Der Oelprinz Über den Autor ... - thule-italia.net
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voneinander entfernt und hielten einer wie der andre nach Sü<strong>den</strong> zu.<br />
<strong>Der</strong> eine war ein Weißer und ritt einen prächtigen Rapphengst mit roten Nüstern und jenem Haarwirbel in<br />
der langen Mähne, welcher bei <strong>den</strong> Indianern als sicheres Kennzeichen vorzüglicher Eigenschaften gilt.<br />
Sattel und Riemenzeug waren von feiner, indianischer Arbeit. Dieser Mann war von nicht sehr hoher und<br />
nicht sehr breiter Gestalt, aber seine Sehnen schienen von Stahl und seine Muskeln von Eisen zu sein. Ein<br />
dunkelblonder Vollbart umrahmte sein sonnverbranntes, ernstes Gesicht. Er trug ausgefranste Leggins und<br />
ein ebenso an <strong>den</strong> Nähten ausgefranstes Jagdhemd, lange Stiefel, welche er bis über die Kniee<br />
emporgezogen hatte, und einen breitkrämpigen Filzhut, in dessen Schnur rundum die Ohrenspitzen des<br />
grauen Bären steckten. In dem breiten, aus einzelnen Riemen geflochtenen Gürtel, der rundum mit<br />
Patronen gefüllt zu sein schien, staken zwei Revolver und ein Bowiemesser. An ihm hingen außer<br />
mehreren Lederbeuteln zwei Paar Schraubenhufeisen und vier fast kreisrunde, dicke Stroh- oder<br />
Schilfgeflechte, welche mit Riemen und Schnallen versehen waren. Von der linken Schulter nach der<br />
rechten Hüfte trug er einen aus mehrfachen Riemen geflochtenen Lasso und um <strong>den</strong> Hals an einer starken<br />
Sei<strong>den</strong>schnur eine mit Kolibribälgen verzierte Frie<strong>den</strong>spfeife, in deren Kopf indianische Charaktere<br />
eingegraben waren. In der Rechten hielt er ein kurzläufiges Gewehr, dessen Schloß eine höchst<br />
eigentümliche Konstruktion besaß - es war ein fünfundzwanzigschüssiger Henrystutzen - und über seinem<br />
Rücken hing ein doppelläufiger Bärentöter von allerschwerstem Kaliber, wie es heutigen Tages keinen<br />
mehr gibt.<br />
<strong>Der</strong> echte Prairiejäger gibt nichts auf Glanz und Sauberkeit; je mitgenommener er aussieht, desto größer die<br />
Ehre, <strong>den</strong>n desto mehr hat er mitgemacht. Er betrachtet einen je<strong>den</strong>, der auf sein Aeußeres etwas hält, mit<br />
souveräner Geringschätzung; der allergrößte Greuel aber ist ihm ein blankgeputztes Gewehr. Nach seiner<br />
Ueberzeugung hat kein Westläufer die nötige Zeit, sich mit solchen Nebendingen abzugeben. Nun aber sah<br />
an diesem Manne alles so sauber aus, als sei er erst gestern von St. Louis aus nach dem Westen<br />
aufgebrochen. Seine Gewehre schienen vor kaum einer Stunde aus der Hand des Büchsenmachers<br />
hervorgegangen zu sein. Seine Stiefel waren makellos eingefettet und seine Sporen ohne die geringste Spur<br />
von Rost. Seinem Anzuge konnte keine Spur von Strapazen angesehen wer<strong>den</strong>, und wahrhaftig, er hatte<br />
nicht nur sein Gesicht, sondern sogar seine Hände rein gewaschen! Es war wirklich gar nicht schwer, in<br />
ihm einen Sonntagsjäger zu vermuten.<br />
Und allerdings, dieser Westmann war sehr, sehr oft von Leuten, die ihn nicht kannten und zum erstenmal<br />
sahen, seines saubern Aeußeren wegen für einen Sonntagsjäger gehalten wor<strong>den</strong>. Sobald sie aber seinen<br />
Namen hörten, sahen sie ein, welch ein grundfalsches Urteil sie gefällt hatten, <strong>den</strong>n er war kein andrer als<br />
Old Shatterhand, der berühmteste, verwegenste und dabei doch bedächtigste Jäger des wil<strong>den</strong> Westens, der<br />
unerschütterliche Freund der roten Nation und zugleich der unerbittlichste Feind aller Bösewichter, deren<br />
es jenseits des Mississippi eine Menge gab und noch heute gibt.<br />
Old Shatterhand war sein Kriegsname, abgeleitet von dem englischen Worte shatter, zerschmettern,<br />
niederschmettern. Er vergoß nämlich nur dann das Blut eines Feindes, wenn es unbedingt nötig war, und<br />
selbst dann tötete er nicht, sondern verwundete nur. Im Handgemenge pflegte er, dem man eine solche<br />
Körperkraft kaum ansah, <strong>den</strong> Gegner mit einem einzigen Hiebe gegen die Schläfe niederzuschmettern.<br />
Daher der Name, der ihm von <strong>den</strong> weißen und roten Jägern gegeben war.<br />
Und der andre Reiter, welcher eine englische Meile westlich von ihm ritt, war ein Indianer; das Pferd, auf<br />
welchem er saß, glich ganz genau demjenigen von Old Shatterhand.<br />
Es gibt Menschen, welche gleich im ersten Augenblick der Begegnung, noch ehe sie gesprochen haben,<br />
einen tiefen, unauslöschlichen Eindruck auf uns machen. Ohne daß eine solche Person sich freundlich oder<br />
feindselig verhalten hat oder verhalten konnte, weil man sie eben zum erstenmal sieht, fühlt man sogleich<br />
und deutlich, ob man sie hassen oder lieben werde. Ein solcher Mensch schien dieser Indianer zu sein.<br />
Er trug ein weißgegerbtes, mit roter, indianischer Stickerei verziertes Jagdhemd. Die Leggins waren aus<br />
demselben Stoffe gefertigt und mit dicken Fransen von Skalphaaren besetzt. Kein Fleck, keine noch so