das Museum . Er wen<strong>de</strong>t sich nicht nur an <strong>de</strong>n Spezialisten, son<strong>de</strong>rn auch<br />
an <strong>de</strong>n interess ierten Laien.<br />
Ei n Le<strong>de</strong>rba 11, <strong>de</strong>r in ei ner Felsen höh le nahe bei 111 Hexenturm au f <strong>de</strong>r Ge111ark ung L ei berti ngen gef<strong>und</strong>en<br />
wu r<strong>de</strong>. steh tim Mi tt.e I punkt <strong><strong>de</strong>s</strong> ein lei ten<strong>de</strong>n Aufsatzes von [LSE FI 'GERUN . Sei ne hand I iche Größe <strong>und</strong><br />
die Füllung mit Roßhaarprä<strong><strong>de</strong>s</strong>tinieren ihn zum Schl agballspiel. Die ähtechnik <strong>de</strong>utet auf das 15. o<strong>de</strong>r<br />
16. Jahrh<strong>und</strong>ert . M öglicherweise wur<strong>de</strong> die er ungewöhnliche Beleg <strong>für</strong>das mittelalterliche Ballspiel<br />
von einem Fuchs aus <strong>de</strong>r nahen zimmerschen bzw. <strong>für</strong>stenbergischen Burg Wil<strong>de</strong>nstein gestohlen <strong>und</strong><br />
in <strong>de</strong>r Höhle versteckt. Denn neben <strong>de</strong>m Ball lagen die Knochen einer Gans.<br />
Bereits im Jahre 1974 wur<strong>de</strong> bei Elektroarbeiten auf einem K onstanzer Hinterh of ein <strong>für</strong> Südwest<strong>de</strong>utschland<br />
einziganiger F<strong>und</strong> mit Fragmenten von Heiligenstatuetlen. Andachtsbil<strong>de</strong>m <strong>und</strong> Kruzifixen<br />
sowie <strong>de</strong>n zur Herstellung dieser Gegenstän<strong>de</strong> notwendigen M o<strong>de</strong>ln <strong>und</strong> Hohlformen geborgen. Drei<br />
Wissenschaftler aus <strong>de</strong>n Disziplinen Archäologie, <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Kunstgeschichte belegen im zweiten<br />
Teil <strong><strong>de</strong>s</strong> Ban<strong><strong>de</strong>s</strong> anhand dieses Ensembles, w ie fruchtbar die vom<br />
rchäologischen Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>museum<br />
gepflegte interdisziplinäre Zusammenarbeit bei <strong>de</strong>rlnterpretation archäologischer F<strong>und</strong>e sein kann.<br />
Mit<strong>de</strong>n von PATR ICK OELZE ausgewerteten histori chen Quellen lassen sich vor allem sozial- <strong>und</strong> wirtschaftsgesch<br />
ich tl iche Fragen klären. oetwa d ie gesellschaft I iche Stellung <strong>de</strong>r Hafner in <strong>de</strong>r mittelalterl ichen<br />
<strong>und</strong> frühneuze itlichen Stadt, ihreorganisa torische Zusammenfassung in Zünften sowie die bevorzugte<br />
Lage <strong>de</strong>r Wohn- <strong>und</strong> Arbeit stätten. Si e konzentriert en sich vor allem in <strong>de</strong>n Randbezirken <strong>de</strong>r mittelalterlichen<br />
Stadt. eben dort. wo auch <strong>de</strong>r F<strong>und</strong> geborgen wur<strong>de</strong>. Die Feuergefährlichkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Hafnerhandwerk<br />
s, die ähe zu <strong>de</strong>n Roh toffen <strong>und</strong> das geringe soziale Ansehen <strong>de</strong>r Handwerkerdürftendabei<br />
eine wesentliche Rolle gespielt haben. Ergänzend können die archäologischen <strong>und</strong> kunstgeschichtlichen<br />
M etho<strong>de</strong>n vor allem Erkenntnisse über die Herstellungstechnik <strong>und</strong> Verwendung <strong>de</strong>r Objekte liefern.<br />
Beson<strong>de</strong>rs interessant ist dabei <strong>de</strong>r von BIRGIITA<br />
AGEL <strong>und</strong> RALPII RÖßER anhand von Fehlbrän<strong>de</strong>n,<br />
Halbfabri katen <strong>und</strong> Fragmenten minutiös ge führte Nachweis einer Serienproduktion <strong>de</strong>r Statuetten,<br />
Andachtsbil<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Kruzifixe. Hierin spiegelt sich die beson<strong>de</strong>re Frömmigkeit <strong><strong>de</strong>s</strong> Spätminelalters<br />
w i<strong>de</strong>r. die <strong>de</strong>r privaten A ndacht eine immer be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>re Rolle neben <strong>de</strong>m kirchlichen Kulreinräu mte<br />
<strong>und</strong> soeine ständig steigen<strong>de</strong> ach frage nach A ndacht 'bil<strong>de</strong>rn zur Folge halle. Diese konnte nicht mehr<br />
durch qualitätvolle Einzelanfertigungen, w ie sie noch um 1400das Bild <strong>de</strong>r religiösen Kunstbesrimmten,<br />
befriedigt wer<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn lediglich noch durch seriell gefertigte Figürchen.<br />
Esgibt nach<strong>de</strong>m Stan<strong>de</strong>r Publikationsreihe "ALManach" einen weiteren guten Gr<strong>und</strong>. in die Vereinigung<br />
<strong>de</strong>r Fre<strong>und</strong>e <strong>und</strong> För<strong>de</strong>rer <strong><strong>de</strong>s</strong> A rchäologischen Lan<strong>de</strong> museums einzutreten. Sämtliche M itglie<strong>de</strong>r<br />
bekommen die zukünftigen Bän<strong>de</strong>als kostenloscJ ahresgabe. Der zweite Band "Gol<strong>de</strong>nej ahrh<strong>und</strong>erte" ,<br />
<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Bronzezeit in Südwest<strong>de</strong>ulschland gewidmet ist, liegt bereits vor. (A. Wilts)
199<br />
Archäologisches Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>museum Ba<strong>de</strong>n-Württemberg (Hrsg.): Die Alamannen, Begleitband zur<br />
gleichnamigen Aus teilung, Stuttgart 1997, 528 Seiten mit 588 größtent. farbigen Abbildungen,<br />
69.- DM.<br />
1978 veröffentl ichte RAINER CHRISTLEI sein Werk "Die Alamannen. Archäologie eines lebendigen<br />
Volke ". Es machte nicht zuletzt wegen seiner mo<strong>de</strong>men sozialgeschichtlichen Fragestellungen Furore<br />
<strong>und</strong> avancierte schnell zum Standardwerk, das über die Grenzen <strong>de</strong>r Archäologie hinweg zur Kenntnis<br />
genommen wur<strong>de</strong>.<br />
Gewiß, <strong>de</strong>r Katalog <strong>de</strong>r be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n F<strong>und</strong>steIlen <strong><strong>de</strong>s</strong> frühen Mittelalters im alamannischen Raum ist<br />
nach wie vor ein Pluspunkt <strong>de</strong> CHRISTLEI . Ansonsten aberwirdje<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>r ich in Zukunft mit <strong>de</strong>n Alamannen<br />
beschäftigen will, <strong>de</strong>n anzuzeigen<strong>de</strong>n Begleitband zur ba<strong>de</strong>n-würnembergischen Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>ausstellung<br />
zu Rate ziehen mü sen.<br />
Dabei han<strong>de</strong>lte ich keinesweg um e inen traditionellen Ausstellungskatalog mit <strong>de</strong>m üblichen Ballast<br />
e iner seitenlangen Auflistung <strong>und</strong> Be chreibung <strong>de</strong>r Ausstellungsstücke,son<strong>de</strong>m umein Handbuch im<br />
besten Sinne <strong>de</strong> Wortes: Mehr als fünfzig, auf <strong>de</strong>m aktuellsten Stand <strong>de</strong>r Forschung befindliche <strong>und</strong><br />
<strong>de</strong>nnoch gut lesbare Aufsätze beleuchten alle Facetten <strong>de</strong>ralamannischen <strong>Geschichte</strong>. Die Bebil<strong>de</strong>rung<br />
ist vorzüglich, das Layout an prechend.<br />
Der Band g lie<strong>de</strong>rt sich in sechs Teile. In <strong>de</strong>r Einleitung ist vor allem <strong>de</strong>r Aufsatz von G USTAV SCHÖ H<br />
hervorzuheben, <strong>de</strong>r di e <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> heutige Be<strong>de</strong>utung <strong><strong>de</strong>s</strong> Begriffes "alemannisch" auslotet <strong>und</strong><br />
dabei Bemerkenswertes zutage fö r<strong>de</strong>rt über Johann Peter Hebel als Geburt helfer <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>men Alemannia,<br />
überdie alemannische Sprache <strong>und</strong> Fasnacht, das brisante Verhältnis von Schwaben <strong>und</strong> Alemannen<br />
<strong>und</strong> die stets köcheln<strong>de</strong> "Ba<strong>de</strong>n frage" .<br />
Die bei<strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Teile folgen <strong>de</strong>n Hauptlinien <strong>de</strong>ralamannischen <strong>Geschichte</strong> von <strong>de</strong>n konfliktreichen<br />
Beziehungen mit <strong>de</strong>n Römem zwischen <strong>de</strong>m 3. <strong>und</strong> <strong>de</strong>m 5. Jahrh<strong>und</strong>ert über die nterwerfung unter<br />
fränki sche He rrschaft im 6. Jahrh<strong>und</strong>ert bis hin zur Auflösung <strong><strong>de</strong>s</strong> älteren alamannischen Herzogtums<br />
durch die Karolinger in <strong>de</strong>r Mitte <strong><strong>de</strong>s</strong> 8. Jahrh<strong>und</strong>erts.<br />
Deralamannischen Gesellschaft <strong>und</strong> Wirtschaft, <strong>de</strong>r Religion <strong>und</strong> Kultursind die bei <strong>de</strong>n ab chLießen<strong>de</strong>n<br />
Teile gewidmet.<br />
Gera<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Abschnitten überdie Frühzeit<strong>de</strong>r Alamannen zeigt sich, welche Fortschrinedie Wissenschaft<br />
in <strong>de</strong>r jüngsten Zeit gemacht hat. So wird <strong>de</strong>r Fall <strong><strong>de</strong>s</strong> Limes heure nicht mehr als Folge eines großen<br />
alamannischen Anstumls gegen die römische Grenzwehr verstan<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn als ein über Jahrzehnte<br />
sich hinziehen<strong>de</strong>r Prozeß, <strong>de</strong>rdurch innerrömische Machtkämpfe <strong>und</strong> an<strong>de</strong>re widrige mstän<strong>de</strong> begünstigt<br />
wur<strong>de</strong>. Die Alamannen sie<strong>de</strong>lten nicht als geschlossener Stamm nach Südwe t<strong>de</strong>utschland um, son<strong>de</strong>m<br />
fan<strong>de</strong>n erst hier zu einem Volk zusammen. Das La nd wur<strong>de</strong> dabei offensichtlich zunächst keineswegs<br />
großfl ächig, son<strong>de</strong>rn mitSiedlungsinselnerschlo sen. Vielerort wur<strong>de</strong>n die römischen Gutshöfe <strong>und</strong><br />
Straßenzüge weiter genutzt.<br />
Beson<strong>de</strong>rs hingewiesen wer<strong>de</strong>n soll hier auch auf die Ausführungen von HEIKO STEUER zur gesellschaftlichen<br />
Ordnung <strong>de</strong>r Alamannen. Hatte noch CHRISTLEI seine Qualitätsgruppen A-D alsein direktes<br />
Spiegelbild <strong>de</strong>r gesellschaftlichen Schichtung verstan<strong>de</strong>n, so zeichnet STEUER ein weitau differenzierteres<br />
Bild von <strong>de</strong>n Aussagemöglichkeiten <strong>de</strong>rGrabinventare. icht folgen können wird man frellich<br />
seiner Deutung, daß <strong>de</strong>r gegen En<strong>de</strong><strong><strong>de</strong>s</strong> 7. Jahrh<strong>und</strong>erts verstärkteinsetzen<strong>de</strong>Grabraub Au druck eines<br />
gesellschaftlichen Umbruchs <strong>und</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Zerbrechens <strong>de</strong>r alten Solidargeme inschaft gewesen sei.<br />
INGO STORK stelltdas einzigartige archäologische Ensemble von Lauchheim bei Aalen vor. urwenige<br />
Ausgrabungen <strong>de</strong>r letzten Jahre haben <strong>für</strong> soviel Aufsehen gesorgt. Denn hier konnte nicht nur ein<br />
Friedhof. on<strong>de</strong>m auch die zugehörige Siedlung ausgegraben wer<strong>de</strong>n. Eine kleine Sensation war dabei<br />
die Ent<strong>de</strong>ckung eines Herrenhofes mit einer beson<strong>de</strong>ren Hofgrablege. Fünf Männer <strong>und</strong> eine Frau<br />
waren hier äußerst prunkvoll bestallet wor<strong>de</strong>n, u.a. mit GoldblatLkreuzen, kostbaren Brokatstoffen,<br />
kompletten Servicen <strong>und</strong> Waffenausstattungen sowieeineraußeror<strong>de</strong>ntlich wertvollen gol<strong>de</strong>nen KreuzfibeI.<br />
Da die Gräber bis in wasserführen<strong>de</strong> Ton chichten eingetieft waren. haben sich hier zu<strong>de</strong>m<br />
hölzerne Grabkammern <strong>und</strong> Särge sowie e in singuläres Totenbett erh alte n.
200<br />
Für<strong>de</strong>n histori schen Zusammenhang dieser Laucheimer Hofgrablege bietet <strong>de</strong>r A ufsatz von BARßARA<br />
T HEU E-G ROSSKOPF, bei <strong>de</strong>r die Gesamtleitung <strong>de</strong>r Alamannenausstellung lag, werlvolle Ergänzungen.<br />
Sie zeichner die Ablösung <strong>de</strong>r außerh alb <strong>de</strong>r Ortschaften gelegenen Gräberfel<strong>de</strong>r durch die bei <strong>de</strong>n<br />
Orlskirchen gelegenen Kirchhöfe nach, die fast regel haft über Gräbergruppen innerhalb<strong>de</strong>r Siedlungen<br />
führte.<br />
Alles in Allem : ein außeror<strong>de</strong>ntlich gut gelungenes Kompendium <strong>de</strong>r alamannischen <strong>Geschichte</strong>.<br />
(A . Wilts)<br />
D OLD, W ERNER: Döggingen. Stadtteil von Bräunlingen. Chronik eines Bauerndorfes in <strong>de</strong>r Westbaar,<br />
Stadt Bräunlingen 1996, 525 Seiten. 75.- DM.<br />
Der wahre utzen dieser Chronik wird sich erst in <strong>de</strong>r Benützung durch die Dögginger Bürger ze igen.<br />
Welche Abgaben hatten die Einwohner früher an <strong>de</strong>n Gr<strong>und</strong>-, Gerichts- <strong>und</strong> Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>herren zu entrichten?<br />
Wie war<strong>de</strong>r Weidgang geregelt? Wann wur<strong>de</strong> die Pfarrkircheerbaut ? Aufwohl je<strong>de</strong> er<strong>de</strong>nkliche Frage<br />
bis hin zum Bau <strong>de</strong>r mgehungsstraße gibt das materialgesälligte Buch <strong>de</strong>m heutigen Dögginger <strong>de</strong>tailliert<br />
<strong>und</strong> erschöpfend Auskunft.<br />
Der Frem<strong>de</strong> w ird das Werk mit an<strong>de</strong>ren Erwartungen indie Hand nehmen. Er wird u.a.die Ausführungen<br />
über die Zeit <strong>de</strong>r N apoleonischen Kriege begrüßen. Z wei von vier DöggingerTeilnehmern an N apoleons<br />
Rußl and feldzug haben ihre Erlebnisse schri ftlich fesrgehalten. K aspar Ha enfratz' Erinnerungen sind<br />
bereits 1985 ediert wor<strong>de</strong>n. Verdienstvollerwei se legt nunmehr W ER ER DOLD auch die Aufzeiclmungen<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Train-Sergeanten M artin Wally vor.<br />
Sicherlich hätte man das L ayout <strong><strong>de</strong>s</strong> Buche verbessern können. Die Seiten sind randvoll <strong>und</strong> in einem<br />
Zug, ohne<strong>de</strong>utliche Abgrenzung <strong>de</strong>r K apitel bedruckt. Im Anhang fehlt ein Verzeichnis <strong>de</strong>r gedruckten<br />
Quellen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Archivalien. (A . Wilt )<br />
HERB, ER, D. u. KUNK, S.: 150 Jahre Sparkasse Hochschwarzwald ( 1846 - 1996). Deutscher Sparkassenverlag.<br />
Stuttgart 1996. 11 2 Seiten mit zahlreichen, zum Teil farbi gen Abbildungen.<br />
Das gefäll ig aufgemachte, leinengeb<strong>und</strong>ene Werk, das man vom Titel her <strong>für</strong> eineJ ubiläumsschrift w ie<br />
H<strong>und</strong>erte an<strong>de</strong>re halten könnte, eIllpuppt sich bereits nach kurzer Lektüre als eine gr<strong>und</strong>soli<strong>de</strong> <strong>und</strong> auf<br />
exzellenterQuellenkenntnis aufbauen<strong>de</strong> Arbeit. Herbner, bereits durch mehrere Publikationen, darunter<br />
die Stadtge chichre von Tili ee-Neustadt, bekannt gewor<strong>de</strong>n, läßt die Handschri n <strong><strong>de</strong>s</strong> gelernten Historikers<br />
erkennen. icht nur die gängigen Archivmaterialien <strong>de</strong>r Sparkas en im beschriebenen Gebiet, son<strong>de</strong>rn<br />
auch Bestän<strong>de</strong><strong>de</strong> EE Archi vs, <strong><strong>de</strong>s</strong> Generallan<strong><strong>de</strong>s</strong>archivs <strong>und</strong> verschie<strong>de</strong>ner Gemein<strong>de</strong>archive bil<strong>de</strong>ten<br />
die M ateri algr<strong>und</strong>lagen <strong>für</strong> se ine A rbeit. A lle Quellen sind durch Anmerkungen nachgewiesen, <strong>und</strong><br />
auch da LiteratUl'verzeichnis weisl eine vergleichsweise reiche A uswahl an Titeln auf.<br />
Es gelingt<strong>de</strong>m Autor sehrgut , die sozial geschichtlichen Hintergrün<strong>de</strong> <strong>für</strong>die Errichtung eines Sparinstituts<br />
<strong>de</strong>r "kleinen Leute" au fzu zeigen. " Von <strong>de</strong>r Überzeugung geleitet, daß eine Spar- K asse auch auf <strong>de</strong>m<br />
Schwarzwal<strong>de</strong> gewiß einen wohlthätigen Einfluß auf die älmere Bevölkerung ausüben .. . wer<strong>de</strong> ... " , so<br />
zitiert. Herbner aus <strong>de</strong>r Gründungsakte <strong>und</strong> stellt im folgen<strong>de</strong>n das langsame A nwach en zu einer<br />
w ichtigen Finanzinstitution im Schwarzwald dar. Beson<strong>de</strong>rs gelungen er cheinen <strong>de</strong>m Rezensenten<br />
neben <strong>de</strong>n K apiteln überdie "Frühgeschichte" die Darlegungen überdie Kriegsanleihen-Politik während<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Ersten Weltkriegs . Die U nseriosität dieser gan zen Einrichtung, die auf <strong>de</strong>m naiven Vertrauen <strong>de</strong>r<br />
vaterl ändisch <strong>de</strong>nken<strong>de</strong>n Leuteaufbaute, w ird bereits hier<strong>de</strong>utlich, nicht erst in <strong>de</strong>rum vieles bekannteren<br />
Inflationszeit. Demgegenüber bleibt die Geld- <strong>und</strong> Bankenpolitik <strong>de</strong>r ari onalsozialisten eher etwas<br />
flach.<br />
Daß die Jubiläums chrift eines Geldinstituts auch das Z iel verfolgt, erfolgreiches Wirt chaften<br />
nachzu weisen <strong>und</strong> hier<strong>für</strong> reichlich Tabellen <strong>und</strong> Zahlen eIllhaltenmuß, w ird <strong>de</strong>r lesen<strong>de</strong> Bank-Laie<br />
zwar nicht als son<strong>de</strong>rlich spannend empfin<strong>de</strong>n, aber doch als notwendige Ergänzung akzeptieren<br />
müssen. Hingewiesen sei in diesem Z usammenhang auch auf <strong>de</strong>n Anhang mit <strong>de</strong>n Kurzporträts aller
20 1<br />
14 Trägergemein<strong>de</strong>n, die neben <strong>de</strong>m infomlati ven Text das Wappen <strong>und</strong> einjewei ls rechtaussagekräftige<br />
farbiges Luftbild aufweisen.<br />
Kleine kritische Anmerkung zum Schluß: Al s Verfasser sind zwei Autoren genannt. Wer hat was<br />
verfaßt? (w. Hilpert)<br />
W ILLIG, W.: Spurensuche in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg: Kl öster, Stifte, Kl au en,ein kulturhi tori scher Führer.<br />
Selbstverlag W. Willig, Balingen 1997. 504 Seite n mit zahlreichen, meist kleinfonnatigen<br />
farbigen Abbildungen <strong>und</strong>' e iner Karte.<br />
Mit seiner "Spurensuche" will <strong>de</strong> r Autor. wieer im Vorwort <strong><strong>de</strong>s</strong> Buches betont, nicht nur die in Auge<br />
springen<strong>de</strong>n großen Kl o teranlagen beschreiben, son<strong>de</strong>rn auch zu kle ineren, weniger bekannten Stärten<br />
hinführen, selb t wenn die Einrichtungen als solche nicht mehrexi stieren o<strong>de</strong>r gar nur noch ein ame<br />
an sieerinnert. Willig, <strong>de</strong>r aufvieljährige Erfahnmgen im Bereich <strong>de</strong>r Erwachsenenbildung, speziell auf<br />
<strong>de</strong>m Gebiet <strong>de</strong>r Or<strong>de</strong>nsge chichte, zurückgreife n kann, legt mit diesem Buch ein Werk vor, das im<br />
doppelten Sinne gewichtig ist. Als Reisehandbuch gedacht, ist es trotz Unterschreitung <strong><strong>de</strong>s</strong> Bae<strong>de</strong>ke r<br />
Fonnats ein Werk gewor<strong>de</strong>n, das mit seinem Gewicht von nahezu einem Ki 10 kaum in einer Manteltasche,<br />
geschweige in e iner Damenhandtasche Platz fin<strong>de</strong>!.<br />
FreiJich haben in einer Rezension Inhalt, Fonnulierung,Zuverlässigkeit<strong>de</strong>r lnfonnationen im Vor<strong>de</strong>rgr<strong>und</strong><br />
zu stehen. Stichproben ergeben das Bild e ines verl äßlich gearbeiteten Führers, <strong>de</strong>r je<strong><strong>de</strong>s</strong> Kapite1chen<br />
in übersichtlicher Darstellung, ansprechen<strong>de</strong>r <strong>und</strong> gut lesbarer Fornl darstellt. Hinzu kommen jeweils<br />
wenige - <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Laien durchaus genügen<strong>de</strong> - Literaturhinwei e <strong>und</strong> zahLreiche gute Farbfoto <strong>de</strong>r<br />
besprochenen Stätten.<br />
Selbstverständlich kann ein solche r Kulturführer nicht voll ständigsein , Lücken sind zwang läufig, aber<br />
wer wollte <strong>de</strong>n Autor schon ta<strong>de</strong>ln, wenn er bei <strong>de</strong>n r<strong>und</strong> 400 beschriebenen Objekten Berau, Ri e<strong>de</strong> rn<br />
am Wald o<strong>de</strong>r Amtenhausennicht fin<strong>de</strong>t?<br />
Ein solcher, auf die Bereiche Kl öster <strong>und</strong> Stifte ausgerichteter Reiseführer, <strong>de</strong> r durchweg das rechte<br />
Maß hält, mit Sachverstand <strong>und</strong> aus persönlicher Begeisterung verfaßt <strong>und</strong> gut ausgestanet ist, war<br />
schon lange ein Desi<strong>de</strong>ratum . Man darf das Buch empfehlen. (W. Hilpe rt)
202<br />
<strong>Vereins</strong>chronik<br />
l. Jahresprogramm 1996/97<br />
Im Jahres programm 1996/97 konnten w ir un eren Mitglie<strong>de</strong>rn 5 Vorträge, 5 Halbtagsexkursionen,<br />
die Jahre exkursion <strong>und</strong> 2 "Kleine Aben<strong>de</strong>" anbieten. Es waren dies:<br />
Vorträge:<br />
"Ein gefähr<strong>de</strong>tes Bo<strong>de</strong>n<strong>de</strong>nkmalunseres Raumes - die 'Villa Rustica' in Überauchen" (Dr. J.<br />
KL G-TREPPE), 13.7 .1996;<br />
"Eine englische Herausfor<strong>de</strong>rung", Vi<strong>de</strong>ofilm über die Entstehung <strong><strong>de</strong>s</strong> Christus <strong>für</strong> Canterbury<br />
von Klaus Ringwald (0 . B LA K) , 10. 10. 1996;<br />
"Religiöse Frauenbewegungen im <strong>de</strong>utschen Südwesten" (Dr. A . WILTS), 2 1. 11 . 1996:<br />
"Der obere Teil <strong>de</strong>r Wutachschlucht" (R. K ALB), 3. 12 .1 996;<br />
"Einheimische Großpilze - Gefährdung <strong>und</strong> Schutz" (Dr. D. K NocH), 11 .3. 1997.<br />
H albtagsexkursionen:<br />
"L öffingen <strong>und</strong> Umgebung" (Prof. Dr. W. IRTE 'KAUF, E. K ETTERER, K. K I, AST, W. M ARTIN),<br />
8.6.1996;<br />
"Die römische 'Villa Rustica' in ÜberalIchen" (Dr. J. K LUG-TR EPPE), 13.7.1996:<br />
"Endingen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Üsenberger Hof - ei n Zentrum <strong>de</strong> vor<strong>de</strong>rösterreichischen Breisgaus"<br />
(Ortsk räfte), 2 1.9. 1996;<br />
"Uhren industrie-Museum <strong>und</strong> M authe-Archiv" (Ortskräfte, Archiv: W PFÄNDER), 9. 11 .1996;<br />
"M ärzenbecherblüte in <strong>de</strong>n Wutachflühen" (R. KALB, Dr. R. W AGt ER, W M ARTlt ),22.3. 1997.<br />
JahresexklIr ion ins Gebiet Höri-Ober ter Hochrhein. Stationen waren: Hom/Höri (W. MA RTIN,<br />
Dr. F. GöTZ, W. HILPERT), Stein a.Rh . mit Insel Werd (Dr. A. W ILTS, W. M ARTIN), Oberstammheim<br />
(W. HILPERT, W M ARTI ), St. K atharinental (H. W ALTI, W. M ARTI ); 30.6. 1996.<br />
"Kleine Aben<strong>de</strong>":<br />
"Zwischen Wüste <strong>und</strong> rwald - eine Studienreise durch amibia, Botswana <strong>und</strong> Zimbabwe"<br />
(Prof. Dr. G. REICHELT), 16. 10.1996;<br />
" nd die Sintflut gab es doch - aturwissenschaftliche <strong>und</strong> historische Belege <strong>für</strong> die Sintflut"<br />
(W M ARTIN), 22. 1. 1997.<br />
2. Jahresversammlung J997<br />
Am 2 1. März 1997 fand im Großen Nebenzimmer <strong>de</strong>r " Donaustuben" die Mitglie<strong>de</strong>rverammlung<br />
statt , die überdurch chnittlich gut besucht war. Im Rahmen <strong><strong>de</strong>s</strong> Tätigkeitsberichts<br />
stellte <strong>de</strong>r Schri ftleiter, Herr Prof. Dr. REICHELT, <strong>de</strong>n Band 40 unserer Schri ftenreihe vor. <strong>de</strong>r<br />
dann im Verlauf <strong><strong>de</strong>s</strong> Abends an die Teilnehmer ausgegeben wur<strong>de</strong>.<br />
Eine beson<strong>de</strong>re Ehrung erfuhr Herr Dr. K ar! K WAs 'ITSCIIKA: auf Beschluß <strong>de</strong>r Vorstandschaft<br />
wur<strong>de</strong> ihm die Ehrenmitgliedschaft verliehen. In seiner Laudatio hob <strong>de</strong>r Vorsi tzen<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />
Abteilung <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Amtskollege W OLFGANG HILPERT die großen Verdienste hervor, die<br />
ich Herr Dr. KWASN ITS HKA in langjähriger Tätigkeit als Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Abteilung Naturgeschichte,<br />
al Vortragsreferent, als Exkursionsleiter <strong>und</strong> als Autor erworben hat; auch das<br />
ausgezeichnete persönliche Verhältnis während neun Jahren gemeinsamer Tätigkeit in <strong>de</strong>r<br />
<strong>Vereins</strong>führung wur<strong>de</strong> betont. Die Anwesen<strong>de</strong>n bestätigten die Verleihung <strong>de</strong>r Ehrenmitgliedschaft<br />
mit großem Beifall.
203<br />
Des weiteren wur<strong>de</strong>n be i <strong>de</strong>r Generalversammlung die vom Vorstand neu in <strong>de</strong>n Beirat<br />
berufenen Persönlichkeiten vorgestellt:<br />
L1AJ'iE DOMDEy- KuNz, VS-Weigheim<br />
KLAus KI NAST, Löffmgen<br />
T rr.MA. VON KUTZLEBEN, Bräunlingen<br />
FRm VöGELE, Immendingen.<br />
Den zweiten Teil <strong><strong>de</strong>s</strong> Abends gesta ltete He rr Dr. H. G EH RI G, VS-Villingen, mit einem von<br />
Dias begleiteten Vortrag über <strong>de</strong>n Kiebitz <strong>und</strong> eine Lebenswelt.<br />
3. Jahresprogramm 1997/98<br />
Das bereits während <strong>de</strong>r Jahresversammlung in seinen wesentlichen Strukturen vorgestellte<br />
<strong>und</strong> im April veröffentlichte Jahresprogramm 1997/98 weicht etwas von <strong>de</strong>n Programmen<br />
"normaler" Jahre ab. Im Hinblick auf die vom Alemannischen institut in Freiburg <strong>und</strong> <strong>de</strong>m<br />
<strong>Baarverein</strong> gemeinsam getragene wissenschaftli che Tagung über die Baar (26.-28.9. 1997)<br />
w ur<strong>de</strong> die Zahl <strong>de</strong>r Vorträge <strong>und</strong> Exkursionen <strong>de</strong>utlich reduziert.<br />
Vorträge:<br />
"Petrus Glunk, 1736-1766 Abt in SI. Märgen, ein großer Sohn Löffingens" (Prof. Dr. W.<br />
IRTENKAUF),6.5. 1997;<br />
"Pflanzen als Zeugen <strong>für</strong>die <strong>Geschichte</strong> im Mittleren Schwarzwald" (prof. Dr. O. Wrr.MANNS),<br />
20. 11.1997.<br />
Ganz- <strong>und</strong> Halbtagsexkursionen (außer <strong>de</strong>r Jahre exkursion):<br />
Besuch <strong>de</strong>r Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>ausste llung "Die Alamannen" in Stuttgart , 12.7. 1997;<br />
"Di e Schausammlung <strong><strong>de</strong>s</strong> Geolog. Instituts <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Botani sche Garten <strong>de</strong>r Universität<br />
Tübingen" (Geologie: Prof. Dr. WESTPHAL. Botanik: Dr. FRANZ), 13 .9. 1997;<br />
"Bäuerliche <strong>und</strong> industri e ll e Wohnkultur - Be ispi e le <strong>de</strong>r Bau<strong>de</strong>nkmalpflege in <strong>de</strong> r<br />
Industriestadt Trossingen" (H. BE ZlNG <strong>und</strong> Kollegen), 11 . 10.1997.<br />
Jahresexkursion zum nordöstlichen Bo<strong>de</strong>nsee-Ufer <strong>und</strong> in sein Hinterland. Stationen waren:<br />
Friedrichshafen (W. H1LPERT), Eriskircher Ried (G. KERSTING, W. M ARTI ), Schloß Achberg<br />
mit Ausstellung "200 Jahre Schubert" (w. H1 LPERT, W. M ARTIi ), Montfort-Schloß in Tettnang<br />
(Ortskraft); 15.6. 1997.<br />
"Kleine Aben<strong>de</strong>":<br />
Von <strong>de</strong>n im Programm angekündigten drei Aben<strong>de</strong>n fand bi Redaktionsschluß nur <strong>de</strong>r erste<br />
statt. Herr W. MARTlN stellte im Rahmen <strong><strong>de</strong>s</strong> l600-Jahre-Jubi läums seines familiären anlenspatrons<br />
<strong>Geschichte</strong>, Legen<strong>de</strong> <strong>und</strong> Brauchtum um <strong>de</strong>n hl. Martin von Tours dar.<br />
A nstell e <strong><strong>de</strong>s</strong> Tagungsprogramms <strong><strong>de</strong>s</strong> dreitägigen Sympo ions unter <strong>de</strong>m Thema "Die Baar<br />
als vorgeschichtlicher Siedlungsraum <strong>und</strong> ihre heutigen Entwicklungsprobleme" sei an dieser<br />
Stelle <strong>de</strong>r Bericht von Herrn Prof. Dr. E UGE RE1NHARD, Leiter <strong>de</strong>r Abt. Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>forschung <strong>und</strong><br />
Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>beschreibung in <strong>de</strong>r Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>archi vdirektion Ba<strong>de</strong>n-Würnemberg, abgedruckt:<br />
"Der einleiten<strong>de</strong> Vortrag über <strong>de</strong>n fast 200 Jahre alten Ve re in <strong>für</strong> die <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong><br />
aturgeschichte <strong>de</strong>r Baar gab einen Einblick in die Wi senschaftsgeschichte <strong>de</strong>r Landschaft<br />
zwischen Schwarzwald <strong>und</strong> Alb im Quell bereich von Donau <strong>und</strong> Neckar.<br />
F<strong>und</strong>ierte Referate zu Landschafts-, Gewässer- <strong>und</strong> Ortsnamen <strong>de</strong>r Baar, zur Bevölkerungs<strong>und</strong><br />
Siedlungsgeschjchte, zur Siedlung geograph.ie sowie zu <strong>de</strong>n heutigen Siedlungsfunktionen,<br />
zur Landwirtschaft, industri e <strong>und</strong> zum Verkehr - jeweils in ihrem Wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> <strong>de</strong>n heutigen
204<br />
landschaftsprägen<strong>de</strong>n A usgestaltungen -, zur Regionalplanung. zur jüngsten KJimaentw ickJung<br />
<strong>und</strong> Landschaftsökologie boten eine umfassen<strong>de</strong> <strong>und</strong> mit neuesten w issenschaftlichen M etho<strong>de</strong>n<br />
erarbeitete Bestandsauf nahme zur L an<strong><strong>de</strong>s</strong>k<strong>und</strong>e <strong>de</strong>r Baar.<br />
Die B eson<strong>de</strong>rheiten <strong>de</strong>r Kulturlandschaft in dieser seit <strong>de</strong>r Jungsteinzeit dauernd bes ie<strong>de</strong>lten<br />
<strong>und</strong> daher waldoffenen H ochmul<strong>de</strong> am Ostrand <strong><strong>de</strong>s</strong> Schwarzwalds wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Vorträgen<br />
ebenso herausgearbeitet w ie die durch menschliches Sie<strong>de</strong>ln <strong>und</strong> Wirtschaften bedingten Gef<br />
ährdungen <strong><strong>de</strong>s</strong> sehr empfindlichen Ökosystem s Baarlandschaft in <strong>de</strong>r durch Wasserläufe<br />
<strong>und</strong> M oore gewässerreichen Mul<strong>de</strong>nzone m it nur geringen, im L andschaftsbau bedingten<br />
A bflußverhältnissen im K embereich <strong>de</strong> süd west<strong>de</strong>ut ehen Schichtstufenlan<strong><strong>de</strong>s</strong>.<br />
Die Vorträge, gehalten von Fachleuten aus niversitäten, <strong>de</strong>m L an<strong><strong>de</strong>s</strong><strong>de</strong>nkmalamt <strong>und</strong> aus<br />
Institutionen <strong>de</strong>r Wirtschaft <strong>und</strong> Regionalplanung, wur<strong>de</strong>n durch eine eintägige Studienfahrt<br />
ergänzt, bei <strong>de</strong>r die L andschaftsverän<strong>de</strong>rungen von <strong>de</strong>r prähistorischen B e ied lung bis zu r<br />
lndustrialisierung <strong><strong>de</strong>s</strong> 19. <strong>und</strong> 20. Jahrh<strong>und</strong>ert im Raum Schwenningen-Trossingen im Minelpunkt<br />
stan<strong>de</strong>n.<br />
Die jüngste Entw icklung nach <strong>de</strong>m ie<strong>de</strong>rgang be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>r lndustriezweige mit <strong>de</strong>r problem<br />
atischen Folgenutzung großer Fabrikarea le in inner tädtischen Bereichen stan<strong>de</strong>n dabei<br />
ebenso im Mittelpunk t <strong>de</strong>r Betrachtung <strong>und</strong> Diskuss ion w ie die durch die Versiegel ung <strong>de</strong>r<br />
L and chaft mit großflächigen Siedlungserweiterungen <strong>und</strong> mo<strong>de</strong>men Verkehrswegen bedingten<br />
Störungen <strong><strong>de</strong>s</strong> ökologischen G leichgewichts <strong>de</strong>r L andschaft.<br />
M an kann nur w ünschen, daß die hervorragen<strong>de</strong>n Ergebnisse dieser interdi ziplinären Tagung<br />
- nicht zuletzt zum utzen <strong>de</strong>r B aarland chaft - möglichst bald gedruckt vorliegen."<br />
E ine Publikation <strong>de</strong>r Tagungsbeiträge ist in Vorbereitung.<br />
4. Verstorbene Mitglie<strong>de</strong>r (1. 10. 1996 - 1.12.1997)<br />
1996<br />
TH ERESIA BRENZI GER, Donaueschingen<br />
ERIK A Z ÄBISCH, Donaueschingen<br />
KARL ZIMMEIU .. 1A N, Blumberg<br />
1997<br />
L EONIE FRÜHAUF, Donaueschingen<br />
H ERMAN W EIS, Donaueschingen<br />
Dr. LoREI Z H ONOLD, D onaueschingen<br />
G ERHARD EBI GER, euburg<br />
5. Im Jahre 1997 neu ei ngetretene Mitglie<strong>de</strong>r<br />
BE. Z, A rro IA, Bühl<br />
HAGEMANN, M AR IAN E, Allensbach<br />
HALL, Dr. EWALD, M arch-Hugstenen<br />
HEl Z, ALBRECHT, B ad Di.in·heim<br />
HERRMA N H ENRIETTE, VS-Villingen<br />
H UBER. M ARCUS, Schaffhausen<br />
H MMEL. Dr. HERBERT, VS-Villingen<br />
L AUDIEN, M ARK s, HUfingen<br />
M ÜLLER, Dr. G ERRIT, Titisee-<br />
eustadt<br />
PFAFF, A LBERT, Donaueschingen<br />
PREYER, W OLFGA G, D onaue chingen<br />
REICHLE-K UNTE, HADUMOTH, V öhrenbach<br />
ROSEI STIEL, KARL-H EI Z, K onstanz<br />
SCi IÖNEWERK, EKKEHARDT, Donaueschingen<br />
STEIERT, I RMGARD, Dauchingen<br />
W EISSHAAR, ÄNDREAS. Hüfingen-Fürstenberg<br />
Z ECH, T HOMAS, Vöhrenbach
205<br />
Karl Zimmermann zum Ge<strong>de</strong>nken<br />
Am 8. Dezember 1996 ver tarb nach schwerer Krankheit Kar] Zimmennann, ein langjähli ges<br />
verdiente Mitglied <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Baarverein</strong>s.<br />
Geboren am 9.7.1 923 in Blumberg, begann er nach <strong>de</strong>m Besuch<br />
<strong>de</strong>r Volks- <strong>und</strong> Han<strong>de</strong>lsschule eine Verwaltungslehre bei <strong>de</strong>r<br />
Stadtverwaltung Blumberg, die durch die Einberufung zum<br />
Kriegsdienst unterbrochen wur<strong>de</strong>. Nach <strong>de</strong>r Entlassung aus <strong>de</strong>r<br />
Gefangenschaft 1948 trat er in di e Firma Teves, heute TRW,<br />
ein , wo er zuletzt die verantwortungsvolle Tätigke it <strong><strong>de</strong>s</strong> Einkauf<br />
leiters ausübte.<br />
Seit früher Jugend war Kar! Zimmermann mit Feld <strong>und</strong> Wald<br />
vertraut, waren doch chon Großvater <strong>und</strong> Urgroßvater Wald <br />
hüter <strong>de</strong>r Gemein<strong>de</strong>. Als Autodidakt war er ein meisterlicher I<br />
Fotograf <strong>und</strong> Filmer, ein großer Kenner <strong>de</strong>r Natur, trotz seines<br />
umfassen<strong>de</strong>n Wissens stets selbstlos <strong>und</strong> besche i<strong>de</strong>n.<br />
Am 12. Januar 1978 wur<strong>de</strong> er durch die Mitglie<strong>de</strong>rver ammlung<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> in <strong>de</strong>n "Erweiterten Vorstand" gewählt, <strong>de</strong>m er bi<br />
März 1996 angehörte. Aus ges<strong>und</strong>heitl ichen Grün<strong>de</strong>n verzichtete<br />
er auf eine Wie<strong>de</strong>rwahl.<br />
[n dieser Zeitspatme hat Karl Zimmennann in vielfacher Weise das <strong>Vereins</strong>leben mitgestaltet<br />
<strong>und</strong> bereichert . Unverge sen sind sei ne Filme, die Fauna <strong>und</strong> Flora <strong>de</strong>r engeren Heimat vorstellten.<br />
Seine Fi lmdokumentationen wie "Aus <strong>de</strong>m Leben eine Haubentauchers, .. <strong><strong>de</strong>s</strong> Schwat·<br />
zen Mil ans, .. <strong><strong>de</strong>s</strong> Tunnfa lken, .. <strong>de</strong>r Re iher" zeugen von seiner aturJiebe, seiner Beharrlichkeit,<br />
seinem Wunsch, <strong>de</strong>n Menschen wie<strong>de</strong>r da Sehen - auch kleiner Dinge - nahezu bringen,<br />
ihnen das Gefühl <strong><strong>de</strong>s</strong> Staunen über d ie w<strong>und</strong>erbare Welt, aber auch ihrer Bedrohungen zu<br />
vennineln.<br />
Dies war auch das Ziel <strong>de</strong>r zahlreichen Exkursionen, die in unsere heimatlichen Landschaften<br />
führten. Ganz beson<strong>de</strong>rs lagen ihm die Orchi<strong>de</strong>en am Herzen, <strong>de</strong>ren Wuch orte oft nur ihm<br />
bekannt waren.<br />
Mit großem Engagement setzte sich Karl Zimmermann <strong>für</strong> die Belange <strong><strong>de</strong>s</strong> aturschutzes<br />
ei n. Das Zollhausried <strong>und</strong> die Erhaltu ng <strong>de</strong>r Trockenwiesen am Südhang <strong><strong>de</strong>s</strong> Buchbergs si nd<br />
markante Beispiele, die im Zusammenwirken mit an<strong>de</strong>ren Personen <strong>und</strong> Institutionen zum<br />
Erfolg führten. Er war 197 I Gründungsmitglied <strong>de</strong>r Arbeitsgemeinschaft Umweltschutz Baar,<br />
eine <strong>de</strong>r drei Wurzeln <strong><strong>de</strong>s</strong> späteren "B<strong>und</strong> fü r Natur- u. Umweltschutz Deutschlatld". Aufgfl' nd<br />
seiner viel beachteten Aktivitäten Wat· er ei n gern gesehener Gast bei zahlreichen Organ isationen<br />
<strong>und</strong> Einrichtungen im weiten Umkreis. Bei Forstleuten, aber auch Jägern war Karl Z immermann<br />
gleichemlaßen wil lkommen.<br />
Bei <strong>de</strong>r Gründung <strong><strong>de</strong>s</strong> Vo lksbildungswerkes <strong>de</strong>r Stadt Blumberg im Jahre 1954 gehörte er zu<br />
<strong>de</strong>n "Gründungsvätern" . Diese Mitarbeit hat er auch fo rtgesetzt, nach<strong>de</strong>m das Bildungswerk<br />
1975 in <strong>de</strong>r "Volkshochschule Baal''' aufging.<br />
Seine Ehefrau lI se hat ihm bei diesen vielfälti gen Unternehmungen ni cht nur Verständnis<br />
entgegengebracht, on<strong>de</strong>rn ihn nachhaltig darin bestärkt <strong>und</strong> unterstützt.
206<br />
ach Eintritt in <strong>de</strong>n Ruhestand ho ffte er - frei aller beruflichen Pflichten - seinen weitgespannten<br />
Interessen <strong>und</strong> e igungen noch bes er nachgehen zu können. Harte Schicksal sschläge haben<br />
diese Absicht lei<strong>de</strong>r verhin<strong>de</strong>rt.<br />
Unser Verein hat ein verdie J1le Mitg lied verl oren. Für seine Heimatstadt BI um berg war Karl<br />
Zimmerman n e in fester Begri ff, fast e ine Institution.<br />
(Foto: SÜDKURIER , Blumberg)<br />
He lmut Pietsch
Tauschpartner <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Naturgeschichte<br />
<strong>de</strong>r Baar Donaueschingen <strong>und</strong> ihre Schriften<br />
Stand: Oktober 1997<br />
207<br />
Aachen<br />
Allensbach<br />
Altenburg<br />
Augsburg<br />
Augsburg<br />
Bamberg<br />
Bamberg<br />
Basel/CH<br />
Basel/CH<br />
Bayreuth<br />
Bem/CH<br />
AachenerGeschichtsverein<br />
Arbeitsgemeinschaft Allen bach<br />
Naturk<strong>und</strong>liches Museum<br />
"Mauritianum"<br />
Histori scher Verein <strong>für</strong> Schwaben<br />
aturforschen<strong>de</strong> Gesellschaft<br />
Hi storischer Vere in<br />
aturforschen<strong>de</strong> Gesell schaft<br />
Basler Botanische Gesellschaft<br />
Histori sch-antiquarische<br />
Gesellschaft<br />
Naturwissenschaft I iche Gesellschaft<br />
Archäologischer Dienst <strong><strong>de</strong>s</strong> Kantons<br />
Bem<br />
Historischer Vere in <strong><strong>de</strong>s</strong> Kantons Bem<br />
Zeitschri ft <strong><strong>de</strong>s</strong> Aachener Ge chichtsverei ns<br />
Allensbacher Almanach<br />
Altenburger aturwi sensehaflliehe<br />
Forschungen, Mauritiana<br />
Zeitschrift <strong><strong>de</strong>s</strong> histor. Vere ins <strong>für</strong> Schwaben<br />
Bericht <strong>de</strong>r aturfor ehen <strong>de</strong>n<br />
Gesell schaft Augsburg<br />
Bericht Histori scher Verein Bamberg<br />
Bericht naturforschen<strong>de</strong> Gesellschaft<br />
Bamberg<br />
Bauhinia<br />
BasierBibliographie<br />
Basler Zeitschrift <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong><br />
Altertumsk<strong>und</strong>e<br />
Bericht Nat1lrwissenschaftl iche Gesellschaft<br />
Bayreuth<br />
Archäologie im Kanton Be m<br />
Bem/CH<br />
Archiv <strong><strong>de</strong>s</strong> Hi torisehen <strong>Vereins</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Kantons Bem<br />
Bonn<br />
aturhistori scher Vere in <strong>de</strong>r<br />
Decheniana<br />
Rheinlan<strong>de</strong> <strong>und</strong> Westfa lens<br />
Braunschweig Staatliches aturhistori ches Mu eum Braunschweiger aturk<strong>und</strong>licheSchriften<br />
Bregenz Vorarlberger Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>archi v Forschungen zur <strong>Geschichte</strong> Vorarlbergs<br />
Montfort<br />
Bremen Naturwissenschaftl icher Verein<br />
Chemnitz<br />
Dann tadt<br />
Dres<strong>de</strong>n<br />
Düsseldorf<br />
Ellwangen<br />
Erlangen<br />
Erlangen<br />
Museum <strong>für</strong><br />
aturk<strong>und</strong>e<br />
Historischer Vere in <strong>für</strong> Hessen<br />
Sächsische Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>bibi iothek<br />
DüsseldorferGeschichtsverein<br />
Geschichts-<strong>und</strong> Altertumsverein<br />
Fränki sche Geographie Gesell schaft<br />
Heimatverein Erlangen<br />
Frankfurt Vere in <strong>für</strong> Frankfurter <strong>Geschichte</strong><br />
<strong>und</strong> Lan<strong>de</strong> k<strong>und</strong>e<br />
Frauenfeld/CH Historischer Verein <strong><strong>de</strong>s</strong> Kantons<br />
Thurgau<br />
Freiburg Badischer Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>verein <strong>für</strong> aturk<strong>und</strong>e<br />
<strong>und</strong> aturschutz<br />
Frei burg Breisgaugeschichtsverein<br />
"Schauinsland"<br />
Freiburg Geologisches Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>amt<br />
Abhandlungen aturwissenschafllicher<br />
Ve rein zu Bremen<br />
Veröffentlichungen <strong><strong>de</strong>s</strong> Museums <strong>für</strong><br />
aturk<strong>und</strong>e Chemnitz<br />
Archiv <strong>für</strong> hessische Ge chichte <strong>und</strong><br />
Altemlmsklln<strong>de</strong><br />
Sächsische Heimatblätter<br />
Düsseldorfe r Jahrbuch<br />
Ell wanger Jahrbuch<br />
Mitteilungen <strong>de</strong>r Fränki ehen Geographischen<br />
Gesell schaft<br />
Erlanger Bausteine zur fränkischen<br />
Heimatforschung<br />
Archiv <strong>für</strong> Frankfurts <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Kunst<br />
Thurgallische Beiträge zur <strong>Geschichte</strong><br />
Mitteilungen <strong><strong>de</strong>s</strong> Badischen Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>vereins<br />
<strong>für</strong> aturk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> aturschutz<br />
Schau-ins-Land<br />
Iahreshefte <strong><strong>de</strong>s</strong> Geologischen Lan<strong>de</strong> amts<br />
Ba<strong>de</strong>n-Württemberg
208<br />
Freiburg<br />
Freiburg<br />
Freiburg<br />
Geologisches Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>amt<br />
KirchengeschichtlicherVerein<br />
aturforschen<strong>de</strong> Gesellschaft<br />
Freiburg Uni ver ität, Fachbereich Geographie<br />
<strong>und</strong> Völkerk<strong>und</strong>e<br />
Freiburg Verein <strong>für</strong> for tliche Standort k<strong>und</strong>e<br />
<strong>und</strong> Forstpfianzenzüchulilg<br />
Freiburg/CH Deu tscher Gesch ich ts forschen<strong>de</strong>r<br />
Verein <strong><strong>de</strong>s</strong> Kanton ' Freiburg<br />
Freising Historischer Verei n<br />
Friedberg FriedbergerGeschichtsverein<br />
Friedrichshafen Verein <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Bodcnsees<br />
Fulda<br />
Fulda<br />
Graz/A<br />
Graz/A<br />
Hamburg<br />
Hanau<br />
Hannover<br />
Hannover<br />
HelsinkijFI<br />
Hof<br />
Hohenleuben<br />
[nnsbruck/A<br />
Jena<br />
Kar! ruhe<br />
FuldaerGeschichtsverein<br />
Verein <strong>für</strong> aturk<strong>und</strong>e in Ost hessen<br />
Historischer Verein <strong>für</strong> Steiermark<br />
aturwis enschaftlicher Verein <strong>für</strong><br />
Steiennark<br />
Verein <strong>für</strong> Hamburgische <strong>Geschichte</strong><br />
Wetteraui che Gesellschaft<br />
atu rhistori sche Gesellscha ft<br />
Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>an talt <strong>für</strong> mweltschutz<br />
Ba<strong>de</strong>n-Würtlemberg<br />
lnfonnationen Geologisches Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>amt<br />
Ba<strong>de</strong>n-Württemberg<br />
Freiburger Diözesan-Archiv<br />
Berichte <strong>de</strong>r aturforschen<strong>de</strong>n<br />
Gesell chaft zu Freiburg<br />
FreiburgerGeographische Hefte<br />
Mitteilungen <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>für</strong> Forstliche<br />
Standort sk<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Forstpflanzenzüchtung<br />
FreiburgerGeschichtsbl älter<br />
Sammelblan <strong><strong>de</strong>s</strong> Historischen <strong>Vereins</strong> Freising<br />
WetterauerGeschichtsblätter<br />
Bo<strong>de</strong>nsee- Bibliographie<br />
Schriften <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Bo<strong>de</strong>nsees <strong>und</strong> Umgebung<br />
FuldaerGeschichtsblätter<br />
Beiträge zur aturk<strong>und</strong>e in 0 thessen<br />
Erfassung <strong>de</strong>r west paläarktischen Tiergruppen<br />
Blätter <strong>für</strong> Heimatk<strong>und</strong>e<br />
Ge chichte <strong>und</strong> Gegenwart<br />
Historisches Jahrbuch <strong>de</strong>r Stadt Graz<br />
Mitteilungen <strong><strong>de</strong>s</strong> Steiemlärki chen<br />
Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>arch i vs<br />
Zeitschrift <strong><strong>de</strong>s</strong> historischen <strong>Vereins</strong> <strong>für</strong><br />
Steiennark<br />
Mitteilungen <strong><strong>de</strong>s</strong> aturwis enschaftlichen<br />
<strong>Vereins</strong> <strong>für</strong> Steiermark<br />
Hamburgische Ge chichts- <strong>und</strong><br />
Heimatsblätter<br />
Zeitschrift <strong><strong>de</strong>s</strong> Verei ns <strong>für</strong> Hamburgi che<br />
<strong>Geschichte</strong><br />
Jahresberichte <strong>de</strong>r Wetterauischen<br />
Gesellschaft <strong>für</strong> die gesamte aturk<strong>und</strong>e<br />
Bericht <strong>de</strong>r aturhistorischen Gesellschaft<br />
Hannover<br />
Hannover cheGeschichtsblätter<br />
Verein <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>de</strong>r Stadt<br />
Hannover<br />
Societas pro Fauna et Fl ora Fennica M emoranda societatis pro fa una et flora<br />
fennica<br />
ordoberfränki eher Verein <strong>für</strong> Bericht <strong><strong>de</strong>s</strong> ordoberfränkischen <strong>Vereins</strong><br />
Naturgeschichte <strong>und</strong> Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>k<strong>und</strong>e <strong>für</strong> atur-, Geschichts- <strong>und</strong> Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>k<strong>und</strong>e<br />
Museum Reichenfels<br />
Jahrbuch <strong><strong>de</strong>s</strong> Museums Reichenfels-<br />
Hohenleuben<br />
Tiroler Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>mu seum Ferdinan<strong>de</strong>um Veröffentlichungen <strong><strong>de</strong>s</strong> Tiroler L an<strong><strong>de</strong>s</strong>museum<br />
Ferdinan<strong>de</strong>um<br />
Verein <strong>für</strong> Thüringische <strong>Geschichte</strong> Blätter <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>für</strong>Thüringi ehe<br />
<strong>Geschichte</strong><br />
Zeitschrift <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>für</strong> Thüringische<br />
<strong>Geschichte</strong><br />
Führer durch atur- <strong>und</strong> Landschaftsschutzgebiete<br />
Ba<strong>de</strong>n-Württemberg<br />
Veröffentlichungen <strong>für</strong> aturschutz <strong>und</strong><br />
Landschaft spnege in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg
209<br />
Kiel<br />
Kifissia/GR<br />
Konstanz<br />
Landshut<br />
Lei<strong>de</strong>n/NL<br />
Liege/B<br />
Ludwigsburg<br />
Mainz<br />
Mainz<br />
Mainz<br />
Mainz<br />
Mannheim<br />
München<br />
Münster<br />
Offenbach<br />
Offenburg<br />
Regensburg<br />
Regen burg<br />
Reutlingen<br />
Rostock<br />
Rotlweil<br />
Salzburg/A<br />
aturwi senschaftlicher Verein fü r<br />
Schleswig-Holstein<br />
Goulandris arural History Museum<br />
Stadtarchi v<br />
Historischer Verein <strong>für</strong> Nie<strong>de</strong>rbayern<br />
Maarschappij <strong>de</strong>r Ne<strong>de</strong>rlandse<br />
Letterk<strong>und</strong>e te Lei<strong>de</strong>n<br />
lnstitut Archeologique Liegeois<br />
Or. J.Hölzinger<br />
Aka<strong>de</strong>mie <strong>de</strong>r Wissenschaften <strong>und</strong><br />
<strong>de</strong>r Literatur<br />
Main zer Altertumsverein<br />
aturhislOrische Museum<br />
Rheini sche aturforschen<strong>de</strong><br />
Gesellschaft<br />
ni ver ität. Geographisches lnstitut<br />
Verband <strong>für</strong> Flurnamenforschung in<br />
Verein fü r <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> Altertumsk<strong>und</strong>e<br />
Westfalens<br />
Schri ften <strong><strong>de</strong>s</strong> aturwissenschaftl ichen<br />
<strong>Vereins</strong> <strong>für</strong> Schle wig-Holstein<br />
Annale Musei Goulandris<br />
Kon tanzer Geschichts- <strong>und</strong> Rechtsquellen<br />
Verhandlungen <strong><strong>de</strong>s</strong> Hi storischen Vere ins<br />
<strong>für</strong> ie<strong>de</strong>rbayern<br />
Jaarboek van <strong>de</strong> maatschappij <strong>de</strong>r<br />
e<strong>de</strong>rlandse Letterk<strong>und</strong>e te Le i<strong>de</strong>n<br />
Bulletin <strong>de</strong> I'institut ArcheologiqueLiegeois<br />
Ökologie <strong>de</strong>r Vögel<br />
Jahrbuch Aka<strong>de</strong>mie <strong>de</strong>r Wi senschaften <strong>und</strong><br />
<strong>de</strong>r Literatur, Mainz<br />
MainzerZeitschrift<br />
Mainzer aturwi senschaftliches Archiv<br />
Mitteilungen Rheinische aturforschen<strong>de</strong><br />
Gesellschaft<br />
Mannheimer Geographische Arbeiten<br />
Blätter <strong>für</strong> ober<strong>de</strong>ut che amenfor chung<br />
Westfälische Zeitschrift<br />
Münster Westfälisches Museum <strong>für</strong> aturk<strong>und</strong>e Abhandlungen au <strong>de</strong>m Westfä lischen<br />
Museum <strong>für</strong> aturk<strong>und</strong>e, Westfalen<br />
euchätel/CH Societe Neuchäteloise <strong><strong>de</strong>s</strong> Sciences Bulletin <strong>de</strong> la Societe Teuchäreloise<br />
aturelles<br />
<strong><strong>de</strong>s</strong> Sciences Nature lles<br />
ürnberg<br />
ürnberg<br />
Germanisches ationalmuseum<br />
Verein <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>de</strong>r Stadt<br />
Ausstellungskaraloge<br />
Mitteilungen <strong><strong>de</strong>s</strong> <strong>Vereins</strong> <strong>für</strong> Ge chichte<br />
ürnberg<br />
Offen bacher Verein <strong>für</strong><br />
aturk<strong>und</strong>e<br />
HislOri scher Verein <strong>für</strong> Mittelba<strong>de</strong>n<br />
Hi storischer Vere in <strong>für</strong> Oberpfa lz <strong>und</strong><br />
Regen burg<br />
aturwissenschaftl icher Verein<br />
ReutlingerGeschichtsverein<br />
Fre<strong>und</strong>e <strong>de</strong>r aturgesch ichte in<br />
Mecklenburg<br />
Rortwe ilerGeschichts- <strong>und</strong> Altertumsverein<br />
Mu eum Carolino Augusreum<br />
Saverne/F Societe d'Histoire et d'Archeologie<br />
<strong>de</strong> Saverne<br />
Schaffhau sen/ Hi slOrischer Verein <strong><strong>de</strong>s</strong> KanlOns<br />
CH<br />
Schaffhausen<br />
Schafth ausen/ aturfo rschen<strong>de</strong>Ge e il chaft<br />
CH<br />
Schopfheim<br />
Schramberg<br />
Sigmaringen/<br />
Hechingen<br />
Singen<br />
Speyer<br />
Arbeitsgemeinschaft Markgräflerland<br />
Museums- <strong>und</strong> Ge chicht verein<br />
HohenzollerischerGeschichtsverein<br />
Verein fü r <strong>Geschichte</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong> Hegau<br />
Pfälzische Gesell schaft zur För<strong>de</strong>rung<br />
<strong>de</strong>r Wissenschaften<br />
<strong>de</strong>r Stadt ürnberg<br />
Bericht <strong><strong>de</strong>s</strong> Offe n bacher <strong>Vereins</strong> <strong>für</strong><br />
atu rk<strong>und</strong>e<br />
Ortenau<br />
Verhandlungen <strong><strong>de</strong>s</strong> hi slOrischen Vere in<br />
<strong>für</strong> Oberpfalz <strong>und</strong> Regensburg<br />
Acta Albertina Ratisbonensia<br />
ReurJingerGeschichtsbläner<br />
Archiv <strong>de</strong>r Fre<strong>und</strong>e <strong>de</strong>r aturgeschichte<br />
in Mecklenburg<br />
Jahresgabe Rottwei lerGeschichts- <strong>und</strong><br />
Altertumsverein<br />
Jahre schrift <strong><strong>de</strong>s</strong> Salzburger Museums<br />
Carolino Augusteum<br />
Pays d' Alsace<br />
Schaffhauser Beiträge zur <strong>Geschichte</strong><br />
eujahrsblan <strong>de</strong>r aturforschen<strong>de</strong>n<br />
Gesellschaft Schaffhausen<br />
Mitteilungen <strong>de</strong>r aturforschen<strong>de</strong>n<br />
Gesellschaft Schaffhausen<br />
Markgräflerland<br />
O'Kräz<br />
Zei rsch ri ft fü r Ho henzolleri sche Gesch ich te<br />
Hegau<br />
Pfä lzer Heimat
210<br />
SI. Gallen/CH Histori scher Vere in <strong><strong>de</strong>s</strong> Kantons<br />
SI. Gallen<br />
Stullgart Kommission <strong>für</strong> geschichtl iche<br />
Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>k<strong>und</strong>e in Ba<strong>de</strong>n-Würltemberg<br />
Stullgart Lan<strong><strong>de</strong>s</strong><strong>de</strong>nkmalamt <strong>für</strong><br />
Ba<strong>de</strong>n-Wümemberg<br />
Stullgart<br />
Trier<br />
TUlllingen<br />
Uhldingen<br />
Mühlhofen<br />
Staatliches Museum <strong>für</strong><br />
Stadtbibliothek<br />
Heimatmuseum<br />
Pfahlbaumuseum<br />
allirk<strong>und</strong>e<br />
Im<br />
Verein <strong>für</strong> Kunst <strong>und</strong> Altertum in<br />
Ulm <strong>und</strong> Oberschwaben<br />
Im<br />
Vere in <strong>für</strong> allirwissenscha ften<strong>und</strong><br />
Mathematik<br />
Uppsala/S Universität, Geologicallnstitution<br />
Venedig/I<br />
Villingen<br />
Washington/<br />
USA<br />
Wien/A<br />
Museo Civico di Storia<br />
aturale<br />
Ge chichts- <strong>und</strong> He imatvere in<br />
Smithsonian Institution<br />
Heraldische Genealogi che<br />
Ge ellschaft "Ad ler"<br />
aturhistori ches Museum<br />
eujahrsblalt <strong><strong>de</strong>s</strong> hi tori chen <strong>Vereins</strong> <strong><strong>de</strong>s</strong><br />
Kantons SI. Ga llen<br />
Zeit chrift <strong>für</strong> Württemberg ische<br />
Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>ge chichte<br />
F<strong>und</strong>beri chte aus Ba<strong>de</strong>n-Württemberg<br />
StuttgaJ1er Be iträge zur aturk<strong>und</strong>e<br />
Kurtrie ri sches Jahrbuch<br />
Tuttlinger Heimatbläller<br />
Plallform<br />
Ulm<strong>und</strong> Ober chwaben<br />
Mitte ilungen <strong><strong>de</strong>s</strong> Ve reins <strong>für</strong> alllr<br />
\Vi senschaften <strong>und</strong> Mathematik<br />
Bulletin o f the Geol ogical Institution of the<br />
niversit y ofUppsala<br />
Bolletino <strong>de</strong>i Museo Ci vico di Storia<br />
aturale di Venezia<br />
Jahreshe ft Geschichts- <strong>und</strong> Heimatverein<br />
Villingen<br />
Smithsoni an contributions lO anthropology<br />
Adler<br />
Wien/A<br />
Annalen <strong><strong>de</strong>s</strong> Naturhistorischen Museums<br />
inWien<br />
Wien/A Zoologisch-Botani che Ge e llschaft Abhandl ungen <strong>de</strong>r Zoologisch-Botanischen<br />
Gesell chaft in Ö terreich<br />
Verhandlungen <strong>de</strong>rZoologisch-Botani chen<br />
Gesellschaft in Österre ich<br />
Wiesba<strong>de</strong>n assaui eher Ve re in <strong>für</strong> Naturk<strong>und</strong>e Jahrbücher <strong><strong>de</strong>s</strong> assauischen Vere ins <strong>für</strong><br />
Winterthur/CH Sladtbibliothek<br />
Wolfenbülle l Braunschweig i 'cherGeschichtsverein<br />
Worm Städti sche Kulturinstitute <strong>und</strong><br />
Altertum vere in<br />
Wuppenal Natu rwissenschaft I icher Vere in<br />
Würzburg<br />
Würzburg<br />
Zagreb/<br />
Kroatien<br />
Zürich/CH<br />
Zürich/CH<br />
Zürich/CH<br />
Fre<strong>und</strong>e main fränkische r Kunst <strong>und</strong><br />
<strong>Geschichte</strong><br />
aturwissenschaftl iche r Vere in<br />
Societa Scientiarium Natura lium<br />
Croatica<br />
Antiquarische Gesell schaft<br />
atu rfor chen<strong>de</strong>Gesellschaft<br />
Schweizeri sches Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>museum<br />
allirk<strong>und</strong>e<br />
Neu jaln sblall <strong>de</strong>r Stadtbibi iothek Wintenhur<br />
Braunschweigisches Jahrbuch<br />
Wormsgau<br />
Jahresberi chte <strong>de</strong> aturwissenschaftl ichen<br />
Ve reins Wuppertal<br />
Main fränkisches Jahrbuch <strong>für</strong> <strong>Geschichte</strong><br />
<strong>und</strong> Kunst<br />
Abhandlungen <strong>de</strong> naturwis 'en chaftlichen<br />
Vere ins Würzburg<br />
Peri odicum biologoflim<br />
Mitteilungen <strong>de</strong>r Antiquarischen Gesellschaft<br />
in Zürich<br />
eujahrsbl att <strong>de</strong>r aturforschen<strong>de</strong>n<br />
Gesell schaft in Züri ch<br />
Vien eljahrsschri ft <strong>de</strong>r aturfo rschen<strong>de</strong>n<br />
Gesell schaft in Züri ch<br />
Jahresberi cht Schweizerisches<br />
Lan<strong><strong>de</strong>s</strong>mu eum
2 11<br />
Anschriften <strong>de</strong>r Verfasser<br />
BRO, NER, Dr. G ERHARD, TaIstraße 27,78 166 Donaueschingen<br />
BRUGGER, G ABRIELE, M<strong>und</strong>olfstraße 6, 78183 Hüfingen/M<strong>und</strong>elfingen<br />
G EHRI NG, Dr. HELM UT, König berger Straße 30, 78052 VS-Villingen<br />
HILPERT, W OLFGANG, Klenkenreute 29, 78 166 Donaueschingen<br />
PI ETSCH, H ELMUT, Auf Leim 11 , 71866 Donaueschingen<br />
REICHELT, Professor Dr. G " , H IER, U hlandstr. 35, 78166 Donaueschingen<br />
SCI-IEIB, Dr. OTTO, Karlstraße 71 , 78166 Donaueschingen<br />
SEIDELMAN , Dr. W OLF-I! GO, Christophstraße 13,72072 Tübingen<br />
SIEGMUND, Dr. ÄLEXANDER, Geographisches Institut d_ Univer ität Mannheim, 68131 Mannheim<br />
V ÖGELE, FRITZ, Brunnenstraße 2, 78194lmmendingen<br />
W AGNER, CHRISTA U . Dr. ROBERT, Guggenmühle, 78199 Bräunlingen/Döggingen<br />
W ARTH , Dr. M ANFRED, Haydnstraße 6/1,71686 Remseck<br />
W ER ER, Dr. JOHA -NES, Steinstraße 2 1, 76477 Elchesheim<br />
WILTS, Dr. A NDREAS, EF.Archiv, Hal<strong>de</strong>nstraße 3,71866 Donaueschingen<br />
ZIMMERMANN, MICHAEL J .H., K arlstraße 119,78054 VS-Schwenningen
L-__________________________________________________________________________________________________________ ---------