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Ausgewählte Dokumente während der - Fundacja Polsko ...

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<strong>Ausgewählte</strong> <strong>Dokumente</strong> <strong>während</strong><br />

<strong>der</strong> Repression unter <strong>der</strong> deutschen<br />

Besatzung im Zweiten Weltkrieg<br />

und Zeugnisse des Alltagslebens<br />

Formale Merkmale und geschichtlicher Hintergrund<br />

Auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Archivbestände <strong>der</strong> Stiftung<br />

„Polnisch-Deutsche Aussöhnung<br />

<strong>Fundacja</strong> „<strong>Polsko</strong>-Niemieckie P OJEDNANIE”<br />

Stiftung „Polnisch-Deutsche AU SSÖHNUNG”


<strong>Ausgewählte</strong> <strong>Dokumente</strong> <strong>während</strong><br />

<strong>der</strong> Repression unter <strong>der</strong> deutschen<br />

Besatzung im Zweiten Weltkrieg und<br />

Zeugnisse des Alltagslebens<br />

Formale Merkmale und geschichtlicher Hintergrund<br />

Auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Archivbestände <strong>der</strong> Stiftung<br />

„Polnisch-Deutsche Aussöhnung“<br />

Warschau 2009


Herausgeber:<br />

Stiftung „Polnisch-Deutsche Aussöhnung“<br />

00-921 Warszawa, ul. Krucza 36<br />

Tel. +48 22 695 99 41, Fax: +48 22 629 52 78<br />

E-mail: informacja@fpnp.pl, www.fpnp.pl<br />

Auswahl und graphische Bearbeitung <strong>der</strong> Archivmaterialien<br />

Satz und Layout:<br />

Tomasz Kubaczyk<br />

Vorbereitet im Rahmen des Projektes Online-Archiv <strong>der</strong> NS-Opfer<br />

Mitfinanziert vom<br />

Ministerium für Kultur und Nationalerbe<br />

<strong>Fundacja</strong> <strong>Polsko</strong>-Niemieckie<br />

POJEDNANIE<br />

Stiftung Polnisch-Deutsche<br />

AUSSÖHNUNG


Über die Archivbestände <strong>der</strong> Stiftung „Polnisch-<br />

Deutsche Aussöhnung“<br />

Die Stiftung „Polnisch-Deutsche Aussöhnung“ wurde am 27. November 1991 auf <strong>der</strong> Grundlage<br />

des Abkommens zwischen den Regierungen <strong>der</strong> Republik Polen und <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

Deutschland gegründet.<br />

Sie ist eine Non-Profit-Organisation, die sich für überlebende Opfer des Dritten Reiches und die<br />

deutsch-polnische Verständigung engagiert. Sie ist in gesellschaftlichen, humanitären und Bildungsbereichen<br />

tätig. Die Stiftung „Polnisch-Deutsche Aussöhnung“ sieht ihre Aufgabe darin, den<br />

überlebenden NS-Opfern Hilfe zu leisten, Wissen über den Zweiten Weltkrieg und die deutsche<br />

Besatzung Polens zu verbreiten sowie aktiv für eine deutsch-polnische Aussöhnung einzutreten.<br />

Während ihrer bisherigen Tätigkeit in den Jahren 1992-2009 wurden im Archiv <strong>der</strong> Stiftung<br />

<strong>Dokumente</strong> von über einer Million Menschen, die aufgrund nationalsozialistischer Verfolgung<br />

<strong>während</strong> des Zweiten Weltkriegs eine humanitäre Finanzleistung beantragt haben, angesammelt.<br />

Diese <strong>Dokumente</strong> beinhalten in <strong>der</strong> Regel eine ausführliche Beschreibung des Einsatzortes<br />

und <strong>der</strong> herrschenden Bedingungen dort, belegt durch zusätzliche Zeugenberichte sowie<br />

den Originalen o<strong>der</strong> Kopien von Amtsdokumenten. Sie werden durch Fotographien und<br />

an<strong>der</strong>e ikonographische Materialien ergänzt. Typische <strong>Dokumente</strong> (Originale sowie Kopien),<br />

die sich im Archiv <strong>der</strong> Stiftung befinden, sind <strong>während</strong> des Krieges o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Nachkriegszeit<br />

entstanden. Es handelt es sich auch um Bescheinigungen und Beglaubigungen und <strong>Dokumente</strong><br />

verschiedener Institutionen, die die Archivalien aus <strong>der</strong> Kriegszeit aufbewahren. Die erste<br />

Gruppe dieser Materialien umfasst u.a. <strong>Dokumente</strong>, die:<br />

• durch den nationalsozialistischen Verwaltungsapparat <strong>während</strong> des Zweiten Weltkriegs,<br />

• durch deutsche Betriebe und Arbeitsstätten, die Zwangs- und Sklavenarbeiter verschiedener<br />

Nationalitäten eingesetzt haben,<br />

• von den Alliierten <strong>während</strong> des Krieges o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Nachkriegszeit<br />

ausgestellt wurden.<br />

Die zweite Gruppe <strong>der</strong> Materialien ist mengenmäßig eindeutig zahlreicher vorhanden. Dabei<br />

handelt es sich u.a. um Bescheinigungen, die von:<br />

• Hauptkommission (o<strong>der</strong> Bezirkskomissionen) zur Verfolgung von Verbrechen gegen<br />

die Polnische Nation am Institut des Nationalen Gedenkens [Glówna Komisja<br />

Badania Zbrodni przeciwko Narodowi Polskiemu - Instytut Pamieci Narodowej],<br />

3


• Internationalen Suchdienst in Bad Arolsen,<br />

• Agenda des Roten Kreuzes - Internationales Komitee o<strong>der</strong> Landeskomitees,<br />

• staatlichen Museen <strong>der</strong> Konzentrationslager,<br />

• dem Jüdischen Historischen Institut,<br />

• Staats- und Landesarchiven - polnischen, deutschen und an<strong>der</strong>en,<br />

• Zeugenberichte, mit ihren beglaubigten Unterschriften,<br />

• Kombattantenbescheinigungen, Ausweise, Bescheide des Amts für Kombattanten<br />

sowie Versicherungsnachweise <strong>der</strong> Verfolgten (ZUS, KRUS und an<strong>der</strong>e)<br />

ausgestellt wurden.<br />

In den Antragsdokumenten <strong>der</strong> Leistungsempfänger kann man weiteres Quellmaterial aus privatem<br />

Besitz finden, wie z.B.: Korrespondenz aus <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Repressionen, Tagebücher und<br />

an<strong>der</strong>e Erinnerungsstücke. Im Archiv <strong>der</strong> Stiftung befinden sich tausende persönliche Berichte<br />

und Erinnerungen <strong>der</strong> NS-Opfer, die als Antwort auf die Appelle o<strong>der</strong> Wettbewerbe <strong>der</strong> Stiftung<br />

zugesandt wurden.<br />

Die Stiftung bewahrt auch <strong>Dokumente</strong> auf, die zum Archiv von Kombattanten und NS-Opfern –<br />

von Filialen des Verbandes <strong>der</strong> durch das Dritte Reich geschädigten Polen - übergeben werden.<br />

In Anbetracht <strong>der</strong> territorialen Reichweite kann das angesammelte Material sowohl europäischer<br />

als auch lokal-regionaler historischer Forschung dienen. Es erlaubt sowohl den Verlauf<br />

<strong>der</strong> Nazi-Repressionen in einzelnen Län<strong>der</strong>n zu erörtern als auch Einblick in das Schicksal <strong>der</strong><br />

vielen Menschen zu erlangen, die auf dem ganzen besetzten Gebiet des Dritten Reiches verstreut<br />

waren. Unter dem lokal-regionalen Aspekt geben sie Informationen über die Verfolgung<br />

in den einzelnen Landkreisen, Städten und Dörfern, die oft <strong>der</strong> Aufmerksamkeit <strong>der</strong> Historiographie<br />

entgehen. Es ist möglich das Material bei <strong>der</strong> Erforschung von Kriegsschicksalen <strong>der</strong><br />

verschiedenen Gesellschaftsgruppen wie Elite, Bauern, Arbeiter.<br />

In <strong>der</strong> vorliegenden Abhandlung, die im Rahmen des vom Ministerium für Kultur und Nationales<br />

Erbe mitfinanzierten Projektes „Internetarchiv <strong>der</strong> NS-Opfer“ entstanden ist, präsentieren<br />

wir eine Auswahl <strong>der</strong> charakteristischen <strong>Dokumente</strong> <strong>der</strong> Repression und Zeugnisse des Alltagslebens<br />

<strong>der</strong> polnischen Sklaven- und Zwangsarbeiter, die für die Wirtschaft des Dritten Reiches<br />

eingesetzt waren, aus dem Archiv <strong>der</strong> Stiftung „Polnisch-Deutsche Aussöhnung“. Wir hoffen,<br />

dass diese Arbeit zum besseren Verständnis <strong>der</strong> Schicksale <strong>der</strong> polnischen Bürger <strong>während</strong> des<br />

Zweiten Weltkriegs, beiträgt.<br />

Team<br />

4


I. Einwohnererfassung <strong>der</strong> Besatzungszeit<br />

Anmeldung zum polizeilichen Einwohnererfassung – kurz: Einwohnererfassung,<br />

o<strong>der</strong> umgangssprachlich: „palcówka” („palec“ – <strong>der</strong> Finger). Der Fingerabdruck, <strong>der</strong> auf diesem<br />

Dokument gemacht wurde, sollte das Foto des Registrierten ersetzen und zu seiner Identifikation<br />

dienen. „Palcówka” war ein doppelseitiges Dokument mit <strong>der</strong> Funktion eines Personalausweises,<br />

das teilweise in den polnischen Gebieten angewendet wurde, die ins Reich<br />

einverleibt wurden (im Wahrteland und in <strong>der</strong> Provinz Oberschlesien). Die Vor<strong>der</strong>seite des<br />

Dokuments beinhaltete die wichtigsten Kontaktdaten und war ein detaillierter Fragebogen,<br />

in dem je<strong>der</strong> seine Personaldaten und zusätzliche Informationen angeben musste. Dies waren<br />

einerseits Informationen über die Konfession, die Nationalität und die Sprache, die registrierte<br />

Person zu Hause sprach, an<strong>der</strong>erseits Informationen über den Militärdienst in <strong>der</strong> polnischen<br />

Armee, den Beruf und den Arbeitsplatz. Außerdem sollte die Person angegeben, wie lange sie<br />

Anmeldung zum polizeilichen<br />

Einwohnererfassung –<br />

kurz Einwohnererfassung po<strong>der</strong><br />

umgangssprachlich<br />

„palcówka” (palec – Finger),<br />

Kreis Wreschen (Września),<br />

Wartheland<br />

5


ereits in den einverleibten Gebieten wohnte, ob sie ein Grundbesitzer ist, ob sie Immobilien<br />

o<strong>der</strong> ein Unternehmen besitzt und wie viele Kin<strong>der</strong> unter 12 Jahren in demselben Haushalt wie<br />

sie wohnen. Das „Nicht-Ausfüllen“ <strong>der</strong> Anmeldung o<strong>der</strong> die Angabe falscher Informationen<br />

standen unter Strafe. Die Unterschrift und <strong>der</strong> Fingerabdruck wurden in Anwesenheit <strong>der</strong> Polizei-Funktionäre<br />

entgegengenommen. Der Funktionär beglaubigte das Dokument durch einen<br />

Siegel. Die ausgefüllte Anmeldung diente als Personalausweis. Wenn jemand ein Arbeitsbuch<br />

besaß o<strong>der</strong> bekommen hatte, wurde diese Information in Form eines Stempels mit <strong>der</strong> Angabe<br />

<strong>der</strong> Nummer des Arbeitsbuches ebenfalls in die Anmeldung eingetragen.<br />

Kennkarte – war ein Personalausweis, <strong>der</strong> <strong>während</strong> <strong>der</strong> Besatzungszeit angewandt wurde.<br />

Es gab getrennte Vorlagen <strong>der</strong> Kennkarten, die <strong>der</strong> Verwaltungsstruktur des Landes und <strong>der</strong><br />

Glie<strong>der</strong>ung nach <strong>der</strong> Nationalität entsprachen. Diese wurden vom deutschen Besatzer eingeführt.<br />

In den einverleibten Gebieten waren die Kennkarten ein zweiseitiges Büchlein mit den<br />

Personaldaten, dem Foto, dem Fingerabdruck und <strong>der</strong> Unterschrift des Registrierten. Im Falle<br />

<strong>der</strong> Personen deutscher Nationalität o<strong>der</strong> <strong>der</strong>jenigen, die die Volksliste unterschrieben hatten<br />

o<strong>der</strong> in diese eingetragen wurden, hatten die Kennkarten einen senkrechten Streifen. Dazu<br />

wurden Eintragungen wie „Reichsdeutscher“, „Volksdeutscher“ gemacht, und manchmal<br />

auch die „Deutsche Staatsangehörigkeit“ eingetragen. Im Generalgouvernement (GG) gab es<br />

ein dreiseitiges, zweisprachiges Büchlein, und die sich darin befindenden Informationen wurden<br />

mit Meldedaten und einem Vermerk über Konfession ergänzt. Kennkarten wurden auf<br />

eine bestimmte Zeit ausgestellt. Jede Registrierung war mit <strong>der</strong> Vergabe einer Kennnummer<br />

verbunden. Im GG wurde die Kennkarte mit <strong>der</strong> Verordnung vom 26. Oktober 1939 eingeführt,<br />

aber die Ausgabe lief noch bis zum Jahre 1943. Die Kennkarten-Pflicht betraf alle im Alter ab<br />

15 Jahren. Um eine Kennkarte zu bekommen, sollte <strong>der</strong> Bürger im Einwohnermeldeamt einen<br />

entsprechenden Antrag stellen, die Geburtsurkunde, eventuell eine Heiratsurkunde und die<br />

Anmeldungsbestätigung einreichen; im Falle <strong>der</strong> nicht jüdischen Polen und einigen an<strong>der</strong>en<br />

Kennkarte – aus Kamienica<br />

Polska, Kreis Blachownia,<br />

Provinz Oberschlesien (für<br />

polnische Bürger). Die gute,<br />

polnische Rechtschreibung in<br />

<strong>der</strong> Eintragungen ist bemerkenswert.<br />

Kennkarte, ausgestellt<br />

in Ostoberschlesien, wo<br />

die Einführung <strong>der</strong> Volksliste<br />

ohne Zwang vorging<br />

6


Kennkarte – Warschau, GG<br />

(Vorlage für polnische Bürger)<br />

Nationalitäten auch eine Bescheinigung über die arische Abstammung. Der Vorkriegspersonalausweis<br />

wurde nicht obligatorisch als Anhang zum Antrag verlangt, weil in <strong>der</strong> Zweiten<br />

Republik Polen das Besitzen eines Personalausweises ein Recht des Bürgers, aber nicht seine<br />

Pflicht war. Es ist hinzuzufügen, dass in <strong>der</strong> Anfangszeit <strong>der</strong> Besatzung die Personalausweise<br />

auch als zweisprachige Formulare (in deutscher und polnischer Sprache) ausgegeben wurden.<br />

Bei <strong>der</strong> Aushändigung <strong>der</strong> Kennkarte wurde <strong>der</strong> Fingerabdruck genommen und das Dokument<br />

unterschrieben. Beglaubigt wurde es durch ein Siegel und die Unterschrift eines Vertreters<br />

<strong>der</strong> Polizei. Die Kennkarten im GG unterschieden sich durch eine Farben- und Buchstabenkennzeichnung,<br />

die für die nationalen Min<strong>der</strong>heiten angewendet wurden. Die Kennkarten <strong>der</strong><br />

Polen waren grau, die <strong>der</strong> Juden und Roma gelb, die <strong>der</strong> Ukrainer, <strong>der</strong> Weißrussen, <strong>der</strong> Russen<br />

und an<strong>der</strong>er Min<strong>der</strong>heiten blau. Die <strong>Dokumente</strong> <strong>der</strong> Juden wurden zusätzlich mit dem Buchstaben<br />

„J“, die <strong>der</strong> Roma mit „Z“, die <strong>der</strong> Ukrainer mit „U“, die <strong>der</strong> Weißrussen mit „W“ und<br />

die <strong>der</strong> Russen mit „R“ versehen. Neben dem „bunten“ Dokument, das dem Besitzer ausgegeben<br />

wurde, fertigte man ein Duplikat in weißer Farbe an, das den polizeilichen Behörden<br />

zur Verfügung stand. Im Falle des Verdachts <strong>der</strong> Fälschung o<strong>der</strong> beim Verdacht, dass sich eine<br />

Person mit falschen Personalien ausgab, wurde auf das Duplikat zurückgegriffen. Die Kennkarten<br />

wurden sowohl mit <strong>der</strong> Maschine, als auch mit <strong>der</strong> Handschrift ausgefüllt. Sie wurden<br />

aus einer speziellen Papierart angefertigt, <strong>der</strong>en Oberflächenstruktur sich immer verän<strong>der</strong>te,<br />

wenn versucht wurde, frühere Eintragungen auszuradieren o<strong>der</strong> abzukratzen. Trotzdem war<br />

die Kennkarte eines <strong>der</strong> am häufigsten gefälschten <strong>Dokumente</strong> im GG.<br />

7


Anmeldung und Abmeldung bei <strong>der</strong> polizeilichen Meldebehörde – Die Völkerbewegung<br />

stand sowohl in den einverleibten Gebieten, als auch im GG unter einer streng polizeilichen<br />

Kontrolle. Die <strong>Dokumente</strong>, die das bestätigten, waren normalerweise zweiseitige<br />

Formulare in polnischer und deutscher Sprache. Als historische Quelle dokumentieren sie die<br />

Dislokationen repressiven Charakters. Es ist ein Dokument abgebildet, das die Deportationen<br />

zur Zwangsarbeit und die Zwangsaussiedlung bestätigt.<br />

Polizeiliche Anmeldung –<br />

Gemeinde Duraczów, Kreis<br />

Końskie, GG. Das Dokument<br />

bestätigt die Anmeldung <strong>der</strong><br />

Zwangsaussiedler aus Warschau<br />

nach dem Warschauer<br />

Aufstand. Auf dem Gebiet des<br />

GGs konnten sich formal nur<br />

Mütter mit kleinen Kin<strong>der</strong>n,<br />

Kin<strong>der</strong> unter 16 Jahre, kranke<br />

und ältere Personen aufhalten.<br />

Der Rest <strong>der</strong> Warschauer Bürger<br />

wurde außerhalb des GGs<br />

in Konzentrationslager und zur<br />

Zwangsarbeit deportiert<br />

Abmeldung bei <strong>der</strong> polizeilichen<br />

Meldebehörde – Litzmannstadt<br />

(Łódź), Wartheland. Das Dokument<br />

bestätigt die Abmeldung<br />

<strong>der</strong> Person aus Litzmannstadt<br />

und ihre Versetzung zur<br />

Zwangsarbeit nach Bremen<br />

8


II. Zwangsarbeiter<br />

DAS Arbeitsbuch – wurde im III. Reich als Pflichtdokument mit einem Gesetz vom 26. Februar<br />

1935 eingeführt und die registrierte Anstellung von Erwachsenen. Es wurde aber schon<br />

bereits Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts in Preußen in manchen Wirtschaftszweigen benutzt (Bergbau,<br />

Handel). Nach dem Gesetz über die Arbeitsbuch-Einführung, erließ die deutsche Regierung<br />

am 26. Mai 1935 die Verordnung über die Arbeitspflicht für deutsche Bürger. Dieses Gesetz von<br />

1935 war eine rechtliche Konsequenz <strong>der</strong> Bildung eines totalitären Staates, in dem je<strong>der</strong> Bürger<br />

die Pflicht hatte, zu arbeiten. So wurden die Menschen für die auf Krieg eingestellte Wirtschaft<br />

ausgenutzt. Drei Jahre später, im Juni 1938, wurden zwei weitere Verordnungen erlassen: die<br />

erste begrenzte die Freiheit zum Wechsel des Arbeitsplatzes, die zweite ermöglichte es dem<br />

Staat, konkrete Personen im Rahmen <strong>der</strong> Dienstverpflichtung auch außerhalb des festen Wohnsitzes<br />

zur Arbeit zu schicken. Ab dem 1. September 1938 konnte ein Arbeitsvertrag nur noch mit<br />

Erlaubnis des Arbeitsamtes aufgelöst werden. Die Verwaltung und Verteilung <strong>der</strong> Arbeitskräfte<br />

gehörten im Gesamten zu den Aufgaben <strong>der</strong> Landesarbeitsämter, die kraft einer Verwaltungsentscheidung<br />

im August 1943 in Gauarbeitsämter umgewandelt wurden. Noch vor dem Kriegsausbruch<br />

wurden die Landesämter <strong>der</strong> Grenzprovinzen Schlesien, Brandenburg, Ostpreußen<br />

und Pommern verpflichtet, sich auf die Einrichtung von Nie<strong>der</strong>lassungen vorzubereiten, die<br />

parallel zum Voranschreiten <strong>der</strong> deutschen Armee auf dem polnischen Gebiet gegründet werden<br />

sollten. So waren die Arbeitsämter die ersten Zivilverwaltungen, die von Deutschen auf<br />

den polnischen Gebieten eingerichtet wurden. Am 3. September nahm das erste Arbeitsamt in<br />

Schlesien in Rybnik die Arbeit auf. Am Ende dieses Monats waren es schon 70, im Oktober 115.<br />

Die Errichtung <strong>der</strong> Arbeitsämter war auch mit einer gewissen Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> bisherigen Arbeitsverhältnisse<br />

verbunden. Der Zwangscharakter wurde mehr und mehr deutlich. Diese rechtlichen<br />

Än<strong>der</strong>ungen wurden durch die Besatzungsmacht allmählich eingeführt und schränkten<br />

die Rechte <strong>der</strong> polnische Bevölkerung, aber mehr noch <strong>der</strong> Bevölkerung jüdischer Abstammung<br />

Schritt für Schritt ein. Infolgedessen wurde <strong>der</strong> Arbeitszwang die politisch-rechtliche Grundregel<br />

für die Beschäftigung (für Deutsche war dies die „Arbeitspflicht“).<br />

n einem Teil <strong>der</strong> Gebiete, die direkt in das III. Reich einverleibt wurden, wurde die Personenerfassung<br />

für die Arbeitsämter noch im Jahre 1939 durchgeführt. In den Arbeitsämtern wurden<br />

die folgenden zwei Register geschaffen: eines für Beschäftigte, die eine Beschäftigungskarte<br />

(später Arbeitsbuch) besaßen und eines für Arbeitslose, die eine Meldekarte o<strong>der</strong> Ausweiskarte<br />

bekamen. Sowohl für Beschäftigte, als auch für Arbeitslose wurden Erfassungskarten ausgestellt,<br />

mit Daten wie Alter, Wohnort und Berufsqualifikationen. Diese Daten wurden ständig<br />

überprüft. Das Arbeitsamt ließ die Beschäftigten mit <strong>der</strong> Beschäftigungskarte und <strong>der</strong> Bestätigung<br />

<strong>der</strong> über den letzten Lohn zu sich kommen. Gleichzeitig wurden die Arbeitgeber verpflichtet,<br />

die Listen <strong>der</strong> beschäftigten Arbeiter vorzulegen. Die Arbeitslosen wurden dazu gezwungen,<br />

täglich o<strong>der</strong> alle paar Tage mit <strong>der</strong> Meldekarte beim Arbeitsamt (o<strong>der</strong> in einer seiner<br />

Nie<strong>der</strong>lassungen) zu erscheinen. Die Erfahrungen aus den einverleibten Gebieten wurden dann<br />

im GG genutzt. Für die Beschäftigungspolitik waren hier die Arbeitsabteilung bei <strong>der</strong> Regierung<br />

des GG und auf <strong>der</strong> unteren Ebene die Arbeitsabteilungen in Ämtern <strong>der</strong> Gouverneure <strong>der</strong> Distrikte<br />

verantwortlich.<br />

9


Formal war das Arbeitsbuch ein Dokument, das an den Grenzen zwischen dem Arbeitsamt, dem<br />

Arbeitgeber und dem Arbeiter funktionierte. Es bestand aus einem guten Dutzend in Rubriken<br />

eingeteilte Seiten, in die Personal- und Adressdaten, Informationen über Familienstand, Kin<strong>der</strong>,<br />

frühere und aktuelle Beschäftigungen, Arbeitsgruppen, Berufsausbildungen usw. eingetragen<br />

wurden. Es gab zwei Vorlagen <strong>der</strong> Arbeitsbücher. Eine mehr detaillierte Vorlage (38 Seiten),<br />

die bereits mit dem erwähnten Gesetz vom 26. Februar 1935 eingeführt wurde. Diese wurde<br />

vor dem September 1939 als ein gewöhnliches Dokument gebraucht, das die Beschäftigung<br />

in Deutschland bestätigte. Diese Fassung des Arbeitsbuches wurde <strong>während</strong> des Krieges zum<br />

Schriftstück, das auch an die Zwangsarbeiter ausgegeben wurde. Die Pflicht für Polen, die zur<br />

Zwangsarbeit in Deutschland bestimmt wurden, das Arbeitsbuch zu besitzen, wurde mit einer<br />

Verordnung vom 22. Mai 1942 eingeführt. Mit einem Befehl vom 1. Mai 1943 wurde eine vereinfachte<br />

Vorlage des Arbeitsbuches (36 Seiten) für Auslän<strong>der</strong>, die zur Arbeit im Reich deportiert<br />

wurden, ausgegeben – das Arbeitsbuch für Auslän<strong>der</strong>. Auf dem Gebiet <strong>der</strong> Freien Stadt Danzig<br />

wurde das Arbeitsbuch weiterhin nach <strong>der</strong> Vorlage aus dem Jahre 1935 verwendet. In diesem<br />

Arbeitsbuch – Vorlage aus<br />

dem Jahr 1935, Lentschütz<br />

(Łęczyca), Arbeitsamt<br />

Litzmannstadt (Łódź), Wartheland.<br />

Stempel Nicht Reichsdeutscher<br />

und Eintragung<br />

Pole bestätigen polnische<br />

Nationalität des Arbeitsbuch-<br />

Besitzers<br />

10


Gebiet an <strong>der</strong> Ostseeküste wurde es wie<strong>der</strong>um mit einer Verordnung vom 1. Juni 1938 eingeführt.<br />

Es hatte eine an<strong>der</strong>e graphische Gestaltung: das Wappen des Dritten Reichs wurde durch<br />

das Wappen <strong>der</strong> Freien Stadt Danzig ersetzt. Die Pflicht, ein Arbeitsbuch zu besitzen, wurde auf<br />

den polnischen Gebieten schrittweise verwirklicht. Am frühesten im Oktober 1939 in Schlesien,<br />

im Juli 1942 in Pommern und in Großpolen im Dezember 1943. Im GG entsprach die Arbeitskarte<br />

dem Arbeitsbuch (Verordnung vom 20. Dezember 1940), erstellt nach <strong>der</strong> Vorlage des bereits<br />

im Reich existierenden Arbeitsbuches. Trotz an<strong>der</strong>en Namens hatte die Arbeitskarte aus dem<br />

GG als ein Dokumenttyp die gleiche Form (Buch) und eine innere Gestaltung wie das Arbeitsbuch.<br />

Sie wurde im GG allmählich bis 1942 eingeführt, zuerst in den für die Kriegsführung wichtigen<br />

Industriebetrieben, am Ende bekamen sie die Personen, die in <strong>der</strong> Verwaltung beschäftigt<br />

waren. Keine Arbeitskarten besaßen im GG Deutsche aus dem Reich, für die das Arbeitsbuch<br />

ein Pflichtdokument war, sowie Lohnarbeiter, Kin<strong>der</strong> im Grundschulalter und auch Personen,<br />

die in Fischerei, Forstwirtschaft und Landwirtschaft beschäftigt waren. Die verfügbaren Landwirtschaftsarbeiter<br />

im GG waren in den durch die Arbeitsämter geführten Landwirtschaftlichen<br />

Betriebskarteien immer erfasst und konnten so je nach „Nachfrage“ zwischen den landwirtschaftlichen<br />

Betrieben hin und her versetzt werden, um sie am gewinnbringendsten einzusetzen<br />

und die Produktion abzusichern. In den <strong>Dokumente</strong>n <strong>der</strong> Arbeitskräfte waren Daten <strong>der</strong><br />

Betriebe, wie Größe des Bauernhofes, die Art <strong>der</strong> Einrichtung und die Zahl <strong>der</strong> dort wohnenden<br />

o<strong>der</strong> arbeitenden Personen verzeichnet.<br />

Das Arbeitsbuch wurde auf Antrag ausgestellt. Auf <strong>der</strong> ersten Seite des Arbeitsbuches trug<br />

das Arbeitsamt eine doppelte Nummer ein. Ihr erster Teil war die Nummer des Arbeitsamtes,<br />

11


<strong>der</strong> zweite war die Nummer <strong>der</strong> Erfassungskarte in <strong>der</strong> Kartei des Arbeitsamtes. So hat das<br />

abgebildete „Arbeitsbuch für Auslän<strong>der</strong>“ einer deportierten Zwangsarbeiterin die Nummer:<br />

„65/2257”. Dabei betreffen die Ziffern „65” das Arbeitsamt in Prenzlau, und die Ziffern „2257”<br />

bilden die Nummer <strong>der</strong> Erfassungskarte <strong>der</strong> Person, für die das Arbeitsbuch ausgestellt wurde.<br />

Beim Beginn <strong>der</strong> Arbeit sollten die Arbeiter dem Betriebsbesitzer das Arbeitsbuch (im GG<br />

die Arbeitskarte) geben, dieser trug folgende Informationen ein: Datum des Arbeitsbeginns,<br />

Charakter <strong>der</strong> Beschäftigung, Wohnort und seine eventuellen Wechsel und das Datum des<br />

Arbeitsschlusses. Der Betriebsbesitzer benachrichtigte das Arbeitsamt über jede Eintragung,<br />

das Arbeitsamt trug diese neuen Daten in Erfassungskarten <strong>der</strong> Beschäftigten ein, die sich in<br />

seiner Kartei befanden. Wenn eine Person bei mehr als einem Arbeitgeber beschäftigt war,<br />

befand sich das Arbeitsbuch beim ersten Arbeitgeber. In den Pausen in <strong>der</strong> Beschäftigungszeit<br />

sollte man das Arbeitsbuch beim Arbeitsamt deponieren. Die Arbeitenden durften aber nicht<br />

zwei Arbeitsbücher besitzen. Es war jedoch erlaubt, eine Arbeitskarte und ein Arbeitsbuch zu<br />

besitzen. Im Fall <strong>der</strong> zur Zwangsarbeit aus dem GG Deportierten, wurden die gewöhnlichen<br />

Arbeitsbücher ausgegeben. Im Fall <strong>der</strong> nach Deutschland Deportierten, blieb das Arbeitsbuch<br />

dem Arbeitgebers zur Verfügung und das ganze Verfahren seiner Ausstellung verlief zwischen<br />

dem Arbeitgeber und dem Arbeitsamt (es kam vor, dass <strong>der</strong> Zwangsarbeiter kein Dokument<br />

„in die Hand“ bekam). Deshalb verfügen wir heute über viele Arbeitsbücher, die im guten Zustand<br />

erhalten geblieben sind, weil sie den Zwangsarbeitern erst nach dem Krieg ausgegeben<br />

wurden o<strong>der</strong> weil sie die <strong>Dokumente</strong> erst dann „bekamen“, nachdem <strong>der</strong> deutsche Arbeitgeber<br />

gegen Ende des Krieges sein Haus o<strong>der</strong> Unternehmen verließ. Deutsche Vorschriften aus<br />

<strong>der</strong> Zeit des Krieges verboten den ausländischen Arbeitern jegliche Dokumentation über ihre<br />

Beschäftigung mit nach Hause zu nehmen. Die Verordnung vom 18. November 1941 regelte<br />

dies im Fall <strong>der</strong> Polen. Diese Vorschrift betraf aber nicht die Arbeitsbücher <strong>der</strong> Polen, die auf<br />

den ins Reich einverleibten Gebieten wohnten.<br />

Als historische Quellen sind die Arbeitsbücher eine sehr wertvolle Dokumentation, weil sich<br />

mit ihrer Hilfe <strong>der</strong> „Beschäftigungslebenslauf“ eines Zwangsarbeiters rekonstruieren lässt.<br />

Das Arbeitsbuch war ein zwischen dem Arbeitsamt, dem Arbeitgeber und dem Arbeiter „wan<strong>der</strong>ndes<br />

Dokument“. In den Arbeitsbüchern gibt es einerseits Spuren <strong>der</strong> formalen Eintragungen<br />

des Arbeitsamtes, des Unternehmens bzw. des Unternehmers und an<strong>der</strong>erseits hat<br />

manchmal <strong>der</strong> „Besitzer“ selbst Än<strong>der</strong>ungen im Dokument in <strong>der</strong> Nachkriegszeit gemacht.<br />

Es geht hier u.a. um selbst geschriebene Eintragungen über Beschäftigung, für den Fall, dass<br />

<strong>der</strong> Arbeitgeber sie nicht gemacht hat (weil er geflüchtet ist und sich davor geweigert hat).<br />

Dazu zählen auch das Ausmerzen o<strong>der</strong> Beschmieren <strong>der</strong> nationalsozialistischen Symbole (Hakenkreuze,<br />

Reichsadler). Letzteres machten auch die alliierten Besatzungsmächte o<strong>der</strong> die<br />

polnische Nachkriegsverwaltung (z.B. im Polnischen Repatriierungsamt – PUR). Manchmal<br />

rissen die „Besitzer“ ihre Fotografien vom Arbeitsbuch ab, weil es manchmal die einzigen Fotografien<br />

waren, die von ihnen <strong>während</strong> <strong>der</strong> Kriegszeit gemacht wurden und deshalb sie sehr<br />

wertvoll sie für waren. Obwohl die Fotografien in Arbeitsbüchern nur Porträts sind, die <strong>der</strong><br />

Identifikation dienten, sind sie auch eine wichtige historische Informationsquelle. Oft wurden<br />

dort „Momente“ festgehalten. So finden sich in Arbeitsbüchern Fotos, die gleich nach dem<br />

Verlassen des Lagerbades gemacht wurden – die Menschen sind nass, halb nackt, mit kurz<br />

geschorenen Haaren o<strong>der</strong> sie sehen verängstigt aus. Es gibt auch Fotografien von Kin<strong>der</strong>, die<br />

nicht zur Zwangsarbeit bestimmt waren und denen das Arbeitsbuch als ein Identitätsdokument<br />

ausgegeben wurde, weil sie zusammen mit den Eltern in Durchgangslagern für deportierte<br />

Zwangsarbeiter waren und deshalb registriert wurden.<br />

12<br />

Die Daten, die in Arbeitsbüchern (o<strong>der</strong> in an<strong>der</strong>en <strong>Dokumente</strong>n <strong>der</strong> Zwangsarbeit, sowie in<br />

Personaldokumenten) von <strong>der</strong> Besatzungsmacht eingetragen wurden, spiegeln den rechtlichpolitischen<br />

Status <strong>der</strong> polnischen Staatsbürger im damals besetzen Land, sowie dessen neue<br />

Verwaltungsstruktur wie<strong>der</strong>. So betraf die Eintragung „Schutzangehörige“ in <strong>der</strong> Rubrik


Staatsangehörigkeit Polen, die aus den Gebieten stammten, die mit dem Dekret Hitlers vom<br />

8. und 12. Oktober 1939 ins Reich einverleibt wurden (Schlesien, die Wojewodschaft Posen mit<br />

dem Gebiet um Lodz, Pommern, Nordmasowien und das Gebiet um Suwałki – so genannte<br />

eingeglie<strong>der</strong>te Ostgebiete). Offiziell ging es hier um Personen, die zur Eindeutschung nicht geeignet<br />

waren. Im Falle <strong>der</strong> polnischen Arbeiter, die aus dem GG deportiert wurden, trug man<br />

in diese Rubrik staatlos ein. Diese Menschen wurden theoretisch als Personen mit polnischer<br />

Staatsangehörigkeit betrachtet, aber diese wurde ihnen abgenommen bzw. nicht bestätigt,<br />

weil das Dritte Reich den polnischen Staat nicht anerkannte. Im Falle <strong>der</strong> Personen mit einer<br />

an<strong>der</strong>en als <strong>der</strong> deutschen Nationalität, die aus dem Distrikt Galizien und aus Białystok umgesiedelt<br />

wurden, kamen manchmal Eintragung wie ungeklärt vor. Einen noch an<strong>der</strong>en Status<br />

hatten polnische Staatsbürger aus dem östlichen Grenzland <strong>der</strong> zweiten Republik Polen, das<br />

nach dem Beginn des Krieges mit <strong>der</strong> UdSSR unter <strong>der</strong> deutschen Besatzung war. Hier war die<br />

Regel <strong>der</strong> Deutschen gültig, laut <strong>der</strong> alle Personen, die vor dem 22. Juni 1941 auf dem Gebiet<br />

<strong>der</strong> UdSSR wohnten als Ostarbeiter gehalten wurden, unabhängig davon, welche Nationalität<br />

sie deklariert haben (Ausnahme waren Deutsche) und von ihrer Staatsangehörigkeit vor September<br />

1939. Diese Regel betraf die Bewohner <strong>der</strong> Ostseerepubliken, des Bezirks Białystok<br />

und des Distriktes Galizien.<br />

Die Rubrik <strong>der</strong> Volkszugehörigkeit im Arbeitsbuch für Auslän<strong>der</strong> muss allerdings differenziert<br />

betrachtet werden, da die Eintragungen manchmal nicht <strong>der</strong> Wirklichkeit entsprachen. Polnische<br />

Staatsbürger, die z.B. vom Distrikt Galizien zur Zwangsarbeit deportiert wurden, gaben<br />

absichtlich die ukrainische Nationalität an, weil sie wussten, dass die ukrainischen Arbeiter in<br />

Deutschland besser behandelt wurden als polnische Bürger. Manchmal hat die ukrainische Verwaltung<br />

die Polen o<strong>der</strong> Personen, die ihre Nationalität nicht bestimmen konnten, absichtlich<br />

„ukrainisiert“, um auf diese Weise ihre ethnische Überlegenheit auf bestimmten Gebiet zu beweisen.<br />

Wie<strong>der</strong>um fuhren die Polen aus dem Generalbezirk Litauen zur Zwangsarbeit als Litauer<br />

und wurden wie ausländische Arbeiter aus den Län<strong>der</strong>n, mit denen das Dritte Reich keinen<br />

Krieg führte, behandelt (Restriktionen gegen diese Personen erfolgten erst 1944). Eine an<strong>der</strong>e<br />

Nationalität deklarierten auch Personen jüdischer Nationalität, um auf diese Weise Repressionen<br />

und Tod zu entfliehen. Für sie war die Entscheidung über die Fahrt zur Zwangsarbeit ein<br />

Versuch, vor dem Tod zu flüchten.<br />

Es kam oft vor, dass die Menschen <strong>während</strong> <strong>der</strong> Registrierung einen an<strong>der</strong>en Beruf angaben,<br />

als den wirklich von ihnen ausgeübten. Am meisten vermied man die Angabe des Berufs eines<br />

Landwirtes, weil dies mit <strong>der</strong> Deportation zur Zwangsarbeit enden konnte. Einen an<strong>der</strong>en Beruf<br />

deklarierten auch vor allem auch Menschen, die durch ihr gewöhnlich nach gegangenem<br />

Metier höchst wahrscheinlich <strong>der</strong> deutschen Rüstungsindustrie nützlich waren.<br />

Mit Personaldaten in Arbeitsbüchern (o<strong>der</strong> in an<strong>der</strong>en <strong>Dokumente</strong>n, die die Zwangsarbeit<br />

<strong>während</strong> <strong>der</strong> Deportation bestätigen) muss man vorsichtig sein. In den eingetragenen polnischen<br />

Nachnamen und Eigennamen (fonetische Schreibweise), sowie in den Geburtsdaten<br />

usw. kommen häufig Fehler vor.<br />

Arbeitsbücher können die Vermerke <strong>der</strong> alliierten und polnischen Institutionen aus dem Jahr<br />

1945 und den Jahren danach haben. Die <strong>Dokumente</strong> <strong>der</strong> Personen, die in den von PUR organisierten<br />

Transporten in die Heimat zurück kamen, wurden an Kontrollpunkten gestempelt. Es<br />

kam auch vor, dass die Arbeitgeber weitere Beschäftigung <strong>der</strong> Personen nach dem Kriegsende<br />

in Arbeitsbüchern bestätigten, so lassen sich auch Eintragungen mit einem Datum nach Mai<br />

1945 finden<br />

13


Arbeitsbuch fűr Auslän<strong>der</strong> –<br />

„książka pracy dla obcokrajVorlage<br />

aus dem Jahr 1943,<br />

Arbeitsamt Prenzlau. Auf <strong>der</strong><br />

Seite 26 sind Informationen<br />

über den Aufenthalt im Durchgangslager<br />

für Zwangsarbeiter<br />

in Frankfurt (O<strong>der</strong>) und über<br />

eine ärztliche Untersuchung<br />

vor dem Beginn <strong>der</strong> Arbeit, <strong>der</strong><br />

sich die Person unterziehen<br />

musste<br />

15


Ersatzkarte fűr Arbeitsbuch – vierseitige Ersatzkarte, wurde vom Arbeitsamt anstelle<br />

des Arbeitsbuches ausgestellt. Sie beinhaltete weniger Personaldaten und auch nicht so viele<br />

Daten über die Beschäftigung. Sie wurde auf begrenzte Zeit und bis zu einem angesetzten<br />

Termin ausgegeben. Bei <strong>der</strong> Rückgabe des alten o<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Ausstellung des neuen Arbeitsbuches,<br />

sollte sie sofort an das Arbeitsamt übergeben werden. Der Arbeitgeber musste sich<br />

an dieselben Vorschriften halten, die im Fall des Arbeitsbuches erwähnt wurden. Alle Bemerkungen<br />

und Eintragungen in <strong>der</strong> Ersatzkarte sollten im Mitwissen des Arbeitsamts gemacht<br />

werden und mussten ihm gemeldet werden. Im GG stellten die Arbeitsämter den Beschäftigten<br />

statt <strong>der</strong> Arbeitskarten (die im GG den Arbeitsbüchern entsprachen) und die meist <strong>der</strong><br />

Arbeitgeber aufbewahrte, spezielle Bescheinigungen aus, die so genannten Beschäftigungsnachweise.<br />

Ersatzkarte fűr Arbeitsbuch<br />

– Arbeitsamt Gel<strong>der</strong>n<br />

16


Arbeitskarte – war ein doppelfunktionales Dokument: sie bestätigte die Anstellung vom<br />

Auslandsarbeiter und funktionierte gleichzeitig als Pass und Personalausweis. Die Notwendigkeit<br />

des Besitzes einer Arbeitskarte wurde durch die Anordnung vom 8. März 1940 geregelt.<br />

Ihre Ausstellung erfor<strong>der</strong>te die Zusammenarbeit von zwei Behörden: des Arbeitsamtes und<br />

<strong>der</strong> lokalen Polizeimacht (Auslän<strong>der</strong>amt). Die Beschäftigung vom Auslandsarbeiter in Deutschland<br />

bedurfte nämlich einer beson<strong>der</strong>en Genehmigung. Ein solcher Antrag musste vom Arbeitgeber<br />

bei dem richtigen Arbeitsamt gestellt werden; an<strong>der</strong>erseits musste <strong>der</strong> Arbeiter selbst<br />

den Antrag auf die Genehmigung in <strong>der</strong> Polizeiaufsichtseinheit stellen, dies konnte auch <strong>der</strong><br />

Arbeitgeber tun, als Vertretung des Arbeiters. Die Polizei sendete den Antrag nach seiner Akzeptanz<br />

ins Arbeitsamt weiter. 1942 wurde die Prozedur, wegen <strong>der</strong> vermehrten Zahl von Auslandsarbeitern<br />

vereinfacht. Die Arbeitsstätte o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Arbeitgeber stellte einen allgemeinen<br />

Antrag bei dem Arbeitsamt auf Arbeiterzuteilung. Es wurde auf den Antrag des Arbeiters auf<br />

Arbeitsbewilligung in <strong>der</strong> Polizeibehörde verzichtet. Ab diesem Zeitpunkt beschäftigte sich das<br />

Arbeitsamt nach <strong>der</strong> Arbeiterzuteilung zum konkreten Arbeitsplatz, auch mit dem Arbeitsgenehmigungsformular<br />

und schickte dieses zur Polizeieinheit. Nach den Anmeldungsformalitäten,<br />

die mit <strong>der</strong> Abgabe des Fingerabdrucks verbunden waren, wurde die Arbeitskarte dem<br />

Arbeiter übergeben. Die Daten, die von <strong>der</strong> Polizei bei <strong>der</strong> Arbeitskartenausstellung gewonnen<br />

wurden, blieben am Ort enthalten, Duplikate sind in die Zentralkartei <strong>der</strong> zwangsbeschäftigten<br />

Polen und Ostarbeiter, beim Hauptamt des Reichssicherheitsdienstes gelangt. Die Kartei<br />

funktionierte bis Ende 1943 o<strong>der</strong> Anfang 1944, als sie von einem Alliierten-Luftangriff vernichtet<br />

wurde (darüber informierte <strong>der</strong> Reichsführer SS in einem Rundschreiber vom 5. Februar<br />

1944). Der Arbeiter war verpflichtet, die Arbeitskarte immer bei sich zu tragen. Sie wurde für<br />

unbestimmte Zeit ausgegeben, und für ihre Verlängerung hatte <strong>der</strong> Arbeitgeber zu sorgen. Die<br />

Arbeitskarte war nur gültig für einen bestimmten Arbeitsplatz, dies erleichterte das Einfangen<br />

von Flüchtlingen <strong>während</strong> Polizeikontrollen.<br />

Arbeitskarte – „karta pracy”,<br />

Arbeitsamt Waldenburg Schlesien<br />

(Wałbrzych)<br />

17


Formell war die Arbeitskarte ein zweiseitiges Formular. Die erste Seite musste mit dem Foto,<br />

dem Zeigefingerabdruck und mit <strong>der</strong> Unterschrift des Arbeiters ausgestellt werden. Die Erstellung<br />

dieser Hälfte des Dokuments war Arbeit <strong>der</strong> Polizei. Im Februar 1944 gab es eine<br />

Anordnung über die Notwendigkeit <strong>der</strong> Platzierung eines roten Stempels auf dieser Seite:<br />

kennzeichenpflichtig, d.h. „P“ im Fall <strong>der</strong> Polen o<strong>der</strong> „O“ für die Ostarbeiter. Dies trug zur<br />

leichteren Unterscheidung von Weißrussen und Ukrainern <strong>während</strong> Polizeikontrollen im GG<br />

bei, denn diese Nationalitäten waren von <strong>der</strong> Kennzeichnungspflicht befreit. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite <strong>der</strong> Karte wurde das Arbeitsamtsformular mit genauen Personendaten des Arbeiters und<br />

Informationen über seine Anstellung angeklebt. Im Falle einer Arbeitsfortsetzung, konnte an<br />

dieses Formular ein weiteres angeklebt werden, wenn das erste nicht mehr gültig war. Im Gegenteil<br />

zu Arbeitsbüchern, die aufgrund ihrer Buchform von Hand ausgefüllt waren, wurden<br />

die Arbeitskarten oft mit <strong>der</strong> Schreibmaschine erstellt. Ähnlich wie Arbeitsbücher, enthielten<br />

die Arbeitskarten auch Spuren <strong>der</strong> Alliierten, polnischer Nachkriegsverwaltung o<strong>der</strong> von Hilfsorganisationen.<br />

Die Arbeitskarte war manchmal mit <strong>der</strong> Bescheinigung über eingezahlte Lohnersparnisse verbunden.<br />

In <strong>der</strong> Praxis wurde dies allerdings selten dokumentiert. Lohnersparnisse verschiedener<br />

Geldbeträge und ihre Deponierung bei dem Arbeitgeber waren eine Art und Weise <strong>der</strong><br />

„Anbindung“ <strong>der</strong> Arbeiter an ihren Arbeitsplatz. Der Plan <strong>der</strong> deutschen Verwaltung war es,<br />

<strong>der</strong> Flucht vom Arbeitsplatz vorzubeugen. In <strong>der</strong> Praxis erwies es sich meistens nicht als erfolgreich<br />

.<br />

Arbeitskarte – Arbeitsamt<br />

Wismar (die Vorlage vorbereitet<br />

speziell für die Arbeiter aus<br />

dem GG). Auf <strong>der</strong> Rückseite<br />

ist das erste (ältere) Formular<br />

sichtbar, das sich hinter dem<br />

oberen Formular befindet. Es<br />

enthält die Bestätigung <strong>der</strong><br />

früheren Beschäftigung<br />

18


Ausweis, Werkausweis, Personenausweis – es handelt sich hierbei um Ausweise verschiedensten<br />

Typus – Identitätsdokumente, die mit dem Beschäftigungsort verbunden waren.<br />

Sie wurden von den größeren Betrieben o<strong>der</strong> Unternehmen ausgestellt, die eine eigene Erfassungskartei<br />

führten. Sie erfüllten die Rolle des Personalausweises, bzw. eines Passierscheines<br />

für den Beschäftigungsort und seiner Umgebung. Der Ausweis musste dem Werkschutz<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Polizei bei Kontrollen vorgelegt werden. Er beinhaltete Informationen über die Art<br />

<strong>der</strong> Beschäftigung, die Nationalität (z.B. durch den Buchstaben „P“) und die Unterbringung.<br />

Manchmal, wenn das Foto des Besitzers fehlte, war <strong>der</strong> Ausweis erst gültig, wenn er mit einem<br />

an<strong>der</strong>en Dokument mit Foto vorgezeigt wurde. Weil <strong>der</strong> Ausweis am Beschäftigungsort<br />

schnell beschädigt werden konnte, wurde er manchmal durch Folie o<strong>der</strong> einen zusätzlichen<br />

Metallumschlag geschützt. Im GG bewahrte das Besitzen eines Ausweises (o<strong>der</strong> einer Arbeitskarte),<br />

<strong>der</strong> vom Betrieb ausgestellt wurde, vor <strong>der</strong> Deportation zur Zwangsarbeit, z.B.<br />

<strong>während</strong> einer Straßenrazzia o<strong>der</strong> einer zufälligen Polizeikontrolle. 1943 gab es bereits so viel<br />

gefälschte Werksausweise, dass die Besatzungsmacht dieses Dokument bei <strong>der</strong> Kontrolle<br />

nicht mehr berücksichtigte, so schützte ein Ausweis ab diesem Zeitpunkt nicht mehr vor <strong>der</strong><br />

Deportation ins Reich. Es gab auch eine einfache Möglichkeit <strong>der</strong> Verifizierung seiner Echtheit<br />

durch die Überprüfung <strong>der</strong> Informationen, die sich auf dem Ausweis befanden, denn ähnliche<br />

Daten waren auch in <strong>der</strong> Kartei des Arbeitsamtes verzeichnet. Wie auch an<strong>der</strong>e mit Zwangsarbeit<br />

in Verbindung stehende <strong>Dokumente</strong>, konnten die Ausweise ebenfalls Bemerkungen aus<br />

<strong>der</strong> Nachkriegszeit, Bemerkungen <strong>der</strong> alliierten Mächte, <strong>der</strong> polnischen Verwaltung o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Hilfsorganisationen haben.<br />

Werks-Ausweis Pertrix<br />

Werke GMBH<br />

A-Ausweis Arado<br />

Flugzeug-Werke G.m.b.H.<br />

19


Ausweis <strong>der</strong> Hirth Motoren<br />

G.M.B.H. – Stuttgart/Zuffenhausen<br />

Personenausweis – Ostbahn<br />

20


Personalauweis –<br />

Siemens & Halskie AG<br />

Ausweis <strong>der</strong> Staatlichen<br />

Saline Friedrichshall<br />

21


Baudienstpass – GG (Vorlage<br />

Nr. 2)<br />

Baudienstpass – Ausweis im GG für Angehörige des Baudienstes, in den zwischen Mai 1940<br />

und Sommer 1944 Männer eingesetzt wurden und dessen Vorbild <strong>der</strong> Reichsarbeitsdienst war.<br />

In Wirklichkeit war <strong>der</strong> Baudienst aber eine Art <strong>der</strong> Sklavenarbeit. Sein Funktionieren wurde<br />

durch zwei Verordnungen geregelt, einer vom 1. Dezember 1940 und einer weiteren vom 22.<br />

April 1942. Der Baudienst dauerte ein Jahr lang und betraf viele junge Männer, die bei öffentlichen<br />

Arbeiten, Arbeiten zu Gunsten <strong>der</strong> Armee und auch bei <strong>der</strong> Bestattung <strong>der</strong> Opfer von<br />

Massenexekutionen zwangsweise helfen mussten. Zu Spitzenzeiten beschäftigte Baudienst<br />

45 Tausend Personen (Januar 1944). Die im Baudienst Beschäftigten wohnten in Lagern. Diese<br />

Isolierung sollte verhin<strong>der</strong>n, dass sie sich in konspirative Tätigkeit engagieren. Jedes Vergehen<br />

und jede Flucht wurde mit dem Transport in spezielle Straflager des Baudienstes in <strong>der</strong> Nähe<br />

von Krakau (Steinbruch „Liban“) o<strong>der</strong> nach Solec an <strong>der</strong> Weichsel bestraft.<br />

Baudienstpass – GG (Vorlage<br />

Nr. 1)<br />

22


Lagerausweis – ein Dokument, das für die Zwangsarbeiter ausgestellt wurde, die nach <strong>der</strong><br />

Deportation ins Reich in speziellen Gemeinschaftslagern einquartiert wurden. Der abgebildete<br />

Lagerausweis beinhaltet außer <strong>der</strong> Identitätsdaten auch Informationen über den Beschäftigungsort.<br />

Auf <strong>der</strong> Rückseite sind Notizen über den Erhalt von Tabak, Seife und über weitere<br />

Son<strong>der</strong>zuteilungen. Ein solches Gemeinschaftslager wurde oft von einem Delegierten <strong>der</strong><br />

Deutschen Arbeitsfront (DAF) beaufsichtigt, <strong>der</strong> meist auch über gewisse Polizeikompetenzen<br />

verfügte. Das Sammeln <strong>der</strong> Arbeitskräfte in Sammellagern war üblich für große Industriegebiete<br />

und Städte. Meist wurden diese Gemeinschaftslager in leer stehenden öffentlichen o<strong>der</strong><br />

industriellen Gebäuden eingerichtet. Es konnten ehemalige Tanz- und Kinosäle, Feuerwachen<br />

o<strong>der</strong> geschlossene Industriebetriebe sein. Weil die ausgewählten Gebäude früher allerdings<br />

einem an<strong>der</strong>en Zweck dienten, waren die Bade- und Waschräume, sowie die Waschküchen,<br />

aber auch die Küchen nicht ausreichend vorhanden o<strong>der</strong> ausgestattet. Die Inneneinrichtung<br />

bestand generell nur aus sehr einfachen Geräten bzw. Möbeln. Es kam auch vor, dass Decken<br />

zum Schlafen fehlten, so litten die Lagerbewohner an Kälte. Im Sommer herrschte lästige Hitze<br />

und Mief in Baracken. Immer größere Kriegszerstörungen, fehlende Reparatur- und Baumaterialien<br />

und zunehmen<strong>der</strong> Bedarf an billigerer Arbeitskraft verursachten, dass gegen Ende<br />

des Krieges in den Gemeinschaftslagern große Überfüllung herrschte. Ein lästiges Problem<br />

waren auch die Insekten. Diese Schwierigkeit war sogar unter <strong>der</strong> deutschen Bevölkerung bekannt.<br />

Weiterhin wurden die Sammellager mit Stacheldraht umgeben, dadurch ähnelten sie<br />

den Straflagern. Weil in den Lagern eben diese schlechten Bedingungen herrschten und sie<br />

den Anschein von Sklavenarbeit erweckten, weigerten sich einige Unternehmen, Zwangsarbeiter<br />

aus Westeuropa in diese Sammellager einzuquartieren.<br />

Lagerausweis – Sammellager<br />

Berlin-Rudow<br />

23


Arbeitsvertrag – dieses Dokument hat den Charakter eines zweiseitigen Vertrags, <strong>der</strong> zwischen<br />

dem polnischen Landwirtschaftsarbeiter und dem deutschen Arbeitgeber geschlossen<br />

wurde. Er enthält beidseitige Verpflichtungen.<br />

Das abgebildete Dokument wurde auf dem Gebiet des „alten Reiches“ in Deimern, Kreis Soltau<br />

nie<strong>der</strong>geschrieben. Die Pflichten des Arbeiters auf dem Bauernhof sind ziemlich genau geregelt<br />

(die Zahl des ihm anvertrauten Inventars, die Hilfe eines zusätzlichen Arbeiters bei <strong>der</strong> Reinigung<br />

<strong>der</strong> Landwirtschaftsgebäuden usw.). Im vierten Punkt wird genau formuliert, dass je<strong>der</strong> dritte<br />

Samstag, gerechnet vom 19. Dezember 1943 ein freier Tag sein soll. In nächsten Punkt ist die Rede<br />

über die Entlohnung. Im sechsten Punkt wurde die Kündigungsfrist auf vier Wochen bestimmt.<br />

Aus <strong>der</strong> Inhaltsanalyse des Vertrags lässt sich schließen, dass die Seiten als gleichberechtigte Partner<br />

auftreten und es gibt den Anschein, dass es eine gewisse Freiheit in <strong>der</strong> Gestaltung des Arbeitsverhältnisses<br />

gab. Jedoch bestimmte <strong>der</strong> Arbeitgeber die Pflichten des Beschäftigten genau.<br />

Eine <strong>der</strong> rechtlichen Hauptvorschriften, die die polnischen Arbeiter in ihrer Position diskriminierte,<br />

war die Anordnung, kraft <strong>der</strong>en sie kein Recht dazu hatten, einen Arbeitsvertrag selbst<br />

abzuschließen, den Inhalt des Arbeitsverhältnisses zu beeinflussen o<strong>der</strong> ihn gar zu kündigen.<br />

Mit den Polen aus den einverleibten Gebieten schloss man keine Arbeitsverträge ab. Ihnen<br />

wurde ein Arbeitsverhältnis amtlich zugewiesen, wenn ein Arbeitsgeber den Bedarf an Beschäftigten<br />

im Arbeitsamt meldete. Diese Polen hatten keine Möglichkeit, den Arbeitsort auszuwählen<br />

o<strong>der</strong> die Arbeitsdauer selbst zu bestimmen. Sie konnten das Arbeitsverhältnis auch<br />

nicht kündigen, dies konnte nur <strong>der</strong> Arbeitgeber mit einer zweiwöchigen Kündigungsfrist tun<br />

(<strong>der</strong> abgebildete Vertrag spricht allerdings von vier Wochen). Die Kündigung durch den Arbeitgeber<br />

musste dem Arbeitsamt aber gemeldet und von ihm akzeptiert werden. Das Amt<br />

war aber auch in <strong>der</strong> Lage, den Antrag auf Entlassung des Arbeiters abzulehnen o<strong>der</strong> bei einer<br />

positiven Entscheidung, die Entsendung neuer Arbeitskräfte auszusetzen.<br />

Arbeitsvertrag – Deimern,<br />

Kreis Soltau<br />

24


Quittungskarte – war auf dem Reichsgebiet und in den einverleibten Gebieten im Rahmen<br />

<strong>der</strong> obligatorischen Invalidenversicherung in Benutzung, die sowohl beschäftigte Deutsche,<br />

als auch Polen betraf. Die Quittungskarte enthielt Informationen über die Entrichtung<br />

entsprechen<strong>der</strong> Versicherungsbeiträge. So machten spezielle Bestätigungsmarken, die einmal<br />

die Woche an <strong>der</strong> Rückseite <strong>der</strong> Quittungskarte angeklebt wurden, deutlich, dass ein Beitrag<br />

in einer bestimmten Höhe eingezahlt worden war. Seit Juli 1942 sollte die Quittungskarte Informationen<br />

über den Zeitraum <strong>der</strong> Entrichtung <strong>der</strong> Beiträge, über ihre Höhe, über die Zielkrankenkasse,<br />

sowie über den Arbeitgeber haben. Nach einem Jahr, spätestens aber nach<br />

drei Jahren sollten die Krankenkasse o<strong>der</strong> Versicherungsanstalt die Quittungskarten an das für<br />

Rentenversicherung verantwortliche Amt übergeben. Am Anfang des Krieges wurden in den<br />

einverleibten Gebieten auch polnische Vorkriegsformulare <strong>der</strong> Quittungskarten benutzt, was<br />

dank <strong>der</strong> Ähnlichkeiten im polnischen und deutschen Versicherungssystem <strong>der</strong> Vorkriegszeit<br />

möglich war. Die Quittungskarte besaß auf <strong>der</strong> Kopfseite die Zeichen <strong>der</strong> Versicherungsanstalt<br />

und auf <strong>der</strong> Rückseite eine Information über die Krankenkasse (hier AOK – Allgemeine Ortskrankenkasse),<br />

sowie einen Siegel o<strong>der</strong> eine Eintragung über den Arbeitsort bzw. Arbeitgeber.<br />

Das Dokument war zwei Jahre nach <strong>der</strong> Ausstellung gültig. Eine neu ausgestellte Quittungskarte<br />

hatte auch eine Information über das Stempeldatum <strong>der</strong> letzen Versicherungsmarke auf<br />

<strong>der</strong> vorherigen Quittungskarte. Im Fall von Arbeitgeberwechseln konnte eine Quittungskarte<br />

weiter benutzt werden. Sie bestätigte gleichzeitig die Fortsetzung o<strong>der</strong> Erneuerung <strong>der</strong> Versicherung.<br />

Der versicherte Arbeiter konnte eine Aufstellung <strong>der</strong> entrichteten Beiträge in Form<br />

eines Sammelbuches bekommen.<br />

Quittungskarte<br />

– Braunschweig<br />

25


Lohnsteuerkarte – Das Hauptmerkmal <strong>der</strong> Entlohnung <strong>der</strong> polnischen Zwangsarbeiter<br />

war, dass ihre Löhne im Vergleich zu den Deutschen trotz gleicher schwerer Arbeit nur 70-80%<br />

betrugen (in <strong>der</strong> Landwirtschaft nur 60-65%). Diese Finanz- und Sozialpolitik basierte auf einer<br />

Verordnung des Reichsfinanzministers vom 10. Februar 1940 und wurde von dort an wie folgt<br />

praktiziert. Der Arbeitgeber war verpflichtet, den Polen die Lohnsteuer nach dem zweit höchsten<br />

Steuersatz, <strong>der</strong> normalerweise nur für Alleinstehende und kin<strong>der</strong>lose Ehepaare galt, zu berechnen.<br />

Außerdem erhielten die Polen ihre Löhne ohne alle Sozial- o<strong>der</strong> Familienzuschüsse.<br />

Am 5. August 1940 wurde eine spezielle finanzielle Belastung für Polen aus den einverleibten<br />

Gebieten und dem Reich eingeführt. So mussten sie einen Tribut leisten - die so genannte Sozialausgleichsabgabe<br />

o<strong>der</strong> Polenabgabe. Die Polen waren gezwungen 15% ihres Bruttolohns abzuführen.<br />

Ausgeschlossen davon waren die in <strong>der</strong> Landwirtschaft Beschäftigten, weil die Löhne<br />

in diesem Sektor ohnehin drastisch niedrig waren (allerdings galt in diesem Bereich ein an<strong>der</strong>er<br />

diskriminieren<strong>der</strong> Lohntarif für Polen).<br />

Lohnsteuerkarte – Nienburg-<br />

Weser<br />

26


Lebensmittelkarten – wurden von den Deutschen bereits am Anfang des Krieges eingeführt.<br />

Mit <strong>der</strong> Zeit waren sie für den Erhalt <strong>der</strong> meisten Grundlebensmittel nötig geworden.<br />

So gab es Lebensmittelkarten für Brot – die Reichsbrotkarte, für Marmelade (aus Möhren und<br />

Rüben) – die Lebensmittelkarte für Zucker und Brotaufstrich, für Zigaretten – die Raucherkarte,<br />

für Seife – die Seifenkarte, für Webstoffe und Textilwaren (Kleidung) – die Spinnstoffkarte<br />

usw. Lebensmittelkarten wurden von den Verpflegungsabteilungen <strong>der</strong> Gemeinden und Magistrate<br />

ausgestellt. Die Lebensmittelkarten für Personen in den einverleibten Gebieten und<br />

im „alten“ Reich wurden mit Information über den Sitz des entsprechenden Landesversicherungsamt<br />

(LVA) versehen. Seit 1942 durften Lebensmittelkarten in den einverleibten Gebieten<br />

nur noch gegen Vorlage einer Bescheinigung, die die Beschäftigung bestätigte, ausgegeben<br />

werden. Diese Bescheinigungen wurden dann zu den Arbeitsämtern zurückgeschickt, damit<br />

die entsprechenden Informationen in <strong>der</strong> Dokumentation <strong>der</strong> betreffenden Person vermerkt<br />

werden konnten.<br />

Reichsbrotkarte – Lebensmittelkarte<br />

für Brot (und Mehl)<br />

für Selbstversorger, Danzig<br />

(Gdańsk)<br />

Lebensmittelkarte fűr Zucker<br />

und Brotaufstrich – Lebensmittelkarte<br />

für Zucker und<br />

Marmelade (aus Möhren und<br />

Rüben), Danzig (Gdańsk)<br />

Die Menge, Größe und Art <strong>der</strong> zugestandenen Lebensmittel waren unterschiedlich. Die Zuteilungsmenge<br />

hing von <strong>der</strong> Nationalität ab – die größten Zuteilungen bekamen Deutsche<br />

und Volksdeutsche (im GG waren sie zwei- bis dreimal größer als die für Polen); von <strong>der</strong> Art<br />

<strong>der</strong> Arbeit, die die Person verrichtete – höhere Zuteilungen bekamen z.B. Arbeiter <strong>der</strong> Rüstungsindustrie.<br />

In den ins Reich annektierten Gebieten, im Bezirk Ciechanów (Ziechenau) und<br />

in Oberschlesien bekamen Beschäftigte größere Zuteilungen als Arbeitslose. Die Größe hing<br />

auch vom Alter ab, so wurden beson<strong>der</strong>s Kin<strong>der</strong> unter 14 Jahren benachteiligt, obwohl sie die<br />

gleiche Arbeit wie Erwachsene leisteten. Weiterhin war auch das Geschlecht entscheidend –<br />

Spinnstoffkarten wurden deshalb eingeteilt in: Karten für Frauen, Männer, Knaben, Mädchen<br />

und Kin<strong>der</strong> im Alter unter einem Jahr. Es gab auch territoriale Unterschiede, nicht nur zwischen<br />

Provinzen o<strong>der</strong> Gauen, son<strong>der</strong>n auch innerhalb eines Verwaltungsgebiets. Im GG z.B. waren<br />

die Zuteilungen <strong>der</strong> Lebensmittel in Warschau ein bisschen höher als in an<strong>der</strong>en Städten. Im<br />

Jahre 1940 wurde die Größe <strong>der</strong> Verpflegung durch die Einführung von einheitlichen Kalorienmengen<br />

angeglichen. Unterschiede in Größe und Art <strong>der</strong> Zuteilungen gab es aber immer noch,<br />

sie hingen z.B. von den örtlichen Vorräten und Jahreszeiten ab.<br />

27


Seifenkarte – Kattowitz<br />

(Katowice)<br />

Raucherkarte – Bezugskarte<br />

für Zigaretten, Münster<br />

Spinnstoffkarte fűr Polen<br />

(Frauenkarte) – Bezugskarte<br />

für Webstoffe und Textilwaren<br />

(Kleidung) für Polen, Version<br />

für Frauen, Kattowitz<br />

(Katowice)<br />

Die Lebensmittelzuteilungen im GG betrafen nur Beschäftigte und <strong>der</strong>en Familien in den<br />

Städten (bzw. Personen, die als arbeitsunfähig klassifiziert wurden). Allerdings war das Brot<br />

schlecht, weil es im Jahre 1940 verboten wurde, Weizenmehl zum Backen zu benutzen, das<br />

Fleisch hatte ebenfalls eine schlechte Qualität, es wurde sogar Pferdefleisch verteilt. Die Dorfbevölkerung<br />

war von den Lebensmittelzuteilungen nicht betroffen, son<strong>der</strong>n musste sich selbst<br />

mit Nahrung versorgen. Die Zuteilung <strong>der</strong> Kleidung verlief mit Hilfe <strong>der</strong> Bezugsscheine, die<br />

von Kreis- und Stadtverwaltungen ausgegeben wurden. Seifenzuteilungen waren sehr klein.<br />

Die Lebensmittelrationen wurden beson<strong>der</strong>s im GG mit <strong>der</strong> Zeit immer kleiner. So bemerkten<br />

Funktionäre <strong>der</strong> Besatzungsmacht im Jahre 1943, dass Beschäftigte im GG viel schlechter als<br />

ausländische Arbeiter im Reich, aber auch als polnische und sowjetische Kriegsgefangene arbeiteten,<br />

weil sie viel schlechter versorgt waren. Es wurde noch im selben Jahr versucht, ihre<br />

Situation ein wenig zu verbessern. Weil es an Allem fehlte und die gesamte Versorgung reglementiert<br />

war, blühte <strong>der</strong> Schwarzmarkt, wo praktisch alles erhältlich war: nie<strong>der</strong>ländische<br />

Möbel, französisches Parfüm (von den aus Frankreich zurückkehrenden deutschen Soldaten)<br />

und an<strong>der</strong>e Luxuswaren. Das Ausmaß des illegalen Handels lässt sich nur erahnen. Es muss<br />

aber unwahrscheinlich groß gewesen sein, denn es ist dokumentiert, dass selbst die deutschen<br />

Truppen ihre Proviantmängel durch Einkäufe auf dem Schwarzmarkt ausglichen. Auch<br />

die habsüchtige deutsche Verwaltung war bestechlich und machte riesigen Profit mit illegalem<br />

Güterverkehr.<br />

28


Spinnstoffkarte fűr Polen<br />

(Knabenkarte) – nBezugskarte<br />

für Webstoffe und Textilwaren<br />

(Kleidung) für Polen, Version<br />

für Knaben,<br />

Bresslau (Wrocław)<br />

Fahhradschein, Fűhrerschein – Das Benutzen von Transportmitteln, beson<strong>der</strong>s auch<br />

von öffentlichen Verkehrsmitteln, wurde <strong>während</strong> des Krieges sehr erschwert, vor allem durch<br />

die deutschen Rassengesetze. So wurde auf dem Gebiet des Reiches das Fahrrad als Fortbewegungsmittel<br />

für polnische Staatsbürger unzugänglich gemacht. Die Polizei in Stettin verbot<br />

das Benutzen von Fahrrä<strong>der</strong>n endgültig. Im Wartheland war das Benutzen von Fahrrä<strong>der</strong>n<br />

nur möglich, wenn man eine Erlaubnis <strong>der</strong> Polizei hatte, die allerdings bei einem Arbeitsweg<br />

von unter zwei Kilometern nicht erteilt wurde. Die Fahrrä<strong>der</strong> <strong>der</strong> Polen mussten gelegentlich<br />

auch bestimmte Markierungen haben - in Lissa (Leszno) zum Beispiel musste <strong>der</strong> Rahmen und<br />

das hintere Schutzblech weiß bestrichen werden. Solche Einschränkungen wurden in den einverleibten<br />

Gebieten - in Schlesien und Pommern - nicht angewandt. Allerdings wurde das Benutzen<br />

von Fahrrä<strong>der</strong>n indirekt eingeschränkt, so bekamen die polnischen Bürger nur wenig<br />

Bereifung zugeteilt. Im letzten Kriegsjahr konnte man ein Rad nur bekommen, wenn <strong>der</strong> Weg<br />

zur Arbeit fünf bis zehn Kilometer betrug. Die Anstellung in einem Fuhrbetrieb o<strong>der</strong> in einem<br />

Unternehmen mit einem Bestand an Transportmitteln erfor<strong>der</strong>te einen Führerschein. Der Unternehmer<br />

konnte seine Arbeiter auf einen Berufskurs schicken. Ein solcher Kurs wurde von<br />

Ämtern bzw. dazu berechtigten Unternehmen organisiert. Berufsschulungen jedoch mussten<br />

von den Arbeitern zwangsweise besucht werden. An solchen Schulungen sollte teilgenommen<br />

werden, wenn ein Angestellter zusätzliche Qualifikationen benötigte, um in einer höheren Position<br />

zu arbeiten, so konnte z.B. <strong>der</strong> Helfer eines Fahrers selbst zum Fahrer werden.<br />

Fahhradschein – Vogelfeld,<br />

Kreis Kalisch, Wartheland<br />

29


Fűhrerschein – Kreis Arnswalde<br />

(Choszczno)<br />

Briefwechsel – Während <strong>der</strong> ganzen Zeit des Krieges unterlag die Korrespondenz <strong>der</strong><br />

Zwangsarbeiter, die nach Deutschland deportiert wurden, einer strengen Kontrolle. Bis 1940<br />

wurde diese stichprobenartige Kontrolle durch die Gestapo durchgeführt. 1941 entstand in<br />

jedem Administrationsbezirk eine Auslandsbriefprüfstelle, die mit <strong>der</strong> Polizei zusammenarbeitete.<br />

Es wurde beson<strong>der</strong>s auf Informationen über das Militär, Schutzobjekte und die Atmosphäre<br />

im Reich geachtet. Es war auch verboten, über die Bedingungen <strong>der</strong> Zwangsarbeit zu<br />

berichten. In <strong>der</strong> Praxis befolgten die Arbeiter aber beson<strong>der</strong>s die im letzten Punkt genannte<br />

Regel nicht. Als in Polen dadurch bekannt wurde, wie die „Arbeit“ im Deutschen Reich wirklich<br />

aussieht, meldeten sich kaum noch Polen freiwillig zur Arbeit im Reich. Der Ton in vielen Briefen<br />

war ziemlich frei und es fehlte nicht an bissigen Bemerkungen über die deutschen Arbeitgeber.<br />

Größer war die Korrespondenzfreiheit bei denen, die außerhalb <strong>der</strong> Sammellager o<strong>der</strong><br />

in <strong>der</strong> Nähe <strong>der</strong> Fabriken untergebracht waren. Dort war häufig nur das Verschicken von einem<br />

Brief pro Monat erlaubt. Manchmal wurden auch zweiteilige Postkarten an die Zwangsarbeiter<br />

verteilt. Diese „Formulare“ waren auch gleichzeitig für die Antwortschreiben bestimmt, d.h.<br />

die gleiche Postkarte kam mit einer kurzen Antwort im dafür vorbereiteten Feld zurück. Diese<br />

Praxis erinnerte stark an den Briefwechsel in Gefangenen- o<strong>der</strong> Konzentrationslagern. Auf<br />

solche Postkarten konnte man nur eine eingeschränkte Anzahl von Wörtern schreiben. Den<br />

Polen wurde es auch verboten, Ansichtskarten zu verschicken, wobei sie auch dieses Gesetz<br />

oft nicht respektierten. Eine zusätzliche Verschärfung <strong>der</strong> Regelungen war das Zerstören von<br />

Briefen und Postkarten, wenn sie undeutlich o<strong>der</strong> unleserlich waren. Dadurch kam ein Teil <strong>der</strong><br />

Sendungen nie bei den Adressaten an. Für viele Deportierte, die nur die Grundschule besucht<br />

hatten und im Alltag die Schrift nicht benutzten, d.h. für Personen die dem Schreiben noch<br />

nicht mächtig waren, bedeutete dies den Kontaktabbruch mit <strong>der</strong> Familie; ähnlich war dies<br />

bei Kin<strong>der</strong>n.<br />

Postkarte – einer Zwangsarbeiterin<br />

aus Calw, Schwarzwald<br />

an ihren Vater, <strong>der</strong> sich in Sochaczew<br />

aufhielt, GG (mit <strong>der</strong><br />

Zustimmung <strong>der</strong> Rücksendung<br />

an den Sen<strong>der</strong>)<br />

30


Rückseite einer Ansichtskarte –<br />

verschickt durch eine Zwangsarbeiterin<br />

aus Steinbach am<br />

Attersee zu ihren Nächsten in<br />

Lowitsch (Łowicz), GG<br />

Ein interessantes Dokument ist das abgebildete Telegramm. Aufgegeben wurde<br />

es aus dem Kreis Ostrowo an eine Zwangsarbeiterin, die auf dem Landgut Bonfeld im Kreis<br />

Heidenheim angestellt war. Das Telegramm informierte sie über den Tod ihres Vaters und<br />

den angesetzten Termin <strong>der</strong> Beerdigung (Donnerstag 8 Uhr nachmittags). Der Absen<strong>der</strong> war<br />

ihre Mutter. Unten befindet sich eine Aufschrift: Beglaubigt <strong>der</strong> Amtskommissar Görsch. Auf<br />

Grundlage <strong>der</strong> in Deutschland geltenden Gesetze für polnische Zwangsarbeiter, konnte eine<br />

Benachrichtigung per Telegramm über den Tod einer nahe stehenden Person <strong>der</strong> Grund für<br />

beson<strong>der</strong>en Urlaub sein. So ein Telegramm musste jedoch einen Vermerk <strong>der</strong> Polizei o<strong>der</strong><br />

Gestapo aus dem Wohnort des Absen<strong>der</strong>s haben. Dieser galt als Bestätigung des Todesfalls<br />

(Beglaubigung vom Amtskommissars Görsch). Dabei herrschte allerdings Willkür <strong>der</strong> Polizei<br />

o<strong>der</strong> Gestapo, denn diese richteten sich bei einer eventuellen Zustimmung nach <strong>der</strong> politischen<br />

Beurteilung des Verstorbenen bzw. nach <strong>der</strong> Beurteilung seiner Familie. Es wurde keine<br />

Bestätigung ausgestellt, wenn <strong>der</strong> Tod Ergebnis <strong>der</strong> deutschen Repression o<strong>der</strong> des Handeln<br />

<strong>der</strong> Wehrmacht bzw. SS war. Sogar im Falle einer positiven Beurteilung <strong>der</strong> Polizei konnte das<br />

Arbeitsamt den Urlaub ablehnen. Urlaub dieser Art wurde nur selten erteilt.<br />

Telegramm – das eine in<br />

Bonfeld im Kreis Heidenheim<br />

angestellte Zwangsarbeiterin<br />

über den Tod ihres Vaters und<br />

den Termin <strong>der</strong> Beerdigung<br />

informiert<br />

31


Bescheinigung – über die Registrierung<br />

und den Aufenthalt<br />

im Lager Mackensen für DPs,<br />

Karlsruhe<br />

Die Nachkriegsdokumente <strong>der</strong> alliierten Mächte – das Ende des Krieges war verbunden<br />

mit <strong>der</strong> Ausstellung von <strong>Dokumente</strong>n, <strong>der</strong>en Aussteller die in Deutschland Aufsicht<br />

führenden alliierten Mächte waren. Dies waren vor allem Anmeldebestätigungen, Passierscheine,<br />

vorläufige Identifikationsdokumente, Ausweise usw. Hilfe für Millionen von Menschen,<br />

die sich bei Ende des Krieges auf Gebieten Deutschlands befanden, kam von internationalen<br />

Organisationen, sowie den Militärs <strong>der</strong> Alliierten. Die Hilfe für die alliierten Län<strong>der</strong>, die<br />

am meisten durch den Krieg betroffen waren, wurde teilweise durch das am 9.November 1943<br />

berufene Programm United Nations Relief and Rehabilition Administration (UNRRA) geleistet,<br />

das bis 1947 arbeitete (ab 1945 im Rahmen <strong>der</strong> UNO). Die Tätigkeiten <strong>der</strong> UNRRA beinhalteten<br />

unter an<strong>der</strong>em Versorgung mit Nahrung und an<strong>der</strong>e materielle Hilfe, die Wie<strong>der</strong>gabe <strong>der</strong> gesellschaftlichen<br />

und wirtschaftlichen Strukturen o<strong>der</strong> die Organisation von speziellen Lagern<br />

für so genannte Displaced Persons (DP). DPs waren Personen, die sich infolge <strong>der</strong> Kriegshandlungen<br />

außerhalb ihrer Heimat befanden, aber dorthin zurückkehren bzw. sich neu ansiedeln<br />

wollten, dies jedoch ohne fremde Hilfe nicht tun konnten. Die Nachkriegsdokumente <strong>der</strong> Alliierten<br />

enthalten häufig Vermerke des Staatlichen Repatriierungsamts (PUR) bzw. <strong>der</strong> Institutionen<br />

<strong>der</strong> sozialen Fürsorge.<br />

Zeitweilige Registrierungskarte<br />

– einer Person durch die<br />

alliierten Besatzungsmächte<br />

Passierschein für zwangsverschickte<br />

Personen – eines<br />

Lager für DPs, Heilbronn<br />

32


Registrierungskarte – für die<br />

DPs<br />

Passierschein des Staatlichen<br />

Repatriierungsamts (PUR) –<br />

(Vorlage Nr. 1)<br />

<strong>Dokumente</strong> des Staatlichen Repatriierungsamts (PUR) – Die Aufgabe dieses Amtes<br />

war es, nach dem Krieg, die Repatriierungen <strong>der</strong> polnischen Bevölkerung in die Heimat zu<br />

organisieren (nicht nur aus deutschen Territorien). Weiter war es auch für die Umsiedlungen<br />

<strong>der</strong> „Fremdbevölkerung“ aus Polen verantwortlich, z.B. nach Deutschland o<strong>der</strong> in die Sowjetunion.<br />

Dieses Amt musste den Repatriierten und Umgesiedelten also den Transport, Verpflegung,<br />

eine Unterkunft, medizinische Fürsorge, sowie sanitäre Einrichtungen bis zur Ankunft<br />

absichern. Das PUR wurde auf Grund des Dekrets vom 7. Oktober 1944 berufen und war dem<br />

Vorsitz des Polski Komitet Wyzwolenia Narodowego (PKWN, zu deutsch: Polnisches Komitee<br />

<strong>der</strong> Nationalen Befreiung) untergeordnet. Ab dem 7. Mai 1945 jedoch, war es dem Ministerium<br />

für öffentliche Verwaltung untergeordnet. Am 13. Dezember 1945 wurde das PUR dem<br />

Ministerium <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>gewonnenen Gebiete eingeglie<strong>der</strong>t. Nachdem dieses Ministerium wie<strong>der</strong>um<br />

im Januar 1949 aufgelöst wurde, war das PUR von April 1949 bis Ende März 1951 dem<br />

Premierminister unterstellt. Das PUR stellte viele <strong>Dokumente</strong> aus, dies half gleichzeitig bei<br />

<strong>der</strong> Erfassung <strong>der</strong> rückkehren Bevölkerung. Am häufigsten waren dies Passierscheine und Bescheinigungen,<br />

die zur kostenlosen Durchreise bis zum Zielort berechtigten. Diese <strong>Dokumente</strong><br />

waren später auch die Grundlage für die Ausstellung eines Personalausweises. Die Anmeldung<br />

33


Passierschein des Staatlichen<br />

Repatriierungsamts (PUR) –<br />

(Vorlage Nr. 2)<br />

Bescheinigung des Staatlichen<br />

Repatriierungsamts (PUR) – ermöglichte<br />

einem Repatriierten<br />

eine ermäßigte Fahrt<br />

34<br />

erfolgte an Stellen, die verteilt an den Län<strong>der</strong>grenzen waren (Repatriierungspunkte), obwohl<br />

die Verwaltung des PURs auch auf dem Territorium des Kreises funktionierte. Der Übergang<br />

durch die Repatriierungspunkte wurde durch Vermerke und mit einem Stempel auf den <strong>Dokumente</strong>n<br />

<strong>der</strong> angemeldeten Personen durch das PUR bestätigt. Diese Bescheinigungen wurden<br />

auch durch die alliierten Mächte ausgestellt. In Polen beschäftigte sich <strong>der</strong> Generalbevollmächtigte<br />

<strong>der</strong> Regierung für Repatriirung mit <strong>der</strong> Organisation <strong>der</strong> Heimkehr. Ab dem Zeitpunkt<br />

seiner Ernennung wurden die Aufgaben des PURs eingeschränkt und so war es nur noch für<br />

die Organisation <strong>der</strong> Transporte im polnischen Territorium verantwortlich.


Fotografien – im Falle <strong>der</strong> Zwangsarbeiter kann in die institutionelle und in die nicht institutionelle<br />

Fotodokumente eingeteilt werden. Institutionelle Fotografien sind hauptsächlich<br />

durch die deutschen Arbeitsämter und polizeilichen Organe gemacht worden. Es handelt<br />

sich um Porträts, also Identifikationsfotos (ihre Eigenschaften wurden im Punkt Arbeitsbuch<br />

bereits angesprochen), Personalausweise und <strong>Dokumente</strong> über die Beschäftigung. Nicht institutionelle<br />

<strong>Dokumente</strong> sind meist Fotografien „<strong>der</strong> Opfer“, also Fotos, die den Alltag <strong>der</strong><br />

Zwangsarbeiter dokumentieren. Sie wurden häufig von den Arbeitgebern o<strong>der</strong> Aufsehern gemacht.<br />

Von „den Opfern“ selbst gemachte Fotos, kommen eher selten vor, denn die in das<br />

Reich Deportierten durften keine Fotoapparate besitzen.<br />

Zwangsarbeiter, Beschäftigte<br />

<strong>der</strong> Stahlwerke, Linz,<br />

Februar 1944 – April 1945<br />

Arbeit zugunsten <strong>der</strong> Deutschen<br />

Reichsbahn, Gegend um<br />

Tarnopol<br />

35


Zwangsarbeit in <strong>der</strong> Landwirtschaft,<br />

Hildesheim<br />

Zwangsarbeit in einer Baufirma,<br />

Feldkirch<br />

36


III. Jeńcy wojenni<br />

Personalkarte – Die Personalkarte eines Kriegsgefangenen bestätigte seine Registrierung<br />

im Strafgefangenenlager (Stalag). Sie enthielt außer den Personalien und <strong>der</strong> Lagernummer<br />

(die bei <strong>der</strong> Aufnahme in ein an<strong>der</strong>es Lager geän<strong>der</strong>t wurde) Informationen über das Datum<br />

und den Ort <strong>der</strong> Gefangennahme, die militärische Zuteilung, den Beruf, Informationen über<br />

den Gesundheitszustand und die Adressen <strong>der</strong> Familienmitglie<strong>der</strong>. Weitere Bezeichnungen<br />

des Stalags, sowie die Lagernummern, wurden in <strong>der</strong> rechten oberen Ecke <strong>der</strong> Karte eingetragen.<br />

Die Personalkarte wurde immer nach dem gleichen Schema angefertigt und „folgte“ dem<br />

Gefangenen, wenn er in ein an<strong>der</strong>es Stalag o<strong>der</strong> Offizierslager (Oflag) kam. Aufbewahrt wurde<br />

sie in einer Kartei. Der Gefangene konnte die Personalkarte erst nach <strong>der</strong> Befreiung <strong>der</strong> Lager<br />

durch die Alliierten o<strong>der</strong> nach <strong>der</strong> Flucht des deutschen Personals erhalten.<br />

Es ist eine Personalkarte eines Jugendlichen abgebildet. Einem Soldat <strong>der</strong> Heimatarmee, <strong>der</strong><br />

auch Teilnehmer des Warschauer Aufstands war, <strong>der</strong> zuerst in das Gefangenenlager in Lamsdorf<br />

(Łambinowice) kam (Stammlager 318, 344) und danach in das Stalag IVB (Mühlberg-Elbe).<br />

Auf <strong>der</strong> Rückseite <strong>der</strong> Karte befinden sich Anmerkungen über die Überweisung des Gefangenen<br />

zur Arbeit im Rahmen des Arbeitskommandos (K.D Chemnitz) und über den Namen seines<br />

Arbeitsplatzes. Das internationale Recht genehmigte es die gefangenen Soldaten zur Arbeit<br />

zu schicken, jedoch unter <strong>der</strong> Bedingung, dass die Arbeit nicht über ihre Kräfte ging und nicht<br />

mit <strong>der</strong> Kriegsführung verbunden war. Die Gefangenen konnten also nicht in <strong>der</strong> Rüstungsindustrie,<br />

auf Truppenübungsplätzen o<strong>der</strong> beim Transport <strong>der</strong> Munition arbeiten. In Wirklichkeit<br />

wurden diese Regeln jedoch oft gebrochen. So wurden im Falle <strong>der</strong> Warschauer Aufständischen<br />

in Chemnitz in <strong>der</strong> Munitionsfabrik V1 Soldatinnen <strong>der</strong> Heimatarmee angestellt, außerdem<br />

arbeiteten jugendliche Gefangene in Goslar in einer Glasfabrik, wo gläserne Mäntel für die<br />

Rumpfnase von Flugzeugen gefertigt wurden.<br />

Personalkarte – eines Häftlings<br />

des Gefangenenlager Stammlager<br />

318, 344 in Lamsdorf um<br />

des Stalags IVB (Mühlberg-<br />

Elbe)<br />

37


Verpflichtungsschein – war ein Dokument, das für Schützen und Unteroffiziere ausgestellt<br />

wurde. Sie wurden aus den Stalags entlassen, um in die Zwangsarbeit zu geschickt zu<br />

werden. Formal wurde diese Aktion durch ein Dekret Hitlers im Mai 1940 initiiert und dauerte<br />

bis Ende dieses Jahres. Je<strong>der</strong> Entlassene musste die Verpflichtung unterschreiben, dass er<br />

nach dem Verlassen des Stalags im Reich bleibt und sich dem Arbeitsamt zur Verfügung stellt.<br />

Diese theoretisch freie Erklärung wurde praktisch jedoch zum Zwang. Mit dem Versprechen<br />

höherer Löhne, <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> Verpflegung, <strong>der</strong> Möglichkeit des Urlaubs und des Besuchs<br />

bei Verwandten und Freunden versuchte man den Gefangenen zum Unterschreiben des<br />

Verpflichtungsscheins zu überreden. Wenn <strong>der</strong> „Noch-Häftling“ nicht einwilligte, kam es zu<br />

Schikanen und es wurde sogar geprügelt. Mit dem Einverständnis mit den von den Deutschen<br />

vorgeschlagenen Bedingungen, verlor <strong>der</strong> Gefangene zum einen die Kriegsgefangenenrechte<br />

und zum an<strong>der</strong>en auch die Fürsorge des Roten Kreuzes, außerdem das Privileg, Pakete zu erhalten.<br />

Oft lehnten die Soldaten die Bestimmungen des Verpflichtungsscheins aber auch aus<br />

patriotischen Beweggründen ab. Das Handeln <strong>der</strong> deutschen Verwaltung stand in Wi<strong>der</strong>spruch<br />

mit <strong>der</strong> Genfer Konvention aus dem Jahr 1929, die von <strong>der</strong> Reichsregierung im Jahr 1934 ratifiziert<br />

wurde. Die Bereitstellung einer so großen Anzahl von Personen zur freien Verfügung <strong>der</strong><br />

Arbeitsämter, war eine große Unterstützung <strong>der</strong> Reichswirtschaft, denn <strong>der</strong> fehlte es langsam<br />

an Arbeitskräften. Die Erfassung in den Arbeitsämtern machte auch die polizeiliche und administrative<br />

Kontrolle über die Entlassenen leichter und entlastete außerdem die Wehrmacht,<br />

unter <strong>der</strong>en Verwaltung sich damals die Kriegsgefangenenlager befanden.<br />

Verpflichtungsschein – Dokument<br />

<strong>der</strong> Entlassung aus <strong>der</strong><br />

Kriegsgefangenschaft, unter<br />

<strong>der</strong> Bedingung des Übergangs<br />

zum Status eines Zivilarbeiters,<br />

Stalag IIIA Luckenwalde<br />

38<br />

Briefwechsel – Es gibt zwei Arten von Briefen <strong>der</strong> Kriegsgefangenen. Zum einen Briefe mit<br />

amtlichen und zum an<strong>der</strong>en mit einem amtlich-privaten Charakter. Eine Todesanzeige ist ein gutes<br />

Beispiel amtlicher Briefsendungen. Dieses Dokument, das an das Standesamt in Wołownia<br />

im Kreis Suwałki gerichtet war (damals zu Ostpreußen eingeglie<strong>der</strong>t), informiert über den Tod<br />

eines im Militärkrankenhaus in Lötzen verstorbenen Kriegsgefangenen. Die Todesanzeige betrifft<br />

einen Soldaten, <strong>der</strong> im September 1939 <strong>während</strong> des Einmarsches <strong>der</strong> Deutschen in Polen<br />

gekämpft hat (in Gefangenenlagern und –krankenhäuser kamen 10000 Veteranen ums Leben,


die <strong>während</strong> <strong>der</strong> Verteidigungskämpfe beim Überfall auf Polen verletzt wurden). Außer den<br />

Personendaten und <strong>der</strong> Todesursache, gibt das Dokument auch Aufschluss über die Verwandten<br />

des Verstorbenen, sowie darüber, welchem Truppenteil er angehörte.<br />

Todesanzeige – eines Kriegsgefangenen,<br />

<strong>der</strong> im Notmilitärlazarett<br />

in Lötzen (Giżycko)<br />

behandelt wurde, gerichtet an<br />

des Standesamt in Wołownia,<br />

Kreis Suwałki (damals eingeglie<strong>der</strong>t<br />

zu Ostpreußen)<br />

Private Briefe <strong>der</strong> Gefangenen sind viel mehr eine Mischform amtlicher und privater Bestandteile.<br />

Ihr offizieller Teil besteht in <strong>der</strong> Formalisierung des Schriftstücks, sowie in <strong>der</strong> Beschränkung,<br />

die die Korrespondenzprinzipien vorschreiben. Nach <strong>der</strong> ersten Anmeldung im Stalag<br />

wurde den Kriegsgefangenen eine spezielle Karte verteilt. Auf dieser waren auf Polnisch und<br />

auf Deutsch Information für die Verwandten des Gefangenen abgedruckt. Es stand darauf geschrieben,<br />

dass ihr Angehöriger in Gefangenschaft geraten ist. Weiterhin wurde noch über<br />

seinen Gesundheitszustand berichtet. Außer des Namens, des Vornamens und dem Truppenteil,<br />

dem <strong>der</strong> Gefangene einst angehörte, wurde nichts weiter auf dieses Stück Papier eingetragen.<br />

Das war <strong>der</strong> erste Brief des Soldaten aus dem Lager, oft war das gar <strong>der</strong> erste Kontakt,<br />

seitdem er in Gefangenschaft geraten war, weil in Durchgangslagern die Möglichkeit, Briefe<br />

zu senden, nicht bestand. Danach durfte er einmal in <strong>der</strong> Woche eine spezielle Karte bzw. einen<br />

zusammengeklappten Briefvordruck mit sieben o<strong>der</strong> 25 Linien für den Inhalt bekommen.<br />

1940 wurde das Briefformular zum zweiteiligen Druck vereinheitlicht. Es hatte 21 Linien, auf<br />

denen <strong>der</strong> Empfänger auch gleichzeitig die Antwort schreiben konnte. Ein solches Formular<br />

39


einhaltete auch Anweisungen über die Art und Weise des Antwortgebens und wurde ohne<br />

Umschlag verschickt. Die Briefformulare wurden aus Kreidepapier hergestellt, was die Erkennung<br />

von eventuellen Eintragungen mit Geheimtinte erleichtern sollte. Der Briefinhalt stellte<br />

den individuellen Bestandteil dar, <strong>der</strong> allerdings aufgrund vieler Regeln und Einschränkungen<br />

stark verkürzt war. Im Gegenteil zu Briefen aus Konzentrationslagern wurden Schreiben aus<br />

den Gefangenenlagern in <strong>der</strong> Muttersprache verfasst. Jedoch unterlagen auch diese Briefe <strong>der</strong><br />

Zensur, die von Deutschen, Volksdeutschen o<strong>der</strong> manchmal auch Ukrainern durchgeführt wurde.<br />

Briefe mit Informationen über die Lagersituation, die Ausstattung o<strong>der</strong> militärische Angelegenheiten<br />

wurden konfisziert und vernichtet. Die Kriegsgefangenen konnten aber auch für die<br />

Weitergabe solcher Informationen zur Verantwortung gezogen werden. Zensierte Briefe wurden<br />

mit dem Stempel „Geprüft“ gekennzeichnet. Der runde Stempel <strong>der</strong> Lagerkommandantur<br />

zeugte von zusätzlichen Stichprobekontrollen, die <strong>der</strong> Untersuchung <strong>der</strong> Stimmungen im<br />

Lager, aber auch <strong>der</strong> Kontrolle <strong>der</strong> Zensoren diente. Sendungen von Außen gingen auch durch<br />

die Prüfung. Briefe aus Oflags und Stlags waren durch die Aufschrift „Kriegsgefangenenpost“<br />

von <strong>der</strong> Gebühr befreit. Wenn die Gefangenen außerhalb des Lagers in einem Arbeitskommando<br />

arbeiteten, nahmen ihre Briefe den Weg über das Stammlager.<br />

Antwort-Postkarte – eines<br />

Oflag-Gefangenen (<strong>der</strong><br />

abgebildete Teil ist vom Briefformular<br />

– dem Schreiben<br />

des Gefangenen – abgetrennt<br />

worden und diente als Antwortformular)<br />

Briefkarte – eines Kriegsgefangenen,<br />

Stalag XI/B<br />

Fallingbostel<br />

40<br />

<strong>Dokumente</strong> <strong>der</strong> Alliierten aus <strong>der</strong> Nachkriegszeit – im Fall <strong>der</strong> Kriegsgefangenen<br />

entsprachen diese teilweise den <strong>Dokumente</strong>n, die den Zwangsarbeitern ausgegeben wurden.<br />

Mit <strong>der</strong> Organisation des Aufenthaltes <strong>der</strong> ehemaligen Soldaten in Deutschland beschäftigten<br />

sich die Verwaltungsstellen <strong>der</strong> (alliierten) Militärs. Soldaten wurden in beson<strong>der</strong>en Militärlagern<br />

einquartiert. Als typisches Dokument eines ehemaligen Stalag-Gefangenen galt <strong>der</strong> „Ausweis<br />

eines ehemaligen Kriegsgefangenen“. Er funktionierte auch als Passierschein.


Ausweis – eines ehemaligen<br />

Kriegsgefangenen aus dem<br />

Stalag IXA Ziegenheim<br />

Passierschein – aus dem Polnischen<br />

Militärlager, Hannover-<br />

Stöcken<br />

<strong>Dokumente</strong> des staatlichen Repatriierungsamts (PUR) – Die <strong>Dokumente</strong> die das<br />

PUR den ehemaligen Gefangenen ausstellte, ähnelten stark denen, die auch den heimkommenden<br />

Zwangsarbeitern und an<strong>der</strong>en Repatriierten ausgestellt wurden. Für Personen mit<br />

militärischer Vergangenheit gab es <strong>während</strong> <strong>der</strong> Registrierung durch das PUR spezielle Verhöre<br />

durch Beamte des polnischen Amts für Staatssicherheit. Dies betraf beson<strong>der</strong>s die Soldaten<br />

<strong>der</strong> polnischen Armee, die im Westen zusammen mit den Alliierten gekämpft haben, Angehörige<br />

<strong>der</strong> Heimatarmee aus dem Untergrund und jene, die in <strong>der</strong> Vorkriegszeit im Geheimdienst<br />

tätig waren. An <strong>der</strong> Vorbereitung und Durchführung <strong>der</strong> Repatriierungen ehemaliger Soldaten<br />

nach Polen waren auch die polnische Militärvertretungen beteiligt.<br />

41


IV. Häftlinge <strong>der</strong> Konzentrationslager<br />

Häftlings-Personal-Karte – sie wurde im Moment <strong>der</strong> Aufnahme ins Lager in <strong>der</strong> Aufnahme-<br />

und Entlassungsstelle ausgestellt und in <strong>der</strong> Lagerkartei aufbewahrt. Abgebildet ist<br />

eine Karte eines Häftlings des KZs Gross-Rosen. Sie enthielt Personendaten, Information über<br />

die Nationalität, die Häftlingsnummer (die in einem an<strong>der</strong>en Lager verän<strong>der</strong>t wurde) und den<br />

Winkel, also die Kategorie des Häftlings (hier: Sch vom Schutzhaftbefehl), die Familienadresse,<br />

eine Personenbeschreibung, einige Polizeidateien, eventuelle Daten über Aufenthalte in<br />

an<strong>der</strong>en KZs. Bei <strong>der</strong> Beispielkarte wurden viele Fel<strong>der</strong> nicht ausgefüllt, weil Daten fehlten. Die<br />

Häftlings-Personal-Karte hatte Standardmuster und sie war ein Dokument, das dem Häftling<br />

„hinterher wan<strong>der</strong>te”, wenn er in an<strong>der</strong>e Lager deportiert wurde. In den Besitz dieser Karte<br />

konnte <strong>der</strong> Gefangene nach dem Krieg nur durch Zufall gelangen, z.B. im Zeitpunkt <strong>der</strong> Befreiung<br />

des Lagers, weil damals Chaos herrschte.<br />

Häftlings-Personal-Karte - KZ<br />

Gross-Rosen<br />

42<br />

Entlassungsschein – Bestätigung <strong>der</strong> Entlassung eines Häftlings. Entlassungen aus dem<br />

Konzentrationslager gab es sehr selten. Sie konnten z.B. im Fall <strong>der</strong> Aufhebung eines Schutzhaftbefehls<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Vorbeugehaft durch Gestapo o<strong>der</strong> Kripo bedingt werden. Wenn sich eine<br />

<strong>der</strong> beiden Polizeistellen für eine Aufhebung entschied, wurde im Lager die Entlassungsprozedur<br />

durchgeführt. Über diesen Prozess wachte die Aufnahme- und Entlassungsstelle und<br />

sie fertigte die entsprechenden <strong>Dokumente</strong> an. Über den Termin <strong>der</strong> Entlassung wurden die<br />

entsprechenden Polizeistellen im Heimatort des Häftlings informiert, weil <strong>der</strong> Entlassene noch<br />

weiterhin beobachtet werden sollte. Der Entlassene musste sich (zunächst) bei einer bestimmten<br />

Gestapostelle melden. Im Beispielfall musste <strong>der</strong> aus dem KZ Mauthausen Entlassene in<br />

Stapoaußenstelle in Gnesen (Gniezno) erscheinen.


Entlassungsschein – KZ Mauthausen<br />

Oft kannte <strong>der</strong> Häftling die Gründe seiner Entlassung nicht. Manchmal war diese Resultat <strong>der</strong><br />

Bemühungen <strong>der</strong> Familie außerhalb des Lagers, entsprechende Gestapo- o<strong>der</strong> Kripofunktionäre<br />

zu erreichen und sie mittels Bestechung dazu zu „überreden“, den Schutzhaftbefehl o<strong>der</strong><br />

die Vorbeugehaft aufzuheben. Darum bemühten sich auch wichtige internationale Organisationen.<br />

Vor dem Verlassen des Lagers standen die Häftlinge unter Quarantäne, in <strong>der</strong> sie besser<br />

behandelt wurden. Sie mussten sich auch einer ärztlichen Untersuchung unterziehen, die die<br />

Entlassung verspäten konnte, wenn sie zu sehr geschwächt o<strong>der</strong> verletzt waren. Bei <strong>der</strong> Entlassung<br />

wurde den Häftlingen die Kleidung ausgegeben, die ihnen bei <strong>der</strong> Aufnahme ins Lager<br />

weggenommen wurde. Sie mussten sich auch schriftlich dazu verpflichten, dass sie das, was<br />

sie im Lager gesehen hatten, geheim halten. Daran erinnerte man die Freigelassenen auch immer<br />

wie<strong>der</strong> <strong>während</strong> <strong>der</strong> Besuche bei <strong>der</strong> Gestapo im Wohnort. Die Strenge <strong>der</strong> polizeilichen<br />

Aufsicht ließ nach <strong>der</strong> Aufnahme einer Arbeit, zu <strong>der</strong> die Entlassenen verpflichtet waren, nach.<br />

Die Entlassung war eine gewöhnliche Prozedur für die Erziehungshäftlinge, die nach 56-tägigen<br />

Strafe im KZ für die Verletzung <strong>der</strong> Arbeitsordnung aus dem Lager entlassen wurden.<br />

Danach kamen sie zu ihrem Arbeitsort zurück o<strong>der</strong> blieben dem Arbeitsamt zur Verfügung.<br />

Sterbuerkunde – Dieses Beispieldokument wurde vom Standesamt des KZs Auschwitz<br />

ausgestellt und bestätigt den Tod eines dort isolierten Häftlings. Weil man die wirkliche Rolle<br />

<strong>der</strong> KZs verheimlichen wollte, gab es innerhalb dieser Lager Verwaltungsorgane, die die Aufgaben<br />

und Kompetenzen <strong>der</strong> entsprechenden Institutionen außerhalb des Lagers übernahmen.<br />

In <strong>der</strong> Anfangsphase des Bestehens vom KZ Auschwitz beschäftigte sich das Standesamt<br />

in Bielsk mit den zivilen <strong>Dokumente</strong>n <strong>der</strong> Häftlinge. Es stellte u.a. Sterbeurkunden aus<br />

und benachrichtigte die Familien über den Tod eines Häftlings. Im Jahre 1943 entstand aber<br />

ein eigenes Standesamt auf dem Lagergebiet. Es wurde vom Unteroffizier SS mit dem Titel<br />

des Standesbeamten geleitet. Die am meisten ausgebaute Abteilung des Lagerstandesamtes<br />

war die Abteilung für Todesfälle. Diese Abteilung führte chronologisch das Todesbuch und<br />

die Kartei <strong>der</strong> verstorbenen Häftlinge, auf Grund <strong>der</strong>er <strong>Dokumente</strong> für die Familie, staatliche<br />

und kirchliche Verwaltung ausgestellt wurden. Seine Rolle bestand auch in <strong>der</strong> Ausstellung gefälschter<br />

<strong>Dokumente</strong> über den Tod <strong>der</strong> Häftlinge (am häufigsten wurde <strong>der</strong> natürliche Tod als<br />

Todesursache angegeben). Über direkt in die Gaskammer geschickten Personen wurde nicht<br />

Buch geführt.<br />

43


Sterbeurkunde – KZ Auschwitz<br />

(ausgestellt vom<br />

Lagersstandesamt)<br />

44<br />

Briefwechsel – ähnlich wie im Fall <strong>der</strong> Briefsendungen, die aus den Sammellagern und<br />

den Gefangenenlagern geschickt wurden, gab es in Konzentrationslagern zum einen Briefe<br />

mit amtlichen (v.a. Sterbeurkunden) und zum an<strong>der</strong>en Schreiben mit einem amtlich-privaten<br />

Charakter (Briefe von Häftlingen – vgl. auch Briefwechsel von Kriegsgefangenen). Der Briefwechsel<br />

wurde jedoch aufgrund <strong>der</strong> Lagervorschriften sehr stark formalisiert. In den Lagern<br />

gab es eigene Poststellen. Den Häftlingen wurde das Senden und Empfangen von Briefen o<strong>der</strong><br />

Postkarten einmal in zwei Wochen erlaubt. Eine Ausnahme gab es für die Gefangenen, die erneut<br />

inhaftiert waren, sie hatten lediglich das Recht zu nur einem Brief pro Monat. Einschränkungen<br />

betrafen auch Juden. Das Verbot, Briefe zu bekommen und vor allem zu senden betraf<br />

sowjetische Kriegsgefangene, Personen, die durch Vorgehen <strong>der</strong> SS o<strong>der</strong> Gestapo gegen den<br />

Wi<strong>der</strong>stand im Untergrund inhaftiert wurden und Personen, <strong>der</strong>en Familien in den von den<br />

Deutschen befreiten Gebieten wohnten. Ein solches Verbot konnte auch durch Behörde, die<br />

den Häftling in das KZ eingewiesen hatte o<strong>der</strong> durch die Lagerleitung als Regelstrafe verhängt<br />

werden. Die Adresse, an die die Postsendungen eines Häftlings gerichtet waren, wurde vom<br />

Gefangenen <strong>während</strong> <strong>der</strong> Aufnahme zu Protokoll gegeben und konnte nicht ohne Einverständnis<br />

des Lagerleiters verän<strong>der</strong>t werden. Um einen Brief zu senden, sollte sie ein Briefvordruck<br />

und eine Briefmarke in <strong>der</strong> Lagerkantine gekauft werden. Das Geld für den Kauf dieser<br />

Dinge konnte <strong>der</strong> Gefangene aus <strong>der</strong> Lagerdepotkammer abholen, vorausgesetzt, er hat im<br />

Moment <strong>der</strong> Aufnahme ins Lager dort Geld hinterlassen. Wenn die Häftlinge kein Geld besaßen,<br />

mussten sie ihr Brot gegen Geld an<strong>der</strong>er Häftlinge eintauschen, um „Briefpapier“ und<br />

Briefmarken zu erstehen. Manchmal kam es vor, dass ältere Häftlinge Briefvordrucke sowie


Telegramm – in dem die<br />

Ehefrau eines verstorbenen<br />

Häftlings über seinen Tod im<br />

KZ Auschwitz informiert wird<br />

Briefmarken für die Zugänge organisierten, damit diese ihren Familien so schnell wie möglich<br />

über ihr Schicksal Bescheid geben konnten. Die Briefe wurden nur in deutscher Sprache verfasst.<br />

Häftlinge, die dieser Sprache nicht mächtig waren, mussten sich auf einige einfachste<br />

Wendungen beschränken o<strong>der</strong> sie waren auf die Hilfe ihrer Kollegen angewiesen, die Deutsch<br />

schrieben. Die Blockältesten erinnerten die Häftlinge daran, dass sie am Briefende den Satz<br />

„Ich bin gesund und fühle mich gut.“ schreiben mussten. In den KZs wurden verschiedene<br />

Briefdrucke verwandt und bis 1943 hatte eigentlich jedes Lager eigene Muster. Eine Gemeinsamkeit<br />

aller Formulare war allerdings eine abgedruckte Information über Vorschriften des<br />

Briefeschreibens für den Häftling und auch <strong>der</strong> Aufdruck des Lagernamens. Briefvordrucke<br />

waren liniert. In je<strong>der</strong> Linie durfte nur eine beschränkte Zahl von Wörtern geschrieben werden.<br />

Wenn die Familie eine Antwort senden wollte, musste auch sie diese Vorschriften berücksichtigen.<br />

So durfte die Antwort auf einen Brief aus dem Lager im Jahr 1942 lediglich 15 Linien haben.<br />

Der Brief musste mit deutlicher Handschrift ebenfalls in Deutsch geschrieben werden. 1943<br />

wurde das Briefvordrucksystem vereinheitlicht und von allen KZs gleichermaßen angewandt.<br />

Es gab ab diesem Zeitpunkt ein zweiseitiges Formular. Auf <strong>der</strong> Außenseite dieser Klappkarte<br />

wurden Adressdaten des Empfängers und des Häftlings, sowie <strong>der</strong> Name des Lagers von<br />

Hand geschrieben. Die Innenseite war dem Briefinhalt vorbehalten. Auf dem Formular wurde<br />

<strong>der</strong> Lagername nicht vorgedruckt. Das neue Formular war auch nur halb so groß wie das früher<br />

gebräuchliche. Der Brief durfte nicht mit Bleistift geschrieben werden, son<strong>der</strong>n musste<br />

mit Tinte zu Papier gebracht werden. Wenn <strong>der</strong> Briefdruck leserlich ausgefüllt war und keine<br />

Durchstreichungen enthielt, lieferte ihn <strong>der</strong> Blockälteste in <strong>der</strong> Kanzlei ab, wo er in die Hände<br />

<strong>der</strong> Zensoren gelangte. Abhängig vom verwendeten Formular, schnitt <strong>der</strong> Zensor verdächtige<br />

Stellen aus o<strong>der</strong> kreiste diese mit einem Stift ein. Danach wurden diese Briefe mit dem Stempel<br />

Geprüft versehen. Durch das neue Formular wurden ab 1943 nur Markierungen gemacht, weil<br />

das Ausschneiden nicht mehr möglich war. Die Zahl <strong>der</strong> gesendeten und empfangenen Briefe<br />

wurde in <strong>der</strong> jeweiligen Blockkartei und in <strong>der</strong> Zensurkartei erfasst. Das Verfassen von Inhalt,<br />

<strong>der</strong> als verdächtig betrachtet wurde, konnte ein Ermittlungsverfahren und eine Strafe zur Folge<br />

haben. Mit dem Versand des Briefes beschäftigte sich die Lagerpost. Die ankommenden<br />

Briefe liefen den umgekehrten Weg und mussten auch die Lagerzensur passieren.<br />

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Brief eines Häftlings – des KZs<br />

Sachsenhausen an seine Verwandten,<br />

verfasst auf einem<br />

Briefformular nach <strong>der</strong> Vorlage<br />

von 1943<br />

Nachkriegsdokumente <strong>der</strong> alliierten Besatzungsmächte – Nachkriegsdokumente<br />

<strong>der</strong> alliierten Besatzungsmächte – vgl. mit <strong>Dokumente</strong>n <strong>der</strong> Alliierten für Zwangsarbeiter<br />

und Kriegsgefangene. Die ehemaligen Häftlinge <strong>der</strong> KZs wollten eine beson<strong>der</strong>e Stellung<br />

im Gegensatz zu an<strong>der</strong>en Deportierten haben. Weil sie so gelitten hatten, wurden sie mit beson<strong>der</strong>er<br />

Fürsorge behandelt. Die Überreste <strong>der</strong> <strong>Dokumente</strong> aus damaliger Zeit sind z.B. hier<br />

abgebildete Ausweise <strong>der</strong> KZ-Häftlinge.<br />

<strong>Dokumente</strong> des Staatlichen Repatriierungsamtes (PUR) – vgl. <strong>Dokumente</strong> des<br />

PUR für Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene.<br />

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Personalausweise – ausgestellt<br />

für die ehemaligen weiblichen<br />

Häftlinge <strong>der</strong> deutschen KZs<br />

vom Polnischen Verband <strong>der</strong><br />

ehemaligen KZ-Häftlinge – für<br />

die Mutter, inhaftiert im KZ<br />

Ravensbrück und KZ Bergen-<br />

Belsen und die Tochter, die<br />

im KZ Bergen-Belsen kurz vor<br />

seiner Befreiung zur Welt kam<br />

47


Projekt został zrealizowany przez:<br />

<strong>Fundacja</strong> <strong>Polsko</strong>-Niemieckie<br />

POJEDNANIE<br />

Stiftung Polnisch-Deutsche<br />

AUSSÖHNUNG<br />

Wsparcie finansowe:<br />

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