Begründetheit der VB - Tappe-online.de
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Arbeitsgemeinschaft Staatsrecht I (Grundrechte)<br />
Wintersemester 2006/07<br />
Prüfungsschema: <strong>Begrün<strong>de</strong>theit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Verfassungsbeschwer<strong>de</strong><br />
A. Methodische Vorbemerkungen<br />
I. Wichtigste Vorüberlegung ist das genaue Studium <strong><strong>de</strong>r</strong> Fallfrage. In <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel wird in<br />
einer Grundrechtsklausur nach Zulässigkeit und <strong>Begrün<strong>de</strong>theit</strong> <strong><strong>de</strong>r</strong> Vb. gefragt:<br />
z.B: „Hat die Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> Aussicht auf Erfolg?“<br />
Es gibt aber durchaus häufig Fälle, in <strong>de</strong>nen vom Bearbeiter nur eine <strong>Begrün<strong>de</strong>theit</strong>sprüfung<br />
verlangt wird:<br />
z.B. „A bittet Sie um ein Gutachten, ob er in seinen Grundrechten verletzt ist“<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> „Ist A in seinen Grundrechten verletzt?“<br />
Wer in einem solchen Fall auch die Zulässigkeit einer Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> prüft,<br />
verschenkt Zeit und Punkte.<br />
Tipp: Im (ersten) Obersatz immer die Fallfrage wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holen. (Das dient <strong><strong>de</strong>r</strong> Selbstdisziplinierung<br />
und ist schon mal richtig…)<br />
Mögliche Fallfragen:<br />
1. Hat eine Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> (<strong>de</strong>s A) Erfolg?<br />
Die Vb. (<strong>de</strong>s A) hat Erfolg, wenn sie zulässig und begrün<strong>de</strong>t ist.<br />
2. Ist A (durch die Maßnahme X) in seinen Grundrechten verletzt?<br />
A ist in seinen Grundrechten verletzt, wenn die Maßnahme X nicht gerechtfertigt<br />
in <strong>de</strong>n Schutzbereich eines Grundrechts eingreift.<br />
3. Was kann A gegen eine mögliche Grundrechtsverletzung tun?<br />
4. Wäre eine (zulässige) Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> begrün<strong>de</strong>t?<br />
5. Wie wird das Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht entschei<strong>de</strong>n?<br />
6. Wäre eine Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> begrün<strong>de</strong>t?<br />
7. Hat eine Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> Aussicht auf Erfolg<br />
8. Welche prozessualen Möglichkeiten hat A?<br />
9. Verstößt die Maßnahme (das Gesetz) gegen Grundrechte (<strong>de</strong>s A)?<br />
10. Wäre eine Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> zulässig?<br />
11. …
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II. (Gedankliche) Sammlung <strong><strong>de</strong>r</strong> im konkreten Fall angesprochenen Grundrechte; welche<br />
Grundrechte o<strong><strong>de</strong>r</strong> grundrechtsgleichen Rechte können beeinträchtigt (hier noch<br />
nicht: verletzt) sein?<br />
Diese Frage stellt sich in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel schon bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Möglichkeit einer<br />
Grundrechtsverletzung i. R. d. Beschwer<strong>de</strong>befugnis in <strong><strong>de</strong>r</strong> Zulässigkeit.<br />
III. Obersatz für die (normale) <strong>Begrün<strong>de</strong>theit</strong>sprüfung<br />
„Die Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> ist begrün<strong>de</strong>t, wenn <strong><strong>de</strong>r</strong> Beschwer<strong>de</strong>führer durch <strong>de</strong>n<br />
angegriffenen Akt <strong><strong>de</strong>r</strong> öffentlichen Gewalt in einem seiner Grundrechte o<strong><strong>de</strong>r</strong> grundrechtsgleichen<br />
Rechte verletzt wor<strong>de</strong>n ist. Dies ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Fall, wenn ein Eingriff in <strong>de</strong>n<br />
Schutzbereich eines solchen Rechts vorliegt, <strong><strong>de</strong>r</strong> nicht gerechtfertigt wer<strong>de</strong>n kann.“<br />
IV. Prüfungsreihenfolge:<br />
1. Freiheitsrechte vor Gleichheitsrechten (letztere geben ein relatives Abwehrrecht)<br />
2. Spezielle Freiheitsrechte vor Art. 2 I GG (Auffanggrundrecht, Subsidiarität)<br />
3. Das Freiheitsrecht zuerst prüfen, bei <strong>de</strong>m die Probleme <strong>de</strong>s Falles am umfassendsten<br />
erörtert wer<strong>de</strong>n können. Dadurch kann dann im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Prüfung weiterer<br />
Grundrechte teilweise auf diese Ausführungen (v. a. im Hinblick auf die Rechtfertigung)<br />
verwiesen wer<strong>de</strong>n.<br />
4. Welche Freiheitsrechte hinsichtlich <strong>de</strong>s gleichen Eingriffs nebeneinan<strong><strong>de</strong>r</strong> zu prüfen<br />
sind, ergibt sich aus <strong>de</strong>n Regeln über die Grundrechtskonkurrenzen. Diese sind<br />
kurz bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Prüfung <strong>de</strong>s Schutzbereichs abzuhan<strong>de</strong>ln.
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B. Aufbau <strong><strong>de</strong>r</strong> Prüfung eines Freiheitsrechts<br />
I. Schutzbereich<br />
1. Ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Schutzbereich <strong>de</strong>s konkret zu prüfen<strong>de</strong>n Freiheitsrechts betroffen?<br />
1. Persönlicher Schutzbereich<br />
2. Auslegung <strong>de</strong>s sachlichen Schutzbereichs: Fällt das Verhalten <strong>de</strong>s Bf. nach Art<br />
und Umfang in <strong>de</strong>n Schutzbereich <strong>de</strong>s Grundrechts?<br />
aa) ausgehend vom Wortlaut <strong>de</strong>s Grundgesetztextes<br />
bb) mit <strong>de</strong>n jeweils brauchbaren Mitteln <strong><strong>de</strong>r</strong> Interpretation<br />
cc) im Hinblick auf <strong>de</strong>n konkreten Fall<br />
2. Ziel <strong><strong>de</strong>r</strong> Prüfung sollte es sein, <strong>de</strong>n jeweiligen Schutzbereich möglichst eingehend<br />
und genau zu interpretieren, ohne Besinnungsaufsätze ohne Fallbezug zu schreiben.<br />
Gera<strong>de</strong> bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Frage nach <strong>de</strong>m Schutzbereich ist es sinnvoll, sich die einzelnen<br />
Definitionen aus <strong><strong>de</strong>r</strong> Rechtssprechung <strong>de</strong>s Bun<strong>de</strong>sverfassungsgerichts einzuprägen<br />
und eventuell auch auswendig zu lernen: Was ist Kunst, was ist Beruf etc.?<br />
II.<br />
Eingriff<br />
1. Gegenstand <strong><strong>de</strong>r</strong> Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> sind ein o<strong><strong>de</strong>r</strong> mehrere Akte <strong><strong>de</strong>r</strong> öffentlichen<br />
Gewalt (VA, Urteil, Gesetz etc.). Diese wur<strong>de</strong>n im Regelfall (= Klausur mit Zulässigkeits-<br />
und <strong>Begrün<strong>de</strong>theit</strong>sprüfung) bereits bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Prüfung <strong><strong>de</strong>r</strong> Zulässigkeit<br />
i<strong>de</strong>ntifiziert.<br />
2. Der Akt <strong><strong>de</strong>r</strong> öffentlichen Gewalt muss für eine festgestellte tatsächliche Beeinträchtigung<br />
<strong>de</strong>s Schutzgutes ursächlich gewor<strong>de</strong>n sein. Fehlt es an <strong><strong>de</strong>r</strong> Kausalität, ist das<br />
Freiheitsrecht nicht verletzt.<br />
3. Der Eingriff darf nicht ganz unerheblich sein (Bagatellgrenze)<br />
Ausführungen zu Kausalität und Erheblichkeit <strong>de</strong>s Eingriffs sind regelmäßig nur<br />
dann nötig, wenn sich diese Punkte als problematisch darstellen (z.B. Dreieckskonstellationen;<br />
Beeinflussung von Privaten). Hier gilt es, ein gewisses „Fingerspitzengefühl“<br />
zu entwickeln.<br />
4. Im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Eingriffsprüfung wird zwischen <strong>de</strong>m klassischen Eingriffsbegriff<br />
und erweiterten Eingriffsbegriff unterschie<strong>de</strong>n. Letzterer ist erst dann zu prüfen,<br />
wenn ein klassischer Eingriff nicht vorliegt.<br />
1. Merkmale <strong>de</strong>s klassischen Eingriffsbegriffs:<br />
aa) Finalität<br />
bb) Unmittelbarkeit<br />
cc) Regelung<br />
dd) Durchsetzbarkeit mit Befehl und Zwang
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2. Prüfung <strong>de</strong>s erweiterten (=mo<strong><strong>de</strong>r</strong>nen) Eingriffsbegriffs<br />
Aufgrund zunehmen<strong><strong>de</strong>r</strong> Staatstätigkeit mit differenzierten Eingriffsmöglichkeiten<br />
ist <strong><strong>de</strong>r</strong> klassische Eingriffsbegriff in allen Merkmalen zu eng gewor<strong>de</strong>n, so<br />
dass <strong><strong>de</strong>r</strong> mo<strong><strong>de</strong>r</strong>ne Eingriffsbegriff entwickelt wur<strong>de</strong>: Ein solcher Eingriff liegt<br />
grundsätzlich immer dann vor, wenn ein grundrechtlich geschütztes Verhalten<br />
beeinträchtigt wird.<br />
aa) Die Beeinträchtigung muss sich durch Schwere und Intensität auszeichnen<br />
(Ausschluss von Bagatellen, hier immer positiv anzusprechen).<br />
bb) Die Beeinträchtigung muss sich nach <strong>de</strong>m Schutzzweck <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundrechtsnorm<br />
als Eingriff darstellen (Kontrollfrage: Muss im Hinblick auf<br />
die Grundrechtsnorm verlangt wer<strong>de</strong>n, dass <strong><strong>de</strong>r</strong> Staat sein Han<strong>de</strong>ln verfassungsrechtlich<br />
rechtfertigt?).<br />
Bei manchen Grundrechten enthält <strong><strong>de</strong>r</strong> Wortlaut Angaben dazu, wie <strong><strong>de</strong>r</strong> Eingriff<br />
aussehen muss (vgl. Art. 13 II GG: „Durchsuchungen“). Bei an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Grundrechten<br />
hat das Bun<strong>de</strong>sverfassungsgericht spezielle Eingriffskriterien entwickelt, so<br />
das Merkmal <strong><strong>de</strong>r</strong> „berufsregeln<strong>de</strong>n Ten<strong>de</strong>nz“ zu Art. 12 I GG.<br />
III.<br />
Rechtfertigung<br />
1. Enthält das betroffene Grundrecht einen allgemeinen o<strong><strong>de</strong>r</strong> qualifizierten Gesetzesvorbehalt<br />
(z.B. „allgemeines Gesetz“)?<br />
Steht das Grundrecht unter keinem Gesetzesvorbehalt, ist seine Einschränkung nur<br />
zum Schutz kollidieren<strong><strong>de</strong>r</strong> Grundrechte Dritter o<strong><strong>de</strong>r</strong> an<strong><strong>de</strong>r</strong>er mit Verfassungsrang<br />
ausgestatteter Rechtsgüter möglich. Auch hier gilt aber <strong><strong>de</strong>r</strong> Vorbehalt <strong>de</strong>s Gesetzes<br />
(Art. 20 III GG): Ein Gesetz ist in je<strong>de</strong>m Fall Voraussetzung für die Verfassungsmäßigkeit<br />
<strong>de</strong>s Grundrechtseingriffs.<br />
2. Ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Eingriff durch o<strong><strong>de</strong>r</strong> aufgrund eines Gesetzes erfolgt?<br />
Richtet sich die Verfassungsbeschwer<strong>de</strong> unmittelbar gegen ein Gesetz, so liegt ein<br />
Eingriff durch Gesetz vor. In je<strong>de</strong>m an<strong><strong>de</strong>r</strong>en Fall muss sich die staatliche Maßnahme<br />
auf ein Gesetz stützen können. Liegt ein solches Gesetz nicht vor, ist <strong><strong>de</strong>r</strong> Akt <strong><strong>de</strong>r</strong> öffentlichen<br />
Gewalt verfassungswidrig und die Prüfung been<strong>de</strong>t.<br />
3. Im Falle eines qualifizierten Gesetzesvorbehaltes: Sind <strong>de</strong>ssen Anfor<strong><strong>de</strong>r</strong>ungen an<br />
das einschränken<strong>de</strong> Gesetz erfüllt (Beispiel: Han<strong>de</strong>lt es sich – im Falle eines Eingriffs<br />
in die Rechte aus Art. 5 I GG – um ein allgemeines Gesetz i. S. d. Art. 5 II GG)?<br />
4. Im Falle eines schrankenlos gewährleisteten Grundrechtes: Dient das Gesetz <strong>de</strong>m<br />
Schutz kollidieren<strong><strong>de</strong>r</strong> Verfassungsgüter (insbeson<strong><strong>de</strong>r</strong>e <strong><strong>de</strong>r</strong> Grundrechte Dritter)?<br />
→ vgl. hierzu: JARASS/Pieroth, GG 7 , Vorb. vor Art. 1, Rn. 45 ff.<br />
5. Ist das Gesetz selbst verfassungsmäßig?<br />
1. formelle Verfassungsmäßigkeit<br />
aa) Gesetzgebungskompetenz<br />
bb) Gesetzgebungsverfahren
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In <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel wer<strong>de</strong>n sich – gera<strong>de</strong> wenn es sich um ein real existieren<strong>de</strong>s Gesetz<br />
han<strong>de</strong>lt – im Sachverhalt keine Angaben zu diesem Punkt fin<strong>de</strong>n. Dann<br />
sind keine näheren Ausführungen zum Gesetzgebungsverfahren nötig.<br />
2. materielle Verfassungsmäßigkeit<br />
Das Gesetz muss mit <strong>de</strong>m Grundgesetz übereinstimmen; Verstöße ergeben sich<br />
i.d.R. aus Art. 19 und 20 GG aber auch aus Grundrechten etc.<br />
aa) Verbot <strong>de</strong>s Einzelfallgesetzes, Art. 19 I 1 GG<br />
Bei <strong>de</strong>m Gesetz muss es sich um eine generell abstrakte Regelung han<strong>de</strong>ln.<br />
Verboten ist ein „Verwaltungsakt in Gesetzesform“. Es ist aber unerheblich<br />
wenn das Gesetz – trotz generell-abstrakter Geltung - faktisch nur einen<br />
Einzelfall betrifft.<br />
bb) Zitiergebot, Art. 19 I 2 GG<br />
(1) Grundsatz: Das Zitiergebot hat eine Warnfunktion für <strong>de</strong>n Gesetzgeber;<br />
wird durch ein Gesetz ein Grundrecht eingeschränkt, so muss dieses Gesetz<br />
das Grundrecht nennen.<br />
(2) Ausnahmen<br />
Das Zitiergebot fin<strong>de</strong>t keine Anwendung<br />
(a) wenn es sich nicht um einen Einschränkungsvorbehalt, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n –<br />
zumin<strong>de</strong>st <strong>de</strong>m Wortlaut nach – um einen Regelungsvorbehalt han<strong>de</strong>lt<br />
(vgl. Art. 12 I GG, Art. 14 GG). Art. 19 I 1 spricht nämlich davon,<br />
dass ein Grundrecht „eingeschränkt“ wird.<br />
(b) bei allgemeinen Gesetzen i. S. d. Art. 5 II GG.<br />
(c) bei vorkonstitutionellen Gesetzen o<strong><strong>de</strong>r</strong> wenn ein Gesetz lediglich bereits<br />
gelten<strong>de</strong> Grundrechtseinschränkungen unverän<strong><strong>de</strong>r</strong>t o<strong><strong>de</strong>r</strong> mit<br />
geringfügigen Abweichungen wie<strong><strong>de</strong>r</strong>holt.<br />
(d) wenn Art. 2 I GG zur Anwendung kommt; da je<strong><strong>de</strong>r</strong> Eingriff in die<br />
Sphäre <strong>de</strong>s Bürgers in Art. 2 I GG eingreift, ginge an<strong><strong>de</strong>r</strong>nfalls die<br />
Warnfunktion <strong>de</strong>s Zitiergebotes verloren<br />
cc) Wesensgehaltsgarantie, Art. 19 II GG<br />
Streitig ist dabei, ob <strong><strong>de</strong>r</strong> Wesensgehalt <strong>de</strong>s Grundrechts (nur) <strong><strong>de</strong>r</strong> Allgemeinheit<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> aber <strong>de</strong>m einzelnen Grundrechtsträger verbleiben muss.<br />
Fraglich ist zu<strong>de</strong>m, ob <strong><strong>de</strong>r</strong> Wesensgehalt absolut o<strong><strong>de</strong>r</strong> relativ zu kollidieren<strong>de</strong>n<br />
Verfassungsgütern zu bestimmen ist.<br />
dd) Parlamentsvorbehalt<br />
Der Parlamentsvorbehalt ist eine Ausprägung <strong>de</strong>s Vorbehalts <strong>de</strong>s Gesetzes.<br />
Nach <strong><strong>de</strong>r</strong> Wesentlichkeitstheorie dürfen grundrechtsintensive Eingriffe nur<br />
durch Gesetz o<strong><strong>de</strong>r</strong> aufgrund von Gesetzen im formellen Sinn erfolgen.<br />
Der Parlamentsvorbehalt ist nur zu prüfen, wenn durch Rechtsverordnung<br />
o<strong><strong>de</strong>r</strong> Satzung direkt o<strong><strong>de</strong>r</strong> einen auf einer Rechtsverordnung o<strong><strong>de</strong>r</strong> Satzung<br />
beruhen<strong>de</strong>n Einzelakt in ein Grundrecht eingegriffen wer<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>.
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ee) Bestimmtheitsgebot (hergeleitet aus <strong>de</strong>m Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 III GG;<br />
für Strafgesetze beachte Art. 103 II GG)<br />
Bei Art. 103 II GG han<strong>de</strong>lt es sich um ein grundrechtsgleiches Recht (vgl. Art.<br />
93 I Nr. 4a GG). Es bietet sich für <strong>de</strong>n Fall eines unbestimmten Strafgesetzes<br />
also auch an, direkt eine Verletzung <strong>de</strong>s Art. 103 II zu prüfen.<br />
ff) Rückwirkungsverbot (hergeleitet aus <strong>de</strong>m Rechtsstaatsprinzip, Art. 20 III GG<br />
bzw. aus einzelnen Grundrechten)<br />
gg) Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (hergeleitet aus <strong>de</strong>m Rechtsstaatsprinzip,<br />
Art. 20 III GG bzw. aus <strong>de</strong>n Grundrechten)<br />
Im Rahmen <strong><strong>de</strong>r</strong> Verhältnismäßigkeitsprüfung besteht Raum für die eigene<br />
Argumentation, so dass hier in <strong><strong>de</strong>r</strong> Regel einige vertiefte Ausführungen erwartet<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Für <strong>de</strong>n Schwerpunkt <strong><strong>de</strong>r</strong> Verhältnismäßigkeitsprüfung gilt folgen<strong>de</strong> Faustformel:<br />
Falls <strong><strong>de</strong>r</strong> Rechtsanwen<strong><strong>de</strong>r</strong> (i. d. R. die Behör<strong>de</strong>) keine „Wahl“ hat,<br />
soll die ausführliche Prüfung <strong><strong>de</strong>r</strong> Verhältnismäßigkeit beim Gesetz selbst<br />
stattfin<strong>de</strong>n; besteht ein Ermessen o<strong><strong>de</strong>r</strong> bedient sich das Gesetz unbestimmter<br />
Rechtsbegriffe, so liegt <strong><strong>de</strong>r</strong> Schwerpunkt bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Überprüfung<br />
<strong>de</strong>s Einzelaktes<br />
(1) Legitimer Zweck<br />
(2) Geeignetheit<br />
(3) Erfor<strong><strong>de</strong>r</strong>lichkeit<br />
(4) Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne<br />
6. Ist <strong><strong>de</strong>r</strong> (angegriffene) Einzelakt selbst verfassungsgemäß?<br />
a) Beruht <strong><strong>de</strong>r</strong> Einzelakt auf <strong>de</strong>m Gesetz?<br />
Das BVerfG ist keine Superrevisionsinstanz, es überprüft nur die Verletzung<br />
spezifischen Verfassungsrechts. Es subsumiert daher nicht vollständig unter das<br />
jeweilige Gesetz, son<strong><strong>de</strong>r</strong>n überprüft nur, ob bei <strong><strong>de</strong>r</strong> Auslegung <strong>de</strong>s einfachen<br />
Rechts Aussagen <strong><strong>de</strong>r</strong> Verfassung unbeachtet geblieben sind.<br />
Tritt zwischen Gesetz und Einzelakt noch eine Rechtsverordnung, so ist an dieser<br />
Stelle zu prüfen, ob sie <strong>de</strong>n Voraussetzungen <strong>de</strong>s Art. 80 GG genügt.<br />
b) Verhältnismäßigkeit <strong>de</strong>s Einzelakts (i.d.R. eigentlicher Hauptteil <strong><strong>de</strong>r</strong> Prüfung)