Volltext Prokla 44
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·•••. 1I,:lJI1pt'es von 1980 in einem einzigen Tag zusammenfaGt, unterstreicht es doch, wie schwie<br />
Analyse der letzten Jahre amerikanischer Politik ist - und da Passierten kaum<br />
Bis 1984, also in nur einer einzigen Prasidentenamtszeit, sind die Sprache und<br />
"''''lUlJ,I.'':;'ll, die das offentliche Leben Amerikas seit mehr als einer Generation bestimmt<br />
plotzlich irrelevant. Da sie auf der politischen Formel des New Deal-Liberalismus<br />
bal,ier'en. sind sie nutzlos geworden zur Erklarung des poHtischen Zusammenbruchs genau<br />
Systems - eines Systems, dessen okonomische; soziale und politische Grundlagen<br />
,,...______ abbrockeln und wegen einer zweistelligen Stagflationsrate, protektionistischem<br />
,'LHULIL einerstockenden technologischen Entwicklung und einer chronisch negativen Zah<br />
JUltlgsbil:anz nicht mehr zu retten sind.<br />
in jeder Periode sozialen Zerfalls, im Zeitraum zwischen dem Ende der alten und dem<br />
,1\];ltst1(':g der neuen Ordnung, sind eine Reihe ZerfaIlssymptome aufgetreten. In wohlhatlerldelten<br />
Kreisen: eine Fixierung auf die therapeutische Wirkung der Macht und der Vor<br />
~ile der Konkurrenz, manische Grundstiicksspekulationen, Narzillmus der Masse und die<br />
'ldeologie der Selbsterneuerung. Unter den Armen und Schwachen, in allen Schichten der<br />
Gesellschaft: Erleuchtungen, Wahrsagerei, Glaube an den Satan, Astrologie, Katastrophenfilme<br />
und Retromanie. In der Presse: die Unfahigkeit, die Ursachen und die Bedeu<br />
, .tung der gegenwartigen politischen Auseinandersetzungen zu erkHuen.<br />
Aber nicht aIle wurden durch diese Krise gelahmt. Parallel zu den kulturellen Experimenten<br />
in allen gesellschaftlichen Gruppen kommt es zu drastischen Umgruppierungen dec internen<br />
Beziehungen innerhalb der amerikanischen EHten. Angesichts des Zerfalls iiberholtet<br />
Biindnisse versuchen sie, festen Boden unter die Fiiikzu bekommen und schauen nach<br />
tlel1en Institutionen, Kandidaten und politischen Biindnispartnern aus, die ihnen dienlich<br />
sc;in konnten und dem Druck der 80er Jahre standhalten.<br />
'}liir diejenigen, die sich mit dem Studium der amerikanischen Politik befassen, ist diese<br />
;Mobilmachung der Eliten und ihre Umgruppierung mehr als von vorubergehendem Inter<br />
'esse, denn sie beeinfluBt grundlegend die Form der Parteiauseinandersetzungen und der<br />
'. Konkurrenz, wie es bei den Prasidentschaftswahlen deutlich wird. Die existierenden<br />
Ma,chtstrukturen in Amerika miissen sich den demokratischen Regeln beugen, aber sie werden<br />
dabei kaum zerstort. Stattdessen fiillen sie den demokratischen ProzeB systematisch,<br />
geben ihm Form und Gehalt, schlieBen einige Moglichkeiten aus, wahrend sie anderen den<br />
Arischein der Notwendigkeit geben. Jede Prasidentschaftswahl muB deshalb als aus zwei<br />
verschiedenen Kampagnen bestehend gesehen werden. Eine, die in der Offentichkeit ablauft<br />
und sich in Vorwahlen, Parteitagen, Ansprachen und Diskussionen, schlieBlich dem<br />
Gang zu den Wahlurnen und dem Wahlergebnis ausdriickt. Die andere ist versteckter lind<br />
spiegelt den komplizierten ProzeB wider, durch den zentrale Interessengruppen wie OlgeselIschaften,<br />
internationale Banken, Waffenproduzenten, Gewerkschaften und sogar fremde<br />
Lander sich hinter bestimmte Kandidaten stellen, um so ihre eigenen Zieie zu verfolgen.<br />
Beide Kampagnen finden ihren Hohepunkt in den Wahlen, die eine Wahl ist offen,<br />
die andere verborgen.<br />
Die Aufgabe einer politischen Analyse muB es nun sein, die Verbindung zwischen den beiden<br />
zu fmden und damit den ProzeB zu erfassen, in dem die grundlegenden wirtschaftlichen<br />
Konflikte und Abhangigkeiten in eine Wahlbewegung umgesetzt werden. Manchmal<br />
ist diese Verbindung augenscheinlich, oft ist sie es nicht. Aber sie ist niemals unwichtig<br />
und im Fall der Wahlen 1980 deuten andere Faktoren darauf hin, daB ihre Bedeutung sehr<br />
groB ist.<br />
Thomas Ferguson/Joel Rogers