Volltext Prokla 44
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IV. Die An/ange der dritten Groften Depression<br />
Dieselben Faktoren, die fur einige Zeit daw beigetragen hatten, die Periode def Prosperitat<br />
in den zentralen Wirtschaften zu vertiefen und zu verlangern, waren es, die dann de<br />
Krise hervorriefen und verschiirften, als schliefilich die hohen Wachstumsraten, die fur die<br />
Zeiten def Erholung und des Wiederaufbaus charakteristisch gewesen waren, endgiiltig<br />
verschwanden.<br />
Das permanente Defizit in def Zahlungsbilanz der USA zerstorte das Vertrauen in den<br />
Dollar und in die Stabilitat des Weltwahtungssystems, was dazu beitrug, ubetall inflationare<br />
Prozesse in Gang zu setzen, die hum kontrollierbar waren.<br />
Die unbegrenzte Verwendung und Verschwendung des ultrabilligen Erdols sorgte dahlr,<br />
daB sich die Regierungen def erdolexportierenden Lander klar damber werden konnten,<br />
daB sie ein Monopol fur einen Rohstoff besaBen, def einerseits nur begrenzt vorhanden,<br />
andererseits aber fur das in def gamen Welt verfolgte Wachstumsmuster unentbehrlich ist.<br />
Sie steigerten also den Preis des Erdols in einem nie zuvor gekannten AusmaB mit den entsprechenden<br />
und vorhersehbaren Konsequenzen fur die Handelsbilanz det importierenden<br />
Lander.<br />
Die Vollbeschaftigung und de! Schutz des Arbeitsmarktes fuhrten zu Lohnsteigerungen,<br />
die uber die Erhohungen def Arbeitsproduktivitat hinausgingen, was die Unternehmen in<br />
Industriezweigen mit hoher Arbeitsintensitiit dazu trieb, ihre Produktion in andere Teile<br />
def WeIt zu verlagern, in denen niedrigere Lohne gezahlt wurden. 7<br />
Die F'reihandelspolitik def fortgeschrittenen Lander drohte, sich in dem Mafie gegen sie<br />
selbst.zu riehten, wie sich die transnationalen Unternehmen und Banken in ihfen Investitionsentscheidungen<br />
von ihren Ursprungslandern unabhangig machten.<br />
Die Pblitik einer wachsenden staatlichen Nachfrage licE es zu, daB »ineffiziente« und weniger<br />
p~oduktive Einzelkapitale nicht in ausreichencler Menge vernichtet wurden, umeine<br />
hohe purchschnittsprofitrate aufrechtzuerhalten.<br />
DIe Subventionen fur die Landwirtschaft, die unkontrollierbaren Kosten fur die offendichen<br />
Infrastrukturanlagen und die hohen und wachsenden Kosten fur das Netz def sozlalen<br />
Sitherheit bedeuteten ein immer starkeres Ansteigen def offentlichen Ausgaben, was<br />
bewirkte, daB sowohl die Steuern als auch die Haushaltsdefizite und die Verschuldung des<br />
Staat¢s anstiegen, mit allen Folgen und Implikationen, die das fur die Profitrate und fur<br />
das Pteisniveau hat.<br />
Aufierdem war die Gesetzgebung in vielen Bereichen wahrend der langen Prosperitatsperiode<br />
Unter der Annahme erfolgt, daB hohe Wachstumsraten und Vollbeschaftigung fur eine<br />
unbestimmte Zukunft wiirden aufrechterhalten werden konnen, was zur FoIge hatte,<br />
daB die Umverteilungseffekte mit dem Ruckgangdes Wachstums und der Steigerung def<br />
Arbeitslosigkeit unverhaltnismaBig wachsen muBten. Diese Situation stellt daher den Staat<br />
VO! Alternative, entweder mit den UmverteilungsmaBnahmen fortzufahren und das<br />
Wachstum zu gefahrden oder eine Politik des Wachstums durch das Angebor giinstiger Investitionensmoglichkeiten<br />
zu betreiben und dahlr die Umverteilung zu beschneiden. Dies<br />
ist die Entscheidung, Vo! der insbesondere die europaische Sozialdemokratie steht, die s1ch<br />
mehr als andere politische Stromungen mit der Wirtschaftspolitik des Keynesianismus<br />
identifiziert hat. 1m ersten Fall erscheint der Staat als unverantwortlich gegenuber def<br />
Bourgeoisie und den Mittelklassen, die deshalb mit ihren Investitionen dorthin gehen we!"<br />
den, wo die Zinsen die Steuern niedriger und die Profitaussichten giinstiger sind.<br />
Zur dr-itten Grofien Depression 31