02.11.2013 Aufrufe

ein Ursprungsvolk in Schweden - Samer.se

ein Ursprungsvolk in Schweden - Samer.se

ein Ursprungsvolk in Schweden - Samer.se

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Rentiergeschabtem, Was<strong>se</strong>r und Knäckebrot!<br />

40 Jahre lang hat er neben s<strong>e<strong>in</strong></strong>em<br />

Kunsthandwerk als Werkarbeitslehrer <strong>in</strong><br />

Tärnaby gearbeitet. Heute ist Sune Enoksson<br />

70 Jahre und Rentner. Weshalb ist es<br />

dir so gut gelungen?<br />

– Man muss <strong>e<strong>in</strong></strong> glühendes Interes<strong>se</strong><br />

haben, <strong>e<strong>in</strong></strong>e Passion für das was man tut.<br />

Natürlich muss man auch <strong>e<strong>in</strong></strong> bisschen<br />

Talent haben, aber das meiste ist Eigens<strong>in</strong>n<br />

und Starrköpfigkeit. Und man muss es sich<br />

leisten können, manchmal arm zu s<strong>e<strong>in</strong></strong>!<br />

Sune m<strong>e<strong>in</strong></strong>t es ist unmöglich, von Kunsthandwerk<br />

zu leben. Um <strong>e<strong>in</strong></strong> erträgliches<br />

E<strong>in</strong>kommen zu haben hat er ausgerechnet<br />

dass der Umsatz bei 400 000–500 000<br />

Kronen liegen muss. Und das ist <strong>e<strong>in</strong></strong>e<br />

Unmöglichkeit, wenn man sich mit <strong>e<strong>in</strong></strong>er<br />

künstlerischen Arbeit beschäftigt.<br />

– Da haben wir das größte Problem,<br />

m<strong>e<strong>in</strong></strong>t Sune Enoksson, der erzählt, dass er<br />

während <strong>e<strong>in</strong></strong>er längeren Zeit Zeitstudien an<br />

sich <strong>se</strong>lbst gemacht hat.<br />

– Von <strong>e<strong>in</strong></strong>em achtstündigen Arbeitstag<br />

bleiben nur fünf Stunden effektive Arbeitszeit.<br />

Der Rest geht drauf für andere D<strong>in</strong>ge,<br />

jemand kommt zu Besuch, Kunden und<br />

ähnliches.<br />

Hohe künstlerische Qualität ist A und O<br />

Die Werkstatt liegt <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>em kl<strong>e<strong>in</strong></strong>en roten<br />

Häuschen gleich oberhalb der Wohnung. In<br />

Schubladen liegt das Rohmaterial: Rentierhörner,<br />

Elchhörner, Masurbirke, Wurzeln<br />

und Holzstücke verschiedener Art.<br />

Hier gibt es mehrere Masch<strong>in</strong>en, Säge,<br />

Slip, Drehbank, die er – zum Unterschied<br />

von früher – bei der Grobarbeit benutzt.<br />

Aber die meiste Zeit sitzt er an dem Tisch<br />

vor dem Fenster, der von viel Arbeit zeugt,<br />

und arbeitet mit dem Mes<strong>se</strong>r. Die Ornamentik<br />

wird mit der Hand <strong>e<strong>in</strong></strong>geschnitzt,<br />

direkt nach Augenmaß, ohne Vorlage.<br />

– Für mich ist das Mes<strong>se</strong>r das Hauptwerkzeug,<br />

sagt Sune und betont wie wichtig<br />

es ist, das Dekor stilr<strong>e<strong>in</strong></strong> zu halten.<br />

E<strong>in</strong> Arbeitsjahr <strong>in</strong> Sápmi<br />

Als Kunsthandwerker und Lebenskameraden leben<br />

Astrid und Sune Enoksson <strong>e<strong>in</strong></strong> Leben nahe der<br />

Natur. Die Arbeiten kehren rhythmisch zurück.<br />

Hier schreibt Astrid <strong>se</strong>lbst über <strong>e<strong>in</strong></strong> Arbeitsjahr:<br />

Die W<strong>in</strong>termonate von November bis März<br />

haben wir alle Hände voll zu tun, das Arbeitsmaterial,<br />

das sich <strong>in</strong> den Tiefkühltruhen bef<strong>in</strong>det,<br />

zu verwerten, zum Beispiel rohe Häute von Rentieren<br />

verschiedenen Alters, Sehnen zum Sp<strong>in</strong>nen<br />

von Schnuren und verschiedene R<strong>in</strong>den.<br />

Die samische Spei<strong>se</strong>nhantierung ist auch <strong>e<strong>in</strong></strong><br />

Teil un<strong>se</strong>res Alltags das ganze Jahr, und E<strong>in</strong>frieren<br />

und Trocknen s<strong>in</strong>d gute Methoden, um die Verwahrungszeit<br />

der herrlichen D<strong>in</strong>ge die die Natur<br />

uns schenkt zu verlängern. Auf un<strong>se</strong>ren Arbeitsbänken<br />

liegen außerdem immer angefangene<br />

Arbeiten, die auf ihre Fertigstellung warten.<br />

Der Vorfrühl<strong>in</strong>g kommt, wenn die Märzsonne <strong>e<strong>in</strong></strong><br />

Stück über den Horizont gekommen ist – da hören<br />

wir auf mit dem Netzfischfang unter dem Eis und mit<br />

dem Fangen von Schneehühnern. Das Licht kommt<br />

zurück, die Tage werden länger und es wird immer<br />

schwieriger dr<strong>in</strong>nen zu bleiben um zu arbeiten.<br />

Wenn im April–Mai der Harsch trägt sammeln<br />

wir Material für Mes<strong>se</strong>r von den gekrümmten,<br />

w<strong>in</strong>dgeplagten Birken am Waldrand der Berge.<br />

Bevor die Bäche im Mai aufgehen enthaaren wir<br />

Unter Sunes Mes<strong>se</strong>rn, Do<strong>se</strong>n und Tr<strong>in</strong>kgefäßen<br />

ist k<strong>e<strong>in</strong></strong>es dem anderen gleich. Alle<br />

s<strong>in</strong>d irgendwo verschieden. Aber s<strong>e<strong>in</strong></strong>e<br />

Ornamente s<strong>in</strong>d immer stramm geometrisch,<br />

so wie es das Südsamische verlangt.<br />

Er mischt niemals nordsamisches, mehr<br />

organisches oder figuratives Dekor h<strong>in</strong><strong>e<strong>in</strong></strong>.<br />

H<strong>in</strong>gegen experimentiert er mit neuen<br />

Materialkomb<strong>in</strong>ationen, wie zum Beispiel<br />

Z<strong>in</strong>n und Silber <strong>in</strong> Rentierhorn zu legen.<br />

E<strong>in</strong>e hohe künstlerische Qualität zu halten,<br />

<strong>in</strong> der Beziehung niemals nachgeben,<br />

das ist das A und O für den, der sich <strong>e<strong>in</strong></strong>en<br />

Namen im Kunsthandwerk machen will,<br />

m<strong>e<strong>in</strong></strong>t Sune.<br />

– Da hat man immer Käufer.<br />

Wichtig die Regeln der Betriebswirtschaft<br />

zu lernen<br />

Was kann er denen raten, die sich mit<br />

Handwerk beschäftigen möchten?<br />

– Die Spielregeln der Betriebswirtschaft<br />

die Häute, die wir mit R<strong>in</strong>den färben, die wir im<br />

Vorjahr gesammelt und getrocknet haben.<br />

Anfang Juni – bevor die Pflanzen ordentlich <strong>in</strong><br />

Gang gekommen s<strong>in</strong>d – suchen wir Wurzelmasur<br />

von Birken und Angelicawurzel, Wurzeln von Erle<br />

und Blutwurz zum Färben von Leder und Garn<br />

und zur Verwendung als Heilkräuter.<br />

Ende Juni und bis zum späteren Teil des Juli<br />

bereiten wir Leder und Häute. Die Bäume stehen<br />

zu der Zeit <strong>in</strong> Saft, so dass es <strong>e<strong>in</strong></strong>fach ist, sich mit<br />

R<strong>in</strong>de zum Trocknen zu ver<strong>se</strong>hen. Wir färben die<br />

Garne mit Pflanzenfarbstoff zu Geweben und<br />

Bändern und gleichzeitig suchen wir Kräuter und<br />

Pflanzen, die getrocknet und <strong>e<strong>in</strong></strong>gefroren werden.<br />

Die Hundstage kommen Ende Juli und dauern bis<br />

Ende August, da ist es feucht und warm.<br />

September ist der Schlachtmonat, da bereitet<br />

man das Fleisch von Rentier und Elch für den Jahresbedarf<br />

und das Material wie Haut und Sehnen für<br />

Handarbeitszwecke. Die Brunstperiode ist für Rentiere<br />

ab 16. September und für Elch etwas später.<br />

Manche Jahre wandern wir im September und<br />

Oktober im Wald um Pfifferl<strong>in</strong>ge zu<br />

sammeln, aber manchmal gibt es gar<br />

k<strong>e<strong>in</strong></strong>e, es war vielleicht zu trocken oder<br />

der Frost und der Schnee s<strong>in</strong>d früh<br />

gekommen.<br />

Tärnaby, Astrid Enoksson<br />

zu lernen. Es ist wichtig<br />

Buchführung, Steuerfragen und solche<br />

D<strong>in</strong>ge zu können, um k<strong>e<strong>in</strong></strong>e Rückschläge<br />

verzeichnen zu müs<strong>se</strong>n, die schwer zu<br />

reparieren s<strong>in</strong>d.<br />

– Die samische Kultur geht ohne staatliche<br />

Beihilfe nicht unter. Aber es ist klar, es<br />

wäre gut wenn es <strong>e<strong>in</strong></strong>en Investitionsfonds<br />

gäbe für samische Unternehmen <strong>in</strong> den<br />

Bereichen Handwerk und Kunsthandwerk.<br />

Die Frage hat man auch <strong>in</strong> den betroffenen<br />

Organisationen diskutiert. Handwerk fordert<br />

oft große Investitionen für Ausstattung,<br />

Lokale, Ausbildung und Market<strong>in</strong>g.<br />

Aber samisches Handwerk kann man nicht<br />

mas<strong>se</strong>nproduzieren, sagt Sune Enoksson.<br />

Nachdem er <strong>e<strong>in</strong></strong>e Weile überlegt hat fügt<br />

er h<strong>in</strong>zu:<br />

– Aber kommt die richtige Person mit<br />

dem richtigen Interes<strong>se</strong> und der richtigen<br />

Ambition, dann macht er weiter, auch ohne<br />

Beihilfe.<br />

41

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!