ein Ursprungsvolk in Schweden - Samer.se
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Rät<strong>se</strong>l<br />
Der Formreichtum gilt nicht nur den<br />
Beugungsformen, man kann auch neue<br />
Wörter bilden mit Hilfe von Endungen,<br />
sog. Ableitung<strong>se</strong>ndungen. Vom Verb borrat<br />
kann man z.B. borastit ‚<strong>e<strong>in</strong></strong> bisschen es<strong>se</strong>n’,<br />
borralit ‚schnell es<strong>se</strong>n’, boradit ‚lange und<br />
gut es<strong>se</strong>n’, borahit ‚etwas zu es<strong>se</strong>n bekommen’<br />
bilden. Auch Passiv kann man mit<br />
Ableitung<strong>se</strong>ndungen bilden, z.B. borrojuvvot<br />
‚geges<strong>se</strong>n werden’.<br />
Aber nicht nur das Verb hat viele Formen,<br />
sondern auch das Substantiv. Das<br />
wird nach Kasus gebeugt. Anstatt für z.B.<br />
‚im Haus’ <strong>e<strong>in</strong></strong>e Präposition zu benutzen,<br />
benutzt man <strong>e<strong>in</strong></strong>e Kasu<strong>se</strong>ndung, dálus ‚im<br />
Haus’. Es gibt sieben verschiedene Kasu<strong>se</strong>ndungen<br />
um verschiedene Verhältnis<strong>se</strong><br />
anzugeben, z.B. mánnái zum K<strong>in</strong>d, máná<strong>in</strong><br />
mit dem K<strong>in</strong>d, mánnán wie <strong>e<strong>in</strong></strong> K<strong>in</strong>d.<br />
Es gibt auch viele Möglichkeiten, mit<br />
Hilfe von Endungen neue Wörter zu bilden.<br />
Von dem Verb cállit ‚schreiben’ hat<br />
man beispielswei<strong>se</strong> vor <strong>e<strong>in</strong></strong>igen Jahren das<br />
Wort cálan ‚Schreiber, Drucker’ gebildet.<br />
^<br />
Wortreichtum<br />
^<br />
E<strong>in</strong>e Sprache, die von <strong>e<strong>in</strong></strong>em Jägervolk<br />
gesprochen wurde, hat natürlich <strong>e<strong>in</strong></strong>e reiche<br />
Term<strong>in</strong>ologie entwickelt <strong>in</strong> bezug auf<br />
Wetterverhältnis<strong>se</strong> und Terra<strong>in</strong>bezeichnungen.<br />
Der Wortreichtum <strong>in</strong> die<strong>se</strong>n Bereichen<br />
ist auch von Bedeutung bei der Rentierzucht.<br />
E<strong>in</strong> Wort wie <strong>se</strong>alli, das ‚frei von<br />
Schnee und Reif’ bedeutet, war u.a. auch<br />
wichtig bei der Schneehuhnjagd mit<br />
Schl<strong>in</strong>ge. Für die Schneehuhnschl<strong>in</strong>gen<br />
baute man Ha<strong>in</strong>e, <strong>in</strong>dem man kl<strong>e<strong>in</strong></strong>e Zweige<br />
von Birke und Weide <strong>in</strong> den Boden stekkte<br />
und <strong>e<strong>in</strong></strong>e Öffnung für die Schl<strong>in</strong>ge ließ.<br />
Indem man die<strong>se</strong> Ha<strong>in</strong>e von Schnee und<br />
Reif befreite, lockte man die Schneehühner<br />
dorth<strong>in</strong> um Es<strong>se</strong>n zu f<strong>in</strong>den. Die Schneehühner<br />
suchen nach Stellen, wo es <strong>se</strong>alli<br />
ist. Das Verb <strong>se</strong>allat bedeutet Bäume von<br />
Reif befreien. Der Schnee<br />
hat viele Bezeichnungen um<br />
verschiedene Verhältnis<strong>se</strong><br />
anzugeben, die unter anderem<br />
mit Schneegeführigkeit,<br />
Schneetiefe, neuem oder<br />
altem Schnee und Weideverhältnis<strong>se</strong>n<br />
zu tun haben.<br />
Es gibt Wörter dafür, die<br />
Schneedecke <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>em Gebiet<br />
zu bezeichnen, durch<br />
die die Rentiere kürzlich<br />
oder vor längerer Zeit geäst<br />
haben. Mit dem Wort suovdnji gibt man an,<br />
dass es neue Weidelöcher im Schnee gibt,<br />
und s<strong>in</strong>d sie alt heißt es ciegar. Solche<br />
Unterschiede waren nicht nur wichtig bei<br />
der Wildrentierjagd, sondern s<strong>in</strong>d auch von<br />
Bedeutung <strong>in</strong> der modernen Rentierzucht.<br />
Das Terra<strong>in</strong> kann mit verschiedenen<br />
Wörtern beschrieben werden. Das Wort<br />
njoaski bedeutet <strong>e<strong>in</strong></strong> kl<strong>e<strong>in</strong></strong>eres Tal auf<br />
<strong>e<strong>in</strong></strong>em Bergrücken, und es ist nicht ungewöhnlich,<br />
dass man den Bergrücken eben<br />
dort überquert und dass Pfade über njoaski<br />
führen. Der Reichtum an Terra<strong>in</strong>wörtern<br />
macht es möglich Fahrtweg und Ziel exakt<br />
zu beschreiben. Wenn <strong>e<strong>in</strong></strong> Tal <strong>e<strong>in</strong></strong> Endungsglied<br />
auf –riehppi hat bedeutet das, das es<br />
sich um <strong>e<strong>in</strong></strong>en unzugänglichen Talboden<br />
handelt, und Rentiere, die <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong> riehppi<br />
gegangen s<strong>in</strong>d müs<strong>se</strong>n den<strong>se</strong>lben Weg<br />
zurückkehren den sie h<strong>in</strong><strong>e<strong>in</strong></strong>gegangen<br />
s<strong>in</strong>d.<br />
Samisches Theater<br />
^<br />
Zentralsamisches Gebiet<br />
(Lulesamisch und Nordsamisch<br />
Südsamisches Gebiet<br />
Die samischen Beispiele im Artikel s<strong>in</strong>d auf<br />
Nordsamisch angegeben.<br />
Entscheidende Bedeutung<br />
Es ist möglich, an verschiedenen Plätzen <strong>in</strong> Sápmi Theatervorstellungen<br />
mit Sami auf Samisch zu <strong>se</strong>hen. Das samische<br />
Theater arbeitet wie auch andere Theater damit, die Theaterkunst<br />
auf verschiedene Wei<strong>se</strong> weiterzuentwickeln. Gleichzeitig verbreitet<br />
und stärkt es durch s<strong>e<strong>in</strong></strong>e Vorführungen die samische Sprache<br />
und die samische Kultur. Samisches Theater hat unter anderem<br />
Shakespeares Hamlet und Macbeth auf Samisch aufgeführt.<br />
Ostsamisches Gebiet<br />
Kenntnis<strong>se</strong> von Wetter- und Terra<strong>in</strong>term<strong>in</strong>ologie<br />
haben <strong>e<strong>in</strong></strong>e wichtige und vielleicht<br />
entscheidende Bedeutung für Menschen,<br />
die unter verschiedenen Verhältnis<strong>se</strong>n <strong>in</strong><br />
der Natur leben und wohnen.<br />
Im Takt mit der Veränderung der<br />
Ge<strong>se</strong>llschaft entstehen neue samische Wörter<br />
für neue Ersch<strong>e<strong>in</strong></strong>ungen – ebenso wie <strong>in</strong><br />
anderen Sprachen. Während der letzten<br />
Jahrzehnte wurden Tau<strong>se</strong>nde von neuen<br />
samischen Wörtern gebildet durch Ableitung<strong>se</strong>ndungen,<br />
Neubildungen oder Lehnwörter,<br />
z.B. dihtor ‚Computer’(schwedisch<br />
‚dator’), dáidda ‚Kunst’, girjerádju‚ Bibliothek,<br />
<strong>in</strong>terneahtta ‚Internet’.<br />
Mikael Svonni, Professor für Samisch,<br />
Universität Umeå<br />
Foto: Harry Johan<strong>se</strong>n<br />
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