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Nierenfunktionsdiagnostik - Institut für Klinische Chemie

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<strong>Institut</strong> <strong>für</strong> <strong>Klinische</strong> <strong>Chemie</strong><br />

Arnold von Eckardstein<br />

Labordiagnostik der<br />

Nierenfunktion


Funktionen der Niere<br />

• Exkretion endogener und exogener Stoffe<br />

• Regulation Wasser- und Mineralhaushalt<br />

• Regulation Säure-Basen-Haushalt<br />

• Endokrine Funktionen<br />

– Erythropoetin-Produktion<br />

– 1-Hydroxylierung von 25-OH-Vitamin D<br />

– Renin-Angiotensin-Aldosteron System<br />

Dennoch: glomeruläre Filtrationsrate (GFR) gilt als bester Marker<br />

zur Abschätzung der Nierenfunktion<br />

1


Nephrologische Labordiagnostik:<br />

Glomeruläre Filtrationsrate (GFR)<br />

‣ Definitionen, Epidemiologie und klinische Bedeutung<br />

der erniedrigten GFR<br />

‣ Messung und Abschätzung der GFR<br />

‣ andere Parameter zur Abschätzung der Nierenfunktion<br />

(Harnstoff, Cystatin C, Neutrophilen-Gelatinase<br />

Assoziiertes Lipocalin)


Chronische Niereninsuffizienz - Definition<br />

1. Nierenschaden während > 3 Monaten, mit oder ohne<br />

Funktionseinschränkung ( GFR), manifestiert durch<br />

- strukturelle Veränderungen (Histopathologie)<br />

- Marker des Nierenschadens (Proteinurie/Albuminurie, Haematurie,<br />

sonografische Veränderungen etc.)<br />

2. Glomeruläre Filtrationsrate (GFR) < 60 ml/min./1.73 m 2<br />

während > 3 Monaten,<br />

mit oder ohne Nachweis eines Nierenschadens<br />

NKF, K/DOQI Clinical Practice Guidelines for Chronic Kidney Disease, Am J Kidney Dis 39: S46-S64, 2002


Die Glomeruläre Filtrationsrate (GFR)<br />

National Kidney Foundation. Am J Kidney Dis 2002; 39 (suppl 1): S1-S266<br />

Von allen Glomerula pro Zeiteinheit<br />

produzierte Menge an Primärharn<br />

(= Summe der GFR der Einzelglomerula).<br />

Bester globaler Index der Nierenfunktion.<br />

Normwerte:<br />

127 + 20 ml/min/1.73m 2 m<br />

118 + 20 ml/min/1.73m 2 f<br />

[U X ] x V<br />

C X = ________<br />

[S X ] x t<br />

‣ Cx = Clearance (in mL/min)<br />

‣ [U X ] = Urinkonzentration (in mol/L)<br />

‣ V = Urinvolumen (in mL)<br />

‣ [S x ] = Serumkonzentration (in mol/L)<br />

‣ t = Zeit (in min)


Stadien der chronischen Niereninsuffizienz<br />

STADIUM<br />

GFR*<br />

(ml/min/1.73 m 2 )<br />

1. Nierenschaden mit normaler / GFR > 90<br />

2. Nierenschaden mit leicht GFR 60-89<br />

3. Mittelschwere Niereninsuffizienz 30-59<br />

4. Schwere Niereninsuffizienz 15-29<br />

5. Nierenversagen (Urämie) < 15 / Dialyse<br />

* GFR = glomeruläre Filtrationsrate<br />

(nach NKF, K/DOQI Clinical Practice Guidelines for Chronic Kidney Disease, Am J Kidney Dis 39: S46-S64, 2002)


Prävalenz der erniedrigten GFR<br />

ca.11% (alle Stadien)<br />

Coresh et al. Am J Kidney Dis 2003;41:1-12<br />

In der Schweiz<br />

ca. 5% (Stadien 3-5, d.h GFR < 60 ml/min/1.73m 2 )<br />

3.5% Stadium 3, d.h. GFR 30- 60 ml/min/1.73m2<br />

0.5% Stadium 4, d.h. GFR 15- 30 ml/min/1.73m2<br />

0.1% Stadium 5, d.h. GFR


Chron. . Niereninsuffizienz und Alter<br />

30<br />

25<br />

20<br />

GFR < 60 ml/min./1.73 m 2<br />

%<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

20-39 40-59 60-69 70- Jahre<br />

pro Jahr<br />

ca. 1ml/min/1.73m 2<br />

Hallan et al. Nephrol Dial Transpl 2006;21:1525-1533<br />

NKF, K/DOQI Clinical Practice Guidelines for Chronic Kidney<br />

Disease, Am J Kidney Dis 39: S46-S64, 2002


Relevanz und Konsequenzen<br />

einer erniedrigten GFR<br />

Relevanz<br />

‣ Prädiktor der Progression einer chronischen Nierenerkrankung<br />

‣ Kardiovaskulärer Risikofaktor, auch schon bei milder GFR<br />

‣ erhöhtes Toxizitätsrisiko bei Medikamenten und Diagnostika<br />

(z.B. Kontrastmittel)<br />

‣ renale Anämie<br />

‣ renale Osteopathie<br />

Interventionen:<br />

‣ Progression kann verlangsamt werden<br />

(z.B. Nicht-Rauchen, optimierte Blutdruck-, Diabetes-, Lipid-Einstellung)<br />

‣ Kardiovaskuläres Risiko ist modifizierbar<br />

‣ Dosisanpassung / Vermeidung gewisser Medikamente


Nephrologische Labordiagnostik:<br />

Glomeruläre Filtrationsrate (GFR)<br />

‣ Definitionen, Epidemiologie und klinische Bedeutung<br />

der erniedrigten GFR<br />

‣ Messung und Abschätzung der GFR und Nierenfunktion


Glomeruläre<br />

re Filtrationsrate (GFR)<br />

[U X ] x V<br />

C X = ________<br />

[S X ] x t<br />

‣ Cx = Clearance (in mL/min)<br />

‣ [U X ] = Urinkonzentration (in mol/L)<br />

‣ V = Urinvolumen (in mL)<br />

‣ [S x ] = Serumkonzentration (in mol/L)<br />

‣ t = Zeit (in min)<br />

Goldstandard (aber klinisch wenig praktikabel): Inulin<br />

‣ glomerulär frei filtriert<br />

‣ tubulär nicht resorbiert / sezerniert<br />

‣ Alternativ kann auch die Clearance von Isotopen (99Tc-DTPA,<br />

51Cr-EDTA, 121I-Iothalamate) oder Kontrastmittel (Iohexol)<br />

verwandt werden<br />

‣ impräzise


Nephrologische Labordiagnostik:<br />

Glomeruläre Filtrationsrate (GFR)<br />

‣ Definitionen, Epidemiologie und klinische Bedeutung<br />

der erniedrigten GFR<br />

‣ Messung und Abschätzung der GFR und Nierenfunktion<br />

‣ Kreatinin im Serum oder Plasma<br />

‣ Kreatinin-Clearance<br />

‣ Abgeleitete Schätz<br />

tz-Grössen,<br />

eGFR (Cockcroft<br />

‣ Cystatin C +/- abgeleitete Schätzgr<br />

tzgrössen<br />

Cockcroft-Gault, , MDRD, CKD-EPI)


Kreatin- und Kreatininstoffwechsel<br />

Kreatinkinase<br />

Kreatin + ATP Kreatinphosphat + ADP<br />

N<br />

C<br />

C<br />

NH<br />

COOH<br />

NH 2<br />

Kreatin<br />

spontan<br />

H 2 O<br />

• Abbauprodukt aus Kreatin:<br />

- Muskelstoffwechsel (Poolgrösse ca. 100 g)<br />

- Nahrungsaufnahme ca. 1 g<br />

• glomerulär frei filtriert<br />

• tubulär zu 10% sezerniert<br />

N<br />

C<br />

C<br />

NH<br />

C<br />

O<br />

NH<br />

Kreatinin


Labormethoden zur Kreatinin-Bestimmung<br />

‣ Jaffé Methode: gebräuchlichste Methode<br />

interferierende Substanzen (z.B. Proteine, Glucose,<br />

Acetoacetat, Bilirubin, Cephalosporine), non-Kreatinin-<br />

Chromogene machen bis zu 25% der ermittelten<br />

Konzentration aus. Z.T. individuelle Unterschiede.<br />

‣ Enzymatische Methode: Interferenzärmer aber nicht -frei<br />

‣ Referenzmethode Isotopen-Dilution Massenspektrometrie<br />

(IDMS)<br />

‣ Bis vor kurzem keine Standardisierung der Routinemethoden<br />

zur Kreatininmessung und auch heute noch nicht von allen<br />

Laboratorien umgesetzt<br />

NKDEP. Clin Chem 2006; 52:5-18


Beziehung Serum-Kreatinin und GFR<br />

Kreatinin ist ein unsensitiver Marker<br />

der Nierenfunktion. Die Serum-<br />

Kreatinin Konzentration alleine sollte<br />

nicht gebraucht werden, um die<br />

Nierenfunktion einzuschätzen.<br />

National Kidney Foundation.<br />

Am J Kidney Dis 39:S1-S266, 2002 (suppl 1)<br />

Obere Referenzbereiche:<br />

Männer: 106 mol/L<br />

Frauen: 80 mol/L


Serum-Kreatinin zur Einschätzung der GFR?<br />

Serum Kreatinin ist durch die GFR und von<br />

der GFR unabhängige Faktoren beeinflusst:<br />

• Geschlecht (Männer generieren mehr<br />

Kreatinin)<br />

• Rasse (Schwarze generieren mehr Kreatinin)<br />

• Muskelmasse<br />

• Diät (Einnahme von gekochtem Fleisch ↑<br />

Kreatinin, Kreatinpulver)<br />

• Lebererkrankung ( Synthese bei<br />

Leberzirrhose)<br />

• Tubuläre Sekretion (10-15% bei normaler<br />

GFR, ↑ bei GFR: 50% bei


Kreatinin-Clearance<br />

‣ Messung der Clearance eines<br />

endogenen Markers.<br />

‣ Aufgrund tubulärer Sekretion<br />

wird die GFR überschätzt.<br />

‣ Aufwendig <strong>für</strong> Personal<br />

(komplexe Erklärung)<br />

‣ belastend <strong>für</strong> Patienten<br />

(Fehleranfälligkeit der 24h-Urin-<br />

Sammlung)<br />

‣ Verzögerte Verfügbarkeit der<br />

Resultate (24h plus Analysezeit).<br />

[U Crea ] x V<br />

Crea = ___________<br />

Crea ] x t<br />

C Crea<br />

[S Crea


Abschätzung der Kreatinin-Clearance<br />

(C Krea<br />

mit Serum-Kreatinin<br />

Kreatinin-Spiegel<br />

(Krea)<br />

Krea )<br />

Mann : C Krea =<br />

(140<br />

- Alter; Jahre) x (Gewicht; kg)<br />

0.82 x Krea (mol/l)<br />

Frau : C Krea<br />

= C Krea Mann x 0.85<br />

(nach Cockroft DW & Gault MH, Nephron 16: 31-41, 1976)


Abschätzung der Glomerulären<br />

ren Filtrationsrate<br />

(eGFR)) mit Serum-Kreatinin<br />

Kreatinin-Spiegel<br />

(Krea)<br />

eGFR = 2.1 x Krea (mol/l)<br />

-1.154<br />

x Alter (Jahre) -0.203<br />

Mann: = GFR x 1.0<br />

Frau: = GFR x 0.742<br />

Afrikaner: = GFR x 1. 21<br />

(vereinfachte MDRD-Formel)


Limitationen der GFR-Schätzung nach MDRD<br />

‣ wurde nicht in non-weiss / non-schwarz Populationen untersucht.<br />

‣ ist nicht präzise und akkurat bei Patienten mit<br />

normaler (> 60 ml/min/1.73 m 2 ) oder<br />

stark eingeschränkter Nierenfunktion (< 20 ml/min/1.73 m 2 )<br />

‣ darf nicht angewandt werden bei<br />

• extremen Alter und Körpermassen<br />

• schwerer Malnutrition oder Fettleibigkeit<br />

• Leberzirrhose<br />

• Schwangere<br />

• Skelettmuskelerkrankungen<br />

• Quadriplegie / Paraplegie, Amputierte<br />

• rein vegetarischer Ernährung<br />

• Schnell wechselnder Nierenfunktion<br />

• Bedarf einer genauen Angabe der Nierenfunktion<br />


Eine neue Schätzgleichung: CKD-EPI<br />

Levey et al. Ann Intern Med 2009;150:604-12


Eine neue Schätzgleichung: CKD-EPI<br />

Levey & Stevens Am J Kidney Dis 2010;55(4):622-7<br />

• Reduktion CKD Stadien 1-4 von 13.1% auf 11.5%<br />

26,50


Empfehlungen zur Schätzung der GFR (eGFR)<br />

‣ Die Serum-Kreatinin Konzentration sollte nicht allein gebraucht<br />

werden, um die Nierenfunktion abzuschätzen<br />

‣ zusätzlich zur Kreatinin-Konzentration sollten medizinische<br />

Laboratorien eine durch Formel geschätzte GFR berichten<br />

‣ Keine Angabe von Kommastellen<br />

‣ MDRD (derzeit von Laboratorien routinemässig eingesetzt):<br />

Keine numerischen Angaben von eGFR 60 ml/min/1.73m 2<br />

‣ CKD-EPI, MDRD oder Cockcroft-Gault <strong>für</strong> Erwachsene >18 Jahre<br />

(Schwartz oder Counahan-Barratt <strong>für</strong> Kinder)<br />

‣ die gemessene Kreatininclearance ist selten besser als eGFR


Neue CKD-Klassifikationen:<br />

AKDN vs. KDIGO<br />

Levey et al. Ann Intern Med 2011 4;154(1):65-7


Alternativen/Ergänzungen in speziellen Situationen<br />

‣Bestimmung der GFR in speziellen Patiengruppen<br />

• (Kreatinin) Clearance<br />

• Cystatin C<br />

‣Bestimmung weiterer Nieren(fehl)funktionen<br />

• Proteinurie, Albuminurie<br />

• Lipoproteinstoffwechsel<br />

• Blutdruckregulation<br />

• Calcium/Phosphat-Stoffwechsel<br />

• Erythropoese<br />

• Elektrolyt- und Säure-Basen-Stoffwechsel<br />

• Harnstoff<br />

‣ Akutes Nierenversagen:<br />

• Tubulus-Nekrose-Marker: NGAL<br />

• Harnstoff


Cystatin C<br />

‣ z.Zt.Noch nicht etabliert <strong>für</strong> routinemässigen<br />

Einsatz zur Schätzung der GFR<br />

‣ Von Nutzen bei Patienten, bei denen Kreatinin<br />

implausible Resultate gibt<br />

‣ Von Nutzen in Situationen, in denen Kreatinin<br />

keine verlässlichen Resultate gibt.<br />

‣ In der Risikostratifizierung von kardiovaskulären<br />

Erkrankungen den Kreatinin-basierten<br />

Messgrössen überlegen.<br />

‣ Limitation: Steroide, Schilddrüsenerkrankungen<br />

‣ Limitation relativ: erheblich teurer als Kreatinin


Monitoring der chronischen Niereninsuffizienz<br />

STADIUM<br />

GFR*<br />

DIagnostische<br />

(ml/min/1.73 m 2 ) Konsequenzen<br />

1. Nierenschaden mit normaler / GFR > 90 Proteinurie,<br />

Urinsediment,<br />

Blutdruck, Lipidstatus<br />

2. Nierenschaden mit leicht GFR 60-89 1. + quant. Proteinurie,<br />

PTH, Ca 2+ , PO<br />

2-<br />

4<br />

3. Mittelschwere Niereninsuffizienz 30-59 1. + 2. + Blutbild, EPO,<br />

PO<br />

2-<br />

4 , alk. Phosphatase<br />

4. Schwere Niereninsuffizienz 15-29 1. + 2. + 3. + Kalium,<br />

Säure-Basen-Haushalt<br />

5. Nierenversagen (Urämie) < 15 / Dialyse 1. + 2. + 3. + 4.<br />

+ Harnstoff<br />

(nach NKF, K/DOQI Clinical Practice Guidelines for Chronic Kidney Disease, Am J Kidney Dis 39: S46-S64, 2002)


Definition des Akuten Nierenversagens<br />

(heute: Akute Nierenschädigung / Acute Kidney Injury = AKI)<br />

‣ Bis 2004 kein Konsens über Definition und diagnostische<br />

Kriterien des Akuten Nierenversagens.<br />

‣ Prinzipiell charakterisiert durch abrupte Verminderung der<br />

Nierenfunktion (innerhalb von Stunden oder Tagen).<br />

‣ Üblicherweise diagnostiziert aufgrund<br />

ansteigender Kreatinin-Konzentration im Serum/Plasma<br />

und/oder Abnahme der Urinausscheidung<br />

‣ Angaben zur Inzidenz variieren erheblich:<br />

- von < 5% bei hospitalisierten Patienten<br />

- bis >30% bei Intensivmedizin-Patienten<br />

‣ Mortalität 15 – 60%


Ursachen des im Spital<br />

erworbenen Akuten Nierenversagens<br />

Bellomo: Curr Opin Crit Care 2006, 12:.557–560


Klassifikation des Akuten Nierenschadens<br />

(Acute Kidney Injury) durch RIFLE-Kriterien*<br />

RIFLE<br />

Kategorie<br />

R: Risk<br />

I: Injury<br />

Kreatinin/GFR<br />

GFR-Kriterien<br />

Anstieg Krea basal um Faktor >1.5<br />

oder Abfall GFR um >25%<br />

Anstieg Krea basal um Faktor >2<br />

Abfall GFR um >50%<br />

Urinausscheidung<br />

6h<br />

12h<br />

F: Failure<br />

Anstieg Krea basal um Faktor > 3 24h<br />

Abfall GFR um >75%<br />

oder Anurie >12h<br />

Kreatinin >354mol/L<br />

+ Anstieg um 44 mol/L<br />

L: Loss Verlust der Nierenfunktion über > 4 Wochen<br />

E: ESKD End Stage Kidney Disease > 3 Monate:<br />

Terminale Niereninsuffizienz<br />

Acute DIalysis Quality Initiative (ADQI): Bellomo et al. Crit. Care 2004, 8:R204-212


Inzidenz und Spital-Sterblichkeit von<br />

Intensivmedizin-Patienten n. RIFLE-Kategorien<br />

(ANZICS APD 2000-2005: 120’123 ICU-Patienten)<br />

Anzahl Fälle<br />

63.9%<br />

Mortalität (%)<br />

16.2% 13.6%<br />

6.3%<br />

RIFLE-<br />

Kategorie<br />

Bagshaw, S. M. et al. Nephrol. Dial. Transplant. 2008 23:1203-1210;


eGFR und Proteinurie als Prädiktor von AKI<br />

James et al. Lancet 2010;376(9758):2096-103<br />

Patienten mit AKI sind blau, Patienten ohne AKI sind rot<br />

Das Vorliegen von Proteinurie erhöht das jeweilige Risiko <strong>für</strong> Akutes Nierenversagen


NGAL:<br />

Neutrophilen Gelatinase Assoziiertes Lipocalin<br />

Crystal structure of NGAL<br />

bound to Fe(III)-Enterobactin<br />

(Fishbach, et al. Nat Chem Biol 2006)<br />

= Lipocalin-2 oder Siderocalin<br />

Beteiligt an der unspezifischen Abwehr bakterieller<br />

Infektionen<br />

Nach nephrotoxischem oder ischämischem<br />

Schaden als eins der ersten Proteine aus<br />

Tubuluszellen freigesetzt („Troponin der Niere“)<br />

Steigt 2-6 Stunden bis zu 10 fach an,<br />

kann in Urin und Plasma gemessen werden<br />

Einsatz zur Früherkennung einer Akuten<br />

Nierenschädigung in Risikopatienten<br />

(z.B. nach Kontrastmittelgabe,<br />

grossen operativen Eingriffen, Intensivpatienten)


Harnstoff:<br />

Struktur<br />

und<br />

Metabolismus


Gegenüberstellung des Stoffwechsels<br />

von Kreatinin und Harnstoff


Indikationen <strong>für</strong> die Bestimmung der<br />

Harnstoff-Konzentration (Serum oder Plasma)<br />

‣ Bei normaler Proteinzufuhr und Nierenperfusion<br />

Harnstofferhöhung erst bei GFR < 30 ml/min<br />

‣ Differenzialdiagnostik des akuten Nierenversagens<br />

(Harnstoff/Kreatinin-Quotient, fraktionelle Harnstoff-Extraktion*)<br />

‣ Beurteilung einer terminalen Niereninsuffzienz<br />

‣ Beurteilung des metabolischen Status von Intensiv- und<br />

DIalyse-Patienten<br />

*FE<br />

Harnstoff (%) =<br />

[U Harnstoff<br />

Harnstoff ] x [S[<br />

Kreatinin<br />

Kreatinin ]<br />

(%) =<br />

_____________________<br />

x 100<br />

[S Harnstoff ] x [<br />

] x [U Kreatinin<br />

Kreatinin ]


Ursachen einer pathologischen<br />

Harnstoff-Konzentration im Plasma<br />

‣ Normwerte:<br />

• Harnstoff (altersabhängig: 2 – 7 mmol/l)<br />

• Harnstoff- Kreatinin-Quotient: 0.06 – 0.13 (mmol/L/mol/L)<br />

‣ Harnstoff-Kreatinin-Quotient < 0.05 bei niedrigem Harnstoff<br />

• Verminderter Proteinkatabolismus (geringe Proteinzufuhr, Unterernährung,<br />

Kachexie, Leberzirrhose)<br />

• Verminderte tubuläre Rückresorption von Harnstoff (z.B. Tubulusnekrose,<br />

Diurese)<br />

‣ Harnstoff-Kreatinin-Quotient < 0.05 bei erhöhtem Harnstoff<br />

• Rhabdomyolyse (infolge Kreatininfreisetzung)<br />

• muskulöse Patienten mit sich entwickelnder Niereninsuffizienz


Ursachen einer erhöhten Harnstoff-<br />

Konzentration im Plasma<br />

(prärenale und postrenale Azotämien)<br />

‣ Normwerte:<br />

• Harnstoff (altersabhängig: 2 – 7 mmol/l)<br />

• Harnstoff- Kreatinin-Quotient: 0.06 – 0.13 (mmol/L/mol/L)<br />

‣ Harnstoff-Kreatinin-Quotient > 0.15 bei normalem Kreatinin,<br />

oder FE Harnstoff < 35% (prärenale Azotämie):<br />

• verminderte tubuläre Perfusion (Herzinsuffizienz, Dehydratration, Hypovolämie)<br />

• Proteinkatabolismus (hohe Proteinzufuhr, Gewebsuntergang, Verbrennungen,<br />

gastrointestinale Blutungen, Hunger, Fieber, Glucocorticoid-Therapie)<br />

‣ Harnstoff-Kreatinin-Quotient > 0.15 bei erhöhtem Kreatinin,<br />

oder FE Harnstoff >35% (postrenale Azotämie):<br />

• Urin-Rückstau mit tubulärer Harnstoff-Rückresorption bei verlegten ableitenden<br />

Harnwegen


Zusammenfassung<br />

‣ Die Serum Kreatinin-Konzentration soll nicht allein verwendet werden, um die<br />

Nierenfunktion einzuschätzen.<br />

‣ Medizinische Laboratorien sollen zusätzlich zur Kreatinin-Konzentration die<br />

glomeruläre Filtrationsrate schätzen (eGFR):<br />

‣ Cystatin C (relativ teuer!) eignet sich in Ausnahmesituationen besser zur<br />

Einschätzung der Nierenfunktion als Kreatinin (eigene eGFR-Formeln).<br />

‣ Albuminurie ist prognostisch wichtig bezüglich CKD und AKI. Die Kombination von<br />

Albuminurie und eGFR wird Teil neuer Klassifikationen von CKD und AKI<br />

‣ NGAL ist ein neuer Marker zur DIagnose und Prognose des akuten Nierenschadens<br />

‣ Die Harnstoff-Konzentration ist <strong>für</strong> sich nicht geeignet die Nierenfunktion zu<br />

beurteilen. In Kombination mit Kreatinin erlaubt die Harnstoff-Konzentration<br />

das Monitoring der terminalen Niereninsuffizienz und die ätiologische<br />

Beurteilung eines akuten Nierenversagens

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