Das „Say on Pay” nach dem VorstAG – doch kein ... - White & Case
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<str<strong>on</strong>g>Das</str<strong>on</strong>g> <str<strong>on</strong>g>„Say</str<strong>on</strong>g> <strong>on</strong> <strong>Pay”</strong> <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> <strong>VorstAG</strong> <strong>–</strong><br />
<strong>doch</strong> <strong>kein</strong> „zahnloser Papiertiger“?<br />
Erste praktische Erfahrungen mit <strong>dem</strong> neuen HV-Votum zum Vergütungssystem<br />
Februar 2010<br />
Mit <strong>dem</strong> im vergangenen August in Kraft getretenen<br />
Gesetz zur Angemessenheit der Vorstandsvergütung<br />
(<strong>VorstAG</strong>) hat der Gesetzgeber die Diskussi<strong>on</strong> um<br />
Vorstandsgehälter aufgegriffen. Neben neuen Vorgaben<br />
für die Vorstandsvergütung (vor allem Stärkung der<br />
Nachhaltigkeit) hält das <strong>VorstAG</strong> auch für die HV-Praxis<br />
ein Novum bereit, welches die HV-Sais<strong>on</strong> <strong>–</strong> die ersten<br />
Erfahrungen deuten darauf hin (Siemens, ThyssenKrupp,<br />
<strong>dem</strong>nächst TUI) <strong>–</strong> prägen dürfte: das sogenannte<br />
<str<strong>on</strong>g>„Say</str<strong>on</strong>g> <strong>on</strong> Pay“.<br />
Dr. Alexander Kiefner<br />
<strong>White</strong> & <strong>Case</strong><br />
Tiger ohne Zähne?<br />
Worum geht es? Nach § 120 Abs. 4 AktG<br />
kann nunmehr die Hauptversammlung einer<br />
börsennotierten Gesellschaft über die<br />
Billigung des Systems zur Vergütung der<br />
Vorstandsmitglieder beschließen. Der<br />
Beschluss ist nicht anfechtbar und<br />
begründet weder Rechte noch Pflichten,<br />
insbes<strong>on</strong>dere des Aufsichtsrats, in dessen<br />
Zuständigkeit <strong>nach</strong> wie vor die Festlegung<br />
der Vorstandsvergütung fällt. Vorbilder für<br />
ein solches „Advisory Vote“ finden sich<br />
etwa in England oder den Niederlanden, wo<br />
z. B. im vergangenen Mai die<br />
Hauptversammlung der Royal Dutch Shell<br />
das Vergütungssystem abgelehnt hat. Da<br />
nur das Vergütungssystem insgesamt zur<br />
Abstimmung stehen kann, wird nicht über<br />
die k<strong>on</strong>krete Vergütung einzelner<br />
Vorstandsmitglieder Beschluss gefasst,<br />
s<strong>on</strong>dern darüber, ob die Vergütungsstruktur<br />
bzw. die sie kennzeichnenden Merkmale<br />
(z. B. Caps, Verhältnis der verschiedenen<br />
Komp<strong>on</strong>enten zueinander) in Gänze v<strong>on</strong> der<br />
HV mitgetragen werden.<br />
<str<strong>on</strong>g>Das</str<strong>on</strong>g> Say <strong>on</strong> Pay ist rechtlich unverbindlich<br />
und unanfechtbar. Eine Billigung nimmt<br />
<strong>dem</strong> Aufsichtsrat nicht seine Verantwortung<br />
für die Vergütung ab. Warum sollte also ein<br />
Emittent das Say <strong>on</strong> Pay auf die<br />
Tagesordnung setzen? Etliche Experten<br />
prognostizierten <strong>–</strong> auch im HV Magazin <strong>–</strong><br />
noch vor Kurzem, die Neuregelung würde<br />
ein Schattendasein fristen und sich als<br />
„zahnloser Papiertiger“ erweisen. Die<br />
anlaufende HV-Sais<strong>on</strong> deutet je<strong>doch</strong> in eine<br />
andere Richtung.<br />
Die ersten HV-Voten liegen<br />
vor<br />
Mit Siemens und ThyssenKrupp haben<br />
bereits zwei DAX30-Werte über die<br />
Vorstandsvergütung abstimmen lassen<br />
(Zustimmungsquoten v<strong>on</strong> 89,65 % bzw.<br />
99,55 %), <strong>dem</strong>nächst folgt TUI; bei<br />
weiteren großen Emittenten gibt es Pläne<br />
in diese Richtung. Manche meinen sch<strong>on</strong>,<br />
das „Vorpreschen“ v<strong>on</strong> Siemens,<br />
ThyssenKrupp und TUI sei wegweisend<br />
zumindest für DAX30- und MDAX-<br />
Unternehmen. Die Gründe, das Say <strong>on</strong> Pay<br />
auf die HVAgenda zu setzen, liegen auf der<br />
Hand: Beim Thema Vorstandsvergütung<br />
stehen gerade die Börsenschwergewichte<br />
unter bes<strong>on</strong>derer Beobachtung, und im<br />
Dieser Artikel wurde in leicht<br />
abgewandelter Form im HV-Magazin,<br />
S<strong>on</strong>derausgabe HV-Recht 2010,<br />
Februar 2010, veröffentlicht.
<str<strong>on</strong>g>Das</str<strong>on</strong>g> <str<strong>on</strong>g>„Say</str<strong>on</strong>g> <strong>on</strong> Pay“ <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> <strong>VorstAG</strong> <strong>–</strong><br />
<strong>doch</strong> <strong>kein</strong> „zahnloser Papiertiger“?<br />
Sinne guter Investor Relati<strong>on</strong> und Corporate Governance kann es<br />
Sinn machen, proaktiv die neue gesetzliche Möglichkeit zu nutzen.<br />
Kritische Fragen in der HV zur Vergütung lassen sich ohnehin kaum<br />
vermeiden, fallen sie <strong>doch</strong> zumeist unter die Tagesordnungspunkte<br />
Entlastung oder Vorlage des Jahresabschlusses.<br />
Auch dürfte die Möglichkeit v<strong>on</strong> Akti<strong>on</strong>ären, mit einem<br />
fristgerechten Tagesordnungsergänzungsverlangen (§ 122 Abs. 2<br />
AktG, Mindestbeteiligung v<strong>on</strong> 5 % oder EUR 500.000 nominal) ein<br />
Say <strong>on</strong> Pay erzwingen zu können, eine Rolle spielen. Die<br />
Akti<strong>on</strong>ärsschutzvereinigungen und einige instituti<strong>on</strong>elle Investoren<br />
wie Hermes haben frühzeitig erkennen lassen, dass sie bei<br />
etlichen Gesellschaften v<strong>on</strong> diesem Instrument Gebrauch machen<br />
könnten. Erhält ein Emittent Signale in diese Richtung, kann es<br />
sich unter Investor-Relati<strong>on</strong>s-Gesichtspunkten anbieten, die<br />
Agenda aktiv zu gestalten, anstatt mit einer öffentlichen<br />
Auseinandersetzung im Vorfeld der HV k<strong>on</strong>fr<strong>on</strong>tiert zu werden.<br />
Keine Probleme für die HV-Praxis zu erwarten<br />
In der k<strong>on</strong>kreten Handhabung wird das Say <strong>on</strong> Pay für den<br />
HV-Praktiker <strong>kein</strong>e bes<strong>on</strong>deren Probleme aufweisen. Zur<br />
Abstimmung steht nur das aktuell bestehende Vergütungssystem.<br />
Zu dessen Beschreibung in der HV-Einladung wird man, um die<br />
Tagesordnung schlank zu halten, es für zulässig halten müssen,<br />
auf den Vergütungsbericht zu verweisen, der ohnehin regelmäßig<br />
Bestandteil der Unterlagen zu TOP 1 ist (so auch bei Siemens und<br />
ThyssenKrupp). Nur wenn das Vergütungssystem <strong>nach</strong> Ablauf des<br />
Geschäftsjahres geändert wurde und nicht mehr Eingang in den<br />
Geschäftsbericht finden k<strong>on</strong>nte, erscheint eine ausführlichere<br />
Beschreibung oder eine Verweisung auf ein ges<strong>on</strong>dertes und als<br />
HV-Unterlage bereitzuhaltendes Dokument erforderlich. Der<br />
Beschlussvorschlag, welcher in die Einladung aufzunehmen ist,<br />
muss <strong>–</strong> entsprechend der allgemeinen Regelung in § 124 Abs. 3<br />
AktG, die durch das <strong>VorstAG</strong> unberührt geblieben ist <strong>–</strong> nicht nur<br />
vom Aufsichtsrat, s<strong>on</strong>dern auch vom Vorstand stammen.<br />
Zuzugeben ist, dass ein solch wortlautgetreues<br />
Gesetzesverständnis einen Bruch zur alleinigen<br />
Vergütungskompetenz des Aufsichtsrats darstellt (was die<br />
abweichende Handhabung in der HV-Einladung v<strong>on</strong> TUI <strong>–</strong> nur<br />
Vorschlag des Aufsichtsrats <strong>–</strong> erklären dürfte). Häufig dürfte der<br />
Fall anzutreffen sein, dass der Emittent mit Blick auf das <strong>VorstAG</strong><br />
an einer „Renovierung“ der Vorstandsvergütung arbeitet, diese bei<br />
Einberufung bzw. Abhaltung der HV aber noch nicht vom<br />
Aufsichtsrat verabschiedet ist. Die Hauptversammlung gibt dann<br />
ein Votum über ein Vergütungssystem ab, das sich bald überholt<br />
hat. Patentlösungen, wie man hiermit umgeht, gibt es nicht. Eine<br />
Möglichkeit besteht darin, v<strong>on</strong> einem Say <strong>on</strong> Pay zwar Abstand zu<br />
nehmen, je<strong>doch</strong> in der HV-Einladung oder der s<strong>on</strong>stigen<br />
Akti<strong>on</strong>ärskommunikati<strong>on</strong> zu erkennen zu geben, dass eine<br />
Beschlussfassung nur wegen des „work in progress“ unterbleibt<br />
(so etwa die HV-Einladung v<strong>on</strong> Infine<strong>on</strong>). Abzuwarten bleibt dann,<br />
ob nicht gleichwohl Akti<strong>on</strong>äre ein HV-Votum mittels<br />
Ergänzungsverlangen erzwingen wollen, etwa um Unmut über die<br />
bisherige Praxis zum Ausdruck zu bringen. Ggf. lohnt es sich hier,<br />
im Vorfeld den K<strong>on</strong>takt mit den maßgeblichen Akti<strong>on</strong>ärsgruppen zu<br />
suchen. <str<strong>on</strong>g>Das</str<strong>on</strong>g> „Gegenmodell“ kennzeichnet, das Say <strong>on</strong> Pay trotz<br />
bevorstehender Änderung des Vergütungssystems zur<br />
Abstimmung zu stellen (so etwa Siemens oder ThyssenKrupp),<br />
je<strong>doch</strong> vor und vor allem in der Hauptversammlung aktiv (z. B. in<br />
den einleitenden Ausführungen des Versammlungsleiters) zu<br />
bet<strong>on</strong>en, dass die materiellen Vorgaben des <strong>VorstAG</strong> sich in der<br />
Umsetzungsphase befinden. In der HV selbst wirft das Say <strong>on</strong> Pay<br />
<strong>kein</strong>e bes<strong>on</strong>deren verfahrensrechtlichen Probleme auf. Da lediglich<br />
die Billigung des Vergütungssystems zur Abstimmung steht,<br />
können sich Gegenanträge <strong>–</strong> ähnlich wie bei der Entlastung <strong>–</strong> nur<br />
in der Ablehnung des Verwaltungsvorschlags erschöpfen.<br />
Gegenvorschläge für das Vergütungssystem sind unzulässig.<br />
Ebenfalls unzulässig ist es, in der HV eine Abstimmung über das<br />
Vergütungssystem zu beantragen, wenn das Say <strong>on</strong> Pay gar nicht<br />
auf der Tagesordnung steht. Nach ganz herrschender und<br />
zutreffender Auffassung handelt es sich nicht um einen<br />
bekanntmachungsfreien Antrag <strong>nach</strong> § 124 Abs. 4 Satz 2 AktG.<br />
Insbes<strong>on</strong>dere besteht <strong>–</strong> anders als etwa oft bei Anträgen auf<br />
S<strong>on</strong>derprüfung <strong>–</strong> <strong>kein</strong> so enger Zusammenhang zum<br />
Tagesordnungspunkt Entlastung, dass dies eine Ankündigung in<br />
der HV-Einladung entbehrlich machen könnte.<br />
Ausblick<br />
Insgesamt lautet die Prognose: Siemens und ThyssenKrupp haben<br />
den Startschuss gegeben; etliche weitere werden folgen.<br />
Dr. Alexander Kiefner ist als Local Partner am Frankfurter Standort<br />
im Bereich Corporate tätig.<br />
Die Informati<strong>on</strong>en in diesem Artikel ersetzen <strong>kein</strong>e rechtliche<br />
Beratung. Für die Richtigkeit und Anwendung dieser Informati<strong>on</strong><br />
ohne unsere rechtliche Beratung im Einzelfall übernehmen wir<br />
<strong>kein</strong>e Haftung.<br />
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