Volltext Prokla 44
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ziger Jahre aufgekommen waren. Wie Ira Katznelson in seinem Aufsatz ausfiihrt, waren<br />
die sozialen Einrichtungen der grofieren Stadte die ersten Opfer der Steuerkrise auf dem<br />
Land. Da sie bei der Artikulierung ihrer politischen Forderungen besonders abhangig von<br />
den Strukturen und def Untersmtzung des Staates sind, wachst ihre Verletzlichkeit mit def<br />
Vermindetung ihres »Status als Anspruchsberechtigte«.<br />
Bel alledem stand die Arbeiterschaft im Abseits. Sie konnte es sich nlcht leisten, sich mit<br />
den Ergfrssen def konservativen »Pofitical Action Committees« (PACs) zu messen und erwies<br />
sich zum grolhen Teil als unfahig oder auch unwillig, die grofSen Postwurfkampagnen<br />
nachzumachen, aus denen def »Neue Rechte«-Publizist Richard Viguerie fast eine Kunst<br />
gemacht hat.<br />
Es ist nicht erstaunlich, daB das Zusammentreffen tiefgreifender Veranderungen in der<br />
W dtwirtschaft und stark geschwachter Strukturen de! demokratischen Mitbestimmung bei<br />
dner Menge normaler Amerikaner ein Gefiihl dec Desorganisation und Bedrohung hervorgerufen<br />
hat. Mit dem tatsachlichen Verschwinden einer organisierten Alternative zum »Business<br />
as usual« lid~en sie sich auf eine immer verzweifeltere Suche nach individuellen,<br />
nichtpolitischen Wegen zur Wahrnehmung ihrer personlichen Erfahrung ein. Neben def<br />
in die Hohe schnellenden Amahl von Handwaffenkaufen und Einschreibungen in Karate<br />
Clubs bestehen die spurbaren Nebenwirkungen ihrer viden Odysseen in einem weitverbreiteten<br />
Wiederaufleben def Religiositat und der subtileren Wertschatzung def Tugenden<br />
def »burgerlichen Privatsphare«.<br />
Aber wahrend die Rolle der Halfte der wahlenden Bevolkerung, wie so oft in def neueren<br />
amerikanischen Politik, darauf beschrankt war, Angaben in Meinungsumfragen rur die<br />
standige Neustrukturierung und Anpassung des Images der Kandidaten zu liefern, wuchs<br />
def Einflufi eines unendlich kleineren Teils def Bevolkerung entsprechend an. Vnter der<br />
Oberflache des Wahlkampfes 1980 hat sich def Kampf def Eliten, in dem sich die verborgene<br />
Wahl abspielt, weiterhin verscharft.<br />
III. Die Wahlkampagne - Der Aufstieg Reagam<br />
1m Gegensatz zu den Vorwahlen def Demokraten, bei denen der plOtzliche AbstiegJimmy<br />
Carters und spater seiner fiihrenden Rivalen erklart werden mussen, ist es bei den Vorwahlen<br />
def Republikaner def kontinuierliche Aufstieg Ronald Reagans als eigentlicher Frontkampfer,<br />
def das grofSte Ratse! darstellt. Als Erbe des grofSten Teils def Koalition, die 1964<br />
unter Barry Goldwater loyal in die Katastrophe marschierte, stand Reagan noch 1974 fast<br />
vollig auBerhalb des offentlichen Lebens. Wie die 5ehr negative Berichterstattung zu Beginn<br />
des Wahlkampfes 1980 vermuten liefS, war Reagans vorherrschendes Image das eines<br />
seichten, ultrakonservativen Ex-Schauspielers, der auf freve!hafte Art der extremen Rech"<br />
ten verpflichtet war.<br />
Aber im Verlauf des Wahlkampfes stiefS Reagan allmahlich in das Zenuum def amerikanischen<br />
Politik vor. Auf Dauer gewann er die Vntersrutzung vieler Einze!personen, denen<br />
sein ursprunglicher Kern von Anhangern sehr kritisch gegenuberstand. Das waren vor ailem<br />
David Rockefeller und Henry Kissinger, traditionelle »Schwarze Schafe« def extremen<br />
Rechten. W orauf zu Beginn dieses Aufsatzes bereits hingewiesen wurde: dne angemessene<br />
Erklarung dieser wunderlichen Entwicklung mufS sowohl den Zusammenbruch def Ufsprunglich<br />
so erfolgreich scheinenden Kampagne John Connallys, als auch den Aufstieg<br />
Del' Sieg Reagans 77