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BAG-Report 02-2012 - BAG Bau Holz Farbe

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Projekt WEB-TT in Ägypten<br />

4 Analyseinstrumente und Methodenauswahl<br />

im Projekt WEB-TT<br />

Da wie bereits oben angedeutet, keine<br />

vorgeschaltete längere Phase für<br />

Entwicklungsstudien vorgesehen ist,<br />

wurden die Kontaktreisen gleichzeitig<br />

zur Analyse der <strong>Bau</strong>stellensituationen<br />

und Arbeitsprozesse genutzt. Durch<br />

die bundesdeutschen Handwerksmeister<br />

aus verschiedenen <strong>Bau</strong>berufen<br />

und die begleitenden Berufsbildungswissenschaftler<br />

wurden Fotos<br />

über <strong>Bau</strong>schäden aufgenommen, die<br />

<strong>Bau</strong>facharbeit beobachtet und mit den<br />

Managern und Ingenieuren des <strong>Bau</strong>unternehmens<br />

Expertengespräche<br />

über verschiedene Fragenkomplexe<br />

für die Entwicklung von angepassten<br />

Lehrplänen geführt. Im Nachgang wurden<br />

die Fotos für die Identifizierung<br />

von konkreten Qualifizierungsbedarfen<br />

ausgewertet (vgl. COLLIER/COLLIER<br />

2009; BOHNSACK 2008). Ergänzend<br />

wurden mit <strong>Bau</strong>ingenieuren aus deutschen<br />

Unternehmen, die über Kenntnisse<br />

ägyptischer <strong>Bau</strong>tätigkeit verfügten,<br />

strukturierte Experteninterviews<br />

geführt. Dies diente einerseits dem<br />

besseren Verständnis der Arbeitsprozesse<br />

auf ägyptischen <strong>Bau</strong>stellen wie<br />

auch der externen Überprüfung der<br />

bisher vorgenommenen Interpretationen.<br />

Im nächsten Schritt wurden mit den<br />

verantwortlichen Ingenieuren und<br />

Managern konkrete Gespräche über<br />

Fachtätigkeiten geführt, die im Rahmen<br />

der BMBF-Förderung trainiert<br />

werden sollten. Bei den Entscheidungen<br />

über die zu trainierenden Arbeitsaufgaben<br />

bei den einzelnen Fachtätigkeiten<br />

bestand das Problem, dass es<br />

nicht möglich war, auf exemplarischen<br />

<strong>Bau</strong>stellen Arbeitsprozessanalysen<br />

durchzuführen. Mithilfe der Analyse<br />

der deutschen Ausbildungsverordnungen<br />

für die betriebliche Ausbildung war<br />

es jedoch möglich, die bisher identifizierten<br />

Arbeitstätigkeiten auf ägyptischen<br />

<strong>Bau</strong>stellen in deutschen betrieblichen<br />

Lehrplänen wieder zu finden.<br />

Gleichzeitig ist es durch dieses Vorgehen<br />

möglich, die Stärken bundesdeutscher<br />

überbetrieblicher Ausbildungszentren<br />

des Handwerks, nämlich eine<br />

große Erfahrung in der Ausbildung<br />

dieser Kenntnisse und Fertigkeiten zu<br />

haben, internationalen Auftraggebern<br />

anzubieten. In allen bundesdeutschen<br />

Ausbildungsverordnungen lassen sich<br />

die zu vermittelnden Kenntnisse und<br />

Fertigkeiten finden. Dieses entspricht<br />

im Großen und Ganzen den im CBET-<br />

System formulierten competencies,<br />

so dass eine Übertragung auf CBET<br />

strukturierte Berufsausbildungsordnungen<br />

gut möglich ist.<br />

Zur Anpassung an die Bedürfnisse sowohl<br />

von Unternehmensseite als auch<br />

an die Bedingungen von Qualifizierungsmaßnahmen<br />

sind jedoch weitere<br />

Schritte notwendig. Die Anpassung an<br />

den Bedarf der Unternehmensseite geschieht<br />

durch dialogische Abstimmung<br />

mit den leitenden Ingenieuren und den<br />

Managern des Unternehmens. Flankiert<br />

wird diese Abstimmung durch<br />

eine tätigkeitsanalytische Auswertung<br />

von Materialien, d. h. <strong>Bau</strong>zeichnungen,<br />

Materiallisten, Spezifikationen, Fotos<br />

von <strong>Bau</strong>tätigkeiten und anderen Fachdokumenten,<br />

die das <strong>Bau</strong>unternehmen<br />

zur Verfügung stellt. Die Anpassung an<br />

die Bedingungen von Qualifizierungsmaßnahmen<br />

in Ägypten geschieht<br />

durch einen theoriegeleiteten Methodenmix<br />

aus Interviews und Dokumentenanalyse,<br />

wobei letzteres den Kontext<br />

der Qualifizierungsmaßnahmen<br />

erhebt.<br />

Mit dem Kontext ist einerseits der arbeitskulturellen<br />

Hintergrund der Berufsausbildung<br />

in Ägypten (vgl. WOLF<br />

2011) gemeint, zum anderen aber<br />

auch die systemisch-institutionellen<br />

Bedingungen, die direkt die Qualifizierungsmaßnahmen<br />

beeinflussen und<br />

die Bedingungen des Arbeits- und<br />

Gütermarktes, die Auswirkungen auf<br />

die Trainingsmaßnahmen haben (vgl.<br />

WOLF 2010, S. 2640).<br />

5 Didaktisch-methodisches Konzept<br />

der Trainingsmaßnahmen<br />

Im Gegensatz zum CBET-Konzept<br />

steht in der deutschen Berufsbildung<br />

der Lernprozess und nicht das zertifizierte<br />

Lernergebnis, egal wie es zustande<br />

gekommen ist, im Mittelpunkt.<br />

Deshalb hat sich das Konsortium WEB-<br />

TT nach Auswertung der bisherigen<br />

Daten dazu entschieden, die Trainingsmaßnahmen<br />

durch angepasste mediale<br />

<strong>Bau</strong>steine, die sowohl vor Ort, lokal,<br />

als auch über das Internet zugänglich<br />

sind, zu unterstützen. Dadurch kann<br />

gesichert werden, dass die <strong>Bau</strong>facharbeiter,<br />

die in Ägypten häufig nur eine<br />

rudimentäre Schulbildung genossen<br />

haben und kaum lesen und schreiben<br />

können, durch den Einsatz von Bildern<br />

und erläuternden Audio-Sequenzen<br />

von den Qualifizierungsmaßnahmen<br />

profitieren. Die konkreten Trainingsmaßnahmen<br />

werden im ersten Schritt<br />

für einzelne Tätigkeiten aus verschiedenen<br />

Gewerken, wie SHK-Installateur,<br />

Fliesenleger, Verputzer, Maurer,<br />

Trockenbauer und Dachdecker durchgeführt.<br />

Da jedoch auf ägyptischen<br />

<strong>Bau</strong>stellen eine gänzlich andere Organisationsstruktur<br />

als auf deutschen<br />

herrscht, die Qualifikationsvoraussetzungen<br />

und die Vorstellungen von<br />

notwendiger Qualifizierung sich sehr<br />

von Deutschland unterscheiden, kann<br />

selbstverständlich nicht in einem Beruf<br />

ausgebildet oder in Berufskategorien<br />

qualifiziert werden.<br />

Das ägyptische Qualifikationskonzept<br />

orientiert sich sehr stark an einer onthe-job-Qualifikation<br />

mit eng umrissenen<br />

Tätigkeiten und Arbeitsaufgaben<br />

in der Logik des CBET. Die beteiligten<br />

überbetrieblichen Ausbildungszentren<br />

des Handwerkes sind jedoch aus ihrer<br />

alltäglichen Praxis - die in der Umsetzung<br />

der Ausbildungsordnungen für<br />

die betriebliche Ausbildung besteht, in<br />

der Lage, die Fertigkeiten, Kenntnisse<br />

und Fähigkeiten (competencies), die<br />

ein CBET-basiertes Qualifikationskonzept<br />

nachfragt, zu trainieren. Die<br />

<strong>BAG</strong>-<strong>Report</strong> <strong>02</strong>/<strong>2012</strong><br />

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