Volltext Prokla 44

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02.11.2013 Aufrufe

komplizierte Widersprii,he miissen analysiert werden, einfache, das Denken endabenkfiguren und Rezepte ( die Mulus sind an allemSchuld, der Sozialismus konnte l'rc)bl1em.e Iosen, wenn er sie nicht lost, ist er burokratisiert, etc.) reichen zur Wirklichik.t:ltSll>eVl7iHtlgtlmg aus. ; hier nur angedeuteten Probleme eines allerdings nur auf kleindntellektuellenkreise ·b,esclorank.:ten neuen »AlltagsbewuBtseins« von Peripheriegesellschaften ohne BewuBtsein deren wirklichem Alltag griindet sich nicht nur auf einer »Phanomenologie der Armut«, zu der relativ privilegierte und sozial abgehobene Intellektuelle zu allen Zeiten . haben, sondern auch auf einem vermeindich radikalen Btuch mit dem burgerli- Denken der Modernisierungstheorien. . Kritik linken AlltagsbewuBtseins erfordert daher zunachst eine Priifung der Frage, wie . mit dem auch von Senghaas unterstellten radikalen Bruch mit den ;~todlerjllS1IenlUl~tJle()nc:n", die sich eurozentrisch die nachholende Entwicklung nur nach Vorbild westlich-kapitalistischer Industriegesellschaften vorstellen konnen, bestellt der Lekriire der Schriften von Senghaas fallt zunachst auf, daB die Kritik an den ModermsietlLlnl~theOI"ien (mit der Ausnahme des Freihandelspostulates) nirgends grundsatzlich entwickelt worden ist. Sie wird vielmehr durch den Verweis auf die Theorie des peripheren . Kapitalismus vor allem Amins vorausgesetzt. 1O Bei genauer Lektiire flillt die groBe Anzahl . derriihmlichen Ausnahmen yom Verdikt auf: Bendix, Gerschenkron, K.W. Deutsch, Eisenstadt, mit Einschrankungen sogar Huntington. Selbst Rostow und Hoselitz werden haung.positiv zitiert. ll Sucht man im Text Hinweise auf die generelle Untersuchungsmethode, Wird man auf Arbeiten von K.W. Deutsch als einem der Protagonisten der Moderrusiefungstheorie verwiesen. 12 Splitestens jetzt wird dem aufmerksamen Leser klar, daB der vertneintliche Bruch mit den nordamerikanischen Modernisierungstheorien gar nicht so radikal gewesen sein kann. Warum auch? wiirde sicherlich Senghaas antworten: Wenn man .. nllt der Methodik, den Grundbegriffen und zentralen theoretischen Aussagen der ent­ . Modernisierungstheorien wissenschaftlich gut arbeiten und sinnvolle Ergebnisse kann, warum solI man sich dann nicht mrer bedienen? Der Autor dieses Artikels teilt sogar die Einsicht, daB das begriffliche InstrUmentarium der .• Modernisierungstheorien durchaus filr eine differenzierte Beschreibung bestimmter kom­ Phanomene von Entwicklungs- und Unterentwicklungsprozessen nutzlich sein So laBt sich z.B. mit Hilfe sozialkybernetischer Begriffe und Hypothesen aus dem K.W. Deutschs die zentrale Bedeutung sozialkultureller Selbststeue­ LUll1P.l"lJ'l!5~.C1L von Gesellschaften, Klassen und Individuen filr die »Innovations- und Tr:iUls!orma,uons1(apiazi.tat« relativ gut begriinden.13 (Allerdings lieBe sich das auch im Rahmen der marxistischen Theorie entwickeln und begriinden, was zugegebenermaBen bisher eher versaumt wurde bzw. erst in allerersten Ansatzen steckt.) Ebenso laBt sich aus den differenzierten Analysen der Funktionsweise politischer Systeme unter unterschiedlichen Umweltbedingungen (Almond-Schule) vieles lernen - und lateinamerikanische kritische Sozialwissenschaftler wie O'Donnell haben dies zur Genuge vorexerziert. 14 .Problematisch bleibt m.E. nur, daB im Rahmen einer Theorie des peripheren Kapitalismus, die explizit die Modernisierungstheorien als unangemessen negiert, implizit mit deren Methoden, Begriffen und zentralen Aussagen gearbeitet wird, ohne daB dieser Widerspruch produktiv aufgelost, d.h. darstellbar und diskutierbar wird. So ist es sicherlich kein Zufall, daB der folgende Merkmalskatalog autozentrierter Entwicklung in Terminologie Thomas Hurtienne

komplizierte Widersprii,he miissen analysiert werden, einfache, das Denken endabenkfiguren<br />

und Rezepte ( die Mulus sind an allemSchuld, der Sozialismus konnte<br />

l'rc)bl1em.e Iosen, wenn er sie nicht lost, ist er burokratisiert, etc.) reichen zur Wirklichik.t:ltSll>eVl7iHtlgtlmg<br />

aus. ;<br />

hier nur angedeuteten Probleme eines allerdings nur auf kleindntellektuellenkreise<br />

·b,esclorank.:ten neuen »AlltagsbewuBtseins« von Peripheriegesellschaften ohne BewuBtsein<br />

deren wirklichem Alltag griindet sich nicht nur auf einer »Phanomenologie der<br />

Armut«, zu der relativ privilegierte und sozial abgehobene Intellektuelle zu allen Zeiten<br />

. haben, sondern auch auf einem vermeindich radikalen Btuch mit dem burgerli-<br />

Denken der Modernisierungstheorien. .<br />

Kritik linken AlltagsbewuBtseins erfordert daher zunachst eine Priifung der Frage, wie<br />

. mit dem auch von Senghaas unterstellten radikalen Bruch mit den<br />

;~todlerjllS1IenlUl~tJle()nc:n", die sich eurozentrisch die nachholende Entwicklung nur nach<br />

Vorbild westlich-kapitalistischer Industriegesellschaften vorstellen konnen, bestellt<br />

der Lekriire der Schriften von Senghaas fallt zunachst auf, daB die Kritik an den ModermsietlLlnl~theOI"ien<br />

(mit der Ausnahme des Freihandelspostulates) nirgends grundsatzlich<br />

entwickelt worden ist. Sie wird vielmehr durch den Verweis auf die Theorie des peripheren<br />

. Kapitalismus vor allem Amins vorausgesetzt. 1O Bei genauer Lektiire flillt die groBe Anzahl<br />

. derriihmlichen Ausnahmen yom Verdikt auf: Bendix, Gerschenkron, K.W. Deutsch, Eisenstadt,<br />

mit Einschrankungen sogar Huntington. Selbst Rostow und Hoselitz werden haung.positiv<br />

zitiert. ll Sucht man im Text Hinweise auf die generelle Untersuchungsmethode,<br />

Wird man auf Arbeiten von K.W. Deutsch als einem der Protagonisten der Moderrusiefungstheorie<br />

verwiesen. 12 Splitestens jetzt wird dem aufmerksamen Leser klar, daB der vertneintliche<br />

Bruch mit den nordamerikanischen Modernisierungstheorien gar nicht so radikal<br />

gewesen sein kann. Warum auch? wiirde sicherlich Senghaas antworten: Wenn man<br />

.. nllt der Methodik, den Grundbegriffen und zentralen theoretischen Aussagen der ent­<br />

. Modernisierungstheorien wissenschaftlich gut arbeiten und sinnvolle Ergebnisse<br />

kann, warum solI man sich dann nicht mrer bedienen?<br />

Der Autor dieses Artikels teilt sogar die Einsicht, daB das begriffliche InstrUmentarium der<br />

.• Modernisierungstheorien durchaus filr eine differenzierte Beschreibung bestimmter kom­<br />

Phanomene von Entwicklungs- und Unterentwicklungsprozessen nutzlich sein<br />

So laBt sich z.B. mit Hilfe sozialkybernetischer Begriffe und Hypothesen aus dem<br />

K.W. Deutschs die zentrale Bedeutung sozialkultureller Selbststeue­<br />

LUll1P.l"lJ'l!5~.C1L von Gesellschaften, Klassen und Individuen filr die »Innovations- und<br />

Tr:iUls!orma,uons1(apiazi.tat« relativ gut begriinden.13 (Allerdings lieBe sich das auch im Rahmen<br />

der marxistischen Theorie entwickeln und begriinden, was zugegebenermaBen bisher<br />

eher versaumt wurde bzw. erst in allerersten Ansatzen steckt.) Ebenso laBt sich aus den differenzierten<br />

Analysen der Funktionsweise politischer Systeme unter unterschiedlichen Umweltbedingungen<br />

(Almond-Schule) vieles lernen - und lateinamerikanische kritische Sozialwissenschaftler<br />

wie O'Donnell haben dies zur Genuge vorexerziert. 14<br />

.Problematisch bleibt m.E. nur, daB im Rahmen einer Theorie des peripheren Kapitalismus,<br />

die explizit die Modernisierungstheorien als unangemessen negiert, implizit mit deren<br />

Methoden, Begriffen und zentralen Aussagen gearbeitet wird, ohne daB dieser Widerspruch<br />

produktiv aufgelost, d.h. darstellbar und diskutierbar wird. So ist es sicherlich kein<br />

Zufall, daB der folgende Merkmalskatalog autozentrierter Entwicklung in Terminologie<br />

Thomas Hurtienne

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