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DAS WESEN DER ZEIT –SYMPOSIUMSVORTRAG – 09/07– JANINE CHRISTGEN<br />

1<br />

- JANINE CHRISTGEN<br />

<strong>„Das</strong> <strong>Wesen</strong> <strong>der</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>ist</strong> <strong>das</strong> <strong>Maß</strong> <strong>des</strong> <strong>Gewordenen</strong> <strong>und</strong> <strong>eine</strong> immerwährende Bewegung“ –<br />

Überlegungen zur Rezeption musikalischer Texte in <strong>der</strong> (Post-)Mo<strong>der</strong>ne. – Vortrag auf <strong>der</strong><br />

Jahrestagung <strong>der</strong> Gesellschaft für Musikforschung zum Thema: „Selbstreflexion in <strong>der</strong><br />

Musikwissenschaft“ - 26. bis 29. September 2007<br />

Einführung <strong>und</strong> Problementwurf<br />

„Schreiben <strong>ist</strong> ein Appell an die Freiheit <strong>des</strong> Lesers.“ 1 So zumin<strong>des</strong>t fasst es Jean-Paul Sartre<br />

in s<strong>eine</strong>m Essay über <strong>das</strong> <strong>Wesen</strong> <strong>der</strong> Literatur. Das Kunstwerk <strong>ist</strong> ausschließlich im Vorgang<br />

<strong>der</strong> Rezeption präsent, in dem <strong>das</strong> Subjekt <strong>das</strong> Kunstwerk neu schafft. Das Werk erschließt<br />

sich folglich durch die konstitutive Le<strong>ist</strong>ung <strong>des</strong> Lesers. Dem „Akt <strong>des</strong> Lesens“ - will man<br />

sich <strong>der</strong> Nomenklatur Wolfgang Isers bedienen - fällt also ein wesentlicher Anteil bei <strong>der</strong><br />

Gewinnung von Bedeutung zu. Mit an<strong>der</strong>en Worten: <strong>„Das</strong> <strong>Wesen</strong> <strong>der</strong> <strong>Zeit</strong> <strong>ist</strong> <strong>das</strong> <strong>Maß</strong> <strong>des</strong><br />

<strong>Gewordenen</strong> <strong>und</strong> <strong>eine</strong> immerwährende Bewegung“. Erstaunlicher Weise lässt sich mit diesem<br />

Aphorismus <strong>des</strong> Vorsokratikers Xenokrates umreißen, was im Diskurs <strong>der</strong> Gegenwart virulent<br />

wird.<br />

Seit dem Beginn <strong>des</strong> 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts „kann ein Zerfall <strong>der</strong> musikalischen Sprachlichkeit bis<br />

hin zur Auflösung festgestellt werden, wobei <strong>das</strong> Komponieren von Sprache in den sechziger<br />

Jahren schließlich nicht nur die sprachlichen Strukturen <strong>der</strong> Musik, son<strong>der</strong>n auch die <strong>der</strong> zu<br />

Klangmaterial gewordenen Wortsprache zerschlug.“ 2 Ein Gr<strong>und</strong>problem, mit dem sich<br />

Philosophie, Lingu<strong>ist</strong>ik, Kunst <strong>und</strong> Musik seit dieser <strong>Zeit</strong> <strong>des</strong> Umbruchs beschäftigen, scheint<br />

somit die „Definition <strong>der</strong> auf Kommunikation gerichteten Ausdrucksmöglichkeiten“ 3 zu sein,<br />

beziehungsweise die Feststellung von <strong>der</strong>en unzureichen<strong>der</strong> Kommunikationsfähigkeit.<br />

Es stellt sich nun die Frage, wie es zu dem schwindenden Vertrauen in die Aussagefähigkeit<br />

von Sprache kommt <strong>und</strong> wie man infolge<strong>des</strong>sen mit sprachlichen Strukturen umgehen sollte.<br />

Dazu muss vorweg gesagt werden, <strong>das</strong>s Musik in diesem Fall als Sprache, beziehungsweise<br />

sprachähnliche Ausdrucksform in <strong>der</strong> Weise betrachtet wird, <strong>das</strong>s man auf sie die gleichen<br />

rezeptionsästhetischen <strong>und</strong> sprach-, bzw. ausdruckskritischen Problemstellungen applizieren<br />

kann, wie sie in <strong>der</strong> Literaturwissenschaft hervortreten.<br />

1 Sarte, Jean-Paul: Schriften zur Literatur. Was <strong>ist</strong> Literatur? In: König, Traugott (Hrsg.).: Gesammelte Werke 2.<br />

Reinbeck: Rowohlt 1986, S. 233.<br />

2 Kogler, Susanne: Am Ende, wortlos, die Musik – Untersuchungen zu Sprache <strong>und</strong> Sprachlichkeit im<br />

zeitgenössischen Musikschaffen. In: Kolleritsch, Otto (Hrsg.): Studien zur Wertungsforschung Bd. 39.<br />

Wien/Graz: Universal Edition 2003, S. 10.<br />

3 Kogler, Susanne: Am Ende, wortlos, die Musik – Untersuchungen zu Sprache <strong>und</strong> Sprachlichkeit im<br />

zeitgenössischen Musikschaffen. In: Kolleritsch, Otto (Hrsg.): Studien zur Wertungsforschung Bd. 39.<br />

Wien/Graz: Universal Edition 2003, S. 12.


DAS WESEN DER ZEIT –SYMPOSIUMSVORTRAG – 09/07– JANINE CHRISTGEN<br />

2<br />

- JANINE CHRISTGEN<br />

Bevor ich mich auf <strong>das</strong> Beispiel von Zen<strong>der</strong>s „Komponierter Interpretation von Schuberts<br />

Winterreise“, als <strong>eine</strong>m möglichen Weg <strong>der</strong> musikalischen Selbstreflexion in <strong>der</strong> Gegenwart<br />

konzentriere, möchte ich in Kürze umreißen, welche Gründe den kritischen Umgang mit<br />

musikalischen Texten bedingen.<br />

In <strong>der</strong> philosophischen Betrachtungsweise lässt sich <strong>der</strong> Beginn <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne mit dem Beginn<br />

<strong>der</strong> Aufklärung <strong>und</strong> <strong>der</strong> philosophischen Zentrierung auf <strong>das</strong> Subjekt bestimmen. Das<br />

Vertrauen auf <strong>eine</strong> Ziel <strong>und</strong> damit auf <strong>eine</strong> Sinnhaftigkeit <strong>der</strong> Welt, die in <strong>eine</strong>r höchsten<br />

Wahrheit zu finden <strong>ist</strong>, trennt <strong>und</strong> unterscheidet die Mo<strong>der</strong>ne Weltauffassung von jener <strong>der</strong><br />

Postmo<strong>der</strong>ne. Mit <strong>der</strong> Philosophie Nietzsches, die als Kritik <strong>der</strong> Hegelschen Gedanken<br />

gleichzeitig <strong>das</strong> Gebäude <strong>des</strong> Idealismus zum Einsturz bringt, beginnt die <strong>Zeit</strong> <strong>der</strong><br />

Postmo<strong>der</strong>ne. Auch die Subjektstruktur erfährt <strong>eine</strong> wesentliche Verän<strong>der</strong>ung hin zur<br />

dezentrierten Gestalt. Sie erwächst aus <strong>der</strong> Erfahrung, <strong>das</strong>s zur Subjektgenese <strong>eine</strong> äußere<br />

Welt benötigt wird, welche jedoch ihr als ent-fremdende <strong>und</strong> ent-äußernde entgegen tritt. So<br />

wird die Selbstbewusstseinskonstitution gleichermaßen zur immer wie<strong>der</strong> dezentrierenden<br />

Erfahrung. Die Einsicht in die Nichtübereinstimmung von subjektiver Erkenntnis <strong>und</strong><br />

Objektwelt, führt zu <strong>der</strong> Erkenntnis, <strong>das</strong>s die Objekte immer nur für ein Subjekt seiend sind,<br />

ohne dabei auf reale Ex<strong>ist</strong>enz o<strong>der</strong> intersubjektive Vergleichbarkeit rekurrieren zu können.<br />

Mit <strong>der</strong> Erfahrung, <strong>das</strong>s Erkenntnis nicht mehr intersubjektiv vergleichbar <strong>ist</strong>, kann auch<br />

k<strong>eine</strong> einheitliche Wahrheit <strong>und</strong> k<strong>eine</strong> einheitliche Sinnkonfiguration mehr angenommen<br />

werden. Gleichzeitig mit diesem Prozess vollzieht sich, die „Sprachliche Wende“, die<br />

„gr<strong>und</strong>legende Skepsis gegenüber <strong>der</strong> Vorstellung, Sprache sei ein transparentes Medium zur<br />

Erfassung <strong>und</strong> Kommunikation von Wirklichkeit.“ 4 Damit <strong>ist</strong> <strong>der</strong> Ausgangspunkt für den<br />

Kritischen Umgang mit Sprache <strong>und</strong> Kommunikationsformen bestimmt, zu denen ich auch<br />

jene <strong>der</strong> Kompositionen zähle. Zudem zeigt die kritische Wendung <strong>der</strong> Sprache 5 gegenüber,<br />

<strong>das</strong>s auch ein neues Verständnis von Sprache o<strong>der</strong> die Genese neuer sprachlicher Strukturen<br />

Wege aus <strong>der</strong> Krise sein können. Die Dekonstruktion <strong>eine</strong>s vormals „deutlichen“<br />

Sinnangebots, <strong>der</strong> Übergang von <strong>der</strong> Ein- in die Vieldeutigkeit <strong>und</strong> die bewusste Produktion<br />

von Sinnüberschüssen verwe<strong>ist</strong> auf <strong>eine</strong> sich in ihrer Komplexität entziehende Welt. Dem<br />

Schöpfenden wird bewusst, <strong>das</strong>s arbiträre Zeichen <strong>eine</strong> individuelle Mitteilbarkeit<br />

verunmöglichen. Daraus resultieren drei möglich Konsequenzen:<br />

4 Stierstorfer , Klaus: Lingu<strong>ist</strong>ic turn. In: Schweigle, Günther (Hrsg.):Metzlers Lexikon Literatur- <strong>und</strong><br />

Kulturtheorie. 3.Auflage. Stuttgart: Metzler 2004, S 312.<br />

5 Verbindung: Wahrheit/Spache vgl.: Nietzsches Text: „Über Wahrheit <strong>und</strong> Lüge im außermoralischen Sinne“


DAS WESEN DER ZEIT –SYMPOSIUMSVORTRAG – 09/07– JANINE CHRISTGEN<br />

3<br />

- JANINE CHRISTGEN<br />

1. Der Rückgriff auf die Tradition, als Ausweg aus <strong>der</strong> Krise, wobei hier über die Lösung <strong>des</strong><br />

Umgangs mit nicht mehr sprachfähigen Strukturen nachgedacht werden muss.<br />

2. Das Schweigen, als Aufgabe <strong>des</strong> Versuchs vermittels Codierungsverfahren Sinn zu<br />

erzeugen.<br />

3. Die Generierung <strong>eine</strong>s neuen tragfähigen Codierungssystems.<br />

Für <strong>das</strong> bislang theoretisch dargelegte, soll im Folgenden Hans Zen<strong>der</strong>s „Komponierte<br />

Interpretation von Schuberts Winterreise“ als praktisches Beispiel für den transformierenden<br />

Rückgriff auf die Tradition angeführt <strong>und</strong> die rezeptionsästhetische Position Zen<strong>der</strong>s, die sich<br />

vor allem an Wolfgang Iser <strong>und</strong> Umberto Eco orientiert, vorgestellt werden.<br />

Rezeptionsästhetik - Zen<strong>der</strong> bezeichnet s<strong>eine</strong>n eigenen Umgang mit den Werken vergangener<br />

<strong>Zeit</strong> als „lecture“, als „Lesart“. Die Bearbeitungsformen die er, resultierend aus dem „Akt <strong>des</strong><br />

Lesens“, zur Um- <strong>und</strong> Neugestaltung <strong>der</strong> „Winterreise“ Schubertscher Provenienz nutzt, sind<br />

die Folgenden: 6<br />

Interpretation:<br />

Dehnung bzw. Raffung <strong>des</strong> Tempos, Transposition in an<strong>der</strong>e Tonarten,<br />

Herausarbeiten charakter<strong>ist</strong>ischer farblicher Nuancen<br />

Lesen:<br />

innerhalb <strong>des</strong> Textes springen, Zeilen mehrfach wie<strong>der</strong>holen, Kontinuität<br />

unterbrechen, verschiedene Lesarten <strong>der</strong> gleichen Stelle vergleichen<br />

Orchestration: Permutation von Klangfarben; Ausnutzung von beson<strong>der</strong>en<br />

Klangmöglichkeiten<br />

Kontrafaktur:<br />

Hinzufügung frei erf<strong>und</strong>ener Klänge als Vor-, Zwischen-, Nach- o<strong>der</strong><br />

simultane Zuspiele; Überleitungen; Verschiebung <strong>der</strong> Klänge im Raum<br />

Bewegung:<br />

Gänge <strong>der</strong> Musiker im Raum<br />

Klangchiffre:<br />

keimhafte musikalische Figur, aus <strong>der</strong> <strong>das</strong> ganze Lied sich zeitlich entfaltet;<br />

Stimuli <strong>und</strong> Onomatopoetik<br />

Das Ziel <strong>ist</strong> es, so Zen<strong>der</strong>, die „ex<strong>ist</strong>entielle Wucht <strong>des</strong> Originals“ 7 wie<strong>der</strong>zubeleben, „die<br />

ästhetische Routine <strong>der</strong> Klassiker-Rezeption aufzubrechen“. 8 Wobei <strong>der</strong> Blinkwinkel auf <strong>das</strong><br />

Werk beson<strong>der</strong>s auch in Zen<strong>der</strong>s Fall subjektiv geprägt <strong>ist</strong>. Zen<strong>der</strong>s Vorgehen setzt die<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung mit <strong>der</strong> Frage nach <strong>der</strong> Originalität von Werkstrukturen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en<br />

Rekonstruierbarkeit voraus. Das Werk <strong>und</strong> s<strong>eine</strong> Bedeutung besitzen für Zen<strong>der</strong> k<strong>eine</strong><br />

immerwährende Konstanz, son<strong>der</strong>n lassen sich im Anschluss an <strong>das</strong> fassen, was Heraklit als<br />

sein berühmtes „Panta rhei“ („Alles fließt“) fasste. Das Kunstwerk <strong>ist</strong> <strong>der</strong> dynamischen<br />

Dimension <strong>der</strong> <strong>Zeit</strong> unterworfen. Die Zeichen <strong>der</strong> Partitur sind auf die zukünftige<br />

Aktualisierung in <strong>der</strong> Aufführung bezogen. Je<strong>der</strong> interpretatorische Zugang <strong>ist</strong> abhängig von<br />

<strong>der</strong> „lecture“. Dabei <strong>ist</strong> für Zen<strong>der</strong> bereits die Notation Interpretation, da sie we<strong>der</strong> <strong>das</strong><br />

6 Vgl. Zen<strong>der</strong>, Hans: Notizen zu m<strong>eine</strong>r komponierten Interpretation von Schuberts Winterreise, S. 221.<br />

7 Zen<strong>der</strong>, Hans: Notizen zu m<strong>eine</strong>r Komponierten Interpretation von Schuberts Winterreise“, S. 223.<br />

8 Vgl. Zen<strong>der</strong>, Hans: Notizen zu m<strong>eine</strong>r Komponierten Interpretation von Schuberts Winterreise“, S. 223.


DAS WESEN DER ZEIT –SYMPOSIUMSVORTRAG – 09/07– JANINE CHRISTGEN<br />

4<br />

- JANINE CHRISTGEN<br />

explizit Gedachte ausdrücken kann, noch <strong>eine</strong> genaue Dechiffrierung möglich macht. Daher<br />

scheint es auch nicht <strong>eine</strong> richtige Lesart, nicht <strong>eine</strong> „Wahrheit“ <strong>des</strong> musikalischen Textes zu<br />

geben. Diese Gedanken erschließen, warum ich im Voraus, die <strong>Zeit</strong> <strong>der</strong> Postmo<strong>der</strong>ne von<br />

jener <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne zu trennen suchte, zeigt sich hier doch, <strong>das</strong>s die Absage an die „Wahrheit“<br />

ihren Nie<strong>der</strong>schlag auch im Umgang mit <strong>der</strong> Rezeption musikalischer Texte findet.<br />

Zen<strong>der</strong> greift zur Verdeutlichung auf Höl<strong>der</strong>lins Mnemosyne-Text zurück: „Zeichen sind wir,<br />

deutungslos,/Schmerzlos sind wir <strong>und</strong> haben fast/ Die Sprache in <strong>der</strong> Fremde verloren.“ 9<br />

Mnemosyne, die Mutter <strong>der</strong> Musen, „<strong>ist</strong> im gleichen Moment in die Zukunft eilen<strong>der</strong><br />

utopischer Entwurf <strong>und</strong> Erinnerung an <strong>das</strong> Uralte.“ 10 Zeichen, die in ihrer Chiffrierung nicht<br />

mehr verstanden werden, sind deutungslos, haben ihre Sprachfähigkeit in <strong>eine</strong>r vergangenen<br />

<strong>Zeit</strong> eingebüßt <strong>und</strong> bedürfen nun <strong>der</strong> Übersetzungstätigkeit <strong>des</strong> Interpreten.<br />

Diese Gedanken schließen an Isers „Leerstellentheorie“ an: „Die Schrift <strong>des</strong> Kompon<strong>ist</strong>en<br />

entwirft an Stelle <strong>des</strong> <strong>eine</strong>n intendierten Stücks in Wirklichkeit unendlich viele. [...] Durch die<br />

Erfindung <strong>der</strong> musikalischen Schrift <strong>ist</strong> also gerade nicht die Möglichkeit entstanden, ein<br />

`musikalisches Objekt` eindeutig zu fixieren.“ 11 Zen<strong>der</strong> versteht die Urschrift als Basis für<br />

alle sich aus ihr formierenden differenten Lesarten. Die Werkentfaltung tritt durch <strong>das</strong><br />

„Lesen“ <strong>des</strong> Textes, durch die Kommunikation mit dem Text zutage. Wolfgang Iser geht<br />

davon aus, <strong>das</strong>s „die Schrift immer mehr ausdrückt, als dies dem Schreibenden bewusst <strong>ist</strong>“ 12 .<br />

Als Gründe für diesen Sachverhalt lassen sich die Arbriträt <strong>der</strong> Zeichen, <strong>der</strong> Wandel <strong>der</strong><br />

Chiffren <strong>und</strong> ihrer Bedeutung sowie <strong>der</strong> Wandel <strong>der</strong> Rezipienten (u.a. aus h<strong>ist</strong>orischen <strong>und</strong><br />

soziologischen Gründen) anführen. Die polyvalenten Möglichkeiten <strong>der</strong> Aktualisierung halten<br />

den Text dabei lebendig. Die Kommunikation mit dem Text vollzieht sich – nach Iser –<br />

gerade vermittels <strong>des</strong>sen Unbestimmtheitsstellen, die als „Aussparungen“ im Text bestimmt<br />

werden können, welche <strong>der</strong> Leser im Vorgang s<strong>eine</strong>r Lektüre individuell erschließt <strong>und</strong> auf<br />

mannigfaltige Weise gefüllt werden können.<br />

Nach diesen gr<strong>und</strong>sätzlichen theoretischen Bemerkungen zu Zen<strong>der</strong>s Vorgehensweise soll<br />

nun die Erläuterung anhand <strong>eine</strong>s Beispiels erfolgen. Dazu sei hier <strong>das</strong> erste Lied <strong>des</strong> Zyklus<br />

gewählt, da es nicht nur in Schubert Zyklus von beson<strong>der</strong>er Bedeutung <strong>ist</strong>, son<strong>der</strong>n gerade<br />

auch bei Zen<strong>der</strong> viel von <strong>der</strong> Arbeitsweise erfahren lässt, die s<strong>eine</strong> gesamte<br />

Zyklusbearbeitung kennzeichnet.<br />

9 Zitiert nach: Vogt, Harry: Musik <strong>der</strong> <strong>Zeit</strong>, S. 10.<br />

10 Zen<strong>der</strong>, Hans: Ein Vierteljahrhun<strong>der</strong>t später, S. 7.<br />

11 Zen<strong>der</strong>, Hans: Gedanken über die Bedeutung <strong>der</strong> schriftlichen Aufzeichnung für die Musik, S. 200.<br />

12 Gebauer, Gunter/Wulf, Chr<strong>ist</strong>oph: Unsinnliche Ähnlichkeit: zur Sprachanthropologie W. Benjamins, S. 377.


DAS WESEN DER ZEIT –SYMPOSIUMSVORTRAG – 09/07– JANINE CHRISTGEN<br />

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- JANINE CHRISTGEN<br />

Analyse: Gute Nacht<br />

Mit dem Titel „Gute Nacht“ <strong>ist</strong> gleichsam ein urromantischer Begriff aufgerufen. Die Nacht<br />

bezeichnet für die Romantiker die „Harmonia“ <strong>des</strong> Weltgefüges, <strong>das</strong> Geborgensein im<br />

kosmischen Ganzen. Müller <strong>und</strong> Schubert aber brechen mit diesen Vorstellen, verkehren den<br />

Topos in sein Gegenteil machen die Reise durch Nacht <strong>und</strong> Winter zur unheilvollen<br />

Erfahrung. Die unmittelbare Erfahrung <strong>der</strong> fremdgewordenen Natur zeigt sich in den<br />

Naturbil<strong>der</strong> <strong>der</strong> „Winterreise“ (Wind, Eis, Schnee, Tränen, Irrlichter) <strong>und</strong> den Stimuli<br />

(H<strong>und</strong>egebell, Posthornsignal, Krähen <strong>der</strong> Hähne, Krächzens <strong>der</strong> Raben), welche die<br />

Gefühlswelt <strong>des</strong> Wan<strong>der</strong>ers spiegeln. Zen<strong>der</strong> kennzeichnet sie als „Kernwörter“ o<strong>der</strong><br />

„Chiffren“ Schuberts, die er in onomatopoetischer Ausarbeitung zum Zentrum s<strong>eine</strong>r „Lesart“<br />

macht. Gleich zu Beginn s<strong>eine</strong>r Interpretation nutzt Zen<strong>der</strong> die assoziative Wirkung <strong>der</strong><br />

Onomatopoesie in <strong>der</strong> 53-taktige Einleitung zu „Gute Nacht“. Durch die Wisch-Bewegungen,<br />

<strong>der</strong> Hände auf den Tom-Toms, welche als Vorstufe zum Klanglichen <strong>und</strong> damit als<br />

Vorbereitung <strong>des</strong> Hörens bestimmt werden können, kann <strong>der</strong> Zuhörer dem Wan<strong>der</strong>er<br />

akustisch folgen: S<strong>eine</strong>r tonlosen Desorientierung, auf den verschneiten Wegen. Die Stille<br />

zwischen den Schritten - den Wisch-Bewegungen - wirkt dabei wie ein ratlos resignatives<br />

Umblicken <strong>des</strong> Wan<strong>der</strong>ers, ein unschlüssiges Reflektieren über den weiteren Verlauf <strong>des</strong><br />

Weges.<br />

Um den Zuhörer noch expliziter in die Situation <strong>der</strong> Musik hineinzuversetzen stellt Zen<strong>der</strong><br />

musikalische Verläufe <strong>und</strong> Beson<strong>der</strong>heiten durch Wan<strong>der</strong>bewegungen <strong>der</strong> Musiker dar. Der<br />

Zuhörer <strong>ist</strong> in <strong>der</strong> Lage die Formation <strong>des</strong> Klangkörpers <strong>und</strong> s<strong>eine</strong> spätere Deformation<br />

mitzuerleben. Die Gänge <strong>der</strong> Musiker verbinden visuellen, akustischer <strong>und</strong> konzeptionellen<br />

Effekt. Das Wan<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Musiker <strong>ist</strong> Weiterentwicklung <strong>der</strong> pochenden Achtelbewegung <strong>des</strong><br />

Schubertschen Klaviersatzes. Die Musiker ersch<strong>eine</strong>n als reale Wan<strong>der</strong>er auf den Spuren <strong>des</strong><br />

Schubertschen, zugleich werden auch die Klänge auf Wan<strong>der</strong>schaft gesendet. Konzeptuell<br />

ersch<strong>eine</strong>n die Wan<strong>der</strong>bewegungen an Becketts „Come and go“ zu gemahnen. 13 Die<br />

poetologische Konzeption scheint bei Beckett <strong>und</strong> Zen<strong>der</strong> ähnlich. Beckett verweigert in<br />

s<strong>eine</strong>m Spiel den real-kommunikativer Gehalt durch sinnleere Freilegung <strong>des</strong> sprachlichen<br />

Materials. Es <strong>ist</strong> die Einsicht in die Tatsache, <strong>das</strong>s Sprache k<strong>eine</strong> gelungene Kommunikation<br />

mehr hervorzubringen vermag. Somit schafft er sinnlos umherwan<strong>der</strong>nde, einsame Subjekte.<br />

Die Wan<strong>der</strong>bewegungen Zen<strong>der</strong>s sind somit Teil <strong>der</strong> Interpretation, <strong>der</strong> „Lesart“.<br />

13 Vgl. Stahmer, Hans Hinrich: Bearbeitung als Interpretation, S. 49.


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- JANINE CHRISTGEN<br />

Musikalisch gelingt es Zen<strong>der</strong> den Eindruck <strong>eine</strong>r „heilen Welt“, den Schuberts Musik beim<br />

heutigen Hörer so häufig zu evozieren scheint, gleich zu Beginn durch Kontrastierung zu<br />

brechen. Die drei Gr<strong>und</strong>thematiken <strong>der</strong> Winterreise: <strong>das</strong> Fremdsein, die verschmähte Liebe,<br />

<strong>und</strong> <strong>das</strong> Wan<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> Dunkelheit werden im ersten Lied <strong>des</strong> Zyklus in ihrer Gesamtheit<br />

exponiert. Wird <strong>der</strong> Zyklus häufig auf die Erfahrung verschmähter Liebe <strong>und</strong> <strong>des</strong> aus ihr<br />

resultierenden Wan<strong>der</strong>ns fälschlicherweise reduziert, so hebt Zen<strong>der</strong> die Wan<strong>der</strong>schaft <strong>und</strong><br />

die Heimatlosigkeit schon in <strong>der</strong> ausgedehnten Einleitung s<strong>eine</strong>r Interpretation hervor. Die<br />

Erfahrung <strong>des</strong> Fremdseins folgt im kontrastierenden zweiten Teil. Dem Hörer wird Schuberts<br />

Werk „fremd“, die gewohnten Klänge d<strong>ist</strong>anzieren sich <strong>und</strong> lassen den Rezipienten „neu“<br />

hören. Der Titel „Gute Nacht“ scheint somit in <strong>der</strong> Verkehrung <strong>des</strong> romantischen Topos zu<br />

<strong>eine</strong>r programmatischen Erfahrung für Wan<strong>der</strong>er <strong>und</strong> Zuhörer zu werden.<br />

Zen<strong>der</strong> beginnt die erste Strophe mit <strong>eine</strong>r r<strong>eine</strong>n Streicherbesetzung, welche den Eindruck<br />

<strong>der</strong> „heilen Welt“ durch die klangliche Assoziation <strong>des</strong> bie<strong>der</strong>meierlichen Streichquartetts<br />

vermittelt. Die zweite Strophe gestaltet Zen<strong>der</strong> durch den Einsatz <strong>der</strong> Klangfarben <strong>des</strong><br />

gesamten Orchesters, bevor die Strophe erneut im vollen Klang <strong>des</strong> Streichquartetts endet.<br />

Dieser Klangcharakter <strong>ist</strong> für Zen<strong>der</strong> die Basis s<strong>eine</strong>r nun beginnenden Kontrastgestaltung:<br />

die Reduktion auf die volkstümlichen Instrumente Gitarre <strong>und</strong> Akkordeon, die bereits alle<br />

naiv liedhaften Assoziationen <strong>des</strong> Rezipienten durch Überhöhung selbiger schwinden lassen,<br />

<strong>und</strong> die Akkordrepetitionen in pochenden Achtelnoten erwecken im Hörer bereits <strong>eine</strong><br />

Vorahnung auf <strong>das</strong> Kommende, <strong>eine</strong> gespannte Haltung, die aus <strong>der</strong> „Ruhe vor dem Sturm“,<br />

welcher in <strong>der</strong> Collage in Takt 131 hervorbricht, resultiert. Melodie, Sprachduktus <strong>und</strong> Satz<br />

werden zerschnitten. Die „heile Welt“ zerbricht. Jetzt gewinnt <strong>der</strong> Zuhörer <strong>eine</strong>n Einblick in<br />

die Innenwelt <strong>des</strong> Wan<strong>der</strong>ers. Der Rezipient soll sich involvieren, emotional affiziert werden.<br />

Ein Entzug aus Zen<strong>der</strong>s radikalem Bruch <strong>ist</strong> kaum möglich. „Lass irre H<strong>und</strong>e heulen vor...“<br />

heißt es im Text, <strong>und</strong> darauf werden alle Beteiligten noch einmal zurückgeworfen. Nun<br />

erscheint die Welt im wahrsten Sinne <strong>des</strong> Wortes „ent-täuschend“. Das chromatisch verfärbte<br />

Thema <strong>ist</strong> dem Hörer ebenso fremd geworden wie dem Wan<strong>der</strong>er die Heimat. Die<br />

onomatopoetische Textausdeutung bringt <strong>das</strong> Heulen <strong>der</strong> irren H<strong>und</strong>e plastisch hervor. In den<br />

folgenden Takten scheint Zen<strong>der</strong> zu dem gewohnten Schubertschen Klangbild zurückkehren<br />

zu wollen, doch we<strong>ist</strong> die erneute Überhöhung mittels <strong>der</strong> <strong>eine</strong> Idylle evozierenden<br />

Instrumentation bereits auf <strong>eine</strong>n weiteren Realitätseinbruch in die „Idylle“ hin. Der<br />

Wan<strong>der</strong>er liebt <strong>das</strong> Wan<strong>der</strong>n nicht, <strong>und</strong> auch die fügende Allmacht Gottes kann ihm als<br />

Begründung für sein Leid nicht genügen. Erneut bricht Zen<strong>der</strong> den musikalischen Fluss


DAS WESEN DER ZEIT –SYMPOSIUMSVORTRAG – 09/07– JANINE CHRISTGEN<br />

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- JANINE CHRISTGEN<br />

(T.141). Die melodiöse Artikulation <strong>der</strong> Sängerstimme versagt. Die gesprochene Deklamation<br />

mit Verstärkung im Fortissimo wird unterstrichen von massivem Schlagwerkeinsatz, dem<br />

Staccatospiel <strong>der</strong> Holzbläser <strong>und</strong> <strong>der</strong> „harten, geräuschhaften“ Artikulation <strong>der</strong> Streicher, die<br />

alle Striche „extrem am Steg“ ausführen. In Takt 147 for<strong>der</strong>t Zen<strong>der</strong> <strong>das</strong> Auflegen <strong>eine</strong>r<br />

schweren Metallkette auf die Pauke, so <strong>das</strong>s diese bei jedem folgenden Schlag zu rasseln<br />

beginnt. Vielleicht ein akustisches Zeichen dafür, <strong>das</strong>s „die Liebe (<strong>des</strong> Wan<strong>der</strong>ers) k<strong>eine</strong> Lust<br />

zum Wan<strong>der</strong>n zeigt, son<strong>der</strong>n im Gegenteil mit aller Gewalt an <strong>das</strong> Mädchen gekettet bleibt,“ 14<br />

aber auch trotzige Auflehnung gegen die Fesseln, die ihm Gesellschaft <strong>und</strong> Leben auferlegen,<br />

spiegelt. Das Rasseln <strong>der</strong> Ketten erscheint als lautliche Ausgestaltung <strong>eine</strong>s Protestwilligen,<br />

<strong>der</strong> sich zu befreien sucht, <strong>des</strong>sen Bürden jedoch von solcher Immanenz geprägt sind, <strong>das</strong>s ein<br />

Entkommen unmöglich scheint. Dies wird auch durch die Einwürfe <strong>der</strong> Piccoloflöten<br />

deutlich, die die Melodie zum Text „die Liebe liebt <strong>das</strong> wan<strong>der</strong>n“ höhnisch verfremdet<br />

aufgreifen <strong>und</strong> den Wan<strong>der</strong>er auszupfeifen sch<strong>eine</strong>n. Zwischen <strong>der</strong> 3. <strong>und</strong> 4. Strophe lässt<br />

Zen<strong>der</strong> ein „leuchten<strong>des</strong> Klangfeld entstehen.“ 15 Ein klangliches Bild, „<strong>eine</strong> impression<strong>ist</strong>isch<br />

flirrende Klanglandschaft, die in sich zu ruhen <strong>und</strong> außerhalb <strong>der</strong> <strong>Zeit</strong> zu stehen scheint.“ 16 Es<br />

hat den Anschein, als ob Zen<strong>der</strong> die „himmlischen Längen“ Schuberts, die auch beson<strong>der</strong>s in<br />

s<strong>eine</strong>n späten Klaviersonaten zu spüren sind, imitiere, ein nicht zu Ende kommen können<br />

darstelle. Der äußeren Abgeschlossenheit steht die innere Unabschließbarkeit gegenüber. Die<br />

äußeren Begrenzung <strong>des</strong> Individuums divergiert mit dem innere Drang nach Individualismus<br />

<strong>und</strong> Selbstverwirklichung. Dem Anpassungszwang setzt sich ein Aufbruchswille entgegen<br />

<strong>und</strong> die geschlossene musikalische Form unterliegt <strong>der</strong> Notdurft <strong>eine</strong>n unabschließbarer<br />

Gehalt auszudrücken. „Himmlische Längen“ sind <strong>der</strong> Versuch, die Welt zum Stillstand zu<br />

bringen, <strong>eine</strong>n Ausgleich zwischen Welt <strong>und</strong> Individuum herzustellen. 17 Es <strong>ist</strong> Schuberts Weg<br />

<strong>der</strong> <strong>Zeit</strong>strukturierung Musik dahinströmen zu lassen <strong>und</strong> somit Freiheit zu eröffnen,<br />

gleichzeitig aber durch den repetierenden Charakter auf die <strong>des</strong>illusionierend repr<strong>ist</strong>inierende<br />

<strong>Zeit</strong> hinzudeuten. 18<br />

Zen<strong>der</strong> zeigt in Form s<strong>eine</strong>r „komponierten Interpretation“ <strong>das</strong>s die „Leerstellen“ <strong>des</strong><br />

musikalischen Textes gleichzeitig zum Verlust intersubjektiver Vergleichbarkeit <strong>der</strong> Lesarten<br />

führt, wie zur gr<strong>und</strong>sätzlichen Offenheit <strong>der</strong> musikalischen Texte für <strong>eine</strong> Rezeption, die über<br />

die „Epochengrenzen“ hinausgeht. Die subjektive Ausfüllung dieser „Leerstellen“ führt zu<br />

14 Nonnenmann, Rainer: Vom Nutzen <strong>und</strong> Nachteil <strong>der</strong> Musikh<strong>ist</strong>orie für <strong>das</strong> Musikleben, S.75.<br />

15 Nonnenmann, Rainer: Vom Nutzen <strong>und</strong> Nachteil <strong>der</strong> Musikh<strong>ist</strong>orie für <strong>das</strong> Musikleben, S.77.<br />

16 Nonnenmann, Rainer: Vom Nutzen <strong>und</strong> Nachteil <strong>der</strong> Musikh<strong>ist</strong>orie für <strong>das</strong> Musikleben, S.77.<br />

17 vgl. Godel, Arthur: Schuberts letzte drei Klaviersonaten, S. 191-257.<br />

18 Vgl. Schnebel, Dieter: Auf <strong>der</strong> Suche nach <strong>der</strong> befreienden <strong>Zeit</strong>, S. 505.


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- JANINE CHRISTGEN<br />

Zen<strong>der</strong>s „Lesart“ von Schuberts „Winterreise“, die selbst <strong>eine</strong> vorläufige, eben subjektive <strong>ist</strong>.<br />

Durch die Technik <strong>der</strong> Interpretation, <strong>des</strong> Lesens, <strong>der</strong> Orchestration, <strong>der</strong> Kontrafaktur, <strong>der</strong><br />

visuellen Komponente <strong>der</strong> Bewegung <strong>der</strong> Musiker durch den Raum <strong>und</strong> die<br />

onomatopoetischen Klangchiffren versucht Zen<strong>der</strong> <strong>eine</strong> unmittelbare Wirkung auf den Hörer<br />

zu erzielen. Zen<strong>der</strong> <strong>ist</strong> bewusst, <strong>das</strong>s es <strong>eine</strong> Interpretation, die alle Werkintentionen verlustlos<br />

abzubilden vermag unmöglich erzielt werden kann, dies wird aus s<strong>eine</strong>n theoretischen<br />

Schriften deutlich. Anhand von Zen<strong>der</strong>s Werk wurde es jedoch möglich <strong>eine</strong> Form <strong>des</strong><br />

Umgangs mit Sprachfähigkeit <strong>und</strong> schwindenden Sprachkonstanz musikalischer Strukturen in<br />

<strong>der</strong> Musik <strong>der</strong> Gegenwart vorzustellen <strong>und</strong> nachzuvollziehen.

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